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p^
^ -^
C W. Hnfeland's
JT o u r n a 1
der
practischen
Heilkunde
Fortgesetzt.
von
Dr. Fr. Busse.
Ktfn. Preuss. Med. Rath und Hofmedicus» , Ritter des
^ rothen Adlex • Ordens vierter Klasse und mehrerer gelehrten
Cresellschaften des In- und Auslandes Mitgliede.
1843.
XCV. Band.
Berlin.
Verlag von Oekmigke^s Bachhandlang
(Julius Bttlpw.)
C. W. Hufeland's u. E. Qsann's
IVenes #i»iiniiil
der practischen
Arzneikunde
und
Wundarzneikunst.
Fortgesetzt
Ton
Dr. Fr, Busse,
K&n. Preuss. Med. Rath und Hofinedicus, Ritter des
rothen Adler - Ordens vierter Klasse und mehrerer gelehrten
Gesellschaften des In- und Auslandes Mitgliede.
XH. Band.
Berlin, 1843.
Verlag von Oehmigke'a Buchhandlung
(Julius Bttlow.)
I
C W. Hufeland's
JT o u r n a 1
der
practischen
Heilkunde
Fortgesetzt
Ton
Dr. Fr. Busse^
K0n. Preuss. Med. R«t]i und Hofmedicüs , Ritter des
rotheu Adler - Ordens yierter Klasse und melirerer gelelttten
Gesellschaften des In- und Auslandes Btitgliede.
Grau, Freund, ist aUe Theorie,
Doch grün des Jäehens goldner Baum,
Göihe:
I. Stück. Januar.
Berlin.
Verlag von Oehmigke'» Bachhandlimg
(Julius Bttlow.)
* t
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«;
>^-.-
I
üeber.
den. Begriff
Ton
Heilkraft der Natur.
Von . ♦
Dr. F. Amelong,
OroMhenoglich Hess. Mediciaalrath nad diri^irtiulem Antt 4m
Hospitals und Irrenhauses 'Hofheim bei Dannatadt.
Die Tendeus der organischen Natar-
kraft, erlittene Störungen des Organismas
wieder aaszugleichen ;, hat man von jeher
anerkannt, sich darunter auch wohl eine
besondere Kraft oder eine besondere Thätig-
keit des Lebensprincips vorgestellt und diese
Heilkraft der Natur (vis medicatrix naturae)
fenannt. Ohne sich gerade eine besondere
Taft, darunter vorzustellen, lässt sich die
Realität dieser Tendenz nicht läugnen und
erscheint als eine Auesserung der allgemei-
nen organischen Naturkraft, oder, wenn man
lieber wUl, des Lebei^princips, oder desjenigen
Princips, welchem wir dieThätigkeits-Aeus-
serungen des Bildungstriebs, der Assimilation
und der Se- und Excretionen überhaupt zu«
' ■- 8 -
ischreiben. Sie äussert sich dadurch, dass
sie nach erlittenen Störungen d^s Organis-
mus Vorgänge veranlasst, mit deren Hälfe
sie diese Unbilden der Organisation wieder
auszugleichen sucht und in sofern kann
man den Begriff einer solchen Heilkraft, oder
wenigstens Heiltendenz wohl beibehalten, in-
dem er unserem Yon^tellungsvermögen die
Thätigkeit des Lebensprincips, die es durch
die Reaction gegen .die .Wirkung äusserer
l^chädlichkeiteii an den Tag legt, deutlicher
vor Augen stellt.
Inzwischen hat man seit Sydetiham und
Stahl bis auf die neueste Zeit diese Ten-
denz zum Theil überschätzt und sie selbst
sich als eine besondere der Seele inwoh-
nende Kraft oder Eigenschaft gedacht *),
eine Uebertreibung, welche denn von ver-
schiedenen Seiten wieder Reactionen zur
Folge hatte und den Begriff dieser Heilkraft
theiTweise in jMisscredit brachte.
Schon Reil sagte'*'*):
»Die Natur wirkt nicht nach Vorstel-
»lungen oder nach Zwecken, die sie
Mvor Augen hat, sondern nach blinder
»Nothwendigkeit, die in dem Inbegriff
»ihrer physischen Kräfte begründet
*) S. 2. B. Sckrän: Die Naturheilprocesse
und die Heilmethoden.
*^) ReÜ über die Erkenntniss and Kur der
Fieber. Erster Band Seite 14.
»ist Mau kun ihr daher avch kein
»Bestreben im eigenlUchea Sinne
Dieses ist sehr wahr, in sofern wir bei
einem Handeln nach vemunfti^n Zwecken
individoelles Bewosstsein ontersteUen. Wir
haben z. B. keine Ursache, der Biene eine
sich selbst bewnsste Vorstellang der Zweck-
mässigkeit zuzuschreiben^ wenn wir sie ihre
Zdle bauen und Honig bereiten sehen, um
in der Jahreszeit, wo die Natur keine Nah-
rung für sie darbietet, das Leben zu fristen}
oder dem Bieber, wenn er seine Hütte baut;
oder der Spinne, wenn sie ihr Netz aus-
spannt, u. 8. w. Dennoch aber geschieht
dieses alles nach sehr vernünftigen Zwecken.
Wir nennen diese sich selbst unbewusste
zweckmässige Thätlgkeitsäusserung Instinct,
ohne uns weiter einen klaren Begriff davon
machen zu können. Gut denn, auch die heil-
kraftige Tendenz, die wir dem Lebensprincip
zuschreiben, ist Instinct und die Wirkung
derselben eine zweckmässige, oder deutlicher
ausgedrückt, sie ist ein Vorgang, bei wel-
chem wir, obgleich dem Bewusstsein entzo-
gen,' einen vernänftigen Zweck unterstellen
müssen.
Welche sonderbare Aeusserungen dieses
Widerstreben gegen die Annahme einer be-
sondern Heilkraft der Natur hin und wieder
veranlasst hat, davon nur ieinige Belege:
»So bemerkt ein Recensent, dessen
»Name mir entfallen ist, die Krank-
— 10 -r
* V
»heit bleibe immeriErankheit, dasFieber,
»Fieber, es mag nuD als ein schmerz«- '
»haftes tebensbedrohendes Leiden an-
»gesehen werden, oder als eine Wir-
»kong der Vis medieatrix natarae ; sie
»ist dem Leidenden gleich lästig und
»am JBnde völlig gleich oder vielmehr
»nicht weniger traurig, ob er an ei-
»nem Leiden stirbt, welches als iin-
»mittelbar feindselige Wirkung sch&d-
»lieber Potenzen zu Stande kommt,
»oder an einer durch die Naturheilkraft
»als Reactiionserscheinung veranlassten
»Krankheit.u
Ein Anderer*) bemerkt:
»Wie man bei den metastatischen Au-
»gen-Entzändungen recht deutlich se-
»hen könnte, dass die so sehr ge-
»ruhmte Vis medicatrix naturae bei
»dieser, wie bei vielen andern Metas-
»tasen sich so recht vemunftlos und
»bewusstlos zeige, denn sonst würde
»sie, wie durch seine derivirende
»kunstliche Methode ' der umsichtige
' »Arzt es mächt, edlere und unedle
»Theile und Organe hier besser un-
»terscheiden.«
Was die erstere Beraerkimg betrifft, so
ist es allerdings wohl einertei, ob der Kranke
an einer bösartigen Krankheit oder an dem
*') Mosi über alte und nene medicinische
Lehrsytteme« Seite 362.
— 11 —
Heilbestreben der Natur stirbt. DasResaltftt
bleibt immer eins und dafsselb^ und dem
Kranken es völlig gleidigtlltig, wie und aus
welchem Gesichtspunkte* der Arzt sein Lei*
den betrachtet, wenn er ihn nur heilt. Die-
sem selbst aber ist und darf es nicht gleich«
gültig sein, sich über die wahre Natur der
Krankheit , als eiies von dem gesunden Zu-*
Stande abweichenden Lebensprocesses, eine
richtige Ansieht ru verschaffen. Er wird
dann, wenn er sich einen richtigen Begriff
von dem Wesen der Krankheit, von den Ge-
setzen ihrer Entwickelung und ihrer Bedeu-
tung ^ als Reactionserscheinung gegen die
EinwirkvDg feindlicher Potenzen gebildet hat,
da, wo er diese Reaction etwa zu schwach,
oder zu stark wirkend wahrnimmt, was, wie
ihn die Erfahrung lehrt, das heilsame Bestre-
ben vereitelt, oder da, wo sie ganz fehlt,
oder endlich da, wo sie ein zur Erhaltung
und Fortdauer des Lebens und seiner Func-
tionen wichtiges Organ allzbsebr in Anspruch
nimmt, die Krankheit sich keineswegs selbst
und dem präsumirten heilsamen Streben der
Natur überlassen, vielmehr überall nachhelfen,
einwirken und unterstützen, \^ie und auf
welche Weise er etwa die allzuheftige Re-
action massigen, die allzuschwache anregen
oder von einem edeln zu einem unedleren
Organe ableiten kann. Auf der andern Seite
aber, und dieses ist im Grunde eben so
wichtig, wird der von der heilkräftigen Ten-
denz der Natur überzeugte Arzt da, wo er
keine besondere Gefahr für ein edles Organ
und somit für das Leben wahrnimmt, den
Yeriauf der Krankheit nicht unnStUg sUhreu
— 1« ~
und ihren kritischen Bei^trebangen darch
äberflussige oder gar hemmende Eingriffe
der Kunst Hindernisse in den Weg legen.
Was Moafa Bemerkung betrifft,. so ist .anzu-
nehmen, dass die Natur von dem Unterschiede,
den wir zwischen eddn und nnedeln Orga-
nen machen, allerdings nichts weiss und dass,
^ie die Krankheit überhaupt edle und unedle
Organe ohne Unterschied ergreife, ohne dass
wir immer den Grund anzugeben wissen,
warum gerade dieses oder jenes Organ vor-
zngswbise befallen werde, so auch der Grund,
warum dieses oder jenes Organ metastatisch
von einem Krankheitsreize ergriffen werde^
uns häufig unbekannt bleibt, ohne dass wir
deswegen berechtigt wären, die Natur für
unvernünftig zu erklären. Mit demselben
Rechte könnten wir auch die Vorsehung oder
die Natur überhaupt für unvernünftig halten,
welche tagtäglich neue Wesen schafft, um sie.
dem Anscheine nach, nur wieder zu zerstö-
ren und hierbei zwischen sogenannten edle-
ren oder unedleren Geschöpfen, zwischen ei-
nem edeln oder unedeln, zwischen einem der
Menschheit nützlichen oder einem bösartigen
und unnützen Menschen keinen Unterschied
macht.
Die Gründe, welche veranlassen, dass
übrigens ein oder das andere Organ vorzugs-
weise von einer Krankheit, Irritation, Ent-
zündung (denn die meisten, wo nicht alle
Krankheiten sind in ihren ersten Rudimenten
wohl nichts anders als das, was wir unter
örtlichen Irritationen, Stasen, Entzündungen
verstehen) ergriffen wird, werde ich weiter
— t3 —
unten näher zn entwickeln suchen. Ich be«,
merke hier nur noch^ dass, was die Bedin*
gungen der sogenannten Metastasen von un-
wichtigeren auf edlere Organe betriflt, im-
merhin eine Störung im Verlaufe der primi-
tiven Irritation zu unterstellen sein wird und
dass die metastatische Irritation sich mehren-
theils in solchen Organcfn entwickelt, welche
in Ihrer Textur und Function einige Aehn-
lichkeit mit den primitiv ergriffenen zeigen.
^So sehen wir den Tripper sich von der
Schleimhaut der Urethra auf die Conjunctiva
versetzen, wobei freilich noch genauer xa
ermitteln wäre, ob, wie z.B. Piringer*^ be-
hauptet, diese sogenannte Metastase nicht je-
desmal lediglich durch materielle Berührung
von Tripperstoff auf die Conjunctiva zu Stande
komme; so sehen wir den acuten Rheumatis-
mus sich von den fibrösen Häuten der Mus-
kelscheiden und Gelenkumkleidungen auf ähn-
liche häutige Gebilde des Herzens, den Herz-
beutel und die Klappenformationen werfen
u. s. w.
Auch Henle **) bemüht sich, die Ansicht
von einer besonderen Heilkraft der Natur
zu widerlegen, so wie die heilsame Tendenz
der Krankheit überhaupt, und des Fiebers
*) Die Blennorrhoe am Menschen Auge. — .
Eine von dem teutschen ärztlichen Vereine in
St. Petersburg gekrönte Preisschrift von Joseph
Franz Phinger. Grätz 1841.
**) Pathologische Untersachungen. S. 244.
— 14 —
vad der Ents^ndang insbesoudejre, 2ui läiignen.
Indem ich vorerst auf sich beruhen lasse,
ia wie weit wir die letzteren als Aeusse-
rungen betrachten können, welche die Wie*
derhersteltung des gestörten Gleichgewichtes
in der Organisation bezwecken, will ich hier
nur bemerken, dass wenn Henle diese soge-
nannte Vis medi^atrix auf den allgemeinen
in dem Lebensprincip überhaupt fundirten
NisDs fonnativus zurückzuführen sucht, er
nichts anderes thut, als dass er die That-
sache anerkennt und nur den Begriff einer
besonderen Heilkraft in Abrede stellt. Ich
habe oben bereits bemerkt, dass wir dies6
Heiltendenz der Natur keineswegs für eine
besondere, gleichsam selbstständige Thätig«
keit ansehen können. Sie ist offenbar Ml
und dasselbe Princip wie dasjenige, weU^hem
wir die erste Bildung des Organismus und
4iie w&hrend der ganzen Lebensdauer fort-
danenide, Ernährung und Regeneration der
orgMiischen Bestandtheile zuschreiben. Aber
Bcaon in der Regeneration verlorener Glieder
und ganzer Körperparthieen, wie wir sie., bei
den niederen Thier^attnngen, bei den Pflan-
zenthieren, den Mollusken, Inseeten und Am-
phibien beobachten und beim Menschen in
der Repjroduction der Epidermidalgebilde, der
Oberhaut, der Schleimhäute, der Haare und
Nägel, ja der Knorpel und Knochen, der
Muskelsubstanz nach starken Vereiterungen
und endlich selbst der Gefässe und Nerven,
wenn auch letztere in beschränktem Maasse,
wiederfinden, spricht sich dieser Nisus for-^
mativus in seiner heilkräfti^n Tendenz ^ns.
Und was ist denn die restitutio in integrum
— w —
oder wenigstens die der normalen Organi-
sation sicfai annähernde Rückbildung durch
äussere (and innere) Schädlichkeiten ver-
letzter Organe (Krankheiten,) wodurch diese
im Stande sind, ihre Functionen , wenn auch
nicht immer mehr so vollkommen als vorher,
wieder zu versehen und somit, mehr oder
weniger vollkommen, den gesunden Zustand
zu repräsentiren , was ist, frage ich, dieser
Erfolg anders, als das lleiaQltat dieser rege-
nerirenden Bildungskraft, welche wir hier in
ihrer heilkräftigen Tendenz nicht unpassend
ab Heilkraft bezeichnen?
Uebereinstimmend mit Heiüe erklärt sich
auch WundttrUeh in seiner geistreichen Ab-
liandlung über das Fieber*) gegen die An-
niühme einer besonderen Heilkraft der Natur
und der heilkräftigen Tendenz des Fiebers
und der Entzündung als Reactionserscheinun-
gen gegen äussere und innere Schädlichkei-
len. Inzwisehen stellt, er doch (Seite 280)
die Frage. »Sollte eine so allgemein und
&st zu alles Zeiten mit Begeisterunff auf-
genommeue Lehre eine durchaus unrichtige
sein? E^ ist unmöglich: es muss eine posi-
tive Wahrheit sein, welche, weil sie schwie-
rig in ihrer Reinheit darzustellen war, immer
und immer wieder zu diesen logischen Yer-
irrangen drängte.«
*) Archiv fiir phfüiologisehe HciNoiiide her-
ausgegeben T«Ni Dr. W. Räaer und Dr. C. A,
WunderUchy Privat Docenten an der Universi»
tat TüUd^ L Jahrgang, zweites Heft.
— 1« —
Zur Ansgleichong dieser Widerspräche
and zur Ermittelung dessen , was wir unter
dieser heilkräftigen Tendenz der organischen
Naturkraft eigentlich za verstehen haben, >^
endlich, um einzusehen, trte die Natur heilt,
welche Gesetze, welche Vorgänge dazu die-
nen, um eine Heilung zu Stande zu bringen,
wird es nothwendi^, den Krankheitsprocess
von den ersten Rudimenten seiner Entwicke-
lang aq zu verfolgen.
»Die speciellen Krankheits- and Hei-
lungslehren ,c< sagt Wunderlich (Seite 281),
»schweigen über diesen Punct und doch ist
»er nicht minder interessant als die Frage
»nach der Entstehung der Krankheit und je-
»denfalls der wichtigste, wenn nicht der ein*
»zige, von welchem aus eine Richtschnur
»für die Indicationen der Kunst zu erwär-
mten ist«
Von der Wahrheit dieses Ausspruchs
vollkommen überzeugt, habe ich in nachste-
hender Untersuchung versucht, die einzelnen
Vorgänge bei Entwickelung des Krankheits-
processes und ihre Bedeutung, in wie weit
sie der nnläugbar zu unterstellenden heil-
kräftigen Tendenz der organischen Natur
entsprechen, auseinanderzusetzen. Wenn
ich hierbei mit den Ansichten mancher neue-
ren Pathologen in Widerspruch stehe, wenn
ich namentlich manche alte hnmoralpatholoei-
sche Theorie und die Bedeutung der kriti-
schen Ab- und Aossonderungen gegen die
Ansichten mancher Nervenpathologen der
neueren Zeit als nicht zu bestreitende That-
^ 17 —
■
Sachen danastellen und anf 8 neue f^äbaii
txk machen snchej so hoffe ich, wenn ich an-
ders recht verstanden werde, danun nicht
einseitig za erscheinen, viehnenr dberaii dem
Nervensystem, als onmitteibarem Leiter nnd
Träger der Lebensth&tigkeit, die Siqperiori-
tit zn reserviren, die ihm gebfihrt. Wir
können und dfirfen aber nicht dabei stehen
bleiben ond mis mit neuropathischen Ansich-
ten begnägen, sondern mfissen, am den
Krankheitsprocess in der Reihenfolge seiner
Entwickelang genauer kennen za lernen, die
örtlichen Veränderangen ond den Antheil
der Säftemasse genauer betrachten and die
Gesetze erforschen, nach welchen diese ma-
teriellen Veränderungen nach und nach la
Stande kommen, sowie die Mittel und Weffe,
wodurch sich die Natur von ihnen wieder
zu befreien sucht.
In wie weit der Krankheitsprocess selbst
als die Wirkung, als eine Folgeerscheinung
der heilkräftigen Tendenz des Lebensprin-
cips anzusehen ist, bedarf fOrs erste einer
näheren Erörterung.
Dass äussere Reize (Schädlichkeiten) an-
ders auf den lebenden Körper wirken^ ab
wenn das Lebensprincip daraus entwichen
ist nnd dass daraus ganz andere Folgeer-
scheinungen resultiren, bedarf keiner Erin-
nerung. Diese äusseren Reize nun. können,
wenn sie ein gewisses Maass äberschreiten,
oder überhaupt ein der Organisation, dem
Blut- nnd Nerven -Leben schädliches Princip
besitzen, nachthmlig wuriken nnd indem aio
Jcmn. Bd. XCY. St« 1« 2
— 18 —
Nerdorch ernenn von der Gtamdheit ftbwei-
ehendrä Zostand erreffen, so ist dieset Za-
itend SB and ffir sich nacfatheilig^ und die
BxiBteBX des Lebens gefährdend. Insofern
aber der Organismas oder die Liebensthätig-
keit sich hiergegen and gegen diesen gefahr-
drohenden Zustand keineswegs passiv ver-
hüttt, vielmehr mittelst gewisser unmittelbar
darauf folgender Vorgänge und Erscheinon-
C(Reaction) mit dem feindseligen Ein-
le oder dessen Wirkungen gleichsam in
CSenflict kommt, um dadurch die eingedrun*
S^ne Schädlichkeit wo möglich zu beseitigen,
re Wirkung zu neutraUsiren, oder die un-
mittelbar durch sie /erregten Unordnungen
and Missverhältnisse in der v Organisation,
wieder -auszubleichen, in sofern, sage ich,
lassen sich <' diese Reaetions^^Erseheinungen,
in gewissem Sinne mithin die Krankheiten
selbst, als Folgewirkungen der zur Wiedeir-
herslellttng der Gesundheit nothwendigen und
heMsamen Natorbestrebungen betrachten. .Sind
freüieh 4ie Folge Wirkungen dieses Conflicis
«ft; seki^ heftig, vermehren tsie durch die
damit verbundenen Schmerzen and lästigen
Gefühle gleich oft das Leiden in solchem
Maasse, £iS8 -der Kranke sieh oft lieber den
Tod m eine« längere Fortdauer dieses Zu-
Btaades wänscht, muss endlich selbst der
Oi^^misman «der das |iebeos|Mrineip oft nach
kärzerem oder läneerem Widerstreben uiriier-
ifecen, so hebt meses die Ansicht von dar
heilongsstrebenden Bedeotung dieses Confitets,
ans welchem das Lebensprincip doch so häufig
iiegreieh hervortritt, eben so wenig auf, au
wir annehitieB kduien, i» Niaus formativaa
— If -
Mi bei ciMr Ififsgebort in fleintr ideate
Tcndens bot BiMong euies Organitniw niclit
|;est5rt oder gehemmt gewesen, sondern habe
in sich selbst ^ine abnorme, eine vom Ideale
der Bildung abweichende Tendenz enthalten,
woraus denn, gleichsam als eine mutwil-
lige Spielerei &r Natur, die abnorme Fe»«-
mation resnitirte. Wie wir vielmehr annehf
nen müssen, dass dem Bildungstriebe uber«-
liannt , eine ideale Tendenz zur normalen
Bildung des Organismus inne wohne, so
kdsnen und mfissenwir auch annehmen, dass
da, wo die einmal geschaffene Organisation,
00 lange sie noch mit dem Lebensprincip be*
mbt m, angegriffen und gestört wird, eben
rnses Liebensprincip oder, wenn man lieber
will, der Bildongstrieb dahin strebe, diese
Störungen wieder auszugleiehen und die nach*
theiligen Einwirkungen zu entfernen. Ohne
fiese Tendenz, welche der Arzt mit seinen
heilkdnstlerischen Eingriffen nur zu unter-
setzen oder anchwohrzu erwecken vermar,
w&re Oberhaupt gar keine Heilung möglidi
und somit kann man mit Recht und ohne
mdi' eines Paralogismus schuldig zu machen,
annehmen , dass die auf feindseTige Einflfisse
entstehende lieaction als eine conditio sine
qua non jedes Krankheitsprocesses und ihrer
TendeMB nadi als «ein zur möglichen Wie^
derherstellung nothwendiger Vorgang zu be*
traehten ist Hierbei ist jedoch zu bemerken,
dass, wenn man sich die Krankheit als einen
Kampf des Lebensprincips mit den Folgen
feinaellger Äusserer Einflüsse denkt, sie ab
«riehe nur im engeren Sinne und insbeson-
JiMn bevflglieh ihrer eongestiven, entzfindtt»
2*
~ «0 —
€hen fieberhaften und krampfhaften Erschei-
näpgeuv sowie eher znr Aasscheidang krankr
häfter Stoffe nothwendigen Se- and Excre^
tionen in Betracht kommt.
•
Lähmungen, Verwachsungen und chro-
nische oder bleibende Veränderungen innerer
Organe, weiche dem Organismus gleichsam
zur anderen Natur geworden sind und wobei
4as Leben und das Wechselspiel der Organe,
wenn auch mehr oder weniger behindert,
fortdauern kann, sind in dieser engeren Be-
ziehung eben so. wenig unter die Kategorie
der Krankheit zu rechnen, als wir die nach
Verwundungen zurückbleibenden.Narben, oder
die Einbusse eines oder des anderen Gliedes,
oder verschiedene angeborne Missbildungen
unter den gewöhnlichen Begriff von Krank-
heit subsumiren.
Zur genauem Verständigung könnte man
etwa die Begriffe von Krankheitsprocess und
von Krankheit überhaupt unterscheiden.
Unter ersteren wäre dann die Krankheit
in ihrem Fortschreiten mit acutem oder chro-
nischem Verlaufe zu verstehen, bei welcher
die heilkräftige Tendenz der organischen Na-
turkraft sich noch in Thätigkeit befindet oder
wenigstens unter günstigen Umständen sich
noch thätig äussern kann; unter letzterem
aber wäre jede Abnormität von der gesunden
4>rffanischeu Formation und Mischunj^ zu ver^
Btenen, mag diese nun äareh die heilkräftige
Tendenz der Naturkraft noch ausgeglichen
werden können oder nicht, in welch Jetzterem
— n -
faUe \^ aaeb keine Erscheinungen wahr-«
nehmen, welche aaf eine Thfitigfceita-Aeaa^
serung dieser heilkräftigen Tenaenz echlies*
seil lassen. .
Wie kommt es aber nan, dass die Nator
diesem Kampfe so oft unterliegt oder erst
nach unendlichen Schwierigkeiten und Hin-
dernissen und auch da nicht immer vollstSn«
dig, sondern mit Zurncklassung bleibender
pathischer Veränderungen der Organisation
obsiegt? Ist die Krankneit oder dieser Kampf
nicht selbst oft so s^iCrstörend und verderblicn^
dass die Ansicht von der heilenden, die St5«
rungen ausgleichenden Tendenz., welche wir
ihm unterlegen, als eine Chimäre erscheinen
möchte?
Dieser Einwurf ist dem Anscheine ' nach
so triftig, dass er, wie bereits bemerkt, meh-
rere Pathologen veranlasste, diese ganze An-
sicht von der den Zweck der Heilung be-
absichtigenden Tendenz der organischen Na-
turkraft als ein Vorurtheil, als ein Phantasie-
bild darzustellen und so dem Krankheitspro-
cesse vielmehr ein feindseliges die Organi-
sation untergrabendes Princip unterzulegen.
Diese Schriftsteller verwechseln aber die Ur-
sache mit der Wirkung und eine aufmerk-
same Betrachtung des Folgegangs des Krank-
heitsprocesses mit richtiger Würdigung der
Ursachen so wie der concorrirenden Um-
stände und Einflüsse, welche eine Verschlim-
merung der Zufälle, eine Steigerung der or-
ganischen Störungen veranlassen, wogegen
sich die Steiltendenz der Natur allerdings
— ff —
ai#.m oft nU WM ohnfliietit% zeigt, wird
imBsotogeädktßi diese Aiteicht reebtfertigen.
Be! ErdrCeroiig dieses Oegeastandes
kommt die Berficksicbtigang von dreieriei
YeriHltefsseB in Betratihtt
1. Die Berfleksiehtigang der iasseren
KttnUieitsiiraacheii nach ihrer Qaalitit nnd
dem Orade ihitr IntensitSt nnd Extensität
% Die BeHIcksichtigang der Constitn-
tibn, des Altena, des Geschlechts nnd der
gingen somatischen nnd physischen Beschaf-
nhdt des Individuums, welches von der
Krairicheit ergrilten wird, der besondem
Krankheitsanlage desselben, welche In ihren
verschiedenen Gradationen streng genommen
finmerhki «cdipn als Krankheit, oder als eine
Abwei^kong ^vom normalen Znstande atisnse*
hea ist
\.
8. Die BerOcksiehtigong der störenden
ElaMsse oder nea hinnutretender Krankheits-
ursachen, welche als neue Hemmungen der
der Naturkraft entgegentreten.
Wm das erste YerhSItaiss, die BerSck-
tigung der verschiedenen Krankheitsur^
säCheii, betriflt, so können diese aUerdinm
HO heftig einwirken, oder einen so feindseu*
gen, «enstörenden Charakter haben, dass da-
rittf entweder unmittdbar solche Störungen
der Oir^nisation von zur Erhaltung des Le-
bens wichtigen Organen oder Bestandtheilen
«Mge% daas damit eine VorMaaer des La*
~ S3 —
brasproeeami uimidglich wird, und aimrittel-
bar der Tod eribl^, oder iums die daranf
folgende Störnng einen so deleteren Charak*
ter hat, daaa das consecotive Streben der
Naturheilkraft zur Auseleichonff dieser St5«
rang: der Grosse derselben ni<£t gewachsen
ist , oder wenn auch das Leben nich# TfiUig
erlischt, sich wenigstens als zn ohnmfichtig
erweist, nih die durch die^ eingedrungene
Schfidlichkeit verursachte Störunr völlig sn
beseitigen. Und da nun bei bedeutenden
yerietzungen oder Störungen versebiedcmr
zum Leben unmittelbar nothwendiger Organe,
oder bei völliger Entmischung der SAftemasse
das Leben femer nfcht mehr bestehen ' kami|
so liegt es in der Natur der Sache, dass
die häende Naturkraft hier ihr Ziel erreicht
und mit dem Lebensprincip selbst erlischt
Das zweite Verhfiltniss, die Berficksicb*
tignng der individuelien Constitution anlan-
gend, so ist von selbst klar, dass je schwi-
cher die Constitution eines Menschen, je reiz-
barer sein Nervensystem und je zarter seine
ganze Organisation ist, desto schwicher die
Reaction der Lebenskraft sein and desto
dier diese den Wirkungen schädlicher Eäii-
flässe unterliegen wird»
Was endlich das dritte Yeriiiltniss be-
trift, so muss natürlich die Heiltendenz der
Natur einen «an so schwereren Kampf bestec-
hen und wird um so eher erliegen, wenn
das von einer Krankheit betroffene Indivi*
duum bereits vorher schon an einem anderen
Uebel erkrankt war, oder, wenn. bei einer
— S4 —
Krankheit neue Stönin^n hinzakoiniiieD,
welche die Natarhraft in ihrem Hejlbestreben
atören, die beabsichtigte Aüsgleichong er-
schweren oder selbst ganz anmögKeh machen«
Wie häufig in dieser Beadehung sdbst
^'on Seiten der ärztlichen Eonst gesändigt
wird, also dass diese nur allza oft der grösste
Gegner und Widersacher der heitenden Na-
torkraft wird, ist leider eine traurige Wahr-
heit, wozu die tägliche Erfahrung hinrei-
ehrade Belege ^ebt, und wenn irgend Hah^
nemann und seine Jfinger auf ihre Erfolge
pochen können, so verdanken sie dieses
grösstentheUiß der Heilungstendenz der oma-
nischen Naturkraft, deren Existenz und Wir-
kung sie selbst zwar völlig läugnen, in
Wanrheit aber dadurch bethätiffen, dass sie
durch eine consequente methodus exspecta-
tiva und Abhalten neuer Schädlichkeiten der
Natur Zeit lassen, ihre heilstrebende Reac-
tion in vollem Maasse zu entfalten.
•
Ist nun ein jeder Krankheitsprocess nichts
anders, als eine Reihenfolge von Erscheinun-*
Sen, welche als das Resultat der Reaction
Br organischen Naturkraft ge^en eine auf
den Organismus feindselig einwimende Schäd-
lichkeit oder vielmehr gegen deren unmit-
telbare Wirkungen im lebenden Organismus
anzusehen sind, so wird es femer noth wen-
dig, diesen Process von Reactionserscheinun-
gen (Symptomen) von den krankhaften Ver-
änderungen zu unterscheiden, welche als
consecutive Wirkungen auftreten.
— f» —
Denn, wie bei der chemisdien VeiWn»
dang zweier Stoffe nnd deren Yereini^^iing
sa einem dritten Ganzen, der dynamiaehe
Proceas, welcher ihre chemische Verbindong
vermittelt nnd ach mehrentheils dorch be-*
«cmdere sinnlich wahrnehmbare Licht- nnd
Wärme- Erscheinaneen knnd giebt, von dem
Prodnete oder dem Kesoltate dieser Verbin-
inng am unterscheiden ist, so müssen wir
anch bei dem Begriffe, den wir mit dem
Worte Krankheit verknäpfen, die primitiven
y^rändernngen und Erscheinangen von ih-
ren consecutiven Wirkungen oder Produeten
d. h. von den consecutiven abnormen mate-
riellen Veränderungen unterscheiden, welche
entweder nur vorübergehend sind und mit
der Cienesung wieder verschwinden, oder als
sogenannte organische Fehler oder Verände-
rungen einzelner Bestandtheile zuräckbieiben*
Diese Krankheitsprodncte aber sind bei
Beurtheilang des Krankheitsprocesses von
der grossten Wichtigkeit und nicht minder
wichtig, als die Beachtung der Functions-
störungen, wie sie sich während des Ver-
laufes der Krankheit nach nnd nach kund
geben. Zu den Krankheitsproducten sind
aber nicht blos abnorme Se- und Excretio-
nen zu rechnen, wie z. B. der Eiter, die
abnorme Beschaffenheit des Urins, des Seh weis-
ses, des Schleims, der Galle u. s. w«, son-
dern im weiteren Sinne kann man alle con>-
secutiven krankhaften Veränderungen sowohl
fester als flässiger Theile als Krankheitspro-
chete ansehen, wie denn alle Veränderungen
der Qrganimtion, wdche uns die patbolo^
gftiete An«tomie kenneii lehrt, strmg ge«
ttMimeii nidits anders aliGf Krankbeitsiirodiicte
irind.
'/•
Man wird hier einwenden, dasa die ma*.
teridlen Yerfinderangen, welche einem Krank-
keitaproeesse %n Grunde lieeen, imiaerhin ab
Ü» nAchste * Ursache der Krankheit aaisase*
hen aeien, und daaa sie mithin Prodact ond
Ursache zngleich nicht sein könnten«
Da ich selbst der Ansicht bin, dass
einer jeden Krankheit eine materielle Baais
M Bobstitairen sei und den vagen Begriff
eines rein dynamischen Leidens negire, so
würde ich mich vielleicht eines Widerspruchs
sehdldig machen, wenn ich diesen Einwurf
sofort nicht beachtete. Dieser Widesspmch
tei aber nur scheinbar und um ihn aussuglei-
chen, bedarf es weiter nichts, als die primi-
tiven materiellen Veränderungen von den
•eeundären zu unterscheiden.
Die primitiven materiellen Veränderungen
eines Krankheitsprooesses sind das unmittel-
bare Ergebniss der Einwirkung äusserer
l^ädlichkeiten. Sie geben die nächste Be-
dingiing, welche die Reaction des organisehea
Lebens|Hincips erweckt und womit denn der
le Krankheitsproeess beginnt
nädistfolgenden Veränderungen sind
gewissermassen schon als Krankheitfqprodnete
mattsehen, welche aber wiederum als nächste
Ursache der fortdauernden KrankheitseradieH-
mm^: aaftrelen. Bin einAuAea Be^M
tf
wM dicMB deofficher ttacheii. VarfolMb
wir sa dem Ende die Genesis und Entwdi^
ktfmc eines einfachen Brostkatarrlis. Die
cewllEnUeiie Ursache des Katarrhs ist Ver*
MUnng, oder 7 mit anderen Worten, eine
mdir oder weniger pldtzliche Cnterdrfl^kanf
der Hantaasdflnstang. ' Die nnmittelbare Foim
^von ist eine Resorption ^ oder vielleirat
auch nor Repression der Stoffe, welche dnreh
den Transspirationsprocess aas dem Bluts
ansgeschieden werden sollten. Nächst der
bei diesem Vorgänge nothwendig stattfinden-
^) Es ist mir nicht nnbekannt, dass mehrere
neuere Pathologen gegen die Annahme einer
ReCMirpiion des Schweisses protesiiren, ohne das
CUmtotheil beweisen jeu kSnnen. Werdton aber
iiidii andere Seereüonen anch Tesorbirt, wie
B. B. Galle, Urin nnd Eiter? Oder glanbt man
wirklieb, dass diese dorleh eigenthüraliche Or*
gane und Processe ans dem Blute antgeschie-
denen Prodncte als solche schon im Blute ent-
halten seien? Dieses ist wenigstens nicht bewie-
sen, wohl aber die Resorption der genannten
Secretionsproducte. Wenigstens glaube ich, dass
bei der Gelbsucht und der Üroplanie eine
solche Resorption als die einfachste und natftr-
Uehste ErklSrui^sweise der Krankheitsentwicke-
lung anzunehmeil ist, wie denn auch bei jedem
Heilongsprocesse, bei jeder Rückbildung krank-
haftgestörter Organisationsverhältnisse eine solche
Resorption krankhafter Prodncte statt finden
mnss. ' Wird nicht Wasser, werden nicht arc«
neiliche auf die Haut eingeriebene Stoffe rejior-
birt? Warum nicht ebenso der Schweiss, Wenn
seine Ausscheidung aus den Poren der Haut
plOtslich gehemmt wird?
den' Afleetion der Haupt&eryen mxisä dnreb
diese resorbirten oder zurückgehaltenen Stoffe
ein abnormer Zustand des Blats resultiren
nnd dieser, obgleich unserer Beobachtung
und genauerer Erkenntniss bis jetzt entzogim;
bildet somit die erste materielle Verändemngj
weiche durch den Süsseren schädlichen Ein^
floss veranlasst wurde und nunmehr als diö
nSchste Bedingung der folgenden krankhaf-
ten Erscheinungen anzusehen ist Es ist
nicht unwahrscheinlich, dass die darauf fol-
gende Irritation und Stockung in den Capil-
mrgefftssen der Schleimhaut, womit die in-
nere Wandung der Luftröhre umkleidet ist,
welche zuerst eine verminderte, dann eine
alienirte und verstärkte Absonderung ihres
Secrets zur Folge hat, durch eine Art von
Ablagerung (Apostase) der bezeichneten re-
sorbirten oder zurückgehaltenen StolTe be-''
wirkt wird. Diese Veränderung, diese Irri-
tation der Schleimhaut der Luftröhre wäre
somit schon ein conseeutives Krankheitspro-
duct, d. h. eine durch die krankhafte (rheu-
matische) Veränderung des' Bluts veranlasste
materielle Störung, welche dann als die
nächste Ursache des Katarrhs auftritt. Hält
dieses Leiden lange an und hat bei nachhal-
tiger und gesteigerter Irritation wahre Ent-
zündung und Exulceration zdr Folge, so er-
scheint dieser Zustand wieder als ein wei-
teres Krankheitsproduct, welches wiederum
ah die nächste Ursache einer Reihenfolge
ei^enthfimlicher functioneller Störungen auf-
tntt, die wir wieder mit eigenthtimlichen
Namen zu bezeichnen pflegen, z. B. mit La-^
ryngitis, Tracheiti» und weiterhin mit
818 trachealis, pituitosa u. s. w.
So sehen wir in der gradaelien Entwi-
cketang eines Krankheitsprocesses eine Rei-
henfolge pathischer Producte immer wieder
als neue Bedingungen verschiedenartiger
Symptome entstehen und die deuteropathischen
AiFectionen in den protopathischen zwar wur-
zelnd, von denselben aber durchaus ver-
schieden.
Zur ganauerenVerständigunff des Bj^ank-
heitsprocesses überhaupt, sowie des Verhllt-
nisses der Heiltendenz des LebensprinciiNi
insbesondere ist es von Interesse den Folge-
Sang der materiellen Veränderungen, welche
en Erscheinungen zu Grunde uegen, ge-
nauer za erörtern und daraus einige allg^
meine Gesetze zu abstrahiren.
Bei einer einfachen Schnittwunde der
Haut sehen wir Entzündung erfolgen, oder,
mit andern Worten und um den Vorgang
der Entzündung etwas nfiher zu bezeic;hnen:
wir sehen das Blut mit grösserer Schnellig-
keit nach den verletzten Theilen hinströmen,
in den CapiUargefässen desselben sich anr
häufen und stocken.
«
Diess ist der erste Vorgang, den die
Lebensthätigkeit bewirkt, gewissermassen die
Einleitung oder Grundbedingung des HeS-
processes. Die nächste Folge dieser beginn
nenden Entzündung ist Anschwellung der
Wnndrftnder, wodurch diese sich eiBMider
flühern, und das Aotschwitseii «der Awmh
ckern von Blutserain, später von Biutplssaui
darch die Geffisswände bewirkt wird, welches
dasui besttinnit ist, die Interstitien der ge-
trennten Theile anssafüilen, die Wimdrinder
dsdiireh mit einander zu verbinden, sie gc-
wissermassen zu verkleben und so mittelst
Bildttng .und Verwachsung neuer, den be»
Bachbarten Gebilden wo nicht gleicher, doch
sehr ähnlicher Zeilen formation, die Vemar»
bung zu vermitteln.
Man kann sagen, dieses alles gehe sehr
nsAärlich zu und entspräche ganz den Gesetzen
des or^nischen Bildungstriebes überhaupt
Ganz richtig. Aber eben so richtig ist es,
dass hier dem Bildungstriebe in üewirünng
dieser Vorgänge eine Tendenz zur Anseiet
ehnng der erlittenen Verletzung säigesehrie^
ben werden kann, da der eanze Yornng
offenbar den Zweck der Heuung zum Ziele
hat.
Bei unreinen Wunden, da wo grösserer
Sobstanzverkist zugegen ist, die Wundräiif»
der sieh deswegen nklit hinreichend einan-
der nähern können, oder da, wo, wie zom
Beispiel bei zerrissenen und. bei Quetschwun^
den die Organisation der emzelnen Theile in
einem grösseren Umfange zerstört ist, oder
tvdlieh da, wo fremde Körper in die Wunde
singedningen sind, wird der Heilun^qiroeeas
cttwas eomplicirter. Wir sehen ein neues
Srankheitsproduct sich entwickebi, den Biter.
nit dessen Hälfe die zerstörten llieile um
Körper aosgeschieden werden vml
- n -
nter' weicheiii sich neue Sabttens bildet
l^nannte FleitehwarzeD, welche die Wände
nach und nach ausfüllen und damit die Verr
narbonc herbeifähren. Abermals ein Var^
^an^, dessen heiikrif tige Teadens sich nicht
verkennen liest
Bei solchen äusseren Verletzungen ist
diese heilkräftige TendeuK der organischen
Natnrkraft, oder wenn man lieber will^ des
Biidungstriebes so augenfällig, dass im aU»
cemeinen darüber kein Zweifel stattfnden
kann. Bei inneren Krankheiten ist dieses
weniger in die Augen fallend und doch fin-
den hier ähnliche bestimmte Gesetze statte
welciie auch hier diese Heiltendenz nicht ver*
kennen lassen. Betrachten wir somit etwas
genauer, wie hier die Natur zu Werke geht
Em unterliegt keinem Zweifel, dass die
meisten äusseren Schädlichkeiten, welche in»
nere Krankheiten zur Folge haben, die Mit*-
leidenschaft des Nervensystems mag nnn
primär in einem Grade und einer Weise statt*
finden, in welchem sie wolle, zunächst und
soweit wir durch Inductton und Autopsie hier
yemunftigerweise schliessen können, haupt»
sächlich das Blut oder fiberhaupt die Säfte*
masse in Anspt uch nehmen«
■
Entweder werden äussere schädliche
Stoffe direct in das Blut aufgenommen, win
9. B. durch Aufsaugung in den Digestion»-
Organen oder durch die Haut, dura Won-
äuk^ durch die Lungen in Form von Gas,
ote «a werdmi durch gehnunle and deprair
- H -
vifte' -fitocretiooen und Exereiionen sol^e
fittoffe, wefehe fSr die thierische Oekononm
nicht mehtr brauchbar sind und nicht mehr
asaiBiilirt werden können, in der Säftraiasse
»inlckgdlialten , oder auch wohl durch Re*
Sorption in dieselbe zurückgebracht und auf
diese Weise das Blut in einen vom normalen
Zustande abweichenden oder krankhaften
Zustand versetzt. Selbst solche Krankheits-*
Ursachen, welche offenbar primir das Nerven-
system betheiligen, von welchen wir nur die
stärkeren Grade der Gemüthsaffecte e wähnen
wollen, scheinen nächst der unmittelbaren'
Wirkung auf die Thätigkeit der motorischen
Oreane des Blutsystems (der Blui^fässe),
weiche sie theils anregend beschteunigen,
iheils lähmend retardiren, secundär wenig-
stens^ entweder direct oder durch Hemmung
und Depravation der Secretionen eine krank-
hafte Veränderung der Säftemasse herbeizu-
f&hren, welche dann, auch wenn die primären
Wirkungen dieser Affectionen län^t au%e-
hdrt baten, no^ nachhaltig krankhafte Zu-
fUie veranlassen und unterhalten kann.
Der auf die angegebene verschiedene
Weise herbeigefährte urankhaft veränderte
Zustand der Säftemasse nun giebt sich im
ersten Entstehen der Beobachtung gewöhn-
lich nicht kund; ja er kann sogar da, wo die
ihn erzeugenden entfernten Ursachen sehr
iiuigsam uiid aUmählig einwirken, wie z. B.
bei . ' naehhaltiger Einwirkung mephitiseher
Oasarten in sehr kleinen Mengen (Miasmen),
whv lange bestehen, ohne dass die Gesund
Mt/4e(k Menschen auf dne sehr merUidM)
Weise gestört erschiene. Erst bei längerer
Dauer lässt sich durch eine gewisse Ab-
nahme der Kräfte, Abnahme der Ernfthrang
und ein blasses kachektisches Ansehen auf
einen solchen krankhaften Zustand der Säfte-
mMse schiiessen. Aber als eine bestimmte
Krankheit stellt sich das auf diese Weise in
seiner ersten Entwickelung kürzere oder län-
gere Zeit verborgene Leiden der Süftemasse
der Beobachtung gewöhnlich erst dann dar,
wenn örtliche Zunille oder fieberhafte Er-
scheinungen erfolgen, welche man als die
Folge einer allgemeinen Reaction der Lebens-
kraft gegen aie nachtheilige Einwirkung
schädlicher Stoffe auf den Organismus anzu-
sehen gewohnt ist Ich behalte mir vor in
einer ausfuhrlicheren Abhandlung aber das
Fieber zu erörtern, in welchem pathogeneti-
schen Zusammenhange diese fieberhaften Er-
scheinungen eigentlich stehen und welche
Bedeutung daher als sogenannte Heactions-
erscheinungen ihnen beizumessen ist Soviel
ist gewiss, dass die Symptome des Fiebers
erst unter die secundären Erscheinungen ge-
hören^ mithin erst die Folge vorhergegangen
ner Zustande oder pathologischer Processe
sind, welche, in sofern die Natur damit sich
der in das Blut gedrungenen oder darin an-
gehäuften schädlichen oder verdorbenen Stoffe
zu entledigen sucht, allerdings als Reactions-
bestrebungen der Naturkraft anzusehen sind.
Zur Ausscheidung solcher zur thierischen
Oekonomie unbrauchbarer oder verdorbener
Stoffe dienen nun zunächst die verschiedenen
Se- und Excretions- Organe.
Joun. Bd. XCV. 5t. 1. '\
.— 34 —
Sei wnOQh gesi}A4eni Zustande des Or-
gaj9ismU3 und t»ei einer verhältnissmüflsig
geringßU Menge solcber schädlichen Stoffe
reichen, auch diese vollkommen hin, ihre Aiia-
Sdhoid.iiog 3(11. be wirl^en, und auf diese Weise
gelingt es, den bei di^i; Ma^se feindseeli(j^c
Einwirkungen und fortwibcen4ei: Aufoijtbme
heterogener und unassimilicbaire]: Stoffe im*
merhin schwankenden Geaundheitozustand des
Organismus in etneu». mßhi: odi^r weniger leid-
lichen Znstande des Wqbihefindmsi zu erhal«»
ten. Häufen siph diese ScbädJichkeiten aber
zu sehr 'm der Blutqiasfiie aa, oder dringen
sie plötzlich uad im Ueberma^ase waX sie ein^
ist die noonaje Tb^tigkeit eines oder des
andern Secretioffsorgans gestört^ oder enA^
lieh, ist ein scbpn. früher gesunkener Kräfte-«
zustand des> Nervensystems, sowohl im aU<*
Stmeinen, als einzelner Tbeile desselben vor-i
anden, welcher die Energie der natürlichea
Ausscbeidungsprocesse überhaupt beeinträch-v
tigty so entwickeln sich krankhafte Zustände,
welche sich zunächst auf zw.eieclei Art aus-
sprechen:
1. Entweder werden: die Seeretions«
und liespective Excretions - Oi^anQ- <bir.oh den.
allzugrosseu. Zndrang heterognei? und una»-^
simiürbarer Stoffe ^u sehr m Anspruch
genommen und dadurch in einen gereizten
cpngestiven oder entzündlichen) überhaupt in
einen abnormen de^enerirten Zustand ver-
setB&l^ der dann ihre normale Thätjgkeit
alieniren» beschleunigen oder auch besehränkoD
und selbst in gewissem Grade parAlysiren
muss. Solche pathologische Vasgänge zom
- 35 —
Beispiel mögen dem Durchfalle , der Rohr,
der Cholera, dem Wecbselfieber . dem gastri«
sehen und remittirenden Gallen -Fieber, dem
Abdominal- Typhus u. s. w. zu Grunde liegen,
wo wir die Secretionsorgane des Tractus in-
testinomm und überhaupt des ganzen ga-
strohepatischen Systems in einem gereizten
congestiven oder entzündlichen, überhaupt de-
pravirten Zustande finden; ein solcher pa-*
thologischer Vorgang scheint auch bei der
Harnruhr statt zu finden, wo wir, während
das Leiden primitiv im Blute wurzelt, die
Nieren allzusehr in Anspruch genommen und
dadurch in einen krankhaften Zustand ver-
setzt sehen. In anderen Fällen ist es die
Haut, welche in ihrer Bedeutung als Secre-
tionsorgan zur Ausscheidung und Ablagerung
krankhafter Stoffe (acute und chroniscne Ex-
antheme) in Anspruch genommen wird, wie-
der in anderen Fällen sind es die Lungen, die
ebenfalls als Ausscheidiingsorgan zur Abla-
gerung solcher Stoffe dienen u. s. w.
2. Oder die Natur sucht, in ihrem Stre-
ben, sich hierzu der gewöhnlichen Se- und
Excretionsorgane zu bedienen, entweder ge«
hemmt, oder nach andern, später noch näher
zu erörternden Bedingungen, einen andern
Weg^ um sich der im Blute angehäuften un-
brauchbaren und schädlichen Stoffe zu ent-
ledigen. Sie lagert sie in irgend einem an-
dern Organe ab, wodurch denn eine örtliche
Reizung, Congestion und Stockung (Entzün-
dung) an dieser Stelle entsteht und sich so-
mit ein, oder wenn mehrere dergleichen Ab->
lageroDgen (Apostasen) stattfinden, mehrere
3*
— 36 —
Krankheitsheerde bilden, in welchen der
Complex der dem Organe nnd seiner Ner-
venverbindungen eigentfaämlichen Symptome
seinen Ursprung findet.
Es sind besonders die Ausbreitungen
häutiger Gebilde, welche die Natur zunächst
zu solchen Apostasen zu w Ahlen pflegt.' Aus-
ser der Süssem Haut und ausser den Schleim-
häuten in ihren polymorphen Ausbildungen
durch die Organe des Digestions- und Re-
spirationsapparats, sowie des Urogenitalsy-
stems, welche schon als Secretionsorgane
vorzugsweise in Anspruch genommen wer-
den, sind es zunächst die serösen and fibrö-
sen Häute, welche das Gehirn, das Rücken-
mark, die Nerven und Gefässe, die innern
Orffane überhaupt, sowie die Muskeln, Ge-
lenke und Knochen umkleiden, die zur Abla-
gerung solcher Krankheitsstoffe dienen. .
Von diesen häutigen Gebilden verbreiten
sich dann die auf diese Weise beginnenden
Krankheitsheerde auch auf die benachbarten
Theile, auf das Parenchym innerer Organe,
während es seltener vorkommt, dass diese
primitiv auf diese Weise afficirt werden.
Letzteres scheint mehr bei chronischen
Uebelseinsformen , da wo schon längere Zeit
ein depravirter Zustand der Säftemasse zu-
Segen ist und auch dann vorzugsweise in
en eigentlichen Secretionsdrüsen der Fall
zu sein. Diese unmittelbare Apostase auf
das Parenchym der Organe scheint also hin-
sichtlich ihrer ursächOchen Bedingung mit
— 37 —
der unter 1) angeführten Weise überein zu
kommeo.
In manchen Fällen werden die an sol-
rheo Krankheitsheerden ausgeschiedenen de-
prtvirten Stoffe, wenn sie keinen Ausweg
iiiden oder die Entvviekeiung der Apostase
aof irgend eine Weise gestört oder beschränkt
wird, von der Säftemasse wieder aufge-
DOirmen.
Die \atur. sich aufs neue davon zu be«
freien suchend. !)ildet neue Ablagerungen,
■eoe Krankheitsheerde in anderen Organen,
iof diese Weise entwickeln sich die soge-
■annten Metastasen, wie z. B. die Metastase
des rheumatischen Krankheitsstoffs (der Haut-
schlacke, um mit RUler und Dzondi zu re-
den; von den fibrösen Gelenkhäuten auf die
fibrösen Gebilde der Herzklappen, oder die
Metastase der erysipelatösen Hautentzündung
luf die Gehirnhäute bei der Gesichtsrose;
aiof diese Weise pflanzen sieh viele chroni-
»che. auf einer eigenthümlichen Dyskrasie
der Säftemasse beruhende Uebelseinsformen
von einem Organe auf das andere fort, wie
z. B. die Tuberculosis, die Gicht^, der carci-
Qomatöse Krankheitsprocess u. s. w.
Es ist auffallend, dass man diese ein-
fache und. ich möchte sagen, naturgemässe
Art des Fortschreitens des Krankheitsproces-
^es in neuerer Zeit nicht hinreichend beach-
itrl hat. Des jünß:eren Langenbeck's Beob-
achtungen und Untersuchungen über das
Fortschreiten des carcinomatöscn Krankheits«
^'
— 38 —
processes^ haben uns darüber nenerdingB
wichtige Thatsachen an die Hand gegeben.
Aber dieser pathologische Vorgang findet
nicht nnr in dergleichen chronischen Uebel-
seinsformen nnd nach Aufsaugung krankhaf-
ter Stoffe (im eigentlichen Sinne des Wor-
tes) statt, sondern auch bei ganz frischen
and acuten Krankheitsformen sehen wir die
Natur diesen Weg der Apostase einschlagen,
um auf diese Weise die Blutmasse von he-
terogenen und unassimilirbaren Stoffen zu
befreien« Wenn wir sehen« wie auf eine
Erkältung oder, mit anderen Worten, auf
eine plötzlich unterdrückte Hautausdünstung
alsbald ein Katarrh der Luftröhre (d. h. eine
entzündliche Reizung der Schleimhaut der-
selben), oder ein Rheumatismus (d. h. eine
entzündliche Reizung der die Muskeln um-
kleidenden fibrösen Häute), oder eine Pleuri-
tis (d. h. eine entzündliche Reizung der se-
rösen Haut, welche die innere Wandung des
Thorax umkleidet und die Lungen einhüllt),
oder ein Durchfall (d. h. eine mit einer con-
gestiven Reizung verbundene vermehrte Se-
eretion der Scnleimhaut des Darmkanals)
n. 8. w. entstehen, so gewinnt dieses Gesetz
der Apostase heterogener oder unassimilir-
barer Stoffe eine grössere Ausdehnung ^) und
'^') S. iScftmidl^V Jahrbücher der in- und aus-
ländischen gesammten Medicin XXYater Band,
Seite 99.
**) Ich glaube hier eines Versuchs gedenken
zu müssen, welchen Magendie anstelUe und wel-
cher, wenn er sich bestätigen sollte, als ein
— «• -,
wird %ii einem der wichti^ten tSe^eti^e der
Pathole^ie, jft man kann annehmeo, dass acrf
diesem Gesetze, welches man anch das Ge-
setz dw pMiülogi^hen ExereHon nennen,
oder wenigstens mit dem physiologischen
Processe der Uxcretion anf einem nno dem-
selben Principe beruhend ansehen kann, dass
linf diesem Gesetise, sage ich, vermöge des-
sen die Natar oder das Lebensprincip sich
sdiSdIicher, oder Kur thierischen Ockonomie
unbrauchbarer Stoffe zu entledigen sacht,
lischst der Thfttigkeitsäasserung des Bridangs-
triebes fiberhaapt das hauptsächlichste der
T(»rginge beruht, welche man einer beson-
deren Heilkraft der Natur beimessen s^u mäs-
sen geglaubt hat.
DiMem organischen Gesetze gemflss
sucht sich die Natur (das Lebensprincip)
Bchfidlicher, fremdartiger, unbrattchbarer oder
flberflflissiger Stoffe, welche in die Säftemasse
^gedrungen sind, oder sich darin angehäuft
haben, za entledigen. Gelingt dieses nicht
wichtiger Beitrag zu Gunsten der hier in Rede
stiehenden Andient angesehen werden kann, ich
mein^ den bekannten Versuch, daSs nach ISin-
sprlisung von faulem Wasser in die Venen ei-
nes Hundes, Darmentzündung und PhSnoüiene
entstanden^ welche de^ien des Typhus abdomina-
lis sehr ähnlich wareu^
Eben so sah er auf Einspritzung von koh-
lensauerem Natrum Lungenentzündung erfolgen.
L^^ns sur les phcnom^nes physiques de la rie,
ll«i^eillieft pat 6. t^imel
— 40 —
aaf dem gewöhnlichen Wege der v^neUfr*'
denen 8e- und Excretionsorgane , m südit
sich die Natur auf anderen Wegen von ih^
nen zu befreien, oder sie ist vielmehr g^
zwungen dazu, sie auf andere Theile tlb»
lagern, um das Blut, diese Qaelle des Lo?
bens, in seiner Integrität zu retten. Dir
Krankheitsstoff (und als solchen kann fltti
ihn wohl bezeichnen) wird nach zwar nicht
immer klar erkannten Bedingungen , aber .
doch nach gewissen Normen, die* theib in
der individuellen Disposition und Constitatiimi
theils in endemischen oder epidemischen Yer^
hältnissen, theils endlich in der Beschaffenhat
der äusseren Schädlichkeit selbst ihren Chmad
finden, an irgend einem Orte, in einem Or^
gane, abgelagert, es bildet sich eine ^po-
stase, welche dann, indem sie die Integntit
des betreffenden Organs und somit seine ihm
eigenthümlichen Functionen stört, zu einem
Krankheitsheerde wird, der dann vermfige'
der innigen Verbindung dieses Organs mit
den übrigen Theilen des Organismus und je
nach der Wichtigkeit desselben (d. h. je
nachdem die Functionen desselben zur ErhaU
tung des Organismus in unmittelbarer oder
entfernterer Beziehung stehen) mehr oder
weniger bedeutende örtliche und allgemeine
Störungen und Krankheitserscheinungen zur
Folge hat.
Gelingt es der Natur, auf diese Weise,
entweder unmittelbar oder nach eingetrete-
nen günstigeren Verhältnissen mit Beihälfe
der natürlichen Wege der Secretions- und
Excretionsorgane sich solcher schädlicher oder
— 41 —
lobrauchbarer Stoffe zu entledigen, so be-
währt sich die sogenannte Heilkraft der Na-
iv. Gelin^^ es ihr nicht und wird durch
dieses Gezwungensein der Natur, sich ande-
ler als der dazu bestimmten Organe zur Ans-
scheidang solcher Stoffe zu bedienen, oder
wird eines oder das andere Secretionsorgan
dirch allzugrosse Anhäufung solcher Stoffe
iherreizt und somit in einem wie in dem
anderen Falle ein zur Erhaltung des Lebens
nichtiges Organ dermassen in seiner Inte-
^tat verletzt, dass es seine Functionen nicht
■ehr verrichten und somit das Leben ferner
licht mehr bestehen kann, so wäre es un-
lecfal und unlogisch deswegen die Tendenz
der Xator zur Ausgleichung der erlittenen
Inbilden und zur Wiederherstellung ihres
normalen Zustandes zu verkennen, indem an-
zunehmen ist. dass in diesem Falle die Le-
benskraft entweder an und für sich zu
schwach war, um das ihr vorgesteckte Ziel
zu erreichen, oder dass sieh ihrem Bestreben
unüberwindliche Hindernisse entgegenstellten
und !»ie somit unterliegen jnusste.
Die Aufgabe der Kunst ist. dieser Heil-
lendenz der >atur in dem Maa^se zu Hülfe
zu kommen, dass sie entweder direct die
krankhafte Veränderung der Blutmasse zu
verbessern sucht, oder dass sie dieAusschei-
düng schädlicher oder unbrauchbarer Stoffe
auf den natürlichen Wctfeu der Seeretions-
und Excretionsorgane befördert, oder dass
»ic die durch die genannten Apostasen ge-
•Oiirte Integrität wichtiger Organe und die
dadurch veranlasstenFuuctionsstörungen durch
** if —
jgeeignetd Mittel direct za mCBsi^eii iiilid
fleicbzeitig darch AnreguBg der natfirlieiieii
e-*- and Excretionen durch Gefenreise und
fcfetttliebe Erregang neaer Krankheitsbeerde
auf weniger wichtigen Gebilden, die dem
Krankheitsbeerde za Grande liegende» Be«-
dingnngen abzuleiten sacht, oder endKeh, daflis
sie da, wo die Apostase ein zur firhattun^
des Ganzen weniger nothwendiges and wieh*^
tiges Organ betr^n bat, die Natar in ihrem
Bestrebra nicht stört, vielniehr durch geeig«
nete Mittel unterstfitzt.
Wenn ich in dem Vorhergehenden eine
Ansicht wo nicht aufstellte, denn sie ist Hiebt
oder wenigstens nur theilweise neu, doch
geltend zu machen suchte, welche an die be-
rfichtigte materia peccans der Alten erinnert,
80 weiss ich wohl, dass manche Pathologen,
welche gewohnt sind, die Principien des Le-
bens sowohl, als auch die pathogenetischen
Bedingungen der Krankheiten vorzugsweise
im Nervensystem und in Alterationen dessel-
ben zu suchen, dazu den Kopf schfitteln und
geneigt sein werden, sie eine Ausgeburt ei-
ner krassen Humoralpathologie zu schelten.
Zur Verständigung und Rechtfatigung
meiner Ansicht sei aber gesagt, dass ich den
Andieil, weicher in pathogenetischer Bezie-
hung dem Nervensysteme zukommt, damit
keineswegs in Abrede stellen will, vielmehr
ihn cum grano saKs vollkommen anerkenne.
Es handelte sich nur vorerst darum auf ein
allgemeines Gesetz aufmerksam ztt machen,
wie aich die Natur fremdartiger und schSd-*
— 43 —
licher Stoffe, welche in die Blatmasse cinge-
dningen sind, va entledigen sacht und wie
darin, wenn anch nicht alle, doch sehr viele
Kninlüieitsprocesse ihre Erklärang finden.
Ist nns die fehlerhafte Mischang oder
der abnorme Znstand des Blates in den ver-
schiedenen Krankheiten gleich noch nnbe*
kannt und sind wir, trotz den Bemühungen
eines fjecanu^ Thakrah^ Nasse^ Andralj Ga-
wäret nnd neuerdings unseres scharfsinnigen
Simon ^ in diesem wichtigen Zweige der or-
ganischen Chemie erst in die Propyläen der
Untersuchung gedrungen : können wir freilich
durch chemische Reagentien noch nicht nach-*
weisen, wie sich das Blut eines Arthritischen,
dnes Scrophulösen, eines Syphilitischen, oder
das Blut eines Pocken-, eines Scharlach-, ei-
nes Masernkranken, oder das eines Krätzigen,
eines mit Psoriasis oder Lepra Behafteten
eegenseitig zu einander und zum gesunden
Blute verhalten, der feineren Nüancirungen,
wie sie in unzählig verschiedenen Krank-
heiisfUlen nothwendig vorkommen mössen,
nicht einmal zu gedenken; können wir frei-
lich alle diese dyskrasischen Verhältnisse der
(SSftemasse nicht ad oculos demonstriren und
müssen wir uns gleichwohl begnügen, sie
aus ihren verschiedenartigen Wirkungen zu
sapponirea, so folgt doch eben daraus, d. h.
aus ihren Wirkungen, aus ihren verschieden-
artigen Producten, dass ihre Existenz keine
Chimäre und ihre pathogenetische Würdigung
eine der wichtigsten Aufgaben der ärztlichen
Wissenschaft ist.
-' 4^ - •
'Der Antheil aber, den das Nervensystem
in der Pathogenie dieser wahren Blatkrank-
heilen, wenn ich mich so ausdrucken. darf^
libemimmt, bezieht sich hauptsächlich auf den,
Ort, den die Natur zur Apostase des schäd-
lichen Stoffes wählt und theilweise auch auf
die Art und Beschaffenheit der hierdurch ent^
standenen Krankheit.
Hinsichtlich des Orts kann man im all-
gemeinen den Satz aufstellen, dass je gereiz-
ter oder erregter bereits die Nerven eines
Organs sind, desto häufiger und leichter wird
es der Sitz einer solchen Apostase. Dieser
Satz findet nicht allein ber schon krankhaften
Reizungen statt, spndern auch bei gewissen
Reizungen, welche physiologisch den Moment
einer höhern Entwickelung eines Organs dar-
stellen. Die besondere Anlage der verschie-
denen Lebensalter und des Geschlechts zu
verschiedenen Krankheiten findet hierin ihre
Erklärung. So sehen wir das Kindesalter
vorzugsweise zu Kopfaffectionen geneigt,
während sich im Jünglingsalter häufiger Brust-
und im Mannesalter häufiger Unterleibskrank-
heiten entwickeln. Auf denselben Principien
beruhen die Entwickelungs - Krankheiten des
weiblichen Geschlechts. Eine Verkältungim
Wochenbette verursacht bald eine Apostase
auf die Gebärmutter und das Bauchfell, bald
wirft sich diese auf die weibliche Brust
u. 8. w.
* ■ I
In pathologischer Beziehung sehen wir
femer, dass em bereits erkranktes Organ
vorzugsweise von einer neuen Apostase er-
— 45 —
Eiffen wird. — Cariöse Zähne schmerzen
n6g erst dann, wenn eine rheamatische
Apostase sich dahin wirft, was denn bei ei-
ner Verkältung gewöhnlich za geschehen
pflegt, also dass der cariöse Zahn eine Dis-
S Position unterhalt, welche erst mit seiner Rnt-
ernang ihr Ende findet Eine neue Verkäl-
tang, welche bei einem schon vorhandenen
Katarrh stattfindet, hat leicht BnmehitU
oder Pneumonie zur Folge, indem dif^ neue
Apostase sich aof den bereits krankhaft er-
griffenen Theil wirft Bei bedeutenden Ver-
wundungen kann eine erlittene Verkältung,
welche den Ort der Verwundung zu ihrer
Apostase wählt, die bedeutendsten Zufälle,
selbst Tetanus zur Folge haben, der hier
nicht anders zu Stande kommt, als durch
heftige Reizung der verwundeten Nerven,
die sich bis zum Rückenmark fortpflanzt
Es ist unnöthig, noch mehr Beispiele der
Art anzuführen.- 8ie sind den Praktikern
hiniinglich bekannt Was hier nur von Ver-
kältungs- oder rheumatischen Apostasen ge-
sagt ist, gilt von allen andern Krankheitsur-
sachen. Dass diese im allgemeinen in Bezug
apf den Ort, den sie zur Apostase wählen^
(sit venia verbo) noch besondere Eigenthum-
Uchkeiten darbieten^ ist bekannt Die Gicht, der
syphilitische Krankheitsstoff, das Wuthgift,
sowie die verschiedenen Contagien und epi-
demischen Krankheitsursachen geben in die-
ser Beziehung unläugbare Thatsachen« Hin«
sichtlich des Antheils aber, welchen das Ner-
vensystem an diesem Vorgange nimmt, haben
wir zunächst noch folgendes zu bemerken:
- 4$ —
Eb ist bekannt, dass sehr viele Meii*
sehen, wenn sie sich eine Erkältong zage-
sogen, immer von neaem von einem und dem-
iMdben Uebei befallen werden. Einige sind
besonders zu Schnupfen * geneigt, andere za
Halsentzfindongen , zu Angenentznndungen,
zur Migräne, zu Bronchialkatarrhen, wieder
andere bekommen Durchfälle oder rheuma-*
tische Schmerzen des einen und des ande-
ren Theils. Wie bei dem oben angeführten
Beispiele des cariösen Zahns liegt auch wohl
hier eine besondere Disposition zu Grunde,
-welche in den Nerven dieser Theile ihren
Grund zn haben scheint Die Alten nannten
diese eine Schwäche, ein Betriff, der in der
That eine tiefere Bedeutung haben mag, als
man ihm heut zu Tage beizulegen gewohnt
ist Wenigstens deuten Magendie^s Versuche,
wo nach Durchsehneidnng des quintus inner**
halb der ^Schädelhöhle unmittelbar nach sei-
nem Uebergange über das Felsenbein bei
Kaninchen eine Ophthalmie entstand, darauf
hin, dass auch in den in Rede stehen-
den Fällen ein veränderter (gereizter) oder
Schwächezostand dieser jeweiligen besonde-
ren Dispositionen zu Grunde liegen möchte.
Je nervenreicher ein Gebilde ist und je
wichtiger und verbreiteter demgemäss seine
sensuelle Verbindung mit andern Organen,
desto ^össer und ausgebreiteter wird im
aUgememen das Leiden sein, das eine es
helfende Apostase den äusseren Erschei-
iiangen nach verursacht
. (
Dia Centralgebildd des Nervensystems
— 4t —
I
eiMxseits. und andererseits die Gebilde de»
Hnskel- und KnocheBsystems bilden in die-
ser Besüßhuüg die Extreme. Bezüglich der
Intensität des Leidens and ihrer Wichtigkeit
in Besug^ aaf die Erhaltung des Lebens ste-
hen aber die Organe, welche vorzugsweise
zum organischen (gangliösen) Nervensysteme
gehören, mit den ersteren in ziemlich gleicher
Kategorie, weil von ihrer Integrität die Er«
baUung des Lebens nicht minder abhängig
ist, als von der Integrität der Centralgebüde
des Nervensystems.
Werden einzelne Nerven oder Nerven-
verzweigungen von einer Apostase befalleni
wobei entweder die Ner^'ensubstanz selbst
oder, wa3 wahrscheinlicher oder wenigstens
hänfiffer der Fall sein maff, die sie umgeben-
den fibrösen und serösen Hautgebilde krank-
haft afficirt werdenf, so entwickeln sich da-
durch die bekannten neuralgischen Uebei-
seinsformen. In schwereren und hartnäcki-
Seren Fällen der Art scheinen aber immer
ie Centralge bilde des Nervensystems, ins-
besondere das Rückenmark an dem Leiden
Theii zu nehmen und der Krankheitsreiz sich
dahin fortzupflanzen, in anderen Fällen auch
wohl darin seinen Ursprung zu nehmen.
Sehr viele Nervenkrankheiten und Nerven-
zufälle finden hierin ihre Erklärung.
Es ist anerkannt, das» die verschiedenen
Erscheinungen der Hysterie, der Hypochon-
drie und des Wechselfiebers, besonders in
seinen larvirten Formen mit diesen neural-
gischen Krankheitsformen in naher Beziehang
— ^48 —
stehen. Aber auch die verschiedenen ande-
ren Algieen, die Rheomatalg:ieen, die Arihral-
ffieen scheinen auf ähnlichen pathologischen
Principien zu l>eruhen^ wie die Neoralgieen
uberhaipt Es sei mir erlaubt hierüber noch
einige Bemerkungen beizufügen.
■
Es ist bekannt, dass sich die Bfaeuma-
talgieen oder sogenannten Rheumatismen al-
lein oder vorzugsweise nach Erkaltungen
entwickeln.
Sehr häufig entsteht ein örtlicher Rheu-
matismus nach örtlicher Verkäitung der Haut
ganz in der Nähe der verkühlten Stelle, z.
. ein steifer Nacken durch örtliche Verkäi-
tung desselben. Wie kömmt dieser Krank-
heitsprocess zu Stande? Wir wissen es nicht;
doch können wir Vermuthungen darüber auf-
stellen. Dass hier die Nerven leiden, welche
bei Bewegungen der Muskeln, wodurch sie
gespannt, gedrückt oder gezerrt werden,
heftiger schmerzen, ist sehr wahrscheinlich,
jBei es auch nur, dass die fibrösen Scheiden,
welche die Muskeln umgeben, oder die eben-
falls ztt den fibrösen Häuten gehörenden
Nervenscheiden krankhaft (entzündlich) er-
friffeh sind. Aber wie und wodurch werden
iese Theile durch die genannte Ursache
krankhaft afficirt?
Henle sagt darüber *) : »Ich will keines-
wegs den Antheil des Bluts an den Folgen
*) a. a. O. Seite 272.
49
, •
der Erkältung ganz in Abrede stellen, zumal
för die Välle, wo bei allgemeiner Dyskrasie
oder einer bestimmten Präaisposition die Haut
wirklich Absonderangsorgan pathologisch ge-
bildeter Materie sein mag: aber fär eine viel
bedeutendere Krankheitsursache halte ich die
plötzliche Veränderung der Substanz und
Function der peripherischen Nerven. .Wenn
diese za bedeutend ist, als dass der Nerve
in der Ruhe sogleich die normale Form und
Mischung wieder gewinnen könnte, so ent»
steht eine Krankheit. Diese kann an dem
getroffenen Nerven selbst erscheinen, oder
an einem symphatisch erregten, oder wenn
der Einfluss allgemein war, an den Central-
Organen, z. B. Tetanus.«
Warum entsteht aber ein solcher rheu-
nmtischer (neuralgischer) Schmerz nicht, wenn
die Haut durch viel stärkere Reizungen z. B.
durch Blasenpflaster, Brennen u. s. w. affi-
cirt wird? Werden hier die peripherischen
Nerven der Haut nicht weit stärker beleidigt,
als durch eine sogenannte Verkäliung ? Auch
sind es ja nicht die peripherischen Nerven
(die Hautnerven), welche beim Rheumatismus
den Sitz der Krankheit abgeben, sondern
vielmehr die Muskelnerven, welche schmer-
zen. — Also nicht die unmittelbar von der
Verkählung getroffenen Nervenendigungen
der Haut sind es, welche als der Sitz der
Bürankheit anzusehen sind, sondern die tiefer
gelegenen den Schmerz verursachenden Mus-
kelnerven, eine Erscheinung,die mit der krank-
haften Schmerzempfindung der sonst unem-
pfindlichen Theile, die zum organischen Ner-
Joara« Bd. XCY. St, 1. ^ 4
— 50 —
vensystem gehören, in einer Kategorie jm
«tehen scheint.
#
Andere halten dafür, daaa Eur EaiBte-
hung rheumatischer Schmen&en nadi VerUI'
tangea die Elektricität eine urBäcUiche Bolle
spiele. Ohne den Einfluaa der elektriachen
Zastinde der Luft, je nachdem sie sieh mehr
positiv oder negativ eleetrisch verhfilt, auf
die allgemeine £rankheitsconstitation in Ab*
rede %a stellen, eine Thatsache, welche «m
so mehr Beachtung verdient, ab diese ,ver-*
schiedenartige Reschaffenheit der Luftelektri*
citüt nach Siceortnf«*) Untersuchungen mit
ihrer absoluten Menge von Sauer8to%ehalt
dermassen zu corespondiren scheint, dasa die
positiv elektrische Luft in einem gegebenen
Volpmea saaerstoffreicher, die negativ elek-
trische aber ärmer an Sauerstoff ist, so kaiip
ich mir. doch nicht erklären, wie eine oder
die andere elektrische Qualität der Luft oder
eine durch sie etwa bestimmte Veränderung
der Hautelektricität einen örtlichen Krank-
heitaprocess der Art, wie der rheumatische
^hmerz ist, verursachen könne. Wäre die-
ses möglich, so müsste man mit Hälfe der
Elektrisirmaschine leicht dergleichen Rhen^
matalgieen erzeugen können. Es ist mir aber
nicht bekannt, dass bei Anwendung des eiek«
trischen Fluidums in verschiedenen Uabel*-
i^insformen noch jemals dergleichen nachhalf
tige(rheumatische)Schmerzen entstanden seien.
*) Luftelekincitöi, £rdmagiieU8ina«undKni|ik-
heitsconstUntioD. 1841.
— 51 -
Die Erklining des Zustandekommens die-
ser Krankheitsform seheint mir nach allem
diesem weit einfacher gegeben, wenn wir an-
nehmen, dass der durch die Verkühlung zu-
niekgehaltene oder zurückgetretene und re-
■orbirte (l^ohlenstoffige) Ausdunstnngsstoff fast
nmittelbar in den nie Muskeln umgebenden
fibrösen Häuten apostasirt und hierdurch eine
Reisnug, Spannung, Anschwellung' veran-
lasst« welche dann, indem sie die hier lie-
genden Ner^'en betbeiligt, die bekannten
Schmerzen verursachen. In andern Fällen.
%. B. bei der Ischiadik befällt diese rheuma-
tische Apostase den Nerven selbst, oder
was wahrscheinlicher ist. die fibröse Scheide
dendben. ,
Also auch bei den eigentlichen Nerven-
krankheiten findet die Lehre von der örtli-
chen Apostase schädlicher Stoffe eine viel-
seitige Anwendung und es ist oben bereits
angedeutet, in wie weit selbst psychische
Krankheitsursachen Störungen und Zerse-
tzungen der Säftemasse veranlassen und in
Folge dessen durch apostatische Affectionen
der Organe mehr oder weniger nachtheilige
und bleibende Krankheiten veranlassen kön-
nen. Es würde zu weit führen und die
Grenzen überschreiten, welche mir hier ge-
steckt sind, wollte ich die übrigen ursächli-
chen Verhältnisse in der Pathogenese und die
Art und Weise, wie die Natur die dadurch
herbeigeführten organischen Störungen wie-
der auszugleichen sucht, hier weiter verfol-
gen. Dem aufmerksamen Beobachter wird
nicht entgehen, wie die \atur, wenn auch
~ 5« -
nach unwandelbaren organischen Gesetzen
wirkend, doch auch hier die heilstrebende
Tendenz nicht verkennen lässt, weiche aich
auf ahnliche Weise kund giebt, wie ich sie
in der vorstehenden Abhandlung bei meh--
'reren Krahkheiten zu entwickeln gesucht
habe.
r
II.
^ Ueber
den Einfl II SS
der
Sommerwitterung auf
Herbstkrankheiten.
Von
Dr* ۥ ۥ T. Burdach, in Luekau.
Durch nachstehende Bemerkangen wäh-
gdie ^ dnen kleinen Beitrag za liefern zu
den UnterBochongen aber die Abhängigkeit
des menschlichen Befindens von den Yerin*
demacen der ihn nmgebenden äusseren Nsp-
tgrverailteisse , namentlich dem ordentlichen
WitterangsIaBfe onserer Zone. Langjährige
Ustenochnngen haben mir die Ueberzeogane
Mgeben, das« die fiber diesen Gegenstand
SerrsAenden Meinongeu unklar und wenig
bcgrwidet sind. Wenn man, wie meistens
m Gesprichen des gewdhnlidien Lebens, aber
atch in Dracksduri&n gesddeht, das mensch-
— 54 ■ -r-
iiche Individuum sowohl als auch die Gesammt-
beit des Volkslebens^ ganz nach Art einer
Wetterfahne betrachtet, so ist dieses weder
speciell mit der reineren Erfahrung, noch
überhaupt mit der hinlänglich erwiesenen
PerdurabilitSt und mehrseitigen Acclimatisa-
tionsfähigkeit der menschlichen !^atur verein-
bar, welche darin, wie überhaupt in ihrer
Widerstandsfäliigkeit g^gen äussere Einwir-
kungen, auf einer ziemlich hoben Stufe steht
und letzteren nur dann mehr oder weniger
unterliegt, wenn sie ihnen mit einer grossen
und gewaltsamen DiiTerenz und sehr anhal-
tend, wodurch ihre Functionen beeinträchtigt
werden, ausgesetzt ist, welches aber brt
den als fortgehend angenommenen, voraus-
gesetzten allgemeinen Einflüssen der bei uns
gewöhnlichen Witterungsveränderungen kei-
nesweges Statt findet.
Hierzu gehören indess nicht die nicht
zu verkennenden Spuren einer gewissen Sym-'
pathie der Zustände und Veränderungen or-
^nisirter Wesen mit den typischen des
Weltganzen. Zunächst werden die beiden
grossen Rotationen der ersten und zweiten ,
t;wegung des Erdkörpers (— denn von sei-«
nen übrigen astronomischen Beziehungen ist
es sehr problematisch — ) von den belebten
Individuen, unwillkührlich, gewissermassen mit
kleinen Pendelschwingungen, Uoehroniach &«*
gleitet. Für eine solche Sympathie mit dem
Weltkörperleben finden sich auch bei den re-
lativen Gesammtheiten des Volkslebens, be-
sonders, wenn diese durch epidemische Er-
krankungen sich deutlicher als Individuen ob-
— 55 —
jMtiTiren^ sprediende Thatsacheib In Wahr-
aehmiiDgen dieser Art hat man oft, bei dea
^aufteilst liegeDden Dingen ala seheinbaren
Uraachen in einseitiger Anffasaonc verwei-
lend 9 directe Einwirkangen der Witterang
finden wollen, obwohl genauere Beobachtung
attch hier zeigt, dass das Post hoc ergo
propter hoc ungegrfindet war, dasa aogar
laeistens nicht einmal so atriTallende und
weift verbreitete WitterungsabnormitAten, um
ihnen die- Kraft Kur Bewirkung epidemtseher
Erkrankungen auch nur muthmasslich beizn-^
meaaen, Statt gefunden hatten, dasa mithin
letztere nur correspondirende Functionen der
VeräBderongen eines hohem Ganzen sein
mDsaten. — Schon vorhin ward angedeutet,
dasa noch viel weniger die alltigliche Thatr
sadie der Störung organischer Functionen
durch Einwirkung elementarischer und at-
Boaphirilischer Potenzen, welche mit dem
lebeinden Individuo in Conflict treten, also
aaeh der^i pathogenetische KrafL bezweifelt
werden soll. Nur müsste dieser Conflict dock
«evor als ein allgemeiner wirklich vorhanden
sein; ein solcher mangelt aber in der Regtf
and wird nur herkömmlicher Weise behanp-'
tat zwischen den laufenden Witterua^sver«
Utttniaaen und ißn ihrer directen Einwirkung
nidit unmittelbar ausgesetzten, lebenden In-
divMu».
Die Entwickelung der SpätsoBuaar- und
Herbstkrankheiten scheint der Wendepunkt
xa sein lir die jedesmalige Krankheitscon-
alitntioB dea Jahres. — Von der völlig aas-
appordeatUAen Beschaffenheit des Spitoani-
— 56 —
mere 1842 and der in ihm Eor gröMtm Büke
gediehenen solaren WitterungaHkemie imMte
ein entscheidendes Moment für ' die BeRBt-
wortung folgender Fragen za erwarten Bon:
1. Stehen die im Herbste gew5hBlid^
mehr oder weniger. Statt findenden epide»*
sehen Krankheiten ulnhr, Typhen, Keodi-
hasten, Cholera, Grippe, Friesel u. a.) ait j
der zunächst vorhergegangenen Sommer- ;
Witterung, namentlich mit der grosseren oder
geringeren Hitze und atmosphfirischen Span-
nung des Spätsommers, entweder in einem
directen Causalitätsverhältnisse, oder docli in
irgend einem Abhängigkcitsverhältnifise^ so
dass ihre Modalität durch die vorausgenn-
Sene Witterung bestimmt wird? 2. Worin
estehen diese etwaigen gegenseitigen Be-
ziehungen, sowohl im Bestimmenden als im
Bestimmten? Es ist wohl einleuchtend, dass,
wenn zwischen der Sommerwitterong and
den Herbstkrankheiten irgend ein sSosam-
menhang, ein gegenseitiges Verhältniss Statt
findet, oieses sich dadurch documentiren mfisse,
dass bedeutende Veränderungen im Antece-
dens ungefähr entsprechende Wirkungen
im Consequens nach sich ziehen, so wie,
dass umgekehrt die durchgängige factische
Abwesenheit eines wechselseitigen Verhält-
nisses die Causalitätsbeziehung vollständig
aufhebt. Dieser Satz ist ah Basis der Un^ .
tersuchung anzusehen.
Bekanntlich ist der Herbst jedesmal die
Zeit des grössten Wohlbefindens und des
kräftigsten Lebensgefühles für die Mehrzahl
rMiM^ ind ^gleicIi''>doch auch db
Mit, ni wefelrer, niehst dem Fl^i^^i^
M^ YolksknndUieiten einKatrelen j^in
gm. 'Nor ginadiche dberflScUiehkeit qdA
MktmmaA^gk^ Unnte die letKtere'^hal-
iadmreh erUSreii woUcin, dass die {wt*
Hmq^ttempemtiirilbergiiige^ der .
rin die des.Herbsfes^ so wie d6r'
Winlm in die - d(^ f^rAhhogs, dieeieb
Kmiih mttelst* einer directön angan-*
Knwirkang aof die individuellen 0^-
«i bewirkten. Demi, kanrasa erwilH
1^ dann grade *ein jedes langes EtneiriHif
Wlttinrnii^.nnd Temperatur, sie sei wd«
Art flip wolle mid |itir etil «öleAe«, stets
mgOostig: auf Jede Art von Organismen
einwirkt, welche asu Belebung ihrer Funetie^
■n iväiaiis der Abwechselung derlncitä;*
■esle nnd Umgebongea bedürfen, um nich);
in vÄliger Erschlaffang unterzugehen, indem
der Wechsel, selbst wenn er von sehr schrof-
fer Art ist, an and fnr sich keinesweges nach-
theOig, sondern dann eben erst recht wohl«
thitig erreffend einwirkt; dass ferner, die
aban angefahrte Erfahnirigs - Thatsaehe der
lUhe des individuellen Wohlbefindens im ei-
«■tKchen Herbste, auch bei der um diese
Zeit oft unfreundlichen nasskalten Witterung,
Jenem Erklärungsversuche schon völlig ent-
gegen ist, — so beginnen die eigentlichen
herrschenden Fruhjahrskrankheiten meistens
schon im Februar mit aller Stärke, die Herbst-
cpdemieen aber jedesmal im August, wo auf
beiden Seiten noch gar kein Wechsel einge-
inten ist, , wo vielmehr in unserem Klima,
— 5» ~
dort der Winter hier der Sommer, eben
erst aaf der rechten Höhe sich befindet Es
Seht vielmehr hieraus; so, wie aas allen and-
eren wesentlichen Erscheinungen der Epi-
demieen, hervor, dass letztere Nichts Ande-
res sind« als wirkliche Erkrankungen einzel-
ner unbekannter, durch unsere Sinne weiter
nicht wahrnehmbarer, Attribute der Atmo-
sphäre, von welchen eine gewisse Anzahl In-
dSividnen angesteckt wird, die Mehrzahl aber
Nichts empfindet, weil ihr eben Empfänglich-
keit und Sinn dafär abgeht, indem die At-
mosphäre, in ihren übrigen Beziehungen grade
sehr gesund sein kann, wie sie es im Herbste
fanz gewiss jedesmal ist. Kaum der Qemer-
ung bedarf es, dass solche — so zu sa-
gen — Localkrankheiten der Atmosphäre
gänzlich ausserhalb des Bereiches der todten
elektrometrischen und chemischen Priifbngs-
mittel liegen. Die einzigen Reagentien dafür
sind eben nur die Individuen, welche davon
erkranken und dadurch ihre .Empfänglichkeit
dafär verrathen. Nur aus der Zusammenstel-
lung anderweitiger parallel verlaufender at-
mosphärischer Symptome, aus einer vieljäh-
rigen Reihe von Beobachtungen, könnte die,
vielleicht periodische, Wiederkehr ähnlicher
atmosphärischer Krankheitsprocesse erschlos-
sen und, nebst ihren Einwirkungen auf die
lebenden Wesen, im Voraus analogisch be-
stimmt werden.
Ich werde nun den Versuch machen, die
merkwürdigsten Sommer der letzten zwei
und dreissig Jahre in Beziehung auf die
Krankheitsconstitution des jedesmaligen Herb«
~ 5» ~
Btdß kflrdich aufiEofUhren nnd daramr einige
Rmultate su ziehen.
leh beschrfinke mich hierbei aaf das
aDein, was ich selbst erfuhr und beobachtete,
artheile also nur von meinem Standpunkte
aas. Wie könnte ich aach anders? Jeder
Landstrich hat seine besondere, von dem
Nächbarlande, selbst in gleicher Zone, oft
sdir verschiedene, ja gans entgegenffesetzste,
Wittemngsfolge, anch meistens gleichseitig
andere Krankheiten. Fortlaufende Beobach-
tongen hierüber ans allen Ländern zu erhal-
ten nnd zasammeiiznstellen , — welche Ar-
beit fiSr den Einzelnen? —
181 1 . Der Frohling ziemlich lange fencht
und kfihl. Die Sommerwitterang entwickelte
sich aber, allmfihlich steigend and darch ein-
zelne starke Gewitter nicht merklich gestört,
bis in den Herbstanfang in einem solchen
Grade, dass dieser Sommer zu den wärmsten
in unserem Himmelsstriche gerechnet wird*
Alle Frfichte geriethen vorzüglich ; Kometen-
wdn. (Zwölften September Perihel des
grossen Kometen). Schon im Spätsommer be-^
gann eine ziemlich gefährliche Riihrepide-
mie. —
1819. Der wärmste Sommer seit 1811.
Die dazwischen liegenden waren theils nur
mittelmässig warm, wie 1812, 1815, oder
durch grosse Nässe (1813, Katzbach, 1816,
völliger Misswachs,) ausgezeichnet. In dem
in Rede stehenden Jahre war bereits der
noch mehr der Juni, heiter und warm,
~ «0 —
dk)ch mit Regentagen abwechiselnd. Im An-
fange des Jali erreichte die Hitze einen ho-
ben Grad und auch der Spätsommer war
zieiolich warm*, Im September trat schon
zeitig Herbstkühle ein, und es folgte ein
ciemiich kalter doch nicht langer Winter.
Herbstkrankheiten waren nur in sehr gerin-
ger Zahl wahrzunehmen und beschränkten
sich auf gewöhnliche rheumatische Zufälle,
Eine Ruhrepidemie fand in meinem damaligen
Wirkungskreise nicht Statt. >
1822. Nach einem feuchten gelinden
Winter trat der Frühling .schon im Anfange
deis Aprils |iit anhaltender Trockenheit und
im Mai mit bedeutender Hitze ein, welche
bei völliger Regenlosigkeit und Heiterkeit
bis zum vier und zwanzigsten Juni aidiielt.
Da änderte sich die Witterung mit einem
Male völlig ; es erfolgte Regen und ein kfih-
1er feuchter Nachsommer, hierauf der fürch-
terliche, seit Menschengedenken kälteste Win-
ter. In diesem Herbste habe ich keine all-
gemein herrschenden Krankheiten wahrge-
nommen; es gab äusserst wenige, nur
sporadische, Krankheitsfälle.
1826. Die Fruhjahrsmonate sehr kahl;
feuchte stürmische Witterung bis zum vier
und zwanzigsten Juni, von da an immer
zunehmende warme und endlich äusserst
faeisse Witterung, so, dass die Hitze am sechs
und zwanzigsten Juli, dritten und zehnten
August die bei uns unerhörte Höhe von 30
Orad R. gegen Norden im Schatten erreichte,
und dieser Sommer den allerwärmsten in un-
— »1 —
I
ierer Zone beigezählt werden muss. Itai
Herbste eine bedeutende Kahrepidemie; bei
weitem die heftigste seit 1811. Nach dereok
Aufhören herrschten Keuchhusten und Wech-
selfieber, ersterer den Winter hindurch, letz-*
tere bis in das Jahr 1829.
1834. Dieser Sommer kam unter allen
Von mir beobachteten dem von 1842 durch
seinen heiteren gleichförmig warmen August
uad September, seinen hohen Barometerstand
in diesen Monaten und seine Salubrität, am
nächsten. Bereits im April, also noch früher
als 1842, begann die warme Temperatur. In
diesem Herbste gab es gar keine Ruhr noch
sonstige epidemische Krankheiten.
1836. Mai, Juni und erste Hälfte des
Juli ausnehmend kühl (am fünfzehnten Juni
fielen Schneeflocken in Berlin); nur Anfangs
Mai waren einige warme Tage da geweseut
Der August im Ganzen ziemlich warm, doch
mit öfterem 'Regen, welcher im September
vorherrschend wurde. Der August brachte
eine sehr starke Ruhrepidemie, welche be-
sonders im südlichen Theile des Frankfurther
Regierungsbezirkes ausserordentlich viele In-
dividuen, jedoch nicht gefährlich,, ergriff.
Seit diesem Jahre (1836) ist die Rohr in je-
dem Herbste stationär, mit stetig (bis 1841)
steigender Bösartigkeit gewesen. Der ga-
strische Charakter der Krankheiten, welcner
seit 1830 ziemlich allgemein zu bemerken
war, ging am entschiedensten 1841 in den
nervösen über^ daraus entstand die Maligni-»
titt der Ruhrepidemie des letzterw&hnten
— et —
Jahres^ welche, soweit meine Beobachtangen
reichen, kaum ihres Gleichen gehabt hat. —
. Die Witternnffsverhältnisse des Som-
mers 1842 sind in uischem Andenken! Meine
historischen Forschungen haben mir das Re*
sultat gegeben, dass seit dem Jahre Eintau-
send zwei und zwanzig (1022) im mittleren
Europa ein ähnlicher Spätspmmer nicht Statt
gefunden hat. (S. Sigeberti GemblaceAsis
ChronicoQ'a. A. 381 — 1112, und Hemm
Kirchenhistorie, 6. B. S. 962, 63.) Alle spä-
tere Chronisten, welche ich nachschlagen'
konnte, überliefern für die ganze Reihe der
sechs Jahrhunderte seitdem Nichts Aehnli-
ches, (soweit nämlich meine Quellen reichen).
In dem angeführten Jahre (1022) ma^ frei-
lich die Hitze und Trockenheit noch viel hö-
her gestiegen sein, denn die Ausdrücke des
Chronisten klingen mährchenhaft. Lange Re-
genlosigkeit wird zwar auch von den Jahren
1653, wo Brunnen und Bäche vertrocknet
sind, so wie auch von dem Jahre 1666 ge-
meldet; die Hitze scheint aber in diesen bei-
den Jahren nicht den Grad erreicht, auch
nicht über so beträchtliche Landstriche die
Trockenheit sich verbreitet zu haben, wie
1842. Zwar war es nicht die absolute Höhe
der Wärmegrade, welchb den letzteren Som-
mer auszeichnete; denn hierin ward «r von
dem des Jahres 1826 bedeutend übertroffen;
aber die (freilich nicht leicht genau mess-
bare) Summe der überhaupt darin frei ge-
wordenen Wärme war ausserordentlich, und
noch mehr war es die Intensität der 8oi^
neßMctian^ nämlich die Kraft, mit welcher
— 63 —
Sonne, sobald sie sich erhob, auf des
Bereich der Erdatmosphäre «ertelsetid , ein-
wirkte und jedes ihr darin entgegenstehende
meteoroloeische Moment, an Dünsten, Wolken-
und Gewitterbildnng , nnhedingi beherrMchie
ond vernichtete.
Die Reihefolge der Jahr'eswittemngen
ttenester Zeit scheint xiemlich deutlich ein
Busammenhängendes Ganzes, nämlich einen
mit dem letztverflossenem Jahre abgeschlos-
senen Cyklns, zu bilden. Nachdem im Jahre
1834, welches den vorigen Cyklus beendete,
Wärme, heitre Luft und Sonnenwirkung
vorherrschend gewesen war, trat mit 1835
der andere, wäßrige Pol in Thätigkeit. Sein
Maximum erreichte dieser in dem äusserst kal-
ten und nassen Sommer 1838, welcher auf
einen ungewöhnlich schneereichem ' Winter
folgte. Idi habe deutlich und anhaltend be-
obachtet, dass den grössteu Theil des Jahres
1835 hindurch, täglich, auch bei dem wolken-
freiesten blauen Himmel, die Seite desselben,
an welchem die Sonne stand, wie mit einem
weisslich- trüben Schleier von rundlicher je-
doch nicht streng umschriebener Gestalt und
Abffränzung, welcher die Sonne umgab und
einhüllte, bedeckt war. Dieses Phänomen
Sing mit der Sonne auf und folgte ihr beim
ntergehen. Die ^'ässe der nächstfolgenden
Jahre schien damit in Verbindung zu stehen,
indem es bei deren Eintritt verschwand.
Sollte es nicht auch an anderen Orten be-
merkt worden sein? Da es freilich nichtsehr
markirt war, so ist es wohl ziemlich allge-
mein fibersehen oder ffir räien
— 6# —
vorübergebenden Nebelschleier ' in der Wol-
kenregion gehalten worden. Ich konnte es
aber, wegen seiner täglich constanten Er-
scheinung bei völlig blauem Himmel und nur
bei diesem, und seiner langen, mehrmonatli-
chen Dauer, nicht in dieser suchei\r Jedoch,
obwohl es scheinbar mit der Sonne zusam-
menhing und nur in deren unmittelbarer Um-
- gebung vorhanden zu sein schien, bin ich
weit entfernt zu behaupten, dass es wesent-
lich mit der Sonne verbunden und etwa eine
abnorme Beschaffenheit der SonnenatmosphSre
gewesen sei, denn dazu erschien es viel za
ausgedehnt und von der Form des Zodian
kallichtes völlig abweichend. Es konnte nur
auf einem besonderen Zustande der höchsten
Regionen der Erdatmosphäre, in welche ei-
gentliche Wolken sich nie erheben, beruhen,
welcher das direct auffallende Sonnenlicht
modificirte, die Durchsichtigkeit ihres übrigen
Theils aber nicht behinderte, indem nament-
lieh auch der Seh weif des um dieselbe Zeit
sichtbaren Halley sehen Kometen ungehindert
dadurch erschien. Das Frühjahr und die
frühere Hälfte des Sommers von 1839 war
beträchtlich kalt und regnerisch; bis in den
halben Juli noch kein heisser Tag. Da er-
schien am neunzehnten Juli ein ganz ausser-
ordentliches Morgenroth. Schon um «wei
Uhr zeigte sich im NNO eine glühende Röthe
wie von einer fernen Feuersbrunst, welche
binnen ein und einer halben Stunde sich mit
einer ausserordentlich flammenden Helligkeit,
durch Purpur und Scharlach in Safran und
Feuergelb übergehend, über den grössten
Tbeil des Himmelsgewölbes ausbreitete. Diess
— 65 —
Phänomen schien eine Krisis angedeutet sii
haben; denn nicht nur erfolgte unmittelbar
ein sehr heisser Tag, und ziemlich warme
Witterung nachher« sondern die übermas-
äige Nässe dieses Jahrescyklus ging von
da ab allmählich auf da» entgegengesetzte
Extrem hin, welches im Augustmonat 1842
erreicht wurde. —
Die meisten Jahre dieses Cyklus, seit
dem durch seinen ungemein kalten Vorsom-
mer ausgezeichneten 1836sten, brachten im
August und September eine beträchtliche
Epidemie der Ruhr, weiche seit 1826 nur
sporadisch da gewesen war. Nach der er-
sten und grössten dieser Epidemieen herrschte
im ganzen Winter 1836 — 37 die soge-
nannte Grippe in ziemlich gefährlicher Form.
Was folgt nun aus dieser thatsächlichen
ZusanunensteUung ? Doch wohl fürs Erste,
dass die herrschenden Krankheiten in diesen
aufgeführten Jahren niemals eine Folge der
zunächst vorhergegangenen Witterung wa-
ren. Wir sahen Herbstepidemieen, gleich-
viel, ob der Spätsommer heiss und trocken
oder kühl und tcucht gewesen war. Sie zo-
fen sich bisweilen bis in den Winter
inein oder erloschen früher, gleichviel, ob
die Winterkälte zeitig oder spät eintrat.
Eben so wenig ward der allgemeine Charak-
ter der Krankheiten durch die herrschende
Witterungsbeschaffenheit bestimmt und modi-
ficirt; die Perioden der beiderseitigen Zu-
stände verliefen nicht einmal parallel und
gleichzeitig. Denn, wenn ich nicht irre, m
begann die Herrschaft des gastrischen Cha-
Jonrn. Bd. XGV. St. 1. 0
— SB —
imkters in ^n Choleiiiifthren 1830 -- 32,
und dauerte bis 1841/ wo entscMedene Ner-
V09it8t nnd iswar in bdhem Grade, eintrat,
t>hne dass eine Epoche in dem Oan^e der
Wittei^änj^fofgen Statt gehabt hfitte, deren
Cyklas vielmehr, Avie oben bemerkt, von 1835
%is 42 währte. Wenn nnn aber zwischen
der Siiccession der JahreswiMektfft^elfi nnd
Jahreskraukheiten kein oongmenter Paralle-
lismiis Statt findet, so ist an der genetischen
Unabhflnffigkeit der zweiten von den ersten
wohl nicht zu zweifeln. — Eine ffegeasei-
tige Beziehung findet aber doch Statt nnd
zwar in Folge aller meiner Beobachtungen
80 constant, dass etwas Gesetzmissiges da-
rin zu liegen scheint, obwohl der Grund des
Gesetzes und die Kraft, durch welche 'es in
der Körperwelt realisirt wird, schwerlich auf-
zufinden sem möchte. Nämlieh: jedes Jahr,
welches eineiü kalten und nassen FVilfadtH]^
nnd spftt mit Warme eintretendien Sommer
hat, bt^tn^t ibi Herbste eine bedeutende 1^-
demie; tet dage^n der WiiMin^ fieitet^ ^l»Mn
-öfnd trocken, se isi der Herbst für die Man-
ischen ein ges^tfder, dfe Witterung <der "ei-
gentlichen •Soiiimer- nnd sodanh der He'l4M-
moiiate sei welche sie wolle.
Dass dieses unmöglich^ M'ch dct her-
gebrachten Meinung, eine Folge der fSüiwir-
kung der l^ilihjahrswitteiling auf die Orga-
nicrmen sein könne, ist wohl klar. Wie
nnwahrscheinhch wäre nicht die AnnähfMe,
dass dorch etwas FrAhhmgsrkfitrte, die doNch
immer ge^en die so eben überstandene Win*
terkalte mch ab relative Wärme verhtit^ in
,— 67 —
einer grossen Anzahl Individuen, namentlich
auch um diese Zeit noch gar nicht gebore-
ner Kinder, eine Disposition gesetzt werde^
welche durch die nachfolgende mehrwöchent-
liche Sommerwitterung nicht ausgelöscht,
vielmehr zur Reife gebracht werde, und nun
im Herbste, in wirkliche Erkrankung überge-
hend, sich als Volkskrankheit darstelle! Dringt
sich hierbei nicht vielmehr die Ansicht auf.
dass die Succession der Witterungszustfinde
■nd die der Volkskrankheiten, in gegensei-
tiger Unabhängigkeit nach eignen inneren
Geaetsen verlaufe, und dass ein Zusammen-
treffen, wo man es, um die vorgefasste Jllei-
■nng SU bekräftigen, irgend wahrnehmen
wollte, nur ein zufälliges sein könnte, sobald
eicht dif individuellen Organismen in directen
Conflict mit den Witterungseinflös^en, durch
Erhitzung, Erkältung oder dergleichen, ge«
treten waren?
So begegneten uns (s. oben) bedeutende
Herbstepidemieen in den Jahren 1811 und
1826, wo auf ein feuchtes kühles Frühjahr ein
ausgezeichnet schöner warmer Sommer ge-
folgt war: eben so in den Jahren 1836 und
1S39. wo ein mittelmässig wanner doch ab-
wechselnder, Sommer auf ein kühles feuchtes
Frühjahr folgte: eben so im Jahre 1838, wo
auf ein gleiches Frühjahr ein kalter Sommer
folgte. Offenbar war in diesen Jahren die
Witterung und Temperatur des Sommers ohne
allen Einfluss auf die ai: seinem Ausgange
entstehenden epidemischen Erkrankun»:en. Im
Jahre 1819, wo auf ein warmes Frühjahr ein
liemlich heisser Sommer, 1822 wo auf ein
5*
_ 68 —
sehr warmes Fräbjahr ein abwechsdnder
Sommer,' 1834, wo auf ein zeitiges warmes
Fräbjahr ein ausgezeichnet warmer heiterer
Spätsommer folgte , waren frei von allen
Herbstepidemieen. So auch 1821, wo ein
sehr nasser Sommer auf ein zeitiges warmes
Frühjahr gefolgt war.
Dieses Resultat: dass nur die Beschaf-
fenheit des Frühlings die Initiative der. Pros-
perität für Spätsommer und Herbst vorbe-
deutend eröffnet oder verschliesst, und keine
Einwirkung der zunächst- vorausgegangenen
Sommerwitterung darauf Statt findet, sehen
wir nun auch in unserem letztverflossenen
merkwürdigen Jahre, 1842, bestätigt. Der
Frühling desselben gehörte Anfangs i&u den
roittelmässigen , indem seine ersten Wochen
sich ziemlich kühl und feucht hielten; doch
begann mit dem Mai ein regelmässiges Stei-
fen der warmen Witterung, bis zu der seit
ahrhunderten unerhörten anhaltenden Hitze
und atmosphärischen Spannung des Spätsom-
mers. Welches war aber die (muthmass-
liehe) Nachwirkung dieses ausserordentlichen
Hochsommers auf den allgemeinen Gesund-
heitszustand im Herbste? Nach meiner Be-
obachtung durchaus keine; letzterer verhielt
sich vollkommen «o, wie nach Andeutung
der Witterungsbeschaffenheit des Frükfahrs
zu erwarten war; nämlich anfänglich mit
einigen, nicht eben gutartigen, Kuhrfällen,
die jedoch auf so wenige Individuen und ei-
nen so kurzen Zeitraum beschränkt waren,
dass sie kaum eine wirkliche Epidemie dar-
stellten; hierauf aber folgte eine allgemeine,
— 69 —
ganz ansserordentlicbe Salubritfit, so dass,
jene noch im Augostmonat beendeten Fl^lle
abgerechnet, dieser Herbst der gesundeste in
der ganzen Reihe seit 1834 gewesen ist,
ganz entsprechend dem diesjährigen Früh-
jahre in seiner zweiten Hälfte« so wie in
1834, dem ganzen Frühjahre. ' Hätte man
nach der diesjährigen Hitze (so wie nach
der von 1826, 1834), wenn man gewissen
Lehrsätzen unbedingt glaubte, nicht galjige,
wohl auch nervöse Krankheiten erwarten sol-
len?'Wo waren sie aber? Keine Spur davon.
Dem heissen Spätsoimier von lo26 folgte
zwar eine . bedeutende Ruhrepidemie, welehe
durch das kalte Frühjahr vorbedeutet worden
war, aber gallig war dieselbe nicht im min-
desten; sie war durchgehends rheumatisch und
nor durch Heftigkeit Schwachen mitunter ge-
fähriicb.
111
Beobachtangen
ttber
die Wirksamteil
des
Zincilm hydrocyaniciim
in Nerveukrankheiten.
Von
Dr. Jiugust Bartels^
prakt Artt' in Berlin,
I. Ein kräftiges, vollblütiges Mädchen,
neunzehn Jahr alt, litt seit zwei Jahren an
epileptischen Krämpfen , welche periodisch
karz vor dem Eintritt der Regel oder za«
weilen unmittelbar nach derselben eintraten.
Die Periode hatte sich in ihrem vierzehnten
Jahre ohne Beschwerden eingestellt, war im-
mer regelmässig jedoch verhältnissmässig spar*
sam gewesen, auch hatte die Patientin sich
während dieser Zeit immer sehr wohl be-
funden, bis ohne bekannte Ursachen die
Krampfzufälle eintraten. Mehrere Aerzte hat-
ten nach einander das Uebel vergebens zu
beseitigen gestrebt, und zuletzt einer der-
^ 71 --
flfllbe« a|l0 Mittel f^r zwecklos erkU^t «nd
baldige Yerheirathung empfohlen.
Alii ich die Behandiimg fibernahm, forschte
ich vergeheos ausser der Zeit der Periode
mch krankhaften Symptomen, vielmehr hatte
dte Patientiii d^ Aasdrack der blühendsten
Geiiandbeit
Die Krampfsfiaffille traten gewöhnlich de«
Nfu^bts ein, wiir^n mit Bewusstlosigkeit ver-
hpadcn, opd b^tanden in heftigen Convul-
binnen, unter denen sie sich gewöhnlich die*
Zunge zerhiss, wenn fue -nicht dqrch dea.
Beistand der Angehörigen daran verhindert
wurde. Igelten wiederholte sich ejn solcher
Anfall in der qächsten Nacht, sonderi) kehrte
erst um die Zeit der Periode wieder*
Grosse Abspannung folgte gewöhnlich
uq4 ging auclT zuweilen den Anfällen voraua,
IJi^u^ dieser Fall nicht zu der gewöhn?
liehen habituellen Eoilepsie gehöre, war eben
so einleuchtend, als dass er in einem we-
sfliitliqhen ^Msainmenhange mit der Periode
atSnde; WPrAuf sich aber dieser Einflqss
gründete, qb er in der Plethora und Copge-
«tionen odi^r in den durch den Sexualpröcess
^^reizt^n und verstimmten 9f er ven zu suchen
aei9 war schwer zu hestiqimen. Ich entschied
ipi^h fpr die letztere Ansicht, obgleich der
Apigepschein dagegen sprach ; besonders weil
nebst den übrigen Mitteln auch die antiphlo«
gistische Methode sich fruchtlos erwiesen
— T8 —
■
hatte, und die AnfAlle aueh nach der Periode
zuweilen eintraten.
leh bedurfte also eines * umstin^menden,
kramp&tillenden , zugleich nicht erregenden
Heilmittels, jedoch war mir unter den bereits
gebrauchten wenig übrig geblieben , nnd so
wählte ich eip ungewöhnlicheres', nämlich das
Zincum bydrocyanicum. Acht Tage lang vor
dem Eintritt der Periode liess ich tätlich
drei Gaben von einem halben Gran dieses
Mittels gebrauchen und hatte die Freude
schon den nächsten Anfall schwächer and
kür/ier werden zu sehen.
1
Bei der zweiten Periode waren die Er-*
scheinijingen dieselben, weshalb ich bei der
dritten me Gabe verdoppelte.
Bei der seit dem Gebrauch des Mittels
zum vierten Male eintretenden Regel blieb
der Anfall aus und kehrte drei Monate nicht
wieder, obgleich in den beiden letzten keine
Arzenei mehr gebraucht worden war.
Durch Diätfehler bedeutender Art in*
dessen, sowie einmal durch Gemüthsbewe-
gungen kehrten später noch zweimal leichte
Anfälle zurück, wurden jedoch schnell durch
dasselbe Mittel beseitigt. Flussbäder im dar-
auf folgenden Sommer gebraucht, vollendeten
die Cur und seit Jahr und Tag ist die
Kranke obgleich noch unverheiratnet von ih-
rem Uebel befreit.
— 73 —
II. Ein sehnjähriges Mädchen , welehM
als jdngeres Kind ein Master von Gesnnd-
heit gewesen und keine bedeutende Krank-
heit Jemals eriitten hatte, fing vor ohnffe*
führ vier Jahren über Beschwerden zn Ma-
gen an, welche man bei einer Erwachsenen
ehne Zweifel fttr Hysterie gehalten bitte.
Das Kind ist das ffinfte and jflngsle an-
eesehener Aeltem, welche erst in späteren
Jahren ihren Eheband schlössen, genoss dier
zweckmSssigsten physischen und geistigen
Enriehang, and ist über seine Jahre geistig
entwickelt. Schnelles Wachstham hat dem
früher kräftigen, beleibten Kinde eine gra-
eile ätherische Gestalt gegeben, and die wohl-
gebildeten kindlichen Gesichtszüge sind aaf
eine sonderbare Weise mit alten gemischt,
welche denselben den Ausdruck einer ver-
blühten Schönheit geben.
Die ersten Symptome der Krankheit ent-
wickelten sich mit einer grossen Angst, mit
welcher die Kranke sich unzertrennlich an
ihre Mutter schmiegte, und diese unter heis-
sen Thränen bat, sie nicht zu verlassen.
Dieser Zustand trat zu verschiedenen
Zeiten and ohne besondere Yeranlassanff
ein, und wechselte theils mit relativem Wohl-
befinden, theils mit verschiedenen anderen
Symptomen. Bald klagte das Kind über
Abspannung bald über Unruhe und ein d-
genthümliches Zittern in allen Gliedern, bald
glaubte sie den einen Fuss nicht bewegen
^ u -^
Mktotten, Mi kam 9ß ihrvar^ nbwejpp «ie
fliegen solle etc.
Der Schlaf fing an unregelmSaeig am
werden, stellte 8i<;h spfit ein, und ende^ b^-i
sonders mit grösser Unruhe am Morgan, si|
Weloh«r Z«eii das Kind hSofig mit Angst #r«
wachte und keinen Augenblick ruhig zu lie-
Ein vermochte. Diese IJnrnbe nahm aUmfih-
h so XU, dass jeder Augenzeuge sich itbßfm
xeogt, das Kind sei gezwungen sieb w
«mberzu werfen, und fortwährend die AfWk
und Beine zu bewegen. Diese ZiustAndq
dauerten iudess nicht lange . und k^brtcm oft
erst nach mehreren Wochen wieder. ,
Zuweilen klagte das Kind aber qigeo^
thümiiche Leibschmerzen besonders ain Nab^
es komme ihm vor als wenn derselbe Bficb
innen gezogen wurde, oder auch als.wfWI
etwas darin beisse oder nage.
Bei der Untersuchung dieses Znstandes
neigte sich der Unterleib immer eingezogen,
jedoch unempfindlich gegen Druck.
Alle Functionen waren übrigens normal,
und leichte gastrische Erscheinungen wurden
durch kleine Gaben Rhenm schnell beseitigt.
Wegen Verdacht auf Wurmer wurden 9&a
verschiedenen Zeiten Anthelminthica ohne J^vw
folg in Gebrauch gezogen, und dann a^r
Stärkung und Beruhigung der Kleinen leichte
Nervina z« B. Chenopodium ambrosioides,
Marnm verpm, upd Valeriana angewendet;
i
— 75 —
ffB denen besondere die letztere am schleeh-
leslen vertragen wurde.
Eines Mor^^ns wurde ich plöfaslich sa
den Kinde gerufen, welches heftiger als Je-
■ab von seinen Zaffillcn ergriffen sein sollte.
M fand es mit geröthetem Gesicht, lebhaft
ßSasenden Aueen im Bette, und in der leb*
iftesten Unrahe. Es. klagte fiber heftige
Angst nnd Dmck auf der Brnst, war in
bestindiger Bewegung mit den Extremitäten
and geberdete sich periodisch , als wenn es
kratsen nnd beissen wollte. Dabei sprang
CS zuweilen aus dem Bette und lief unruhig in
deo Stuben umher. Alles war ihm zuwider,
die Möbeln im Zimmer beängstigten es, und
sollten theils aus dem Zimmer entfernt, theils
IB andere Stellen gesetzt werden etc. Zu*
reden der Mutter schienen bei dem guten
ood felgsamen Kinde nicht ohne Einfluss,
jedoch vermochten sie nicht den Zustand im
Ganzen zu vermindern, auch versicherte das
Kind unter Thränen, es könne nicht an*
ders.
Da ich einen Ausbruch von Convulsio*
nen oder vielleicht gar Manie befürchtete,
sah ich mich zum erstenmal gezwungen stär-
ker einzugreifen und verordnete Flor. ziuc.
and Calomel jedes zu gr. j p. d. zweistünd-
lich. Der Zustand besserte sich hierauf
gegen Mittag und nahm bis zum Abend so
ab. dass ich das Calomel wieder aussetzte
ind am folgenden Tage das Zinc. sulphuric.
allein fortbrauchen licss. An diesem und den
fclgeBden Tagen traten dieselben Erscheinun«
— T« —
1^ aber mSssiger ein nnd blieben UAgere
Zeit unverändert, bis ich das Mittel mit dem
blossen Zinkoxyd vertauschte, worauf die
ZnfSlle bald verschwanden, und erst nach
mehreren Monaten aber nur in geringem
Grade wiederkehrten. Durch den Gebraöch
dieses Mittels wurden sie in der Folge lAi-
mer schnell beseitigt. Der Genoss frischer
Luft, kalte Waschungen, Staubbäder und end-
lich Flussbäder hatten später im Laufe des
Sommers nur einen geringen Einfluss auf die
Gesundheit des Kindes und konnten eben so
wenig als das Mittel selbst die Wiederkehr
der Zufälle verhindern, jedoch glaube ich
dem letzteren sowohl' ihre Seltenheit als auch
den geringen Grad derselben verdanken za
mfissen. Einen merkwürdigen EiniBuss zeigte
das Mittel ausserdem auf die Form des Lei-
dens, indem sich jetzt deutlich zwei ver-
schiedene Zustände unterscheiden Hessen,
welche früher mehr verschmolzen zu sein
schienen. Besonders am Abend wurde das
l^ind zuweilen von Angst und Unruhe befal-
len, welche mit leichten Fieberbewegungen
verbunden waren und wohl selten bis tief
in die Nacht dauerten.
In diesem Zustande befand sich die
Kranke zwar auch in grosser Unruhe des
Körpers (Jactatio), war jedoch vollkommen
Meister seiner Bewegungen. Verschieden
davon war der andere Znstand, welcher des
Morgens beim Erwachen im Bette eintrat,
besonders wenn sie durch ein Geräusch vor
der Zeit im Schlafe gestört wurde. Ein
beständiges abwechselndes Zucken in den
- TT —
btremititen, worfiber die Kranke klagte,
Bberseugteu jeden Aueenseagen , dass diese
Bewegungen unfreiwillig geschahen. Man
konnte diesen Zustand einen periodischen
Veitstanz nennen, wenigstens fehlt demselben
nur die längere Dauer, um ganas diesen Na-
men zn verdienen. Dass in diesem Zustande
die Bewegungsnerven und in dem andern
die der Empfindungen vorzugsweise afficirt
waren, ist wohl vollkommen deutlich, merk-
wOrdig bleibt indessen immer diese Alterna-
tion oder Polarisation des erkrankten Ner-
vensystems. Bei dem Fortgebrauch die-
ses Mittels verloren diese Zufälle allmäh-
1^ ihre Form und gingen in einen zuweilen
eintretenden Znstand nervöser Unruhe über,
so dass ich das Mittel bald aussetzen konnte,
und die völlige Herstellung einer äusserst
sorgfältigen ^mj'sischen Erziehung äberliess,
bei welcner dieses juuge Mädchen seit zwei
Jahren sich einer selten getrübten Gesund-
heit erfreut
III. Ein junger Oekonom gegenwärtig
ein und zwanzig Jahr alt, welcher als Kind
ächon an 8crop&ln gelitten hatte, zeigte zu-
erst in seinem achten Jahre die sonderbare
Erscheinung des Nachtwandeins, welche beide
Eltern desselben ebenfalls in Jüngern Jahren
gehabt hatten.
Welchen Grad dieses Uebel erreicht hatte,
ist darum zweifelhaft, weil er jedesmal da-
bei gestört und zu Bett gebracht wurde j
— w —
/ 4
ioeh ist gevfmsy dass er beim Mondwecfiad
traamend mit offenen Aageu heramwaadMte
«ad aaf Schränke kletterte.
In gpäteren Jahren entwickelte mch bei
dem Kranken eine neae aber verwandte Br^
flcheinung: das Alpdrucken, welches flr'
ihn sehr qaalvoU wurde und mit drai
Nachtwandein abwechselte. Das Uebel be*
fiel ihn wie das vorige im Schlafe, und be-
gann mit einem Gefühl von Druck anf der
Srust, welcher allmthlig: so zunahm, dass er
fiu ersticken glaubte. Zuweilen erwachtt «r
zuvor mit Angst, und w&hnte,'da8s «in
Wagen von einer Höhe auf ihn losgefahren
worden der alsdann über seinte Brust Aveg-
fuhr und ihn bewusstlos zurückliess. Dess-
lialb schrie er auch öfter voll- Angst; .der
Wagen kommt! Beide Nervenkrankheiten
dauerten acht Jahre bis zum sechzehnten Le-
bensjahre des Kranken, zu welcher Zeit die-
selben in eine zweite übergingen, weiche ich
am liebsten mit Ekhimpsie bezeichnen möchte.
Die Veranlassung soll eine Harmonika gege-
ben haben, deren Ton auf den Kranken einen
{(ewaltigen Eindruck machte. Der Kranke
lihlte einen Druck auf der Brust, verlor das
Bewusstsein, der Kopf wurzle plötzlich nach
der Schulter geworfen, das Gesicht, besou-
bers der Mund schief nach der Seite gezo-
gen, die Augen, welche dabei nicht geschlos-
sen waren, wurden nach einer Seite und
nach oben, gerollt. Vor dem Munde zeigte
sich etwas Schaum , die Zunge wurde
zerbissen, die Glieder straff und zuckten
Nach einigen Stunden ging dieser
— 79 —
Sostjuid in Sopor and Knietet in einen un-
nibi|:en Schlaf ober, auswetchem der Kranke
mit grosser Abspannung, Schmerzen in den
GKedem und besonders in der Brust er-
wachte. Diese Zufälle kehrten gewöhnlich
«ehre Male hintereinander wieder, wurden
sdiwilcher ond blieben dann einige Zeit je-
ddeh böcbstens zwei Monate ans, nach wei-
ther Zeit dieselben , zwei Jahre hintereinan-
der, unregelmässig periodisch wieder eintraten.
Während dieser zwei Jahre wurde der
Kranke, soviel ich erfahren konnte, mit kal-
ten Uebergiessungen, Waschungen des Ober-
körpers mit kaltem Wasser und innerlich
dnrch Antimonialia behandelt, in Folge wel-
cher Mittel am Ende des zweiten Jahres
(dem achtzehnten des Kranken) sich eine
Prwigo favosa entwickelte, welche den Kopf,
das Cesicht und den Hals, sowie Brust und
Rücken überzog und sehr genässt haben soll.
\ach dieser Eruption blieben die Krämpfe
znm ersten M;ile vier Monate aus, kehrten
aber bei einer Erkältimg, wobei der Aus-
schlaor noch vorhanden war. mit derselben
Heftigkeit und seit dieser Zeit wieder alle
zwei Monate zurück. Der Ausschlag ver-
schwand allmäbiig. der Körper des Kranken
gewann einen kräftigen Gliederbau und ent-
wickelte sich übrigens vollkommen . auch
blieben seine geistigen Fähi<rkeiten nicht zu-
rück: jedoch dauerten die Anfälle von Neuem
zwei Jahre hintereinander fort, zweimonatlich
gewöhnlich wiederkehrend.
^ 80 —
Während dieser Zeit wurde der Kranke,
so wie schon früher von den ausg^eiehne-
testen Praktikern behandelt nnd fast alle er-
denkliichen Mittel, aber vergebens in Gebrauch
gezogen. Anthelminthica, besonders Filix
mas, Artemisia vulgaris, Valeriana und ähn-
liche Mittel, Nux vomica, und später Zin-
cum sulphuricum, Cuprum sulphuricum, Ca-
prum sulphuricum ammoniatum und alumi-
natum wurden der Reihe nach aber ohne
Erfolg in Anwendung gesetzt. Man schickte
endlich den Kranken auf's Land, wo er
die Oekonomie erlernen sollte, jedoch blieb
auch das Landleben ohne Einfluss auf seine
Zufälle. Vor drei Jahren ohngefähr aber-
nahm ich die Behandlung des Kranken nar
türlich mit schlechter Prognose, denn meine
Herrn Vorgänger hatten mir wahrlich kaum
ein Mittel übrig gelassen, womit ich noch
einen Versuch hätte machen können, ebenso-
wenig konnte ich eine neue Idee von der
KrauKheit selbt entwickeln. Würmer und
Scropheln waren nebst andern Dyskrasieen
beseitigt, der Kranke übrigens gesund und
kräftig.
Ein organisches Leiden der Central-
theile des Nervensystems liess sich eben so
wenig vertheidigen, und mir blieb nichts als
eine reine Nervenkrankheit übrig, gegen
welche alle erdenklichen Specifica ohne Er-
folg gebraucht worden waren. In dieser
Noth beschloss ich endlich einen Versuch
mit dem Zincum hydrocyanicum zu machen,
welches mir schon in anderen Fällen wirk-
samer als die ähnlichen Mittel zu sein schien,
— 81 — '
#
r
und hatte die Freude sehr bald von diesem
Mittel einen nicht unbedeutenden Erfojg zu
sehen, leh begann die Kur mit ^r. ß. p. d.
zweimal täglich, und stieg, da der Patient
das Mittel gut vertrug, allmShlig bis auf gr. j.
dreimal des Tages, welche Dosis gegen die
Zeit der zu erwartenden Anfälle gereicht
wurde.
Seit längerer Zeit zum ersten Male blie-
ben die Krampfzufälle aus, und kehrten erst
nach vier Monaten wieder, was bis dahin nur
einmal nach der Eruption des Ausschlags
statt gefunden hatte. Geuiäthsbewegnnffen
hatten den Rückfall veranlasst, die Zufalle
selbst waren indess schwächer und blieben
bei dem Gebrauche einer stärkeren Dosis von
Sr. iß. sehr bald wieder aus. Die Pause
auerte hierauf fünf Monate, während wel-
cher Zeitlich dasselbe Mittel nach verschie-
denen Zwischenräumen fortbrauchen Hess.
Unachtsamkeit des Kranken, Diätfehler, Xhxl^
ger Aufenthalt in der heissen Brennerei ischie-
nen diesmal die Veranlassung gewesen zu
sein; die Zufälle selbst waren indessen ver-
schiedener Art und zwar merkwürdiger Weise
mit Nachtwandeln verbunden. Gleich nach dem
ersten Anfalle, der unbedeutend gewesen zu
sein scheint, erhob sich der Kranke von sei-
nem Lager und ging nur mit dem Hemde
bekleidet über den Hof nach der Wohnung
der Knechte, um diese zu wecken, wo er
mit offenen starren Augen anlangte, und als er
SU sich kam, nicht wusste, wie er dahin ge-
lingt sei. Misshelligkeiten mit seinem Prin-
cipal, der ihn seines Uebels wegen mcbt
— - 9» ~
bebten wollte, Sorge um seine kfinOige
l^xisienz haben seit dieser: Zeit dem un-
glücklichen jungen Mann iimnor^ von Neuem
Gremothsbew^egnngen zugezogen, ia derea
Folffe die Zuff|Ile a^war weniger heftige aber
häufiger eingetreten sind.
Die Erscheinungen- waren dabei folgende:
der Kranke wurde schwindelig, Alles schien
sicih mit und um ihn zu drehen^ er streckte
die Arme von sich, um sieh zu halten und
verlor ()ie Besinnung. Ein Riechmittel, so-
wie ein Schluck kalten Wassers verhinderten
H&ufig den weiteren Fortgang. Gelang dies
nipht, 1^ warf der Kranke, mit rollenden Aur
gen den Kopf von der Seite, verzerrte das
Qesicht und streckte die Glieder* starr vor
sich, aus. Dieser Zustand geht dann schnell
vqrüber, es folgt Sopor und auf diesen un-
ruhiges Umherwerfen und Delirium und hier-
auf zuweilen Nachtwandeln. Der Kranke
nahm nun gran. . ji. p. d. dreimal tAglieh,
wi^ bisher nach Pausen von acht bis vier-
zehn Tagen, indeih ich eine fortgesetzte
Anwendung des Mittels scheute, wobei ich
nicht nur die Freude hatte , den Kranken
diese ungewöhnliche Dosis gut vertragen zu
sehen 3 sondern auch auf längere Zeit fast
ein ganzes Jahr die Anfälle zu beseitigen.
Als hierauf die Anfälle dennoch wieder-
kehrten, und eine von einem mich vertreten-
den Collegen angestellte, gründliche Beifuss-
cur den gewünschten Erfolg nicht hatte;
brauchte der Kranke längere Zeit ohM
apine B#ühülfe verschiedene Arcana ebenCüffi
-«= d* —
vwgabens, nttd kehrte \ot*eimgenMonn1Mk
ef6tj als die AnfiQle sehr hflufo geWordea
waren in meine Behandlong ahd znth Oe-
branche des Zincnm hydroeyanlcum zarflck.
Schon eine Gabe von gr. ß. zweimal des
Tages beseitigte in karzer Zeil die Krämpfe,
80 dass ich die Ueberzeagung habe, eine
eonseqnente Anwendung des Mittels würde
den Patienten bereits hergestellt haben.
Leider habe ich dazu jetzt nur gerinj^e
Anssicht, da der Kranke auf den Wansch
der Familie bereits wieder ein empfohleneflf
Avcanom gebraoeht, obgleich seit der letzten
Anwendung des blaasaurcto Zinkoxyds keine
neiwn AnfSlIe eingetreten waren.
IV. So günstig die Wirkung dieses
Heilmittels in den erzählten drei Krankheits-
fällen sich zeigte, so vortrefflich sogar in
dem letzteren Falle die Dosis von gr. jj.
ohne die geringste Nebenwirkung vertragen
wurde, so ungünstig war der Erfolg in einem
vierten Falle. Eine sechs und dreissig jäh-
rige Dame, welche in eine;* kinderlosen Ehe
lebte, litt jedesmal acht Tage vor dem Ein-*
tritt der regelmässigen Periode an einer
äusserst heftigen Hemikranie, gegen welche
schon früher die verschiedensten Mittel ver-
Sebens in Anwendung gesetzt waren, und
er günstige Erfolg in den oben erwähnten
FäDen bestimmte mich, auch bei diesem ner-
vdsen Leiden das Zincum hydrocyanicum zu
versuchen. Ich verordnete aus Vorsicht nur
6*
t
I
- 84 —
Sran. 7 p. d,;,aber schon nacb der ersten
rabe stellte sich heftiges Erbrechen und
Schwindel ein^ es wurde der Kranken dunkel
yor den Augen und der Kopfschmerz stei-»
gerte sich zum Unerträglichen.
Am anderen Tage befand sich die Pa-
tientin besser, und nahm auf meinen Wunsch
noch einmal gr. ^; aber auch diesmal traten
dieselben Erscheinungen ein wie am vorigen
Tage. Das Mittel wurde hierauf bis gegen
die Zeit der nächstfolgenden Periode ausge-
setzt, und sodann gr. ^ versucht, leider aber
traten Erbrechen und Schwindel in so hefti-
gem Grade ein, dass ich von dem ferne-
ren Gebrauche desselben abstehen musste,
nachdem ich mich in der Apotheke von der
Richtigkeit des Mittels und der Gabe über-
zeugt hatte.
IV.
I
Kurze Nachrichteii und
Auszüge.
1.
üeber die Entzunduug der Vena Por-
toram; und deren Diagnose durch
SchÖniein.
Vom Heransgeber.
Vor vier und zwanzig Jahren schrieb der
▼erdiensirolle PueheU*'):
»Von der Entzündung der Vena Poriarnm
ist uns kein Beispiel yorgekommen und es
möchte zu den allerbedenklichsten Unterneh-
mungen gehören , die Erscheinungen ' derselben
etwa a priori deduciren zu wollen. Üeberzeugt
jedoch, dass auch dieser Geftssstamm sich ent-
zünden könne und dann recht eigenthümliche
Zufälle veranlassen müsse, lade ich alle Kunst-
verwandte ein, das was sie darüber erfahren,
bekannt zu machen. Ich habe noch nicht ein-
*) In seinem bekannten Buche: das VeneaifystMii
in seinen krankhaften Verhältnissen, Leiptig 1818. f, lÖ,
X ^
, — 86 , —
/. '
mal bei den Schriftstellern die Vermuthung
ansgesprbchen gefunden, dass diese En4zündiing
statt finden könne.«
Was, seit jener Ze}i die Erfahrung über
die gedachte Entzündung gelehrt hat, finden wir,
in einer bei der ]|]Liesjjffen Facujj(^t vertheidigten
Sie fiihrt den Titel:
»De Inflaminatioife Venae Portarum seu Py-
hpJdebüide. Auetore Franc, Messöw. Berolini|
1841. [55 S. 8.] *).
Der eri^e T^eil dieser Abhandlung enthUt
^ikMf einzelne Beobachtnngen', yon denen 2lie
älteren fast ip«iNr .^n ana^^nnischen B^fpod be-
treffen, während ütü^^r 4}P jEff^rnkheitserscheinan-
gen unr summarisch berichtet wird, so dass von
einer Diagnose der iüranktieit im Leben nicht
die Rede sein kann. Das gilt namentlich von _
den von Meckel, •/Jndral, Reynaud^ Siokes, Cru-
veiUnerf BaUing^ AuUier, Dtmce und Mohr be-
f^dbriebenin Wsifl^H, Eine ausiiihrlicbe Darstel-
lung der Symptomatologie, ,9a<ih weldier die
Diagnose dieser Entzündung während des Le-
,lA9Uf^ mi4 l$icherhßit gestellt werden möge, giebt
jßacpifjßaki iiach einem im JuLius^pitale zu Würs-
bpirg 1839. unier ScJUkdein beobachteten FaUc^
^ne spätere Beoba^btv^g, welche in der Klioik
ScIUmMn^^ zu B«4i)> im Jahre 1840 gemacht
wurde, ha4 der Y^rfa^sfr der vorliegenden Ab-
liandlung aiisfphrlich erzählt. Sie ist folgende:
*) Der schon fri^her ausgesprochenen Absicht ge-
mäss: arademische Schriften, die sich dazu eignen, ih*
rem wesentlichen Inhalte nach, in unsere Blätter aufzu-
nehmen, um sie so zur Kenntniss des grossem medicin.
l^ubUcuQM zu jJ^ringDp, ^heu wir «ine kuxit Bearbeitung
4ifftfr PiffeEti^iiQD, d, H.
— 87 —
T. E. ein Reitknecht, 25 Jahre alt, von
iftigem Körperbau und sanguini^hem Teinpe-
iinente, frbher ganz gesnnd, ward am sechs
ad zwancigsten Sfaj 1840. plötzlich Ton hefti-
em Leibschmerz und Fieber befallen. Er nahm
)in Brechmittel und eine Abnihrung aus Nagne-
lia sulphurica; es erfolgte jedoch keine Erleich-
terang und am vierten Tage nach dem Erkran-
ken ward Patient zur Charit^ befördert; die
Schmerzen im Leibe dauerten fort: Süsserer
Druck yermehrte sie. Der Leib war etwas arif-
getrieben, aber weich; die Zunge mit weissem
Schleime bo<]eckt. Der Kranke klagte über gros-
sen Darst, biitern Geschmack nnd Uebelkeiten;
er hatte Durchfall und erbrach zuletzt grüne
Massen. Sein Puls war voll, gespannt und
machte hundert Schläge in der Minute; die Haut
heiss und trocken, der Urin roth, brennend und
sparsam.
Gegen diese •PerienierUis*' wurden reich-
liche allgemeine und örtliche Blutentziehungen, '
Caiaplasmata und ein laues Bad angewendet:
cum Innern Gebrauch aber Mucilago Gummi Mi-
mosae mit Aqua Lauro-Cerasi yerordnet. Es
erfolgte danach ein Nachlass der Symptome und
etwas Schlaf. Abends gegen elf Ulir stellte
sich aber ein heftiger Frost ein, der eine Vier-
telstunde anhielt und dauu in Hitze überging,
der Kranke brachte die Nacht sehr unruhig
zu. Am andern Morgen war jedoch eine be-
deutende Remission nicht zu verkennen. De^
sen ungeachtet stellte ScfUMein eine sehr un-
günstige Prognose und machte seine Zuhöi'e^r
auf den Ausspruch des Hippocraies (Aphor. rr.
20.) aufmerksam: »Febres continuae, in qui-
bus sexto die horrores intrant, exitnm habent
^nistrum,« wielcheu er, aus eigener Erfahrung
bestSfigen zu müssen, erklärte. »Man könnte
»allerdings glauben^ es gesellt sich hier ku dem
■ — .88 —
»acuten Fieber iioeh eine Intermiitens (der He-
»mitriiaeus Galeni): dies wäre aber nicht dfr
»Fall, sondern es wären dergleichen plötzliche
»Frosianfölle, welche sich bei Enteritis and Peri-
»ionitis, namentlich, während des Wochenbettes,
»Abends und zur Nachtzeit einstielUen, als ein
»sicheres Zeichen anzusehen: dtus die Enisnümr
»düng «ich auf die Venen des Unierleihs verireÜei
»hätte. Auch bei dem vorliegenden Kraulten siei
»ein solcher Uebergang der Inflammation und
»zwar auf die Vetta Portcurum mehr als wahr-
»scheinlich.«
Die Blutentziehungen wurden wiederholt,
Ung. cinereum mit Ol. Hjoscyami coct. in den
Unterleib eingerieben und innerlich, da der
Durchfall aufgehört hatte: Nitrum mit Cremor
Tartari gegeben. Der Nachlass des Fiebers
dauerte den ganzen Tag über; gegen sechs Uhr
Abends stellte sich aber ein neuer und noch hef^
iigerer FroetanfaU ein. Darauf gingen die näch-
sten fünf Tage unter leidlichem Befinden des
Kranken vorüber, dann aber erfolgte ein driiier
ähnlicher Frostanfall, wodurch das Uebel sich
immer bestimmter charakterisirte. Die von der
Entzündung des Peritonäal-Ueberznges der dün-
nen Därme herrührenden Schmerzen waren äll-
mählig gewichen; dagegen klagte der Kranke
aber über einen Jixen Schmerz in der Linea aü&o,
welcher sich in grader Richtung vom Nabel nach
oben bis zum Processus ensiformis des Brustbeins
erstreckte y durch äusseren Druck widjede Körper^
Bewegung vermehrt wurde und sich tief nach hinten
bin %%ir WirbelsäLule verbreitete, Anfangs mehr
dumpf und drückend ward er später brennend
und stechend. Dabei war der Unterleib nicht
gespannt: die Haut aber trocken und brennend,
das Gesicht schmutzig - gelb, der Durst nicht zu
stillen, der Urin gallicht, die Darmausleeruug
sparsam und schwärzlich, «— Der Kranke, sehr
— 80 —
▼«rsiimmi, klagte über heftige KopbcbmenMni,
die w&hrend der Nacbt noch gesteigert "wiirdeii.
Ea wurden Pulver von Calomel gr. j«^ Cremor
Tariariy Sacchar. alb. ä scr« j, S. alle swei Stun-
den ist. gegeben, die Einreibnngen fortgesetst
nnd Serum lactia taoiarindinaium zum .6e*
trink verordnet; spKtor die Dosis des Calomel
auf zwei Gran erhöbt.
Die Frostanfalle stellten sich beinah« täglich
ein (am dreizehnten Juni hatte Patieiit deren
sogar zwei), in den übrigen Symptomten aber,
welche sehr wechselten, trat bis zum achtzehn-
ten ein solcher Nachlass ein, dass man sich mit
einiger Hoffnung zur Genesung des Kranken
hStte schmeicheln könneil. Die Schmerzen wa-
ren nämlich geschwunden, die Zunge fing an
sieb zu reinigen und die Stnblausleerun^^en nah-
men eine normale Beschaffenheit an. Di<e Nächte
wurden ruhiger, das Fieber massiger, es stellte
sich Nasenbluten ein und der Urin zeigte ein
Sedimentum lateritium.
Dies war jedoch von kurzer Dan^r. Der
Frost kam wieder und währte ein« 3 ganze
Stunde ; darauf folgte Calor mordax , höchst
frequenter, kleiner Puls, Abgeschlageinheit der
Glieder, Eingenommenheit des Kopfs und die
Schmerzen erneuerten sich. Der Urin wurde
trübe, gelbroth von Farbe und es zei^^ten sich
Vorboten der , Salivation. Das Calomel wurde
anagesetzt und ein Gargarisma von R'p. Jodi
Scmp. j. Meli. ros. Unc.^ jj. Aq. Rosar. tlnc. ij.
Terordnet; innerlich aber ein leichtes La: xans ge-
geben, so oft die Umstände es erforderte fn.
Wiederum trat einige 'Besserung ein; aber
der Kranke nahm, mit jedem Tage, au 1 Fleisch
nnd Kräften ab und die Ausleerungen bf Jcamen
— te -
«faw «ohwärzliche Farbe. Man r^rordnete >II1IA
wanne Bäder mii vier Pfänden Kochsale nufi
einem Pfunde Catcaria mnriatica. Diese besei-
tigten'die Venosität; der Phls wnrde an Fre-
qaraz beinaihe normal; der TJrin in gröaMTier
nienge abgesondert und die Faeces zeigten elöb
normale Farbe. Am fünf und zwaniiigsicn rei^
schlimm erte sich jedocb der Zustaud des Kran-
ken wieder bedeutend und 2n?rar mit dem Ein-
tritt eines abermaligen Frostes; auch brach der
Speichel fluss von Neuem hervor. €^egen diesen
wnrde ausser dem ■ Gargarisma auch noch JoA«*
kali inmirlich verordnet, welches den NadhlMs
der Saliivation bewirkte. Die FrostanfUlle Wbift
nahmen sehr an Heftigkeit zu, so dass maoa,
beim Fo»rtgebrauch der Bäder, nun auch inneir-
lich ma^riatische Salze und zwar Bp. Chifiii
muriatici gr. j/3. Kali mnriat. gr. viii. 8acch«A
albi Scrup. /3. M. f. Pulv. S. zweistündlich ehis
verordni ^te.
Das> hektische Fieber steigerte sich ind'ess
mit jedcT Stunde ^ Frostanfölle erfolgten tKg|li«^
ein- auch zweimal; grünspanähniiche Massen
worden ausgebrochen; die Milz schwoll an und
MBMchen dem Processus ensiformis des Brusthekts
und dem Nabel fühUe man eine umschriebene
harte Get schwulst und hinter derselben die Pml-
sationen der Aorta desceiidens. Das Erbrecben
widcrstai id allen Mitteln ; die ausgeleerten Stoffe
nahmen einen cadaverösen Geruch an; der auf-
getriebene Unterleib war fortwährend so schmerz-
haft, daifs die leiseste Berührung Schreiten Mrd
Verzieh nngen des [Gesichts hervorbrachte. Un-
ter colL'iquativcn Erscheinungen und steten ]>e-
lirien crtarb der Kranke am acht und zwanzig-
sten Juni.
Setciion. Ufäerkib. Dx» Colon transverMm
und d|i8 Nesocolon sind leicht geröthetj eihe
— M —
SdlliAge des fleom idt mit dem miievn Theile
der 'Caifsola Gliwöiiii TerwaohseD iiiid an d^r
Melle .dieser YerwaciMuu^ seigt sich ein mn-
^es Uleos mit Eifer gefüllt von der Grösse ei»es
Yiergroeehenstückies und mit seichen eallösen
Bindern, dass es beim Beföhlen dnreh die Bandi-
dcdiüen wie ein Tumor erschien, der die Pulsa^-
tionen der Aorta fortleitete. Die CapsuAa Glis-
■ObH selbst war hart, gespännt nnd mit 4len
nahe gelegenen Theilen verwachsen. In ihr
lud sich eine Geschwulst von der Grösse eines
BMinereies, welche nichts weiter enthielt als.:
Si* jfrweiierie, verdickte tmd mü BUer erßdiU Vmm
pmirnntm, deren ganaer Siamm tia in die kkkmi$n
FsrMoefjHiigen, welche die LebereubeianM dm^ohaiC'
hrn^ eniitänaei, verdickt und von Euer amg^edelml
atefl$nden wurde. Die Veneneiternng in beiden
Lobis der Leber war so bedeutend, dass, als
ante den Peritoiiaealüberzng derselben entfernt
\ait0, grosse Massen puriformer Flüssigkeit her-
Torqnöllen. Die einzelnen Acini waren an Strue-
inr und Farbe gesund, schienen aber mit vielen
erweiehten Tuberkeln durchwebt 2U sein, ron
welchen es sich jedoch bei genauer Untersn-
diung herausstellte, dass sie nichts anderes wa^
ren als die Lumina der durchschnittenen eitern»
den Yenenäste.
Die Vena lieuälis und meseraica superior
weir^n eiwas erweitert, boten aber sonst nichts
Patbologisehes dar. Die Mü% zeigte sich dop<-
pelt so gross als im normalen Zustande, war im
höchsten Grade erweicht und enthielt eine so
grosse Menge aufgelösten Venenblutes, dass man
die Beschaffenheit derselben mit dem Namen
der Malade bezeichnen konnte. —
Diel^iifigMi waren mit der Pleura costalis an
mehreren Stellen yerwachsen — » ihre Substanz
ober 90 wie das HerM waren gesund.
- •« -
Im zweiten Theile seiner Abhandlang behan-
delt der Verfasser die Pathologie und Therapie
der Vena portarnm im Allgemeinen. Er giebt
ihr den nicht unpassenden Namen: Pylephlebitls
(von ituXtTi porta und ^Xeifi vena). Er unter-
scheidet (mit Baczynski) eine acute und eine
chronische Form und von beiden ein erstes^
enixündUches und ein zweites, supyuraiU)es oder
exwdaiives Stadium. Die suppurative Form
nennt* er Pjlefhiebitis tjphosa- maligna, die ex-
sudative benigna. Von ersterer giebt der eben
beschriebene Krankheitsfall ein lebendiges Bild.
Von letzterer stellt der Verfasser nach \9olBfw'«
Beobachtungen als diagnostische Sjmptomö oie
Polsationen auf, welche in Folge der Ofistructfo
Venae portarnm, in beinahe allen Blutadern des
Körpers statt finden, während die der tjphösen
Form eigenthümlichcn Frostschauer fehlen. —
Die chronische Entzündung der Pfortader cha-
rakterisirt sich bloss durch langsameren Verlauf
und geringere Heftigkeit der Sjmptome; so dass.
das entzündliche Stadium derselben oft uner-
kannt vorübergeht, im zweiten Stadio aber, es
mag Eiterung oder bloss Ausschwitzung erfol-
gen, statt des tjphösen ein hektisches Fieber
eintritt und unter Hydrops, Icterus, Melaena
oder chronischer Diarrhoe, dem Leben ein Ende
macht.
Die Diagnose anlangend,80 dürfte der Schmer%
in der Linie zwischen dem schwerdformigen Knor^
pel und dem Nabel als das eigentliche pathognomir
sehe Symptom anzusehen sein. Der eigenthüm-
liche Sitz desselben unterscheidet unsere Krank-
heit am sichersten von denen, mit welchen sie
etwa verwechselt werden könnte, so namentlich
von der GaMrUis^ wo der Schmerz die Praecor-
dialgegend einnimmt und diese zugleich tympa-
nitisch . aufgetrieben ist, oder von der EniatÜn-
düng des Pancreas, wo sich der Schmerz quer
— 93 —
über das ganze Epigastrimn erstreckt und Sa-
iiValion statt findet. Bei der LehererUzimdimgf
die am meisten Aehnlichkeii mit unserer Krank-
heit hat and mit der dieselde also anch am
leichtesten verwechselt werden kann, ist der
Schmers vorzugsweise auf das rechte Hypochon-
driom beschränkt, während er bei der Pylephle-
bitis genau die Mittellinie des Epigastrium bis
zam Nabel einnimmt. ErUzündung der Vena cava
mferiar würde sich durch Schmerz zu erkennen
Xeben, der vom Beeiden aufwärts sich längs der
Wirbelsäule bis zur Brust erstreckte. Die ei-
^enthümlichen Frostschauer^ welche mitten in
der Febris continua auftauchen und öfters wie«,
derkebren, könnten, wie schon gesagt^ iiir An-
iange eines als Complicatiou eintretenden Weck'
telfieherg gelten. Es mangelt aber der regelmäs-
sige Tjpus gänzlich oder doch das den Wech-
scKfiebern eigene Verhältuiss der einzelnen Stadien
zu einander; namentlich* sind bei der Entzün-
dung der Pfortader die Frostanföllc mehr Frost-
schauer als wahrer Schüttelfrost und gehen
nach kurzer Zeit in die unverhältnissmässig
länger dauernde Hitze über. Wegen der Aehn-
lichkeit, welche das» Fieber bei der Venenent-
zündung mit den typhösen Fiebern zeigt, sind
mehrere Aerztc auf die Ansicht gekommen^ der
Typhus abdominalis sei nichts weiter als eine
Phlebitis suppurativa (Breschei und BouUhudJ.
Der Typhus liat aber seinen regelmässigen lang-
samen und an bestimmte Stadien geknüpften
Verlauf, die schmerzhafte Stelle bei ihm ist die
Regio ileo-coccalis^ und die charakteristischen
Frostschauer fehlen. Somit sind beide Krank-
heiten genugsam von einander zu unterscheiden.
Was die Aeliologie der PylephlebUis betrifft,
so ist dieselbe noch in tiefes Dunkel gehüllt.
Venöse Constitution namentlich beim weiblichen
Geschlecht, wenn Störungen der 3Ienstrualfuu-
— »# —
^onen obwalten, dürfte vornämlicli als prfidis-
punironde Fmache ancnsehen sein. Abusn» 8|pi-
ritnoserum, Metastasen Von Gicht und von Hieiiii-
ansscblSgen wie Blattern, Krätze u: s; w. können
Veranlassung zur Entstehung der Krankheit
.geben. Jede Unterleibsentziindung känti Übri^
gens auf die Vena portarum übergeben, wie
dies namentlich in dem oben erzählten' Faille
stUU- fan^.
Dass die Prognow eine durchaus schleckte
sei, ist bereits angedeutet worden, wenigstens
ist zur Zeit noch kein Fall von einer geheilten
Entzündung der Pfortader bekannt geworden.
Im ersten inflan|matorischen Stadio zeitig und
richtig erkanht, wird sie gewiss einer kräftigen
Antiphlogose weichen. •—
Dem kurzen Kapitel von der Kw setzt unser
^Verfasser als Motto die Worte Baghv's vor; Multa
in medicina scire, pauca agere, die nicht genug be-
herzigt werden können. Alig«meifre und örtliche
Bltttentziehuiigen (Blutegel nicht bloss ad locttm
affectnm sondern auch ad anum) Mercurialfrictic»*
neu,- Kataplasmen und warme Bäder und inner-
lich das Calomel bilden den kräftigen Heilappa-
rat, mit' welchem die Krankheit im ersten Sta-
dium zu bekämpfen ist. Das Calomel ist doppelt
indicirt: einmal um die Plasticität des Bluts zu
brechen, dann die Gallensecretion zu vermeh-
ren. Es wird zweckmässig mit Digttalis zu
verbinden sein. Der aus der Entzündung der
Vena portarum hervorgehende allgemein venöse
Zustand des Blutes, wird nach Schönlein*» Er-
fahrungen am kräftigsten durch muriatische
Salze verbessert. Wie diese anzuwenden seien
wurde oben angegeben, und sind ausser den dort
genannten Mitteln auch das Kali, oder Natron
mnriat. und die salzsaure Kalk- und Bittererde
hiebeV' zu rechnen. — Im zweiten Stadio dn^r '
IjWiiUiaii und die Kräfte dorchEmiMtiarCUM»
jfineralsftnren. Aqua oxynmriaAiyValariana, Anrfte.
etc. SU erhalten and die AaegÜnge in Hfdropa^.
AbUena and Tabes zu yerhüteiil —
Von sweineaeru hiehergebörigen sekr merk-
wfirdigen Beobachtungen des Herrn Lanbnm
za Paris möge nachateiiende kurze Notiz hier*
Platz finden, • Sie befinden sich in den Arohi»
ves' g^n^rales de M^decine Jaiii 1842. pag. 129
bis 142. Die eine betrifft eine Einizüindung der
Vena poriaef welche durch das Eindringen einer
FUchgräie vom Magen aus erzeugt worden war.
Die andere, eine Phlebitis, der eigentlichen Le^
bervisnen, war noch Schädelirerieizangen alz
Folge eines meiastatischen Abscesses entstanden^
dessen Eiter sich in einen Stamm dieser Ye»
nen ergossen hatte. In beiden Krankheitsflillen
fand ein Fieber statt, welches sich dorch wieder-
kehrenden Frost, llitze and Schweiss, ganz wie
ejne Febris intermittens rerhielt, in seinen < An»
flUlen aber keinen regelmässigen Tynas zeigte«
Bz widerstand dem Gebrauche des Chinins hart-
näckig; blieb dann mehrmals von selbst aas,
kehrte aber wieder und ging endlich in eine
Cootiiiua, mit täglichen Exacerbationen ubor.
Der Tod erfolgte unter allgemeiner ErschdpfoBg
und DelirieiL Die Regio hepatis war schnHurz-
haft nnd der Schmerz nahm beim äassern Drack
z«.. Der Kranke hatte ein icterisches Anselraa,
eine russig braune belegte Zunge, Uebelkeiten,
Erbrechen, Schluchzen und gallichte Stfthie ; zo-
letzt Hjdrops universalis. Die ersten Sparen r^m
Unwohlsein, Uebelkeit and Hagenschmcrz dauer-
ten mehrere Wochen: die eigentliche KranklMit
verlief vom fünften ois dreissigzten Jani and
man hatte dieselbe als Phlebitis hepatica bazeidi-
net. Bei der Sectioa fand man die Vena por-
tae zMt einer, den Weinhefen ähnlich sehenden
Fliissigkeit angefüllt and die vordere Wand der
Tena meseraica inferior war von einer JtidU
gräU ganz dnrchdrungen, welche im Kopfe des
Pancreas fesiaieckte. Die Vene war an der
gedachten Stelle vereitert und ihr Lnmcn dnreh
Päeudömembranen obliterirt, welche fest mit den
Yenenwandnngen zusammenhingen. Auf ähn-
liche Weise war auch die Vena portae veren-
gert, nicht aber vollkommen verstopft, und ihre
Wandungen etwas verdickt und' entzündet.
Für diejenigen, welche sich über die in
Rede stehende neue Entzündungsform genauer
unterrichten wollen, fügen wir die betreffende
Literatur bei:
Meckel in Sasse Dissert. de vasorum sänguife-
rorum inflammatione. Halae 1797.
Andral Cliniquc m^dicale T. IV. p. 62. und 64.
Reynaud im Journal hebdomadaire No. 51. pag.
173. und in Kleineri^s Repertorium. lY. und
y. Jahrg. Suppl. Heft. 1. Abth. p. 283.
Stokes Vorlesungen über die Heilung innerer
Krankheiten, a. d. Engl, von Behrend, Leipz.
1839. p. 115.
jP. A, BaUing zur Venenentzündung. Würzburg
1829. p. 310.
AfdUer Journ. hebdomadaire Fevr. 1830. Kleineri
1. c. pag. 489.
CnweWUer Anatomie pathologique p. 673.
Dance und Amott über Venenentzündung und
deren Folgen. Zwei Abth. a. d. Franz. und
Engl, übersetzt und mit einer Zugabe verse-
hen von G. Hhnly, Jena 1830.
Fauconneau^Du/rhne Memoire sur l'inflammatlon
du Systeme veineux abdominal §. IV. (S. Ga-
zette m^d. de Paris 1839. p. 725 betrifll bloss
die pathol. Anatomie).
- «T —
JHMr^CDr. Privai-Doc. sn WfinVnrg) in dar
Berliner med. Central Zeitung 17. Jnli 1840.
Original -Aufsatz: Eiter und anderweitige als
Ausginge .der Entzündung zu betrachtende
Yerlnderangen in sämmtlichen , zum Sjstem
der Vena portae gehörigen Venen, so wie im
Stamm der Vena portae selbst und in den
Verzweigungen derselben in der Substanz
der Leber, in letzterer in Form von Leber-
abscessen. —
A. BacxifMki Commentatio pathologica de Venae
portarum inflammatione. Turici 1838 angezeigt
Ton NaM9e in Sdbnictt^«- -Jahrbüchern Bd. 27«
1840. Heft 1. p. 110.
Vorstehender Aufsatz war bereits vollendet,
der Abdruck desselben aber zuHillig verschoben
worden, als dem Verfasser das zweite Heft der
»ÄrfinttcAen f^oriräge Schönlein' s, herausgegeben von
Guierhock^ zukam, in welchen! er die hier mit-
getheilte Krankheitsgeschichte ebenfalls beschrie-
ben und die Epikrise Schifnlem's beigefiigt fand*
Einen zweiten, später beobachteten Krankheitsfall
finden wir in demselben Hefte p. 284 — 901
erzählt. Die Erscheinnugen der Pylephlebitis
waren aber im Leichenbefunde (vielleicht durch
die lange Dauer der Krankheit verwischt) nicht
mehr wahrzunehmen. Dagegen fand man die
Residuen einer offenbar später hinzugekomme-
nen Entzündung der Lebervenen, und metasta-
tische Lungenabscesse. — Verf. hält es ftir seine
Pflicht, dies hier anzuzeigen.
Joura. Bd. XCV. St, 1,
99
2.
Praktische Miscellea
und
Lesefrächte
atitf der ausländischen Litteratur.
Yoin Herausgeber«
iMxaiiofemoris spwdanea. — VL&tvEdmoairdSUmk^^
Chir. am Bartholomeas-Spitale zu London, hat
sieben Beobachtungen bekannt gemacht, in wel-
chen er das Austreten des Schenkelkopfes ans
der Pfanne bloss einer Relaxation der Gelenk-
kapsel und des Ligam. teres zuschreibt, die
theiis nach Lähmungen, theils nach laagwieri-
geii gichtischen oder Nerven - Schmerzen ent-
standen war. (Lond. med. chir. Trans. tö41).
. Vergiftung durch Morphium. Kaffee dagegen. — '
fSs war eine Solution von ein und ein viertel
Gran schwefelsaures Morphium verschluckt wor-
den, um Zahnschmerz zu stillen. Steifheit in
den Halsmuskeln und den Flexoren des ganzen
Körpers stellten sich zuerst ein und nach liuif
Stunden erfolgte Erbrechen mit grosser Hinfiil-
ligkeit, langsamem vollem Pulse und heftigem
Jucken auf der Haut. Alle Getränke wurden
sofort ausgebrochen, endlich blieb kalter KäiTee
fünf Minuten im Magen, und besänftigte sofort
die dringendsten und heftigsten Symptome. Beim
Fortgebrauch desselben, die ganze Nacht hin-
durch, genas der Kranke vollkommen. Bemer-
kenswerth ist, dass der Vergiftete die Ton den
Opifini - Essern so gepriesenen Halladnaiionen
■icht eher enpfand, als bis er den Kaffee be-
kommen hatte. Vorher wurde er Ton sieter
Angst gequält. Der exaltirte Zustand ging nach
ffinf Stunden in einen festen Schlaf über. Dies
Factum etzlÜAi Dr. Fosgate, der es an sich selbst
beobachtet bat. (American Journal of med,
Sciences Jan. 1841).
Armmik gegen Wechselfieher, Herr BouÜn
hat suüblreiche Beobachtungen über den Nutzen
des Arseniks gegen Wechselfieber gesammelt
and das Resultat gewonnen, dass die nachtheili-
gen Wirkungen dieser JMedication nicht dem
Mittel, sondern der unzweckmSssigen Anwen-
dung desselben in xm groseen Dosen zugeschrie-
ben werden müssten. Er gab den weissen Ar-
•Miür nur zu j^^ Gran p. d. mit Saccharum lac-
tis in' Pulver oder das arseniksanre Natrum in
Wasser gelöst und mit Amylum zu Pillen geu
macht zweimal täglich in derselben Dosis. Von
220 Fällen von Sumpflßcbern, deren 35 unregel-
mässig waren, wurden 188 sofort durch den
Arsenik geheilt, 57 Welche der China wider-
standen hatten, wichen nachher dem Arsenik und
Id) die diesem letzteren nicht wichen, heilte die
China, 8 endlich wurden weder durch diese
noch durch den Arsenik beseitiget. Aehnliche
Resultate hat eine Commission der Marseiller
Königlichen Societät bei sechszehn mit Arsenik
behandelten Wechselfiebern erhalten. Nachthei-
lige Wirkungen des Arseniks wurden durchaus
nicht wahrgenommen. (JBouäin Trait^ des fl^-
Tteu intermittentes etc. suivi de recherches sur
l'emploi th^rapeutique des pr^parations ars^ni-
cales. Paris 1841).
7*
Kop/bt¥ktMiung und TlwainaH<m> — Ein MSdt
chen von iiinf und zwansng Jahren erlitt, am
nennten November 1841 durch den Schlag mit
einer Flasche, eine gerissene und gequetschte
Wunde auf dem rechten Scheitelbeine. Sie ver-
lor auf einige Minuten das Bewusstsein. Bei-
einer zweckmässigen Behandlung erfolgte voll-
ständige Yernarbung der Wunde etwa gegen
die zehnte Woche hin, nachdem zu drei ver-
schiedenen Malen Knochensplitter ausgezogen
worden waren. Nun aber begann die Kranke
über andauernde Schmerzen in der Narbe und
deren Umgegend zu klagen, welche bei äusserem
Druck und bei Bewegungen des Kopfs JEunah-
men'; sie verlor den Schlaf und bekam häufiges
Erbrechen. Dabei blieb der Puls langsam, con-
stant auf sechszig Schläge in der Minute und
war klein, die Geistes- nnd Bewegungsfuikctio-
uen waren ungetrübt. — Nachdem mancherlei
Mittel ohne Erfolg geblieben waren, bescUoM
Herr BUmdin (Arzt am Hotel Dien zu Paris),
in der Absicht einen muthmassiich nach innen
gedrungenen Knochensplitter, der die Schmerzen
erregte, zu entfernen, die Trepanation. Sie tvard
am acht und zwanzigsten Januar in der Fron*
talgegend, an der Stelle welche die Kranke als
den Sitz der heftigsten Schmerzen bezeichnete,
ohne Schwierigkeit und ohne üble Zufalle von
ihm verrichtet. Es zeigten sich weder ein Ex-
travasat noch an den Schädelknochen oder, an
der harten Hirnhaut irgend eine Verletzung,
wohl aber fühlte Herr JB, unter dem in die
Trepanationswunde eingebrachten Finger eini-
gen Wiederstand und glaubte die Anwesenheit
eines Fluid! unter der Dura raater annehmen
SU müssen. Letztere wurde jedoch nichl geöff-
net. Die Operation hatte für einige Tage den
günstigen Erfolg, dass die Schmerzen nachlies-»
sen. Nach vier Tagen ward mittelst eines fei-
nen ^istouri^s ein kleiner Einstich in die Hinn
-, tot — -
El |K«madil, es Boas aber ■aäebta. th. ■— Wir .
w^rhrn lue Aufcähluiig' dop'iapävrB '9jmt
nr Diid brmerkcn nur, inaa du UwnMtMü
4rT kraiilieii, merkwürdige WriaBj Mb ■■)■'
UtKInt AugriiblEcke ihres Leb«M<-ii»gMi6rtblUln .
D«r Tod erfolgte am xwiUUa Fabniu-,^ '
«£'
Dod neunsig Tft^e nsek d«E Verifttnu^^ i
I Tag« uach der TrepwMtlon. DE* lOb '
«r^ab einen obcrfläidUkhan AksMM;ite
rmdern Theile iIcs rcchini Lobni certbri, wii
Ar BiBm« eines Pnt«n«iea , welcher nuA ««^
M *«• Bonnalcc Hirarautans eini^ Linimi
äArhtimMf, -add ring* ra« tiMv-fejiiMl^ sÄ-
mw.<|tfi«rrighaB f-TiTfni|r*ihr»in -riMtfilit
fl»|M«. «Ir.MQIieU vi«! gritollehselbeiLilulk
HfelteW« bi.A0g«irieüieB«iDegMtiiigareOaiit
4iMB-dib die-'de« lhik«B, .war «(»«v Id Ib*
Wllilli wm« »^ nicht ftefaafcrt, die «i» .
IfaMMmlms batto offenbtt -it den , ejrita
te'^Labaa aninior dejcter 'ihren Site gohaUp
Bh Mferaririe Knochen, am 'Orte: wo Vor dtat
Masatcn di^ Terletznng statt gefunden hatte,
wir nicht reproducirt und dennoch war die
iwaere Wnmle Tollkommen vernarbt. Der
fcaUwitaiall ist gewiss in mähr als einer Be-
riikug merkwflrdig. Das Torcüglichate Ja.faet
mlw rinnge Symptom waren die anhaltenden
BihMinsiiii. deren $itz Patientin aber immer
mx «!• oberflXcbUch in der Wunde selbst, . nie
ttl w der Sabatauz des Gehirns angab. Para-
^MB, Coma, Fieber oder sonstige Erscbeiann-
'§m, welche anf eiu tiefes Hirnleiden hingedeu-
M Mtttan, fehlten durchane .nud die Ce^dialaea
mi dna Erbrechen stellte sich erat nach der
Cicafariaafion der Xnssern Wunde ein. Eine
BiBiiesHnf war gewiss nicht zn - verkennen,
Mt Umimr und der Sitz deraelbdi aber konnte
toehana. nicht bestimmt werden. Streng ge-
■■MMO war iB den rorwalteodeD Sj^mptoueD
— lOf r-
Tielleioht nicht einmal eine genügende Indioa-
iion für die Terebration gegeben. Hätte aber
die fühlbar fluciairende Stelle der Himsnbaians
nicht durch einen dreisten, tiefen Einachn^ ge-
öffnet werden sollen ? Wir glauben ja ! Würde
dadurch das Leben der Kranken erhallen wor-
den sein ? das möchten wir freilich nicht be-
haupten. > — (Archive« g^n^rales d. Med. Jnia
1841. p. 158 — Ifö).
Pswiatns und Lepra, — Aus einem An&ats
des Dr. Bremard erfahren wir, dass gegenw&r-
tig im Hospital Si, Louis zu Paris, wo bekanni-
lich vorzugsweise chronische HautausachlSge be-
handelt werden, drei Kurmcthodeii die häufigste
Anwendung finden: die Wasserkur (l'hjdroth^-
rapie), die Theerkur (les pr^parations de gou-
droii) und die Behandlung durch Arsenik.
(S. Journal des connaissances medico-chirurgi-
cales. April 1841).
Kwbu/nkeln hei Menschen ncLch dem Genius dm
PleisehfiS von eüatn Ochsen ^ welcher an KarhmJtd
der Zunge gestorben %var, — Im Jahre 1841 herrschte
in Toscana eine Epizootie der Karbunkelkrank-
keit unter dem Rindvieh. Einem Schlächter
gelang es das Fleisch eines an dieser Krankheit
gefallenen Ochsen in die kleine Stadt Fucecchio
einzubringen und dort zu verkaufen. Fast alle
die davon genossen, wurden nach vicrundzwan-
zig Stunden bis spätestens drei Tagen, im Ge-
sidhtc, am Halse' und auf den Armen von
schmerzhaften Knoten oder von weissen Pusteln
mit violettem Halo befallen, die nach und nach
in wahre Karbunkel übergingen. Nach einer
Woche siiess sich der Braudschorf ab, hinter-
10t
;
licM eine siemlicb gute Eiierfläelie und die
Vernarbung erfolgte bald. Bei einselnen Kran-
ken, war jeddcb der Verlauf der Kranicbeit wM
beiliger, es entstand Erjsipelas mit enormer Ge-
scbwulflft, das Brandige löste sieb erst nacb
Tierzebn Tagen und die Eiterung war von scblecb-
ier Bescbaffenbeit. Mit diesen 9rt1icben Sym-
ptomen Terband sieb dann beftiges Fieber, •dli'
gemeine Abspannung, Erbrecben, Dnrcbfall, Kuh
liken, Tympaniiis, Delirien und Scblaflosigkeiib
Es starben nnr zwei Kranke und alte, acbwäch^
liebe Leute. Herr TurchetH, welcher diese Be-
obacbtung niittbeilt, behandelte seine Kranken
mii Brei^mitteln, Laxanzen und krtftigeu Anti-
pblogisticis (!) — Bemerkenswerth , und allen
bisherigen Erfahrungen ganz zuwider ist der
Umstand (den jedoch auch die Collegen.des ge-
dachten Arztes als vollkommen begründet aus-
jiprecken) : data keiner von denen,- die das infi-
cirte rohe Fleisch gebandhabt hatten, ^on 4lto
Krankheit befallen wurde, diese vielmehr nnr
solche ergriff, welche davon gegessen. Femer
der im Ganzen milde Verianf des Uebels
und die geringe Tödtlichkeit desselben, kn
höchsten Grade auffallend ist endlich audb die
ärztliche Behandlung. Man muss sich mit Recht
wundern bei einer Krankheit, die man allge-
mein gleichsam als den Frotot3rp der Asthenie
betrachtet , ein streng antiphlogistisches Vertai*-
ren mit so ausgezeichnet günstigem Erfolge, an-
wenden zu sehen. (Annali di Medicina Febr.
Mari 1842).
w r I
— ..{,1
' ''• • •'/
Schwämmchen. — • Die von Gruhy gemachte
Entdeckung, dass die Aphthen lediglich in einer
eigenthümlichen kryptogamischen Pflanze bestän-
den, welehe auf der 8ch4^maieiiibran v^etire
und durch Uebtrtragaug aus dem Munde auf
— 104 —
den Darmcaual übertragen werde, hat auch
JBoyer bestätiget gefanden (S^ance de PAcad. de
Med. 3. Mai 1842).
KrAa. — Herr Tanchou hat mit Krebsjanche
an Thieren experimentirt und glaubt aus seinen
Yersttchen scUiessen zu dürfen: dass der Can-
cer nickt das Product eines srharfen oder gifti-
gen Stoffes sei und dass man daher auch nie
darauf rechnen dürfe ein Antidotum oder Spe-
cifieum dagegen zu entdecken, die Kur vielmehr
nur durch IJmstimmung des Yegetationsproce»-
aea überhaupt bewirkt werden könne, (ibid.)
JjpecactiofiAa öiu^sserUch dU Handreix. •— Dr. A.
TmmibuUaagty dass Ipecacuanha auf die Haut ein-
gerieben den Ausbruch einer grossen Zahl von
schmefäslosen kleinen Pusteln herbeiführe, welche
nicht eitern, also auch nicht, wie die Pusteln
von Tart. stibiatus Narben hinterlassen, daher
die Einreibung selbst im Gesicht gemacht wer-
den könne. Der Aasschlag wird flechtenartig
und erregt Hitze und Jucken. Herr T. ver-
schreibt Rp. Pulveris Ipecacuanhae drachm. ji.
OL Oliv, drachm. ji. axungiae drachm. iv. — od.
Rp. Emetinae gr. xv. Spirit. vini gr. xv. Axun-
giae drachm. iv. — ^ und lässt davon z^veimal
täglich einreiben. Er versuchte es besonders
bei Brasiaffectionen und gegen nervöses Herz-
klopfen. Uebelkeit oJer Erbrechen erregte das
Mittel niemals. (The Lancet 7. May 1842. pag.
ao3).
NeuesU EisenpröparaU, Die Chemiker haben
pich in jüngster Zeit viel mit Darstellung neuer
— 105 —
SiMDprSjiarate sum nedicinischen Oebravch be*
aehäfliget und mehrere derselben sind bereits
▼on Aersien angewendet worden. Unter diesen
seheint das milchsaure Eisen : Lactas ferri, oben
an so stehen f an welches sich dann das Ferrum
citrii^m (Citras ferri) und das Ferr. ammonio
ettrafaim anschliessen. (Fharmaceatical Journal
Bhy 1S42).
Die Aufgabe für die Chemiker besteht un»
streitig darin, solche Präparate darzustellen, die
leicht lösbar sind und die Verdauung nicht be-
ISstigen. Am meisten entsprechen diesen Bedin«
gongen diejenigen -Präparate, welche das Deot-
ozjd des Eisens zur Basis haben, also die Mi-
neralwässer und -folgende, Ton Herrn W. jf^aon »
(Hie Lancet 25. Juni 1842. p. 448) angegebene
Praeparate: 1) »Liquor oxymiphaHs Ferrt.«
Bp. Sulphatis Ferri dr. ij. ad dr. irj.
Aeidi nitrici drachm. iij.
Aqua destill, unc. iß,
Tere diligenter per horae quadrantem aci-
dom nitricum ferro vitriolato,, dein sensim ad-
dendo aquam. Cola per Chartam. •— Dosis
5 — 12 Tropfen.
Dieser Liquor ist, wie Herr Tyson sagt, vor
vierzig Jahren von Syhesier erfunden und seit
jener Zeit stets von den Praktikern in Derbj-
abire gebraucht worden. Er bewundert es, dass
man denselben nicht in eine der neuem Pharma-
copöen aufgenommen hat und glaubt, daas dies
Mittel der salzsaüren Eisentinctur vorzuziehen
sei. Es lässt das Eisenoxjd nicht fallen und
mit kleinen Dosen Bittersalz verbunden bildet
es künstliches Mineralwasser. Herr T. ist der
Ansicht, dass es zugleich ein kräftiges Gegen-
^ft der Blaoainre abgebei weil es sich
— 166 —
•ehliell mit derselben yerbinde. Mit HüUe
MS tiiquor kann man mehrere Snsserst wirk-
same und zugleich milde Eisenmittel «rzeagmi
Dahin r««hnet Herr T. folgende: 2) »BUaHvmi
JF^rru^ Rp. Ferri salphnrici drachm. üj. Tete
sensim addendo cum Acid. nitric. drachmi' J0;
cessaia effervescentia adde Aqnae fönt. nno. ij;
Fotassae supertartratae (Cremor tartari) drach«
g\ coque et liquorem tepidum per chartam cola.
iat sal siccam. Dosis 5 ^i-* 20 Gran. — We-
gen des hier zugleich sich bildenden Glanber-
salzes ein leicht eröffnendes Mittel. 3) »Pakuh
mO'Jhrirae Ferri: Rp. ferri sulphatis draoh. fj.
adde guttatim Acid. nitrici drachm. iij. Tere per
hmrae quadrantem et adde Aqnae fönt, anc* rj.
Miso£ tt per diartam cola cui adde Fotaasae
carbonatae drachm. vj. et sepone per aliquot
horas; liquorem superuatanteoi cffnnde «t oxjdio
praecipitato adde: Biiartratis Potassae uuc. jß.
Aquae fönt. unc. yiij vel q. s. Decoque et per
chartam cola — leni colore coiisumatur liquor
ad pulverem siccum. — Dosis wie oben. Diese
Salze in kochendem Wasser aufgelöst bleiben
auch nach dem Erkalten in der Lösung. —
4) Ammomo - Tartras Ferri. Rp. Acidi tartarici
drachm. ij. Ammon. carbonici drachm. .j. Aqnae
fönt. unc. vj. Solve. — Rp. Liquoris ferri ozj-
sulphatis (Yidc supraNo. 1). unc j. Liquor Po-
tassae q. s. JMisce. Das sich bildende Präcipi-
tat wird mit destill. Wasser abgewaschen, dann
zu obiger Solution hinzugesetzt, bei gelinder
Wärme gelöst und zur Trockniss abgeraacki.
— oder Rp. Liquoris Oxjsulphatis ferri unc. j.
Fotassae subcarbonicae drachm. iij. Aquae ÜNit.
unc« vi. M. — Der Niederschlag wird eben 4o
wie oben angeführt behandelt. Dosis 5 — r 10
Gran. Das Salz enthält In vier Granen mekr
als einen Gran Eisenoxyd. (Alle diese drei
weinsteinsauerii Eisenpräparate sind in Wasser
▼ollkommen und leicht lösbar «nd bilden eine
MshÖB goIJrarbene Solation). ^) lAanat Wwni
JHiVodyr: — Rp. Kali hjdroiodici dradiiii. /s.
AigoAsB porae drackm. x. Solve tk adde Liq. f«rr.
•ij0Hlp}i. drachm. ij. M. S. 20 — 30 Tropfen
2 mal tüglich. Dies bildet eine schttae dankel-
r»ihe nnd dnrchsiclitige Auflösung, welche etwas
firfiea Jod enthält. —
PeieehiaIrMCvhpoeken, — Dr. George Qregtmry
hmi einen solchen Fall beobachtet. Ein ansäei-
nend gans gesundes Kind ward am 19. Mai
1842 geimpft, am vierten Tage kamen Petedbien
snm Vorschein: am achten nahm eine grosse
Ecchymose die gewöhnliche Stelle der Areola
ein und der ganze Körper war mit Flecken.
fibersttet: am eecfaszehnten Tage fingen die
Sdiorfe (Scabs) an abzufallen und die Krank-
keii schwand allmählig. Fünf Kinder derselben
Familie waren mit derselben Materie geimpft
worden und die Vaccine verlief bei ihnen ganz
regelmässig, t— Fälle der Art sind höchst selten.
Serr G. kennt deren nur noch zwei. (The Lan-
cet. 1642. p. 456).
Creosot gegen Netiraigie» — EinUngaent|Ton
einf» Drachme Creosot mit einer Unze Fett
(lard) dreimal täglich in die schmerzhafte 8telle
«incnreiben , wird höchlich gerühmt, (ibid.)
Erys^ku InmmaHcmm, — Die Rose ist in den
flbispitälern von Paris und namentlich im Hotel
Dien zu gewissen Zeiten endemisch und com-
pKcirt dann fast aüe äussere Verletzungen ohne
iJnterschicd. Herr Veipeau hat 'das Erysipelas
zum Gegenstand sorgOUtiger Untersuchungen ge-
— 108' —
nmdii und glaubt als Resuliai derselben gefun-
den zu habeu^ dass Aufnahme schädlicher Stoffe
durch die Wundflächen der Krankheit zum Grunde
liege. Die Aufsaugung und Verbreitung dieser
Stoffe erfolge durch Endosmose. Verbesserung
der Säfte sei demzufolge die Hauptindicuition
für die Kur. Herr Valpeau empfiehlt als das
beste Mittel zur Erföllung dieses Zweckes die
örfliche Anwendung des Eisenvitriols in Solu-
tionen oder ^als Salbe (1 zu 4). In vier und
jKwanzig Krankheitsfällen, welche auf diese Weise
behandelt wurden, erfolgte die Heilung inner»
halb 24 bis 48 Stunden. — Der Gegenstand
bedarf noch der fernem Prüfung. —
•>•■
SMeiura Urethrae,^ Crtweilhier hat nie eine
andere Art von Desorganisation bei den Harn-
röhren-Verengerungen gefunden, als die fibröse
Entartung der Wände der Urethra, welche ent-
weder bloss in der Schleimhaut oder auch* im
ganzen Gewebe des Kanals ihren Sitz hat und
nicht selten einen Raum von sechs, acht uild
mehreren Linien einnimmt. In den meisten
Fällen scheint lllceratioii (nicht bloss chroni-
sche Entzündung) der Desorganisation der Theile
voranzugehen. — CnweiOner leugnet die von
den Beobachtern angenommenen verschiedenen
Arten von Verengerungen (durch Klappen, Ligar
meute und dergleichen) gänzlich und glaub^
dass von der langsamen Erweiterung der Strictur
allein ein günstiger Erfolg zu erwarten sei, alle
gewaltsame Vcrfahrungsweisen durch Aetzen
u. s. w. aber durchaus- verwerflich wären. —
(Annales de la Chirurgie 1842. No. 14). Eifc
solcher Ausspruch aus dem Munde eines Ctü-
veühier muss die Aufmerksamkeit aller Anato-
men und Chirurgen erregen.
• ■
jimernymna und Erweüenmg der Fmimomiat
AHeHß. — Einen FaU der Art beobadbtel« Dr.
BMFkidner (The Lancet 4. Juni 1842 pag.
347) bei einelu neansehnjähri^en lH&dchen,
welches bia zu ihrem aechasehnien Lebenmahre
gans geaund war, dann aber an Husten, Brust-
achmerzen und Dyspnoe litt. Linkerseits zwi-
aeheq der zweiten und dritten Ribbe fand eine
oberfl&chlicbe Pnlsation statt nnd man hörte lau-
tes rasselndes Athmen und ein schnurrendes
Zittern (purriug tremor). Die Beschwerden
wujden gehoben, kehrten aber mchrmala wieder
uad die Patientin starb plötzlich, nachdem das
pulairen sich weiter ▼ er breitet hatte und mehr
achankelnd geworden war. — Das Herz war
allgemein hypertrophirt, die Pulmonararterie bis
zu einer Weite von fünf und dreiviertel Zoll
Umkreis (im Innern gemessen) ausgedehnt. «—
Gewiss ein seltener Fall! — .
GäMxUcher Mangel der äuaeeren we&Üchen Gt"
eeJdechtäheUe. — Einen solchen Fall beschreibt der
Dr. Magee zu Paterson. Ein achtzehnjShriges
JHSdchen litt seit einem Jahre an heftigen We-
hen ähnliehen Schmerzen, welche periodisch alle
vier Wochen wiederkehrten. Sie war nicht
menstruirt und bei der Uniersuch ung fand man
die Brüste gut entwickelt , die äusseren Ge-
bartstheile aber gänzlich fehlend. Die Haut der
ganzen Regio pubis bis zum After war mit
Aaauahme einiger Runzeln (Corrugations) ganz
den übrigen Hautdecken gleich und nicht be-
haart* (Von dem Blons Veneria, den grossen
und kleinen Schaamlefaeeu, der Clitoris, Harn-
röhren- und Scheiden- Oeffnung: keine Spur).
Die Stelle der mangelnden Ossa pubis vertrat
eine halb knorplige M embran^ ähnlich der Narbe
von einer tiefen Verbrennung oder von einem
u-
— lifo —
CksehWttt. Der Urin sickerte in cler Oegend
de« Nabels aus einer schwammigen gefiissreleinn
Geschwulst von der Grösse einer #0Meä iot^
nato (?) aus. Da während der Schmersen die-
jenige Stelle, an welcher die Scheide liegen
nitissle, etwas auftrieb, so machte Herr Mogm
daselbst mit Vorsicht einen Einschnitt bis in
die Tiefe von mehr als einem halben Zeil und
erweiterte diese Oeffnung auf eine Hohleonde
liach eben und unten. Es flössen allmShlig cwei
bis drei Finten einer dunkeln theerartigen FUs-
sigkeit heraus und die Schmerzen liessen nach.
Die künstliche Scheidenöfihung wurde oifen ei^
halten und die Katamenien fliessen jetzt regel-
mj&ssig und ohne Beschwerden durch dieselbe
ab. (The I^ncet 33. Jul. 1842 p. 575).
Haemaitmia, — In einem Falle von Bhäharnany
welches den Kranken, einen Mann von 62 Jah-
ren, der früher gesund war, nach einer Dauer
von etwa 17 Monaten an Erschöpfung hinrafile,
fand Herr Cowan keine andere Quelle der Blu-
tung als eine büschelförmig hypertrophirte Stelle
in der Schleimhaut der Harnblase in der Ge-
gend, wo sich der rechte Ureter einmündet, mit
ausgedehnten Blutgefässen. Das Becken der
rechten Niere und der Ureter selbst waren gleich-
falls etwas erweitert. — Ursachen dieser krank-
haften Veränderung, die selten vorkommen mag,
waren nicht zu entdecken und Patient hatte nie
über Schmerz in der Blase, wohl aber über
eine leichte Unbehaglichkeit in der Nierenge-
gend geklagt, daher man auch den Sitz des
Uebels in der Niere gesucht hatte. (The Lancet
25. Juni 1842 p. 436).
111
Jtfkren IconBie seit nelireren Jahren den Urin
nicht halten. Der innere Gebranch der TlncAn*
iIm Secak eormd. nml kalte Waachnngen «teUteii
iiin ToHkommen her. — (ibid. p. 437). Details
sümI nicht gegeben nnd wir Ifihren die Beob»
acbtnng bloss an, weil der Arst (Herr Goienii)
dem Mutterkorn eine specifische Wirkung aviff
dio Harn Werkzeuge suzuschreiben scheint, von
der uns bis jetzt nichts bekannt geworden ist.
Bk&umoHnmiu. — In leichten Füllen Ton Hos-
kekhenoiatisHien rühmt Herr Cowan Einreibun-
gen von gleichen Theilen Opodeldoe nndViifiun
Colchici: in andern heftigem FSlIen, so nament-
lich bei IJämbtago und bei Gelenkrheumatismen
braucht er mit ]^utzen KaH hvdrajodieum drei-
md täglich zu fünf Granen. Blutentziehungen
ufnd Calomel hat er nicht angewendet, weil die
Ton ihm beobachteten Fälle, 48 an der Zahl,
simmtlich mehr asthenischer Natur waren, (ibid.
pa«. 438).
AicUei. — Herr Dr. DeMüfpe, Arzt des Hos-
pitals zu Lausanne, hat in mehreren Fällen von
Bauchwassersucht in der durch die Function
entleerten serösen Feuchtigkeit »gerUmbaren JPVi-
senioffit gefunden, auch wenn dieselbe wenig
oder gar kein Albnmen enthielt. Ein gewisser
Grad entzündlicher Reizung scheint dem Ent-
stehen der Fibrins in den serösen Feuchtigkei-
ten als Ursache zum Grunde zu liegen. Der
Gegenstand bedarf noch sehr der genauen und
wiederholten Untersuchung. (Archives gen. de
Med. Juin 1842 p. 174 — 188).
r- llt —
Naamibhäen. Ein »neues, sicheres und ein- -
faches JUittel gegen profuse allen andern Büt-
teln widerstehende Episiaxis« glaubt Dr. Negrkr
zu Angers gefunden 2U haben. Es besteht da-
riuy dass der Kranke das blutende Nasenlodi
mit dem Zeigefinger der Hand (der anderen
Seite) zudrückt, während er den Arm (dersel-
ben Seite) rasch perpendiculär in die Höhe hebt. '
und ihn einige Minuten in dieser Lage erhält.
Blutet er aus beiden Oeffnungen, so erhebe er
beide Arme und ein Anderer halte ihm die
Nase zu. Die stärkste Haemorrhagia nariom
soll bei dieser Procedur fast auf der Stelle si-
stirt werden. Gleiches erfolgte auch bei starkem
Bluten einer Schnittwunde in die Oberlippe«
Herr Negrier versucht die Wirkung dieses Ver-
fahrens, das ihm wie er versichert niemais fehl-
schlug, so zu erklären, dass das Herz einen
viel grösseren Widerstand das Blut nach oben
zu treiben überwinden müsse, wenn die Arme
nach oben gehalten werden, als wenn sie sidi
in der ruhenden abhängigen Stellung befinden.
Fiat experimentum ! (S. Archives gen. d. Med.
Juin 1842. p. 168 — 173).
PJähma puhnotwm, lieber die Behandlung,
welche englische Aerzte bei der Phthisis an-
wenden, erfahren wir aus mehreren Berichten,
datfs Roborautia tonica die beliebtesten Mittel
sind. So sagt Herr Cowan (Arzt des Berkshire
Hospitals), dass er bei 53 Kranken hauptsäch-
lich Chinin, Eisen und Narcotica (sedatives) an-
gewendet j dabei aber auch Blutegel und Bla-
senpflaster applicirt und intercurrent mit Nutzen
Brechmittel gereicht hätte. (The Lancet 18 Juni
1S42. pag. 395).
113
Smmmariaeher Bericht
über
den in den letzten sechs Monaten des J. 1842.
herrschenden Oesondheitszostand, die Gebur-
ten nnd Todesfälle von Berlin.
MitpetheiU
ans den Acten der HufelandUchen med. chir.
Gesellschaft.
Slonai JuU bis December,
Der allgemeine Ueberblick über die im Jahre
1842 herrschend gewesenen Krankheiten ergicbi
die interessante Thatsaehe, dass, so wie die bei-
des halben Jahre sich streng und charakiori-
atisch durch die cigenthümliche Färbung und
Ivestaliung der Krankheitsconstitution wesentlich
TOB einander trennten, ebenso auch ein dauren-
des Beharren und eine scharfe Ausprägung
der in jedem halben Jahre vorherrschenden
Krankheiten sichtbar wurde, und sich das We-
sen derselben, wenn auch die Formen und Ge-
stalten noch so dunkel und versteckt lagen, sehr
leicht ermitteln Hess, wenn man den allgemein
gangbaren Genius morborum epidemicus fest zu
halten sich bestrebte. Aus den früher mitge-
theOten monatlichen Berichten, die bis Ende
Jnni reichen, haben wir gezeigt, dass terch-
sfihnittiich die rheumatische und katarrhalische
Constitution, sowohl einzeln als auch in gegen-
seitiger Verbindung, vorwaltend geherrscht, und
dass mit seltenen Ausnahmen die Grundlage der
meisten acuten Krankheiten 'lij^ch ^uf jenen Cba-
Joara« Bii XCY. St. i, 8
— lU —
rakter derselben beziehen Hess. Ja man konnte
sogar, bei den im Monat Jnli auftaachenden
gastrischen Erscheinungen^ wo meist ein Er-
kranken der Schleimhäute des Darmcanala sich
herausstellte, noch einige Zeit über die eigent-
liche Natur der Krankheiten in Zweifel sfin,
wenn nicht durch die anhaltende, durch ke{^w
ttegen gemilderte fast tropische WSHue, die
bis spät in den Herbst hifcieihreichte , dii$ttffll;1i
und Destimmt die gastrisch biliöse iSnindlage,
sowohl durch jene Ursache, als durch ihre ei-
genthümlichen Erscheinungen sich hätte nach-
weisen lassen. Diese so deutlich ausgeprägte ga-
strisch - biliöse Constitution, die titlf wenigen
Ausnahmen während der letzten sechs Monate
anhielt, erlitt nur durch die im Monat Novem-
ber eingetretene niedere Temperatur eine knrze
Unterbrechung, tauchte aber im December, wenn
auch in gelinderem Grade, wieder auf, und blieb
bis zum Schluss des Jahrs.
Im Monat JuH wurden plötzlich viele Kin-
der von Durchfall mit und ohne Erbrechen «r-
grifien, wozu sich gleich anfanglich oder auch
späterhin Husten hinzu/2;esellte. Das Erbrechen
hörte zwar gleich auf, jedoch die AusleeÜingon
■hielten oft, wenn sie nicht tödteten, fiele Tage
an, und Hessen nur dann günstige Erwartungen
aufkonunen, wenn die gewöhnlich weisslich-
gelbe Färbung derselben (wie Sahne) sieh fn
eine gelbliche oder gelbgrüne verwandelt hait^.
Die Kräfte der Kinder sanken dabei sehr rasch
und am meisten benachtheiligte jene Epidemie
sarte, schwächliche und an Atrophie leidende
Kinder. Wenn die Ausleerungen In Qnalltitt
und Quantität sich günstiger zeigten , so trat
Anorexia ein und die früher reine Zunge belegte
sich erst in diesem Stadium. Diese Affectlonen
des Darmcanals, die sich im Monat Anglist bis
nu einer noch selten gesehenen Flvquens siei-
— 11» —
gnteUf da me drei Yieriel aller Kinderkrank-
heüen faesien, ergriffen auch Erwachsene, denen
sia aber weniger geßihtlich wurden. Sie seig-
taa aieh bald als katarrhalische Diarrhöen mit
und ohne Erbrechen, bald aber als biliöse, und
späterhin am häufigsten als Diarrhoeae djsente-
rlcaa mit Tenesmns und blutigen Schleimabg&n-
Seil. Diese Terschiedenen Formen des Durch*
lila- traten so plötzlich und stfirmisch auf, und
erschöpften die KrSfte so bedeutend, dass man
auf augenblickliche Stillung derselben bedacht
sein muaste. Am meisten Besorgniss erregend
waren die su jener Zeit vielfach gesehenen Fälle
TOD Cholera aestiva, mit WadeqkrXmpfen, Urin-
Torhaltung, kalter Zunge und den charakteristi-
adien Ausscheidungen, welche jedoch, lY^nn
nicht arge Vernachlässigung vorhanden, stets
günstig endeten. Während unter den Kindera
die grösste Zahl der beobachteten Durchfälle
auf den Monat Juli kam , wurden dagegen bei
Erwachsenen dieselben am häufigsten im Au-
guat and September gesehen, und nicht selten
verschleppten sich diese bis in den October hin-*
ein. In diesem Monate waren die Ausleerungen
meiat von blutiger Beschaffenheit, und wurden
durch die grosse Masse des ausgeschiedenca
Blntes bei vielen tödtlich. Der Ausgang det
Da^chfiille wurde oft durch Hinzutreten von
Nachkrankheiten verzögert, wohin namentlich'
Aphthen, gastrische und typhöse Fieber und
Gastromalacia gehören.
..Aber auch wirkliche Ruhren mit Tenesmns,
Tormina ventris, blutig schleimigen Abgängen
und heftigem Fieber wurden zu jener Zeit un-
ter Kindern und Erwachsenen häufig gesehen.
Das Fieber hatte fast immer den rheumatisch
gastrisch-biliösen Charakter. Kinder litten durch
jene so heftige Krankheit weniger als Erwach-
t^ von denen viele schon in den ersten Ta-
8*
- IM -
gen ein Opfer worden. ' Dasä zu einer Zei^ wo
die gastrische Constitution eine so weite Aus-
dehnung erlangt hatte, auch viele andere Fof^
men derselben vorkamen, darf kaum erwMkii
werden. Man sah daher viele Gasiroaen, Coliken,
Icterus, gastrische und Wechselfieber« Seltaor
kam der Tjphus abdominalis zum Yorscheiii,
.als das eigentlich gastrisch -biliöse Fieber. Als
die gastrischen Krankheiten etwas nschliesseA,
wurden die Ausschläge häufiger, und nament-
lich nahm das Scharlach in dem letzten Monate
an In- und Extensität zu«' Es wurden viele
Erwachsene davon befallen, bei denen es iMU
lieh ablief. Was die sporadischen Krankheitsn
betrifft, die in den einzelnen Monaten mehr oder
minder verbreitet waren, so wird sich ans
nachfolgender Uebersicht das nähere Resultat
ergeben. '
JiUi, Rheumatismen und Katarrhe, Dnreh-
tälle der Kinder, gastrische Beschwerden, Brech-
durchfälle, wenig Masern, noch weniger Schar-
lach , einigemal Roseola. Viele Wechselfieber«
August, Sehr viele Durchfälle unter Kin-
dern, weniger unter Erwachsenen, gastrische
Fieber sehr oft mit Petechien, Cholera aestira«
Viele katarrhalische Augenleiden , besonders
Ophthalmia neonatorum. Wenig acute Ausschläge,
viele Sommerausschläge, die der Scabies ähn-
lich sind.
September* Viele Durchfalle unter Erwach-
senen besonders von blutiger Beschaffenheit,
Ruhren der Kinder und Erwachsenen, Brech-
rnhren, Koliken, Typhus abdominalis. Viele an-
giiiöse Beschwerden. Ausser Varicellen keine
Ani^schlagskrankheiten .
Ociober, Weniger Durchfälle aber mebr
- m —
RnliTen, gastrisch typhöse Fieber, Wechselfieber,
Erysipelss, Zahngeschwfire, Anginen und Aph-
(hen. Einigemsl Bronchitis. Einigemal Masern
und Scharlach.
iVoMmier. Gastrische Krankheiten treten mehr
in den Bintergmnd, mehr Katarrhe der Luft-
wege, Parotitiis, Bronchitis, Angina fancinm,
Haemoptoe.
lUliefm&sr. Hin und wieder DnrchfllUe. Sehr
viel Hasern und Scharlach. Viele gastrische
Affecäonen, Tjpfaus abdominalis. Im Gänsen
wenig Krankheiten. Die Phthisis tödtet rasch«
• t
Ea worden geboren: Knaben. MSdcheik
Toni 2* Jall bis 29. Juli 507 408
' 30. Juli bis 2. Sept. 593 583
3. Sept. bis W. Sept. 474 430
1. Oct. bis 28. Oet. 439 472
29. Oct. bis 2. Dec. 613 560
a Dec. bis 81. Dec. 535 445
3161 ^8~
Es starben:
vom 2. Juli bis 29. Juli 687
30. Juli bis 2. Sept. 1058
3. Sept. bis 30. Sept. 876
1. Oct. bis 28. Oct. 744
29. Oct. bis 2. Dec. 863
3. Dec. bis 31. Dec. 728
4956
Mehr geboren: 1093.
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AA Ficbei
.A> a«ELuiiseD)(4iwindnic]it .
- Ad in Halaicliwindsucbl
An der Vnterlpibtschwindtuvhl
An der Dannschwind nicht
An dn Blaienichwindiucbl .
Am Hydioi.
An Hydrops pvricardii , . .
Am Hydroiliorax . , . .
Ad AfT Windiuchl ....
An der LEberkrnnkheil . .
An der Qslbiuchl ....
Am Durchfall
Am Brechdurchfall ....
An der Ruhr
Arn BlutJlun
An Blutbrechen
Am Schlag und SUckfluis .
An der TrunkBocbl ....
An der BUuiucbt ....
An oiganiieben Fehlem . .
um Wahnsinn
An KaocliengeschtvUre . . •
Am Krelii '.
Am Brand
An der Gicht
.An Krankheit der ItrinHege .
An der Bücken mark idane
An ZellgctvebererhHnung
An Magen er weichung , . ,,
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An DiMnerwrinhiing . .
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Ab e»l>aniiutHrrTrrt)lmi.ng
.An TuUrifhwsngerscliBtl .
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■An -nicht bfD»nnleiiKr«iik-
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3S
Summa
12«!
1134
1298
13T3
4B56
C. W. Hufeland's
Journal
der
practischen
eilkunde^
Fortgesetzt
Dr. Fr. Busse,
Hb. Ptvuu. Meli. Ralh unil Uofmedicus, Rillet An
mkta A'llvt-Orilens •ierter KUsae unrl mehrerer !;eIehTl«Q
GciFlIichaften des lu - unil AtuUniteii MitgUede.
ßriMy Fretmd, itl aUe 7%eorie,
Ooeh grÜH de» listen« goldner Baum
GÖthe.
II. Stück. Februar.
Verlag vou Oektnigke'% Buchhaiidliinji;
(Juliub B(Ll9w.)
* -^
I '
I.
/
t
Feruere Aüttheilungen
^ über die '
endermatische
Anwendung des MercursL
Vom
Sanitätsrath Dr. v. Basedow.
Beharrende Ueberzeugtm^ vom prakti*
sehen Werthe des schon zweimal von mir
in Hufelands Jonmal anderweitiger Pro»*
fiing ubergebeüen endermatischen Verfahrea»
mit Mercur gegen bedrohliche Bnta^odmigflh'
sortinde der edelsten Organe bewegt mich
abermals zur Mittheilang vielleicht mehrsei-
tiges Interesse gewährender Falle, die, un-*
geachtet sie neben den Tr^ferii auch Nieten
mithalten,, dennoch dazu beitragen dürften,
mehr Vertrauen zu dem9elben-za erwecken
und die Aufmerksamkeit auf einige Indica-»
tion und Technik betreffende Punkte aui einiur
bessern Ermittelung derselben zu riobten, ab
Me von einem mit Stadt- und Land-Praius
Imhoh&ftigten Arzte s^u erreichen iat, dorn
~ 4 —
Hülfe zu umständlicher Beobachtung und
Journal -Führung, zur genauem eleganten
Untersuchung und Yergleichung so mancher
Krankheitserscheinungen und Producte abgeht,
welche bei Beobachtungen in klinischen Heil-
anstalten reichlich zu Diensten steht.
Wohl hat die Heilkräftigkeit der Inier-«
vention endermatisch bewirkter Mercur- Stirn- '
mung, betrachte man sie nun als die eines
morbus in jnorbo, in ihrer Opposition zu dem
Charakter derEmährungsflüssigkeiten des ent-^ ^
zündlichen Krankheitsproeesses , als Gebolfe
der kritischen Eliminations-Bestrebung^ anek
schon andere öffentliche Bekenner gefunden
und hat sie diess gewiss immer unbeschadet
der Achtung vor möglich sanfterer Lei-
tung. Läugnen lässt es sich auch nicht, dass
das Unzureichende des gewöhnlichen antiphlo-
gistischen Heilverfahrens, trotz aller Causal-
Berücksichtigung , trotz Beschränkung des
hyperämischen Äntheils, Anwendung aller
directern und indirectern Antiphlogistica und
Derivantia, trotz möglichst bester Ueberwa-
chung und Anregung der topischen und all-
gemenern Heilbestrebungen sich nicht selten
schon aus dem Anlaufe und ersten Verlaufe
des Falles mit Grund befürchten lassen und
nur noch allgemeiner dürfte die Ueberzeu-
gung zu theilen sein, dass der entzündungs-
widrige Heilapparat auch an hier in Rede
stehenden AUiirten eine kräftige Unterstützung
gewinne, dass dessen Arznei- und Heilwir-
kung eine ganz andere sei, als die des Ca-
lomels, welches oft nur oberflächlich und mo-
mentan ableitet, ohne Rücksicht die Kräfte
r -.-
I fo Kritnkheit mit dm Kriften;der-i
D ttebtingen bindet udd bricht». we eingerje-
' bener und inniger aagÜmlLTter Mercpr. 4ie
\H(urhüire erweckend, mit ihr- Hand ioHuid
l^eliend, oft noch die .verwi^dtirt^ .Ab%*-
Kii löst, nicht alltin durch Hemounff. am
£otzäoduDgslcbens , soDdao.raeli diin$ tf-
letchtemng der Hestib^on ojid der, dii^die
iEatzrindiiDg; schon bewirkten Oewelie- nii,d'
VnacCions -Störungen da* Organe.
DnBs man übrigens die Leutnann diiOr'
te$ Mittels nicht naeh ;4einen;:,EirfoWfq|,lMl
\«uro)ihlugo^en. bei Crpap, Eniceph«^ «b^
whstzeD möge, habe teh Mher lehota banefkt
■ad leider «spater keine Ursaeh gebäht. ander
rer Meinung zu werden; »■ k«auneilk . a|!tef •
ueh einicelne andere FAHe vor^ wo ifiMSl, jki
Beil Wirkungen des Mercors erwarten ia/^it
nd sie ilennoeh, gewöhnlich dann aber anch
die Arzneiwirklingen, ausbleiben. .Am .aller
wenigsten sollen gerade diese nnerw&hnt
Ueibea. denn, bevvtiBst der grossen Verant-
werüiehkeit bei Empfehlang eines so ernsten
Beiliititlels, -nin ich nach den früher zahl-
ifich gegebenen Bi weisen seiner Kräfte die
V^viesenen Schwachen nicht voientbaltßp und
in der Meinung stehen , es für nntriiglich zu
Ptmarifii vn d EndocardHU. Frit* Schvee-
dar, sechzehn J:ihi- alt, schlank, ein Bruder
■tarb an Phthisis tubercnlosa, erktitete sich
Mch Ballschlagen uni erkrankte mit Schmer-
1101 neben der rechten Brustwarze. Frost, Fie-
'~~:; «s war diess am nennten März 184(^
t
ZQ jener Zeit^ wo nach mehrwöehentlicheill
sehr kaltem trocknem Ost -Winde die rhea*
matischen EntzQndnngen colminirten.
10. Hät^. ZoKiehnng des Arztes, hef-*j
tiges Fieber, lebhafter brennender .Schmen
an gedachter Stelle in der Äasdehnang von
sechs Zoll Umfang, sie ffihlt sich heiss ati^
scheint etwas geschwollen und leicht geirS^ '
thet, verträgt nicht die Fingerspitze, hindert
die Bewegung des Rumpfs , das Äthmen der
Brostseite, auch die genauere AusCultation,
so dass nur die Aufhebung des Athemgeräa-
sches unter derselben wahrgenommen wird.
Puls klein, härtlich, 120, Haut heiss, trocken,
Urin spärlich und stark rosenroth anlegend.
' PleuriH» eostalis. Verordnung zwölf Blat^
ege\ ad locum affectum, Kalisaturation ntit
Yinttm stib. und Liq. ammon. acetiei, narko*
tisch besänftigende Eataplasmata auf die
schmerzhafte Stelle, um einer etwa entste**
hendeii Abscess- Bildung nicht entgegen 9sa
sein, welche ich in einem ganz ähnlichen
Falte (Gastwirth Koch zu Schkopau) sehr
gut zur Heilung verlaufen sah.
11. März. Viel Schweiss, seltenes durch
heftigen Schmerz unterdräcktes Hüsteln, zwel^
mal blutig zeichnendes seröses Sputum, stäte
Rückenlage, Athem schleunig bei jeder In-
spiration aufgehalten und so keuchend, Pols
130. Auscultation äusserst mühselig, nimmt
wahr: sehr lautes Resp. Geräusch unter der
rechten Clavicula, gänzliche Aufhebung des-
selben von der vierten Rippe an bis zum
Diairfiragma auch unter der rechten Scapidtt^
hier Jedodi Bespiratio tabaria und hartes Kni-
atem; bei dem flachen Athem wenig Reibung.
Die linlie Brueit scheint frei geblieben. Ye*
nisection von 16 Unzen ändert Athem und Puls
nicht; giebt helirotbes zu einer weichen Masse
fAne Abscheidung schnell gerinnendes Blut.
Neben der Saturation soll alle drei Stunden
ein Gran Calomel mit vier Gran Nitrum ge-
nommen werden. Klystier zur Oeflhung des
Leibes. Nochmals zwölf Blutegel nach dem
Aderlasse.
12. März. Die lebhaften Schmerzen ha-
ben sich nach der rechten Seite bis zur
Seäpula gezogen, der Harn ist auflkülend
hell und blass aber spärlich, im Uebrigea
Status idem. Zweite Yenäsection giebt däs-
sdbeBlut. Medicina eadem. Alle zwei Stunden
Einreibung der grauenlSalbe auf die Waden.
13. März. Bei unverändertem höchst be-
sorgt machendem Stande der Krankheit hat
sich ober der linken Yolar - Articulation eine
auch sehr schmerzhafte Periostitis rheamatica
eingefunden, die binnen kurzer Zeit Auftrei-
bung des Yorderarms nach sich zog, Puls
immer 130. Ein kleinerer Aderlass giebt
dasselbe Blut ohne Abscheidung. Die Kin-
reibungen und die Pulver werden nicht aus-
gesetzt, haben breiartfge charakteristische
Stähle bewirkt. Abends 10 Gran. Pulv. Dowei^i.
I
14. März. Zum ersteh Male war Schlaf
eingetreten, sonst aber keine Besserung, keine
Erieichterung der heftigen Schmerzen. Die
Haut ist bei starkem Schweisse sehr roth,
— 8 —
Dyspuoe sehr gross, Husten ganz ausgeblie«
ben. Bis auf A^ helle Tönen des Herzschla-
ges scheint die linke Brast immer noch frei,
dagegen mass auf der rechten Seite weg^n
verbreitet dumpfer Percossion, wegen der
starken Gurgel- und Rassel -Geräusche oiH
ter der Scapnia und Aegophonie zwischen
der fünften und achten Rippe , trotz nicht
vergrösserten Umfanges der Brust, eine reich«
liehe Ergiessung befürchtet werden. Nor
zwischen der zuerst afficirten Stelle und der
Clavicula war ein auffallend zu starkes Athem-
geräusch wahrzunehmen und hatte hier die
Percussion tympanitischen Ton. Verordnet
wurden Inf. herb. Digitatis, fernere Einrei-
bungen) grosses Yesicator.
15. März. Dem frühem Symptomencom-
plexe gesellt sich nur noch eine den linken
Testikel sehr rasch auftreibende, ebenfalls
sehr schmerzhafte Orchitis^ hinzu. Noch keine
Mercur - Symptome.
16. März. Status idem, die Periostitis
hat sich zertheilt. 17. März. Sehr heftige
Schmerzen in der linken Schulter, die durch
Druck in die Achselhöhle gesteigert werden^
Ohne vorhergegangene andere Alteration sind
die beiden Herztöne mit einem Maie in ein
langgezogenes Puffen zusammengesunken, der
Ans^ag ist verbreiteter, stark, Puls mar
noch kleiner. Grosse Angst.. 'Endocarditis.
Pleuritisches Reibungsgeräusch ist in der
linken Brustseite eingetreten. Orchitis zer-
theilt sich. Noch keine Mercursymptome. i
■ •
— 9 ~ .
19. Mära. Tod an Endocarditis. Die
Section bcnstiitigt diese jedoch nur in der
linken Hälfte des Herzens, Endocardium hier
dunkel kirschroth, verdickt, auffallend von
dem Massen fahlen Endocardium des rechten
Heraus und nach einem Einschnitte von der
fahlen Herzmuskelmasse abstechend. Diese
endocarditische nicht abzuwischende Röthe
verbreitete sich bis in den Arcus aortae, ein
fibröses Gerinnsel v^urde bis in die Art. bra-
chialis verfolgt, im Herzen selbst lag schwärz-
liches Blutgerinnsel. Die linke Pleura zeigt
vereinzelt stehend ei^sudative Yerklebung mit
der Lunge, die rechte Pleura ist schwammig,
vasculös, verdickt, Pleura costalis anterior
vereitert, äberall ist die Pleura mit sangui-
noientem zottigem eiterartigem Exsudate be-
deckt, die untere und mittlere Incisnr der
rechten Lunge sind dur^^h bedeutende Eiterr
depots auseinandergetrieben, die Lunge selbst
im Umfang dieses Depots vereitert, hepati-
sirt, namentlich ist sie letzteres an ihrer hin-
tern Fläche. Die Albuginea testis ist ver-
dickt, in der Scheidenhaut wenig röthliches
Wasser.
Bemerkungen.
Retrogresse des Rheumatismus nach den
Central -Organen sind alltäglich, geschehen
aber in der Regel mit Abnahme der primä-
ren Affection. Hier machte die rheumatische
JEtetaüadong excentrische Progresse ohne A)h
\
— 10 -^
I
nähme auf der frfiher eingenommenen Stelle
nnd Sprunge anf die entferntesten fibrüien
Gebilde.
Skoda^s Beobachtnng, dass bei Yermt»-
derung des Luftinhaltes der Lunge, vonüg^
lieh wenn letztere durch Exsudat in den on*
tern Theilen comprimirt und der obere Theil
auf ein kleineres Volumen redueirt ist, die-
ser dann bei der Percussion einen hellen
tympanitischen Ton giebt, wurde durch ,die
Section hier vollkommen bestätigt. Wahr-
scheinlich ist an der respirationsiahig geblie-
benen Stelle das Athemgeräusch immer so
stark pueril wie oben.
Blasser Harn, wie lange vor der An-
wendung der Digitalis hier gelassen wurde,
hat bei dergleichen Entzündungen immer
eine böse Bedeutung, eben so wohl auch die
von der in Entzündungen gewöhnlichen ab-
weichende Crasis des Blutes. Wie auch der
folgende Fall vermuthen lässt, seheint sie die
Zngänglichkeit für den Mercur, so auch den
günstigen Einfluss der Yenasectionen sehr
zu beschränken.
Die Section bestätigte die Endocarditis
nur in dec linken Hälfte des Herzens. Rheu-
matismus acutus hat doch immer einen recht
arteriellen Charakter. «Rheumatismus acutus
in der Continuität der Glieder ist wohl oft
geradezu Arteriitis und bei dem Rheumatis-
mus acutus articulorum spricht sich oft durch
das helle Tönen des kurzen Herzschlages
polarisehe Gegenreizung im Herzen aus, wenn
— ' n, -.
Di«ht ünmei-'fhldMeafifitfB Wt/gefg» fUL
[aoke straffe Cmstitatlnieii otngeä uA
M^weise zur rtteanutitNAen BWKfcdwtt
kiiL Uie tiictit dtgvgen hat ibehr vaiMw
TfatDT Qnd Beziebn«;«!, ikr J|»liMM Üb
pastosen, hamorilioitMltsdien' CSnstitationeB
SB, SO auch das entsprechende Lebensidter
oad macht sie jhfe BetropVMO mehr ' ab
cfarantsciie KatKüiidfmr. «hi dawrt^«- Tege-
Utionsdeflex, taeitr IM-4$m rechte HeA, ^
Bronchen, gewiss uAw eeH^ tqf die BlMnu
P^Hlonaetfis. Uoglcdch IVtt^r JMt
xiir EntWickelung der Anaeiwirkangeii ilm
»eiTurs gestattete dfe riieuaatiieh»Baiiidill»B-
mtzündan^, an vrekher 2a .^dMielben MafA
artt die sonst gesande aiebeo and drttaÜ#
■|H^EhefraH des St C. W. «ricranktA
Miil^clwunden , gaben dasselbe heltrotiie,
doe AbscheiduDg gerinnende, Blut. Cah>-
IhI BBt Opinna, die Inunctioncn, warmefi Bad,
Twäcatore, nichts hielt den höchst acuten
Terlaaf der Entzuildnng ant, welcheir man
Aer die Oberfliche der Bauchorgane hinweg
äta Hepatitis, Gastritis, Enteritis, Metritis nnl
(^fatitia ery^pelatosa bezeichnet sah. Sanfte
Vcnchiebimg der Bauchdecken liess das plen-
iWaehe Reibongsgeränsch hier fühlen. Der
IMMÜBrandsymptnmen trat schon nach Be-
MM dea vierten Tages ein und zeigte die
■Mtifm schwärzliche Streifen im Hesenteriü,
'■{AbMi aber aach nicht die kleinste Stdle
WlBiihfeUa, die nicht entEüadtich geröthet^
- 1« —
verdickt and vom Puerperal - Exsndat be-
deckt'gewesen wäre. Wie gross war, wie
viele Quadratschuh hatte wohl die Enteäii-
duDgsflSche ? Die meisten Handbäcber der
Anatomie geben diess nicht an.
Wenn nun diese Fälle, denen ich noch
eine eben so verlaufene septische Phlebitis
uterina puerperalis anreihen könnte, nicht
geeignet sind das Vertrauen auf die Yeni*-
sectionen zu erhöhen, die hier ganz indiflTerent
sich zu 'Verhalten schienen, so dürfen sie es
doch auch nicht mehr schwächen, als das
auf den übrigen hier in aller Ausdehnung in
Anwendung gesetzten Apparatus antiphlogi«*
sticus. Immer werden Ausnahmen die Rerel
bilden helfen und bescheidenes Einsehen der
>Schwächen in der Heilkunst muss vor anhal-
tendem Irregehen und Abwegen bewahren.
Langweilen würde ich dagegen, wollte ich
nur wie oben die Fälle. von Pleuritis, Pleuro-
pneumonie, Bronchitis mit Exsudation und
Hepatisation, von Endocarditis, Myelitis, He-
patitis und Phlebitis aufstellen, wo wiederum
die Rückbildung der Entzündung und ihrer
Producte gleichzeitig mit den die Durchdrin-
gung bezeichnenden Arzneisymptomen des
Mercurs begannen und, die schönsten Hei-
lungenvermittelnd, mit dem innigen Bewusst-
sein des Werthes der Heilkunst beglückten.
Ich versuche Auswahl der interessantem.
In den zuerst folgenden zwei Fällen hatte
das Blut jene sogenannte weisse, wie von
Jtfüch mit Blut gemischte Farbe und setzte
•endorf. Sie verlief hfichBt acnt mit
"aexsadat, Hepatisation der nntem Hlilfte
r Lanf^ea und Vergrösserung des Her-
, welches schon am vierten Tage rer-
H, erschätternd und mit Metallklingen
ilug. In der ersten Krankheitswoche
len sechs sehr starke Venäsectionen ge-
.t nod mehrmals stark geschröpft, dabei
It der Pgls immer Volle nnd Härte; der
Stib. in grossen Gaben musste aber
I am vierten Tage ausgesetzt werden,
er eine schmerzhafte Beizung des Duo-
und Iclenis nach sich gezogen hatte,
halb von da an nur Calomel und die Inun-
en. Hit den am siebenten Tage aaftre-
m Hercur- Symptomen begannen die
Jen- nnd Harn-Krisen, unterstützt durch
[alis, Vesicatore and breites Eiterband
' der linken Brustwarze brachten sie
rei Wochen eine dauernde Heilung zu
de, an welche der leichtsinnigste Prog-
ker nicht glauben konnte.
~ 14 —
bei Dniek sehr empfindliche höhere grosM
Geschwulst fühlbar. Schmerzen im halb
tauben rechten Oberschenkel, die^bei Dnreh-
jfiihlen und Bewegung nicht vermehrt wur^
den. Urin heiss, rosig anlegend, pedärftdss
aum lassen vermehrt. Blut weiss -röthlidi,
bei vier Yenäsectionen über einen sehr klei-
nen Cruor enorme Massen Plasma ahflCtBend.
Gleich anfangs wurden neben den Ader-
lässen Calomel in kleinen Gaben, Oleum Bidni
nnd die Inunctionen des Mercurs, am vierten
Tage noch zwanzig Blutegel ad locum affeefaui
verordnet. Am fünften Tage trat mit den
Zeichen der Mercurstimmung die vor zwÜf
Tagen unterdrückte Menstruation ohne be-
fSrchtete Verschlimmerung der Entzündang,
wohl aber bei einer aufblenden Vergrosse-
rnng des Tumors und Abnahme seinei: Em-
pfindlichkeit ein, welche letztere Erscheinung
ich auch bei Typhlitis, auf Endosmose und
Exsudation deutend, beobachtete und für
Symptom der Verschlimmerung der Entstun-
dung nicht halten möchte. Von hier an er-
folgte während eines vierzehntagigen Ptya-
lismus die Resorption der Geschwulst und
sind dem nach Linderung der Mundbeschwer-
den zur Erholung ihren Eltern übergebenen
Mädchen in den folgenden acht Tagen vier
drosselei grosse feinhäutige durcbsichtiffc
Wasserblasen per vaginam abgegangen, die
wohl der in die Entzündungssphäre gezoge-
nen Tuba angehörten. Erst hiedurch erlangte
ich völlige Gewissheit, eine Typhlitis nicht
mit Oophoritis verwechselt zu haben, wozu,
da Symptome des Ileus anfänglich nicht fehl-
- 15 —
taB. die der erhöhten Sensibilität der Sexoa-
Ki and dem Consense bei Oophoritis ange*
Urigen aber nicht ausgeprägt waren, genug
Gelegenheit gegeben war.
Memimgomyelifi» dor^ualis bei der sieb-
zehn jfihrigen Johanne Schmidt in Wäste-
aeatzachütz (Feh. 1841) erworben durch jähe
Erkiltnnc nach Tanz, charakterisirt durch
iusaerst neftige Schmerzen im Ruckgrat und
tai Schenkelo, tetauische Erstarrung der
letztem, steife Rückenlage, difficile Sprache,
Dyspnoea spuria, beuchst frequenten ungiei-
dTen Puls und Herzschlag bei erkannter In-
tegrität der Rrustorgane, Zittern der Arme
ind Hände, heftiges Sehnenhüpfen (so^ar
an Hafase'nnd im Gesicht), Irrereden. EUne
Venäsection von sechzehn Unc, starkes
Sehröpfen des Rückens gleichzeitig die Inunc-
tion der grauen Salbe abwechselnd an den
Waden und auf den Rücken wurden verord-
net. Mercur- Wirkung bei Beginn des drit-
ten Tages und von hier ab eine überra-
schend schnelle Heilung ohne hinterbliebene
Schwächen.
PleurUis diaphragnmiica rhefimaiica bei
der sieben und dreissig jährigen Frau #r*a/-
hreeht in Mitzau mit sehr scIuiuTzhafter
Athembeklemüiung in vier Tagen trotz zwei
cemachter Venäsectionen und reichlichen
Schröpfens auf die Lunge übergleitend und
iamier höher in der rechten Brustseitc pleu-
ritiaches Reibungsgeräusch und Knistern ent-
wickelnd. Infusum rad. Ipecacuanhae mit \i-
trum und Liq. ammon. acetici, eben so auch das
~ 16 ^
Calomel schlagen durch nnd bei grosser
freqaenz, fliessenden 8ch weissen, trockener
Znnge und Flechsenspringen entwickelt sidi
der nervöse Charakter. Dieserhalb von jetxt
an nur Inunctionen, darauf schon nach zwei
Tagen, mithin am sechsten Tage der Krank-
heit, starke Mundaffection , Salivation ood
Menstruation vorzeitig eintretend^ Die Re-
convalescenz zögerte in keiner Richtung,
am vier und zwanzigsten Mai 1840 fflhrte
aber die schon^ mehrere Tafi;e ganz fieberfreie
Reconvalescentin grosse Kmgen über Mund-
beschwerden und Geschwüre, erhielt Lapis
infernalis 3 gr. auf 1 Unze Wasser zum Aus-
spählen des Mundes und ein Collyrinm voa
Oleum Terebinthinae mit 6i. arab.. Aqua mentfa«
nnd Acetum vini abwechselnd anzuwenden,
wodurch hier nicht allein die Mercurialge-
schwüre schnell zur Heilung gestimmt, son-
dern auch die Salivation jäh unterdrückt
wurden.
Am sechs und zwanzigsten Mai von
neuem Erkrankung mit Frost, Fieber, Schmer-
zen im Schosse und in den äusseren Geburts-
theilen, starker Geschwulst der Schamlippen,
brandigen JPtecken im Scheideneingange nach
dem Berichte des beaufsichtigenden Wund-
arztes. Am folgenden Tage überzeugte ich
mich selbst von der Gegenwart eines diiilA
hitziges Oedem |die Genitalia externa enorm
aufschwellenden, sich bis hoch in die Vagina
hinaufziehenden, auf der Sdileimhaut der
letztem bleigraue Exsudat-Flecke zeigenden,
mit heftigem Tenesmus des Recti, der Vagina
und des Blasenbalses, aber auch mit grossem
I, von der allein ein günstiger Ans-
xn ^wu-len war. Injectiones von Aq.
mit OJeam hyoscyami and Extractam
ij. wftrme besänftigende Kataplamata.
.■ acht und zwanzigsten Mai erhielt ich
ieht von fortschreitender Verschlimme-
die Schmerzen noIUen sich bis zam
hinauf ziehen, Belastung des Unter-
lehr schmerzhaft, Hände und Füsse bei
titen heftigen Fieber abwechselnd kalt
e Delirien nur durch heftige periodische
artige Sehmerzen unterbrochen sein.
m neun and zwanzigsten Mai C&ohei
^pfchen) folgende Nachricht. »Ew.
cbidLe ich hiebei den ganzen dsrcfa
d nach vorhergegangenem schmerzhaf-
'reasen abgegangenen Uterus mit einem
e der Vagina. Seit diesem Vorfall ba-
■ieh die 8ehmfer7>en etwas beruhigt,
ist die Geschwulst etwas vermindert,
Pieber mäB8ige£, die Kranke_ist mit
— 18 ~
üxfiudatgebilde, ganz von GröMe und Foitt
des Uterus, welches seihst einen zaserig en-
denden Scneidenanhang and feine Blntstraif-
ßben zeigte, die wie Aderon^en von dem
mfitterlichen Gewebe auf dasselbe flbergelril-
det waren. Glücklicherweise hatte eich hier
mit, und wurde diess noch mehr .durch eine
lochienartige M edorrhoö, die metastatische Ent-
zündung beruhigt, es war nur noch nöthig
die Kräfte durch China «Decocte zq anter-
stützen, worauf sich vollkommene Gesundheit
nach sechs Wochen auch die M enstmation una
eine Schwangerschaft bald darauf sich ein-
stellten, die durch eine normale Gebart und
leichtes Wochenlager beendigt worden ist
Bemerkungen.
Bei saftigen venösen Constitutionen, vor-
züglich aber dei den mit Menstruis umge-
henden Frauen dringt nach meinen Beobach-
tungen der Mercur sehr schnell in die Bhit-
mischung, entwickelt hier leicht zu starke
Salivation, ein Umstand, der bei dem Ge-
brauche der Inunction wohl Berücksichtigong
verdient.
Diese acute Metritis mucosa, in ihrer
Ausbildung sehr wahrscheinlich auch durch
die nach Menstruation hier noch bestandene
örtliche Hyperaemie begünstigt, wurde durch
Metastase der mercuriellen Parotitis und Sto-
matitis aufgestellt, ein Vorgang, zu welchem
— 19 —
»
der Weg darch die so vielseitigen Sympfr-
tUeen im normalen und kranken Lebensver-
Wlniiiiie der Sexual- und Hals -Organe so
Etahnt isl *). Ganz dieselbe Metastase, die
ir eine . so auffallende Episode bei schon
weit vorgeschritlener Reconvalescenz machte,
kabe ich in zwei Fällen bei epidemischer
Parotitis, als acute Medorrho^, bei einem
Mrei und einem sechs jährigen Mädchen ge-
■dtea, bei denen freilich noch alle Sympal
ttieen dieser. Organe schliimmem^
• ■ • • • >
Das Product dieser metastätisehen Ent«^
ilsdang, jene massive Decidua steht mit den
Kohrplasmen, den Pseudo-Darmstilcken, die
■ach Enteritis mucosa abgegangen sind, mit
den Croup -Röhren in einer Kategorie. Ich
erinnere mich, dass bei einer Versammlting
der Leipziger ärztlichen Gesellschaft Herr
Professor Carus in einer sehr interessanten
Relation von einer nach Ober -Italien ge-
Ottchten Heise auch eines mit der Vagina
Abgegangenen Uterus erwähnte, der in (lern
pathoi. anatom. Cabinet des groHsen Mayiän«
der Krankenhauses aufbewahrt und von vie-
len Beschauern für den wirkliehen Uterus
gehalten wird. Nach der Pariser Gazette
■^dicale 1842 No. 9. zeigte anchMsr. Bewa
ier Academie medicale das Collum uteri und
einen Theil der Vagina vor, welche bei ei-
*) Zu ilciicii or^tcrer Art möchte ich auch
4at Arbeiten der Stimme bei den Actlonon des
Ccbartfliebens rechnen, welches für die verschie-
4cDcn Perioden und auch für kranke Zustände
^Mwlben so bezeichnend ist.
2*
}
— «0 —
Her UntersQchiHig' durch einen- El^vekitene
einer Fraa entnommen waren, die nach Lm«
korrhoe an Haemorrhagie and während 4tt
ReconvalescenK hievon an EndocardiCiB rfaeo-
matica gelitten hatte. Wie täasohendwerdeä
^ber in ihren Originalformen solche Gebilde
gegossen!
j • ■ ■
» • Da die von mir zur Bändigung derMhnd-
beschwerden gebrauchten AlitteL die Solution
des Lapis infemalis und des Collyriom mit
Oleum terebinthinae , bisher immer nur die
Stomatitis, die schmerzhaften lUcera heilten,
ohne dnss dadurch die Salivation eine so jähe
Unterbrechung erfuhr; so habe ich mich durch
diess einzeln stehende. Ereigniss auch in spä-
tem Fällen von ihrer Anwendung nicht aln
halten lassen, so noch kürzlich in zwei ähn-
lichen Fällen (Fr. Nohle von hier neunzehn
Jahr alt. Pleuritis lat. dext mit starker Exsu-
dation, Menstruation nach der zweiten Ve-
näsection am fünften Tage. — Frau GetMck
in Frankleben, vernachlässigte Bronchitis ner-
vosa mit Hepatisation beider Lungen bis auf
die oberen Lappen, beides Genesungen aus
einem, vorzüglich im letzten Falle fast hoff-
nungslosen entzündlichen Lungen -embarras,
bei denen man nur bedauert, dass sie nicht
getheilterer Beobachtung zur Schau ffesteHt
waren), ohne danach- Unterbrechung der Sa-
livation und des in Urinniederschlägen und
legitimen reichlichen Sputis immer thätig blei-
liexiileii Eliminations-Processes zu erfahren.
Orosse Gaben von Jod scheue ich, kleinere
haben mir unwirksam geschienen. Fortee-
setzte fleissige Pflege der Zähne and des
Xilmflcüiclies, EotfernuDg der 8peichel&ediT
■eote mit Schwammbüräteii, läager fortfe-
•Mstes Betupfen des Zahofleisclies mit So-
Irüo ar^cnti oitrici, später mit Essentia myr-.
ilwe und dergleichen ist aber nach solchen
Caren nicht ^enag zu einpfehleti , es koiniut
MDSt vor, dass dem Arxte trotz, ^elungeostcr
LebeoBretlung von solchen.; Genesenen den-
iiwcb wieder ein bös MAolchen zur Ver^ltuns
«nacht wird und Wehe ihm! kömmt die*
SMcfae etwa vor das Forum gewisser Lä-
MecznageiL
» PtrilonaeittB ]H«iea.< Der Gymnasiast
TcMAcAer erkrankte am 4. August a. p. nacii '
yrtateln mit Leib^^obmerKen, Uehelkeit. Kopf-
iveb, Kuugenbelag. Der hinzugezogene Me-
'ÜOD-diirnrg gab Emeticum und wurden
■adl hierauf deutlicher auf die rechte Regio
'fliflca lind lumbalis concentrirten Schmerzen
•nd schmerzhafter Behinderung der Sehen-
kribewegung, zwei kleine örtliche Entziehun-
£;d durch Egel. Kataplasmatä, innerlich Ca-
nel und auch die Einreibung der grauen
iJfoUte angewetidet. Ich wurde erst am 13.
Htage angezogen, als sich die aus ihren nR'
rSeglichen symphntischen Erscheinungen, ans
KVra »ehr heftigen auf den Crural-Nerv re-
Pleetirlen Schmeraen, aus der diffusen Fülle,
.ftralheit und Schracrzbaftigkeit der rechten
iftavchsdle und der rechten llegio lumbalis
■ ab Peritonaeitia psoica spezieller zu unter-
•cbeidende Psoitis auf grösster Höhe befand,
}titenmg bedrobote nnd dfiriAiir,iiBÜfM,418<^
— «2 —
dräcklich genug angewandte bisherige Heil-«
apparat mit weniger passenden «pedflcis
eontra rheamatismam und HSmorrhoidalptd*
vern vertauscht war. Alles kam hier darauf
an, die Resorption der so profuse aof der
Lumbar - Ausbreitung des Bnchfeüs gebilde-
ten Exsudationen zu erzwingen, die Eite-
rung zu verbäten , die im günstigsten Falle
ein langwieriges Siechthum nach sich ziehen
mitßste.
Es gelang diess völlig und bald naoh
einem nochmaligen starken Schröpfen durch
beharrliche Anwendung des Mercurs in sd-
tenen innern Gaben und in Einreibungen bis
JBur Auflockerung des Zahnfleisches, wonach
durch grosse Yesicatore und Digitalis die Re-
sorption wohl zweckmässig unterstützt wnrde.
Die von dem Plexus lumbalis durch den
Nervus cutaneus femoris anterior auf den
Obersehenkel *) reflectirten sehr heftigen nen^
ralgischen Schmerzen wurden durch Opiat-«
Klystiere und endermatische Anwendung des
Morphiums nicht gelindert, sie schwanden
*) Darf ich bei dieser Gelogenhcii wohl
fragen, ob jene nach Entbindungen mehrmals
Ton mir beobachtete, früher oder gleichseitig
von Rombers beschriebene Druck - Neuralgie
des Nervus ischiadicus (vidc Casper's Wochen-
schrift für die gesammie Heilkunde 1838 N. 39.
pag. .636). nicht abermals angeiroflcn, noch nicht
iricder mit der, nach meiner Erfahrung die hef-
tigen Schmerzen alsobald bernhigehden,' Ein-
wickelung des Unterschenkels und mit welchem
Eirfölge dann, behandelt woi^den ittP
ii der Voileadunff der Resoppttoil'vil
loch längerer Zeit Hant Auaesttnii»
TjfphHHM. Johanne» Vhde in EriegvtUt,
Beten Jahr alt, erkrankte am 10. IVovciih
liT a. p. mit Schwindel, Kopfweh, aadrciifc
Brt>rechcn. starkem gelblichem ZuDgenkM^W
Oirf Fieber, welches iaimer in den Vorodt»
lagsatuoden remittirte. Von Zeit zn .ÄIM,
InUen Colikschmerxen ein, nur am Erltnai^'
luoj^sUg-e war eine schleimig verddDi^
LdbeadllnaDg erfolgt. Am 13, Nove^riMT
ÜBWicezogen fand ich den Bauch geepaijHIl^
tm^ MJss, eine verdächtige in der negt*
fliaea dextra fixirte Empfindlichkeit bei nt^
inidL, der Urin spärlich, dunkelnd, häuf^es
Bedfirfniaa xum Lassen, Dnrat gross, Eunt
fBBCht, Pols 100 etwas bärtlich, der Zon-
Kbelag an den Händern sich auflockernd,
_ifwen, auch nach mehrmals anf erhaMene'
Uetoe Gaben der Ipecacuanha mit Magnesia
eartionica erfolgtem Erbrechen ganz ver-
lAwtnden, Stimmung nnd Blick des Kran-
fen, der aath in der Nacht geschlafen b'att«^
Da eine Besprechang mit dem behan-
ddiden Arxte Herrn Dr. Teichmann inLaiiett-
stfdt nicht beachalirt worden und ich eine
Aeat örtliche entzündliche lieber-
Ninwt bei diesem IntestinuUCatarrhe nicht
larfefciicl
ihtigt lassen konnte, so wurden
dureb Egel, BefÖr-
- __ 84 — - ■
I
derang der Nachblutung durch Kataplasmata,
innerlich Infusum der Ipecacnanha mit Sal*
miac verordnet und erhielt ich am 14. No-
vember sehr günstige Nachrichten, nur soll-
ten von Zeit zu Zeit sich immer nochKolik-
schmerzßn einstellen.
15. November. Bei einem drin^nd ver-
langten Besuche des Kranken fand ich : feste
Bchmerzhafte Spannung des Bauches, Coeeal-
Gegend vorzugsweise bei Fingerdruek em-
pfindlich, Leibesöffnung noch nicht, mdurmals
wieder Erbrechen erfolgt, im Uebri^en aber
Status idem. Venaesection von unc. ImL Blat
insuliarisch crosta phlogistica zeigend. . IVjir-
mes Bad, Calomel alle zwei Stunden- drei-
vij0rtel Gran, Oleum ricini zur Yermitteiiiiig
von Leibesöffnung.
16. November. Der Leib ist im AIIm-
meinen abgespannter und besser durchznrah-
len, Coec^- Gegend bei leisem Druck sehr
schmerzhaft, eine unten rundlich begr&nxte
hühnereigrosse Geschwulst ist daselbst deut-
lich zu fühlen, die Schenkelanziehung ge-
schieht ohne Sehmerz. Grünliche stinkende
Ausleerungen sind drei mal erfolgt. Im
Uebrigen status idem. Verordnung neoB
Egel ad loc. affectum, darauf ein warmes
Bad, Calomel nur ein drittel Gran, Inunctio-
nen auf die Waden alle drei Stunden.
17. November. Durch schmerzhafte Span-
nung des ganzen Bauchs ist sogar die Be-
wegung des Rumpfs behindert, Colikschmer-
^n kommen häufiger, die Qeschwulst vor*
■■..-.. N
^■^ nicht den lersen Onick des Fing;ers,
H|v I'^b trommelt, das Fieber reinittirt im'
■er noch entschieden. Zweite Veiiaesection '
Toti uor.. sechs zeigt auf dem tonnenförmi-
senCfuur eine sehr dicke Crusta phlogistica,
CalomeJ wird wegen zu häufiger chamkteri-"
stiftcber Stühle ganz ausgesetzt. Emulsion,
Einreibungen alle zwei Stunden.
18. November. Die Geschwulst ist brci-^
(er, *n den Rändern jedoch ungleich weniger
mpfindlich, der Bauch abgespannter, nicht
npfindlich. die Haut anhaltend feucht, P^
98t entwickelt und quälen nicht eben die
periodischen Colikschmerzen. . so zeigt sich
inner noch Stimmung und Physiognomie des '
(Banken sehr bernhigend. 5 Röthelfleckea
sind zwischen Kinn und Unterlippe , eine
fneselarlige Hydrargyria mit Erythem ist im
Nacken ausgebrochen , speciüscher Mundge-
mch fehlt, da die Bauchsalivation immer noch
I angeregt ist. 0er Urin hat pftrsichblüthe-
■n Sediment.
19. November. Abende böse Nacbrich-
Ics Ton grosser Unruhe, Hinfälligkeit, sehr
TWBtftrktem Fieber , wtedernm verbreiteter
ud schmerzhafter Spannung des ganzen
Iteibe«, häufiges Aufstossen.
20. November. Die gestrige beunrnhi-
^ le Verschlimmerung war theilweise durch
'ei reichliche, in loco affecto wahrschein-
verhallene. itlercurial- Stühle verursacht,
itfto.feiwriulfte Beaction wohl die des
< Hemaifl- Eiogriffes. Hy-
k
— «« —
drargyria ist. dqd auch auf dem Krens stark
ausgebrochen, die Zange ist dick, hat'eiaen
neuen didien grauen Belag, in der Mitte eins
iU>ge8chilte empfindliche dunkelrothe Stelle,
das Zahnfleisch hat lilafarbene llöthiuig, ist
an den Hundszähnen abgelockert. Die 6e^
schwulst ist ganz unschmerzhaft, der Leib
ganz weich, der Puls auf 90 gesuakea and
weich. Es sollen täglich nur noch 2 Einrei-
bungen auf die Geschwulst selbst etoaeht
und zweimal Pulv. Do wert gr. jj[j. mit Mag*
nesia alba zur Beschränkung der mereurid-
len Darmreizung gegeben werden.
■
21. November. Die ganz schmerzlose
Geschwulst ist sehr verkleinert, viel platter,
' übriges Befinden erwünscht, Urin reichlicher,
heller, Stühle natürlicher, Appetit ist reee
und das Fieber fast ganz beruhigt. Jc^e
Arzenei wird ausgesetzt.
29. Von einer Anschwellung ist
Spur mehr zu fühlen, der Knabe wieder
ganz gesund und von allen weitern Mercu-
rialbeschwerden frei geblieben.
Bemerkungen.
Vertrauend auf die kräftige Unterstpz-
znng, welche die Behandlung dieser immer
langsamer verlaufendenDarmentzündung durck
die Einreibungen erhielt, hatte ich diese«
Fall schon am sechszehnten November an
nntebendea itDgeschlossen , als die bösen
VMbricbtcn vom oeunzehoten November rd
afteriiaod beunruhigenden Betrachtungen ilber
Ctwt veritannten Charakter der Geschwulst
VcnaUwuag: gaben. Iiitussusceptionen kom-
WD gerade am C'oecum häufiger vor, £r-
Inche* hatte im Beginn und Verlauf nicht
nfeUt ond nach einer während der ersten ,
Beschwerden erfolgten LeihesöfTuung war,
bei Bnichetaklemmangen , V'erhaltuDguud
" iclier Colikscbmerz eingetreten. Eine
linschlingiing, bei welcher imiuer nur
Uebe blutig gezeichnete Schleimparthieeu
ib^bcn, konnte aber einen so reichlichen
Dwcbgftng der Calomel - Stuhlgänge nicht
MWlÜireD und fehlen auch jene in zwei Fiil>i-
n von Intussusception bei Kindern *) von
■ir eRD7. entschieden wahrgenommener Er-
wVKnnng der Darmwurst im Nachlasse, die
Irhjirlang derselben während der periodischen
Dimrwehen, die tetanische Rückwärtsbaugung
ia Rumpfs während derselben, Symptome
kd IntnssusceptioDcn. die wohl öfter vorkom-
■eu inöcbteo, als es die Mittheilungen sal-
dier Fälle bezeugen und auf welche in wie-
vorkommenden Fällen aufmerksam so
ich bescheidentlichst bitte. ■—,
»> Vid. in SUhoid's Journal lur Geburtn-'
f IcilkaBde, Francn- und Kinderbrankheilcn RH.
[ TU. Stück -2. Seile 497. die nähere BcscbrM-
j dieser Falle, von denen der erste lödtlich,
' andere ^lücklicherwciae nach Anwendung
r gm>Mer kalter Klysticrc und gleicbzciliKcr
lHdi|HllatitH> der Geacbwuht zur Heilung ver-
- «8 —
Eine Degeneration der Drasen am Coe^
cam am Processus .vermiformis bei dem scnn
pholösen Knaben konnte ja auch schon Üb-
i;er Statt gefunden haben, Ulceration, Psr-
öration oder Abscessbildung und Ewoas ia
dem Bauchfelisacke, die in wenigen Standen
den Tod nach sich rJehen mussten, eingetre*
ten sein. Das Befinden des Kranken am
folgenden Morgen bpschwichiigte aber! alk
diese Zweifel und sicherte das Aufblühen der
Hydrargyria "") schon sehr den fernem gfiii-
stigen Verlauf*
Auch hier habe ich, eben so wie firfiher,
trotz aufmerksamer Revision der Ab^inM
nichts bemerkt, was auf eine mechaniscie
*) Diese Bliithc durchgedrungener Mercur-
stimiziung zeigt sich sehr oft nach grossen Cla*
ben Calomel, wenn sie die Diarrhoe bei Febrit
gastrica mucosa sistiren , auch nach den Einrei-
bungen, die ich« wie Grosshekn^ bis zur nur ge-
linden Mundaffection drei mal täglich auf den
Unterleib machen lasse und in der Regel da-
durch einen milden Verlauf gewinne. Sie hat
allerdings in ihrem Erscheinen nichts Bestihi-
diges, zeigt sich auf den Wangen gern als grttt*
serc der Roseola ähnliche oft sechs Pfennig
Stück grosse nicht juckende Flecken, als klei-
nere ähnliche am Kinn, im Nacken und am Halse
in der Regel als geflecktes Erythem mit Friesel;
auf dem Kreuz dagegen gern einer vereinselt
stehenden grössern Eruption, dem EcthyoM
vulgare ähnlich, wogegen ich die eccematische
Form immer nur an den Stellen der Einreibung
als primäre Hauireaction bei Fieberkranken wahr-
genommen habe.
— 29 —
Yentopfuog d^s Coecum und derartige Be-
rdnng der Krankheit hingedeutet hätte, '
von andern, vürzüglich den eDglischen,
Aaltren »o oft Aufgefunden ist, und darf im-
acr aoch derMeiuung sein, dass ein solcher
Beftmd ofi mehr Folge der hier sistirenden
DwiBbehinderuDg als Ursach der Entzäadfing
•et, dass die Typhlitis in der Hegel hämor-r
A«idari^cher rheumatischer Natur sei, denn '
I» letzterer Erkrankung neigt das Coeeoia
■chAn, M-eil es so muscnlös and s. v. '(t.<M
■ribstständig ist, ■ ■.-•■•il
Sei einem funfzi^ährigeii Hamorrheida-
Km, Herrn J. C. Gr. (September 1840) be-
•mm» eine Typhlitis mit sehr heftigem Ileus,
fitfaf aber nach dessen Beseitigung um so
In nicht geringe Verlegenheit setzte
idi der Diagnose der folgende Uüi-
Erste Empfindung bei Erkrankung
eJQ flüchtiger Stich vom Nabel nach der
Berzrrobe ziehend gewesen, dem sogleich
Ifeb^eit, dann Erbrechen, ohnmachtähnliche
Bdiwiche , später hartnackige Verstopfung
wd Schmerzen in der rechten Bauchseite
M|;tea, wo eine faustgrosse länglich runde
WKbwutst deutlich zu fühlen war. Dicht
tAen, etwas nach rechts über dem JVabel
Urtdeckte ich nm dritten Tage der Behand-
im^ eine runde, knopfförmige, einen Zoll im
'BBrchmesser haltende, wenig schiebliche, wie
fMidt auf der linea alba ^st sitzende, ela-
Wtoche, bei festerem Anfasse» auch Uebel-
lefU^efühle erregende Geschwulst unter der
"" 1, die der Kranke früher nie bemerkt ha-
woUte. Sie nntersclüed sieb vor der
Hand von einem eingeklemmten Brache dnrok-
ans nicht Ein solcher erklärte, angenonuMi
ei Tvar ein Stack ans der Wandung des
Cofon transversnm eingeklemmt, die pldtxliohft
Erkrankung, die primären Empfindungen, aUe
Symptome und lietss die Geschwulst in der
rechten Seite für Anhäufung im Colon aaoeiH'
dens halten. Geh. Ratb Kmkenherg deshalb
zugezogen erklärte diese Geschwulst Jedoch
entschiedener für eine jener auf der linea
alba öfters vorkoomienden isolirten Fettbü-
düngen; ihr ferneres Verhalten bestätig
diess und die bisherige Behandlung mit wie-
derholten reichlichen Yenäsectionen, örtlichen
Entziehungen durch Egel ad loc. affecL und
ad anum, mit zwei gränigen Calomel-Oabeni
(Neum ricini, Einreibungen, Eisblasen, auf die
Geschwulst und intercurrent gegebenen Eis-'
piUen, welche vorzugsweise die Darmbewe-
S'ung anregten, wurde bis zur Bekämpfung
er Entzündung und Obstipation ^ficklkh
durchgeführt. Ein merkwürdig staraes Se«
dimentiren des früher ganz feurigen sparsa-
men Harns trat erst nach Blnndaffection und
von da an eine immer fortschreitende Resor-
ption der Geschwulst ein. Eine Zeit lang
fand sich ans den immer flüssig gehaltenen
Stuhlgängen ein feines sammetschwarzes sei-
ner grossen specifischeu Schwere wegen
leicht auszuspühlendes Pulver in dem Ge-
schirre sedimentirt. Herr Apotheker Hahn
untersuchte und erkannte es für reines Queck-
silberoxydul. Noch einmal Hess mich bei dem
Reconvalescenten eine schon früher beschrie-
bene Sequele des hier gebrauchten Heilmit-
tels an seine grosse specifische Schwere den-
■ WBKm'
, «r litt nämlich eine Zeit lang' an jtonem
»riellen, mit hitzii^em Oedein der Unter-
ikd über dfu Maileolis anfangenden, aof
indlirhe Affection der Gefässe deutendeD
■niMfin- nnd Wadenüchmeric, der eret .
n beginnt, wenn die Keconvalescentea das .
t verUssen, und sich von dem kalten
%'piaaerztosen Oedeni der aus schweren er-
iathöpfcnden Krankheiten Recou^'alescirenden
' 1 unterscheidet.
Anhang.
Dass bei Hepatitis der früher so sebr in
Iflf cestaodene Af ercor mehrentheils entbehrt
wttwn kann, bat bereits genu^ Aatoritäteo
Gir Bicb. um so mehr muss ich aber den Mer-
fftfiaaDctionen bei jenen chronischen mit Hy-
,fllirephie des Organs, Cardialgia, Dyspepsie,
JÄniifening nnd cblorotischer nicht icteri-
«iKr Dyskrasie verbundenen Lebersiechthu-
■erB das Wort führen, das heisst, wena
Bveh ein gewisser Fond von Kräften and
Jta^ostische Sicherheit vor Verwechslung
■it Fangen und Tuberkelsucht gegeben ist.
Das Heilobject ist freilich hier ein gan»
als in Entzündungen, hier die ge-
Reproduction, armseliges, dünnflüs-
schwach animirtes zn kalten serösea
ID gereinigtes Blut, dort das bildsame
' geschwängerte Blut und die Er-
eines überwuchernden organi-
~ 3« —
Es ist aber schon Eingangs bemerkt,
wie verschieden sich die Heilwirkangen des
Mercars betrachten liassen; hier genflgen
aach nicht die Zeichen der Darchdringinig
ond ist vielmehr, wenn etwas gewonnen
werden soll, eine vollständige fieberhafte
Evolution der Salivation erforderlich.
'• Zorn Verstehen der Heiloperation . bei
den unten gegebenen Fällen könnte man
sich wohl auf die restructive Natur manche
Fieber stützen , nicht ganz kann dabei aber
übersehen werden^ dass dem Mercur vorzugs-
weise auf die Leber eine specifische Wirkung
gegeben ist, dass Nervenapparate, Functio-
nen und Organe in ihren chronischen Ver-
stimmungen oft noch eines arzeneilichen pri-
mär kränkenden Anstosses bedürfen, um
ihren abnormen Zustand besser fühlen und
darüber reflectiren j&u lassen, dass es davon
auch wohl keine günstigere Zeit geben mSee^
eine derartige Supplik an das organische
Wahmehmungs- und Heil-Vermögen ffir das
kranke Organ zu richten, als hier, wo es
in einer wieder ordnenden fieberhaften Auf-
regung begriffen ist.
Dass die jetzt in Rede stehenden Heil-
operationen wohl eben so vollständig durch
alleinige Anwendung des Calomels bezweckt
werden können, gebe ich gern zu, denn das
Organ, dem es übergeben wird, befindet sich
nicht in jenem krankhaften Aufregangszu-
stande, Sympathieeu und lleactionen, die sich
der innigem Assimilation des Calomels bei
Entzündungen so oft hinderlich beweisen.
— 33 —
Frau Taube in Dcllnitz, drei und vierzig
Jahr alt, spärlich und unordentlich menstruirt,
liat schon zwei nnd ein halb Jahr lang ver-
geblich arztliche Hülfe gesucht. Die Leber
zeigt eine glatte feste in der rechten Sefte
bis zur Spina ossis iiei heraWeigende An-
sehwellunz, der ebenfalls geschwollene linke
Lappen pinsirt stark, ist auch schon für Aneu-
rysma aortae gehalten worden. Die wachs-
bleiche abgemagerte kurzathmige Kranke
hat schon seit langer Zeit an Cardialgie,
Dyspepsie, habitueller Obstructio aivi gelitten,
die Brust erscheint bis auf räumliche Bedrän-
^QDg frei, der Urin ist wasserhell, nicht
spärlich, die Unterschenkel zeigen Oedem.
Alle mogliehen sohirenden Arzeneien, auch
Calomel in den Pillenmassen, auch Jod, sind
ihr ohne Erfolg verordnet worden. April 1840
worden ihr von mir neben vorbereitenden
Mitteln, Liq. Kali acetici und Oleum ricini,
die Einreibungen dreimal täglich auf die
Oberschenkel verordnet, nach zwölf Tagen
ttfolgte die fieberhafte Evolution des Ptj alis-
ttiu«, danach wurde der Urin dick, sedimen-
lireod. nach drei Wochen war die Leber bis
auf eine sehr <j;eringe Uebeniähning abge-
«rhwolien, die Pulsation verschwunden und
eine bis jetzt andauernde Gesundheit zu-
rückgekehrt.
Frau Schone in Kreupau, sechzig Jahr
alt. gross, früher eine kräftige Bauersfrau,
leidet schon über ein und ein halbes Jahr an
ien Beschwerden der Leber- und Herz -Hy-
pertrophie, jetzt, März 1840, an allgemeiner
Anasarca und Brustbeklemmung, der Herz-
Joarn, Bd. XCV. St. 'J. «5
— 34 —
schlag ist verbreitet, erschütternd, metalltO-
neud, die Jugular- Venen pnlsiren, die Lon-
gen scheinen mit Blut überfüllt, ' die Bronchen
rasseln voll Schleim, der früher wfissrig and
reichlich, jetzt nur zfthe und spftrlich anf|pe-
hustet wird. Der Puls ist gross, ungleich,
aussetzend, der Leib sehr gross, FInctoatioB
wegen starker Infiltration der Bauchdecken
verbergend, eine sehr starke Hypertrophie
der Leber aber durch Gefühl und PereuaMB
leicht zu erkennen. Hierbei zeigt sich der
Harn sparsam, dunkel, stark animoniakaliseh,
die Leibesöffnung wie früher immer sehr
träge.
In den ersten acht Tagen der Behand-
lung, die früher freilich nur durch HalbSnrie
geführt war, wurden zwei kleinere Aderliaae
von acht Unc, Buttermilch, Diät und Tarta-
rus boraxatus schon zu grosser Erleichterung
angewandt und die Anasarca grossentheib
beseitigt; hierauf aber, da sich die Prioritit
der Leberhypertrophie annehmen Hess, durch
kleine Gaben Calomel und Einreibungen eine
Salivation bewirkt, deren grosse Beschwer-
den durch fast gänzliche Abschwellung der
Leber, bedeutende Verminderung der Herz-
krankheit, gänzliche Beseitigung der Was-
sersucht und eine schon fast drei Jahre be-
stehende sehr leidliche Gesundheit reichKch
belohnt worden sind, so dass diese Frau
wieder ihre Wirthschaft führt und nur sel-
ten durch einen kleinen Aderlass,Infusa sennae,
Tart. depuratus etc. neue Verträglichkeits-
Contracte mit ihrer wenig störenden Herz-
hypertroplne abzuschliessen genöthigt isb
Bidi von einem abnormen Zustande ei-
^lut- oder Baucheingeweides fiberKen-,
n können. Grosee VaricDsität d^
jtel-Venen führte mich darauf, Yenen-
Lheit dea Unterleibes, namentlich der
ider, Lebercongestionen anzunehmen, von
die schon lange bestandene Pulsatio
rtrica, periodische starke Palpitationea,
^;efuhie and die oft das Antlitz über-
»le Hitze ansfingen. Eines Tages der
r immer im Liegen untersuchten Kran-
bei aufrechter Stellung das Abdomen
nehend ffihlte ich kaum drei Finger
filier den Arcus pubis durch die sehr
Ibn Bauchdecken den scharfen Hand
eber, erfasste so drei Zoll weit diess
weide swischen Daumen und Fingern,
ich dessen auffallend weiche Textur
dh SD unterscheiden vermochte. Yer-
icfi darüber einen so wesentlichen Ge-
RDd ao lange übersehen zu haben un-
iUe ich wiederum im Liegen und darf
fceni. die Leberareschwulst war so weich.
— 36 --.
ich der auch von mir schon zwei Bfonat
ohne wesentlichen Erfolg behandeltai Kran-
ken die Inunctions-Car vor. Zwei Wochen
•
hindurch wurden zweimal täglich ein halber
gr. Calomel gegeben, endlich auch Mercur
eingerieben. Bei dem Beginn der Beschwer-
den und der Beängstigung der entstehenden
allgemeinen fieberhaften Reäction wandte
sich dennoch diese Kranke zu einem andern
Arzt, welcher Diagnose, Prognose und in-
stituirte Methodus curandi benutzend, nod
zwei grössere Gaben Calomel in Pillen ver-
ordnete, hiedurch eine fast unmässige Intoxi-
cation bewirkte und sehr bald darauf die
Ehre hatte, ein so langwieriges Siechtha«
brillant geheilt zu haben; denn nicht allain
die Versicherung des Arztes, sondern aoeh
das bald wieder muntere und ruhrigö Anse-
hen dieser Frau bestätigte mir den vollen
Erfolg der Cur.
II
lieber
den Parasitismus
der ^
Lungentuberkeln,
nebst
«gen knrien Bemerkungen faehnfs der Ermitte-
Imig einer mehr rationellen Behandlung der
Lungensucht.
Von
Dr. Fr. J. Behrendt *
prakt. Arzt in Berlin*
Nirgends hat Verzagtheit so viel ge-*
schadet, als im Betreff der Lungenschwind-
sucht. In der Ueberzeugnng, dass die Krank-
heit unheilbar sei. begnügen sich die meisten
Aerzte mit nur palliativen Mitteln und be-
trachten alle Bemühungen, die Pathologie der
hier in Rede stehenden Krankheit aufzuhel-
len um eine erfolgreichere Behandlung auf-
Bofinden, als eitel und für die Praxis völlig
onfmchtbar. Allerdings ist die Lungensucht
in ihrer vollsten Ausbildung wohl noch fast
eben so unheilbar, als sie es seit der Kind-
— 38 r-
heit unserer Wissenschaft gewesen ist ; aber
wer kann und darf behaupten, dass ^e es
immer so sein werde? Wei* kann sagen, dass
bei fortgesetzten, unablässigen Forschangen
wir nicht immer klarer und klarer das We-
sen der Krankheit durchschauen und bessere,
mehr fruchtbringende Principien für die Be-
handlung daraus werden entnehmen können?
Schon haben wir darch die Ausbildung der
Auscultation unendlich viel für die Diagnose
Sewonnen, und sollte aus den Fortschritten
er organischen Chemie, der mikroskopischen
Anatomie und der experiitieDtalen PhysiqlqiPe
fär die Pathognosis der Tuberkelbildpng
überhaupt . und . für die T'uberkelbildung der
Lungen insbesondere gar kein Gewinn iü
ziehen sein? Sollte, wenn ein solcher Gewinn
sich ergiebt, bei dem immer grösser und
grösser werdenden und richtiger erkannten
Apparate der uns zu Gebote stehenden Heil-
mittel, nicht dann auch eine richtigere, er-
folgreichere Behandlung sich ergeben?
In der hier folgenden Abhandlung wol-
len wir die Resultate der neuesten Forschun-
gen in Betracht zu ziehen versuchen; wir
wollen versuchen, in wie weit sich auch bei
der tubercuiösen Lungensucht zwischen Ana-
tomie, Chemie, Physiologie, Pathologie und
Therapie ein verbindender Faden finden llisst*
Wir bitten die Praktiker, nicht im Voraus
gleich unsere Bemühungen für nutzlos und
unfruchtbar zu erklären ; wir bitten sie, wenn
wir auch nur Geringes zu leisten vermögen,
dasselbe gütig aufzunehmen, und wir ver-
sprechen dagegen bei unserer Darstellung
— 39 —
stets nar die Praxis streng vor Augen za
ktben and vor jeder weitlaaftigen Specula*-
tioii und modernem Geschwätz über Parasi-
tismus der Krankheiten, über Pflanzen - oder
Thiematur derselben, über ihren Organismas
isi Organismus und dergleichen, einem Ge-
schwätze, das heut zu Tage leider selbst
ein hSchst lästiger, dänkelhafter Parasit in
snserer Wissenschaft geworden, und uns
forn Wege der einfachen Untersuchung und
Beobachtung in ein Gewirr von neugebilde-
teo Namen, schlechten Definitionen, halbver-
teeten Ideen und unreifen nosologischen Sy-
slemaiisirbestrebungen hineinzuziehen droht,
in Acht zu nehmen.
Es sind die neuesten Leistungen von
Andral, Louis ^ Carswell und besonders die
Abhandlung von Hcudamore in der Lancet
vom August 1842. welche uns '/u dieser Ar-
beit Anlass gegeben und namentlich enthalt
die letztere eine so hübsche Zusammenstel-
lung des bis jetzt Bekannten hher die Na-
tur der Tuberkeln und fügt so viel Neues
hinzu, dass wir dieselbe hier vorzüglich zum
Grande legen.
1. ArtiMi der Tuberkeln.
R. Carswell ^iebt in seinen »eleiiH*n-
lary fornis of disease« folgende Definition:
«Die TuberkeliiuMsse ist eine blass^elbe oder
'»gelblich gratie. imdurchsichlifi^e. unorgani-
»sirte Substanz, deren Form, Consistenz und
— 40 ~
»Zasämmensetzung je nach der Natur des
»Theils, in dem sie sich gebildet hat, nnd
»je nach der Periode ihres Bestehens ver-
»schieden ist.« Man meint, dass da, wo
Tuberkeln vorkommen, sie ihren Sitz im Zdl-
gewebe des Organs haben, aber nach Car9^
weU können sie auch auf den Seeretions*
flächen der Schleimhäute, namentlich in den
Darmfollikeln , in den Luflzellen der Bron-
chien, ferner auf den serösen Fliehen, auf
der Pleura, dem Bauchfelle, in falschen Mem*
branen, ja in zufälligen Neubildungen sich
zeigen. — Erzeugt sich die Masse erst da,
wo die Tuberkeln angetroffen werden, oder
ist sie im Blute enthalten und wird dort nur
abgelagert? Carsweü stimmt für letztere
Ansicht; man trifft die Tuberkebd häufig in
den Milzgefässen, aber sehr selten anderswo
im Blute. Diesen letztern Umstand erklärt
er auf folgende Weise: »Als ein abnormes
»Constituens des Blutes vermögen wir die
»Tuberkelmaterie in demselben nicht anfzo-
»Anden, so lange dasselbe im Circuliren be-
»griffen ist; wir können es in dem Blute
»nur erst finden, wenn dasselbe aufgehört
»hat zu circuliren oder wenn es seine Ab*
»lagerung beginnt, also mittelst der Secre-
»tionen. Wenn das Blut nicht circulirt, dann
»scheidet sich die Tuberkelmaterie von dem
»Serum, dem Fibrin, dem Blutfarbestoff und
»den übrigen Constituentien des Blutes und
»ist dann sogleich in seinen Charakteren zu
»erkennen.« — Weder Bayle noch Laenmhe
hatten bestimmte Ansichten über die Genese
der Tuberkeln. Bayle hat zwar die Gra-
üulartuberkeln oder die Miliartuberkeln zuerst
- 41 —
toduieben, allein er hält sie nicht far Äb-
hgerangen von Tubcrkelinasse , wofür er
Ton Itommec getadelt wurde, der zwei Haupt-
fonnen annahm: die isolirten oder begräns-
in Taberkeln and die interstitielle Infiltra-
fin; die isolirten Taberkeln zeigen vier
Hniitvarietiten : die Miliartuberkeln, die ro-
hen, die körnigen und die eingebalgten; die
■lerBtitieUe Infiltration hat drei Varietäten:
ie onregelmässige, die graue und die gelbe.
— lieber die Art der Erzeugung hat Laen-
MC, wie gesagt, wenig Befriedigendes; nur
scheint er, obwohl er verschiedene Formen
nbtellt, dennoch fiär Carswell zu sprechen,
. der gar. keine bestimmte Form annimmt, son-
ieni die Form als etwas GleichgüKiges, Un-
wesentliches, Zufälliges, vom Organe und
der Zeit des Bestehens Abhängiges betrach-
tet; denn Laennec sagt, dass, welches auch
die Form sein möge, die die Tuberkelsubstanz
nach ihrer Ablagerung annimmt, im Anfange
dieselbe stets als eine graue, kaum durch-
sichtige Substanz erscheint, welche allmäh-
lig gelb, undurchsichtig und sehr dicht wird.
— Andral scheint ganz eigene Ansichten
ober die Xatnr der Tuberkeln zu haben.
Ifl seiner Clinique medicale bemerkt er näm-
Kfh folgendes: In einigen Theilen, besonders
ia den Lungen fmden wir häufig auf der
Oberfläche der Lobuli oder in ihrer 8ub«tan/i
eine Menge weisser sehr kleiner fast mikro-
ikopischer Funkte: bisweilen sind von diesen
Punkten mehre zur amuienvereinigt und bilden
dann grössere Knoten, und endlich geschieht
es bisweilen, dass ganze Lobuli aus solchen
in eine einzige Masse zusammengehäuften
I
4« —
weissen Punkten zu bestehen sdidnen.
Diese grosse weissliche' Masse ist das was
man Tuberkeln nennt, und ein Tnberi^el ist ,
nach Ändral also nichts als ein Lobulos,
welcher in ein Congregat von kleinen, weiss-
lichen Punkten umgewandelt ist. Nach Ja-
draVs Ansiebt ist der Tuberkelstoff Diehts -
weiter als das Resultat einer einfachen Se-
cretion, und er glaubt, dass sie anffinglidi
in einem flüssigen Zustand erscheine, dann
gleichsam durch eine Art von KrystalKsation
fest werde, und sich nun als eine dichte,
aber nicht organisirte Masse darstelle. A»-
dral glaubt also, wie Broussais^ dass die
Tuberkeln nichts weiter seien, als das Pro-
duct einer einfachen Entzündung, nämlich
in dem durch diese Entznndungsthätigkeit
ausgeschwitzten plastischen 8toff bestehe;
Louis stimmt mit Laennec in der An-
sicht überein, dass es nur eine Art von Lun-
gensucht gebe, nämlich die tuberkulöse. Er
beschreibt die Tuberkeln als Knoten von
dunklem, gelblichweissem Ansehen und von
wandelbarer Consistenz, welche nach einer
gewissen Zeit erweichend sich in die Bron-
chialröhren entleeren., und zu mehr oder min-
der beträchtlichen Excavationen Anlass ge-
ben. Die halbdurchsichtige Granulation und
die graue Materie, welche entweder auch in
Form von Granulation oder in unregelmässi««
gen Massen vorkommt, hält er nicht für Tu-
berkeln, und er nennt sie erst dann so, wenn
sie eine gelblichweisse Farbe angenommen
haben, wiewohl er behauptet, dass die ge-
nannten halbdurcbsichtigen Granulationen oder
faten ober die Natur und verschiedene
der Tuberkeln anzuführen. Es geht
am Gesagten zur Genü^ hervor, dass
r dber die erste Bildung noch über die
re EntwickeluDg der Tuberkeln, noch
ibren primitiven Sitz die Theorie auf
i eine Gewissheit fussea kann. Scuda-
, der viele ForBciiungcn über diesen
BStand angestellt hat, nimmt folgende
tremehiedene Formen von Tuberkeln an:
L. Die Miliartuberkeln oder die Miliar«
ilatioaen, welche bald ganz, bald halb
fliebtig erscheinen , bald in grössere
geringere Gruppen oder Klumpen zusam-
efaäuft sind, und dicht anter der Pleura
ieo verschiedenen Stellen des Paren-
■ der Lungen vorkommen.
E. Grössere Granulationen von graner
), gewähnlieb in grosser Menge in der
BD Lungensubstanz vorkommend. So-
die Miliartuberkeln als die letztgenann-
, -« 44 —
sind, von der Grösse eines dicken ClenflHi-
koms oder der einer kleinen Blandei, mckt
so zahlreich, wie die andern Arten vorhan-
den sind, sondern wohl isolirt und an ver-
schiedenen Stellen in and auf den IiongeB
vorkommen.
4. Endlich Infiltrationen von erweichte
Tuberkelmasse in dem Lungengewebe . und
in den Bronchialröhren.
Es scheint aber« dass auch diese vier
^Arten noch zuviel sind, die erste und zweite
Art bilden ganz dasselbe; sie sind nur der
Grösse nach verschieden, gehen in einander
über, und es ist ganz gewiss nicht zu bfr-
i&weifeln, dass die zweite Scudamore^Bdiß
Art immer nur mit kleinen Miliartnb^rkehi
beginnt In den vielen tuberkulösen Lungra,
die wir von Thierleichen und von Menschen-
leichen zu untersuchen Gelegenheit hatten,
sahen wir nur folgende verschiedene Arten:
1) weissliche oder gelblich-weisse begränzte
Tuberkelmassen, die bald so klein waren wie
Stecknadelknöpfe, oder noch kleiner (Miliar-
tuberkeln), bald so gross wie Erbsen und
bisweilen wie Bohnen; diese Tuberkeln sas-
%sen einfach in der Substanz der LungeUi
innerhalb oder auf derselben gleichsam ein-
gebettet; 2) röthliche, feste, streifige, einge-
bajgte oder mit einer Haut umzogene Tu-
berkeln, und 3) unregelmässige, mehr unbe-
gränzte graue Infiltrationen von Tuberkel-
masse.
Die Form der Tuberkeln scheint über-
— 4I( —
haapt sehr wenig wesentlich za sein; sie ist
grSsstentheils abhängig von dem jedesmalir
gern Sitz denieiben. Dieses beweist das,
was Seudamore von einem an Phthisis ge-
storbenen sechsjährigen Kinde erzählt Die
Tuberkeln in den Lungen dieses Kindes wa-
i-en alle nicht viel grösser als ein Steckna-
ddknopf; die meisten befanden sieh in der
Nähe der grossem Bronchialäste, und nicht
weit von den Bronchien . sah man ovale
Massen, gleichsam flach gedrückt, von fester
Consistenz, etwa einen Zoll lang, und hier
und da bereits zur Erweichung geneigt;
man konnte deutlich' erkennen, dass die Nähe
und die Function der Bronchien auf diese
Gestaltung der Tuberkeln bedeutenden Ein-
ftass hatte. Dieser Punkt, nämlich der Ein-
flnsa der äussern Umstände des Kranken,
feiner Kräftigkeit und der mit ihm vorge-
nommenen Behandlung auf die Gestaltung
der Tuberkeln verdient noch ein ganz be-
sonderes Studium. Diese Frage ist für die
Praxis nicht ohne Wichtigkeit, denn sie
' aehliesst eine andere in sich, nämlich die
Frage, ob die verschiedenen Arten und Ge-
staltungen der Lungentuberkeln auf die Sym-
. ptome Einfluss haben, und ob umgekehrt aus
den Symptomen auf die Yersehiedenheit der
Tuberkeln geschlossen werden kann.
46
2. Chemische ZasainmensetKung der
Taberkelo.
Nach Scudamore^ der sich viel mit die-
ser Frage beschäftigt hat, bestdien die Tu-
berkeln alle aus Albumen, etwas Fibrin ond
einer grossen Menge in verschiedenen Ter-
hfiltnissen mit Kohlensäore, Phosphorsinre
nnd seltener mit Salzsäure verbundenen Ealka;
in einigen wenigen Tuberkeln hat er auch
etwas Magnesia angetroffen. Je harter der
Tnberkd war, einen desto grossem Antheil
von phospborsaurem Kalk zeigte derselbe
und je geiinger die Festigkeit war, desto
grösser war der Antheil des kohlensaaren
Kalks. Gallerte konnte er in den Toberkda
nicht entdecken. Je durchsichtiger die Tu-
berkelmasse war, desto dünner und von desto
geringerer specifischer Schwere war das
Albnmen; je undurchsichtiger die Tnberkel-
masse, desto dichter war dasselbe, nnd desto
weniger Wasser enthielt es. Hieraus geht
also hervor, dass die äussern Charaktere der
Tuberkeln von ihrer chemischen Zusammen-
setzung und von der Stelle abhängig sind^
wo sie sich gebildet haben.
»Ich untersuchte, berichtet Scudamore^
einen perlartig aussehenden Tuberkel, den so-
genannten rohen gelben Tuberkel^ welcher un-
ter der Bauehfellhülle der Leber sass, unge-
fähr die Grösse einer halben Mandel und
eine massige Festigkeit hatte. Er bestand
aus Albumen, kohlensaurem Kalk und einer
Felle; in den l^nngen aber fand icb keine
(ein, nur an aer Spitze der rech-
iDKO sah ich eine erbsengroBse Uöh-
oteuhax das Nest eines früher dage-
.en, dann erweichten Tuberkels, der
I Lappen der rechten Lunge war sehr he-
t und steilenweise etwas erweicht; aos-
n fanden sich pleuritische Adhaesionen
iden Seiten. Der Kranke war in einem
nde von Schwäche geatorheo, ohne alle
tome eines Lnngenleidens.» — Stei-
oder vielmelii- kalkartige Concretionen
, sich häufig in dem Auswurfe aus den
en, nnd besonders, wenn die Tuberkeln
icbtes rüthliüh graues, etwas fibrinäses
len hatten. Scudamore sagt, er habe
Concretionen mehrmals in derLungen-
inz fest eingebettet gefunden, ohne dasa
«f die benachbarten Texturen reizend
en; in, diesen Concretionen herrschten
:ilen der phosphorsaure, bisweilen der
Dsaure Kalk vor. — »Ich behandle eine
:, sagt Scudamore, welche während der
— 48 —
Auch eine andere Dame warf von Z^'m
Zeit seit dreissig Jahren solche Concretionen
aas, und es möchte fast scheinen, dass diese
Concretionen ohne gleichzeitige Taberkelfor-
mation sich erzeugen können; wenigatens
hatte dieser Auswurf gar keine ubele FolgOy
sondern die Kranken erhielten sich dabei lange
ganz wohl.cc — Zu erwähnen ist noch, diUB
ausser diesen steinigen Concretionen. biswei-
len eine schwarze kohlige Masse, ausgewor-
fen wird, womit auch die Tuberkelmaterie
gefärbt ist; diese Masse ergiebt sich bei der
chemischen Untersuchung als wirklicher RjmBj
der offenbar von den Kranken zufällig eiiH
geathmet worden war.
3. Mikroskopische Untersuchung
der Tuberkeln.
Unter dem Mikroskop zeigt Ach die Tu-
berkelmasse als ein Congregat verschiedea
gestalteter und verschieden grosser Körper-
chen (corpuscula), welche bisweilen eme
Menge sehr kleiner Kömerchen (granalt)
enthalten. Einige der kleineren Tuoerkelii,
namentlich die grauen Miliartuberkeln, ent-
halten ausserdem noch Zellen von regelmis-
sigerer Form und Grösse, die einen grosse-
ren Umfang haben als die Körperchen. Im
rohen oder festen Tuberkel sitzen die Kfir«
perchen eng zusammengepackt, und die kör-
nige Materie ist sparsam, wogegen bei Aea'
grössern und erweichtem Tuberkeln die Kör-*
■
hnmc; «e haben einen Durchmesser
;, bis „Vs Zoll. Auch die kleinea
hm sind von verschiedener Grässe;
D {gemischt sieht man nozähiige kleine
ea , die mit unsern Mikrometern
t werden können. Diese klei-
reichen finden sich besonders häufig
uich in den weichen Tuberkeln, welche
rhat nur aus solchen Ki'igelchen und
BD Körperchen zu bestehen scheinen.
UeD sind wie gesagt regelmässiger,
1 crösserer Gestalt als die ebenge-
Hementartheile; sie haben fast alle
r einen Durchmesser von t-^öö Zoll;
weninn Zellen sieht . man Kerne,
vie aas Tuberkel an Grosse zunimmt,
4k Zellen durchbrochen, zusammen-
t, and verschwinden endlich gänzlich.
■chwaizeD oder mit Buss gefärbten
in findet man ebenfalls Zellen, theils
hem Rnss bedeckt, theils mit dunkeln
Iraten Kernen.
— »0 L-
mischt, bald mehr getrennt sich
diese Elemeotartheile siud t ) gramtUrltr St^
oder Kömer, 2) Körp^che», und 3) ZsO«.
1) eVanuIiV/er Stoff: besteht ans twgstfw-
dentlich kleinen Partikeln, welche gleiehu*
das Bette und die Ansfülliing der Käw«
cheu oder Zellen bilden, ferner au sehr Ut^
Den Kügelchen von verschiedeaec CMHy
gewöhnlich von ^sIb^ bis y^'^^ %ä iß
urchmesser. Dieser körnige ätÜNET UMAl
Hauptmasse des Tuberkels, ist fast iaBS
mit den übrigen EUementartheilen ceniiscb)
und in dem sogenannten käsigen ToJkAcI
nur allein vorhanden. 2} Körperehen flfa
Corpuacula: Diese sind gewöhnlich kn^idi
oder oval, bisweilen aber auch von sehr »■
regelmässiger Form; ihr Durchmesser betn|l
ungefähr 77^3 his 3;^ Zoll; sie sind wsu-
scheinlich nichts weiter als onvotlkomoeK
entartete oder verwachsene Zellen ; nn
siebt sie besonders hfiuGg in den rohen ei>
reifen Tuberkeln; gewöhnlich auch in i*
kleinsten käsigen Tuberkeln , besondKs i>
den der serösen Häute. — 3> Zellen; iKeM
haben gewöhnlich ^^'^^ bis ^j'-^s ZoU >■
Durchmesser: man sieht sie besonders hinif
in den grauen Miliartuberkeln ; sie verschvis-
den oder verwandeln sich in die scheo ^
schriebenen Korperchenx — Aus allem Ü**
sem wird es sehr wahrscheinlich , dass 6^
Taberkeln so gut wie die höher organi«rtti
Texturen mit Zellenbildung beginnen, ibc
schon sehr früh mit körniger Materie a^
anfüllen, jedoch scheinen die Taberkeh *<■
den mehr plastischen AusschwitzaBgen siA
wesentlich darin zu Doterscheiden, da» M
^ea der Taberkelstoff diese Kraft nicht
t, da bei diesem die primitiven Zellen
iiir bilden, am sich gleich wieder xa
lern, zu entarten una zn verwischen,
leweise, dass ihnen die eigentlich bil-
Kraft gänzlich fehlt.
TftBCularitSt der Tnberkeln.
>b die Tabericeln mit Gefäsaen verse-
iieii oder nicht, ist noch in der letztm
Segenstand des Streites gewesen, ob-
Ae Meisten der Ueberzeogung sind,
die Tuberkeln dnrehaos keine Geffisse
Hl. Carpenter,' ein bekannter engli-
Physioleg, 8]mcht sich in seinen »Grand-
I flder die Physiologie des Menschen«
rigende Weise darüber aus: »der Un-
ied zwischen der Toberkelablagemng,
1er Ablagemng von gesundem organi-
■em Stoffe scheint vorzüglich darin zn
— 58 —
Stoff nichts weiter ist als eiae Portion des
belebter seienden Fibrins, welches die Ten-
denz zur Organisation besitzt, and nur die
Benihrang^ einer lebenden Membran bedarl^
um sich in eine regelmässige Stractor im-
zuwandeln.cc — Diese Darstellung sehliewt
zwar einige Wahrheit in sich, ist aber doch
noch sehr mangelhaft. — Scudamore berich-
tet, 'dass in der Sammlung des CoUegiums
der Wundärzte in London die tnbercolöse
Lunge eines Affen sich befindet, welche vor-
trefflich injicirt ist, wo aber die Taberkel-
massen auch nicht das Geringste von der
Injection aufgenommen haben. Auch die tu-
berkulöse Lunge eines Menschen wurde auf
den Wunsch ^cudamore^s injicirt; die Iqje-*
ction war vortrefflich gelungen, aber auch
hier blieben die Tuberkelmassen vollkomveM
frei von derselben. Hieraus wärde denn her-
vorgehen, dass die Tuberkeln selber durch-
aus keine Gefässe besitzen, und dass ne-
höchst wahrscheinlich nur vermöge ihrer pri-
mitiven Zellen wachsen, sich ernähren und
den ferner abzulagernden Stoff erlangen;
dann würden aber die Tuberkeln nicht als
unorganische Massen zu betrachten sein, son-
dern als sQhr niedrig stehende organische
Bildungen. Uebrigens werden die eiffen«
thümlichen Zellen der Tuberkelmassen Kei-
neswegs im Blut vorgebildet angetroffen,
sondern ganz gewiss nur an dem Ort, wo
derTuberkel wahrgenommen und erzeugt wird.
Allerdings finden sich, wie Scudamore gese-
hen hat, in dem Blut der an Tuberkelschwind-
sucht Leidenden weit mehr Eiterkügelchea
als bei gesunden Menschen, allein es scheint
KterkiBgddieii, wdehe J7affy
Kerne der BfatkiBgeliBiiieir
flwiiche dior TaberkdaseUen sindw-
ir
[•lag ie der Taberkelbild^unj^.
- A
fiUilt- fAäktxk der Ansieht |p-
eia im Bbt, enthaltenes speaftf«
tder Tims, wdi^es; er -ISAerk^
, die Ursadto dieser BUdimff -. sei;
V Minit er, bewiriie idie woche-
TnberlLdsellen in yersehiedenen
iMeBders aber in den Loneen, mid*
' itat demnaeh die TubeiCdif wie
Büdnngen , und ais^ analog den-
Mil Prodnetionen, welche die andern
piÄen Gifte, das Pockengift, das Krebs-
y i/m syphilitische Gift u. s. w. zur Folge
l|k ■rjdanbt ferner, dass dieses Tuberkei-
Wate der Eltern auf das des Kin-
jen werde, und dann in diesem,
den begünstigenden Umstflnden, bald
ir bald spiter zur Entwickelung komme.
tribeln im Foetas sahen wirklich Lang^
% AiafOfi, Ohler und Chaussier. In den
pn, der Leber, der Milz, dem Mesente-*
I mad dem Bauchfell eines vier Monat
a Euides, dessen Mutter, nachdem sie
JQid eine Zeit lang gesäugt hatte, an
'iwindsucht gestorben war, sah
onzihlige grössere und kleinere
Man hat bei Kindern von ver-
Altem Tuberkeln getrattea und
— 0« —
awar vorzugsweise in denjenigen Orgaaea^
wohin dem Alter nach grade der Lebens-*
trieb besonders geht Besonders sind es aber
die Lungen, welche der Sitz der Taberkehi
werden, und hier wie überall geht die Ent-
wickelung je nach der Intensität des Virus,
nach den begünstigenden Umständen und
nach dem Lebenszustande der Kranken bald
schneller, bald langsamer vor sich. Jed.er
Arzt kennt die verschiedene Dauer derLun-
gensucht , die bald gallopirend , bald erst ia
vielen Monaten oder Jahren ihre Entwicklang
durchmacht. Bisweilen tritt in der weiten
Entwicklung der Tuberkeln eine Ruhepause
ein; die Symptome verlieren sich und es
scheint Heilung oder wenigstens bedeotende
Besserung eingetreten zu sein; aber nach
kürzerer oder längerer Zeit beginnt in d^
Tuberkelformation die Thätigkeit von Neuem
und es wird dann schlimmer wie zuvor.
Laennec spricht darum auch von secundären
Tuberkelausbrüchen, allein nicht mit vollem
Rechte; denn es sind dieselben Tuberiielo,
die nur eine Zeit lang unthätig verharrten
und dann von Neuem ihr Wucherleben fort*
setzten.
6. Erweichungsprocess der Taber*
kein.
Heber diesen Gegenstand herrscht noch
viel Streit; man ist weder über die Art und
Weise, wie dieser Process vor sich geht,
aocb über das Wesen desselben einig. Lmm^
— M _
r hehaaptet, dass die Erweichnng iBHBeir
tfe der Mitte des Tuberkels beginne; Jmdr^
en, dass sie auch im CmFange itßi^
bepnnen kann. Carmeell ist Mf.
:, 4asB die Erweichnug der TiriMr- '
: immer vom Umfang desselben be-
! and nacb Innen hin wirke; er erU&t
s dadurch, dass nach seiner Ansicht .die
Nberitelmassen wie fremde Körper auf dis
aden Texturen wirken, dass diese iaEnt-^^
lang und Eiternng ^erathen, dass der
looderte Eiter zur Tuberkelmasse biacfr-
and dnss so die Erweichiai|f M
: kommt. Keiner von diesen AntortB
Ate die Zellenbildung in den Tuberkirin;
R irirdea sie dieselbe gekannt haben , so h»*
!■ aie sie für sehr niedrigstehende Oirci^
' men erklären müssen, und sie wflraett
in auf den Schluss gekommen sein, den
'MNore ausspricht, nämlich dasg , wenn
Tuberkeln ihr niederes Leben nicht
' behaupten können, und aufhören zn be-
m, sie dann gleichsam zergehen oder,
! wir uns ausdrücken, erweichen, und als-
mit dem Eiter, aus den nmgebenden
», sich vermischen. Es scheint auch
is ob die Tuberkeln, so lange sie ihr
)dere* Leben behaupten, weniger reisend
f die sie nmgebende Textur wirken, als
JBB aie erweicht sind. Es bestehen wie
> am weiss in den Lungen Tuberkeln sehr
L böge, ohne dass Symptome von Liingenrei-
t^^mgen eintreten, und sehr häufig findet man
l^^berknlöse Lungen in Leichen, bei denen
nn im Leben nichts davon geahnt hatte.
\ den meifiten dieser Fälle von latenter Tu-
- 56 -
berkelsncht sind ed - unreife oder SGliar*
tuberkeln , die man antrifft. Diese Taber-
kein halten sich oft sehr lange in diesem
Zustande, wachsen und vergrössem sich sehr
langsam, und gehen auch sehr langsam in
den Erweichungs2ustand über. Die andern
Arten der Tuberkeln machen ihre Entwik-
kelung' oft sehr schnell durch ; sie entsteheo,
wachsen und vergehen (erweichen) oft is
sehr kunser Zeit, und es hängt dieses, wie
schon früher gesagt, von der grossem Hef-
tigkeit des im Körper wogenden tnberknlS-
sen Giftes, und von der Reizbarkeit und
Reaction der Constitution ab. Diese Ansieht,
welche von Scudamore zuerst aufgestellt wor-
den, hat offenbar viel Ansprechendes, and er-
klärt manche Vorgänge sehr schön, obwoU
die Annahme eines eigenen tulierkulösen Y^
rus noch sehr hypothetisch ist. Man mag
dieses nun Gift nennen oder, wie Lngol nnä
Andere angegeben haben, den Grund der
Tuberkelbildung in einer eigenen tuberkulösen
Diathese suchen; so viel ist gewiss, dass
dieses Gift oder diese Diathese auf einem eans
andern Wesen beruht als die Scrophulosis,
mit der sie bisweilen für identisch gehalten
worden ist; denn bei der Scrophulosis ist
eine wirkliche Dyskrasie vorhanden, von
der hier nicht die Rede sein kann, obwohl
Tuberkelsucht und Scrophulosis sehr oft ver-
bunden vorkommen.
ÖT
7. Aaswarf bei der Lungenschwind-
sacht.
' Man hat seit den Ältesten Zeiten auf den
Aopwarf in der Lungenschwindsucht, und in
verwandten Krankheiten ein bedeutendes se-
nSotisches Gewicht gelebt; man hat aus der
Gegenwart oder dem Nichtvorhandensein von
Eiter in den Aaswurfstoffen auf vorhandene
oder nicht vorhandene Gefahr geschlossen,
and es j^ebt bekanntlich eine grosse Menge
Beagentien, um den im Auswurf vorhandenen
Eiter -vom Schleim zu unterscheiden. Noch
jetzt leben viele Aerzte, welche äberzeugt
rind, dass es Eiter sei, wenn der Auswurf
im Wasser zn Boden sinkt, und dass, wenn
er nur in Schleim besteht, er oben schwimme.
Diese Beweisführung zeigt von einer grossen
Unbekanntschaft mit den neusten Forschun-
gen, denn erstens hat der Schleim bisweilen
eine viel grössere Schwere als das Wasser
and sinkt dann zu Boden; zweitens ist zwi-
schen reinem Eiter und reinem Schleim mit
blossem Au^e nur ein sehr-'SQhwerer Unter-
schied aufzufinden^ und ein Umstand, der in
Bezug auf den Auswurf den Gegenstand
noch schwieriger macht, ist die häufig vor-
kommende Vermischung von Schleim und
Eiter. Allerdings ist die Frage über die
Beschaffenheit des Auswurfs von Wichtig-
keit, aber sie muss auf eine ganz andere
Art beantwortet werden. Denn durch die
Charaktere des Auswurfstoffs, so wie durch
das in vier und zwanzig Stunden ausgeleerte
— w —
Quantum desselben wird weiter nichts ab
die Beschaffenheit der Bronchialschleindurat
hauptsächlich dargethan. Bei der aeaten
Bronchitis wird meistens eine grosse Menge
einer dichten, rahmigen Materie ausgeworfeni
welche dem Eiter aus einem Abscess sehr
ähnlich ist, ohne dass hier von einem sokhea
oder von erweichten Tuberkeln in dea.Lan*
gen grade etwas vorhanden zu sein braoeU;
ei der chronischen oder subacuten Bronchi-*
tis gleicht der Auswurf mehr dem Gamau-
schleim, und es kann namentlich mit dieser
letztem Form ein eben so heftiger und qoi-
lender Husten begleitet sein, als mit der wah-
ren eiternden Lungensucht, und von der an-
dern Seite kann eine sehr bedeutend vorge-
rückte Tuberkelphthisis ohne allen oder ndt
sehr geringem Husten und mit sehr nnbe-
deutendem Auswurf vorkommen, so dass,
wollte man wie es in frühern Zeiten geschah,
aus dem Auswurfe und dem Husten allein
schiiessen, man in sehr grossen Irrthum ver-
fallen würde. Man wird aber diese Zeichen
richtig zu würdigen wissen, wenn man nicht
vergisst, dass der Auswurf sowohl seiner
Quantität als Qualität nach wie gesagt niehU
weiter kund giebt als den Zustand dar
Schleimhaut und dass die Heftigkeit des
Hustens nur die grössere oder geringere
lleizbarkeit der Lungenwege darthut.
Sind die Tuberkeln erweicht und ist der
Auswurfstoff zum Theil mit dieser erweichtai
Masse gemischt, so wird man alsbald die
Trümmer der Tuberkeln entdecken können;
sie gleichen kleinen Krümchen von weichem
— 5» --
Ki$e, welche in einem eiterfihnUehen dick-
lichen Bronchialsehleim enthalten sind. Ein
aoleher Auswarf besteht also aus eiterigem
Schleim ond diesen erweichten käsigen Mas-
ses, nnd selten wird man mit dem Mikroskop
in diesem Schleim wahre Eiteikügelchen ent-
decken, wogegen man in dem Bronchialschleim
der acnten Bronchitis mehr oder weniger
vollständige Eiterkügelehen in Verbindung
mit ScUeimkngelchen antrifft.
Ist der Auswurf stinkend, so ist dieses
kein gutes Zeichen; denn es bekundet ei-
nen entarteten Zustand der Lunge, ond ei-
nen gefährlichen UIcerationsprocess in der-
selben. Ein günstigeres Zeichen ist, wenn
die Menge des Auswurfs sich vermindert,
dieser seinen ' äbelen Geruch verliert , und
statt der rostbraunen oder grünlichen Farbe
nnd des jauchigen Ansehens mehr die Be-
schaffenheit von katarrhalischem Schleim an-*
nimmt. Die feinen Blutstreifen, die man bis-
weilen im Auswurfe bemerkt, sind nichts
weiter als Exsudationen aus der afficirten
Schleimhaut, und daher von Hämoptoe zu
unterscheiden, welche die Folge einer Ge-
fässruptur ist Die Untersuchung einer Por-
tion der Sputa zwischen zwei Glasplatten
vor einer Wachskerze ist sehr belehrend;
enthält nämlich der Stoff viele Eiterkügel-
ehen, sc wird das Licht mehr oder weniger
gebrochen werden und Farbenringe zeigen;
sind wenig Eiterkügelehen vorhanden, so
sieht man nur ein gelbes Farbenspiel; ist es
aber blosser Schleim ohne alle Eiterkügel-
ehen, so wird man gar kein oder nur eiw
- 60 ^
Behr fferinges . Farbenspiel bemeiken. . Dm
BlikrodLop giebt aber noch genauere Aoft-
kanft über das Dasein von -JBiterkägelcheB
und von Taberkelstoff, welchen lefafitem maii
meistens noch an den Trämmem der Zdki
und der Körperchen erkennen wird.
8. Respiratorische Thfitigkeit der
phthisischen Langen«
Aus Versuchen an gesunden Menschoi
will Scudamore ermittelt nahen, dass bei je*
der gewöhnlichen Einathmung nur zwei bii
drei Uubikzoll Luft in die Lungen aufgenom-
men werden. Zwar könne bei sehr kräfti-
ger und verlängerter Einathmung wohl das
Hundertfache der normalen Quantität aufge-
nommen werden, allein es erklärt sich doch
aus jenem Umstände, wie so Lungen, welche
bereits in hohem Grade erkrankt sind, so
dass nur noch ein sehr geringer Theil ihrer
Substanz die Function versehen kann, die
Athmnng zu unterhalten vermögen. Dieser
Umstand drängt uns wenigstens, nicht zu
verzagen, wenn einzelne Parthien der Lun-
gen desorganisirt oder mit Eiterhöhlen erfUlt
sind, und gestattet uns zu hoifen, dass wir
doch noch im Stande sein können, diese Ca*
vitäten zur Heilung zu bringen, und die Tu-
berkeldiathese zu besiegen; oder mit andern
Worten: den Zustand des Bluts so zu ver-
bessern, dass auch für die Zukunft die Eiter-
ablagemng verhindert wird.
— ffl —
leiflferte WSrroeeiitwiekelaB|(
*^ büiPhthiBischeii.
Es ist eine merkwärdige, biff Jetit i
»cht erklärte Tliatsache, das» ia lUenF'
\mx Tuberkelsucht der Langen i
Winae bedeatend erhöht ist. Der initUa:*
Stind der thieiischen Warme , unter dar
Zunge kann bei ausgcwachsenea JngeD^li-
dken Subjecteii nngefähr auf 97° F. *>Vfr-
liMDmcu werden: uio Wärmestaod .von 98°^F.
wägt schon eine bedeutende kiregnM- itg
CüvoUtion und ein Wärmestand todkI? Fi
bei nüiigem Verhalten deutet Mlün mf ■
Knnkheit. Bei der tuberkuIoMB LnngMI-
«Äwindsacht steht die Wärme aber' KwiMhen
90 bis 104° F. und erhebt sich aaeb wohl bei
telir bedeutendem hektischen Fieb^EO lOS^'^F;
2v genauen Ermittelnng des Winnestandes
MHs man ein dazu geeignetes lind wegen
ier kieincD Grade nach der Fahrathcif neben
■Silßim eingetheiltes Thermometer dem Kraa-
IM nrter die Zunge bringen, und ihn die
Imcd nm dasselbe schliessen lassen, und
■ iange warten, bis das Quecksilber einen
hsten Standpunkt genommen hat. Nimmt
wu nun an, dass die eigentliche Vrsache
iir thierischen Wärmecntwickelong in der
TertrennuDg des in dem venösen .Kute ent-
Wteoen Kohlenstoffs durch desen Contaet
wH don in der eingeathmeten Luft befindli-
chen Sauerstoff bej-uht, so uiuss man sich al-
M^i wundern, wie trotz dessen, dass bei
itt Logefuch^rindsacht eine groi^e Portion
— «8 ~
der erkrankten Langen den Athmungsact
nicht mehr verrichtet, die Entwickelung der
thierischen Wärme nicht nur sich nicht ver-
mindert, sondern sich noch vermehrt Zar
Ergründung dieses sonderbaren Umstandes
hat Hcudamore einige Versuche antemommeD,
bei denen es ihm vorzüglich darauf ankm,
das Quantuin von Kohlensäure, welches von
den Lungen eines Schwindsüchtigen und
wiederum eines gesunden Menschen dagegen
ausgeschieden wird, zu ermitteln, da das
Quantum der ausgeathmeten Kohlensäure den
Grad des Verbrennungsprocesses des Koh-
lenstoffs in den Lungen, wodurch sich die
thierische Wärme entwickelt, kund thut. Wir
müssen diese Versuche wegen des Interesses,
das sie haben, wörtlich mittheilen.
Versuche von Scudamore. Weisse^
luftdicht verstopfte Glasflaschen wurden fast
^anz mit frisch bereitetem Kalkwasser ge-
füllt Durch eine Röhre, die in die Glas-
flasche hineinführte, Hess Scudcm^are eine
Schwindsüchtige, durch die Röhre einer an-
dern eben solchen Flasche eine gesunde
Person während einer gegebenen Zeit kräf-
tig ausathmen; die Ausathmung geschah
genau nach einer Uhr in derselben Zeitf
dann wurden die Flaschen schnell verstopft
und der Niederschlag von kohlensaurem Kalke
sorgfältig gesammelt^ getrocknet und gewo-
fen. Diese Versuche wurden auch mit an-
ern Personen wiederholt Folgendes sind
die Ergebnisse dieser Versuche:
1) A. JB., drei und fünfzig Jahr alt, in ei-
— «3 —
nem sehr Torg crtckten Stadium der hmgen^
schwindsacht befindlich, selbst im Zustand
der Rahe sehr schwierig athmend, macht
acht nnd dreissig Ins(>initionen in der Hinate,
hat einen Pnb von 'ein hundert und acht
Schliffen, nnd unter der Zonge eine Wirme
von 101,5^ F. Bei dem Versuche gab er in
vier Minuten 3^ Gran kohlensauren Kalks« —
Ala Gegensatz: Jl. S^ sechaig Jahr alt^
gesund, mit einem Pals von sechzig Schla-
gen, einer thierischen Wärme von 96,5^ nnd
sechzehn Einathmongen in der Minute, giebt
in demselben Zeitrium drei Gran kohlensau-
ren Kalks.
2) D. L.. achtzehn Jahr alt, im letzten
Stadium d^ LfWigensucht; zwei und dreissig
Einathmunge») Pnls ein hundert und zwan-
zig, thierische Wärme 102'', gab in fiinf
Minuten vier Gran kohlensauren Kalks. —
Als Gegensatz: Ein gesunder Mensch von
denselben Alter mit sechzehn Einathmungen
in der Minute, einem Pulse von zwei und
(riebenzig und einer thierischen Wfirme von
97^ F. giebt 3 Gran kohlensauren Kalks in
derselben Zeit.
3) S. T. vier und dreissig Jahr alt,
beide Langen voller Tuberkeln, dreissig Einr
athmungen in der Minute, Pills ein hundert
und vier, thierische Wärme 102^, giebt unter
sehr kräftigen Ausatbmungen binnen fünf
Minuten fünf Gran kohlensanren Kalks. —
Als Gegensatz: Ein gesunder Mensch von
demselben Alter, Puls acht und sechzig,
Einathmungen vierzehn, thierische Wärme
— 64 —
97^, eiebt drei Gran kohlensauren Kalks ia
derselben Zeit.
4) JB. T., vier und dreissig Jahr alt, ia
dem letzten Stadium der Lungensacht; beide
Lungen voller Cavitäten und Tuberkeln; Oe^
schwüre im Kehlkopf; sehr grosse Schwidie;
Puls ein hundert und dreissig; thierisehe
Wärme ein hundert und drei; AusathmungeOy -
sehr unbestimmt und schwierig durch ^e
Röhre zu verrichten, giebt in ronf Minuten
drei Gran kohlensauren Kalks. — Als Ge-
gensatz: Ein gesunder Mensch von demsel-
ben Alter mit einer thienschen Wärme von
97^9 sechs^ehn Einathmungen und einem Pulse
von zwei und siebenzig, giebt 3^. Gran koh-
lensauren Kalks. Dieses Experiment ist dn
sehr unvollkommenes, und kann hier nicht
in Betracht kommen.
5) J. B. acht und dreissig Jahr alt,
Dyspnoe wegen hohen Grades von Emphy-
sem; keine tiefe Einathmnng möglich; grosse
Reizbarkeit; Antlitz aufgetrieben; Puls vier
und achtzig; thierisehe Wärme 98^; Ausath-
loungen sehr schwierig, giebt binnen vier
Minuten 2^ Gran kohlensauren Kalks. —
Als Gegensatz: Ein gesunder Mensch von
demselben Alter; Puls zwei und siebenzig;
in der Minute sechzehn Einathmungen ; thie-
risehe Wärme 97^, giebt in derselben Zeit
drei Gran kohlensauren Kalks. Au6h dieses
Experiment ist unvollständig und lehrte nichts,
und es kommen nur die drei ersten Versuche
in Betracht.
._ 65 —
Aus diesen drei Versuchen ergiebt sieb,
isss die Entwickelung von KohlensSare,
miAin die Verbrennung von Kohlenstoff bei
der Athmang, mit der Höhe der thierischen
IFiime in gradein Verhältniss steht. Die
Hiiifigkeit der Ausathmung allein begründet
nicht die grössere Production der Kohlen-
siare. denn in Fällen von Dyspnoe, wo die
AÜimungsbeweguDgen auch häufig sind, aber
die thierische Wärme nicht vermehrt ist,
uird auch weniger Kohlensäure erzeugt.
Eine in Folge eines rheumatischen Herzäbels
an Dyspnoe leidende Frau hatte einen Puls
von ein hundert acht und dreissig Schlägen,
acht und dreissig Inspirationen in der Minute,
aber eine thierische Wärme von nur 98^,
nud gab demgemäss auch weniger Kohlen-
säure als eine Phthisische mit einer ungefähr
Reichen Einathmungszahl , aber mit einer
äierischen Wärme von 102°. Ueberhaupt
mass man nicht glauben, dass mit der Zahl
der Inspirationen und der Pulsschläge die
Hohe der thierischen Wärme in irgend einem
Verhältnisse stehe. —
T. S.. ein gesunder Mensch, hatte nach
einer heftigen Anstrengung, durch welche er
sehr erhitzt wurde, nachdem er sich etwas
ausgeruht hatte, eine thierische Wärme von
9S-. bei vier und sechzig Pulsschlägen und
^chzehn Einathmungen in der Minute. Die-
ser Mann stieg alsdann sehr schnell ein ho-
hes Gebäude in die Höhe; dadurch wurde
sein Puls bis zu einhundert zwei und dreis-
sig Schlägen und die Zahl der Inspirationen
Journ. BJ.XCV. SL2. 5
^ « —
ilmztt Mchxic vermehrt ; aber Min« WloN
WebSÖ«. ^ ,.*,*»,
' Wenn nun diese Versuche richtig sind,
WT'-wflrde «ch daran«' schlie^sen lassen, das«
in' der IdOgmeocht,' tvena auch ein grosser
Thetl der Longen nicht mehr fähig ist seine
VonCtioaen ko veniehten, doch die Decarbo-
BÜMtion des Bluts, oder mit andern Worten
die VeriHenonng des Kohlenstoffs, lebbafter
' noeh voü Statten geht als in gesunden vöU
ü^regMuneo Langen.
' fis findet demnach in den tuberkolöffin
LiMgen eine gesteigerte Thätigkeit statt,
and' es entspringt viäieicht daher das hefc-
tisdie Fieber bei de^ acuten Pbthisis und die
hehÜMtie Reizang bei der chronischen Fon
'der Krankheit. In ViAge der abnorm übef'
eilten ThStigkeit der Laugen geschieht die
Oxydation des Blntg z-\var schnell, aber of-
fenbar nicht aflf eine dem Bestehen des Or-
ganismns günstige Weise, und es folgt iw
ans eine krankhafte Krregang des ginsea
Organismus. Bas Nervensystem zeigt eine
krankhafte Empfindlichkeit: bei gutem Appe-
tit und bei reichlicher Kost ist doch die Ef
nähmng nnvollstftndig ; der Körper magert
.ab, offenbar in Folge der fehlerhafteo Blut*
bereitung, der schlechten Assimilation und
der aufgeregten Thfitigkelt des absorbirea-
den Systems. Alle diese Umstände, die so
eigenlhämlicher Art sind, dass sie in kmer
andern Krankheit in diesem Verein wieder
angetroffea werden, lassen sich, meint Snt-
damorti nur erkISren, v/ena man das Daaeia
■ .' N
/
Ä7 —
speciGschea Virus im Blute, umau
it» Toberkelgifts annimmt, eine« Giftfl^ 4iU
ia verschiedener Intensität im KSrper voiv'
kuden sein kann, tmd je 'nach dem. (%rad
Aeier IrKeDsitüt tiod der . Empffinelichlieit
4n Sibjccts die TaberkdBodit bald in hS'
hera, bald in miriilHiB Grad, bald in a^>ta^
bald in rlironischei- Form hervorraft. - Diem
hTpoÜietisrfae Gift äb«trigt sieh, naeh St^
ämar» durch ErbliehlMHt aa|g das Kind, alwr
er will damit nicht geaa|;t> haben, daaa es
ach oiclit anch de noro era«agen kdMii.
Diese neue Eiv.eu^nc ist in manchen Qo-
^aden so^ar die hlouere.- Ein so erzeig
Ics oder ererbtes taDerimlfiepB Gift- kamt
Hr.udamore im Wot' Uiü;« YorhandCB
ohne dass es Bnr-Eatwiwinng kdmmtf
erst, wenn £e flUn» Batwidkehn^
^.n Umstünde eintreten, werde ea in
Igkeit gerathen vd Taberiteln in den
Langen nnd »iicli wohl in andern Theilen
traeugen, gerade wie di»Pocken sich inuuer^
Mf der €utis ubiasem, aber zuweilen anf
teeren Miiiiten vorKommeo.
Die tdcc, dnss die Toberkeln lediglich
I das £r/.e»gniss einfacher Entzündung sind,
I «eifit Scudamore mit Recht gänzlich zurück,
iBdem schon hnennec dargethan hat, dass
■an in vielen Lungen Tuberkeln und Taber-
kHliöhlen ohne die geringste Spur einer
Eot/ändnug in der nächsten Umgebung an-
trilR.
68
10. Prädisposition zur Tuberkel-
sucht. '
I
Ist in dein' Bau der Lungen irgend et-
was aufzufinden, was diese Prädispoaitiön
bekundet? Nach den neuste^ Untersuchun-
gen über die Structur der Lungen beim
Foetus und beim Neugebornen, welche Ad-
dison in den Verhandlungen der Königlichen
Societät zu London mitgetheilt hat, wird ge-
zeigt, dass beim Foetus die Bronchialzweige,
indem sie in die Lungenlappen eintreten,
äusserst dänne und zarte Wände haben,
die keine oder nur sehr wenig Falten inner-
lich zeigen. Es sind im Foetus natürlich
noch keine Lnftzellen vorhanden, sondern
bei der Geburt werden die zarten Enden der
Bronchialzweige im Innern der Lungenlipp-
chen in Luftzellen ausgedehnt, und zwar
werden diese durch den Druck der atmo-
sphärischen Luft auf die zarten Häute, welche
die Interlobularzweige der Bronchien dar-
stellen, gebildet. Sind die Luftzellen einmal
gebildet und mit Luft angefüllt, so wird
nach Addison das Quantum dieser sie ausfiSl-
icoden Luft selten oder nie verändert; die
bei der Einathmung ein und bei der Ausath-
mung ausströmende Lufimenge reicht nur
hin, sämmtliche Bronchialröhren auszufüllen,
wogegen in den Luftzellen die Luft sich
nur qualilativ verändert, indem hier der
Sauerstoff, wie sich Addison ausdrückt, nnr
durch Imbibition der Luftbläschen erneuert
wird, welche in dem feinen Parencbym der
— w —
[ l«n^en so ktein sind) und »o tett kn dar
iTcjinr ansitzen ; daas sie nur aoagetrieba
f «er(l«n können, weoa man'eine solche Kraft
' mwcaiet, wo<iurcb die ZeRen zerrissen wer-
, daher sie bei der gewöhnlichen Ath-
I mng gewiss niciA ans- aod eingetrieben
MToen. In der That findet man aneh io-
I dn Lsngen vieler ap.PhÜiiuB Gestorben«
gar nicht selten EnmpifeWf wdcbe in Folge'
•Mr Hu|itiir der LmWnft entstanden sind.
Mefae Emphyseme' Hfifet man, beilAnflg. ge^
•Bgt. mehr in ilen Obern als in den nntonr
' LafpcQ.
Xun scheint ans der Unteraachniig yoilt
urtvn Kindern, dann EHera p^thisiscG sind
«der nii Phthisis gestorben iviuren, herrontn-
Shen.. (lii-ss in den Langen dieser Kinder
'■ letzten Enden der Broncbialzwelge nnd
die Laftzelleii eine noch gröaaere Zariheil
kaften, als dieselben Thcite bei Kindern glei-
ten Altet's, die von gesanden Eltern ab-
stammen , und CS !4cbeint demnach die erbli-
de PWidJspo&ition zur Lungensoeht, so weit
aasere Kenntnlss blsjetzt reicht, darin zu be-
iteben, dnss die Longenzellen nicht kräftig
" lg fvirken, nm einestheils <*ie nöthige
Änderung zu bewirken, nnd andrentheils
Ablagerung, welche mit der Zeit sich
oder weiche, am mit Scudamore zu
:n, das im Körper vorhandene taher-
Vinis bewirken will, nicht zn verhü-
Freilich erfordert dieser Gegenstand
eine ganz besondere Untersachnng, al-
Mviel gebt deatlick ans dem bisher Er-
•■-- hervor, dass da, wo eine erbliche
— 70 —
Prädiftposition zur Lungensacht stattfindet,
oder auch nur geargwöhnt wird, mit mehr
als gewöhnlicher Aufmerksamkeit darauf ge-
sehen werden muss, schon früh die Landen
zu einer kraftigen und gesunden Thfitigkeit
anzuregen , und die Constitution gehörig za
entwickeln. | In der That ist unter diesen
UmstSnden eine . geihörige und regelmässige
Bewegung in freier Luft, und eine Gewöh-
nung an jede mögliche WitterungsverSnde-
rung von solcher Wichtigkeit, dass man sel-
ber vor der Gefahr, die Kinder könnten sich
erkälten, sich nicht scheuen darf sie anssu-
schicken. Nur auf diese Weise, nur durch
eine Bethätigung der Circulation, durch voDe
Entwickelung der Musculatur, ist es möglich,
über die ererbte Prädii^osition Herr zu wer-
den, und sie nicht zur Entwickelung kom-
men zu lassen. Geschieht dieses nicht, ;m)
wird je nach den einwirkenden UmstSnden
die eigenthümliche Diathese oder nach Scv*
damore das bis dahin im Körper latente ta-
berkulöse Virus alsbald zur Entwickelang
kommen, oder es wird sich diese Diathese
oder, wenn man will, dieses Gift auch woU
selbständig bilden, und dann früher oder
später in den Lungen, und zwar vorzugs-
weise in ihren obern Lappen, die Ablage-
rungen erzeugen.
k
n -
11. Beliaiidlang.
Von der prophylaktiachen Behandliuig
iit znm Theil schon eine ADdentuDg gegebea
w«nleD. Bei Rindern moss schoD »äE b«r
ffttuttn werden, und die |;ewfihiilicheii bygH
üiscbcn Regeln komiuen bei den Abkdäm-
Ijui^o pbfbUischer Eltern gus besondera ip
Betracht. Die Xahraag sei dem Alter $nr
BMessen, und bei den Kindern, die inai;el
pid und iic]iDell in die Höbe Bchiessen,'. mü
m besonders stärkend und die YegeUtiQH
bcAMemd; [Scudamare rith Mlchen Kjn-
dm frühzeitig schon etwas kfifüges Bier
sa «eben, und er würde besoadera den Iie-
berthrao empfelilen, wenn er dessen vortreff-
liebe, erst in Deutschland gegen solche Ao-
bge erprobte Wirkung hinlänglich kennen
(Memt hätte. Grosse geräumige j täglich
getürtete ^Schlarz-immer, tägliches .Ibwascben
flder Buden mit kühlem oder kaltem Wasser,
Bewegung in freier Luft za Fuss oder xn
PCfrde, oder wenn die Kinder noch nicht
reben oder reiten können, auf dem Arm von
»Täf tcrinnen , oder in offenen Wagen, eine
nicht zu kühle, aber auch/ nicht zu warine
JÜeiduDg, stete Bücksich^ibuf Leibesöffnang
■wl die Mittel, welche djigew^det werden
■issen, und die selbst auch daAn noch Hei-
Inr bewirken , wenn schon wenige oder
UMe Tuberkeln in den J^ongen vorhanden
■od. Eis litsst eich übrigegs^ denken, dass
B Besog auf die Behandlung der Tuberkel-
'— 72 —
sucht die verschiedensten Ansichten obwal-
ten müssen.
In Bezug auf die eigentliche oder cora-
tive Behandlung der Lungensucht hält Laem-
nee von Blutentziehung gar nichts^ sie kann
nach ihm weder die Bildung von Tuberkebi
verhindern, noch sie heilen, wenn sie bereits
da sind ; er gestattet eiue massige Blutent-
ziehung in der Lungensucht nur dann, wenn
es darauf ankömmt, irgend eine grade vor-
handene active Entzündung zu beseitigen;
sonst wiirde die Blutentziehung nur annOz-
zerweise Kräfte rauben; nach Laennec giebt
es nur zwei Indicationen, wenn man die To-
berkelbildung nicht mehr verhüten kann;
nämlich erstens dem vorzubeugen, was er
secundäre Tuberkeleruption nennt, und dam
die Erweichung, Abstossung oder Absorption
der vorhandenen Tuberkeln zu befördern.
Wo Blutentziehung erforderlich ist^ da giebt
Laennec^ wie überhaupt die französischen
Aerzte, der derivativen den Vorzug; er
. setzt nämlich Blutegel an die Oberschenkel,
und zur Verhütung der von ihm sogenannten
zweiten Tuberkelemption , empfiehlt er die
Anwendung von Fontanellen und Haarseilen;
ausserdem räth er zu einem Aufenthalt an
der Seeküste, aber nicht in unserem Norden,
sondern in einem milden südlichen Klima,
z. B. im Süden von Frankreich, auf Madeira
u. s. w. Ausserdem verlangt er, so auf die
Ernährung und Assimilation zu wirken, dass
diese mehr sich hebe und normaler werde.
Bei Louis finden wir in Bezug auf die
- 73 —
Bekandlong nur das ganz Gewöhnliche: De-
eocte von isländischem Hoos, Mohnsjnip,
TeOchenanfgass , Species pectorales und, je
■adi Umständen, Opium, essigsaures Mor-
pkinn, Belladonna, essigsaures Blei, schwe-
fcbanres Chinin, Biasenpflaster, Blutegel nnd
kl FiDen von Hämoptoe nnd pleuritisehen
SchmenBen kleine Aderlässe.
Andral. bei dem die Idee vorherrscht,
dass die Taberkeln ein Prodnct der Entzun-
daagen seien*, empfiehlt, so wie nur die ge-
ragsten Zeichen von Pneumonie, Pleuritis
•der Hämoptoe sich einstellen, allgemeine
nd örtliche Blatentziehung; letztere wendet
er aof derivative Weise an, nnd fugt zu die-
Zweck auch noch Blasenpflaster hinzu;
rdem benutzt er vorzugsweise mild er-
liiwende und etwas narkotische Mittel. Lei-
der finden wir bei allen französischen Aerz-
ten nicht so viel Vortreffliches in Bezug auf
die Behandlung der Tuberkelsueht, als in
Bezog auf die Diagnose und pathologische
Anatomie derselben. Mehr haben für die Be-
handlung die englischen und deutschen Aerzte
gethan.
In einer neuern Abhandlung über die
Natur und Heilung der Lnngensucht hat
Campbell eine eigene Theorie aufgestellt, und
darauf auch eine ganz besondere Behand-
lung gegründet. Seiner Ansicht nach hat
die Tnberkelsucht eine gewisse Identität mit
der Scrofelsucht; beide beruhen auf einer
schlechten Chymus- und Chylusbercitung,
und er glaubt, dass aus den Nahrungsstoffen
. • — 74 ^
Partikela in das Blut geführt werden, welche
in dasselbe entweder nicht hineinkommen
sollen, oder noch nicht verarbeitet genag
sind, um eigentlich in dasselbe zu gelangen;
diese Partikeln meint er, bringen den Blut-
gefässen selber keinen Nachtheil, werden
aber in den Capillargefässen zurückgehalten,
häufen sich dort an, und bilden entweder
Scrofelleiden , oder in den dazu passenden
Texturen Tuberkeln. Diese Theorie, gegen
die sich die gegründetsten Einwürfe erheben
lassen, führt ihn auf den Gedanken, solche
Mittel anzuwenden, welche dem BInt die
Kraft geben, diese ungehörigen Partikehi,
befinden sie sich noch in demselben . oder
seien isie schon abgelagert, noch mehr auf-
zulösen oder zu erweichen, und sie dann
leichter auszuscheiden, und ihm scheint die
Darreichung von Alcalien diesen Zweck am
besten zu befördern. »Ich weiss noch nicht
gewiss, sagt er, ob die Alcalien die Fähig-
keit haben, die Absorption vorhandener Tu-
berkeln zu bewirken, obwohl ich allerdings
einige Fälle zum Beweis anführen kann; al-
lein ich bin überzeugt, dass die Alcalien
sehr oft im Stande sind,. die weitere Abla-
gerung von Tuberkelmasse, und die Ver-
grösscrung der schon vorhandenen zu ver-
hüten.« Es scheint fast, als sei Campbell
durch die Erfahrung, dass caustisches Alcali
auf Tuberkelmasse, welche man aus Lungen
entnommen, gebracht, dieselbe auflöst, auf
die Idee geführt worden ist, die Alcalien
vermögen, wenn man sie innerlich giebt,
auch die im Blut circulirende Tuberkelmaterie
aufzulösen. Scudamore aber hat gefunden,
— 75 -
jus liali-Liquor die feste. Taberfcielniaus
nr nicbt einmal wirklich anflöst, sondern
flC aar in einen dfionen Brei VHwandelt,
□m diese seheinbare Enveieheiic
iwirken, mtisste noch Haceration nna
, ''^gtvisser Grad von Wärme dabei nüt-
«■lun. Nun bat aber weder, CampbM
bmIi irgend ein Aaderer .bewiesen, dau Ta-
berkdniNlene im Blote circalirend wirklich
vorhanden sei, und dass ein io das Blut ge^
kacfaies Solvens auf dieselbe wirken kdnne;
«elbst C'arsvelfs AnjB^abe, Taberfcdmalerie
im Blute angetroffen zu haben, ist nath TM
Keinem bestätiget worden.
Die Errnbriin; lehrt in Beeng u( die
esralive Behnndlimg der Lingensocht nor
Folgendes : Wir liaMn Bflcksicht za nehmen,
erstens auf den Zastand der Constitntian im
ADgemeinen, und dann auf den Zustand der
Langen lie^onders. Es ist klar, dass die
eigentliche Tuberkelkrenkheit lange im Kör-
C;r begonnen lialien muss, ehe sie in den
Bogen zur Manifestation kömmt, und wenn
bereits Tuberkeln in den Lungen sich zu
bildeo anfangen, können wir sie selbst noch
nicht darch Auscultation und Percussion er-
■attdn. Uustea und Brustbeschwerden sind
keinesweges im Anfange immer vorhanden,
■id selbst, wenn diese Symptome da sind,
wti wnst sich weiter nichts auffinden ISsst,
sie durchaus nicht gleich Besorgnisse
. Weit mehr Argwohn erregt ein
1, das trotz eines gesunden Appe-
guter Verdauung von Tage zn Tage
and kraftloser wird, und dabei ei-
— 76 —
nen angewöhnlich häufigen Pals imd einen
kurzen etwas beendenden Athem hat —
Die I Ursachen , welche zu der hier in Bede
stehenden Krankheit prädisponiren , sind nn~
Sesunde und schlechte Ernährung, wodurch
ie As3iniiIation abnorm wird; femer alle
Einflüsse, sowohl die geistigen als physi-
schen, welche Schwäche bewirken ; besonders
aber schlechte Luft, namentlich diejenige,
welche durch UeberfüUung von Menschen in
beschränkten Räumen für die Athmang on-
tauglich geworden. In einigen Manufakturen
und in vielen Wohnungen der Armen ist
diese schlechte Luft in bedeutendem Grade
vorhanden; allein auch in den Zimmern der
Reichen und Grossen kommt wegen Man-
gels gehöriger Lüftung eine schlechte Luft
vor; in Schulen und Kinderstuben sollten nicht
immer viel Kinder zusammen gehalten wer-
den; je Aveniger, desto besser. Leider wird
der Arzt nur dann erst um Rath gefragt,
wenn die Tuberkelsncht bereits in den Lun-
gen sich sehr ausgebildet hat, und es ist
die Frage, was in solchem Falle zu thun sei.
Es kann die Lungensucht einfach oder
complicirt vorhanden sein, und zwar entwe-
der complicirt mit einem Leiden eines andern
Organs, mit einem Herzleiden, besonders mit
einem Leberleiden, und sonst mit einem Un-
terleibsleiden; oder die Complication kann
darin bestehen, dass die Lungen noch selber
anderweitig leiden z. B. an Congestion, an
partieller Entzündung, Verhärtung oder Em-
physem. Pleuritische Entzündung oder in
Folge derselben Adhäsion und Verdickung
— 77 —
der Pleara ist häufig mit Taberkdsaeht der
Lunten verbunden, und es ist dann allerdinj^
nfithig, antiphlogistisch zu verfahren. Die-
ses mass auch stattfinden, wenn Hämoptoe
oder Pneumonie" vorhanden ist; aber mit der
Vorsicht, nicht einen Tropfen Blut mehr zu
entziehen, und überhaupt nffcht strenger an-
tiphlogistisch zu verfahren, als durchaus nö-
thig ist. »Ich bedaure, sagt Scudamore mit
Recht, den Verlust jedes Tropfens Biuts bei
einem Xungensüehtigen, obwohl ich niemals
säamen werde, da wo es durchaus nöthig
ist, Blnt zu entziehen. Ich habe die traurig-
sten Folgen von dem zu dreisten Gebranch
der Lanzette, des Schröpfinstruments und der
Blutegel gesehen.« — Die erste Indication
bleibt immer, die Kräfte der Kranken soviel
wie möglich aufrecht zu halten, und daher
ist allen Lungensöchtigen im Anfang zwei-
mal täglich thierische Nahrung, Cacaokaffee
mit Milch statt des Thees oder Kaffes, etwas
gesunden Porter zu Mittag und auch etwas
Wein im Lauf des Tages zu geben; das
vortrefflichste, gar nicht genug zu schätzende
Mittel, ist der Leberthran, zu zwei bis drei
Esslöffel täglich Monate lang fortgesetzt, wenn
nicht Durchfall öder Indigestionsbeschwerden
eintreten. Ferner lasse man die Kranken bei
gutem Wetter im Freien sich bewegen, bei
schlechtem wenigstens in geräumigen wohl-
geläfteten Zimmern, wo* sie recht frei aus-
und einathmen können. Ausserdem lasse man
die Brust Morgens und Abends oder nur ein-
mal des Tages mit einer Mischung ans zwei
Theilen Wasser, einem Theile Essigsäure und
einem Theil Cölnischen Wassers kalt oder
iv4riii'^a0cheBy und dann nui tttaer
MfaMe tfiehtig; reiben. • Bider «nd muht «
eiriffehlen^ hfiehstens nodi bet wäüc txodkmt
Bmt ein einfaches lauwarmes Bad^ mmim
ater «üBc^ nifr wenige Minuten -jmäiijfßA
'werden, mnas./ Bei ü^igon;^ snr fiMÜfMaa
darf aaeÜ das warme, Bad nicht jpigghai
werden. . *
^'^lat die Lun^naucbi weift yargcgtewt
«I» reieht ailerdings die eben geBauOe UMi
dütotische Behandlung nicht aos^^ «iid'>0i
öKüM die arzneilielie , wenn es eiiie : <icM^
nrit sa Hälfe, treten. Es sinli sewall^n
neuem als in filtern Zeiten eine.^ttenjp^iK^Sp««
eifiea gegen die Longensiiclit gerfihmt wctfr
den; aHein sie haben sich fast aHe nicht li*-^
^Ahrt, da man bei Empfehlung diesar'lliABi
selten sich klar gemacht hat, was eigenlliek
recht m than sei. Bedenkt man nfimlieh)
dass die abgelagerten Tuberkelmassen, ab^
gerechnet der hypothetisch virulente Ursprung,
und vielleicht auch die hypothetisch virulente
Qualität derselben, als fremde Körper auf die
Lungen wirken, und daher für dieselben dne
unaufhörliche Quelle von Reizung sind, md
durch Obliteration oder Compression derLnft*
Zellen der freien Athmung ein Hinderniss
entgegensetzen, so wird es klar, dass es
vorzugsweise darauf ankömmt, diese Tuber-
kelmassen hinwegziAchaffen. Der beste Weg,
dieses zu bewirken, ist offenbar die BethA-
tigung der abaorbirenden GeßUee tu dem
tamgen^ und diese Ansicht führte Seudamare
auf den Gedanken, die Jedine direkt tmf die
Lunge» wirken zu lassen, d. h. aie durch
— 79 —
InhhloHon anzuwenden. »Ich erwartete, sagt
Scudamore^ von der.Jodine nicht nur die
Beförderung der Absorption der Tuberkel-
massen, sondern auch eine schneilere Heilung
einer etwa schon vorhandenen Cavität, und
ausserdem eine Verbesserung der krankhaf-
ten Thätigkeit der Bronchialschleimhaut, da,
wie wir wissen, Bronchitis in grösserm oder
geringerm Grade fast immer bei der Lungen-
sucht vorhanden ist. Schon vor vielen Jah-
ren veröffentlichte ich ein Werk aber diesen
Gegenstand, und da seitdem die Erfahrung
bei mir und bei Andern in reichem Maass
die ausserordentliche Wirksamkeit der Inha-
lation von Jodine mit Zusatz von Schierling
(welches letztere der Jodine Einiges von
ihrer reizenden Wirkung nimmt) oestätigt
hat, so halte ich es für meine Pflicht, hier
noch einmal mein Verfahren kurz zu schil-
dern, und dasjenige hinzuzufügen, was ich
seitdem noch Neues erfahren habe.
Ich bediene mich noch immer des Glas-
apparats, welches ich in dem genannten Werk
näher beschrieben habe; es ist dieses ein
Glasgefäss mit den nöthigen Röhren verse-
hen, und die Röhren sind geräumig genug,
dass auch ein Kranker mit sehr schwachen
Athmungskräften die Dämpfe einathmen kann.
Der Kranke muss aber angewiesen werden,
so tief wie möglich 'cinzuathmeu, d. h. er
muss sich so viel wie möglich bei der Ein-
ath;nung anstrengen, jedoch ohne dass er
einen Schmerz erleidet, oder abgemattet wird.
Die Jodinauflösung , welche ich hierzu be-
nutze, ist folgende:
1
89
. Bp* Jodei pari
Kali hydriodid Z% gn. vif
Aqoae Drachm. v — vju -t -^«'^h
Spirit. vini Dradun» II.' '^.>.
M. S, Zur InhalatioH mittelii; ■» ^
< hitauiDg. -^ i.4>^ (
Im AnffiDg musa immer eiiie kMJMii'Aa^
•18 genommen werden, nfimlick e(w«'
halbe flraebme von dieser Hisdmng nndi
wird eeatiegen, aber ^^^ l^het ab hm$M
ftaf Drachmen ffir jede EitaatbrnAng^ mM|
xwar 80^ daaa zwd Drittel von dieiBier Sodr
Ar die erste Hfilfte der Zeit der jedenUit^
cen Inhalation und das andere Drittel 0k-
den. Ueber(€st derselben verbraocht whA^
denn sonst wfirde die Entwiqkiang voa JadU
dampfen im Anfang zu stark, nnd KidMM^
da die Jodine sehr flSchtig ist, bei f^rtM»'
setsler Einathmong za schwach werden. 1«
Schierlingstinctur wird jedesmal zu einer
halben Dr. pro dosi zugesetzt, und da sie
lange nicht so flüchtig ist als die Jodiue^ so
braucht sie nicht gesteigert zu werden, aus-
ser wenn die Schleimhaut ungewöhnlich reiz*,
bar ist. Das zur Inhalation dienende Geflbis
muss nicht ganz zur Hälfte mit Wasser von
120'' F. (etwa SS"" R.) gefüllt sein; mischt
main kochendes Wasser mit ehe» so vielem
kalten, so hat man ungefähr diese Tempera«
tur, und man unterhält sie, indem man das
Inhalationsgefäss in eine Satte mit heisserm
Wasser, etwa zu ISO"" (et^va 44" R.) stellt
Man muss die Einathmnng Anfangs täglich
zweimal vornehmen, dann dreimal, hierauf
wieder zweimal, zuletzt nur einmal einathmen
lassen, und dann eine Pause machen nnd
— 81 —
hieranf von Neaem beginnen, bis vollkom-
mene Heilang eingetreten ist ÄnfSnrlicb
mns8 jede Einatbmongsoperation nur fäni bis
sehn Minuten daaern, dann aber moss sie
fonfzehn, awanzig oder fünfundzwanzig Mi-
nuten lang fortgesetzt werden.« —
Seudamore versichert, hunderte von Hei-
lungen schon auf diese Weise bewirkt zu
haben; allerdings gäbe es auch Idiosynkra-
sien, wo dieses Mittel nichts hilft, wo es so-
Sr nachtheilig wirkt, aber solche ^ebt es
i jedem andern Mittel auch. Bisweilen
entsteht nach einigen Einathmangen im Ra-
chen oder im Mnode ein donkles fibelänsse-
hendes Geschwür, verbanden mit An^na:
v^enn dieses eintritt, muss man das Mittel
aussetzen, und ein Gargelwasser gebrauchen
lassen ; dadurch wird das Geschwür sehr bald
geheilt, und man kann alsdann die Inhalation
von Neuem beginnen lassen und ich muss
sagen, dass ich von diesem Verfahren so
viel Treffliches gesehen habe, dass ich es
wohl rühmAi darf. Innerlich giebt Semda'
more zur Unterstützung der Inhalationen
folgende Mischung, allein, oder mit heisser
Milch gemen^:
Bp. Rad. Sansaparillae contus. Drachm. iii.
Aquae calcis Unc. xii.
-Macerentur per xii. horas;
Colaturae Unc. xi. adde:
Syrupi Sarsapaiillae Drachm. vl
Solutionis Kaliuae Drachm. ii — lu.
Tinct Cort. Aurantiorum Drachmen— iv.
Kali hydriodici gr. x — %n.
JUL S. Zwei bis dreimal täglich zwei, drei
bis vier Esslöffel voll.
Joarn, Bd^XCT. SL 2, 6
-nr 8t —
Nachdem diese Arznei eine längere- oder
kSrsere Zeit gebraucht worden, reicht £leic-
damore Chinin mit Elixir Yitrioli aromaticimi
and mit oder ohne Zusatz von schwefebaa-
rem Eisen , oder er giebt einfach 'der Tinet
Ferri cömiN>sita den Vorzug. Ich habe aber
gefanden, dass auch in diesem Stadium Le-
berthran am besten ist. Eins der vortref-
liebsten Tonica, namentlich wo es zugleieh
darauf ankommt, auf die Athmungsnervea
erhebend and alterirend zu wirken, ist das
Ärgert nitrieum in sehr kleiner Dosis; aos»
serdem, wenn es keine Nausea erregt, des
Kupfer. — Die Expectorantia verwirft er ab
annöthig und den Magen verderbend. Ist
die Beförderung der Expectoration ndthig, so
setzt er zur Inhalationsmischung Ipecacaanha«
tinctur hinzu. Zur Beschwichtigung des
oft sehr quälenden Hustens und zur Beseiti-*
gung der Schlaflosigkeit, die oft vorhanden
ist, giebt Scudämore folgenden Sjrup:
Rp. Solutionis Morphii acetici gutt X.
Acidi sulphur. diluti Drachm. /?. — j.
Syrupi de tolu Drachm. IX.
M. F. Syrupus S. einen Theeiöffel voll
in etwas Wasser, nach Umstfinden
wiederholt.
Die Solution des essigsauren Morphiums,
die hier nicht genau angegeben, enthält in
sechs Tropfen einen Gran, folglich in den
zehn Tropfen If Gran Morphium. Man kann
auch das Morphium allein geben, oder den
jBo^^/ey'schen Liquor. Verlangt der Magen
irgend etwas Anregendes, so giebt Scuda-
- 83 —
More die Tinct Cinnamomi composita (eine
108 Zimmt, Ingwer und Pfeffer bereitete
Tinctur). Gegen die Naehtschweisse ist schon
firäher eine I^chong von Essig, Wasser und
Kau de Colosne als Waschwasser empfohlen
worden; sind aber die Schweisse sehr stark
und erschöpfend 9 so: setze man zu dieser
Lotion statt des Wassers einen Aufgass des
reinen Tannins (zwei Drachin. Tannin in
swSlf Unzen beissen destilUrten Wassen,
zwölf Standen lang macerirt und dann dorch-
geseihet) hinzu. Gegen die erschöpfeQden
Dianiiöen empfiehlt Scudamore Kiystiere ans
dner starken Abkochung der Granatrinde
mit Stärkemehl und etwas Opiumtinctur: in-
nerlich einige Adstringentien mit Opium' nnd
eine passende DiSt, nebst kleinen Portionen
von Brantwein und Wasser. — Ge^enrei-
snng hält Scudamore für sehr wichtig und
kleine Blasenpflaster hält er dazu am rath-
samsten, besonders wo Neigung zu Pleuritis
und Hämoptoe vorhanden ist; fürchtet man
durch die Blasenpflaster eine grosse Schwä-
chuna:, so soll man die Auflösung von Can-
tharioin in Essigsäure, so verdünnt anwen-
den, dass nur eine sehr geringe Reizung ent-
steht Dass bei Anwendung aller dieser
Mittel eine grosse Beharrlichkeit nöthig ist,
braucht nicht erst gesagt zu werden.
C»
HL
Kurze Erinnerungen aus
der Praxis.
Von
Dr. I S n. Hayn.
prakt. Arzt in Berlin,
1. lieber die zur Zeit der epidemi-
schen Cholera vorkommenden
Diarrhöen.
Es gab in diesen Epidemien unseligen
Andenkens, deren Bild nur sporadische Brech-
durchfälle der neusten Zeit jedoch deutlich
genug wiedrum abspiegelten, Durchfälle, de-
nen £e Cholera, so zu sagen, auf dem Fasse
folgte, während andre Diarrhöen selbst von
langer Dauer und copiöser Besehaffenheil
nur die Disposition zur Krankheit erhöhten,
aber das gefürchtete Uebel keineswegs im-
mer zur Folge hatten. Es erschien daher
von der grössten Wichtigkeit, jene Diarrhöen,
welche bereits als das erste Stadium der
Cholera zu betrachten waren, von denen ge-
nau unterscheiden zu können, welche nur
- 85 -
darch Schwächung des Darmcanals als Dis-
position erhöhend wirkten, zamal bei erstem
die Krankheit am so wüthender, obwohl zu-
weilen langsam heranschleichend, ausbrach,
wenn man versucht hatte, den Feind durch
stopfende Mittel zu besiegen. Nachdem ich
lange und vergebUch nach einem diagnostischen
Unterscheidungs- Merkmale geforscht (ausser
der Farbe und Art des Ausgeleerten, welches
hiofig unsem Blicken entz^ogen war), glaubte
ich es zuletzt bei genauerer Uotersuchung
des Unterleibes gefunden zu haben. Druckte
ich nämlich bei vorhandner Diarrhöe denUa-
terleib des Kranken, so gab sich mir in Fäl-
len, wo die Cholera bald nachfolgte, eben
80 wie bei schon ausgebrochner, mehr oder
weniger deutlich eine Schwappung zu erken-
nen, ein Gefühl, als ob die Hand auf eine mit
einer Flüssigkeit etwa halbgefüllte Blase
drucke, während in andern FäUen, sdbst bei
bereits lange angedauerter und heftiger Diar-
rhöe dies Gefühl sich durchaus nicht zu er-
kennen gab. Diesen Durchfall sah ich als
Diarrhoea ad choleram solummodo disponens
an, in jenem erkannte ich bereits das erste
Stadium der Krankheit, und hatte nicht Ur-
sache es zu bereuen, wenn ich dann Brech-
und Reizmittel bei der Cholera -Diarrhoe, bei
der andern aber Mittel anwandte, welche der
Natur des Durchfalls entsprachen. So ge-
währte das Opium z. B. bei rheumatischer
den grössten Nutzen, während es mit gröss-
tem NachtheiK den Ausbruch wohl verzö-
gernd, immer jedoch ihn verschlimmernd da
Sebraucht wurde, wo der Zersetzungsprocess
es Bluts schon begonnen hatte. Aus der
— 86 —
■
bereits erfolgten Abscheidung des Senun nflow
lieh und dessen im geringem oder jtrAMem
Maasse schon erfolgten Anhäufung im Darm-
canale erkläre ich mir das mehr oder weni-
ger deutliche Gefühl der Schwappung.
Dieser Beobachtung erlaube ich mir eine
Betrachtung beizufügen , welche von selbst
sich mir aufdrängt. War die Cholera erst
einmal in voller Wuth ausgebrochen, so sa-
hen wir, ehrlich gestanden, die Kranken bei
den verschiedensten selbst entgegengesetsten
Mitteln und Methoden genesen und sterben,
es offenbarte sich recht häufig die geringe
Einwirkung nnsrer Heilmittel auf den Gang
des Uebds, desto öfter jedoch dem nngetrflb-
ten Blicke die zuweilen wunderbare Heilkraft
des innern Arztesr, höchst sinn- und haifreid&
im ungestörten und ungehinderten Walten.
Ist es doch, als hätte eine höhere Hand uns
noch mit dieser Plage heimgesucht, um auch
denen, welchen nicht schon die Homöopathie
das Auge geöffnet, die Triumphe der Nafnr-
Heilkran zum Heile der Leidenden in vol-
lem Lichtglanze zu zeigen. Hahnemann^s
Lehre, die Natur durch Zaubermittel zu beherr-
schen vorgebend, und also um ihre Nichtig-
keit zu verhüllen, die Macht aufs Undank-
barste verlängnend, welche einzig und allein
ihre Siege eiScht, seine Lehre in ihren nicht
selten unläugbar günstigen Ergebnissen musste
den Arzt aufmerksam machen, musste ihn
immer mehr Vertrauen lehren in die dem
Organismus inwohnende, wie erhaltende so
auch heilende Kraft Wen jedoch dieser Ni-
hilismus in seinen Resultaten noch nicht zu
— 87 —
ibeneoMn vermochte, zu dem sprachen, wie
gtBBgtilhnt die fiberraschenden Genesungen
soleher Cholera- Kranken, welche schon voll-
kommen aufgegebjen waren; so warde immer
mehr zn einem Allgemeingut, was zwar von
den Heroen unsrer Wissenschaft zu allen Zei-
ten erkannt, aber meist tauben Ohren gepre-
digt worden. Wer fühlte damals nicht die
Wahrheit der StahFschen Worte: ante ocu-
los perpetuis, etiam innumerabilibus exemplis
eonstituta omnino res, nempe in multis prae-
eipoe vehementissimis morbis, spontanea ae-
gromm convalescentia I Gewisi^und wahrhaf-
tig, SiolTs Ausspruch: plures remediomm
nsos neeat quam vis et impetus morbi . wird
färder immer mehr an Gültigkeit verlieren;
schon sehen wir überall immer grössere Ein-
fachheit in der Behandlung, immer weniger
&a plumpes, unbesonnenes Eingreifen zur Un-
zeit in die Speichen . der Organisation , ein
immer verstandigeres Lauschen auf die lei-
sen Laute der Natur. Wie wenig gehört
zuweilen dazu, ihr die Wege zum Heil zu
erleichtem, wie geringe Anregung oft, ward
nur erst erkannt, auf welchen zu wandeln
sie gesonnen! —
2. lieber die Bildung häutiger Mas-
sen im Darmcanal.
Bei einigen von hysterischen Beschwer-
den mannigfacher Art gequälten Frauen beob-
achtete ich von Zeit zu Zeit Abgänge von
festen, häutigen, grauweisslichen Massen bald
— 88 —
in geringerer, bald in grösserer QnaiititiU,
entweder fär sieh abgehend, oder hSafi^er
den Darmkoth umkleidend, auch von ihm ein^
gehüllt Dem Abgange gingen stets schqierz«
hafte Empfindungen im Darmcanal voran, so
wie stärkere Luftauftreibungen in einzelnen
Parthien der Dickdärme; bei einer dieser
Kranken war die krampfhafte Auftreibang
in der Flexura prima des Colon transversum
immer bald mehr bald weniger fühlbar. Es
ist wohl ausgemacht, dass diese Abgänge
veranlasst wurden durch eine chronisch- ent-
zfindliche Reizung, dass sie selbst patholo-
gische Producte der Schleimhaut sind : wober
aber ihre zähe, lederartige Beschaffenheit?
Dzondi hat hierüber (im Aeskulap. Neue Folge,
erster Band, erstes Heft) folgende Erklärung«-
weise versucht, an welche zu erinnern ich
mir erlaube. Er leitet diese Zähigkeit und
Consistenz des abgesonderten Schleims von
dem Einflüsse entzündeter oder entzündlich
gereizter Faserhäute auf die Absonderung
der Schleimhäute her. »Der zähe Schleim,
der den Darmunrath umkleidet, auch ohne
Darmkoth abgesondert wird, ist immer mit
unangenehmen Gefühlen im Unterleibe ver-
bunden; der Schmerz, Stuhlzwang (?), das
Poltern im Leibe, die LuftentwicKelung im
Darmcanal lassen den Sitz dieser entzündli-
chen Reizung auf den fibrösen Gebilden nicht
verkennen. Denn die Schleimhäute, wenn
sie allein ergriffen sind, haben wenig oder
gar keinen Schmerz, die serösen Entzündun-
gen aber sind, wie überall, so auch hier mit
gelinden Schmerzen verbunden. Diese Um-
stimmung der pathologischen Secretion der
Hcihiiimiiindard^flen eatefliNilfehe^lHirtlBi»
k^Mlikifter fibröser Organe iat «b^ Mit^
idier Art Sie ense^ mkw^ißt-mm^r
Mefldnraooi, oder kompaete abgiiiMdetp ¥(Mfe '^'^
per, welehe auf ihnen mittew eines. Stieli^
mdütafm (Polypen). Die emtam hbs6g^^^
Enmgoiaae kommen vor in der NaaenMIft^^
Laferwre, den Bronchien, der HambhMDB «M *
im Mimmtaualf einige acheinen bloss äw ei^
starrtem Schleim sn .bestehen, andere abttr ^
sind den plastischen Ersengnissen der serB^
sen Hembranen timlick«
BieBcobachiMg eines DnJf8dU«ib:gi«
Af/Umur sehen -^ Journal, Band 34) sdMint
ebwfidls hierher zu gehdr^t. üMeriiwflrduj;.
war mir der Abgang einer hSMgba^ flockig '
ge%.^festM Mawe in dmi Stnhlgriag, den kM
MB schon bei drei Personen, und swar tfö .
weiblichen Geschlechts bemerkt habe.« Er
hob eine ziemliche Portion davon in demsel-
ben Wasser, ohne es zu erneuern, vier Jdure
lang auf, und zeigte sie dann als Seltenheit
an JBhimenbachy der aus ihrer Unverweslich-?
keit schliessen zu müssen glaubte, dass er
dne Desorganisation der Epidermis der Ge-
därme vor sich habe.
dergleichen Abgänge auch bei Man-
beobachtet worden ?
In curativer Hinsicht scheint gegen diese,
gewMinlich mit den Infarcten, d. h. Produc-
ten stockender, zum Theil degenerirter Sifte
mmammengeworfenen Secretionen eine streng
dorchgefttmrte MilchdiAt, so wie der GebraiK»
— 90 —
des Karlsbader BrnnDena noch das Meiate u
Mateii. Ihr Abgang bebt jedodh keineawegi
dfO' hysterischen Leiden, welche nur dorn
diese Reizong vermehrt und gesteigert werdea.
3. Ueber die lethale Wirkung der
Blausäure und blaasänrehaltiger •
Substanzen.
In den aufgezeichneten Beobadttongea
konnte bei dem raschen, schon nach Blinutea
erfolgten Tode die durch Yersnehe anThieren
von Orfila^ Viborg^ Krimer ul a. so gut Wit
erwiesene Thatsache nicht constatirt werdea^
dass nftmlich die primire Einwirkung der
BlausSure eine das Blut in seinen BUschangs-
veirhältnissen zersetzende sei, dass dann erst
secandär das Rückenmark in seiner motori-
schen Function so wie der Vagus afficirt,
und dadurch zuletzt Lähmung des respirato-
rischen Systems herbeigeführt werde. Des^
halb schien es mir nicht ohne Interesse, eines
Falles kurz zu erwähnen,. wo bei dem lang-
samen Effect des Giftes die erwähnte Wir-
kungsweise factisch bestätigt wird.
Ein Hypochonder in schon vor^räcktem
Mannesalter leerte eines Morgens ein Fläsdi-
chen, welches etwa.unc. iß. Aq. Lauroceraai
enthielt. Er hatte es sich längere Zeit vor-
her zu verschaffen gewusst, und längnete
nach dem Eintreten der Vergiftongssymptome
keineswegs, die That bezweckt zu haben.
Symptome, welche erst drei Stunden
- w -
1
1
miAi&mOmmm neh ^utttellteB, wtran: Lil^
a«mf n Hiiiden ludi Ffiasen, YonübeririUi-
Mt dM Kopfiii den irmnd n tebeB er iv>
flQrflf war^ anwillkfirlidie J)arai- und Cm-
cattemmg. Die ExtremitiUeB, obwohl fe-
£ii^gäkio uidkalt, warm nicht gelliliHo% der
ras hMn, dKe Stimme heiser aber deii^du'
Movkwlirdig war die volikomaiene Klarheit
des Bewnntaieins, mitTreoden lieqierkte er
die mehr und mehr iibcarhand nehmende
fldliMhiiiij md starb euer gerttmiteii Ctqpli-
m&lel «Bgeaditet «gen Abend röhic mi
sanft an Lmuenlifimnng* Bd der SeetisB
wnde das Hot ipon Jener eiffenttflndidwB,
anfhlend dodtehi iTarbe ond somiarigen Be»
sflhaflBnhdt nfaiden, dodi war kein- Bitter»-
■Mdelgcniro bemerkbar, ein überhaupt nicht .,
Symptom. ^
IV.
Kurze Nachrichten und
Auszüge.
1.
Nachricht.
von der Stiftang eines »Deutschen Ver-
eins für Heilwissenschaft *).u
Die Unterzeichneten, Ton d^r Ueberzeugung
geleitet, dass die bestehenden ärztlichen Gesell-
schaften und Vereine die Gründung einer grös-
sern, weit umfassendere ^vissenschaßliche Zwecke
erstrebenden Gesellschaft keinesweges überflus-
sig machen, sind zusammengetreten, und haben
sich über die Stiftung eines Vereins unter der
obigen Benennung geeinigt, welche durch die
Tendenz desselben, weit über die Gränzen ei-
ner Stadt oder eines Landes hinauszuwirken,
gerechtfertigt ist, und haben des Königs Ma-
jestät mittelst Allerhöchster Cabinets-Ordre, da-
tirt Benrath, den 31. August c, die entworfenen
Statuten zu genehmigen, sowie dem Vereine
*) Auf Antrag des Vereins abgedruckt. d. H,
ii» VL&AU rioer momliflchen Penon, in ffinfli^i
avT Erwerbung Ton Gmadstflejken und CTapite-
Ifante terleiheii, geriilit^ ntoil des Herm* SMi^
WaiMifM Dr. BiMom, Ezeellens^ In dim |le-
seripte Tom 22. October c dem Vereine Ilure
lAhnfleite ThellnAhnie> Ar eein^'^fweelce ipige-
ridkMi 'Lefsiere ergeben $AÄ ßMM detti':lder
beifolgenden Anssoge muU den ' Stetatott -dee
Tereine ftr Dentsche Heilwisnensehaft, Tom ML.
Jui- 184& Hit dem Wonedie, dne die Zwedra.
deeedben in «ggtiehet grtteeter Anedduinag
Mm. Bitteii der Wieseneeiuift deirdi tiebeMlgb
nM&nabme gefordert werden mdcMeii) HUk
die Ihiierseidineten nonmd^ jeden Arai "MÜr
Woadarst, oder nichttnEfUeKen Pi^amii Mr
HeDwiesensduift aller Orten ein, dnreb EinsälH
knig' von YierTlialeniPrem».CöaraaijIliiSdien
Beilmga slA stai Hiigliede des Yerrfas a«
iamitMiüren, und dadnreh dessen WirliaaAiBM
aa nhtersiüteen. Jeder' der nnteraeieiia^Ma
Amstibai i -Mitglieder, namentUeb der Yevstand/
ist gern bereit,' den Beitrag (siebe §• 9; des
Ansang») gegen Quitiang in Empfang an neli-
men, nnd wird die Uebersendnng des Diploms
als Mitglied dagegen unverzüglich erfolgen.
Beriin, den 6. December 1842,
Dei Deutschen Vereins für Heilwissenschaft Vorstand;
IdtJs^ Becker^ Casper^
' tr, erster Secretir, «weiter Secretlr,
A u 8 s c h u s s m i t g 1 i e d e T :
Bmm. Böhm. Busch. Dieffenbach. Eh*'
remberg. Froriep. Grimm. CfurU. Haudk.
Hartwig, Hom. Jüngken. Klug. Kothe.
MiUeherÜch L MitscherKch IL I. MüKer.
Bomkmg. Schlemm. SchihUein. Schulix.
fß. 8io9eh. J^osehel TriUiedt. Wagner.
Wolff.
94
AiiflBag aas den Statuten desDeoiscli«»
Vereins für Heilwissensohaft.
§. 1. Der Zweck des Vereins ist Ffirda-
rong der gesammten wissenschaftlichen Heülmsde,
mit Benatanng Ton Geldmitteln.
§• 2. Jeder Arzt «nd Wandarsi im §e-
sammten Dentachen Vaterlande, wie im A«a-
lande, selbst jeder nicht »Mrstliche Freund der
Heilkunde, dem der Zweck des Vereins als ein
Zeitbedürfniss erscheint, kann demselben als
mitglied beitreten.
§• 3. Zur Erlangung der Mitgliedschaft be-
darf es der Einzahlung eines Beitrages Ton Tiar
Thalem Freuss. Courant, die allj&hrlich, am 1.
Jnli, m leisten ist. Wer diesen Beitrag icostan-
frei an den Verein eingesandt hat, wird mit
seinem vollständigen Character in die Verzeich-
nisse der Mitglieder des Vereins für das lau-
fende Jahr eingetragen.
Auf Grund des einmal gezahlten Beitrages
erhält der Einzlhlende das Diplom als Mitglied
des Vereins.
§J 4. Der Vorstand des Vereins besteht
aus einem Vorsitzenden und zwei Secretären.
Der Vorsitzende wird jährlich von dem perma«
nenten Ausschusse durch absolute Stimmenmehr-
heit neu erwählt, und der abgetretene Vor-
sitzende ist far das nächste Jahr nicht wieder
wählbar.
Alljährlich scheidet der erste Secreilr ans,
und der zweite Secretär tritt an dessen Stelle.
Die Secretäre werden gleichfalls aus dem Aus«
— 95 —
•dmse dnrch abaolaie Stimmenmehrheit ge-
wiUt Ffir die Wiederwählbarkeit der Secre-
tire gelten dieselben Bestimmungen, wie fiir
den Yonitsenden.
Der ^nsschnie ergänzt sich selbst durch
Wahl ans den fliiigliedern des Vereins durch
absolute Stimmenmehrhett.
In Beziehung auf seine Arbeiten, theilt sich
der Ausschuss in acht Sectionen,' nach den
Hauptfkchem der Wissenschaft: in eine 1) ana-
tomisch-pbjsiologische, 2) medicinische, 3) chi-
rurgische, 4) geburtshülfliche, 5) pharmacolo-
gisdi-chemische, 6) forensisch-polizeiliche, 7) hi-
storische und litteraturhistorische, und 8) rete-
rinärische Section.
Jede Yerändernng im Vorstand und Aus-
sehnsse wird durch die öffentlichen Blätter zur
Konntniss der Mitglieder gebracht.
§• S. Für die Verwaltung der Fonds des
Vereins bestimmt der Ausschuss eine Commis-
sion aus seinen Mitgliedern, welche sich einen
Rechnungsführer erwählt.
§• 6. Am letzten Montage jedes Monats,
oder wenn derselbe auf einen Festtag fällt, am
Torletzten Montage Abends, hält der Verein
seine gewöhnlichen Sitzungen.
Aus 'den Sitzungsprotocollen werden nach
Jeder Versammlung Auszuge durch die öffent*
liehen Blätter zur Kenntniss der auswärtigen
Mitglieder gebracht. ■
Jedes Vereinsmitglied hat das Recht, keines
aber die Verpflichtung, in einer Monatssitzung
eine ron ihm oder einem anderen Mitgliede
— »6 —
I I
Terfassie Abhandlung zum Vortrag su bringen,
welche dazn vorher dem Vorsitzenden einge-
sandt worden sein muss, dem dann die Einord-
nung überlassen bleibt. Auswärtige Mitglieder
senden ihre vorzutragenden Arbeiten an den
Vorstanid oder eines der hiesigen Mitglieder ein.
Auch freie mündliche Vorträge der Anwesenden
sind in den Sitzungen gestattet. Die Yorgetra-
genen schriftlichen Arbeiten yerbleiben ihrem
Verfasser, oder werden in die Denkschriften des
Vereins aufgenommen. Üeber die Anfnahme
entscheidet die betreffende Vereins - Section.
§. 7. Der Verein disponirt über die ihm
zu Gebote stehenden Geldmittel, nach Abzog
der ndthigen Verwaltungskosten, zur För.demng
der Wissenschaft, auf folgende Weise:
o) Preisfragen. Der Verein wird, wo
möglich alljährlich, mindestens zwei Preise aus-
setzen, einen kleinern nnd einen grössern. Der
kleinere, sich beschränkend auf die Anforderung
einer Reihe von Versuchen und dergleichen, soll
nicht unter fünfzig Thalern, der grössere, be-
treffend die Erforschung einer allgemeinen wis-
senschaftlichen Frage, nicht unter zweihundert
Thalern betragen. Wenn die Fonds es gestat-
ten, können grössere und mehrere Preise aus-
gesetzt werden. Die Preisfragen werden durch
absolute Stimmenmehrheit festgestellt und den
Mitgliedern durch die öffentlichen Blätter be-
kannt gemacht.. Preisrichter ist die betreffende
Section des Ausschusses, welcher der Vor-
sitzende noch drei Vereinsmitglieder nach sei-
ner Wahl zugesellt. Die Mitglieder derjenigen
Sectionen, die die resp. Preisaufgaben gestellt,
sind von der Coneurrenz um den Preis ausge-
schlossen.
&) Versuche und Untersochaugen.
' «* ff • iHB.- . -
• ■ ■ , * ■ •
dpB •kMumtgebiete der HeilwiaMiijidiaft dtfdk
«lliilrilM^rtMMiMB; DiBryeir#«iKMft.«i^
Vor; die Muffenden jftrIraiMii: M
^ J«»aiAimehillefc.--^-. •-■-■''•' '■.■•*'''''"*f- *-*
.e^ Herav8]$abe grösserer Werke.
■MiMil'- dfo»^ Uhn sa Geböte . siebeiideii WÜibI es •
ysli^gM, wird itr Y€ran iUenMtmgMi^aiiiU
r, Ar die Wissenschaft wicbt^. Werice
tlnBy>dle oKnef-ehie* solfaie^Üntersttjauiig
i^Tcrl^er finden soUieQ« >' ^ V) '*»£..»:
-i?yj> Wissen'sehaTtliehe : Jt^liTvik^'' Vu
Mrflus der neidr wMIgiit •* jj WilMh^if "^üfa' '
'Un Epldradeai, EpiseoiSeen and erideni*.
Krankkeiten so 'fördern, wird derYerdb^.
>lhassgabie * seiper FMds dft ^iuMai'^eiu
rirder TorUemiden ITmsMtodie^' lb#iM
«HMlsMMteMgeik bewilHgen, Aeib die geiamn:-
tam Kasien einer^aaf jenes Stndinn'bingerieli^
feien. . wissensebaftlichen Reise tragen. Ein
49dMies findet stait in Besiehnng auf andere
friamitmi biiftliche Zwecke. Simmtliche Berichte
Jair*lleisenden sind Eigenthum des Vereins^ und
dsffselbe behSlt sich das Recht tot, diese -Be»
riekfe in seine Denkschriften aufznnehnien«
"'«) Denkschriften. Der Verein wird'
dsreh die Heransgabe ron* Denkschriften deni
%iascnscliaftlichen . Publicum einen äussern Be-
weis seiner Wirksamkeit geben. Dieselben er-
Snen auf Kosten des Yereins, in der Regel
irlidiy in einem Quartbande, /welcher jedes»
saeh Maassgabe der Wirksamkeit des Yer-
enihalien wird:
1) die alphabetische Liste simmtlicher Mii-
aos dem letstverflossenen Jahre;
Bd.Uy. 8U2. 7
^ 98 ^.
2) den RechenschartUbericht iiber die Gu-
seoverwaUung^ für* die Mitglieder f
5) die Proiocolle oder Protocollaassäge der
monatlichen Sitsangen, worin aber jedenbUf
sämmilicbe vorgetragene Arbeiten, mit den Na-
hmen ihrer VerfasBer, BummarLsch genannt werden;
4) die xnr Aufnahme Bchou früher bestimm«
ten Al|I|Andlangc(u (§• 6« und 7* h,)i
I
6) die dazu bestimmten gekrönten Preis-
schriften (§• 7. a.);
6) die Berichte von Reisen, die durch Ver-
einsmittel gefördert worden (§. 7. d).
Fi|r die Herafisgabe der Denkschriften wird
ein Redacteur vom Ausschusse durch absolute
Stimmenmehrheit gewählt, der auch für jeden
folgenden Band wieder wählbar ist.
Jedes Vereinsmitglicd erhält gleich nach
Erscheinen eines Bandes der Denksdiriften den-
selben zugesandt. Später eintretende Mitglieder
Jcönnen auf ihren Wunsch die früher erschiene-
nen Bände, gegen Entrichtung der. Druckkosten
erhalten. In den Buchhandel gelangen die Ver-
eins-Denkschriften nicht.
§. 9. Die Statuten können in ihren Grund-
tilgen, nämlich darin, dass Jeder durch seinen
Beitrag die Mitgliedschaft des Vereins erwerben
kann, und dass die Gesammtbeiträge xu heil-
wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden
sollen, gar nicht und sonst erst nach drei Jah-
ren, und dann nur durch absolute Stimmen-
— »9 -
ili der säniinilichen Mitglieder des Aas«
flchnsses, abgeändert werden;
B erlin, den 20. Juni. 1842.
2.
Praktische MisceUen
und
LesefrflcJite
aus der ausländüchen IdUerahir»
Vom Heraasgeber.
Periodischer SinguUus. — Einen solchen beob-
meidtie Herr Cknvan bei einem zwei ond zwan-
sig jährigen Schumacher. Das Schluchzen
dauerte zuerst Tag und Nacht ununterbrochen
eine ganze Woche lang, dann blieb es vierzehn
Tage aus und kehrte während drei Monate
jaden Morgen beim Aufstehen wieder bis zum
Abend dauernd (Nachts hatte Patient Ruhe);
endlich stellte es sich in regelmässigen, sechs
und dreissig Stunden anhaltenden Anfallen ein,
'«reiche jeden vierten Tag wiederikehrten. So
blieb das Uebcl sechs Monate hindurch. Die
krampfhafte Bewegung des Zwerchfells erfolgte
etwa dreissig mal in einer Minute und der
Kranke, sonst schmerzensfrei , litt bloss an Fla-
tulenz und zuweilen an Erbrechen. Das Uebel
"Widerstand allen Mitteln. Ob es endlich aufge-
hört? wird nicht gesagt. (The Lancet 18.
Juni 1S42. p. 395). — Beispiele von hartnäcki-
gem und ott wiederkehrendem Singultus sind
■icht selten. Ref, hat sie bei Epileptischen
7*
^
— 100 —
und bei Hysterischen oft lange Zeit und obne
erheblichen Nachtheil beobachtet^ aber Ton Sin-
gnltns intermittens kennt er kein Beispiel ond
mnss isich wundern^ dass Herr Cowan in seinem
Falle nicM'Enni Gebrauch des Chinini^ geschrit-
ten sei; wenigstens erwähnt erdessen nicht un-
ter denOIitteln, welche er angewendet.
' Blatebalg ' €reräH8ch, — Bekanntlich wird
dies Geräusch bei Anaemie und in der Chlo-
rose als charakteristisch betrachtet. Einige suchen
deii Sitz desselben in den Arterien, Andere in
den Yenen. Nach Herrn Cowan findet es in bei-
den statt und ist leicht zu unterscheiden, wenn
man das Stethoskop auf die Jugularis externa
dicht über der Clavicula ansetzt und dabei den
Kopf nach der entgegengesetzten Seite hin beu-
gen lässt. Das Geräusch der Yenen ist tiefer
im Ton (lower), brausend (roaring) und anhal-
tender als das der Arterien und man kann es
ganz unterdrücken, wenn man das Stethoskop
fest auf die Yene aufsetzt. Die vorschreitende
Besserung hat zuerst die Folge, dass das Blasen
in den Arterien aufhört, das in den Yenen mehr
intermittirt , schwächer wird und endlich auch
ganz schwindet. Je tiefer der Ton, und je con-
tinuirlicher derselbe ist, desto grösser ist dii$
Blutarmuth lind umgekehrt. Im Herzen selbst
hat Herr Cowan das Blasebalggeräusclv nur bei
organischen Fehlern, me bei gesundem Zustande
desselben gefunden und kann die entgegen-
gesetzte Ansicht Anderer nicht theilen. (ibid.
p* 434).
PJUhiHa puhnonum bei Menschen und Thieren» —
Herr Rayer hat in der Sitzung der Acad. des
— . 101 —
scieiices zu Paris am fünf und zwanxigsieii Juli
1842 die Vorlesnog eines Kf emoire über die Lun-
gcnschwindanchi beendet, ans wekber wir Eini-
ges ausheben wollen« Die Taberkelschwind-
sacht ist von allen chronischen Krankheiten die
am allgemeinsten verbreitete. — Tnberkelmasse
ist leicht von frischem Eiter za unterscheiden;
letsterer enthSlt immer körnige Kiigelchen (glo-
bales grenas); Lungentabcrkeln haben immer eine
grauliche Farbe. — Die Erweichung der Tuberkeln
▼om Ceniro aus ist fuchi Folge der Eiterung ; denn
CS sind nie Eiterkügelchen di^rin enthalten; die
Eeripherische Erweichung dagegen wird oft durch
ntsfindung der umgebenden Theile herbeige-
führt und man findet dann wahre Eiterkugeln
der Tuberkelmasse beigemengt. Die kalk -oder
Ineideartigen Concremente, welche man nicht
selten in den Lungen findet, wurden bisher als
entarteter Tuberkelstoif angesehen, aber mit
Unrecht: sie sind Produkte einer Eiterablage-
rang. Die Phthisis ist erblich, aber beinahe nie-
mals angeboren: selbst die ersten Rudimente
derselben werden nicht als ein Morbus congeni-
ioM gefunden. Bei Phthisisohen enthält das in
den Saamenbläschcn befindliche Sperma wenig
oder gar keine Saamenthierchen. Schlechte
Nahrung und tibermSssige Anstrengungen beibr-
dem die Entwickelung der Phthisis beim Men-
schen, — Gefangenschaft und Hausthierleben,
bei den Thieren. (Gazette mid* de Paris 30.
Juli 1842. p. 493).
Euer im BMe. r- Herr Fdix d'ArcH hat Un-
tersuchungen angestellt über die Wirkungen,
welche die Aufnahme des Eiters ins Blut her-
beifiihrt und sie in seiner Inaugural -Dissertation
(These) Paris 1842 beschrieben. Er hat an
Thieren expcrimentirt und namentlich Hunden^
— 10« —
theils reinen Eiter theils solchen , der schon
durch die beginnende Fänlnisis alterirt war, ein-
gespritzt (zu fünf bis zehn Grammen ■» acht-
zig liis hundert nnd. siebenzig Gran). Es er-*
folgten danach wahre Vergiftnngs - Symptome
und zwtir in nachstehender Reihefolge : Schinch-
sen, Erbrechen, Durchfall, Fieber nnd Engbrü-
stigkeit, grosse Abspannung, Betäubung, unfrei-
willige Excretionen, Blässe der Schleimhäute,
Leibschmerzen und der Tod unter Zittern oder
unter w;ahren Conrulsioncn. Die Section ergab
Folgendes: die Lungen waren blau, infiltrirt^
hart nnd mit Ecchymosen unter der Pleura und
zwischen den Lungenzellen wie besäet. Aehn-
liche Blutextravasate zeigien sich auf der Mils,
der Leber und auf den Därmen. Das Blut selbst
war schwarz thcerartig und halb geronnen* Nur
zinreimal fand Herr d'Arcei kleine isolirte Eiter-
ansammlnngen in den Lungen und schiebt dies
darauf, dass bei seinen Versuchen die Vermi-
schung des Eiters mit dem Blute sehr schnell
erfolgte, während bei grossen Eiterfläch eu das
Pus nur langsam resorbirt wird und dadurch
der Bildung dieser eigenthümlichen kleinen Ei-
terdepots Zeit gegeben ist. — Vorstehende Ver-
suche haben demnach ganz dieselben Symptome
zur Folge gehabt, welche wir beobachten, wenn
bei extensiven Vereiterungen am lebenden Men-
schen eine spontane Absorbtion des Pus erfolgt.
— Beiläufig bemerken wir noch, dass Verfasser
bei solchen Kranken mehrmals Ebveiss im Urin
gefunden hat. (Der Titel der Abhandlung ist:
Recherches sur les abces multiplies et sur les
accidens qu'amenc la pr^sencc du pus dans le
Systeme vasculaire, suiries de quelques remar-
ques sur les altörations du sang. Paris 1842)*
— 103 ~
Seeak eormham, — Grosse Gabta desselben
eMegen ZnflÜle, die dem Tetaniis Shnlieh sind:
kiereaf grfindei Herr T. &Mng den Yorschlag,
dias Mntterkorn gegen Tetanus tranmaficns an-,
sawenden. (S. The Laiicet 30. Juli 42. p. 622).
Ein italienisdier Arsi dagegen, Herr UherH
KB Brndaf betracMet das Mntterkorn als ein
wahres Aniiphlogisiionm und beschreibt t'MlIe
iron wahrer Ptmitmimle, wo — ohne dass eine
aflgemeine Blntentziehung, die gidss dringeiid
InSoirt war, gemacht worden wSre — das Se-
tele eorniiiam allein oder mit BeihülFe ron Ve-
aicatorien die ToUständige Heilung bewirkte
(JUnali universalii di Medicina Febr. MHr« 1842).
Ital Mittel sollte snm Gegenstand gediegener
ihctapeutischer Versuche in Kliniken und Kran-
kenhSnsern gemacht werden. Ref.
3.
Monatlicher Bericht
über
Gesundheitszustand, die Geburten und
Todesfälle von Berlin.
Mitgetheilt'
aus den Actt^n der Hufelandischen med. chir.
Gesellschaft.
JMonat Januar.
Die rheumatisch katarrhalische Constitution,
begünstigt durch eine in diesem Slonate fast
unerhört gelinde Witterung und anhaltende Re-
gengüsse^ bildete die Grundlage der meisten ac^*
— 104 —
ien Krankheiien, and nicht «elien trat zu den
chronischen Zuständen jene Complication hinzn.
Die sopst zu dieser Zeit häufig vorkommendeii
echten Entzündungen wurden kaum gesoheur,
jedoch um so mehr kamen rheumatische Entzünr.
düngen der Pleura, des Halses, des Herzbeutels
und der Gebärmutter in Behandlung. Die all-
gemein Terbreitetste Krankheit war Angina so-
wohl tonsillaris, pharyngea als auch echte mem-
branacea. Aber auch eine vom vergangenen
Jahre mit herübergekommene Beimischung von
Gastricismus zu den rheumatischen Krankheiteil
liess sich besonders im Anfange des Monats häufig
deutlich nachweisen^ und machte namentlich id
£eberhaften Zuständen um so mehr auf sich «ffi
merksam , weil jene Verbindung sehr langsam
rerlaufende, und zu häufigen Recidiren veranlai-
sende Zufälle . in ihrem Gefolge hatte. Nachtliei««
Hg wufde jene Complication den Kindbetterin-*
~nen, von denen mehrere in Folge derselben von
stürmisch auftretender f cbr. puerperalis befallen
wurden, der sie als Opfeir fielen. Unter den
Ausschlagskrankheitcn waren die Masern am
zahlreichsten gesehen worden, jedoch hatte auch
das Scharlach eine ziemliche Verbreitung gewon-
nen, besonders unter Erwachsenen, von denen
viele im Stadium der Eruption und Efflorescenz
der Krankheit durch die Heftigkeit der entzünd-
lichen Erscheinungen des Kopfes und der Brust
starben. Echte Pocken so wie Varioloiden Hes-
sen sich ebenfalls zahlreich beobachten, am häu-
figsten aber waren die Varicellen. Ausser die-
sen den Kindern eigenihümlichen Hautkrankhei-
ten sah man auch nicht selten Rosen und Pem-
phigus unter den Erwachsenen.
Es wurden geboren: 538 Knaben und
462 Mädchen,
* I
1000 Kinder.
— 105 —
Ea atorb^: 17« ■
160 welbl. Oescbleehti und
304 Kinder nntor 10 Jabren,
'■ m. . ■
Mcbr geboren: 360.
SpteMt KrmJtMhH.
An BnlluKnunE Allen wefia
An SehwKche halil nAüh JerGe-
liurt
Dnieitig und toill grbori
An tchwcTem Zulineii .
Am iSlanluaiDj^f .
Am iKinabackenluampf
Ad Kfl^slxa ■
An BcropÜeln .
An Gehirn H-asaen II cht .
An Sen Pocken . ,
Am Fiiesel . , .
Am Pemphigus . .
An Sduilachfieber . , ,
Ad der ßehlinenlzündung
An dei Lui^enenliQiiduiiE
An Hei lloterleibientiflndung
An der namcDliUndiiiie .
An Oei BrKune ....
An du HeixcDlzündüng .
An BcT HeiibeulelentiflDduDg
An Ser fiebSnnaiterentzQndunE .
AnFImiiitli , .
IM -
Am BntxQnduuBifieliei
Am NFm-DÜebc-r , .
Am SchlclmGcbrt . .
Am Typhus alidominalii
Am KinAbctllicIiFr . .
Am abnlundeniiiidicIileUken'
den Fiebn
An dai LungcRivhwindaucltt
Aa fl» HsUichwindiucbt
An dCE Unlerlciluifliwiatliurht
An der Dann leb winAmchl
Am Hyilniii
Ab Hjitofi )>nicardii , .
Am Mj^TothArax , .
Aa der Tymfanllü . . .
An der Lebeikrankheil
Ad dn Gclbiucbt . .
Am DureUall . . .
Am BtcchduTcIifatl . .
An Her Rubi ....
Am Blitttlurz , . .
An Blutbteclien . . .
Am Schlag und Sticlifluis
An or)[''B'*cfaca Pchlem
An Knochenf^schtvüien
Am Krebi
Am Bnnd ....
An Krailkheil der Urinwcee
An dei Eücftenmarlitdarre
An Bl«B»üer*eichung . .
An pchiMcrtvvichung .
An ltückeniit*rks€iw«icliuiig
DuRih flclbilmord . , .
An nicht lienannRn Krankhtilcn
Durch Ungtäcksrille . ■ . .
Summa
107
3.
f
■
Zwölfter Jahres -Bericht
der
Hofelaudscheii Stiftung
lur
Unteretfitaang notbleidender Aerate.
Der KaMenbesiand des ärztlichen Hülfs-
^treins hetmg am Ictztm Deeember 1841t
31,900 Rthlr. in 9taatapaj»icren und 405 Rthlr.
3 8gr, 4 Pf. in Cour. Aiercu kamen im Jahre
1842: 4522 Rthlr. 2 Sgr. mit Einschluss von
1338 Rthlr. 26 Sgr. Zinsen und 577 Rthlr. Prämie
nf Staaisschuldscheine, welche in 3^ pro Cent.
Zinsen tragende Papiere verwandelt worden
and. Ausgegeben wurden: 2300 Rthlr. zur Un-
ierstfitzung von Zwei und Sechzig hülfsbe-
Mrftigen Aerzten und 356 Rthlr. 2 Sgr« 6 Pf.
ior Bestreitung der Yerwaltungskosten. DasKa-
idial- Vermögen vergrösserte sich um 1700 Rthlr.
Oen Kassenbestand am letzten Deeember 1842
badeten: 32,900 Rthlr. in Staatspapieren, 55 Rthlr.
ui Colde und 429- Rthlr. 5 Sgr. 10 Pf. in Cour.
Bei der Wittwen - Unterstützungs-
Kasse ior Aerzte betrug der Bestand am letz-
ten Deeember 1841; 9000 Rthlr. in Staatspapie-
ren und 622 Rthlr. 25 Sgr. 4 Pf. in Cour. Da-
ra kamen im Jahre 1842: 1709 Rthlr. 23 Sgr.
mli Einschluss von 371 Rthlr. 18 Sgr. Zinsen
und 180 Rtiilr. Prämie auf convertirte Staats-
Mliiil4Mheine. Ausgegeben sind: 360 Rthlr. zur
VliterBtQtznDg von Zehn dilrftigen Wittwen
-»- 108 —
und 9 Rthlr. 15 Sgr« zur BesireiioDg verschie-
dener Kosten. Das Kapiial-Yemidgen vermehrie
sich um 1500 Riblr. Kassen-Bestand ultimo De-
cemVer 1842: 10,500 Rthlr. in Staaispapieren,
6i Rthlr. in Golde und 392 Rthlr. 13 Sgr. 10 Pf.
in Cour. . '
Berlin, den 9ten Januar 1843.
Mku fHreetorium der Htifehmdsehen
MUT Uniersiutxung nothleidender Aer%te»
w
Bar9M. B%99^. Klug. TrüetedL
«. Wiehel
i;'
Bofia, (edrnckt b«i F. If ietack.
Nachricht
wegen der ForUiet»iiig des
Joonuds.
Nack dem plöislidien, köchsi beirflbenden
Tod^ifiill des bUhericen Heninsgeben des A^e-
kmd»chm Journal« hat der Unterseichnete mttf
dbit jMjmhüfittfhtin W\m§eh wnd im JBbnmvMidbito
mdi dm VMmtUbtmm <bt MretoMm 8Umkrmlh$
BMmd wnd Geh. Baika Omm die Fortsetrang
und Redaciion dieser Tor nun bald fiinfkig
Jahren gegründeten Zeitschrift fibernommeni
woxn ihn, ausser seiner langjährigen Miiwir-
knng als Hitarbeiter an diesem Jonmal ond sei-
nem innigen FrenndscbaftsveriiSltniss mit dem
bisherigen geschätsten Herausgeber desselben,
auch die PietSt Ar sdnen hodirerehrten Lehrer
Bufekmd bestimmt hat, dessen Wunsch es im-
mer gewesen, dass die von ihm gegründete,
mit. so vieler Vorliebe und Ausdauer unter
den schwierigsten Umst&nden und den un-
günstigsten Zfsitläuren forigefiihrte und mit
so allgemeiner Theilnahme aufgenommene Zeit-
schrift auch' nach seinem Tode fortgesetxt wer-
den möchte. Indem der Unterseichnete daher
diesem Wunsch zu entsprechen und das JSfig^
kmdache Journal möglichst im Geiste seines
Gründers fortzuluhren unternimmt, erlaubt er
sich in Besftiehqng auf die Gmndsätse, die ihn
bei der Redaction desselben leiten werden , auf
das Vorwort zu dem Januarheft des Jahr-
gangs 1842. zu verweisen, und wendet sich an
das geschätzte ärztliche Publikum und die ver-
ehrten Mitarbeiter mit der vertrauensvollen Bitte,
diesem ältesten deutschen medizinischen Jour-
nal auch ferner ihre Theilnahme und thätige
Hitwirkang durch gediegene, den Anforderungen
des heutigen Siandpnpkis der medizinischen
Wissenschaften entsprechende Beiträge schenken
SU wollen.
Der Unterzeichnete verbindet hiermit zu-
gleich die Nachricht an die geehrten Mitarbeiter
und Abnehmer dieses Journals^ dass, da eine
Einigung mit dem bisherigen Herrn Verleger
nicht möglich gewesen ist, dasselbe fortan im
Verlage der Oehmi^keschen Buchhandlung zu
BarUn erscheinen wird, und dass, da die afliite
Mfrsy berechügie Eb^ekmdtche Famüie de» ferme»
rmk OAnmck des TUeU und des Namens wm Ai-
feUmd und Oemm unier keiner Bedingung alnsai
Andern ai$ dem VnierMeickn^en geeiatiei, jede on-
derweU^ elwa in Aueeicki gestelMe ForieeiMmg
dee Jbfekmdachen Journale ekn eo unbereehiig^ ob
wMuf^ eein würde.
tierlin im M&rz 1842.
Dr. Fr. Busse,
KOatgL PreuM« Hedicilulrath und Hofinedictti.
Der unterzeichnete Verleger hat den Ver-
tag des Hufelandschen Journals für praktische
Heilkunde übernommen und wird seinerseits f&r
eine angemessene und würdige Süssere Aus-
stattung dieser gediegenen und beliebten Zeit-
schrift sorgen. Dieselbe wird, tm Wesentlichen
unverändert, in zwölf Monatsheften^ die regel-
mässig und ohne Unterbrechung im Laufe eines
jeden Monats, mit dem sie bezeichnet sind, aus-
gegeben werden sollen, zu dem bisherigen jähr-
lichen Preise von 5j Tbalern erscheinen. Bei-
träge für dieselbe werden mit Fahrpost porto-
ft'ei an den Herausgeber oder auf Buchhändler-
wege an die Verlagshandlung erbeten.
Berlin im März 1842.
Oehmigkesche Buchhandlung.
(J. Bulow.)
dor SISeltaelirift r# d« sesimuHite
Hedletaif
Qie Zeiischrift f. d. gestmmi« Medi*
^\^ mit besonderer Berttcksiehfignng
der anslXndiechen Literatur etc., her«
aasgegeben von Dr. Oppemh^irnj die seit
ibreni siebeqjfthrigen Bestehen sich eines fort-
wShrend steigenden Be|iSriles erfreuet , was sich
aqs dem stets wachsenden Leserkreis sowohl als
dfirdi die sich mehrende Zahl der Hitarbeiter
iinerlouintem Rufe und Tfichtigkeit am deut-
en SU erkennen giebtji beginnt mit 1843
Uiren achten Jahrgang. So wie die Redaction,
upspifgesetst thäUg^ stets darauf bedadit ist^
ihre Zeitschrift zu venrollkommnen und die et-
waigan Hängel derselben, |iuf die sie theils durch
näher stehende Freunde, theils durch die öffent-
liche Kritik aufmerksam gemacht wird, zu ver-
bessern, so wünscht auch die Yerlagshaudlung
nach ihren Kräften dazu beizutragen, dieses Jour-
^1 den Beförderern desselben steü lieber und
werthvoUer zo macben. Sie geht daram in den
schon seit mebreren Jahren von den jedesmal
neu eintretenden Abonnenten ausgesprochenen
Wunsch ein, die früheren Jahrgänge (so weit
der geringe Vorrath reicht^.da (der in Hamburg
lagernde Theil bei dem Brande des vorigen Jah-
res zerstört ist) im Preise herabzusetzen und
zwar Jahrgang 183S — - ^0. oder Band 1 — 15
von 40 Thir. auf 20 Thir., einzelne Jahrgänge
von 8 Thlr. auf 5 Thlr., woAr sie in sämmtli-
eben Buchhandlungen zu haben sind. Die Jahr-
gänge 1841 und 1842 behalten einstweilen den
Preis Ton 8 Thlr.
Auch in diesem Jahre wird die Zeitschrift
mit derselben Präcision und Regelmässigkeit
wie bisher in Monatsheften Ton 9 — 10 Bogen
mit den. nÖthigen Kupfern , Tabellen etc. verse-
hen, am ersten jeden Monats, mit dem sie be-
zeidinet sind^ ausgegeben werden. Ein Gene-
ralregister über die ersten 12 Bände (Preis 1
Thlr. 8 ggr.) ist im vorigen Jahre erschienen;
ein zweites Register über Bd. 13 — 24 wird
am Schlüsse dieses Jahrganges angefertigt werden.
Perthes -Besuser A IMbiiilfce«
HAMBURG; Januar 1843.
der
gs-Ahstalt för Aerzie
m0
I,
1
2
3
4
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8
9
10
11
12
13
14
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16
17
18
19
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21
22
23
24
25
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20
^500| 5 |15|2327| 3| 4|12832|18| 4
♦) Die
und 27 Mihlr.
blam unil COslin mit ie$i^, VyV^v\A\,
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■|AnstiiIt für Aerzte
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38127
5
4
ml CUslin mit lesf. 20(i Bthic
Aiuseabe bei der Af/UomPsdieii
ätiftang für nothleidende Aerzte
im Jahre 1842.
Courant.
RU. Isffjpt
Tnnspoxt
Unterst, dem A.A.W, in A.Reg. -Bez. Arnsbex;
„ „ Dr. J. in L. Reg.-Bez. Lie^itz
Pens, dem Dr.J.inH.Reg,-Bez. Stettin prol842
, und extraord. Untent. . dem Dr. W. In
U. ibid. pro 1842 ••••,.
Unterst, dem Dr. K. in B. Reg.*Bez. Erfurt
Dr. P. in W. ihid. , , .
Dr. T. in S. ibid
W. A. W. in W. ibid.
Dr. G. in A. Reg.-Bez. Aachen
TV. A. nt.in A. Reg.-Bez, Coblenz
Dr* D. in C. ibid
pr. A. V. in D. ibid. • «
pr. A. A. in S. ibid. « •
Dr. H. in 6. ibid. . . .
W. AI G. in O. Reg.'Bez, Breslau
Dr. B. in W. ibid. ...
W. A. A. in A. ibid. , .
Dr. W. in G. Reg..Bez. Oppeln
Dr. C. in L. ibid. ....
W, A, M, in L. ibid. , .
W. A. S. in R. ibid. . ,
W.A.C, inR.Reg.-Bez.DUsseldorf
Dr. B. in M. ibid. • . .
„ W. A. K. in W. ibid. . .
^ , Dr. A, in W, ibid. . , ,
n n Kr. Chir. Z. in A. Reg. «Bez
Gumbinnen
„ , W. A. R. in D. Reg. • Bezirk
Königsberg
An Verwaltungskosten
Zum Aukauf ron 2000 Rthlr. Preuss. Staats
Schuldscheinen
n
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25
356
2086
2
27
Summa |4742| 29 1 6
(Hierzu rerlooste Staatsschuldscheine 300 Rthlr.)
B 8.
1e und 5172 Rthlr. 5 Sgr. 4 PI. iii CouiwA,
^<y>«*>
«%t\
C; W. Httfelaiid's
jr «u mal
der
practischen
tteilkunde
Fortgesetzt
Ton
» -
- Dr. Fr, Busse^
[Kto. IPreiisi. Med. Rath und Hofmedicus , RiHer des
imlwB Ädl^ -Ordens Werter Klasse und mehrerei; gelehrten
Gestfllseluiften des In- und Auslandes Mitgliede.
Grramy Freundy ist aUe Thewie^
Doch grwn des Ijehens goldner Baum.
Göihe,
IlL Stuck. März.
Berlin.
Verlag von Oehmigke's Buchhandlang
(Julius BUlow.) ,
* I
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LI I ^ Ji , •
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I.
J .
U e b e r
die Heilquellen und Bädicr
K u r h es s e n sl
insliesondere die zu
nfenndorf und uranheliii«
Von , • '
Dr. E. €frandidier^
praktitdieiD Ante und Gebnrtihelfer s« Gisccl.
Wenn gleich Karhessen hinsichtlich der
Zahl and Bedeutung seiner Heilquellen vie*
len andern deutschen Bundesstaaten nach-
steht, so besitzt es dennoch im Verhältnisse
zu seiner Grösse nicht wenige Mineralquel-
len und darunter einige von hoher Bedeu-
tung. Die meisten und gerade die wichtig-
sten Heilquellen dieses Staates liegen, in
vom Hauptlande getrennten GebietstheileA
desselben. Sudwestlich vom eigentlichen
Korstaate in der Wetterau und ringsum von
Grossherzoglich Hessischem Gebiete umge-
ben besitzt Kurhessen das Amt Dorheim und
darin die warmen, bromhaltigen Kochsalzquel-
len und kohlensauren Gasquellen zu Nauheim
80 wie den erdig -muriatischen SSuerling za
Sehwalhein. Diese Qaellen verbinden die
grosaen Gruppen der Heilquellen des Tannos '
mit denen des Yogelberges und der frinki-
ecAen Rhön. Eine andere Reihe von Heil-
quellen hat Kurhessen in seinem nördlichsten
Landestheile 9 dem ebenfalls getrennt gele«-
genea Kreise Schaumburg, an dessen nord-
östlicher Grenze in dem weiten Thale zwi<^
schea dem Bfickeberge und dem Peisterffe-
birge die erdig t salinischen Schwefelquefieii
Sil Netindörf uqd die Kochsalsquelleii zu Roi*
enberg und Sooldorf entspringen, beide Glie-
der- Jener grossem -Gruppe .mitteldeutscher
Heilquellen im Westen des Thflringer Wal-
des und Harzes. ' In einem dritten getrenn-
ten Landestheilje, dem Kreise Schmalkalden^
«chon initten im Gebirgslande des Thüringer
Waldes findien wir noch die frfiher zur Sa-
line, jetzt zu Soölbädern benutzten Koch-
salzquellen zu Schmalkaldcn. Weit unbe-
deutender sind die im eigentlichen Haupttheile
des Kurstaates befindlichen Mineralquellen
zu Wilhelmsbad bei Hanau, Memelsen, Wey-
hers und Johannisberg bei Fulda. Wichti-
ger ist, schon die zwischen Rhön und Vo-
gelsberg in der Provinz Fulda gelegene
Bonifaciusquelle des Augustenbades zu Salz-
schliirf, einer uralten im Anfange dieses Jahr-
hunderts eingegangenen Saline. Ihr gros-
ser Reichthum an freier Kohlensäure, ihre
quantitative und qualitative Uebereinstimmung
mit dem Kissinger Ragoczy, so wie höchst
zweckmässige, freilich den Mitteln eines Pri-
vatbesitzers entsprechende Einrichtungen, be-
rechtigen zu schönen Erwartungen. In dem
eij^enflichen Niederhessen finden ^r in dea
Thälern der Werra und Weser die Sool-*
quellen zu Allendorf und Earlshafen, beide
als Soolbäder, erstere aiich als Saline be-
nutzt. An der westlichen Grenze von Nie-
derhessen entspringen aus einer Fortsetzung
des Rheinischen Schiefergebirges im Thale
der Edder die erdig -salinischen Eisenquel-
len zu Dorfgeismar. Endlich treffen wir
noch im Gebiete des Dicmelflusses unweit
der westlichsten Yorberge des Reinhards-
waldes, sechs Stunden nördlich von Cassel,
die kohlensaurcreichen, erdigr salinischen Ei-
senquellen zu Hofgeismar, welche aus dem
bunten Sandsteine der dortigen Thalsohle
entspringen , deren deckender Muschelkalk
gebörsten ist. Hit schönen und zweckmäs-
sigen Anlagen und Einrichtungen zu Bädern
versehen, früher viel besucht, und von jeher
ein Lieblingsaufenthalt Hessischer Fürsten
ist Hofgeismar noch immer durch seine Lage
in der Nähe von Cassel von, wenn auch
zunächst hessischer, Bedeutung.
In dem Folgenden wird nur von Nenn-
dorf und Nauheim, als den wichtigsten hes-
sischen Bädern, die Rede sein; wenn aber
über ersteres mehr Specielles gesagt wird,
von letzterem dagegen mehr allgemeine Um-
risse gegeben werden, so erklärt sich diese
ungleichartige Bearbeitung aus den verschie-
denen Verhältnissen, worin beide Bäder sich
befinden. In Beziehung auf Nenndorf, ein
schon seit mehr als fünfzig Jahren bewährtes
Bad, das sich bereits einer zahlreichen Lit-
teratur erfreut, schien es angemessen, mehr
eine specielle Angabe seines jetzigen Zu-
«
— 6 —
Standes and der neusten dort getroffenen
Einrichtungen nebst einigen der Praxis ent-
nommenen Belegen zu geben; bei Nauheim
dagegen, einem zwar kräftig emporstreben-
den aber noch jungen Bade, handelte es
sich mehr darum, die Aufmerksamkeit geehr-
ter Fachgenossen im Allgemeinen darauf zu
pichten, während die speciellere Bearbeitung
desselben der demnächst darüber von dem
dortigen Badearzte, Herrn Dr. Bode^ zu er-
wartenden Monographie vorbehalten bleibt
Dazu kommt noch, dass Verfasser dieses
über Nenndorf aus eigener, wenigstens ein-
jähriger brunnenärztlicher Erfahrung spricht,
indem er von • Seiner Hoheit dem Kurprinzen
und MHregeaten mit Vorsehung der Stelle
eines ersten Brunnenarztes daselbst fiir die
Saison 1842 gnädigst beauftragt war, wäh-
rend er die Nachrichten über Nauheim we-
niger eigener Anschauung als gefälliger Mit-
theilung dortiger Behörden verdankt.
I. Nenndorf.
Wenn in dem letzten Decennium ausser
der gehaltreichen Monographie von Wähler
und dC Oleire über Nenndorf und dessen Heil-
anstalten dem ärztlichen Publikum nichts mit-*
Setheilt wurde, wenn der treffliche Aufsatz
es seligen Geheimehofraths Dr. Waitz über
die dortigen Schlammbäder der letzte war,
der sdt i830 erschien (S. Hufelandüs Jour-
nal 1830. St 1. S. 7 ff.), so ist dq^ Stillschwei-
••-.
MA uidA etwa einem Uangel von »^ fl^
mBäbmg geeignetem Stoffe softassbreiben»
sondern endfirt sich einfach theUo niw Ab-
neigung zum Schreiben und Ecfinklichkeit
den würdigen letztverstorbenen Bruhnenarz-
te% Herrn Geheimehofrathes Dr. <f Mmre m
MmmaM) JheiU aus der in Hessen eigonthtm*
lielu«, von den Yfttern ererbten Sitte, vater«
lindlaefae Vorzüge und Einrichtungen erst
daauLin ihrem Werthe anzuerkennen , wenn
di» anvor vom Auslande gesdiiebett war*
Afear seit jener 24eit sind zu NMot^or^ s«-
neue und wesentliche YciJiewNriuuM.
worden 9 dass es das Idkhalto li»:
9 welches Hessois Ilegenten von jir
Imt n dieser Ihrer LieUingsi^hSpfang naJUf
9 dass es die sorgsamen und viterlidi^
ilhugen der hohen Staatsregierung yer-*
kcHMfiesse, wollte man deren fiSanntr
SMckung dem grosseren Publikum noeh lan-
ger vorenthalten. Nicht eine voUstfindige
numocraphische Abhandlung aber die dorti-
En Onellen und B£der ist es, welche Yer-
iser in dem Folgenden beabsichtigt; eine
solche ist theils bei der reichhaltigen Siteren
Litteratur Nenndorf 's kein Bedormiss, theils
gehört dazu mehr als einjährige brunnen-
intUche Erfahrung: vielmehr stellte er es
sich nr Aufgabe, die dortigen' neuern Ein-
riehtongen zu beschreiben ^ vom unbefange-
Standpmikte des praktischen Arztes aus
benrtheilen und auf diese Art die zuletzt
MMhionene Beschreibung des Bades Nenn-
dorf in manchen Punkten zu ergänzen und
tm Nichtigen. — * Zu den Heilschätzen
Mcnndorfs gehören ausser seinen bekannten
— 8
« i
vitf Sdiwefdgnelieii-die OtmMitp, 8eUun»i>
Itider Uta- die seit 1842 daseUMt iiefindUdmi
SMÜbideir.
— r — ^- •• ■•:■
i. Die Sehwefeiwasser^ollen ond
^ deren BenutKnng.
..*- '.'.: ..
Die 'lefiite voilsUhidige Analyse der Nenn«
dorfinr -Qodlen ist dfe un Jahre 1836 Teai
Berm ProfesBor Fr. WöUer ^n OSttingen
Tergeaenmene, welche in dessen «nd«f MM-
vt^s Schrift 4iber Nenndorf mitgeitheilt ist
0edi,luit d^selbe grosse Chemiker im Jahre
1842 eine vergleichende Analyse der stMß»-
steä; Sebwefelqn^en an Neimdorf «nd iGibeB
hinsichtlich ihres Gehaltes an Schwefel was-
serstolTgas vorgenommen, und dabei das ffir
Nenndorf so schmeichelhafte Resoltat erhal-
ten, dass das dortige Schwefelwasser fast
doppelt so viel Schwefelwässerstoflgas ent-
hfiit als das Eilsener. Nach ffinf im liabo«-
ratorittm za Gdttingen mit bekanntei^ Sorg-
falt' angestellten Analysen enthalten handert
Theile Eilsener Wasser bei + 9"" A. Tem-
peratur nicl^t ganz drei Theile, dagegen
hundert Theile Nenndorfer Wasser iiber ronf
Theile Schwefelwasserstoffgas, oder anders
ausgedrfickt, das Eilsener Wasser enthilt
■^j^ das NeiUAdorfer y^ seines Yolams Hydro-
thionsänre. Ohne in Folge dieser Behauptung
dem Eilsener Wasser seine grosse Wirk-
samkeit absprechen zu wollen, da am Ende
kein Arzt genau wissen- kann, wie viel
Schwefelwasserstoff sur Heilang dieser oder
jeaer Krankheit ndthif sei, geht doch aus
dieser Yergleichung hervor, wie licherUch
and anbegrfindet es ist, wenn man hin und
wieder dem Eilsener Wasser einen Vorwog
A'or dem Nenndorfer geben wilK weil es rei-
cher an Hydrothionsiure sei.
In Beziehung auf die Trinkquelle . zu
Nenndorf verdient hemerkt zu werden, dass
dieselbe, die bisher mit einem Zelte aber-
deckt war und gepumpt wurde , von' nun an
mit einem Tempel überbaut worden ist, ^der
durch seine architektonische Schönheit zur
Zierde der dortigen Promenade dienen ^vird.
Ffir die Zukqnft ist zugleich die Einrichtung
getroffen worden, dass das Wasser der Trink-
quelle nicht allein gepumpt, sondern auch
nnmittelbar geschöpft werden kann. Die zum
Versenden bestimmten Krüge werden durch
eine eigene Vorrichtung unter dem ^Spiegel
der Quelle verkorkt mid hernach wohl' ver-
picht, und können durch jede Mineralwasser-
handlang bezogen werden. Der Preis eines
so gefüllten Kruges beträgt an Ort und Stelle
zwei Silbergroschen. — Die Schwefelwas-
serbäder werden ausschliesslich in dem gros«
sen Badehause und zwar in steinernen, von
geschliffenem, feinein Sandsteine gefertigten
w annen gegeben. Die in die Wannen mün-
denden Hähne für kaltes und warmes Schwe-
felwasser sind fast überall bis nahe an den
Boden der Wannen geführt worden, um das
Sprudeln des ausfliessenden Wassers und
dadurch einen möglichen Verlust von Hy-
drothionsaure zu vermeiden. Die Heizung
\
— 10 -
ifciprtprter Bider g«8chi^t imk Diiwpf»
VMi ^ÄwdMwatBer, wd bei ilieaer i^copfh
MMfW. and «ehita»w«rtbea OanpfbegniHF mit
W*aifig;|idi ceworden, da» 4m BadbiwmMr
«IMIi . «ich den» Erwirmea vWig klar vad
ifcwrtpicfctig bteibt, ein 'Beweie, ^ daw keiat
Simetmng dessdben eing^treteii am, wüi-
rend es frShery wo ea in grossen^ kupfernen
Kina^iaKi^ocht , wurde, eine idiikhweiaae
F^iRfie aiuuihmi, die van «iner theäwepaen
^aKiftwiiig der Hydretbinnallare sowie von
Bvi^gAtation ^ v^^ berr«krte.
ViaiAMer bat in veivehiedenen andern dent-
oban JSAwrfelbidern , wo ebenijaUA wat
MfWjpf geiieixt wird^ diese dttrebsidrtiga)
Istamv Jteachaffenbeit des Bad^nssers nicbt
gimBiefU,' Bedenkt. man. dass bei der gfia-
jrtljj|)Sn.l4ag# des Nenndorier Badehaoaes^ wel^
qbes tiefer $i^ der Spiegel der Quellen liegt
das Wasser aus den Quellen fortwfihrend
durch eigenen Fall in die B&der fliesst, ohne
dass es gepumpt zu werden braucht, sowie,
dass es durch heisse Sehwefelwasserdämpfe,
ohne etwns von seinen Bestandtheilen ein«
acnbfiasen, geheizt wird, so muss man geste-
hen, däss eine zweckmassigere Art, die zum
Baue . ndthige höhere Temperatur berzustel-
len, oder eine passendere Methode, wodurch
das Wasser weniger Yerän4erungen erlei-
det, schwerlich existiren dOrfte*
Noch muss hier einer Einrichtung zum
Erwfirmen der Badetücher erwähnt werden,
die nirgends anders angetroffen wird. Bd
dem grossen Ueberflqsse an heissen D&mpfen
hat man diese in blecherne, Wfirmk$rben
— 11 -
ähnlich construirte, Gef&sse, welche wie kleine
Ofen innerhalb der Badestoben stehen, ge-^
leitet und auf diese Art die bisherigen Trok-
kenkorbe und deren Erwärmung durch Holz-
kohlen ersetzt, wodurch ausser einer bedeu-.
tenden Holzerspaning eine stets gleichmäs-
sige, hinreichende Wärme hervorgebracht,
und die bei der Erwärmung durch Holzkoh-
len entstehende Erzeugung von Kohlenoxyd-
gas, oder, will man die Wärmkörbe auf die
änge stellen, das öftere Oeffnen der Thfi-
ren vermieden wird. Die bereits gemachten
Versuche sind zu völli^r Zufriedenheit ans-
Sefallen, und nach und nach sollen alle Ba-
estuben mit dieser Einrichtung versehen
w^erden.
Als Modificationen der Schwefelwasser-
bäder sind die Vorrichtungen zu Regen-,
Sturz- und Schwitzbädern, zu Dampf- und
Wasserdouchen zu betrachten. Sie bestehen
noch in derselben Art, wie sie cfOIeir« be-
schrieben hat. Zu Nenndorf hat man von
jeher und mit Recht eigenen Douchezimmern
mit feststehenden in einem daneben befindli-
chen Cabinette angestellten Druckmaschinen,
deren elastischer Schlauch durch eine Oeff-
nung der Wand in das Douchebadzimmer
gefährt wird, den Vorzug vor jenen kleinern
transportabelen Douchekasten gegeben, die
in das Zimmer des Badenden gebracht und
dort in Bewegung gesetzt werden, womit
mancherlei Inconvenienzen verbunden sind.
li
; ■; \-
K<
;•> ,;^; »ie'Schwcfel--Gasb«dci'.
• ^^- Nrandorf feesitet sb wobl trockene'^ «kr ^
kalley als waime orfer fetieKte GMbMer.
BirBte«e> werden In' dem von ifCNMroilSdO
efaiginieliteten 6ai|0Blon im ersten Stoeke ei*^
MS «igesfds danrfcestimmten Gebindei rär-
«ilMst einer Fontsifte von Icaltem, Mf einer
kwj^emenv Hslbkntttf^rschellcndem
i^Bmasser der stin^ gerebetti-'-IBie
waraoB, fenehtenGasbider branden siekm
eiMBi Zimmer gleicher £rde deseelteo ^Ge^
biiidesT^ bier wird das Schwefelwasserstoff«»
MS . dadurch . entwickelt, dass 'kaltes nnd
nsisport ^S^wefelwtsser anigleich ans Itthnen-
hervorströmt und auf einem kupfernen Becken
KerscheUt, wodurch das Gas frei wird, and
nogteich durch mehr .oder weniger Zröfluss
von heissem Wasser die Temperatur regnlirt
werden kann. Zur localen Anwendung des
erwirmten Gases, der Gasdouche, sind die
nSthi^en Vorrichtungen vorhanden« welche
anch in der vergangenen Saison bei Ge-
schworen , Neuralgien und Krankheiten der
Ctehörwerks&euge öfters benutzt wurden.
3. Die Schlammbäder.
Die Nenndorfer Schlammbäder, nebst
denen m Eilsen die ältesten in Deutschland,
— 13 —
bestehen sehon seit dem Jahre .1809 und sind
seit jener Zeit Gegenstand unausgesetzter
Sorgfidt und Aufmerksamkeit der Verwaltung
gewesen, welche denselben den höchsten
rad möglicher Vollkommenheit zu geben
stets bemfibt war. Da das bisherige Schlamm-
badhaus dem wachsenden Bedürfnisse und
Andränge der Uiilfesuchenden nicht mehr ge-
nfirte, so wurde schon 1840 am rechten Fiä-
gel des gi^ssen Badehauses ein neues
Scblammbadhaus errichtet, welches mit dem
Badehause durch eine Giasfenstergallerie ver*-
bnnden werden wird. Dasselbe enthält in
hohen und geräumigen Zimmern neun und
zwanzig neue, von geschliffenem, feinem
Sandsteine gearbeitete und in den Boden
gesenkte Schlammlogen von hinlän^icher
Grösse, so dass nun in Verbindung mit den
ein nnd zwanzig im alten Schlammbadhause
befindlichen t&glich vierzig steinerne Wan-*
nen benutzt werden können. Transportable
hölzerne Wannen, oder gemeinschaftliche
Schlammbäder waren in Nenndorf nie ge-
bräuchlich, sondern jeder Badende, selbst der
sogenannte Freibädner, erhalt in numerirter
Wanne sein nur von ihm zu benutzen«
des Schlammbad. Zum« Ausruhen nach dem
Schlammbade ist ein bequem eingerichtetes,
heizbares Local vorhanden. Die Heizung
der Schlammbäder geschieht durchgängig
durch Dämpfe von fSchwefelwasser. Beim
Erhitzen entwickelt der Nenndorfer Schlamm
ausser dem Gerüche nach Schwefel einen
deutlichen vegetabilischen Modergeruch, der
durch den wiederholten Gebrauch des Schlam-
mes bei neuer Erhitzung sich bedeutend ver-
>
u
iMMU, sa immriidk dies feciion immA nehre-
IM Tägm anfldlettd JimralnteUi;; üim^at
äai^hiaeade OähnmggprooeiM w lei* dtei ni^
teirt Ztrseteaii^ der schweiehMreD Sätae
Mdi die Biiiwirkiuig der orgaaisdhen Bdb-
irtiBMBB-^nEiadi eine progressiTe Verweh-
tmif; dei whwefelceiialtes Statt za Ibideii
■ehelirty wolBr uhmche neuere diemisehe- Bp»
Ukivimffmi epredien, rechtfertigt die mMeMH
derf entgeftbrte Methode, bis aEom sechsten
'AMie' dcnedben Sdihunm SQ benatsen, inden
wnr denhidb Mglich etwas frischer Schhun«
wgesetnt wird, am eine no «esse Terdfin^
^ Mag d«rdi die heissen Däm|He za verhOten.
Die natfifUdien ScUammlager Bienndorf's be*
indeii sidh, wie bekannt, in der Nilai dse^
ieMMMB bei Alcesdorf in ^neni Suapfe^ in
%elcfaeii eine Men^^e SchweMaoellen aiwge
hra« vnd einen viele Fqss tiefen schwarsKen
Sehiamm bilden, auf dem sich eine weisse-
Schwefeldeeke absetzt Der dprt von der
Natar schon seit Jahrhunderten erzeugte
Sdhwefelschlamm wird möglichst unverändert
xnr Anwendung gebracht, indem er im Herbste
gegraben, von ^bem vegetabilischen Bei-
ttiscbnn^en gereinigt und alsdann in zwei
grosse durchaus bedeckte^Reservoirs gebracht
wird, in denen er den Winter hindurch un-
ter dem Wasser der stärksten Schwefel-
quelle lagert. Und dennoch giebt es ^Aerzte,
welche einen auf diese Weise hergestellten
Schlamm einen känstlich erzeugten z» nen-
nen belieben, lieber diese Benennung dürfte
es an der Zeit sein, sich zu vereinigen.
Versteht man unter natürlichem Badeschlamme
nur einen solchen, der, ohne eine künstliche
— 15 —
Erwärmung nöthig zu haben, gleich in der
von der Nator dargebotenen Temperatur be-
nutzt werden kann, wie dies ^u Abano, Ac-
qni, St. Amand oder bei dem Kochsalzschlamme
des Sacker Salzsees in der Krim der Fall
ist, wo theils durch die hohe Temperator je«
ner Thermen, aus denen der Scnlamin nur
ein Niederschlag ist, theils durch Einwirkung
der Sonnenstrahlen eine solche Benutzung
möglich wird, so gehört der Nenndorfer Ba-
deschlamm und mit ihm der sämmtlicher
deutscher Schwefelschlammbäder nicht dazu,
indem diese einer könsUichen Erwärmung
bedörfen: ist aber natürlicher Schlamm ein
solcher, ^welcher den von der Natur seit
Jahrhunderten durch Imprägnation von Moor-»
erde mit Schwefelwasser gebildeten Schlamm-
lagem entnommen, und nur einer nöthigen
mechanischen Reinigung und Erwärmung un«
terworfen wird, so gehört der Nenndorfer
Badeschlamm im vollsten Sinne des Wortes
dazu, und einem solchen Schlamm gegenfiber
ist dann künstlicher derjenige zu nennen,
der willkfihrlich durch Mischung, von Moor-
oder Wiesengründ mit Schwelelwasser er-
zengt wird, und der sich zu dem natürlichen
wie künstliche Mineralwasser zu den natür-
lichen verhalten dürfte.
lieber Bedeutung und Wirksamkeit der
Schlammbäder überhaupt herrschen noch sehr
verschiedene Ansichten unter den Aerzten,
wie sich Verfasser aus den Krankenberich-
ten vielfach zu überzeugen Gelegenheit hatte.
Wenn es zugegeben werden muss, dass,
ganz allgemein gesprochen, manchen Kran-
km Jefafit unnöthiger Weiie SchlafiHnMder
" ' ^ veiopdiiet werden, die frfiher in einlachen,
MinembrMBerbidern Heilung > «tnchton . önd ,
lindfn; wenfr es Tbatsaehe »t, dtss mandie
Acvftte der Mode hdldigepd t^hne BerftAsielH:
tigang drohender Gc^aianzttgen Schtanun-
bMer in^F&Uen vorschreiben, wo deren Ajh
wendong bedenklich erscheint, weshalb red<*
liehe BadeArste dieselbe manchmal «i V6ff^
Magern sich genöthigt sehen; so ist es
dffch- aaf der andern Seite nicht weniger
iHiMemacht, dass in vielen hi^rtniejUgen
Fiiten .nnr Schlammbider helfen, und >aiu»
BIM, die' dadarch bewirkten Erfolge r«elbst
bebb^Mltet haben muss, nm sich Aber m
mwphe dagegen gemachte theoretisehe EÜn-
wÄH'e hinwegsetzen za können. Aueh.-ist
die bflfifige Benatznng der Sehlammbider
in einer Zeit, wo anomal gichtische, rhea«
matische Nervenleiden zu den herrschenden
gehören, gerade nicht auffallend.
Wie bei allen Schlammbädern, so wird'
auch bei den Schwefelschlammbädern die
Wirksamkeit derselben theils durch die phy-
sikalischen Eigenschaften des Mediums seitot,
dessen grosse specifische Schwere, Dichti|^«
keit und Leitungsfühigkeit der Wärme, theds
durch die specifischen Eigenschaften des
Wassers, woraus der Schlamm gebildet wird,
also hier besonders durch die Hydrothion-
säure und den Schwefelgehalt des Mutter*
Wassers, bedingt. Wenn von ersteren haupt-
sächlich die erweichende, kataplasmirende
Eigenschaft und die hohe Wirksamkeit ab-
hängt, welche Schwefelschlammbäder aqf
- 17 —
den Kreislauf ia Uaujt und Zellstoff adsjiben,
so ist es der Gehalt an Schwefelwasserstoff-
gas und freiem Schwefel , welcher . die be-
kannte Wirieang gegen so manche specielle
Krankheitsznstfinde vermittelt Ob aber das
eigentliche Heilprincip des Badeschlammes
einer einzelnen jener genannten beiden Erilfte
zaenschreiben sei, oder ob beide vereint eine
dritte wirksame Heilkraft erzeugen / darflber
will Verfasser die schon vorhandenen Hypo-
thesen nicht durch eine neue vermehren.
Nur hat ihm die Erfahrung, gelehrt, dass
der Schwefelschlamm von Nenndorf manches
Eigenthümliche in seiner Wirkun|j^ bat, das
sich freilich nicht durch die' chemische Ana-
lyse 9 wohl aber durch die Art und Weise
KU erkennen giebt, wie der menschliche Or-
ganismus dagegen reagirt.
Wenn es anders noch neuer Grande für
die alte Behauptung bedärfte, dass schwe-
felhaltiger Schlamm nicht überall gleiche Wir-
kung* habe, so könnte die in Nenndorf so
oft nach den dortigen Schlammbädern beo-
bachtete, von äusseni Einflässen so wie der
individuellen Constitution des Badenden zn
einem gewissen Grade unabhängige Beschleu-
nigung des Pulses dazu dienen, diesen Satz
ausser Zweifel zu setzen, indem diese Er-
scheinung nach Bräckj Kderit^ Gehhard und
lidgel den übrigen norddeutschen Schwefel-
Schlammbädern zu Driburg, Meinberg und
Elisen nicht zukommt Doch soll der Puls
einiger Personen, welche die Meinberfi^er
Schlammbäder gebrauchen, allerdingH fre-
quenter, bei andern dagegen lan^amer wer-
Journ, Bd. XCV, Sf, 3, X
- . w -
rp»- I
IjÜen. Was schon U'allx mi ^m^^ «■!
'. Jwcli Urnen dOfeire, als». HtauilÜicb« PfMk-
InenürKie, die seit Eröffnung 4« Nenodwlir
kt^hlammbiider cxistirten, gOtdUt «tf T«^
imucbe mit Gi-suiiden und ifrimlrrii hlHii||it
^ben, dass die dortigen 8ehUnwbM«^7ui
> ,#4er Mehrzahl der Fälle ei&e dprclweltDittK^
La^i 7^1»' Schlage veimehrte Fre^Bena dv
M'alses bewirken, und zwiR ^ea iw^hfagig
l-.Kon dem EinCusse der 'l'emper«tm tuul Cw-
..■^tenz des Bades und de^ Individiwlittt dn
redenden, muss Verfasser diese« n»iA Bw^
Lyvfatungen, die er thetls aii sieb- qeltist, thiifti .
'Cio andern Gesunden und ffnillhnil W fhtr.
.uu Allgemeinen bestiidgeu. Bei woUg^DÖJUv-
l^p und blutreichen Körpern qnd reiabänr
illCepstitution trat diese Em^nw^ atlrinr
'. lUiervor, war .ilter auch bei toniderenGoastH
tDtionen »u - bemerken and fehlte wieder ia
^igea Fällen gmiz. Diese BescbleaDiguQg
d^ EUnlUHilaufefi scheint mehr Folge der
reisenden and belastenden Wirkung des dich-
tea Mediums auf die peripherischen Ner^'en
BP seiOj und von diesen auf die vas&DOtori-
sehen Nerven reAectirt zu werden, als vom
Herwn Bdbst aaszugehen. Wenigstens fuid
\etfii»avr den Heraschlsg kurz uach dem
Knstog^ in das Bsd auffallend langsam,
spilter nicht von der normalen Frequenz ab-
weichend. Aucii fand er die Brust nicht
bewegter, und die Bespiration mhig, wenn
KW bei soQSt gesunden Lungen die Erstwir-
iMingdeB Schuimmbades voräber war, die
-allerdings gewöhnlich eine vorilbergehende
Iqgstliche Behemmung des Athmens in Folge
.des u^^wolinten Druckes auf die Peripherie,.
— 19 —
namentlich der starken ZnsammendrfiGkiuif
des Unterleibes,' za bewirken pflegt. That*-
sachen lassen sich nicht wegiftoffnen, und
wenn in dem alten aber die palsbeseUeani-
gende Wirkung des Nenndorfer Schwefel-*
Schlammes zwischen den Herrn Geheimebof-
rath Waiiz und Medicinalrath Tiägel zu Eil«
sen geführten Streite Letzterer diese Eüxto«
Bchaft nicht als eine eigentbflmliche anerken-
nen, sondern von Sassern Umständen abhfln-
S darstellen wollte, als von der ErwSrmong
Schlammes in den Badezimmern selbst,
von den seiner Behauptang nach zu kleinen
Badezimmern Nenndorfs, von der zu hohen
Temperatur des Schlammes daselbst von 30^ R.
u. s. w., 80 sind diese Einwurfe jetzt' wohl
als erledigt anzusehen. Denn die Badezim-
mer des neuen Schlammbadhauses zu Nenn-
dorf sind völlig so gross als die zu Eilsen,
die Temperatur der Nenndorfer Schlammbäder
ist keineswegs immer 30^, sondern wird
zwischen 26^ und 30^ nach den Umständen
vorgeschrieben, aber aach im Schlammbade
von 26^ wurde vermehrte Pulsfrequenz beob-
achtet. Und was die Erwärmung der Bäder
durch heisse Dämpfe in den Badewannen
selbst betrifft, so geschieht dies zu Elisen
ebenso, mässte also dort dieselben Erschei-
nungen bewirken, was aber nicht der Fall
ist Im Gegenttieile wird nach Gehhard und
2iägel der Pukt im Eilsener Sehlammbade
langsamer und bleibt es während der gan-
zen Zeit, als man darin ist, also analog dem
Nenndorfer Schwefel wasserbade , wiwrend
das Eilsener Schwefelwasserbad zwar An-
fangs den Puls um mehi*ere Schläge verlang-
2*
. — «0
ST
•piter lAer cositant liesdileiiiiigt« wie
in- NeoBidMfer SchUimmiiade gmnidrt.
.-«
Ilaii luuiii daher im .Aligmeinen Mgm,
tM^JSSbm&t Sehwefeiwasser' and der
IffipBjtorfcr Sdlanuii mehr reizend en^geaA:
md dM €Mbe^f8tem, dagegen das NeiUH
dtfltr SchwdUwasaer and der • Bihener
SUÜvmm aMkr calmiread ond beeinftigeiid
üf : dasselbe wirken, nnd es erkiSrt sich drn^
iMir;) weiÄ man bei ^ner Vergleiehnog der
Mmfken flb*' Eiben nnd Nenndorf in. Be*
jristwpg anf Anwendbarineit der dortirar
läMfwmlwaiMr- und Sehlammbider auf bei«-
aäk; migdiahrte Indleationen nnd ContraiO'-
idtettiMm sMsst Diese * verschiedene Wir-
ion^^ btfdw genannten ScUammarten deoteit
Mn entweder anf eine grosse YersehieddH
heit des Schlammes selbst, oder auf eine, ab-
weichende Anwendangsart desselben an bei-
den Badeorten. Letzteres hat Verfasser
nicht finden können; beide Schlammarten
waren sich ihrer Consistenz , Temperatur
nnd äussern Beschaffenheit nach gleich, nur
dass der Eilsener eines starken Thongehal-
tes wegen fester an der Haut klebte. Ob
diese dynamische Verschiedenheit des Bade-
sehlammes zu Eilsen und Nenndorf Folge
einer verschiedenen Mischung sei, wagt Ver-
fasser nicht zu entscheiden f und es dfirfte
dne vergleichende chemische Analyse darfl-
ber zurJ&eit noch wenig Licht geben. Kann
man zwar im Allgemeinen in Beziehung anf
IGneralschlamm annehmen: talis terra est,
qnalis aqua, quae d defluit, so ist doch eine
genanere chemische Analyse einer so sehr
— 21 —
gemischten und in einem fortschreitenden
Verftndeningfiprocesse begriffenen Masse nach
dem jetzigen Stande der Chemie noch nicht
möglich, and mit Recht sagt einer der gross-
ten jetzt lebenden Chemiker, dass diejenigen,
welche durch die chemische Analyse die
grössere Wirksamkeit des Badescnlammes
von einem andern Orte beweisen wollen,
unmöglich im Ernste an eine solche Behanp-
tung glauben können. Aus dem Vorstehen-
den soll nun keineswegs ein ganz eigener
Yorzug des Nenndorfer vor andern Schlamm-
arten, namentlich denen zu Elisen, gefolgert,
sondern nur jene interessante pulsbeschleoni-
Smde Wirkung des erstem als reine Eigen-
ömlichkeit desselben dargestellt werden.
Haben doch die genannten beiden Bäder in
ihrem * Bereiche Heilmittel, die neben der
specifischen Wirkung des Schwefels eine
bald mehr aufregende, bald mehr beruhigende
Wirkung auf das Gefässsystem äussern, ün^
muss es gerade der Ansicht und dem prakti-
schen Takte der dortigen Acrzte äberlassen
bleiben, mit Beröcksichtigung der Individua-
lität und der grössern oder geringem Reac-
tion, die man erwecken will, das geeignete
Mittel dem geeigneten Falle anzupassen.
Von selbst aber beantwortet sich wohl die
Frage, die Herr Hofmedicus Dr. Brück zu
Driburg te. Gräfe und Kaiisch Jahrb. für
Dentschl. Heilq. Jabrg« 3. S. 415) unentschie-
den lassen will, ob die aufregende Wirkung
der Nenndorfer Schlammbäder im Vergleiche
mit der sanftem der Driburger jenen zum
Vortheile oder' Nachtheile gereiche, dahin,
dass die stark eingreifenden Schlammbäder
-^ M ^
Nenndorfs nur Diit VcrsidA und ntch «Hei*
niger Bestimmang des Bsdetrates ua^tynm*
det werden dürfen, danfl aber ao^ in viekft
hartnäckigen Füllen selM da noch MMto
schaffen, wo sanfter wiriteode eiiie hiArriM
cheride Raction 7,u erregen nidit im StiAd«
sind. Uebrigens erlaubt aieh Terfatwe^ die
von ihm hochgeehrten HerrcD BadflirEte m
Elisen, Meißberg und Dribnrc^ taierdondi i
ursnchen, in geeigneton- Ffilea - aaf dieia
den Pals verlangsamende oder beBcUeiUigetide
Wirkung ihrer SchlammbSdcr beaondem Sri
achten, um wo möglich dnroh angeatellle
Versuche über diese Erscheinnn; kn rithtrmt
Resultaten ku gelangen.
' Sehr gebräuchlich ist aodi sa Htnniml
die Anwendung partieller SehiaDlmbl^er ao-i
wie der Einreibung und Umschläge von
warmem Badesehlamme; ein mehr oder we-
lügtf starker Zosatz von Matterlan^ so
den Schladuubfidem hat sich in geeigneten
FfiUea sehr wiiiBam gezeigt.
4. Die SoolbSder.
Sdufi seit dem Jahre 1314 wurde die
Saltsoole der nahen KaWerstliehen Saline
BodenbM'ff m Soolbfidern benutzt,- nnd des-
halb nahe' bei Hodenbarg ein eigenes Bade- '
hans aafgeführt. Um Jedoch die Benatznng
der Soole zu erleicbteru und bequemer nt
nac^, ist seit 1842 dieselbe dnreh unterir«
~ 23 -
dische hölzerne Röhren nach Nenndorf selbst
geleitet worden, wo sie zunächst in 6in gros-
ses Reservoir, und von da, nachdetn sie durch
Dioipfe erwärmt ist, in die einzelnen Bade«^
wannen fliessl. Diese befinden sich in dem-
selben Gebäude, welches die Schwefelgasbä-
der enthält, und sind so eingerichtet, dass
man zugleich jede beliebige Mischung von
Schwefelwasser und 8oolwasser vornehmen
kann. Man kann also von letzt an die Soole
als in Nenndorf selbst quellend ansehen, wo
sie in Verbindung mit den übrigen Heilan-
stalten ein höchst bedeutendes Heilmittel wird«
Nach der neusten, von Herrn Salineninspector
Mandt zu Rodenberg vorgenommenen Ana-
lyse enthält die zum Bade benutzte Soole in
10,000 Theilen bei + 10'> ü. an festen Be-
standtheilen :
Chlornatrium .... 210,8
/Schwefelsauren Kalk • 28,0
Chlormagnesium . « « 4,7
Schwefelsaure Talkerde 3,4
Kohlensaure Talkerde • 1,8
Kohlensauren Kalk • » 1,3
schwefelsaures Kali, Kieselerde, Calciumsulph-
h)*drat, Bitumen, Brom und Jod gebunden
an Magnium sind in geringen Mengen darin
enthalten
S. der' festen Bestandtheilc = 250,0
An gasförmigen Bestandtheilen enthält
sie freie Kohlensäure und Hydrothioiisäure in
nicht bestimmter Menge.
^, ••14 -•—
tjf!: Sedii^der.abJii dormifrtdirtMgkMde
iil den Brom,» ond Jodxefaatt (ersterer llber-
llan^nd) Sp 4er Mdttemagej das Brom Ibn
,fl«fcflMi| dliirki in* Verbiodong mit Magniiw
mtiii ipgttmam^^ dass beun Einleiten vw
CUttIrgM «eine G^g^ftrart «ich sojcleteh dnnb
^ eiiMäieD.de i^lbe Färbong -der Flflaaiff-
lwAvim[lMUiiien ciQbt, ans der maa;ea nicl-
httr ttirAether leicht anasiehen nnd iaelirt
4|inileB«i kirnn« -. Aoß «dictpieii Gründen be-
Srtii mAa ^Se-. JMotterlange in geeigaetm
Billen eowoM ila Zasats saSoolbftdem wjia
]»:. jSktiia«m1>id^
■Vi. -.**\ .■■.■■.- ■ r .
. «71 -iNp. Nennte Soolbider haben^ sich
Ibeilii; ^idMil aaeh bekannten IndieatiOBiBy
tiißU^ jrmt eder naeh den Schwefelhideftti
Itoik gemiaGht mit diesen alsSdiwefel^Soel»
bSder sehr wiriisam gezeigt' A\^ JTorberei-
tang za SchwefeHi$dem findet das Soolbad
besonders bei solchen Sabjecten weiblichen
Geschlechtes seine Anwendung, die von gra-
ciler, zarter Constitution und noch in der
Periode der Geschlechtsentwickelung begrif-
fen sind; zur Nachcur nach Schwefel- oder
SeUammbädem bedient man sich der -Sool-
bider ihrer mehr tonischen Wirkung wegen
gern, wo es ach darum handelt, dem Hant-
prgana mehr Stärke zu gffben, dfaiwn grosse
Empfindlichkeit gegen Temperatur weebsd, oder
Neigung zu profusen Schweissen zu beseiti-
,gen, so wie in solchen Fällen ^ wo man all-
gemein stärken und kräftigen will, Eisen-
waeaer aber wegen ihrer Unv^träxliehkeit
mit kurz vorher gebrauchten^ Schwefelbädmi
~ «5 ~
contraindieirt sind) wenigstens selten gut ver-
tragen werden.
Die 80 selten gebotene, zu Nenndorf in
allen beliebigen Verhältnissen leicht und be-
qaem zu habende Vermischung des Sool-
und Schwefelwassers, wodurch me mehr ma-
terielle Wirkung dra Salzwassers gleichsam
ein begeisterndes Princip erhfilt, bewies sich
in compticirten Fällen von Scropheln und
Rhachitis, chronischen Hautansschiären, be-
sonders trockenen mit grosser Sensibilität des
Hantorganes verbundenen Herpesformen,
Stockungen und Anomalien der Menstruation,
wdssem Flusse von grosser Wirksamkeit.
Es liegen hierfiber schöne Erfahrungen aus
älterer und neuerer Zeit vor, die einer spä-
teren Mittheilung vorbehalten bleiben müssen,
und welche namentlich beweisen, dasa durch
diese' Mischung manche Qontraindicationen
S;egen den Gebrauch einfacher Schwefelbäd-
er wegfallen.
Bei den neuem Bohrversuchen auf der
Saline Rodenberg ist eine Soolquelle zu Tage
gekommen, die sich durch das relative Ver-
hältniss ihrer Bestandtheile und namentlich
einen starken Oehalt an freier Kohlensäure,
so wie einen geringern an Hydrothionsäure,
zum innern Gebrauche sehr gut eignen wird,
indem sie einen Uebergaug zu den kochsalz-
haltigen Säuerlingen macht und ungeachtet
ihnes Salzgehaltes ein wohlschmeckendes
Trinkwasser ist. Herr Professor WöUer
hatte bei seinem diesjährigen Aufenthalte zu
Nenndorf die Güte, diese Quelle vorläufig
\ .
14
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pktlMiliinMkw vMi^mUk via Hund- »lidlw
Odulle «D freier EohleiMJlnre «i Hbwati^piai
lipi fcal eioe nfthere Analyse .dersdlmi toih
nnkiMii?vevBproidifB.* ■ • 9^^. ,^
H2i^«te 'iüiareeee 4er. leUenden IfcMihlieM
4m» hier nidi Vtf fem» eeiiieä GMiäm
fanerkfcttv; daeH «raien' ifeiiketi. soHirid Id^
M JwliMem, liiiiwtkmMl >die Wohithit
ifk Mte • iMes mul :Mioetice UpteifBtatmHr
iiaiJiifcHtMifep. Juni Olli' Augoet u ÜHiw
«*iliF>'PefUi dmven nk^ H^I w ehvwMi M;
ietliiae iBWuge»»teflielien md antHelm
iii>1wliigeii$in der DfirfriKkeii. ii
^mirnj-min desn Ini' (Ehmimv 1648 li^^beMii^
ÜMWrilickl Mr freie Bider oad WoluiiMiiM^
iiiftdUi «leiet anch frde Koet; einige sdbal
üfllerstatettng an Geld aus dem Armenfefd
'.■■■ 'Müge es erlaobt sein^^ hier noch einige
denTageboohe entnommen^, karx ond schnraek-
los ' erMhite Krankenffeschichten folgen mi
lassen, die dem Yerftsser wenigstens vom
Standpunkte des pnALtischen Arztes ans
merkwflnUg erschienen sind, weil sie ihm
den Beweis lieferten, wie viele kräftige Mit^
tid bei Behandlung chronis<;her Krankheiien
die Brannenpraxis vor der gewöhnliehen
Fiivafpraxis voraus hat Wenn in dem Fol^
genden hin nnd wieder von weggeworfenen
Erfleken die Rede ist, so gehört es i&war
-^ «7 —
nicht mehr zum eoten Tone, in Badeberich-
ten davon zn reden, indessen kann Verfas-
ser, selbst anf die Gefahr hin fär altmodig
zn gelten, nicht umhin, einiger solcher F21le
zu erwihnen, weil es ihm von hoher Wich-
tigkeit war, CS mit eigenen Augen gesehen
zn haben, wie nach manchen Ciiren wirkliche
Kracken von wirklichen Kranken auch wirk-
lich weggeworfen wurden.
I. A r t h r i t i d e n.
Die Mehrzahl der Curgäste litt an gich-
tischen Uebeln. Seltener war die Aeusse-
rong der normal verlaufenden Gicht, Poda-
fra oder Chiragra, zu bemerken, häufiger
am anomale Gicht in allen Formen und Gra-
den vor', wobei es sich nicht selten zeigte,
dass frfiher vorhanden gewesene Scropheln
in der Involotionszeit als Gicht wieder zum
Vorschein kamen.
1. Paralysis arlhriiica. Herr C, Oeko-
nom ans dem Hannoverschen, etwa 96 Jahre
alt, litt früher an primär anomaler Gicht der
Fussgelenke. Bei einer Lebensart, wo er
sich oft der schlechtesten Witterung aussez-
zen musste, zog die Gicht nach und nach
in die Kniegelenke, von da nach der Hüft-
und Kreuzgegend, bis zuletzt fast völlige
Lähmung der untern Extremitäten eintrat.
Patient kam in einem sehr traurigen Zu«
Stande hier an und vermochte kaum mit zwei
Krücken einige Schritte zu gehen. Ausser
^ 28 —
der beinah aufgehobenen Motilität der unte-
ren ExtreinitSten war auch die Sensibilität
derselben abnorm und nur eine schwache,
undeutliche Empfindung vorhanden. Bei der
Untersuchung des Rfickgrates erschienen ei-
nige Lendenwirbel beim Drucke auf ihre
Domfortsfitze schmerzhaft. Die Cur dauerte
etwas aber vier Wochen, und es wurden die
Trinkquelle , vierzehn Seh wefel wasserbäder,
eben so viel Schlammbäder sowie acht Dou-
chen auf die Kreuzgegend verordnet. Der
Erfolg war schon hier, dass Patient an ei-
nem Stocke, wenn auch langsam, doch ziem-
lich sicher gehen und die Krücken entbehren
konnte.
«
2. Arihrilia nodosB, et anehylosis spu*
ria manuum et digitomm. Diese so schwer
zu beseitigende Folgekrankheit der Gicht
findet, wenn sie noch nicht zu lange bestan-
den hat, wenn noch keine wirkliche Ver-
wachsung der Gelenkkuorpelflächen vorhan-
den ist und die abgelagerten Coucremente
keinen zu hohen Grad von Consistenz an-
genommen haben, durch die wiederholte. An-
wendung der Nenndorfer Bäder bald wesent-
liche Besserung, bald völlige Heilung.
Frau A*. aus dem Hessischen. 49 Jahre
alt 9 schwächlicher Constitution und Mutter
vieler Kinder, besuchte diesen Sommer zum
zweiten Male die hiesigen Quellen. Bei ihr
hatten sich in Folge anomaler Gicht in den
Kapselbändern beider Hand- und fast aller
Fingergelenke theils knotige Anschwellungen
theils Ausschwitzungen gebildet, die durch
— «9 —
Zonthme ihrer Consistenz die Fanetion der
genannten Gelenke in so bohem Grade beeiü-
trichiigten, dass die meisten FinMr steif
und in halber Beugung nach der Yola manus
erstarrt waren, wodurch Patientin zu jeder
manuellen Beschäftigung ' untaufflich wurde.
Doch liess sich bei genauer Untersuchung
eine noch bestehende Trennung und Beweg-
lichkeit der Gelenkenden deutiich wahrneh-
men. Nach dem Gebrauche allgemeiner und
partieller Schlammbäder, Schwefelwasserbfi-
der und einiger Dampfdouchen war die Mo-
tilität der Gelenke auf die erfreulichste Weise
vorgeschritten, und es steht zu hoffen, dass
ein nochmaliger Besuch von Nenndorf die
noch vorhandenen Residuen beseitigen werde.
3. Arthritis chronica genu dextri, Herr
D., Gutsbesitzer, von kräftiger, sehr pletho«
rischer Constitution, zwischen fünfzig und
sechzig Jahren , litt seit geraumer Zeit . an
vagen, gichtischen Schmerzen, die sich end-
lich im rechten Kniegelenke fixirten, und
daselbst eine solche Aoftreibung und Stei-
figkeit bewirkten, dass er nur mit Hälfe ei-
ner Krücke mühsam einige Schritte gehen
konnte , meist aber umhergefahren werden
musste. Der erste Besuch Nenndorb im
Jahre 1841 brachte ihn so weit, dass er ohne
Unterstützung gehen konnte, während dies-
mal durch Wasserbäder, partielle Schlamm-
bäder und Doiichen die Reste des früheren
Uebels wichen.
4. Periostitis et carte» metaiarsi ar^
thritica. Fräulein ^., eine sehr kräfKge^
I
K
JMk 4ia ivmbter yager GMit J«i»
lyrlpeMm vov Wei Jahren ifr F«kt# d^
MifiiMPtMAiieryByel^ de» reettten »ü«
MMiBoteft^^ ^9B Pfiriiistiiiiiis der Ifittol*
MkMckM^ wddie in Carieü mit ExfoUatkNi
EamketuMAit ibergin^. Qnreii Gwm^
tt^jdtt dw 4iB<rt edhMm beetmdeMm
erteietto du iJebel dneo m helMi
fhpd^ ibiM die Weiehtiieile dieeee Fusiee 'm
piMMm 'lIiafMige aeiMdrt werden, mU-
MMie lieldB deneeUmi niicli aUen Biditn-
|Mi4kiRteegai and dnrdi Bfickwirkwif dee
MMehe» JUMene hektieehee Fieber eaMasd,
flMliAM.dMi Lieben GeAdur drohte. Beier
dir.\W<NUff Anrt dieaer Dane die iMAM
peponirte Hill wegnähme des Fnssea zogab,
iwAhllidi. er neen einen YeriBdi ntit Nenn-
derf M jBUiclien, und dieaer Ael so fffinstir
ans, dass nach Anwendung von Schwefel
wa^ierbädern später partieuer, dann a^ge-
, meiner Schlammbäder ond Douchen schon im
Jahre 1841 die meisten Fisteln sich schtos*
sen nnd das Aligemeinbefinden sieh merldidi
verbesserte. Noch mehr war dies bei der
im Sommer. 1842 wiederholten energisches
Anwendong der genannten Mittel der Fall,
wo die einfüge noch vorhandene Fistel heilte
und Sehmerz ond Auftreibnng der Fasswnr«
Miknoehen so gemindert wurde, dass Patientin
ohne Jede Hfilre gehen, ja sogar weite Pro-
menaden machen konnte und mit dankerfäll-
tem Herzen abreiste.
5. Vku9 orihriHctun. Herr W.^ Schiffs-
cai^itain, gegen sechzig Jahr alt, ist sehen
- 31 -
seit langer Zeit von gichtischen Beschwer-
den geplagt, die er durch wiederholten Be*
such Ncnndorfs in Schranken hält im Fräh-
jähre 1842 zog er sich durch mechanische
Verletzung eine kleine Wunde am innem
Knöchel des linken Fusses zu, die, statt zu
heilen, in ein atonisches Geschwflr mit un-
reinem Grunde, dicken, eallosen Rfindem
und dünner, scharfer AbsoQderung äbergin^.
Schwefeiwasüerbftder verinderten nichts in
dem Aussehen desselben, aber schon nach
wenigen partiellen Schlammbidem zeigte sich
ein reinerer Grund und bald begann die
Heilung von den Rändern aus, die so rasch
fortschritt, das» nach zwölf Schlammfnssbft-
dem die Yernarbung vollendet war.
6. Diarrhoea arthrüiea. . So wie es
bei der Bronchialschleimhaut öfters der Fall
ist, so wird auch zuweilen die Intestinal-
Schleimhaut von anomaler Gicht befallen und
alsdann Absonderungsorgan giehtischer Stoffe.
Herr J9., früher Cavallerist, neun und vierzig
Jahr alt, leidet schon seit Jahren an Dnrch-^
fällen, wobei unter brennenden, colikartigen
Schmerzen dünne, scharfe, entschieden sauer
reagirende Flüssigkeiten ausgeleert werden.
Das Uebel hängt offenbar mit einem frühe-
ren, nicht völlig ausgebildeten Gichtanfalle
zusammen, und hatte allen bisherigen Mitteln
hartnäckig widerstanden. Der vorsichtige
innere Gebrauch des Schwefelwassers mit
Milch und täglicher Schwefelwasserbäder be-
seitigten nach vier Wochen den Durchfall
vollkommen.
82
IL Rbeumatismeii.
!• Rheumatismus eottij lorHeoUum. Herr
JB., sechzig Jahr alt, Oekonom ans dem
Hessischen, erkrankte vor mehreren Jahren
an rheumatischen. Schmerzen, die sich i^iter
in den linken Halsmuskeln festsetzten and
'nach und nach eine Bengang des Kopfes
nach links verursachten. J^der Versuch, den
Kopf nach der entgegengesetzten Seite zu
beugen, war von. so heftigen Schmerzen be-
gleitet, dass Patient davon abstehen musste,
eine eigentliche Contractnr des linken M.
stemocleidomastoidens schien jedoch nicht
vorhanden zu sein. Patient trank drei Wo-
chen hindurch den Schwefelbrunnen, nahm
täglich Schwefelbäder und Douchen und
wurde dadurch völlig hergestellt.
2. Coxitis rheumalica. Die unverehe-
lichte C. W.^ sieben und dreissiff Jahr alt,
schwächlich und mangelhaft genährt, in ih-
rer Jugend scrophulös, wurde vor einiger
Zeit von einer chronisch rheumatischen Ent-
zündung des rechten Hüftgelenkes befallen,
welche schlecht behandelt in Carics dessel-^
ben überging. Patientin kam mit allen Zei-
chen des dritten Zeitraumes der Coxitis hie-
her und durch mehrere bis ins Hüftgelenk
gehende Fisteln konnte man mit der Sonde
rauhe, cariöse Stellen des Acetabuli fühlen;
das Allgemeinbefinden war schon bedeutend
getrübt und hektisches Fieber vorhanden.
- SS -
I
If alie GitiiiaiiimliSder nebst eombinirteii Sehwe«
M^ Soolbadern und krätüzen Qpachen wirk-*
ten entschieden günstig ein, Ko das» sieh die
Visteln sehloissen und das Zehrfieber adfhSrte.
Dies war schon durch die im Jabfe 1841
Torgendmmene Cur erreicht worden; bei der
diegibrigen Benotsang der genannten Mittel
gelang es, die nodi zarfick^ebliebene Sfei^
l^eit nnd Schmerzhaftiffkeit d^ Hfiftge-
lenkes ssa beseitigen, so dass Patient bis auf
Yerkflrzntag des Schenkels geheilt entlassm
werden konnte. '
3. RheumatUmus chromeus cowae Mi*
itUirue. DemoiseOe H.^ ein schwichliches
llid<iihen von drei und zwanzig Jahren, wurde
kflrdich von einem chronischen Rheumati^-
nnis des linken Hflfigelenkes befallen^ der
hauptsächlich die Sjnovialmembrau getrolTen
KU naben, schien, wenigstens war das Gtelenk
nie stark angeschwollen, und der mehr drflk^
kende und in der Tiefe sitzende Schmerz stei-
gerte sieb nur, wenn das Collum femoris
Sdgen das Acetabdlum aneedrfickt würde,
ie iPnnction war jedoch sehr behindert, die
Beugung des Oberschenkels sehr erschwert,
da» Gehen schmerzhaft und hinkend. Die
nach wiederholtem SchrSpfen verordneten
Schwefelwasser -SchlammbCder und Dou^hen
beseitigten das Uebel bis auf geringe Resfe^
weiche einer abermaligen Cur weichen dfirften«
' 4« Paralysis ' rheumoHca extrem, infer,
Herr JV., Gastwirth, musste frfiher sich lange
in einem feuchten, uneeson^en Locale auf-
halten, und bekam dadurch rheumatische
Jonra. Bd^ XCY. St. 3. 3
« -
. - 34 -
Schmerzen, die bald in die Kniegelenke, bald
in die Lenaenwirbel zogen, jedoch nach paa-
aOBiden Mitteln und in einer gesunden Woh-
nong sich verloren. Kurz darauf bemerkte
derselbe eine Schwäche in den Beinen, welche
bald in Kraftlosigkeit und zuletzt in unvoll-
kommene Lähmung überging, so dass er
nur mit der grossten Anstrengung auf zwei
Krfiekenstocke gestützt sich fortschleppen
konnte. Spinal -Irritation liess sich in die-
sem Falle nicht entdecken. Die Cor wurde
mit blutiffen Schröpfköpfen eröffnet; nach
zwölf Schwefelwasserbädern, acht Schlamm-
bidem und eben so viel Douchen trat zuerst
Besserung ein. Die Schlammbäder machten
starken Hautreiz und an einigen Stellen
Blasen. Bis auf einige Unsichenieit im Ge-
ben wurde Patient vöUig hergestellt.
5. Tumor genu dextri periodicus rheu^
matico " arthriticus. Herr v. 8., Forstbeam-
ter, zwischen vierzig und fuufzig Jahren,
leidet an einer merkwürdigen, periodischen
Krankheit des rechten Kniegelenkes. Aus
einer gichtischen Familie stammend, übrigena
yon kräftiger Constitution und abgehärtet,
fiberstand er die gewöhnlichen Kinderkrank-
heiten leicht. In späteren Jahren wurde er
von vagen, rheumatischen Schmerzen beffd-
len, weshalb er vor acht Jahren schon ein-
mal dahier mit Erfolg badete. Etwa zwei
Jahre nachher entwickelte sich ohne sicht-
bare Veranlassung das gegenwärtige Leiden
desselben, nämlich eine periodische Anschwel-
lung des rechten Kniegelenkes, die alle fünf-
zehn Tage einzutreten pflegt, mit gelinder
— 35 —
Spammii^ beginnt, drei Ms vier Tage «h
nimit, oann mre Akme erlreic^t und von da
bis «nn siebenten Tage wieder spnrios Ter«
schwindet Nachdem Patient in aen nächst-
folffendm Jdiren die Bäder von Töplitx, Ems
und M^riehbad vergebens ffebraneht liatte,
kam er wieder nacn Nsnndorf nnd befreite
sich Ewei nnd ein halb Jahre von seinemi
Leiden. Doch im vorigen Winter stellte es
sieh wieder ein, auch diesmal wie immar
ohne jede äassere Yeranlassong) iu^| au
diesem Grunde besachte Patient abermais
Nenndorf. In den fttnf Wochen seines hie*»
sigen Aufenthaltes hatte Verfasser zweimal
Gelegenheit, den Verlauf dieser sonderbaren
Kraddieit zu beobachten, die mit solcher
Bestimmtheit auf den Tag einzutreten pflegt^
dass sie Patient scherzweis den weiblichen
Regeln vergleicht und sein halbes MonatK-
ehes nennt. In der freien Zwischenzeit.
f;leicht das Kniegelenk durchaus dem gesiuH
en, nur ist etwa einen ZoU aber dem obe-*
ren Bande der Patelia in der Tiefe unter
der Sehne des Rectus femoris eine ziemHeh
harte Leiste zu ffihlen, welche quer Ober difti
Oberschenkel läuft, etwa einen Zoll breit,
zwei lang ist, beim Drucke nicht schmerzt,
sieh nicht verschieben lässt nnd der Lsffe
und Gestalt nach stets unverändert bleibt.
Vor dem jedesmaligen Anfalle will Patient
zuweilen ein leises Frösteln, seine Angehfr-
rigen glauben ein etwas verändertes Ausse-
hen bemerkt zu haben. Am achten Tage
seines hiesigen Aufenthaltes Hess der Anfall
nicht auf sich warten, trat jedoch diesmal,
vielieicht in Folge der Beschwerden einer
3*
^ 36 —
i?eeiten Reise, um einen Ta^ früher ein.
Tier Tage nachheir hatte die Geschwotoi
ihre Akme erreicht f an beiden Seiten, auf
der vorderen FlSehe, so wie oberhalb und
unterhalb der Kniescheibe zeigte sich eine
pralle, beim Drucke undeutlich fluctuirende
Geschwulst von der Grösse des Kopfes ei^
lies Neagebornen, ihrem Umfange nach ge-
nau dem Lig. capsul. genu entsprechend. D^e
Patdia selbst war beweglich und deutlich au
iBhleii^ ebenso die Ränder der Flexoren in
der BLiiiekdile, welche überhaupt von- der
Anäcbwellung frei bleibt. Die Geschwulst
wird von der Patella gleichsam in zwei seit-
liche Hälften getheilt, das Contentum lässt
flieh aas der rechten in die linke Hälfte,
nicht aber von unten nach oben drucken.
Bei der Flexion des Unterschenkels wird
die Anschwellung der Seiten grösser und
gespannter, bei der Extension ist dagegen
die Fluktuation deutlicher zu fühlen. Dabei
war weder Röthe,. noch Hitze oder Schmerz
beim Drucke auf die Geschwulst zu bemer-
ken, nur fühlt Patient beim Gehep wegen
der enormen Ausdehnung der übrigens völlig
normalen Integumente eine lästige Spannung.
Die oben erwähnte Leiste war mit in die
Geschwulst gezogen und nicht mehr deutlich
zu fühlen. Nach und nach wurde nun die
Anschwellung des Kniees schlaffer, mehr tei-
chig, die Fluctuation dagegen deutlicher fühl-
bar und am siebenten Tage war nichts mehr
zu bemerken. Fünfzehn Tage nachher folgte
in derselben Succession ein neuer Anfall.
Vor, während und nach einem solchen Pa-
roxysmus ist das Allgemeinbefinden nicht
~ 37 —
gestört^ nir^nds eine functioiieile Stonmi;
oder eine« vermehrte Seeretion ra benerkenu
ITeber Wesen nnd Bedeatong dieses Leidens
sind nan die Ansichten namhafter Aerste
sehr vorschieden gewesen; bald wollte man
eine abdominelle Ursache finden, bald fM>llte
es eine Intermittens larvata sein; doch be-
wiesen sich die nach dieser Annahme ein-
geleiteten Corversuche, namentlich auch das
Chinin , erfolglos. Dem Sitze und der Er-
ncheinmig nach krante es Verfasser fdr nichts
Anderes als eine periodische, abnormO' 8&^
cretion. innerhalb des Kap^elbandes des Knie-
gelenkes halten, der Genese nach nahm der-
sdbe, die erbliehe Gichtanlage, die frfihereä
rhenmatischen .Schmerzen, so wie ex Juvan*
tibas den gössen Nutzen der vorigen Cor
in Nenndort beröcksichtigend , eine specifiscb
rheumatisch -gichtische Ursache an, wei)B
ihm gleich das Periodiscbe nnd so rein In-
termitfirende dieser sonst so materiellen Erank-
lidt nnerkifirlich bleibt, und fiberhanpt ein
soleher Fall zu den Seltenheiten im Gebiete
dar Pathologie gerechnet werden ddrfte*
Der oben angegebenen Ansicht von der Na-
tur dieser Kralikheit nach musste Patient
reichlich den Schwefelbrunnen trinken, dann,
zuerst einige Schwefelwasserbider, später
Schlammbäder und (im Zeitraum der Inter-
nission) die kräftigsten Douchen nehmen.
Ob der Erfolg auch diesmal so günstig wie
friiher war, konnte Verfasser bei der weiten
Entfernung seines Wohnortes von dem des
Patienten noch nicht in Erfahrung brin^o;
in Nenndorf selbst wurde nur das erreicht,
dass der dritte Anfall an' zwei Tagen, wo
\
— 38 —
er hätte eintreten mfissen^ aasblieb. Die ua-
Biittdbar darauf erfolgte Abreise machte fer-
nere Beobachtung dieses interessanten Falles
nnmd^ch. .
in. Hämorrhoiden.
- ■
Unter den Fällen anomaler Hämorrhoiden
erschienen folgende bemerkens werth : -
1# Hämorrhoides ocuU dextri. Herr II«,
Beamter, bekam bei einer sitzenden Lebens-
art Hämorrhoiden, die bald anomal wurden,
nnd Congestionen nach Kopf und Brust er-
zengten, ohne dass es zur blutigen Aussehet-
düng gekommen wäre. Da das rechte Auge
desselben kurzlich auf einer Reise eine hef-
tige Commotion durch Stoss erlitten hatte,
so ging der Zug der Hämorrhoidalcongestio-
nen um so mehr nach demselben, bewirkte
dort dumpfe, drückende Schmerzen, Abnahme
der Sehkraft mit Erweiterung der Pupille
und überhaupt Zufälle, welche eine conge-
stive Amaurose befürchten Hessen. Unter
diesen Umständen Hess man ihn nach voraus-
gegangenen BIntentziehungen durch Schröpf-
köpfe in den Nacken und Hirudin. ad anum
täglich sechs Glas Schwefelwasser mit Zu-
satz von Bittersalz trinken, und dabei warme
Fnssbäder von Schlamm nehmen 3 welche
Mittel nach vierzehn Tagen so vortheilhaft
gewirkt hatten, dass Patient nicht länger
mehr zu halten war, und um so mehr entlas-
— So-
fien werden konnte, als seine Beschwerden
Bieh verloren hatten.
2. Haemarrhoide8^ anamalae cerehri el
puimonum. Herr H.^ ein preossischer Beamter
zwischen fanfeig und sechzig Jahren, von san-
guinischem Temperamente and leicht bewegli-
chem Oefässsystem, frfiher als Officier eine sehr
bewegte Lebensweise fahrend, bekam, seit«-
dem er ins Civil versetzt warde nnd dort
viel sitzen masste, mancherlei ZnCSlIe ano-
maler Hämorrhoiden. Vor etwa drei Mona-
ten, kaam hergestellt von einer rhenmatischen
Affection der harten- Hirnhaat, ging plötzlich
der Zag der Congestionen gegen den Kopf
und bewirkte dort AnfSlle von Schwindel
und Kopfschmerz, öfters Erbrechen. Schlaf-
losigkeit, allgemeine Schwäche ana Hinfäl-
ligkeit folgten darauf; diese Zafälle steiger-
ten sich bei der geringsten körperlichen oder
geistigen Anstrengung, und beeinträchtigen
durch ihre Heftigkeit die Geistesthätigkeit in
einem Grade, dass Patient sein Amt nicht
mehr versehen konnte. Unter diesen Üm-
«tänden nach Nenndorf geschickt, erlitt er
daselbst kaum aus dem Wagen gestiegen
eine mehrmals wiederholte Lungenblutung,
wahrscheinlich in Folge der weiten, Tag
und Nacht fortgesetzten Reise. Allgemeine
und örtliche Blutentziehungen nebst Bitter-
wasser eröffneten die Cur und brachten Pa-
tienten bald so weit, dass der innere Gebrauch
des Schwefel wassers mit Milch und Schwe-
felwasserbäder um so mehr vertragen wur-
den, als jene Lungenblutung dem Complexe
der sonstigen Erscheinungen nach als vica-
— 40 —
fürende HämorrhoidalblatuDg sich auswieei.
Derivirende Schlammfussbäder, ein bei lUk*
morrhoiden nnd Abdominaiplethora sehr ivirk«
Mmes Uittd, und zaletzt einige Donchea
gnf Kreoz- andBäckengegend, besserten das
Befinden so, dass Kopfweh nur bei beden-
.tenderer Anstrengung sich zeigte, für ge-
wöhnlieh aber der Kopf hell and frei war.
Ip Folge der fräheren rheumatischen Affection
der harten Hirnhaut war heftiges Ohrenbran-
jsen, lästige Trockenheit des äussern GehM*
ganges und Schwerhörigkeit beider Ohren
nrfickgeblieben, Erscheinungen, welche durch
anomale Hämorrhoiden, wie es schien, unter-
halten und gesteigert wurden. Hiergegen
bewi^ sich die Gasdouche, in das ausser^
Ohr geleitet, so wie das nachherige Einlegen
eines Stfickchens geräucherten Speckes sehr
fafilfireich, indem sich eine Absonderung von
früher ganz fehlendem Cerumen einstellte,
die Geräusche im Ohr verschwanden und die
Hörweite des einen Ohres normal wurde.
Vier Wochen nach der Abreise des Patienten,
wo Verfasser denselben wiedersah, war der
Zustand, ungeachtet er in dieser Zeit weite
und anstrengende Reisen gemacht hatte, noch
ebenso befriedigend.
IV. Krankheiten der Respira-»
tionsargane.
Bei Krankheiten derselben, die auf ve-
nöser Blutuberfüllnng beruhen und zur Tuber^
— 41 —
• ♦ ■
keihJMmg neigen) oder durch specifische
MBtmtMfin bedingt sind , eben so bei Leiden
der ^^hMambtnle dieser Thei)e, ^ironischen
KntaiTlien nnd Blennorrhoeen,. wo mehr wahre
Atonie V9rhAnden und von primiren Conare-
stienen oder entZiändUcher Reizung nirats
sn. Ittrehten ist, leisten Nenndorfs Schwefel*
waoser-nnd besonders Gasb&der aasgeseich«^
nete Dienste; Nur erwarte man bei schon
am weit vorgeschrittenen Lung^nletden , wo
sdhoA CoUiqnationssafSlle sich einsteilten, nicht
ndur ab vorfiberg^ende Besaerong.
■-■«
1. C^Uorrh^f iraehealis ^ et ImyngeuB
ekrani€9i9* Eine acht und dreissigffihrige
verlieurathete Dame, stets richtig mensirairt,
von sdiwfichlicher Constitution, leidet schon
UüDurere Zeit an obengenannter Krankheit
und i^eichzeitig an herumsiehenden rheuma-
tischen Schmerzen. Bei ihrer Ankunft dahier
waren die Hauptbeschwerden : unangeneh-
mer Kitzel im Kehlkopfe und der Trachea,
GeffiU von Rauhigkeit des erstem, stete
Keigung zum Räuspern , kurzer, trodiener
Husten mit meist hohem scharfem Tone^ be-
legte Stimme, öftere Heiserkeit^ bei tiefer
Inspiration oder äusserem Drucke auf jene
Theile wurde kein Schmerz geMagt. Die
Respiration erschien ausserdem nicht behin-
dert, das Lungengewebe zeigte sich gesund.
Schwefelbrunnen mit Milch, tä^dier Besuch
der Gasbäder, zuerst der feuchten, später der
trockenen sowie vierzehn Schwefelwasserbä-
dw wirkten so vortheilhaft, dass nach vier
Wochen das Uebel, welches so vielen andern
Mitteln getrotzt hatte, bes^|;t war«
s
YV
f ■ _ ' . .
«iMfliN^lb^^ iMnldii JIr.
Üir 'illj.aoeli irfa neUBbroii« nd Ar flbr J|i^
laawwNtm Jihre nach eiMr ghurfcw Jhjil
6iM oraMoh krtüfiiidMMd
loid des CUMmeM, in Voigt
BJMfc'Mi Sttr Mandos^keit gehende BliiHi^
MrQ^MhGfetehe OeBehwflre »tt'M^
'^SMUflimdMNadpnmg .'Mi v^^^rfdien ChunMi
: 4iA MMem^^üb meli den n^fchen mgili
^ 4m und r' einen Theil deüeiben
BeINfer Yargenommenen Unteranditii^g .ipd
'^ ^ die SdiMmhant daeelM aMMh
nnd mit vide» kleinen Orwi
iMdeekfe die ScUeisbSlM denMihen
_ kert nnn erweieht, dm» weken fnifce^
Mll weiMier frfMduilicher ScMeiatlnWifc
rang bedeckte > Sroeionen« Das Zlpfehen
neiffte sieh nngewöi^ch klein nnd nel^f
nara hinten fferichtet Eine dyfdvariidie,
eypitilitische oder mercarielle Ursache ist be*
«tinnnt nicht vorhanden. Die Stimmloaigkeit
sehehit anf Mne ähnliche Bf etanuMphoee Anr
SchMadwafr des Kehlkepfes hinsradenten^ an»
dsre SBetehen Ton Kehlkopfs- oder Lnngenp
leiden fSriilen jedoch. Schon im Tongen
Jahre benotnte Patientin die hiesigen Bfider
mit VortheH, doch stellte sieh später das De-
,4kBl wieder ^n. Alle Versache^ die nodi gaan
fehlende Momtraation hervonsnrafen ^ atad
Mshftr vergeblich geweseni Diesmal wurden
ihr einen Tag nm den andern Bider ymn
(Schwefehvasser, der tfigliche Besuch dw
trockenen Gasbäder, und üeissiMs, tl^ch
»ebhaals wiöderboltes Ourgcdn des JindtB
\
— 43 —
und Cbumsiis mit Schwefelwasser anempfob-
len. Nach etwa zwdiftfigigem Besnche 'dor
GMbider, worin sie täglich zwei bis vier
Standen sich' aufhielt, trat Besserong ein
nnd die Sprache wurde vernehmlicher nnd
lanter. Am Ende der fSnfwöchentlichen
Cor war die Stimme dauernd frei und sonor,
Gesehwilrbildung und Schleimsecretion des
Gaumens nicht mehr sichtbar. Die Folge
nnss lehren, ob diesmal die Besserung von
Dauer sein, und ob fortschreitende Entwiche-
Inng und Eintritt der Menstruation die Ge-
sundheit befestigen wird.
3. CaiarrkHs pulmanuni chronieus ei
iuhereiUorum suspicio. E!ine verheirathete^
sechs und dreissigjahrige Dame von hage-
rer , schlanker Natur, verdächtiger Architectur
des Thorax, aus einer phthisischen Familie
stammend, Mutter von sieben Kindern und
frfiher leidenschaftliche Sängerin wurde vor
vielen Jahren von einem krätzartigen Aus-
schlage durch Einreiben einer Salbe befreit.
Unvermerkt stellte sich nun öfters Brust- und
Magenkrampf, Hüsteln und Kurzathmigkeit
ein, auch leidet sie viel an Congestionen
nach Kopf und Brust. Seit etwa zwei Jah-
ren ist sie bedeutend abgemagert, hat fast
beständig Husten mit reidilichem, mehrmals
mit Blutstreifen gemischtem Auswurfe, der
jedoch sonst nicht verdächtig aussieht. Die
Percnssion ergab in der linken Unterschläs-
sdbeingegend matten Ton, die' Auscultation
daselbst fehlendes Respirationsgeräusch. Seit
einigen Jahreü sind Hämorrhoidalknoten er-
schienen. Verordnung: Schwefelbrunnen mit
WUkf tigfkktt ibesBcli diBü^ntkmml ftmi
'ii|lie»9 i^min. der Pdf mi ^eht U»
JHfcMgtJattWMiy worde, wpfUm anck'i
MwaaMrMUiMV Am Bnoe der Tiom
■limi Cir luuBen eiiiMiii«^ rflttifc JvilMtii
MtocAmi an Ameii und BeiMB nim.-^llw»
lnl^^ M* wie Aiisdiwdhnig niid
lliaiori'hoidMkiMtoiy doi£ war
•i wiBB^gewomkeii, daas. Pattentm
dan ahniste. Aber dnn Monat naehhtK,
ate:yMiaaei> wiederiah, whucl keine 4erK4j»^
«im JleMhwerden mdbrv ^rinuide» ^
%Sffte^ sieh deotUch die Wiederkehr
Mnafton B^nrodoction , indem ihr KAffW
tmam m blOhende» UmüMige beMAHi
katle. . ---■ r'^h
y. Scrdpfaeln.
Die hierher Mbörigen Fälle warm
aerophnloae Hanigesrawfire, Ophthalmien und
Knedhenaeropheln) wogegen sich die Nepn-
dorfer SooIbSder, mit oder ohne partielle
Sehlaauttbider und Douehm, sehr ^rkaaha
seigteK
VL Hypertrophien.
li •
U Hyperlrophia tUeri. Madame Jf.,
jbwd wd dreissig Jahre alt , vgß kriftiger
- 45 --
GMMliiiition uad gut ffebaaet^ aber in kin-
dcriMer Ehe labend, klagte sehen seit lin-
«iper Zeit Aber Henstmaboliken, wobei die
fiej^dn mir sehwaeb eintraten, se wie über
■MH^ andere verdSchtige Symptome, welche
eme innere Untersochnq^ nothwendir mach»,
ten. Bei derselben fand Verfasser oes Cel-
Im uteri bedeutend angeschwelleki» sehmers-^
haft bei der Berfihrang und vongleiehfSrmi-
Sr Hir^ doeh ohne alle hdckrige Uneben-
ten. Das .Uebel schien mit anomalen Hlb-
monrlioiien zosammrasuhAngen , und wurde
durch den reishlichen Gebrauch des Schwe-
fetbrannens, Schwefel wasserb&der und anf-
stmcende Doucl^en von Schwefdwasser wai^
senuidh gebessert, indem die Berührung nicht
mehr sdmerzhafi, und Härte und Anschwd*
lung nicht mehr zu fahlen war. Fänf Mo-
nate nachher hatte Verfasser Gelegenh^t,
die Untersuchung zu wiederholen, und sich
von der Fortdauer jener Erfolge zu fiberzeur
gen. Doch' war die Menstmalcolik unverin-
oert gebliebeii.
2. UpperlTophia cürdia tnc^piaiia. Diese
luutt. bei einem sechzigifihricen, durch vide
Strapan^ geschwichten Säilbcapitain vor,
und war nach einer rheumatischen Brustent»
»dpdung urickgeblieben. Die Diagnose
war aach^iphysicdischen und andern Zeichen
unzwüfelhaft. Das Uebcl wurde ii| Nenn-
dorf zwar nicht geheilt, dem Kranken Jedoch
wesentliche Erleichterung verschallt Ver-
faoser najbm in diesem Falle um so weniger
Anstand, Schwefelwass^rb&der zu verordnen,
als deren beruhigende, IrritabiUt&t und erhöhte
ScirtillUitilt herabstimmcDde, Puls nnd Hen^
sehlag verlangsamende Eigenschaft sieb schon
oft liewährt hat. 8c)ion mehrmals beobach-
teten die früheren Herrn Brunnenürzte Nenn-
dorfs, dass die dortigen Schwefelbäder bei
organischen Krankheiten des Herzens und
der grossen Gefässe den Andrang des Blu-
tes nach dem Herzen mindern und eine gleicb-
mjissigere Circulation im Gefässsystemc be-
>virken, und es liegco in dieser Hinsicht
meritwtirdige Erfahrungen vor, wo der Er-
folg gegen Erwartung günstig war. Auch
in diesem Falle wurde das Bad nicht nnr
fat vertragen, sondern auch eine deotliche
bnahme des vermehrten Herzschlages und
Impulses bewirkt.
I
VII. »9>pklli<ei
Fille von inveterirter Becnadärer
«nkHonrialiMi» Boditisirter Sjrhilia I
Wim aoeh in diMSr SnjMw4Asi*4lft '
r Herrn HansErzte netaHlnIHM
•rtMt md vertmgen rili*' ■Bl^ilnl
47
Vin. Chronische Hautkrank-*
heilen.
GroBS war die Zahl der daran Leiden-
den, welche in Nenndorf Hälfe suchten und
meist aoeh fanden, gleichviel, ob eine beson-
dere Anomalie der Yeeetatioo nnd der. Bhifr-
mischnng zu Grunde lag (Blufiledite nach
Feteljn Canstatt), oder ob dxd Krankhtit
mehr als idiopathiistches Leiden der Haut
(Hantllechte) betrachtet werden mosste» Von
viden Ffllen erlaubt sich Verfiasser nur fol-
gende kur» . anaraf Shren und dabei zu bemer-
ken^ dass man der Form nach Eczema, Her-
pes^ Pityriasis nnd scabidse Formen am mei-
sten sah.
1. Herpea faeieu Eine blühende volU
saftig Dame von etwa acht und dreissi«
Jahren, früher sehr an Rheumatismen leidend,
wurde, nachdem diese aufhörten, von einer
trockenen, beinah über das ganze Gesicht
verbreiteten Flechte befalle, gegen welche
sie schon zweimal die Nenndorfer Sdilamm-
bider gebraucht hatte. Zwar gebessert,
aber noch nicht ganz davon geheilt, kam sie
diesmal nach Nenndorf. Das Uebel war zwar
nar auf eine kleine Stelle des Gerichtes be-
schränkt, behauptete sich aber daselbst nm
so hartnäckiger, indem es gidehsam organiach
geworden war. Nach dem im vorigen Jahre
erfolgten Besuch von Kreuznach war Yer-
Schummerung eingetreten. Patientin brauchte
mit grosser Energie die Nenndorfer Schlamm-
• * • I- ■
. ' . ■ '■•••" • ■ •
^ I
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M^er and hatte die Frtade,' nadi
aiiifcim «d veidiKeheii 6abrJMdMb .
IklaUbniDneiia geheilt «fc«Drei0en ; drei- Mi^
iüe baehbor war ven dem AaaBduage MH
8pir Mehr tfehtlNur. .pieeer f'aO sprieMÜ^
'"' 'bei hartofidifgeil lüd- tief '
'Hanifaiideii eft nar ebe
ämmütjkmK der SchtaauaMder liülir«M
dMÜ .«ber-aaeh ant der iiMita^ TiMlilfr
tHihii; eelitt vea pietherwehim CeMMIpllin
ifiNv4||Ht 4FeMMi|^ weidea.« - • • ■ '^^> ■
4d(ll»-t ■iyio . .'. * -."«•■?'«<!
iiwV 9..:;jr«M» d^UimalL Ein «MlllMlM
JMuligglaillfcen kan mit «iDeai uliiatWÜif
SMHipMMifBMhi^ iintttliiDpoi
:fel#irf 4irAllP*ige deinen «Mt «
ÜiguiB 9ktigSM6^^^ mt 'Terfkü» 4«
Ha^ (8crcilii3cm;Ghia^' nacH Fndbfjl gMM
det hatten ond wodurch die Hände zu feder
'Avheit nntaaglich warden. Anaeer frflneren
Serophelu war kein orsücbliches Mdmenct bv
ftiden. Nach drei Wochenlang ffebraoeMe*
Sehw^el-Soolbidem, örtlichen HandbSdonr
voft Sehlamm and bei dem innerlichen 0(^-
bratahe ^des Schwefelbrannens wurde sie
adMNi ib Nenndorf hergestellt.
..■■-•■.■■ ■ .
3» Psoriasis palmaria {nach Fii^»%
Herr JK, Professor aus Petersburg, halMi
wegen dieses, die ganse Volä der reehMi
Hsiid dniiehniendeü und wie ein Panserbatt^
aabüt^ilbersidienden, sonst aber nirgeiid»
Torliaalentoii Ausschlages bereits viele n»»
Bimäe jBerzte ohne Erfolg eebrauiAt, als^ ihar
Neiwleir 'angerathjen wurde.. Geringe HIk
MiMlüMÜj ufille ausgenonunan war keine
■■f
— 49 —
Spoc eines inneren Leidens i zu entdek-
ken. Zwölf allgemeine und achtzehn örtliche
Schlammbäder nebst reinigen Schwefel -800I-
bidem stellten Patienten so völlig her, diiss
ausser einigen rothen Stellen zwischen den
Fingern keine Spar des lästigen Uebels mehr
fibrig war.
4. Scabies auppreaaa. Herr TF. , acht
und dreirsig Jahr ah, von schwächlicher Con-
stitution und kachektischem Aussehen, wurde
vor sechzehn Jahren vermittelst einer Salbe
von der Krätze befreit, aber kurz darauf von
einem Brustleiden befallen, welches ihm seine
Jagend verbitterte und zu vielen Geschäften
untauglich machte. Heftig drückende und
stechende Schmerzen der rechten Brusthälfte,
Kurzathmigkeit besonders des Nachts, kurzer
Husten, alles dies vermehrt durch Bewegung
und körperliche Anstren/3:ung, hatten ihn nun
schon seit sechzehn Jahren nicht verlassen.
Bei der genausten, wiederholten Untersu*
chung der Brust mit dem Stethoskope, die
ausser dem Verfasser auch der zufällig an-
wesende Herr Stabsarzt Dr. Beier aus Wol-
fenbättel vorzunehmen die Güte hatte, Hess
sich aus physicalischen Zeichen nur auf ei-
nige vorhandene Adhaesionen der Lungen-
pleura schliessen, mothmassliche Reste einer
vor wenigen Jahren äberstandenen Lungen-
entzündung. Am meisten Aehnlichkeit hatte
die Krankheit mit dem s. g. Asthma psoricum,
indem sie namentlich gegen Abend exacer-
birte, im Ganzen doch aber anhaltender war.
Patient badete vier Wochen in Schwefel-
wasser, trank dabei reichlich den Trinkbrun-
Jooni. Bd« ILGY. St. 3« 4
50
opid wurde dadurch^ öhnedips ^tkVmh
mtmddäg meh seigte, indem .nur vemiäufli
Bmü* rnid Niertentecretion eintrat ^ 'm flttf
UmgeBtuSAt^ im» aUe Bracheiiimicea düMi
Iwtnielugea ITebels schon hier anftdrien 4al
ter^ wie nm^eboren abreia'te;
• •
Üii Krankheiten des Nervei«»
^Systems;
Neiindorf passen haoptsiiAlieh jnUei
Nervensystem secandir affieirt jsl^
w dueeh venöse CongesticMiepi Mataala
SM eder lanitwieriffe BhenmatiMMm .Baal
Meh bei ^ priaiären Leiden dieses SystaMS
and dadurch bedingten specielten Krankhetten
hilft es oft durch seine indirecte, antagmiisti«
sehe Wirknng.nnd durch Reizung der ios-
sem Haut, namentlich in Form der ScUanua*
b&der Fälle von Lähmungen nach Schlag«»
flnss, rheumatischen Gesichtsschmerz und an«
dere Neuralgien sah Verfasser auffallend ge-
bessert werden«
(Schluss folgt)
I
«
11
Lebensrettung eines Erhängten
nebst
einigen allgemeinen Bemerkungen über den
Erhängungstod,
Ton
Dr. Joel^ praki Arzte in Berlin.
Jim fünfzehnten Joli v. J. wnrde meine
ärxtliehe Hülfe für den Schneidermeister E.
anf nngewöhnliGh dringende Weise in An*
Spruch genommen. Schon auf dem Hinwege
erfuhr ich, dass E. sich erhfingt habe. Ich
trat in eine firmliche Wohnung, und dort lag
auf dem Bette einer niedrigen und finstem
Kammer — eine scheinbare Leiche, welche
auf meine Anordnung in ein helleres Zimmer
gebracht, und dort zwischen offenen Fenstern
und Thüren auf ein zubereitetes Lager mit
erhöhtem Oberkörper gelegt wurde. Die
Anwesenden versicherten, dass dies der
Schneidermeister E. sei, dass er in der Kam»
mer sich erhängt habe, und dass er dort,
von seiner Frau zuerst bemerkt, durch einen
hinzugerufenen Nachbar abgeschnitten wor-
den sei. Man zeigte mir den Strick, dessen
er zu seinem Zwecke sich bedient hatte.
Es war ein baumwollues Köperband (1|
Ellen lang, und | Zoll breit), welches in
4*
' •. ■'
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«I » / •
n . -■ . . . . ,
4MBeh abgetheilt, vofi E, zom ^iwmatlkpmjk
vobA SüDBchneiden gebraucht 2a werden (A^g^
Üebiriteiis ntoftite Stünden Nagel , wom^i^.
fSdUifige befeMigt ivar^ karz vorYoUfOlirMf
seimr terbrecberischeii That eellHrt (AHtf^^
•eUjüren' haben« da die Fraa npt Be9tiMit->
i8R^^^^ dass grade dieser Nagel:«äift
aidkt in der Wand gesteckt hatte.
i.'-jt . ■ ■ ■■ , . 1». • .
■■■*E.^' kaum mehr als ttpfPoss hoch,. war
dn Mann von y^wel nnd dreissig Jahresy
Bit sehwachem jKnöcbenbaa, achlwen.llM-
kelii'^^4nid- wenigem Fett im t^pm^
Die Eb(iremititen fohlten sich kfihl an, aber
Brost^d Unterleib hatten noch die natifap»
IMMr^Wlme^ das leidrenbiaiBe 6esieht4eigle
ük «Mmeliien «Idleh eine bMnlicb« Mrbm
dln^ Anteil waren geschlossen 9 wensigieMi
sie ans der Orbita hervortraten, die Conjafie-
tiv^ bolbi war hochroth injicirt, in dem fest^
S:eschlossenen Mande tag die Zange hinter
en-Zräbnen. Ein flacher keinesweges m^
rStheter oder sngillirter, drei Linien breiter
Eindrack war zwischen Unterkiefer umd
XeUkopf bemerkbar. Er lief von der rech*
ten Seite des Halses nach dem rechten Ohre
hinauf unter dem Hinterhaupte fort, und be-
gegnete dort einem schwächer marqnirten
Eindrucke, welcher von der linken Seite
ebenso nach dem linken Ohre hinaufstieg.
Der Penis war nicht erigirt; ob eine EJaica^
lation statt gefunden hatte, liess sich nieht
bestimmen; das durch Koth und Urin be<*
sehmutzte Hemde enthielt keine Saamenfleeke.
Dabei lag£. bewusstlos da, ohne irgend eiii
Glied BP bewegen, alle Empfindung war ge*
— 53 —
wichen, denn es erfolgte auch nicht die ge-
rings'te Moskelaction, weder nach tiefen Na-
dfltotiehen, noch nachdem ich die HautflAche
mit scharfem Senfspiritus gereizt, and mit
kaltem Wasser begossen hatte. Der Brost-
kasten schien beim ersten Anblicke sich gar
nicht zu bewegen, doch beim genauen Za-
tsehen bemerkte ich eine oberflächiiche, in
langen Pansen sich wiederholende Ausdeh«
nnng desselben. Der Radialpols war sehr
Mein, und eher retardirt als accelerirt, der
Herzschlag liess sich dnrch Hand nnd Ohr
nur sehr nndeutlich;, und mit dem Radialpolse
synchronistisch bemerken*
Ich beeilte mich die passenden Uettungs-
mittel anzuwenden, da zu befürchten war,
dass der nur noch schwache Lebensfunke
rasch verlSschen möchte. Durch die Stran-
golation waren hier offenbar zwei pathologi-
sehe Zustande vorhandene einmal Stagnation
des Blutes im Gehirne, weil das von den
Yertebral - Arterien zugeführte Blut dnrch
die zusammengeschnürten Jugular - Venen
nicht abgeleitet werden konnte, und dann
Ueberfüllung des rechten Herzens und der
grossen Gemsse, als einfache Folge der ge-'
störten respiratorischen Thfitigkeit. Demnach
konnte der wirkliche Tod jeden Augenblick
theils Huf apoplektischem^ theils auf asphykti"
schem Wege eintreten* Da nun die freie
Thätigkeit der Halsgefässe durch die einfache
Lösung des strangulirenden Bandes bereits
wieder hergestellt war, da endlich Herz und
Lungen noch auf schwache Weise fungirten;
80 musste vor allen Dingen eine Verstirkung
'■ f . ■ ■ ' ' '■ • - ' -1
' * 'V ■.;;-.
, ^^ V* ^^ ■,■•■■■
^ • ■• ■ V
Mq»init«ri«che& Thitigkeit tnidt-mim:^
■m IjpedHcste, nieh Ann eines in^MsWMir;
Aip— Jung hfehsT^ einfachen HmiJiiHhii
.Hatten iSrdy (wenn ich nteht lAe)
tiigegehen> hat Ich fibte ' nimUeh
HSeiaiMf« nnd, nm die ElaaUritlfe M
luiipen in venttirken, bklb tlotteiMltf» Omk
Ml den Bmstkasten nnd die BiineMeelüMi
in^ vnd Kwar aof die Weise, dass iclr
Mlhen, jabwechselnd mit einer Relaxation
genannten Theile, 25 mah in dner MteaM
w^erhelte. Wenn nAnlieh <80 urtkeil«n:1sl|/
MT itnssende brnelL nachlflsst, so ernrtilsit
aidi der Brostkorb theiis dorch die näiMMIä
iBastiettit der Rippen, theiis dadareh, imm-
dsv'ftwehrhfeil von den sarflcksinkendei Vihj
jtsfWbsorganen nach onten gesogen^ wiNtf
itim irihfr dib meehänlsehe ErweiteranfHUi
BmsM^ästens, auch auf die Entwickelong ^
Lungen nnd die damit zusammenhftngendm
Functionen einen wesentlichen Einlluss ha«
ben mfisse, schien mir kaum einem Zweifel
unterworfen zu sein.
Nachdem ich auf die angegebene Weise
zehn bis fünfzehn Minuten fortgefahren, nnd
sehr rasch eine gewisse Uebnng in der ge«
schickten Ausführung dieses stossenden Dmk«
kes erlangt hatte, so wurde die nmfangrei«
chere Ausdehnung des Brustkorbes mir nnd
den Umstehenden bemerkbar. Gleichsdtig
Hess ich die Extremitäten, namentlich die in-
neren Handflächen und Fusssohlen, von krif«
tigen JMUlnnem mit starken Bärsten reibeiL
und ausserdem legte . ich auf Bmst nna
Sehenkel ziemlich breite, leinene La|^e%
- 55 -
welche mit Senfspiritus (Ol. Sinap. gatt. xii.
iBfriv. in Spir. Vin. anc. /?.) getränkt una oft er-
neuert worden. Ein hinzagemfener Chirurg
naehte auf meine Yerordnarig am linken
Arme einen Aderlass von 12 Una&en. Das
Blnt, welches Anfangs tröpfelnd ans der Vene
hervortrat, ergoss sich erst dann im gewöhn-
liehen Strome, als die Rettungsversuche län-
gere Zeit waren fortgesetzt worden.
Obgleich meine ärztlichen Bemühungen
bereits eine volle Stunde angedauert hatten,
obgleich Herz und Lungen wieder auf nor-
male Weise fungirten, so schien doch das
Nervensystem aus seinem Schlummer nicht
erwachen zu wollen, denn der Verunglückte
hlieb immer noch regungslos und ohne Be^
woflstsein. Ich liess deshalb die Haare ab-
scheeren, und den Kopf mit Tüchern bedek-
ken, welche von eiskaltem Wasser durch-
nisst waren, während meine Assistenten
fleissig mit dem Reiben der Haut fortfuhren.
Endlich aber wurde in den Brustmuskeln eine
cigenthuffliich osciilatorische Bewegung be-
merkbar, welche sich bald auch auf die star-
ken Muskelparthien des Oberarmes und Ober-
schenkels ausdehnte, die Mundwinkel zockten,
Ate Augenlieder hoben sich, und E. schlug
von Zeit zu Zeit die Augen auf, während
gleichzeitig der Mund sich öffnete, welcher
bis dahin hermetisch geschlossen war. Ich
entfernte mich jetzt auf einige Zeit, da ich
sicher war, dass die durch den glücklichen
Erfolg angespornte Umgebung mit den kal<«
teil Umschlägen und den Hautfrictionen bis
zu meiner Rückkehr fortfahren werde.
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'^; /All ieh iiacSb wenigen Sinräden A^iiNi
IMMni temiohfe^ 80 la^ er bereitn^|iit M(b»
',Mr Ängen da, nhd das BewuMaeii
^MHbeii« xoriidcgekehrt. Es war
' Mier üauUMmerfe Kastand dcfa Gehirn»
flMiden^ welchen ich fast jedesmal h«n WlOh
Wriimai üremeim heebachtet habe, wobei Miv
KranKe dai^ife, was der At%t Mt^.lhrii
'■ ai^richt, xwar We&rfg aber nieAl . nbutUkkUg
adhsst, so dass er am.folgendcn T^ie HjBiBt
am ganae, weitUUifig geftthrte Oespiieh
Mbst bis aof den Besncb des Arjctea Mr^
mumm hat E, verstand meine an . ÜMi gt^
" Mtfiteien Fragen, und ich bemerkte
^:1leälB^ seine • Anstrengangen , sidi
ÜFmrib versMndlich. so machen, aber «r
; 4U SpnekB eerlorsn, und er bradi^
nMMirter Worte blosse Oottaraltfine
wie man sie aus dem Mnnde der TanbstonH
men zu hören pflegt Beim Schlacken war
offenbar im hintern Theile des Mondes, oder
im oberen Theile des Oesophagos ein Hin*
demiss vorhanden, welches E* nicht zn dbcMr-
winden vermochte, so .dass alles Getränk ans
dem Blonde wieder heraasfloss; fiasserlich
war äbrigens keine Geschwulst am Halse
bemerkbar. Ich verordnete ein Essigklystier,
liess die kalten Umschläge um den Kopf fort-
setzen, und gleichzeitig fortwährend kalte
Wasserlappen um den Hals legen.
Am 16. Morgens hatte sich nichts We»
sentliches geändert. Zwar konnte K einige
Tropfen Wasser, wenngleich mit angewöhn-
licher Anstrengung herunterschlucken, aber
die Sptalehe /Mie noch gons, dabei w^ar die
57 -
ScIeroHea stark injicirt, and da gleichzeitig
ein heftiger Kopfschmerz vorhanden zu aein
schien, ao wnrde ein zweiter Aderlaas ver-
ordnet, and mit den kalten Umschlägen . nm
Kopf und Hals fortgefahren. Gegen 2 Uhr
Nachmittags war der Zustand noch ganz
derselbe; dennoch konnte ich weder ausser-
lieh am 'Halse, noch in der Mundhöhle irgend
eine Geschwulst mit den Augen wahrnehmen,
90 dass ich den Gedanken an eine wesent-
liche Verletzung, namentlich an einen Bruch
des Kehlkopfes oder der nabgelegenen Theile
KorOckwies. Während ich aber, in der Ab-
sieht noch einmal genau zu untersuchen,
den Larjnx mit Daumen und Zeigefinger
der rechten Hand umfasste, und zu wieder-
holten Malen von einer Seite zur andern
schob, fühlte ich plötzlich eine ungewöhnliche
Mchndlende Bewegung unter meinem Finger.
Fast in demselben Momente rief £. mit freu-
destrahlendem Gesichte aus: »Jetzt ist^s fort!«
damit andeutend, dass er im obem Theile
des Halses ein Hindemiss gefühlt habe, wel-
ches durch die oben beschriebene Manipula- ^
tion tiberwunden und (wie er sich später
ausdrfickte) in die Brust hinab gefallen sei.
Am 17. fand ich alle örtlichen Erschei-
nungen, welche in irgend einem Zusammen-
bange mit dem versuchten Selbstmorde ste-
hen konnten, beseitigt. Der Unglückliche,
dessen überhaupt schwächliche Constitution
von dem doppelten Aderlasse und dem mora-
lischen Einflüsse der Sache angegrifien war,
musste noch einige Zeit das Bett hüten, dann
aber, im hoben Grade beglückt durch das
* ^
* ^
. ^ ■ I
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. . . \ . ' - ' -' ,*
. Mrt jpBielieid(te Leben, kehrte er M^MiMilr
- Wifiitf llr.deii Uiiferhidt aefner ItmemMA
i*" ' • - . ^
f*f V ■..■■■-% -^ ■ ; /\ ■ *.-.-■ vr >«5».
hm 21. erhielt ieh. eine Ziwidiiift 4il
hkdlt»i Nliüe Ein KfolgL PolüwipffMftNi
■iehveraiilimt fühle, nir für die Ut arl%.
hetehnten BealbHogen mn die WiedtriMb^
ba(^ des JSw eine beifilUge Anertowapg
werden sa lassen.«
^- ., , , . - ', ■'
•■• '?*
Üb hiibe wShrend einer liuigiils^^
uBtsndidMi
i, becOnsligt dorch den Umstand ^
nrciniine viele Jahre lang «HUfeNi
dwHihe des PeKneiprisidii belegen ^w»;
seb^ elt Gelegenheit gehabt. Brhii^dMk
lUh nn bdiandeltt. Es ist aberda»fet«lii«n|*
einnige Mal, dass meine BemSbangen ant
Erfolg: belohnt warden. In den bei Weitem
meisten FUlen durfte ich mit Bestimmtheit-
annehmen, dass alle Lebenserscheinongen
sehen Mngst vorher, ehe ich hinzutrat, g^^
wiehen waren ; aber hin und wieder sind mir
deeh. auch solche Fälle vorgekommen, we
noch einzelne Lebensspuren vorhanden wa«
ren, und wo die consequent angewandten
Bettungsversuche dennoch nicht ausreichten,
um den Tod abzuhalten, welcher einmal ae*
gar erst nach vier und zwanzig Stunden auf
scheinbar pneumonische Weise erfolgte. Nicht
selten habe ich mich über die Erfolglosigkeit
meiner ärztlichen Bemühungen gewundert,
nnd noch öfter war ich bei genauer Beleueh-»
tmig des ganzen Sachverh^tnisses dnrfiber
erstaunt, dase^ der Selbstmord Ins mr Ans*
• **
5t
4atto köninen kiSonen. Den». JUifif j
Mittel xor SdbttvernjMbtaag «1;
g (man könnte Mgwilcichlfiwiig^
fMTihk, du8 der Tod den , Vera^glfiiktai
mdIhp bei einem kindischen Üebermnt^ .ab.
M; aiaar verinrecheriaeben Abaieltt Abefraadil
.jÜnbcn aehien. l^h habe. ea> einige. Malt
'An, dasa die Erhingteh mil tfnm WtA^
idint Badern berührien^ emmid f and ii4l
dn SeNbatriAnder in einer «ilaemftnv vid
ejnmai aeHmtin einer ibdft Ifagrmd^ f^ttähu^
Dn MB' iut bd allen fibrigen Arten, dir
Hattatvarniditnng die Loat noii. Lehcm^l»
Am bteten Aagenblidien,' aafgeatadielt dorefc
ÜaMbnmmen den Todeskaaqifea, von^«na|i
mi/ahraehen pflegt; ao maaa daa BvMUigaa
CiMhaaelminiien^ doreb aehneBe BeUhrtupm
iaa Saweri^ eine wenig achmembafie^ ?äip
Im ^laem gewiesen Sinne eine aichere Tede*-
nitnein. Jeder irgend anhaltende nnd bef^
tee Dmek auf die Gefässe und Nerven Abb
Bdaea, aof den Kehlkopf und die Lnftrdhre
flriieint mir demnach von ongewöbnlich gro«
Gefahr begleitet za sein, nnd aas die-^
Gesichtspunkte wird es wichtig diejeni^
gen Momente zusammenzustellen, wodorcli
es JBdglich wurde, dass in dem eben mitge-
theilten Falle theils das Leben nicht raseb
•rleacb, tbeils die angestellten Uettungaver«
Mtfbe aasreichten, um den schwachen Fanken
s«r bellen Lebensflamoie wieder anzufaehea.
Ter allen Dingen wfirde es höchst in-
üraaaant nein , wenn sich die Zeiilänge ge«
MB ermitteln liease, während welcher die
atoögnlirende Einwirkung des Strickes bei
^ «0 —
. n. IJflgUdüiehen Statt gefunden/
Si itt,'t3tarf vrie mn ans der weiteren)
' ibWiiiBraBliiiu; aar Genüge entnehmen % ^
~ ,^Mt BÜgUeh bv^Ii^i' ^'Ur vollen GewisdKit
■ .Wß gi^m^^m, da & selbst, dessen Aussage
: iA Uten DOdi mitlheilen werde, hierfi^r
Intoea A«behliiM za ^ebeu ^veiss. Die Frao
cnlblt, dMM sie ihren Mann, während er
^Sk^InlMr nhig am Arbeitstische beschäftigt
war, vwlaaaeD hab^ und dass t«ie nach einer
> kÜMfe halben Stande in ihre Wohnung zu-
rSekicd^rt aei. Sie habe au j;en blicklich die
', pMiiice fiOlfe ha-beigeholt, als sie ihr Zim-
'MMr vm inneq verschlossen Tand, und alle
WbiÜge« HOlbleistDüffen seien ebenso raach
'to4 fi^ anjuenblickTich geschehen. Wenn
)|lift Aoisaji^ der Frau ricntig ist, so hat E.
"^'^"' einer karsen halben Stunde eine
' gnme Heoee voa Dingen verrichtet, und
BiaD wird perecbtigt anzunehmen , dass er
noch nicht laoj^ an dem Nagel gehangen
hatte, als die Thär erbrochen nnd der SMok
durch^eachnitten wurde, deno er ward» d^H
in- dieser verhältHUsmiUaig kurzen Zeit Bwci
' äominerwesteD zugeschnitten, den Gedanken
BDm Selbstmorde gefasst, die'Thäre verrie-
Selt, einen Nagef und einen Stein geaocbt)
en Nagel mit dem Steine in die Wand g»*
schlagen, eine Schlinge angefertigt, diese aa
dem Nagel befestigt und endlich sich adbat
um den Hals gelegt haben.
Aber leider weiss ich am Blrfahmng,
daas oft, wenn die Umstände gdoBtig siai,
ein rnnglaubltch kurter Zeitraum hinreieht,
«■den gificklicbeu Erfdg allar eoiuevunt
■ -^ r .:- — ' •»
und rationell fitigewandten 1
KU vereiteln. Ich will, um dieC
JoBniitl > AufsAtzes nicht za , ,
liier einen Fall nurganx kuw; mitthtHtii' <l>r-
das eben Ausge^^prochene mTs SvMcaiiiM-
Ireweist. ■ '■'-- ■ • '-•
W Ich behandelte vor et^Rfc wt^ JUvift
RRhen Mann an einem leichteD' f
Fieber, der obgleich moralisch i
verarmt, einer sehr achtiAgr
wohlhabenden Familie «ngelM
nem Besuche fand ich die Thflra'.%M 1
verriegelt, und da ich die TgAtflBiM» iW
Mannes theihveise kannte, bq rendÜtJMm 'tA'
, augenblicklich, dass hier ein Terndr im
r Selbstmorde Statt gefunden hsbCv Bi. WO*»
' den rasch die nöthigen Pewenen - hertwige*
holt, um die Thiir, welche sich mit iAaeti
VcrHe nirht einschlagen lJt«s, eb erMbm.
WMiVBd wir erwartungsvoll dastanifen, na
Mrfin wir, dasB mit ungewöhnlicher Henir«
' keil ha Zhnmer des Kranken geklingelt wnrde,
die Bendhangen wurden verdoppelt, ans 0^
aMIrfidier l^gedold hatte ich meine Sekno-
ieMhr in der Haud, and noch nicht volle
IM Hinnten waren seit dem letzten Tone
4trKKngel verflossen, alsdieThür aufsprang^.
Wir BtlinEten ins Zimmer, nnd fanden den
Siilitklichen an der oberen Thfirhespe einee
NUnSünmen mit einem dicken Bindfaden)
. Uli tmm ihn xum Einwickeb der Zuckerhüte
^ feof die Weise erhSngt, dass er, mit
itM ^den Boden berührend, tief in die
■«■ken war. Zn seinen Füssen lag
If womit er eich selbst va Gralw
■■'■ . ■ " *
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1
J •
iliü»*mMeii dteo Boden beriM <»ätaii> «ll
;<»r den Hegel selbst in die Wrad re^diMM
birtfe und swsr in einer H5h^ Wdelie' üb .
. yäaißWüm TOP Bodo» tstfecut ww# o jMMtai
Mten- ipriit MhM: g^fmgßßm. hcrviriJ^fM
JK^dientarJ^iBsliuide idleia seine beboMr*^
. *Mg nMrif verdankt, da^ ich nieiil seHril ttr^
kingt#:r«nter gieieben VerfalUnieseii besfc»
nJBb&t tnibe» Aber gewiss hnttediensp <!■»>
\ - «tmd wesendiA ter Uferen Iinirinsiiilinliiit
Mi%;e«ririit, da die GeMurciinbe^j
. vmsehiediMie ist, jeilschdeil der
der 'eine hingende, stehendM|lLnieeiidef nil*
MjSi9i /Oder gar liegbndo SMon^ wflit
Wenir nimlich die Fösse den Boden nodi
berfihren, so gehört die Todesart eigentikh
in die Kategorie der Strangalation. Diese
aber ist der ein fache modus, während das
Erhing:en als ein eompUcirter betrachtet
werden kann. Es wird nämliGh dpreh das
Gewicht des eigenen Körpers die Zasaminen-
schnämng des Halses verstllrkt, und durch
den Fall, welchen der Körper nothwendigor
Weise beim Erhängen erleiden moss, wird
gleichreitig eine geringere oder grössere
iewalt auf die RückenwirbeUämle ansgeAbfc
Ja die Kunst des ffesetsmissigen Henkers
besteht eben darin, dass er durch einen ge-
schickten Stoss die Ruckenwirbelsiule theUs
dehnt, theils halb um ihre Axe dreht (wris-
ted moti^n der Engländer) und so durch eine
absichtUche Verletnung der MeduUa den To-
— 63 —
dedumpf seines Opfers verkürzt ScKon
der blosse Anblick eines Erbän^n zeifft,
dasB hier eine Streckung und Zerrung der
Spina dorsalis Statt finden mässe, und Jnam^
Iva (dessen Lustspiele ebensoviel wahre als
witzige Bemerkungen über die verschieden»
artigsten Lebensverhältnisse enthalten) sagt
von einem Erhängten »dass er ein langre^
strecktes I gemacht habe.« Dennoch hat
man erst in neuerer Zeit den Einfluss, wd-
chen diese Todesart auf das Rfickenmark
und speciell auf die Medulla oblongata ans*
fibt, auf gehörige Weise gewürdigt, und man
ist ' so zu lichtvolleren Ansichten über ein
Dicht unwichtiges Kapitel der Medicina foren-
als gelangt.
Die Stellung, welche E. bei seinem
Selbstmorde wählte, war demnach für die
Lebenserhaltung eine günstige, um so mehr,
da dieser Umstand noch durch eine glä(5k*
liche Wahl des stranguürenden Strickes un-
terstfitzt wurde. Er wählte nämlich dazu
sein gewöhnliches Kleidermaass , welches
nicht, Avie in der guten alten Schneiderzeit,
aus zusammengehefteten Papierstreifen, son-
dern nach der Praxis der neueren Kleider-
modisten aus einem baumwollenen | Zoll brei-
ten und sehr weichen Köperbande bestand.
Glücklich nenne ich die Wahl des Bandes
darum, weil die meisten Selbstmörder Stricke
zu wählen pflegen, welche, indem sie schmal*)
*) De Haen erzählt in seiner Abhandlung
de submersis et suspeusis einen Fall, den er
■- ■; ■ . ^ tt -r ,■ ■.:-;.; ■;!
und VOR diciitem Gewebe sind, tief einschndn-,
den, lind mif diese Weise nicht blo^ dift..
- Gefässe und Nerven des Halses, senden^:
gleichzeitig die Luftröhre gewaltsam za»aia-i
mendrücken. Denn wie rerächieden audl
die Ansichten und die durch eine kolasaaU. .
anatoiuisch physiologische Gelehrsamkeit oft
lächerlichen Hypothesen über die eigentlich»
Causa mortis beim Erhangen sein mögenf
so steht doch als Reeultut des gesunden Men^
schenverstnndeg unbedingt fest, dass durek
die Zusammenschniirung des Halses nicht
bloss der Hückauss des Blutes aus dem Ge-
hirne gehindert, sondern auch gleichzeitig
den Lungen ihr Pabuliim vitae entKogen wir£
Je intensiver demnach der strangulirendQ
Strick den Kehlkopf oder die Luftröhre za-
saminendriickt , desto mehr ist zu erwa^tcI^ -
dnss jede Verbindung zwischen den LuUgen;
und der atmosphärischen Luft aufhören werde,
um so mehr, (la oft ein unbedeutendes Oedem
KfaoB hinreicht, um die an sich schmale
JUma glottidis unwegsam zu machen.
Und auch in Hinsicht dieses letxten
Punktes ist E. offenbar von einem ungewöbn-
Uehen Glücke begünstigt worden. Ich habe
schon: oben erwfihnt, dass bei dem VeniD-
glücktea ein flacher,, keinesweges gerätheter
darum för merltwürdi;; hSit, weil rio Fafannann
aich mit einem BtitJaktn an seinem Wagen er-
hängt halte, und er knüpft daran die richtig«
Bemerkung, wie gefährlich jeder Druck aar den
Hala sein mnaae, weni^selbst ein nabrtUm Band
den Tod berbeiiiibreii kttnue.
— 65 ~
oder sagillirter Eindrack Mviüehen JJnieMe^
/!ur> mmd Kehlkopf biemerkbar war. Aus die-
ser Lage der Strangulationsinarqne folgt,
daas das Band über dem Kehlkopfe gesessen
und demnach seine strangulirende Wirkung
nicht auf denselben und auf die Luftröhre,
sondern zumeist auf das Zungenbein und
dessen Muskeln ausgeübt habe. Es ist nicht
nöthig erst noch auf directe Versuche hinzu-
weisen, welche in dieser Hinsicht namentlich
in England gemacht worden sind; denn der
einfachste Verstand begreift, dass es in Be-
zug auf die Todesgefahr von sehr wesentli-
chem Einflüsse ist, ob der Strick über oder
unter dem Kehlkopfe sitzt^ da in dem ersten
Saite die Verbindung zwischen ded Lungen
%d der äussern Atmosphäre entweder gar
niiht oder doch nicht in demselben Maasse
unterbrochen wird als es nothwendiger Weise
in dem letzten Falle geschehen moss.
Ich bedarf vielleicht der Entschuldigung,
dass ich die Zeit des Lesers fär so einfache
Dinge in Anspruch nehme, aber ich meinte,
als ich dies niederschrieb, dass die klare
Darstellung auch der einfachsten Dinge von
einigem Nutzen sein könne. Ich meinte, dass
der mitgetheilte Fall in forensischer Hinsicht
nicht unwichtig sein möchte, weil, wie aus
meiner Darstellung hervorgeht, E. seine Le-
bensrettung nicht einem einzelnen sondern
mehreren Momenten verdankt, deren Compli-
cation eine ebenso ungewöhnliche als glück-
liche sein durfte.
Endlich bietet der Fall auch noch ein
J«arn. Bd.XCy. St.3. 5
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Iljpleh flBmMr HarMeHi^ig mit AufiBtiiuMWil
, hm wtotot^iätj ib «maert man sidl^ dmi
Ä;Mte ^er iMd * »wiiBStf Standen yiweMbi
|li%!MiehdMi liertoite Bespiratioii imd^OiB»
JMrinMiny JlMriMsteeiii, Empfindanf: und B»«'
siijgpnif änf 8 : TaUkommenste sarfidfigduito
waiü^ Brat Am falgenden Tage ^ ala itk^
imkMMkoyt wmHkck^ Daomen nnd JEeig^ik
fi|:iv liin; mA ber aekiebend^ unter aMfaiai
iilllimii eine «iganthtalieb achneHende Be^r^
wltiiiig flUüte, kehrte die Sprache jrfcMaJidl
«Mok^ wfthnBed iSL gfeichMitig die Beaeitii*
gm^ äiM Bindemitaea fäblte^ wekhes eei»
pp*4QHheBe nach der einaice Grand aAMr
and aailMr SpracUoaigkeit gelm^
Und wa» bleibt wähl And^iea Oi^f
alä aesonebfflf B^ da^a hier eine FaracAleiiNigr
de9 Ziungenbein^ ^ wenn aach vielleicht nur
eines Theilea desselben, Statt gefanden hajbe?
DaCttr apreehen theils die Krankheitserachei«-
Bangen, theila die plötzliche Beseitigang der»
aelben, iheila der Umstand, dass die mecha<»
BJaefce Gewalt vorKäglich das Zangenbein
getrofen haben mosste, wie ich schon oben
ana dem Yerlaofe der Strangulationamarqoe
gefolgert hatte. Und doch behaupten gana
nedentende chirorgiache Antoritflten, dasa die
Laxatian des Zangenbeins nibht vorkoaune.
Miui meint, dasa die Luxation dieses Kne«
ehena dämm nicht gut möglich sei , weil er
aUdi in einer JrH gehwAenden Lage zwiachen
Mnakeln und Bändern befinde. Aber ich ge*
stehe, dass ich diese Ansicht äberhaupt nicht
IhdUm wflrde, wenn ich auch den eben er-
- 67 -
siUten Fall nicht beobachtet bitte. Denn
daran«, dass das Zungeübein eine frei schwe-
bende Lage hat, folgt für mich eine leichte
Yersdhiebbarkeit desselben, also eigentlich das
Cregentheil von dem, was Rust behauptet,
wenn man nicht den Begriff der Luxation in
gar zu enge und demgemfissin naturwidrige
rrenzen einschränken will. Dass aber ein
Knochen, welcher so leicht verschoben wer-
den kann, entweder von selbst, oder durch
einen unbedeutenden Anstoss in seine nor-
male Lage zurückweichen müsse, bedarf wohl
kaum der Erwähnung.
Dass hier ein ursäehKches Verhältniss
zwischen der Luxation des Zungenbeines und
der Sprachlosigkeit Statt fand, lieft schon
darum klar am Tage, weil die Sprache pZöla-
licA, fast kennte ich sagen, unter meinen Fin-
gern zurückkehrte, l^d dies ist der Punkt,
wodurch der eben mitgetheilte Fall möglicher
Weise auch ein physiologisches Interesse ha-
ben kann. Die Achtung, welche ich vor der
Physiologie habe, ist eine so grosse, dass
ich jeden rationellen physiologischen Schluss,
welcher aus der Beobachtung von Krank-
heitsfällen gezogen wird, gleichsam als die
sublimste Blüthe einer medicinischen Epikrise
betrachte. Und weil es leicht ist, auf einer
früher nicht betretenen Bahn sich zu verir-
ren, so will ich den Mäjinern, welche die
Physiologie zu ihrer Specialität erwählt ha-
ben, die Entscheidung überlassen, ob der
mitgetheilte Fall irgend eine physiologische
Ausbeute überhaupt zu geben, ob er nament-
lich ein helleres Licht iiber die noch streiti-
5*
u
I (
_ Fiuictioneii der- Znngeiinenreii oiid
^«Ml^des 0KP^'^'^^'^ ^^ verbretten yemul^
. ■ •. ' r
r»--
•Ün metnen Bericht'^rilit mivoiM^tind»
^eitdieiiien ' an lassen, will ich mletximbfk ,
lÄf^ kam Weise dsi^enige mittheäöi,' wap,
' * jK «Blkstm»er den Vorfall berichtet. Br er*
• BiUt j dass .er sät seiner frabsten Jugfüä
mtgewöhnlieh j$h«omi]^ gewesen sei, «oi
dass er seit dem Tage, welcher seinem Yet^
mAt sam Selbstflforde voranging, dnrcä ei^
jMii' Uhisliehen Zwist mit seiner Fraa m'eH
Her «acewdhnlichen Aafregnng sieh befnideft
. kate. Am 15# Jali sei er, körperlich erschdpft
' dar hk .^iie grosse Hitee des Tages, bei aew
. Mn ^Ärbeitstisehe mit dem Zosebneiden "von .
- •' «IMafnöhnresten besehiftigt gewesen, wakai
Jiadk Handwerkscebranch sein KlekmroMaas
leicht um den Hals geschlungen war. Da
sei ihm plötzlich der böse Gedanke gekom-
men: »mit dir ist doch Alles auf dieser Welt
vorbei, da sollst deinem Leben ein Ende
macken.a Er habe die Thüre verschlossen,
and — dies sei der letzte Moment seines
BewQSStseins. Er wisse nicht, dass er einen
Ifagel in die Wand geschlagen, nnd dass er
überhaupt einen Versuch zum Selbstmorde
gemacht habe, dass er abgeschnitten, dass
er mit scharfen Bärsten wund gerieben, kurz '
dass irgend/'ein Bettungsversuch mit ihm an-
gestellt worden. Sein volles Bewusstsein
sei erst in der Nacht vom 15. zum 16. er-
wacht, als er dicht neben seinem Bette die
Stimme eines alten Freundes und Handwerks--
genossen gehört habe. Also während E. ei^
' nerseita sogiebt, dass ihm der böse Gedanke
— 69 —
zum Selbstmorde gekommen sei, so behaup-
tet er doch anderseits, dass er die That selbst
im bewuBsiloseH Zustande vollbracht habe *).
Icli halte mich moralisch überzeugt, dass
JE. in seiner Behauptung vollkommen Recht
hat, denn er ist von lebhaftem Dankgefuhle
*) Diese Behauptung des Patienten: den
Act des Selbsterhängcns in einem halbbewasst-
losen und 'unfreien Geisteszustände verübt zu
haben, erinnert an Etwas, das der unglückliche,
gefangene Dichter Silvio PeUico in seinen, unter
dem Titel »/ miei Prtgtont« bekannten und viel
gelesenen Memoiren von sich selbst erzählt.
»Als ich mich eines ülorgens« sagt er, (es war
in den berüchtigten Bleikammern zu Venedig)
»kurz vor Sonnenaufgang zu Bette gelegt hatte,
»erwachte ich mit dem Gefühle, dass ich erdros'
»seU würde, und in der That fand ich mein Ta-
»schentuch fest und in mehrere Knoten geschürzt
»um meinen Hals geschnürt, obgleich ich wnsste,
»selbiges, einer alten Gewohnheit gemäss, beim
»Schlafengehen unter mein Kopfkissen gelegt
»zu haben. Ich niusste also diesi im Traume,
»in oiuem Anfalle von Delirium gethan haben,
»ohne davon auch nur eine Spur von Rückerin-
»nerung zu bclialten.« — Dieser Vorfall quälte
den Unglücklichen sehr, weil er fürchtete wider
seinen Willen die verabscheuenswerthe Sünde
des Selbstmordes zu begehen. — Wenn die
durch Krankheit und Unglück exaltirte Phanta-
sie des PeUico die historische Treue dieser sei-
ner Erzählung nicht beeinträchtiget hat, so wäre
das Factum als ein Beweis anzusehen, dass ein
Mensch sich im unfreien Zustande eines lebhaf-
ten schweren Traumes den Tod durch Strangu-
lation geben könne, Anm. d. Her,
!•
70
UtmUt^ den er mmen L^iiMf^M» fMutf
tafhdrugen, und ich ^habe, als iä$figm
Awaimk aeinar DaidclHurkeit, die V0U9 mi
aogeaiduninkte H^ahrheit von ihm /veriangCp
6m abhie Awiaage hat ffir mich daa Gepri^
dar Wahrheit, einmal weil aie hSchat einlkdh
kty' «nd dann weil ieh mich anfe Oenflgenda^
tberseogt habe, dasa er dareh kein anderea
Mi^, weder dorch Scham noch durch Foraht
▼er" einer |;;erichtltchen Unteranchnngi m aet
aie^! Behauptung bestimmt worden, daaä er
/viebnehr durch seinen beschrSnkten IdeenlMjia
gm nnflhig ist, ein so scMaoep Mittd iwr
lUttong a^iner moraliachen Ehre sn wihlen».
■ '■'■■ • ■ ^ - .
* ITebrigekia iät die Behauptung meiiaa
WlMererwachten tut mich nur die Beatitti*
gai|f deaaen, was ieh, angeregt durch ein^
schmerzhafte Lebenserfahrungen, schon selNt
aber diesen Gegenstand früher gedacht habe.
Und sollte es wohl überhaupt einen beschäf-
ti|^n Arzt geben, der, wenn er diesen Ge-
Snstand Jahre lang mit Aufmerksamkeit ver-
gt hat, nic/it mit mir die Ansicht theilte,
dass manchem Selbstmorde, namentlich aber
dem Selbstmorde durch Erhängen ein unfreier
Zustand (je nach den verschiedenen Lebens-
lagen, auf verschiedene Weise herbeigefährt)
vorangehen mö^ce? Nicht selten habe ich
Selbstmorde durch ErbAngen beobachtet, welche
jth'eils durch die begleitenden Umstände, ÜieUs
durch die Persömichkeiten p^ychologUehe
Räiheel waren, und fortwährend geblieben
sind. Und indem ich dies niederschreibe»
gedenke ich in Wehmuth eines geistreichen
und redlichen Freundes, des in der deutschen
— 71 —
Belletristik rähmlich bekannten Daniel LesB-
mmm. Sein Tod batte im Jabre 1831 eine
Menge von Federn tbeils in politiscben theils
in iyi^^^'^i^'^^''^^^'^^b^'^ Blattern in Bewegung
gesetzt, nicht weil die Stellung meines Freun-
des eine hervorragende war, sondern weil
die begleitenden Umstände und die ganze
Persönlichkeit jeden Gedanken an einen Selbste
mord Mcheinbar zurückwiesen. Die Art sei<-
nes Todes war und ist noch heute , obgleich
1 2 Jahre darfiber hingegangen sind, dn psy-
chologisches Räthsel geblieben, welches ein-
zig und allein in der Annahme eines plötz-
Keh unfreien Zustandes seine genügende
Auflösung finden möchte. Wen übrigens
das. hier berührte Ereigniss noch weiter in-
teressiren sollte, der findet eine ziemlich ge-
naue, historische Schilderung desselben in
Merker^s Beitragen zur praktischen Polizei
vom Jabre 1831.
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Bemerk
per einige HeilnütteL "
1 Dr. Otto Moknike^
nttftWndmp Ante in Bisliii..
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Tinctnra Thnjae occidentalis.
Die .Blätter und das Holz des Lebens-,
baumes — Thuja occidentalis — fanden frä-
her als medicamina expectorantia , sudorifici^
aotirhenmatica und diuretica, eine mehrfache
innere wie Süssere Anwendung (vergL «7.
Ä. Murray^ Apparatns medicaminum etc. T.
I. p. 32^ — 33), waren aber schon seit lan^e
ans dem Arzneischatze verbannt und völlig
ausser Gebrauch gekommen, als in neuerer
Zieit das aus ihnen gewonnene ätherische
Oel als Antlielminthicum empfohlen wurde.
(¥er|;^. J. H, Dierhach^ neueste Entdeckun-
gen in der Materia medica. Heidelberg. 1828.
8. pi.201). Später, und zwar in dieser Zeit-
- 73 -
Schrift (April 1833. S. 126) rühmte Dr. Leo
in Wtrschaa eine I^sewtia Thujae oeeidenia-^
Kä als vortreffliches Äusseres Mittel geeen
^ärtnickige Condylome. Dr. Köhler in War-
schao bestätigte die Erfahrungen von Leo^
während der^ berühmte Fricke die Tinetar
des Lebensbaames stets shne Erfolg ange-
wendet haben wollte. (Vergl. Becker^ wis-
senschaftliche Annalen. B. L H. 3. S. 293).
Im Herbst 1839 verlangte ein junger
Kaufmann meinen Rath, welcher vor unge-
fähr zwei Jahren sich durch einen unreinen
Beischlaf eine heftige Blennorrhoe der Ure-
thra zDgeso^en hatte. Früher wollte er nie
syphilitisch inficirt gewesen sein, und auch
jener Tripper, sagte er, sei nach wenigen
Wochen bei der Anwendnna; des Copaivabal-
sames spurlos verschwunden. Kaum zwei
Monate später aber, hätten sich allmählig jene
Warzen und Auswüchse entwickelt, welche
er nun fast zwei Jahre mit sich herum trüge
und gegen welche alle angewendeten Heil-
mittel fruchtlos geblieben wären. Er müsse
deshalb glauben, dass sein Uebel unheilbar
wäre und wolle, wenn auch die von mir an-
zuordnende Behandlung keinen Erfolg hätte,
einen letzten Versuch mit der Wasserheil-
methode zu Gräfenberg vornehmen.
Bei der Untersuchung des Patienten fand
ich folgenden Krankheitszustand. Die in-
nere Fläche der Vorhaut, sowie der sub Co-
rona glandis gelegene Theil des Penis war
mit zahlreichen spitsiigen Condylomen wie
übersäet. Diese Excresceuzen der Schleim-
— 74 —
haut lagen niedergedrückt auf dem Bodeo«
' ans welchem sie entsprossen waren; sobala
ich ihre Spitze mit der Pincette aufhob, seif-
ten sie den dünnen, beinahe linienlangen
Stiel. Das Ausschwitzen jener widerlichen,
klebrigen Flüssigkeit, welche den Feigwar«
Zßn eigenthümlich «st , Hess sich nur in sehr
geringem Maasse wahrnehmen. Schmerz oder
Jucken hatte der Patient seiner Aussage
nach, an der Eichel und Vorhaut piemds
empfunden; den Coitus wollte er seit dem
ersten Erscheinen der Condylome niemals
vollzogen haben. Das Perinäum dagegen
wurde in der ganzen Ausdehnung zwiscnen
Scrotom und Anus von einem grossen Con-
dyloma latum eingenommen. Dasselbe war
' gewiss einen halben Zoll hoch und erstreckte
sich von der Raphe in eben der Breite nach
beiden Seiten hin. Es nässte sehr und war
von einer eiterartigen, schmierigen Flüssig-
keit überzogen. Der Kranke klagte, dass
er besonders beim Gehen es vor Sehmerz
oft kaum aushalten könnte und fügte noch
hinzu, dass durch die Schärfe der ausge-
schwitzten Feuchtigkeit der oberste innere
Theil seiner Schenkel nicht selten wundge-
macht und entzündet würde. Ein ähnliches,
wenn gleich kleineres Condyloma latum, wie
das am Perinaeo, zeigte sich denn auch an
der innern Fläche des linken Oberschenkels;
es war später entstanden ;, als das zuerst
beschriebene, und verdankte seinen Ursprung
wahrscheinlich der von jenem abgesonderten,
ansteckenden und ätzenden Flüssigkeit. Das
Orificium ani, da, wo das Corium in die
Schleimhaut des Darmes übergeht, war eben-
■ ,. . w Tft «^ . . '
falls von drei grossen breiten CoBJytoilÜ
eingefasst, welche die täuschnäste AeMfflab^
keit mit HSmorrhoidalzacken bcMUMn.'' 8|(r
näsBten sehr stark, nnil verimMhten Wi ;J^
der Zeit das empfindlichste, IMi^flte Jiuiluüit^'
bei festem Stulilo:ang;c aber den anertrltlifl^
Bten Schmerz. Der Kranke Sügte, bndott '
Durchgange erhärteter Excremente hitte
nicht selten eine hedeiitende BlrtergitMun»
aus den gereizten Condylomen 'stat^eftndw .
Jen»eit des Anus endlich, mt ier isMAtf
Fläche des Os coccygts, befllnd stdi 4l^^
rJBxcresceiiz, die den eben beseluiekeMft 'ifliE
Jjtofang nnd Beschaffenheit völUg^SUili^ WJMV
-' -f. Ißk AomaiiBie der eniaBiil«n PirtM<Mi -
MM'der MfaUuke mirwohlcAildete WtrJ-
ftrÜBtEnokm oirgeods diellpar ver^Uhtt. .
I^gir Narben, Recke oder noch beitehendÄ'
MlndnmatiBcber AlTeetionen. An KnoefieB-'
wÄmknea wollte Patient niemala litten
haben, und aach die genaue UnteraDchanif
der Shnd- nnd Bachennöhle Uess in diesen
neBen nicht das mindeste Anzeiehen eines
■eenndCr - syphilitischen Leidens entdecken.
Patient erzählte mir, dass er bereits ver
Jahr tmd Tag, wenn ^eieh mit tJnterlH«-
•heoc der Cor, and ohne Erfolg das Zilt-
«HNuncbe Decoct getrunken hätte. Spiter
ari er, nnd eben so vergeblich, von einem
1 Arzte mit den ^ondTschen Subli-^
len behandelt worden. Ausserdem aber
Mlie Bian OrÜich gegen die Condylome die
Tiraehiedaiartigsten Aetzmittel angewandt,
Hl MlbBt dae ADflsehfleiden und Abbinden
— 76 —
derselben nicht unversucht gelassen. Diese
mannigfachen äussern Heilmittel wären je-
doch eben so wirkungslos geblieben, wie jene
genannten inneren, und hätten nur dazu ge-
dient furchtbare Schmerzen zu verursaGben
und das Uebel, wo möfirlich, noch zu ver-*
sehlimniero.
Bei diesen trostlosen Mittheilungen ver-
zweifelte ich beinahe daran, vollständige Ge-
nesung durch eine der gewöhnlichen Heil-
methoden zu erreichen. .Nichtsdestoweniger
aber verordnete ich innerlich Stib. snlpb.
nigr« mit Hydrarg. praecip. rubr. genau nach
der Vorschrift von Berg^ welche sich in Fäl-
len inveterirter, hartnäckiger Syphilis, wo
vorzfiglich die Schleim* und Oberhaut er-
griffen wurde, so ausserordentlich bewährt
hat. Dabei Hess ich den Kranken den gröss-
ten Theil des Tages im Bette bleiben, und
bei knapper Diät die Hautansdünstung durch
häulSges Trinken eines Aufgusses der Spec.
ad decoct. lign. unterhalten. — Aeusserlich
wandte ich die Plenk'sche Sublimatsolution
an, indem ich eine Woche lang täglich so-
wohl die Condylomata acuminata an der Vor-
haut und Corona glandis vorsichtig damit
betupfte, als auch die Condylomata lata, mit
Ausnahme der am Orificio ani gelegenen, mit
Charpie bedeckte, welche mit jener Solution
getränkt worden war. Dieses Aetzmittel
aber versagte gänzlich die gehoffte Wirkung;
die Condylomata acuminata blieben wie sie
waren, während von den Condylom, latis
sich in einzelnen Stücken ein dünner Schorf
absonderte, ohne dass das Volumen der Exr
- TT —
crescenzen hierdurch auch nur im mindesten
verringert worden wäre. Sie waren vielmehr
entzdndet, geschwollen und von ihrer eigen-
thSmlichen, citerartigen Feuchtigkeit nass.
Ich setzte deshalb die Anwendung der So-
lotion 80 wie die anderen Aetzmittei vor der
Hand aus, um zu sehen, ob die innere Be-
handlong allein nicht vielleicht die ge-
wünschte Heilung zu Stande bringen wSrde.
Aber vergebens! Der Kranke hatte das
verordnete Regimen genau befolgt und am
17. Tage der Behandlung bereits Hydrarg.
praecip. rubr. gr. ß, pro dosi genommen, ohne
dass in seinem örtlichen Leiden die geringste
Besserung oder überhaupt nur Veränderanff
eingetreten wäre. Zu Aetzmitteln hatte icn
in dem vorliegenden Falle nur geringes Ver-
tränen gehabt, da meine Vorgänger in der
Behandlung des Kranken die meisten dersel-
ben bereits vergeblich angewendet hatten.
Die völlige Erfolglosigkeit, mit der ich die
/YenA-'sche Sublimatsolution in Gebrauch zog,
hatte das Gegründetsein meiner Besorgniss
nur zu sehr bewiesen: jetzt aber musste ich
befürchten, dass auch das verordnete innere,
sonst so bewährte und vortreffliche Heilmit-
tel keinen \utzen stiften würde. Indem ich
bei mir schwankte, was zu thun sei, ob ich
die ükr^'sche Cur fortsetzen, oder andere
nnd die' kräftigsten äussern Mittel, z. B.
Acidum suiphuricum anwenden sollte, las ich
in Dierbach'9 neuesten Entdeckungen in der
Hateria medica. die Mittheilung über den
Erfolp mit welchem von jenen oben genann-
ten l^arschauer Aerzten Condviome örtlich
i
— 78 —
mit der Essenz des Lebensbaomes behand^
worden seien.
Um einen Versuch sa machen, liess kh
eine Tinctura Thnjae occidentalis aas den
frischen Blättern, durch 48 stundige Diccs-
tion von Unc. jyy. derselben auf Une. \x Weiii-
geist bereiten, und hatte bald Gej^nlieit
fiber die schnelle« kaum gehofte Wixkung
dieses neuen Mittels zu erstaunen. Denn
schon am dritten Tage nachdem simmtiiche
Condylome, die spitzigen sowohl ab die brei-
ten, mehrmals täglich mit der Thigatiiictar be-
pinselt worden waren, gewannen dieaelbeii
ein völlig verändertes Aussehen. Sie wor-
den nämlich welk, fielen ein nud Bahnen
aichtbarlich in ihrem Volumen ab. An fiBnf-
ten Tage dieser Behandlang war von den
Condylom, acuminatis an der Eichel und in-
nern Fläche der Vorhaut keines mehr TOr-
banden : die letzte Spur des msien Condy-
loma latum am Pcrinaeo erhidt sich bis xnm
neunten Tage.
Die Anw entlang der Tinctora Thujae ver-
ursachte nur geringen Schmers: die sesonde
Haut im t mfango d\'r Condylome wurde nidit
im mindesten gereist uocii eaixmidet. Simmt-
iiche K\cres<>^on aber \ ersth wanden durch
Re$«MrbtiiHi \oa mnc« ans. ohne dasa eine
VWnitiou idc/ (>ia Hma^bciMirf mdi gebil-
def bitte
W^ w Ar u^'4^ec x^id M^karer ab mein
Patient, Ja «v sv>; w^ s<xaem langwierigen
und tteci^Yn l<^ W4st«i »k ä#hald die
— 79 —
erste Spar der Yerschrumpfäng in den Con-
dylomen ein^treten war, hatte ich die Gabe
des rotben Praecipitates wieder aof gr. 1
vermindert und liess Kwei Tage später jedes-
mal nar gr. ^ nehmen. Als das letzte Con-
dyloma latam verschwunden war, hörte jede
fernere, innere Behandlung auf. Patient blieb
wihrend der nächsten Jahre völlig gesund.
Später habe ich ihn aus den Augen verloren.
Dieser Krankheitsfall stellt die heilsame
Wirkung der Tinctura Thujae, örtlich gegen
Condylome angewendet, ganz vorzüglich
heraus. Patient hatte schon früher M ercuria-
lien ohne allen Erfolg 'genommen, ebenso
äusserte die von mir angeordnete JBer^sche
Cur bis zum 17. Tage der Behandiang nicht
die geringste Wirkung; ich kann deshalb
kaum glauben, dass die plötzliche und auffal-
lende Veränderung, welche in den Condylo-
men unmittelbar nach der Anwendung der
Tinctura Thujae eintrat, auch nur zum Theii
dem zugleich innerlich genommeneu Queck-
silber und Antimon zuzuschreiben wäre.
Später habe ich Gelegenheit gehabt,
mich in dreizehn andern Fällen, d. h. eben
so oft, als mir Condylome zur Behandlung
nachher überhaupt vorgekommen sind, von
der hohen Wirksamkeit der Tinctura Thujae
7äü überzeugen. Die Anwendung und der
Erfolg war jedesmal wie in dem oben näher
beschriebenen Falle. Waren primäre syphi-
litische Geschwüre, oder eine Blennorrhoea
urethrae gleichzeitig vorhanden, — und dieses
fand unter den genannten dreizehn Syphiliti-
^ _ 80 — 1
Beben fünfmal statt, so wtii-ilen innerlich die
Dxondi'schen Subliiuatpillen oder Copaivabal-
sam und Cubebenpiilver geo^eben, wfifareud
die örtliche Behandlung; der Condylome darch
das Bepinseln mit der X^oJH'i'ictur geschah.
la der Regel verschwanden dieselben schon
am dritten oder vierten Tage. In den übri-
gen acht Fällen waren einzelne Condylomata
acuminatH, meistens »u der iiiuern Fläche der
Vorhaut, nach unlängst geheilten Schanker-
gescliwüren zurücKgebtiehen. Da eine geord-
nete allgemeine Behandlung, gewöhnlich mit
Mercur stattgefunden hatte, wandte ich, ohne
weiter ein inneres Heilmittel zu verordnen,
bloss ausserlich die Tinctura Thujae an. Ich
glaube nämlich fest, dass besonders Jene ein-
zelnen Condylomata acuminata, welche sich
so oft bei einem bestehenden Schankerge-
schwüre, oder aach nach der Vernarbnng
desselben, so wie bei einem Tripper, an der
Vorhaut oder der Eichelkrone entwickeln,
keinesweges als Zeichen einer latenten, all-
gemeinen Lues anzusehen sind., sondern ab
rein ortliche, durch Reizung entstandene Ex-
crescenzen der Schleimhaut, auch eine blow
örtliche Behandlung verlangen. Dazu aber
kann ich, nach den hier mitgetheilten Erfah-
rungen, mit gutem Gewissen die Tinctura
Thujae occidcntalis empfehlen; wenn gleidi
der verstorbene Dr. Fricke zu Hamburg, des-
sen Stimme in rebus syphiliticis mit Hecht
von grösster Geltung ist, eich so wenig gün-
stig über die Heilkräfte des Lebensbanmes
nach dieser Richtung bin ausgesproehen hat
- 81
2.
Ferrum oxydatum fuscam - fiisen-
oxydhydrat
Die Preussische Pharmacopoe siebt ffir
die Bereitung dieses vortrefflichen Eisenprä-
parates die Vorschrift, welche von Büchner
(Repertorinm für die Pharmacie, Bd. XVI.
S. 236 — 37) mitgetheilt wurde. Die Be-
nennungen ferrum carbonicum seu subcarbo^
mctfin, Bubcarbonaa ferri Ph, Londin.j carbo^
nas /erri praecipUatu8 Ph. Edinburg.^ hydras
J!erricu8 cum carbonato ferroso^ fuhrt dieses
Heilmittel nicht gan/i mit Recht, da es in
seinem officinellen Zustande keine Kohlen-
Bfiure mehr enthält*). Den altem Aerzten
*) Bei der Darstellung des Eisenoxjdhjdra-
ies wird eine beliebige ülenge von crysiallisir-
iem Eisenvitriol in einer genügenden Quantität
heissen Wassers aufgelöst. Der erkalteten und
filtrirten Auflösung wird so lange Natron carbo-
nicum crudum zugesetzt , bis kein weisser Nie-
derschlag mehr erfolgt. Dieser Niederschlag
besteht in kohlensaurem Eisenoxydul ^ welches
beim Filtriren, Auswaschen und Kochen die
Kohlensäure entweichen lässt und sich in Eisen-
oxydbjdrat verwandelt. Nur ganz frischbereitet
dfirfle das letztere Praeparat noch einige Koh-
lensäure enthalten. Wenn späterhin bei der
Berührung mit Säuren ein Aufbrausen geschieht,
so ist solches ein Zeichen, dass das Praeparat
nicht rein, sondern mit kohlensaurem Natron
vermengt ist.
Journ, Bd. XCY, St. 3. 6
-«:■-■■,
. war es unter dem Namen Crocus MartU
aperilivus wohl bekannt ; es wurde durch
das Rosten des Eisens im Wasser und an
' der Luft erhalten und in Füllen hartnäckiger
_ Wechsel lieber , bei Scrophcin nnd geg;en
Darrsucht der Kinder, bei Infarctcn der Cn-
, terleibsorgane, sowie in der Hypochondria
cum materie, als stärkendes, auflösendes und
eröffnendes Mittel angewandt. Im Allgetnei-
' nen jedoch war sein Gebrauch uurbcscliränkt '
- und man hielt es für weuiger wirksam als
die übrigen Eiseiipraeparate . namentlich als
das Ammon. mur. luart., und die Auflösungen
, des Metalk's in pfiaDzlichen Säuren. Erst
die neuere Zeit bat »uf die mannigfachen
, und ganz vorzüglichen Heilkräfte des Ferrum
oxydatnin fusciim aufmerksam gemacht, nnd
demselbeu die gebfrhrendc Stelle unter den
scbätzenswerthestcn Arzncistoffen eingeräumt.
Besonders die Erfahrungen einiger eogf
lischer Aerzte, durch welche die hoheWin-
samkeit des Eisenoxydhydrates bei Krank-
heiten des Nervensystemes dargethan würde,
trnren sehr wesentlich hierzu bei. Ho em^
pfanl Butehituon dasselbe gegen den Fotktr-
jrt/Tgchen Gesichtsachmerz, EllioUon gegea
ätarrkrampf and Chorea als sicheres, fast
nie fehlschlagf^ndes Mittel; und Carmiekm^
wollte es, sowohl innerlich als fiasserlieh, wt
liestmderem Glücke gegen die KrebsdyMir»-
sie angewendet haben. In Deutschland wtirde
es yoraaglich von Xopp in Hanau, nach den-
. T«nichiedenaten Richtungen hin erprobt, und
ausserordentlich wirksam beenden. An die
BIHlheilaDgeD des Letztem schliessea aick
— 83 —
iiß 'Peobachtnngen von Bunsen ndd Berthold
aB, ivelche den grossen Nutzen des Eisen-
oxydhydrats als Antidoten gegen Arsenik«
Vergiftungen entdeckten.
Nach meinen eigenen Erfahrungen hat
das Eisenoxydhydrat unter allen Eisenpräpa-
raten die meiste Aehnlichkeit mit der Lima-
tnra Martis, und scheint allenthalben gebraucht
werden %n können, wo diese ihre Anwendung
findet Aber es zeichnet sich vor allen an-
dern Priparaten dieses Metalles besonders
dadurch aus, dass es so wenig aufregt und
erhitzt, selbst in grossen Gaben leicht ver-
tragen wird, und sogar bei obwaltenden ga-
strisehen Zustünden, wo andere Eisenmittel
contraindicirt sind, gegeben werden kann;
auch nehmen es Personen von sehr irritabler
Muskelfaser, die leicht fiebern und zu acti-
ven Blutflussen eeueigt sind, in den meisten
Fällen ohne Nacntheil. Dass aber die Koh-
lensäure es sei, welche das Eisenoxydhydrat
weniger erhitzend und assimilirbarer als die
nbrigen Eisenpräparate mache, wie JiTopp
meint (Denkwürdigkeiten aus der ärztli-
chen Praxis. B. 1. 8. 254), ist schon des-
halb nicht anzunehmen, weil dasselbe so gut
als gar keine Kohlensäure enthält. Eben so
schwierig ist es. die wunderbare Heilkraft
des Ferrum oxydatum fuscum gegen den Fo-
ihergilPsc\\en Gesichtsschmerz und andere
Neuralgieen, gegen Chorea und Epilepsie,
ans den allgemeinen Eigenschaften des Ei-
sens ab Nervinum tonicum erklären zu wol-
len: denn es äussert seine beruhigende und
schmerzstillende Kraft gegen Neuralgien in
•- 6*
— 84 -
f leicher Weise bei Personen von strajDTer,
riftieer Muskelfaser und grosser Energie
des Gefässsysteins. wie bei solchen, wo w^
gen allgemeiner Schlaffheit and Mangel an
Irritabilität eine Störang in dem. Verhätnisse
obwaltet 9 welches die beiden Sphären des
thierischen Lebens gegeneinander einzuneh-
men bestimmt sind. Es scheint mir daher,
als mus|se man die gedachte Wirkung des
Eisenoxydhydrats vor der Hand noch ab
specifik und unerklärlich betrachten.
Ich habe mich des Ferrum oxydatum
fnscum allenthalben bedient, wo überhaupt
Eisenpräparate angezeigt waren, in Fällen
von Chlorose, Scrophulosis, chronischen Blen-
norrhöen der Geschlechtstheile, bei passiven
M utterblutflüssen . hartnäckigen Wechselfie«
bern, in der Reconvalescenz von nervösen
Fiebern, ausserdem aber bei Gastrodynieen
und in verschiedenen sehr heftigen Neural-
giee«. Stets aber habe ich die erwünsch-
teste Wirkung erzielt. In einem Falle von
Bleichsucht hatte ein junges neunzehnjähri-
ges Mädchen ohne Erfolg alle mögliche, bit-
tere, aromatische und geistige Mittel genom-
men. Darauf hatte man ihr Eisen verordnet,
welches sie indessen wegen heftiger Blut-
wallungen und unerträglicher Congestionen
nach dem Kopfe, stets nach wenigen Tagen
aussetzen musste; obgleich man ihrdieLima-
tura ferri, die Tinctura ferri acetici, und eine
Tinctura ferri aiuminata, welche unter dem
Namen Tinctura Marita confortitans s. Gut*
tae Weigelii als Geheimmittel in den Apo-
theken Stralsunds verfertigt und meistens
— 85 —
leicht vertragen wird, des Versaches wegen,
eines nach dem andern gegeben hatte. Ich
bekam die Patientin in Behandlung and ver-
ordnete Rweimal täglich ein Pulver von:
Terri oxydati fusci gr. vin. Pulv. Radio.
Zingi^eris gr. ii., Sacchari albi gr. vi. Die-
ses Mittel bekam der Kranken ganz vortreff-
lich. Nachdem sie dasselbe vier Wochen
fortgebraocht hatte, ohne dass eineVergrös-
serang der Dose des Eisenoxydhydrats nö-
thig gewesen wäre, befand sie sich blühend,
frisch nnd gesund, als ob sie die Bleichsucht
in ihrem Leben nicht gekannt hätte.
Die Verstopfung oder Hartleibigkeit,
welche nach Kopp auf die Anwendung des
Eisenoxydhydrats fast durchgängig erfoleen
£oH, habe ich nicht erfahren; in mehren Ftl-
leu trat sogar eine Diarrhöe, offenbar in
Folge dieses Mittels^ ein. Gewöhnlich am
zweiten oder dritten Tage, nachdem dasFer-
rom oxydatnm fuscum angewendet worden,
oft aber erst später, erhalten die Sedes eine
donkle, schwärzliche Färbung : eine Erschei-
nung, welche auch bei dem Gebrauche der
übrigen Eisenpräparate stattiindiet. Da der
Körper nämlich nur einen sehr geringen Theil
des eingeführten Eisens sich anzueignen ver-
mag, so verbindet sich der Ueberschuss mit
mancherlei Stoffen im Darmcanale zu einer
dintenartigen Flüssigkeit, welche den Excre-
menten die schwärzliche Farbe verleiht.
Das Ferrum oxydatum fuscum ist ange-
nehmer zn nehmen als die Eisenfeile, welche
in der Regel ein sehr lästiges Aufstosscn
- «M tefamt od« gewhvftftiitem .WiutiKlättf
:.', MMb veraraadiL. Gewöhnlich gab Itt «vg
Mverfenfj mr vit Zocker venniseKl)' IUI
'. Itl^WeH Feftgebraaebe., Sffie tn PMMt'.^M
AHMmnlMii find BleichsatibL setete ich eM|i
Qfißb eines erregenden , die TerdriinMrHif
TefeM«a«i PflanieopslverB. z. B. Pid^. M^
eta Angibme oder Coi^ic» CiBoiAoari hiatM.
■: Wtr. die Zuoge etark betest, BartM^ilMkt
ttWUiPtt, ffrorae Unreloigknl in den MitM'
^<UMi Torasndea, so werde ein ftr9ft^|iH
AMlhraitfel dem Eieenoxydhydnle -t«Mi*>
;eschickt; schien der Statae pirtricur d^n»
n weniger bedeotend kd sein, so wiMto
I das Mittel vADTome hereia, and swar
i vorwaltender ITeignog Kn TeretiqiAutM^
^ft gescl
^^Hlit einigen Granen Pnlv. Rad. Bhei an.
^^^I8 aber habe ich bei dieiwm TAriÄMsB
^V imchtheili^e Folgen erlebt.
' Bei dem Gebranche des Fermm oxyda-
tom fascam mass daraaf gesehen werden,
daes dassethe nicht bald nach geschehener
Hahlseit, bei vollem Magen genommen wird.
Eben, so wenig aber, darf es früh Mor^gens-
nfichtem angewandt werden. Bei Ifingerem,
mehrwdchentlicbem Fortgebranche scheint es
am zweckmSssigsten zu sein, tflglich,nar
. zwei, bfichslens drei Dosen zu verabreichen.
Im ersteren Falle lasse ich des Morgens ge-
gen sehn Uhr die eine, Nachmittags, xwei
bis drei Standen nach dem Essen, die andere
Dosis nehmen. Bei Tische mnssen alle sau-
ren,- blühenden und verstopfenden Speisen
vermieden werden. In einigen Ffillen,>wo
ich das Eisenoxydhydrat bei der Reconva-
- 87 -
leseeiiK nach schweren Krankheiten, sowie
Von Chlorotischen gebrauchen Hess, schien
die belebende und kräftigende Wirkung des
Busens erhöht und weit schneller durch den
Körper verbreitet zu werden, wenn die Pa-
tienten des Morgens, zugleich mit der Arz-
nei, ein Spitzglas voll eines feurigen, säure-
freien Weines, z. B. Malaga oder Lunel, zu
nahmen.
Eine grosse Aehulicbkeit in der Wir-
knng findet zwischen dem Eisenoxydhydrate
und dem schwefelsauren Chinin statt. Beide
Mittel vertragen sich deshalb nicht nur ganz
vorzüglich gut mit einander, sondern ergän-
SKen und vermehren auch gegenseitig, ihre
Heilkraft. Dieses zeigt sich besonders bei
langwierigen Wechselfiebern, wo das Chinin
seine ganze Wirksamkeit verloren zu haben
scheint, und schon ein kachektischer Zustand,
verbunden mit Anschwellungen def Unter-
leibsorgane, vorzüglich der Milz, eingetreten
ist. In solchen Fällen kann man sich davon
überzeugen, dass dem Eisenoxydhydrate eine
ganz besondere Wirkung auf den Plexus
solaris und die ganze Ausbreitung des Tfer-
vensystemes nach der Sphäre des vegetati-
ven Lebens inne wohnt. Am 3. Februar 1841
bekam ich Marie Cr., eine zwei und dreissig-
jährige Büdnerfrau aus Teschenhagen, einem
Dorfe nahe bei Stralsund, in Behandlung.
Dieselbe litt schon seit sieben und zwanzig
Wochen am Wechselfieber, welches Ursprung--
lieh dreitägig gewesen, aber vor ungefähr
anderthalb Monaten in den Quartantypus über-
gegangen war. Alle angewandten Heilmit-
— 88 —
tel, sympathetische wie pharmaceiitische, wa^
ren irachtlos geblieben; das schwefelsaure
Chinin hatte nur in der ersten Zeit und auch
da nicht nachhaltend, seine Wirkung gefius^
sert, und die Kranke bot das Bild eines tie-
fen und bedenklichen Leidens dar. Ihr Aus-
sehen war livid. kachektisch, beinahe scor-
butisch. Jeder Tonus der Muskelfaser schien
sich verloren zu haben, und das Blut arm
an Cruor, wie mit Wasser verdünnt und anf-
{ gelöst zu sein. In dem linken Hypochondrio
iess sich die aufgetriebene, auf das Dreifache
ihres gewöhnlichen Volumens vergrösserte
Milz deutlich herausfühlen. Auch die Aus-
senverhältnisse waren sehr nachtheilig. Sie
wohnte nämlich in einem niedrig gelegenen,
feuchten und dumpfigen Gemache, welches
mit Leljm gediehlt war, und während des
Winters nicht nur einer Menge von Hühnern
und anderm Federvieh zum Aufenthalte, son-
dern auch als Aufbewahrungsort des ganzen
Kartoffel bedarf es für eine zahlreiche Familie
dienen musste.
Da das Chinin schon seit längerer Zeit
nicht mehr wirken wollte, stellte ich einen
Versuch mit der Rinde an. Ich liess wäh-
rend der Apyrexie dreistündlich ein Pulver
von Pulv. Cort. Chin. reg. Brach, j. mit Pulv.
Cass. Cinnamom. gr. vi , und die letzte Dosis
dieses Pulvers am Abende des dritten Tages,
kurz vor dem Eintritte des Paroxysmus ein-
nehmen. Der Anfall trat nämlich immer in
der Nacht auf den vierten Tag ein. Die
Patientin hatte auf diese Weise während
der Apyrexie Unc.j/?. Chinapulver genommen,
— 89 —
and dessen angeachtet blieb das Fieber nicht
anSL DieArsnei erregte vielmehr durch ihre
Masaa mancherlei gastrische Beschwerden, bis
der Körper sich durch eine mehrtägige Diar-
rhoe ihrer wieder entledigt hatte. Ein zwei-
ter Versuch, wo ich das Chinapahxr mit ei-
nem Yierftel Gran Opium pro dosi verband,
hatte eben so wenig Erfolg. Schon fühlte
ich mich angeregt^ die Tinctura Fowleri zu
geben, als ich mich des Ferrum oxydatum
fnscum erinnerte. Ich verordnete also wäh-
rend der nächsten Apyrexie dreistündlich
einen halben Scropel dieses Mittels mit vier
Gran Zimmtpniver zu nehmen. Das Fieber
kehrte freilicn nach wie vor wieder, aber es
schien, als ob das Eisenoxydhydr^t schon
innerhalb weniger Tage den allgemeinen Kör-
persustand sichtbarlich verbessert hätte. Die
Kranke fühlte sich heiterer, kräftiger, und
meinte, ihr Befinden während der fieberfreien
Zeit sei schon seit lange nicht mehr so gut
gewesen als jetzt, wo sie das Eisenpulver
gebraucht habe. Ich Hess daher das Mittel
fortgebrauchen und die Kranke erholte sich
immermehr, obgleich das Fieber keineswegs
ausblieb. Die Paroxysmen aber traten im-
mer schärfer und begränzter auf, während
die Apyrexieen, welche bis dahin mehr nur
Remissionen der Krankheit gewesen waren,
sich in wahre Intermissionen verwandelten
und immer freier und ungetrübter von dem
Gefühle des Leidens wurden. Dabei verän-
derte sich das Aussehen der Patientin auf
die erfreulichste Weise ; die kachektische Ge-
sichtsfarbe wich einem frischeren, lebendige^
ren Colorite; die Muskelkraft nahm zu, so .
<^ n
'1
".iätk Ae' Krwdt« den gewöhnlichen GeschM^
. 4« ttmnududtes wieder voi^tehenkonoM '
'h^ gewann mit Jedem Tage i$/
l warae iinmer DOrmalmässiger. ; ■< .
AnfflnfHhatenTage nachdem diePatiestfKi
lit du Femui oxydatum fuscam ^enMIttl
B hatte, verband ich dasselbe in derobeq»!
uileo Gabe von gr. \ mit Chio. solplr'
_t. wai llen tiflicfi dreimal ein solcbei,\
iTtf pehiBCHi. «letzt äusserte das Chindi
MiM caiue Beilliraft und das Fieber, wd» .
lAm Wi GuMn iber 30 Wochen eedanert ';
lntof'Mieb aoa oa nicht wiederzukomtneit ,
Ke Naebear xeacbah durch das Eisenoxyd^'
' Ivdrat ia Tn-nndan^ mit bittern, auflösende i
l&t#aeter; nur am 7. 14. und 21. Tage nadll
.4em Eintritte des fetzten Paroxyemus Mettl
ich einige Gran Chinin nehmen.
Die Krank« wurde vollltammea berge-
stelit, selbst die Anschoppongen der I«eMr
und Milz verloren sich. In den ersten Ta-
gen des M&rx hatte sie ihre Periode wieder
bekommen, und war bald nachher im IMande
alle, selbst die schwersten körperlicheB Oe-
schSfte and Verrichtongen, welche von einCr
Frau ihres Standes verlangt werden, ojine
Nachtheil für ihre Gesundheit za voUsiehen.
Sie hatte aber, während der Cur and Nacb-
behandlang im Ganzen iJnc. jj^.. and zwtf
fänf Wochen hindurch, tflglich Semp. iß—j^
des Bisenoxydhydrats eingenommen.
Was die Gabe betrifft, in welcher das
Fenum oxydatom ftiscnm anznwendeD iat, so
~ 91 —
gfanite feh, dftss woU nar höchst selten Ffille
eintreten dflrften ^ wo cfine grössere Menge
ab drachm. j. — jy. pro die, sar Erffillang
des Heilsweckes nothwendig wfire. Die
höchste Dosis, in welcher ich es selbst ver-
ordnet habe, ist drachm. /?. drei bis viermal
täglich KU nehmen, lii der Regel,* und na»
ntentlich bei längerem Fortgebrauche z. B.
bei Chlorosis, in der lleconvalescenz nach
sdiweren Krankheiten, bei chronischen Schleim*
flilssen, Cardialgieen etc. genügen Gaben von
fr; y{. bis vjlj. bis scrap. j. vollkommen. Il|e
ochsten Gaben, bis zu einer Drachilie und
darfiber, finden bei den reinen Neuralgien,
der Chorea nnd Epilepsie ihre Anwendung.
Man thnt aber auch in diesen Fällen gut,
mit geringern Einzelndosen z. B. von gr.
yjlj. — Scrnp. j. zu beginnen und allmählig
bis zur Wirkung zu steigen. Der englische
Arzt Elliotson^ der nach Hutchinson am mei-
sten die Aufmerksamkeit auf das Eisenoxyd-
hydrat lenkte, und die Wirksamkeit dieses
Mittels in mehr als hundert Fällen erprobt
hat, widerspricht zwar dieser Meinung, wenn
er in seiner Abhandlung (Medice -cliirnrgical
Transact. Vol. XIII. Part. I. Lond. 1825. p.
234) sagt: »ich habe mich durch sehr
zahlreiche Versuche unterrichtet, dass, wenn
das Mittel angezeigt ist, es in weit grosse-
ren Gaben gegeben werden kann, dass drach,
jj. JÜJ. jv. alle sechs, ja sogar alle vier Stun-
den gegeben werden können; dass man mit
der letzten Dosis von einer halben Unze von
vorne herein beginnen kann, und nicht erst
nöthig hat, damit der Kranke sich an das
Mittel gewöhne , von den geringeren Gaben
* •<
1",
ik^in Mbefm m.Bieiceii: iam mok «kl*'
IMI wt ddVvlGttel in iliesec Mw Mh
#i» d«» diulareh iler ^eringsteTliBlM
iKien KraAen erwichst, videW^dMilrM«»
lÄrM kjmn;<c ^ und w.etter notn.: »ik tMf
liMil ugeKei^ so glrahe ich, gMt «yfe,
4i|MBeiiiini keine Grenze ittr die Dorfs ^^
iNpfoher dasselbe s:egeben wird, ansser diaia
Widerstände des Kranken es zu nehnen^aiiii
li^ IJallfaigkeit des Magens, eine se sehwtVe
lli|we u verA^agentt Ich glaube aber^
dfe -iieisten Leser mit mir eiavmituiiett
IMrden^ wenop ich einen Aosspruch ^wi^^WÜ^
nftMk'B beriibmiem Landsmanne Wiilmti:
CMÄn^ HiBetreir der sn seinerzeit ernftttn
kam fibertriebenen Gaben des -Eis^rnsl^a
-*r' Crieos Martis aperitivns. — anf <Ke gniiij'
Ütt Jessen des Ferrum oxydatüm fuseom piN
wende, denen ElUotaon das Wort redet. Cwl^
len n&mlich (Treatise of the mat med. Edin-
burgh 1789. 2. Vol. 8. Vol. IL p. 32) sagt:
»Wir haben gehört, dass das Eisen bis nur
Menge von 6 Drachmen pro dosi gegeben
sei ; aber wir haben kaum jemals einen Ma-
Stn gefunden, der auch nur den dritten Theil
ieser Menge ohne Beschwerden hätte ver-
traget können.« —
Wenn man das Ferrum oxydatüm fn-
scum bei Neuralgien z. ß. gegen den JPVi-
lAer^ITsehen Gesichtsschmerz anwendet, so
thut man wohl, das Mittel noch Unsere Zeit
nach dem Verschwinden der Krankheit, und
zwar wenn zur Erreichung dieses Zweckes
grosse Dosen nothwendig waren, in kleinem
Gaben, z« B. täglich zwei bis dreimal 6-^8
— 93 —
Gran, fortgebrauchen su lassen. Man darf
alsduin ühßnengt sein, dass das U^bel nicht
wiederkehrt.
Schliesslich möge es mir vergönnt sein,
einige Fille mitsutheilen, welche oazu dienen
können, die ausserordentlichen Heilkräfte des
Ferrum carbonicam foscam auf recht einleuch-
tende Weise darzuthun.
Erster Fall. Dr. J^ . . . ein junger Arzt
sechsundzwanzig Jahr alt und von krSftigem
Körperbaue, erfreute sich, einige Kinderkrank-
heiten nnd das unten näher zu beschreibende
Uebel abgerechnet, stets der allerbesten Ge-
sundheit. Seine Aeltem waren ebenfallskräf-
tig nnd gesund, es muss jedoch bemerkt wer-^
den, dass seine Mutter und deren Vater, ihr
ganzes Leben hindurch, sehr oft von einem
eftieen , nervösen Kopfschmerze . gequält
wurden. Der letztere erreichte dessenunge-
achtet frisch nnd kräftig das hohe Alter von
acht und siebzig Jahren. Als Dr. J. drei-
zehn Jahre alt und noch auf der Schule war,
stellte sich zuerst derjenige Krankheitszustand
bei ihm ein, von welchem er alle folgenden
Jahre, regelmässig um dieselbe Zeit heimge-
sucht wurde, und welcher der Gegenstand
nachfolgender Mittheitung ist.
Er empfand nämlich im Frühling des ge-
nannten Jahres, während der ersten warmen
Tage, ein eigenthümliches, schmerzhaftes Ge-
fühl in der rechten Orbita, oberhalb des Aug-
apfels, welches sich als heftiges und sehr
lästiges Klopfen desRamus supraorbitalis der
— 94 —
Arter. ophthalmica äasserte. Dieses ei^en-
thfimliche Krankheitsgefühl stellte sich alle
Tage von der IMitte des April bis zu den
recht heissen Tagen des Juli, jeden Morgen
geffen acht bis neon Uhr ein and hielt re-
gelmSssig bis gegen Mittag an. Dr. «f . . .
erinnert sich kaum jemals nach dem Mtttags-
essen die leiseste Empfindung von jenen
Klopfen gehabt zu haben. Ob er übrigens
des Morgens frühstückte oder bis zum Mit-
tage nüchtern blieb, hatte auf den Krank-
heitszostand keinen Eiuflusa Das Befinden
des Patienten aber während des übrigen Ta-
ges war vollkommen gut, daher er keine
irztliche Hülfe in Anspruch nahm.
Von dieser Zeit an bis zum Jahre 1840, |
d. h. dreizehn Jahre hindurch, wnrde Dr. j. ]
keinen Frühling mehr von dem beschriebe-
nen eigenthümlichen Schmerzgefühle über dem
rechten Auge verschont. Jedesmal stellte
es sich im April oder Mai ein uAd hielt bis
zum Juli ungefähr an; die Höhe des Som-
mers überdauerte es fast niemals. Während
des Herbstes und Winters aber war er voll-
kommen davon befreit, und litt auch niemals
an Kopfschmerzen anderer Art. In der Be-
schaffenheit des Leidens selbst trat in dem
ganzen Zeiträume von 1828 — 1840 eben
so wenig eine Veränderung ein. Das eigen-
thümlichc Gefühl des Klopfens und Druckes
über dem rechten Augapfel im Verlaufe der
Arteria supraorbitalis blieb alle Jahre ganz
dasselbe, und stellte sich in den genannten
Monaten jeden Morgen gegen neun Uhr ein,
um bis zum Mittage anzuhalten. War Pa-
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aMM -'(d«r . Artena aapraorbitalis^ aad- 4aflla
Äidv fMpfiMMl er eioe eiffeiithi^
«fiiJMkflgenhett des Kopfea. AUea MeflHH»
1^ «df Meditiren plegte Patient deahldll ; .
aaf die Naehmitti^^timden zo vjsrlege» \ /
OMahta dffraeliie die Art aapraerkitalia m^
Mfe 4ia^ :Abi>i^ Ai^smhSUaiiwwd edar. AMk
mtgg^ aaaraerbitAlia , ae* venmgti^ t' Mitt
>ifci.dhir Jjpgwapitae die beaidifeiuiigt« m# '
^üipiiil ja JMaatiop der Afterie vahrMwiAlfr
a;. Aaah jdlea anhidteade nad atigeatnBiglia
k venariirte die SdunerMa^pSndotti
llcl9« r 4eni finken Auge iuHte PjttleMt m
«IQ. ihoUehes Gefühl, litt aooat
mryiaott oder chemaatifleheii ScIimerBen m4
war auch, jeae weaigen Morgenatundea ab-^
EDchaet, stets za allen geistigen Arbeiten
g und geneigt«
Yeränderongen der Lebenswdse« welche
dorch den Aufenthalt in sehr verscniedenen
CSeigenden Deatschlands veranlasst wurden,
tibten auf jenen periodischen Schmerz nicht
des Mindesten Einfluss aus, Patient mogte
täglich und in reichlichem Maasse Wein ge^
Hieaaea, oder viele Monate hindurch nichts
ab Onellwasser, Wasser mit Cremor tartari,
oder eia natQrliches kohlensaures Mineral-
waaa^ z. B. das von Roisdorf trinken. Eben
80 wenig äusserte das kalte Baden in der
SeOy w^hes er in spätem Jahren Gelegen-
— 96 —
heit hatte, von der Mitte des Mai bis zwb
Herbste 9 nnaasgesetzt alle Tage verrich-
ten zu können, ir^nd eine Wirkung anf
jene schmerzhafte Empfindung. Badete er
vor Tische, so liess das Klopfen über dem
rechten Auge nur sehr wenig nach, wShrend
er sich im Wasser befand. Verliess er aber
das Bad, so war die Empfindung Ustiger
nnd peinigender als zuvor.
Da der Schmerz regelmassig nur bis
zum Mittage anhielt, sich sogar wlihrend des
Essens verlor, so glaubte Patient in der er-
sten Zeit, sein I^eiden stehe mit dem Magen
in Verbindung und sei von dem nfichternen
oder gesättigten Zustande desselben abhän-
gig. Der Kranke war nämlich seit seiner
n*finesten Kindheit gewohnt, früh. Morgens
nur einige wenige Tassen Caffee ohne ir-
Send eine Zukost zu geniessen. Er nahm
eshalb gegen zehn Uhr Morgens längere
Zeit hindurch ein reichliches Frühstuck zu
sich, oder genoss einige Stunden früher, als
er sonst zu thun pflegte, sein Mittagsessen.
In dem Schmerze trat aber durch diese ver-
änderte Lebensweise nicht die geringste Mo-
dification ein, und Dr. «/... überzeugte sich,
dass derselbe von dem Zustande des Magens
völlig unabhängig sei. Vielmehr schien der
Schmerz in einem unerklärbaren Causalne-
xus zu der Sonne zu stehen, denn er ent-
stand täglich und nahm zu, wie dieser Him-
melskörper am Horizonte heraufstieg und ver-
lor sich sobald als derselbe die Mittagshöhe
verliess. Auf eben diese dunkle und ver-
borgene Ursache mögte auch die Erscheinung
— 97 —
Stt beziehen gein, dass der Schmers im AU-
;meinen beinahe in keinem Jahre länger ab
ns gegin das Ende des Juli anhielt, nnd also
nur um eine geringe Zeit den lingsten Tag
überdauerte.
Im Frühling 1838, wo Dr J . . . die
Staatsprüfungen absolvirte, war der periodic
sehe Kopfschmerz ganz besonders heftig und
fSr den Patienten um. so lästiger, als derselbe
den ganzen Tag zu Repetitionen und Vor-
bereitungen benutzen musste. Je weniger
er selbst, durch die Umstände gedrängt, sich
geneigt fühlte, seinem Leiden einige der
schönsten Stunden des Ta^es zu widmen,
und je angestrengter er mit Ueberwindung
alier Sehmerzen auch die Morgeuzeit in gei-
stiger Thätigkeit zubrachte; — desto peini*
Sender und unerträglicher wurde sein Krank-
eitszustand. Das Pulsiren in der Arteria
snpraorbitalis erstreckte sich nun auch über
den obem Rand der Augenhöhle hinaus auf
den ganzen untern Theil der rechten Stirn-
hälfte und bewirkte die allerlästigste Schwere
nnd Befangenheit des Kopfes.
Ausserdem dass Patient mehrere Jahre
vorher einige Monate hindurch unausgesetzt
theils reines Wasser, theils Wasser in wel-
chem Cremor tartari aufgelöst war, theils
kohlensaures Mineralwasser getrunken hatte,
um durch die grösstmögliche Verdünnung
des Blutes seine UeberfüTle und alle Wal"
lungen und Congestionen zu verhüten, von
wekhen der Kopfschmerz unterhalten wer-
den könnte, war von ihm niemals früher eine
Jonrn. Bd, XCY. St. 3. 7
I ärztliche oder diaetetische Heihne-
HiMtH^eg«!! sein Uebei in Anwendun^r ge-
k^^cf» worden. Sein Befinden im Allgeinei-
W WU ifiämlicli stets »a gat, dnes er in
■ehr ah v.chn Jaliren keine andere Arznei
all VDgeflhr zwei bis drei mal ein leichtes
Firpios SU nehmen nöthig hatte. Nie litt
« -tut UateridbabMcbwerdeB agtaii.^km
Art; Stfirnngeo m den Verriehtawätt '4Ui
IHtwaDides, HaemorrhoidevL osd WM^-mi
UaniitaiwaiMBcvhiQgtt MM eraa.iMtwIlitf
■iO(Mli rrfalirrn ■'■'-'■ -'^'i:«^*'-^-
- t'iKi :.:,■■ - . .■■ " '.i .:.-•■■»•-,■■
' ütU Mtat ahar fsblte er mefa «niim(«i
äm>:4iKeta oul uchhaltead« AbälfajMMi»
fiMb BMteuaeheD. »er ber«lMte.,,AiB^-
«ai-^vralckcn «r «ich wandt«, .mw i^ia diu
'KwuMuntKiiutaiide eäBe-Felv. intafMkti^pi^
tiiÜnn. partial. und venirdnete demi^eMiai
tigUch dreimal, zuerst des Morg^iu vor dea
Kuitritte des Schmerzes, ein Pulver too.CUb.
Bolph. gr. .jy. Saeehari albisaimi gr. y|y. n
nehmen. Dieses Mittel äusserte nicht die n-
ringste Wirkung; Patient gebraaehte es, in-
dem jede Einzelgabe zuletzt statt gr. j^- gr.
V. des schwefelsauren Chinins enthielt, fonf-
KehnTage lang. Was die Arznei nieht ver-
langte, that, wie in allen frflhereD Jahrm,
Aach diesmal wieder die Zeit Ow Uehd
hörte im Juli von selbst auf. und verachente
den Patienten bis zum näcbsten Frühlingt
vflUkommeD. Im Jahre 1Ö39 wurde Patient,
' der jetzt in Stralsund als praktischer Ant
labte, weniger als froher von seinem' steten
Frflhliagflgaste gequält. Dans er die Hör-,
gcnatODden von 9 Uhr bis zum Hittage, w
— 99 —
Befludhen oder Spazierffflngen ver wenden,
sich Oberhaupt viele sSerstreaung maehen
konnte, trag wohl das Meiste hiersn bei.
Denn wenn er innerhalb dieser Standen an-
gestrengt arbeitete, oder auch nur mit Auf-
merksamkeit ein wissenschaftliches Buch las,
80 vermehrte sich das Gefühl des Schmerzes
auch jetzt so sehr, und die Schwere des
Kopfes nahm so überhand, dass er nicht sel-
ten das Buch aus der Hand legen und in
einem Spaziergange Erholung suchen musste.
— Es ist noch zu bemerken, dass Patient
während des ganzen Sommers von 1839 so
wie in der letzten Hälfte des vorhergegan-
J^enen, täglich ein kaltes Seebad nahm, und
ast nichts als Quell wasser, dieses aber in
reichlicher Menge trank.
In keinem frühern Jahre aber war das
Uebel von der Heftigkeit gewesen, welche
es 1840 erreichte. Es stellte sich zu der
Sewöhnlichen Zeit im Frühlinge während
er ersten warmen Tage ein: die tätlichen
Anfälle nahmen Morgens zwischen acht und
neun Uhr ihren Anfang, und gewannen mit
jedem Tage an Intensität Selbst dann
aber, wenn sie so heftig waren, dass Pa-
tient nur mit Anstrengung und Selbstüber-
windung die Geschäfte seiner Praxis verrich-
ten konnte, dauerten sie nicht länger als bis
zum Mittage. Gewöhnlich verToren sich
während des Essens, bei welchem Patient
keine Abnahme an seinem Appetite verspü-
ren konnte, alle Schmerzen, und nur in sel-
tenen Fallen blieb noch bis einige Stunden
7*
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■■■• ".l" » •".»»
m
I.'
mf^^g^^ de« Kopfes MrML '^
. \t^ iif^4«rlMHte «es Joli war dar BctaM^
m^lriiiir uiieni^ictteni HBhe gMt^Mi,^
Iwtaiir4ekirte iridl nach Beb SpiMiiiiei^
'd#'SviSeil^pfc«jt voft seinem UeM.;JMal
Tjprnio^ '^ iii defi Morcenstiuid« iWdM
mehr zo leseü noch zn schreihen j dM Jadl
id^t die ceringste Vomflberiieafm^' M
Kopfes verehrte das^ KTopfen ABer MI
Teeiiten A«iKe atttserotdentfii^ , «sd^ die
Sehmerzempfindiihr besondrer» m dAh -*lh^
liMite.T wo der Kopf wieder itt dib' ||ie^
J^nlkheliage znrflckgefflhrt W«irde^'W#
0i Üettig, dass Patieni sieh Itfiteii^^ ^ a^i^
laut aufeäschreien. Eine geringe .LniieMig
konnte er sieh alsdann dadurch verschafb^
dass er die innere Fläche der Hand so fest
ab mSfflich gegen das rechte Aage and na^
mentlich gegen den Margo sapraorbitalis
andrSclcte.
Am 21. Juli hatte Dr. JT . . . die Ah-
Bahme einer carcinomatösen Brust zu ver-
richten. Da die Umstände es wünsehens*
werth machten, dass die Operation am Mor-
gen stattfände, so unterzog er sich derselben
ungeachtet seines eigenen, schmerzhaften
Leidens. Er glaubte nämlich, die gespannte
und ungetheilte Aufmerksamkeit auf die
Kranke wflrde wenisdtens während. der Ope-
itition jede Empfindung und Wahrnehmung
seiner eigenen Schmerzen in den Hinter-
grund treten lassen. Aber wie sehr täuschte
er sich in dieser Yoraufsetzung: je mehr er
— 101 —
sein körperliches und geistiges Auge an-'
strengte, desto unerträglicher warde das
schmerzhafte Pulsiren über seinem rechten
Auge 9 und er musste seine ganze Willens-
kraft zusammenraffen , um der drückenden
Schwere, welche seinen Kopf immer mehr
und mehr umfing, Herr zu werden, und die
Operation zu Ende zu führen. Als die Brust
abgenommen war, und Dr. J. sich von der
Kranken eihporrichlete, wurde der Schmerz
plötzlich so heftig und überwältigend, dass
er fast die Besinnung verloi', und sich einige
Augenblicke erholen musste, um die Unter-
bindung der blutenden Gefässe vornehmen
zu können.
Als die Operation geendet war, bei wel-
cher die Patientinn sicheriicli weniger Schmer-
zen ausgestanden hatte als der handelnde
Arzt, musste Dr. «/. sich nach Hause und in
sein Bette begeben, weil die furchtbare In-
tensität des Schmer/.es ihm das Aufsein
völlig unuiöglich machte. Jede Bewegung
des Körpers, vorzüglich aber des Kopfes, je-
der Ton, der in seine Ohren drang, Jeder
Lichtschimmer, der in seine Augen fiel, ver-
mehrte das unerträgliche, sich mit jedem Au-
fenblicke weiter ausdehnende Pulsiren an
er rechten Hälfte des Vorderhauptes. Wenn
er völlig ruhig im Bette lag, die Augen ge-
schlossen und um den Kopf ein nasses Tuch
fest zusammengeschnürt hatte, dabei sich al-
les Denkens enthielt und auch nicht das ge-
ringste Licht oder Geräusch von aussen auf
ihn einwirkte, verfiel er, für Augenblicke in
eine dumpfe Betäubung, weiche den eigen-
,_ krap raDon SniMf cn'wtnnrwnp
me BiMMe.'--".'- ■-^- ■■ ■■■ ^^^.-vv'^'. ■■
"-.■ ■ '■■' ' ... ■ . '■.:-. ■ .:, ,- .if,.
'1b lüeMm Zastmide fanden ihn die ber-
' IWBMfeDen CoMtWen. Sein Gesicht bot das
Im hefU^n LeioeiM, tndem alle Züge den '
Ani4(wlt einer aatBUeoden , dnrch Schmerz ,
vanwwwhteB VeniSrtmg trugen. Dabei über
war iN» Gesiebt efafcr bleich hIs gcröthet und
Ae Tpiiperalar im Eopfes . selbst an dem
des LeideOfl, über dem rechten
Aicb keioeawec» erhöht. Ein stRrkes, nn-
BanrHdei Pnhirea der rechten Arteri» sa-
lyatrhitalii konnte taianisit dem Finger deut-
Idi .wakrnehmen. Dbseen nngeaclitet aber
ipUcB kein Congestivicastflnd nttchdem Kopfe
mrlanden m sein. Der Puls sprach auch
fltr diese Anniihme, denn er war kaum fiber
' die Norm stark, voll nnd freqnent Patient
war noch nfichtem nnd die Zunge- tveisslieh
belegt, alle Se- nnd Excretionen des Kör-
pers hatten in den letztverltossenen Tagen
regelmXssig stattgefunden.
Die Krankheit wurde ffir eine heftige
Neoralgie des Ramus sopraorbitalis vom Stirn-
aste des Ramns ophthalmicns nervi trigenrini,
in seiner ganzen Ansbreitung ^halten; das
selbst übjectiv wahrnehmbare Klopfen in der
fleichmunigen Pulsader eehien nur drtiidi^
Dreh den leidenden Nerven bedingt ku sein.
Patient erhielt ein Infus. Senn. e. natro
hdpher. bis zur wiederholten Wirkung, and
, nBaserdem könstliches Selterser Wasser nod
WMwr mit Brausepulver zum temperireBdea
— 103 ---
Getrink.' Aaf den. eigenen ^ dringenden
Wunsch des Kranken wnrde noch ein Ader»
lass von acht Unzen institairt, da er selbst
von diesem Mittel die ffrösste Linderang sei-
nes Leidens hoffte. Die Venäsection aber
brachte auch nicht für ein Paar Augenblicke
Nachlass in den Schmerzen hervor, und Pa-
tient verordnete sich deshalb noch ein gros-
ses spanisches Fliegenpflaster in den Nak-
ken nnd auf jede Wade einen Senfteig.
Aber auch diese Mittel äusserten keine Wir-
kung. Am wohlthuendsten war, wie schon
oben gesagt ist, ffir den Kranken der Druck
und die KAlte von nassen, recht fest um das
Yorderhaupt gelegten Tüchern. Auch die
intensivere Kälte, welche durch das Verdun-
sten von Essigäther an der Stirne erzengt
ivurde, bewirkte fär Augenblicke eine kleine
Linderung. Nach dem Abfährmittel erfolgte
mehrmalige Leibesöffnung.
Die höchste Höhe erreichte der Anfall
als die Sonne im Zenith stand; mit dem
Nachmittage stellte sich eine allmählige Ab-
nahme in der Heftigkeit der Schmerzen ein.
Gegen fünf Uhr boten sich in häufigem und
tiefem Gähnen des Kranken, grosser Müdig-
keit u. s. w. förmlich kritische Erscheinungen.
Der Kranke schlief ein, wurde während des
Schlafes von einem reichlichen, duftenden
Schweisse nass, und erwachte nach andert-
halb Stunden, ohne noch die geringste Em-
pfindung von seinem Kopfschmerze zu haben.
Nur eine allgemeine Abgespanntheit -und eine
gewisse Schwere und Befangenheit des Ko-
pfes waren zurückgeblieben. Patient stand
. . ',"
ui: -r . ■■•■ , / ■■ '■■■
4wf; noa komrte mit leiffliehsm A^|t«iil^iili
IfWilM Mahl ciniehaieD. ' .:. r.'^j
'.SiiQiuMi noch angefahrt werdMf . iM*
4er Urin ^80 wohl ietst wie -in Meu ffwim
.Jahnm. wihrend der Dauer -des perioAMlii
KoWraennierzes, nicht die |2:eringeUi
Kam tieaehaffenheit hatte , and aodiy
derSchmejx vorilhergvng, keine Yerlpiikiipf
4er Farbe /und Klarheit Migte, weiehe -afi
. kritiach hätte betrachtet werden können. - .
k: ••
Naeht auf den 22. JaK brachte 6a.
J f. * • ia einem festen andgeaandenSehfaüb
M) and stand am andern Morgen seitig, deia
Anaeheine nach völlig gesund aa'f. ^ Ym
KfOlfÜMfhjfkeneü zeigte sich nicht die gerii^sHi
l^r; da die in den Nacken ^legte . apa»
mache Fliege sehr gezogen hatte, auch dur^
die angewandten 8inapismen eine starke
Hautröthung bewirkt war, so hoffte Patient
mit vieler Zuversicht, er werde hinfort von
seinem Uebel befreit Lleiben. Aber verge-
bens! Zwischen acht und neun Uhr stellten
sich die ersten klopfenden Schmerzen über
dem rechten Auge ein, das Leiden wncha
von Minute zu Minute^ und bald war der
Zustand vom vorigen Tage und wo möglich
noch gesteigerter, wieder da. Patient ver-
ordnete sich wieder ein Paar Senfteige auf
die Waden, um, wenn dieses Mittel auch
nichts hülfe, doch wenigstens durch die
Schmeiizen, welche es verursachte, von der
vollständigen Wahrnehmung jenes unerträg-
lichen Klopfens einigermaassen abgezogen
an werden. Die Höhe des Anfalles fiel, wie
— 105 —
geBtem, mit dem höchsten Stande der Sonne
aßOMUDmen; am Nachmittage stellten sich die-
selben kritischen Erscheinongen der Mddig-
keit nnd desGihnens wieder ein, es erfolgte
Schlaf, Scbweiss und der Kranke wachte
ohne SchmerzempfinduDg auf.
Auf dieselbe Art wiederholte sich der
tigiiche Anfall noch fünf Tage. Der Schmers
dauerte jedesmal bis zum Nachmittage, wfih-
rend er am Abende, in der Nacht und am
frühen Morgen, den Kranken vollständig ver-
schonte. Das Allgemeinbefinden desselben
war aber mit jedem Tage schlechter gewor-
den, und liess ihn zuleta&t auch während der
Intermission nicht das Bett verlassen. Zu
anhaltender Schwere und Befangenheit des
Kopfes, allgemeiner Abgespanntheit, Appetit-
losigkeit und KörperschwMche, gesellte sich
die verdriesslichste Gemüthsstimmung. Vom
23. Juli an hatte Patient Chin. sulphur. in
stei^nder Gabe von gr. vi. — Scrnp. ß.
zweimal täglich genommen. Dieses Mittel
brachte aber eben so wenig wie das pallia-
tiv nebenbei gebrauchte Aqua Laurocerasi,
Opium, Extract. Belladonnae etc., eine wohl-
thätige Wirkung hervor.
Vom 28. Juli an wurden die Anfälle
gelinder, dauerten nur bis zum Mittage und
endigten ohne die oben erwähnten kritischen
Erscheinungen. Patient konnte wieder auf
sein und wenigstens die Geschäfte seiner
ärztlichen Praxis betreiben. Die Anfälle wa-
ren nun nicht heftiger als in allen frühern
Jahren, ganz von derselben Beschaffenheit,
. I
IM
.' 'v . «MW .««■■ ..^^ • •
ifHi^liMBft litt jkidlen tage M/ VMHtAif»'
'fts bIMr er veUig voo>jlüM<tt ?l«iwit
dM BdhwefaiiMrp Cbiniii, »Jfti' itiim
'vHJ.deii andern aufewandten Nencüria
lÖMotieii^ in diesem Falle die Qeö^mmg
wirkt babb, ist kaum anzanehmeQ«^ Djmmiv;
ten doch in aUen friiheren Jahren, "obgleieb
keinem instiiehe^ Bebandlnng^^ «tattfaftii ifla
jlnfWle i^benfalls nicht Aber die HMm |Ni
BdmmerH hinans. — Mit 4|asnahme xkkfwinlt
greaaef BIntxescbwtre, Welche meh aBfima
Bfliikeil des ratienten, bis in dfen VtowentSm
hinein , eines nach dem andern edtwüAMMfAj
^ Vährsehtinlich in Folge des am 21. Jim
Mrisdhen den Schaltern applidrten Veaiea--
i^mm (Tergiriche hierfiber J. B. JTapiS
Denkwfirdigkeiten ete. Bd. 1. p. 353 tM%»;^
JAm, MaraEih fiSr die Ti^esammte HeilkniMli.
B. XXIV. H. 2. S. 390- 910, befand Dr.
J . . . sich bis zum nächsten Fräl\jahre voll-
kommen wohl oüd gesund.
In den ersten Tagen des April 1841
aber stellte sich wie immer das erste GefShI
von jenem unglücklichen Klopfen Ober dem
rechten Auge ein. Dr. J . • . der mit wah-
rer Todesangst daran dachte, dass dieses
Leiden wieder eine so furchtbare Höhe wie
im vorigen Jahre erreichen könnte, beschloss
wenigstens alle möglichen Yorkehrungsmaaa-,
regeln zu treffen. Die Nutzlosigkeit des
Chinins gegen seinen Kopfschmerz hatte er
in Stralsund wie in Berlin erfahren, dage-
gen aber war ihm durch mehrere Fille in
seiner Praxis das Ferrum oxydatum fnseam
als ein ganz vorzagliches Mittel geg^ hart-
- 107 —
nJtekige Nenralgieen ^erth geworden. Er
nahm deshalb den ganKeil Sommer 1841 hin«
dnreh, bis tief in den Herbst, regelmässig
dreimal des Tages eine starke Messerspitse
voirvon dem Eisenoxydhydrate ohne irgend
einen Zosatz. Die Wirkung dieses Mittels
aber war gleich in den ersten Tagen seines
Gebraoehs ausserordentlich auffaltend. Der
'Kopfschmerz stellte sich nämlich nur noch an
den ersten vier bis fünf Tagen, und auch da
nar in sehr geringem Grade ein, um nachher
far immer auszubleiben. Später wurde J . . .
auch nicht einmal mehr durch ihn beunruhigt.
Der lange Fortgebranch des Ferrum
oxydatum fuscum, von dem pro die ungefähr
gr. viii. — X. genommen wurden, verursachte
m keinerlei Beziehung Nachtheil öder Be-
schwerden. Verstopfung oder Durchfall trat
nie ein; das Mittel schien sich, abgesehen
von Jener schützenden Kraft gegen das Ner-
venleiden, völlig indifferent zu dem Körper
zu verhalten. Die Excremente zeigten an-
haltend eine dunklere Färbung als sonst. In
diätetischer Beziehung vermied J . . . alle
sauren und sehr blähenden Speisen, enthielt
sich namentlich auch des Obstes.
Im Jahre 1842 endlich nahm Dr J . . .
ohne erst die ersten Anzeigen seines Kopf-
schmerzes abzuwarten, vom April an täglich
Jene geringe Menge des Ferrum oxydatum
fuscum. Das Uebel f)lieh aus, und Patient
hofft es für immer beseitigt zu haben.
Obige Krankheitsgeschichte, welche ich
^
: .' , ^ "'Wl — _ ___
' dei' Mittheiluuji; des Dr. J . . . verdanke, tri ^
von vielem pathologischen Interesse: ich glaube
daber die Ausfiihrliclikeit verantworten M
können, welche ich derselben hier gewidmet
habe. Das lange, dreizelinjähnge Besteben
der Krankheit; ihr regelmässiges Aaftretefl
im i^pril oder Mai. ohne dass irgend eine
Ursache anzunehmen wäre, als die allgenaei*
nen kosmischen nnd tellurischen VerhaltDiesf^'
welche im Frühling namentlich auch häafijj;
Wechselfiebcr entstehen Inssen: das Anhalten
der Krankheit bis zur Höhe des Sommers,
um fi'ir das ganz-c übrige Jahr vollständig
7.n Bchweigen; endlich das ergenlhümJiilie,
■■(MiKheinlicb durch den Sonöeiurtand b^
dJMMfi Anftretea nnd NichlaMeo ein«« Jnte
AuUlee, -7 dürften %a miuuberlei Bc^miI^
iatigea Sber die eirendiche Natnr d«i IT^Wti^
die in diesem Falle gewiss schwer zu eofr*
bötlen ist, Veranlassung geben. Dass die
Heilung aber, welche dem Anscheine luuA
vollständig und für immer erfolgt ist, doirdi
die Anwendung des EisenoxytUiydrates be-
wirkt sei, wira wohl nicht in Abrede gcrtefH
werden können. —
Zweiter Fall. Am 17. Märst 1840 wurde
ich za Frau B. gerufön, welche an einen
heftigen Schmerze- des Gesiebtes leiden soUfe.
Die Kranke 57 Jahre alt, von hoher schlan-
ker Gestalt, aber schlaffei- Haut and welker
Muskelfaser, lag unausgekleidet und wim-
mernd auf dem Bette, mit der FUche ihrer
' rechten Hand camphorirte Watte fest an das
Os zygomatictnu dieser Seite andrSckend.
— 109 —
Um Gesicht der Kranken, lebhaft gerit-
the.t ond Besonders an der rechten Hälfte
heiss und etwas geschwollen, hatte einen lie-
berhaften Aasdruck; in dem Blicke ihrer Ao-^
een lag Unruhe und Angst. Der volle und
beschleunigte Puls liess 85 Schläge in der
Minute zählen, die Haut war warm und feucht.
Die Zunge wies einen weisslichen Belag,
dier Athem war heiss und unrein; Eröffnung
hatte Patientin in den beiden letzten Tagen
nicht gehabt. Der aufbewahrte Urin zeigte
weder einen Bodensatz, noch irgend eine
andere Abweichung von der Norm»
Der Sitz ihres Leidens war die rechte
Seite des Gesichts. Sie empfand nämlich in
der Gegend vom Ohre bis zum Jochbeine
einen sehr heftigen, lancinirenden Schmerz,
der von Zeit zu Zeit aussetzte, um mit ver-
mehrter Heftigkeit binnen wenigen Augen-
blicken wiederzukehren. Dieser Krankheits-
znstand dauerte bereits sechs Tage, und hatte
sich entwickelt, ohne dass eine Ursache /in-
gegeben werden konnte. Patientinn erzählte,
dass sie in ihrem ganzen Leben sehr viel
an Rheumatismen aller Körpertheile gelitten
hätte, und sich deshalb vor Erkältung immer
sehr in Acht nehmen miisse. Einen ähnli-
chen Schmerz aber, wie den gegenwärtigen,
^oHte sie niemals empfunden haben. Sie
beschrieb ihn als ganz eigenthümlicher klop-
fender und bohrender Art. Mitunter ver-
schwände er auf halbe Stunden und länger,
die geringste Berührung der kranken Seite
aber, oder Sprechen, Essen u. s. w., wären
im Stande ihn wieder hervorzurufen. Wenn
^- tu w:
3S
der Schmer» sehr heftig sei, schaffe der Drodt"!
- mit der Hand gegen die leideude Stelle ekC
nige Erleichterung. Bei Nacht sei dasUebm
eben so heftig, als am Tage; sie hätte deMj-
halb schon in sechs Nächten nicht achlafw^
können. Ware sie ja eingeschlitfen, so d8iii!f;^
es nicht lange, bis sie von den unerträglichf I
Bten Schmerzen wieder aufgeweckt werdtt *|
Alle angewendetsn Mittel, als eine hinter daf ',
rechte Obr gelegte spanische Fliege, Einrei*'
buDgen von Campherspiritiis und Opodeldoe'
in die kranke Stelle, das Auflegen von Walte,
die mit Campher eingerieben worden d. s. w.
' hätten nicht die geringste Wirkung geäus-
sert. Die Diagnose war in vorliegendem
Falle nicht schwierig »u stellen; die Kraoltp
heit ergab sich als /af/icr^i/r scher Gesicbtar^
schmerz — Neuralgin ramurum tempomUuB™
t^ Bygouiftticoram nervi facialis.
Da. die Kranke seit zwei Tagen nicllt
eröffnet war, and dabei eine nicht gai» bb-
bedealende fieberhafte ReiKung des Gefiili-
fwttemes stattfand, gab ich umerlich dn
Tausrindendecoct mit Tartar, boraxat bia
2a mehrmaliger Wirknng; nebenbei verord-
nete ich, häufig einen halben Theelöffel toB
Brausepulver mit Wasser zu nehmen. - Aw^
serdem Hess ich die Kranke zu Bette gebeO)
daa Zimmer so dunkel als möglieh madwD,
und von ihrer L'mgebung die grfiute StiBe
beobachten.
Am andern Morgen war weaigsteoa das
^Igemeinbefindes besser als am vorigen
Tage. Die Kranke hatte in der Kacht am
— 111 -
Pur Stooden, wenn aach mit Unterbreehaiig}
geschlafen. Nach der Arznei waren drei
Stahle erfolgt. Von Fieber seizte sieb Jieate
keine Spur ( der Pols war normiu. Die Zunge
hatte sich fast ganz gereinigt. Der Schmerz
in dem Gesichte dagegen war noch eben
80 heftig and quälend als am vorigen Tage.
Das Zucken und Klopfen- erstreckte sich von
dem Ohre bis zum untern Augenliede und
nach dem Mundwinkel der kranken Seite
hin. Jede Bewegung aber vermehrte den
Schmerz«
. Ich verordnete: Ferri oxydati fusci gr. x.
Pulv. Cinnamomi gr. iv» dispens« tal. do9>
Nro. XII. D. S. dreimal täglich ein Pulver
zu nehmen. Zur Aufrechthaltung der Lei*
^ besdifnung Hess ich täglich einmal einen
Theelöffei voll Electuarium lenitivum reichen
Der Gebrauch des Eisenoxydhydrates in der
Senannten Gabe bewirkte zwar eine Vermin-*
crung in der Häufigkeit der Anfälle des
Gesichtsschmerzes; die einzelnen Anfälle nah-
men aber nur sehr wenig an Intensität ab.
Der allgemeine Zustand der Kranken dage-
gen besserte sieh mit jedem Tage, sie konnte
anhaltender schlafen, und mit vielem Appetite
diinne Bruhsuppen geniessen.
Vom 22. März ab Hess ich das Ferrum
oxydatum fuscum in jedesmaliger Dosis von
Scrup. j. gebrauchen; diese vermehrte Gabe
bewirkte sehr bald die gewünschte Heilunff«
Am 26. machte die Prosopalgie nur noch
zwei^ bis drei mal des Tages einen AnfaU;
der Schmerz war sehr erträglich geworden
— 112 —
und konnte mit dem früheren, so sehr pein-
vollen Zustande j^ac nicht mehr verglichen
werden. Während der nächsten vier Tage
aber, während derer nach wie vor täglich
Drachm. j. des Eisenoxydhydrates genommen
wurde, verschwand das Uebel gänzlich. Um
die Neuralgie nachhaltend zu verbannen, Hess
ich noch weitere drei Wochen hindurch, täg-
lich zweimal einen halben Scrupel des Eisen-
inittels gebrauchen, welches ich mit einigen
Granen Rhabarberpulver verband.
Patientin blieb von dem LIebel verschont,
und hatte von dem anhaltenden Gebrauch
des Ferrum oxydatnm fuscum nicht den ge-
ringsten Nachtheil; sie wurde vielmehr kräf-
tiger und blähender aussehend als dieses vor
ihrer Krankheit der Fall gewesen war.
IV.
Kurze Nachrichten und
Auszüge.
1.
Praktische Miscelleu
und
Lesefröclite
au9 der ausländischen lAtteralnr.
Vom Herausgeber.
CUma, — Das günstigste Ciima liir Brust«
kranke und Nervenschwache ist nach dem Aus-
spruche eines erfahrenen englischen Arztes we-
der das von Rom noch von Nizza, sondern das
von Pau am Fusse der Pyrenäen. In Rom
stirbt jährlich einer von fünf und zwanzig, in
Nizza einer von ein und dreissig, in Pau nur
einer von lunf und vierzig. Dalt Thal von Pau
hat eben so viel schöne Tage als jene Orte und
ist dabei we,der den dort herrschenden schädli-
chen Winden noch bestimmten epidemischen
Schädlichkeiten ausgesetzt. Das Wasser von
Journ, Bd. XCV. St. 3. Q
ipM all tii^ fiberaiis wohltliIi%er BitaMB Mi
Ai!ff|iti<^nfii ücr Sclileimnienibraiieii Mcjifieliil»
A, 6n Ihe Ciirattl/e Infla^nce of thc CUani« af
Wm nd Üie ffineral Waten of th« Fyvmrffa
m Diaeaae aic Bjr Jl. 3>ylDr. LoncL 184S. l!^.
' Ml
't4m allielieii find JraiMg laufen
im Taraehen etwas . melir ^ eimto Skrapal
Canphor i^ .Spirittia aiHiir*IV4 m*^ Mjrrii^tiiik*
i«r. Sie war aehr aaigeregt, delirirte, attMata
Iran' und ingatlich, verloV temporir daa Sdk»
veraidmii (wobei aber die Pupillen nornial bliar
hmi)f latte kalte EitremitSt^u und einan adiw^
dien Pols von neunzig SehlMgen. Der Ant
Sib ibr wiederholte BrecbmitteT von 10 — 91
ran Zink?itrioL Sie erbrach reichlichen Stoff,
welcher stark nach Camphor roch und genass
nach vier und zwanzig Stunden unter dem Ge-
brauch warmer Handbäder, Umschläge und Senf-
teige ni|d kleiner Dosen von Opium. Die Ath-
mungs* Beschwerden kehrten jedoch noch öfters
wieder, ebenso die Störung des Gesichts, auch
stellten sich kleine Krampfanfölle ein (S. The
liancet 24 Septr. 1842. p. 892).
Ein schwächlicher Mann von 39 Jahren
hatte eine nicht genau zu bestimmende, etwa auf
45 Gran zu schätzende Quantität Camphor ia
Substanz verschluckt. Er bekam alsbald Schwin-
del und einen Anfall von Epilepsie, welcher zehn
Blinnten anhielt und einen Zustand der grösatea
Eracböpfung hinterliess. Die Extremitäten wa-
ren kalt, der Puls sehr frequent und kaum zn
Itthlen^ die Pupillen erweitert. Herr Chtke wandt«
— 115 — .
sogleich die Magenpampe «u, wodurch ein 'stark
lisdi Camphor riechendesFlaidum ansgeleerl ward^
und der Kranke erholte sich durch die Anwan*
dong Ton Analepücis. 'Allgemeine Skhwiche
und periodische Unterdrfickun^ der Harnsecre-
tion hielten noch drei Monate au*. — Wäre der
Caniphor aufgelöst in den Magen gekommen, so
wäre der Tod des Patienten wahrscheinlich un-
abwendbar gewesen, wie der von Alexander in
den Philosophical Tcansactions ersählte Fall be-
weist, wo swei Scrupel diese Wirkung hatten,
(ib. p. 900). -- Ein anderer Fall ron Vergiftung
durch Carophortinctur kam Herrn Kingdtm Torl
Ein Mann, verschluckte ans Versehen eine be-
trächtliche Quantität Tinctura Camphorae com-
posita; Heftiges Brennen der Lippen, des Oe-
sophagus und später der ganzen Oberfläche des
Körpers war die Folge. Starkes Erbrechen hob
da;i Vcbel (ibid. p. 301).
Gegeng^ de» ArMtdke, — Als solches em-
pfiehlt Herr G. Bird eine halbe Unze der Tin-
ctur des Hjdro-Sesqui Eisen -Oxvds und eine
Unze Liq. Potassae. (ibid.)
infemaUi: hede Methode ihn mufMutbe-
wahren. Herr Prof. Dumdril empfiehlt den Höl-
lenstein in geschmolzenen oder in Spiritus auf-
gelösten feinsten Siegellack zu tauchen und ihn
so mit einem Ueberzug zu versehen, . welcher ihn
gegen Luft und Feuchtigkeit sichert und es ge-
stattet ihn zu berühren, ohne dass man sich die
Finger schwärzt. Der Lackfiberzug sitzt sehr
fest, kann aber mit einem Messer leicht und
auf beliebige Entfernung abgeschabt werden.
Will man Aetzungen in Höhlen oder tiefen Ge-
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l||Ü»liiiii Vwiidineii «Md di« MttelMIr wtM
-^JMttnB, w knM* üiM.ait Jet ■»Tg>|riiiMit|B
jifilll^itiiHi. (etciekfidk mitteh* StMtH«di>«|i.
llbMl-i odw FedMwHel. (JMnul . iii
le). .•■■'■ ■■■..■. '.;■,
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iSeon^e cormäum. ^ Herr Payan zu Aix slihreibt
Mem Maiterkorn eine specifisch erregende Wir-
kung auf den untern Tneil des Rückenmarks su
und hat es demnach gegen Paralyse der Unier»
extremitäten, wovon er sieben FSlIe beschreibt,
und in fünf Fällen von LShmungen der Hbra-
blase mit ausgezeichnetem Nutzen angewendet.
Er gab zehn bis zwölf Gran in Infuso, in vier
und zwanzig Stunden zu verbrauchen. Die Wir-
kung zeigt sich schon nach wenigen Tagen;
das Mittel muss aber längere Zeit fortge^tzt
werden. (P. ;S. Pnyati, Memoire sor P«rgot de
selgle^ son action th^rapeuti<|iie et s«ii enphi
' r* Aäkmn mriiomw. ■— Herr^AierM sA^Mar»
0M%'*uii dar Acpdemie der WissaMdMilW» te
llKitf !■ der Sitsang/Tom neatiseknt«*
kt» «toe AHumdlmg-4ker d«aA«:n;
M. ^Er eoufiehTt gegen dlHe KrankUfifc *^
J^f/Heaümu im Ammoniaks auf Jen obcfttCMt
A Schlund^« in der Nlhe/^fes Pleiu fkaajm-
flp% «ad sollany seinen Errahpting«KSafa|My^
IsiUk dM Asthma doreh die» ¥eHUM»,<tMt
Mf der Stelle beseitiget werden» Seioea^.- ■•»
BMlre sind fieim Krankheitsgeschichten ztt Be-
stätigung beigegeben. ' Wir haben über diesen
Gegenstand einen Bericht des Herrn Magendkj
Strrtß und Breschet zu erwarten. (S. Gazette
^ m^. de Paris 1842. p. 621).
~ 117 —
m^dieilaal. Aix 1841). Drei andere Fälle von
Parapl^e, wo unser Verfaeser mit eben so gün-
sdgem Erfolge bis zn dreissi^ Granen stieg, ohne
jemals nachtheilige Wirkungen davon su sehen,
liai er spftter. bekannt gemacht. (S. Journal de
Pharmaeie 1842).
^rgenium miricum gegeti Ophih. scropkuioaa,
Herr Hocken zu London empfiehlt gegen die
Lichtscheu und den Augenliederkrampf, welcher
bei serophtilösen Ophthahnieeii charakteristisch
ist, die Application des Höllensteins auf die
äussere Fläche der Augonlieder, dergestalt dass
die Haut beider Augenlieder dadurch schwarz
gefärbt werde. Nachlass der genannten Symp-
tome erfolgt danach sehr bald. Dass die pas-
senden Innern JMittcl gleichzeitig gegeben wer-
den müssen, versteht sich von selbst. So berich-
tet Herr Hocken. (The Lancet 19 Novbr. 1842.
p. 286). In der folgenden Nummer desselben
Journals nimmt die Ehre der Erfindung dieser
Kurmethode Herr Tliomiu JVomudd lur sich in
Anspruch, indem er augiebi, dass er schon seit
Jahren bei den poliklinischen Patienten des St.
Bartholomeu's Hospitals den Höllenstein auf
diese Art und zwar in der Idee: die Sen8ibili<»
tat der Zweige des fünften Paares dadurch ab-
zustumpfen , angewendet habe , und dass Herr
Hocken wie ieine übrigen Schüler dies in der
gedachten Klinik vielfältig zu sehen Gelegenheit
gehabt hätten.
fVwkde-BrueiwarMen — Als das beste mittel
dagegen rühmt Herr fVam^rough zu Chelsea^
nach dreissigjähriger Erfahrung, das Tragen
von Warzenhütchen, welche Inwendig mit dün-
— 118 --
BCB Blei platten überzogen sind (S. the Luneet
1842 Jal. p. 587), — und Herr Hopeaod en-
Sfiehlt angelegentlich das Bestreichen der wun-
en Stelleu mit Tinctara Catecha (ibid. pag.
460). Es bildet sich danach ein dünner
Ueberzug wie von einer Gunimiauflösung. Dies
hat Ref. bei einem damit gemachten Versuche
gesehen^ kann aber über die Wirksamkeit des
Mittels noch kein Urtheil fallen.
Magenpumpe. — Ref. hat schon mehrmals
darauf aufmerksam gemacht, dass der Gebrauch
dieses Instruments in England sehr hSu6g zu
sein scheint. In der Versammlung der Medical
Societjr of London am 7. Novbr. 1842 kam die-
ser Gegenstand zur Sprache und alle anwesende
Mitglieder waren der Ansicht, dass die Magen-
pumpe das beste, mildeste und sicherste Mittel
»ei den Magen von seinem schädlichen Inhalte
zu befreien und Gegengifte einzuspritzen. (The
Lancet 19. Novbr. 1842. p. 301).
Mechanisches Miiiel, Brechen am erregen. —
Als solches empfiehlt Herr MarshaUHaU^ gleich«
zeitig den Schlund durch den eingebrachten
Finger zu reizen, während durch äussern Druck
die Contractur der Bauchmuskeln befördert wird.
Letzteres geschieht am besten dadurch, dass Pat
sich mit dem Unterleib über einen Stuhl lehnt.
(ibid. p. 302).
Mercur gegen chronische Hautausschläge. —
Herr Plisson empfiehlt gegen Eczema, Herpes,
Acne, Prurigo, Scabies etc. Waschungen mit
— 11» —
Sobliinat nod Chlorkali. Von jedem 5 Gran
äof xwöir Unzen Wasser. (Journal des Con*
noiss. de Med. prat.),
Vergleich der franzoslechen vnd engUecheu
Meäkinai^GewicMe. —
«
Ein Oramme se 15i Gran
Oecigrauime «s IS *
Ci^ntigraninie » i "
MiUigraoime as ^V
Ein Kilogramme ist gleich 2f Pfund Apo-
theker-Gewicht (nach Sander*^ Tables oFFrench
and English Jüeasures).
RetaxaHo Symphyseos ossitun puUe* — Eine
solche will Dr. Knox gefunden haben bei vier
Frauen^ welche unmittelbar nach einer schweren
Entbindung starben. (The Lancet. 3 Decbr. 1842.
pag. 346.)
Grosse Dosen der 2\iiciura ferri mwiuHcL —
Ein Frauenzimmer von 15 Jahren, im sechsten
Monate schwanger verschluckte eine' Unze die*
ser Tinctur an einem Tage (in vier Dosen) um
dadurch Abortus zu befördern. Es entstand
aber bloss eine heftige Reizung der Harn Werk-
zeuge danach welche bald durch kühlende Ab-
fährmittel gehoben wurde (ibid. p. 3550
— i«o —
f
Hydrops ascUes, — Dr. Lecanu ibcilt der
Acad. de Med. die Krankheitsgeschiclite einer
Frau mit, welche, im Jahre 1823, 36 Jahre alt,
in Folge einer chronischen Entero - Mesenteriüs
von Bauchwassersucht befallen und 866 mal
punktirt wurde. Anfangs sauinielte sich das
Wasser im Bauche so schnell wieder an, dass
die Paracenthese alle 6 — 8 — 12 Taige wie-
derholt werden musste. Dies war während 10
Jahre 810 mal geschehen, als Herr Dr. Lecanu
auf den Gedanken kam, eine kräftige Comprea-
sion des Unterleibs durch mit Leinen überzo-
gene Pappschienen zu bewerkstelligen, wonach
die Ansammlung des Wassers allmählig langsa-
mer erfolgte und endlich ganz aufhörte« Nach
Verlauf von 16 Jahren wurde die Kranke auf
dieae Weise vollkommen hergestellt, JVur ein
einzigesmal wurde die Art. epigastrica durch
den Troicart verletzt, die Blutung aber durch
Turanden, welche man in styptische Mittel ge-
taucht hatte, bald zum Stehen gebracht. (Gas.
med. de Paris 1842. p. 622).
ChroniscJie LaryngUis geheilt durch TracheO"
iornie, — Einen solchen Fall erzählte Herr Lht'
necar in der medical Society of London am 30-
Januar 1843. Eine schwächliche Dame von
vierzig Jähren litt seit drei Wochen an Heiser-
keit; diese erreichte den höchsten Grad, die
Stimme schwand gänzlich, dazu gesellte sich
ein unaufhörlich quälender trockener Husten,
Athmungsbeschwerde mit heiserem croupartigem
Ton, Unvermögen zu schlingen, jeder Versuch
etwas herabzuschlucken erregte Erstickungszu^
falle. Im Schlünde war nichts Anomales zu se-
hen. Der Puls schlug hundertmal in der Mi-
nute. Pat. erhielt alle drei Stunden Tart. stib.
(gr. ß.) mit eben so viel Opium. Dies brachte
— IM -i-
einig« Erleicbiening. AchisehD Blntegel ad lo-
cum Äffectum, Calomel (gr. jj.) mit Opium (gr. /3.)
all« awei SioDden, wurden darauf angewendet
und Fcsicantien gelegt. Die Symptome ver«
sdilimmerten eich ahe^ wieder und nahmen
bald so SU, da88 jeden Augenblick Erstickung
zu beiiircbteu war. Herr L, schritt nun zur
TrmtiheQiafmie. Die Operation war sehr schwie-
■"ig» weil Pat. nicht liegen, ja nicht einmal den
Hals zuräckbeugen konnte. Das Einbringen der
R^hre in die Trachea erregte heftige Reizung,
bald aber minderten sich die Zufiille und die
Kranke konnte sich legen und etwas schlafen«
Das Zimmer ward auf 60 — 65 Grad Fahrenh.
erwärmt. Am folgenden Tage war bedeutende
Besserung eingetreten und das Athemholeu ge-
schah durch die Röhre, durch welche von Zeit
zu Zeit Schleim ausgcstossen wurde. Das Schiin-
gen war aber noch immer behindert. Man er-
hielt die Krfifte durch Clystiere von Fleischbrühe
£s wurde Mercurialsalbe zu beiden Seiten der
Luftröhre eingerieben. Am zweiten Tage nach
der Operation ging die Luft wieder durch den
Larynx' und Pat. konnte etwas Nahrung zu sich
nehmen« Am dritten konnte die Röhre entfernt
werden, das Athmen ging ohne Störung vgr
sich^ es erfolgte aber bald ein heftiger Anfall
von Erstickung durch angesammelten Schleim.
Der Verband ward sofort abgenommen und das
Impediment beseiiigel. Die Röhre ward nun
wieder eingelegt und blieb noch drei Tage lie-
gen. Die Genesung erfolgte bald« Herr X« legt
grosses Gewicht darauf, dass die Luft in dem
Zimmer der Operirten istets auf dem oben ange-
gebeneu sehr hohen Temperatnrgrade erhalten
wurde.
Bei Gelegenheit dieser Vorlesung theilten
mehrere der Anwesenden ihre Ansichten über
die Tracheotomie mit. Herr Uooper verrichtete
■ ' . f.
ihiXi», wdti|i€r nidirere -SHiftdM 4i MMjl
mW d<M EMHAeil ^b« wür. BittliiiliMliliiiiifWi
f^MMmif die Openfloii Tettet« dei< Whaijm^
IMhr jnidM» bemerkte, Üms dM iBlnMil|t«|i Anr
iMsni n«di 'iuÄrSHB , fl«ni L^rfiiz iMfttiiiiaijij^
ktMge Conrabtooen errege, wilirea^ ihn^^BMik
injfeli in dte Lüftr5bre keiae w UeftigV'lKtüt»
41iti bewUe : bei Crenplcvmnlreir eet* dfo •gw«
tfM wrtpdoe. Herr MmrOM HUTlriUl Atf^HH
vM Ihnidkeotoiiiie. bedlMhtet' <%toBieek« I«^
ffjpiMM* ist naeh ibm etine äehr ftettaii»*i<räi**
Biiftiad kommt aar bei EnracbeeneD f#i^}bei
Kiaderp «M es inmer 2VoeMM. Naa di, «•
die Batafladaag eicb aaf dea JEehikopf aÜAia
büAllakt; sei voA der Tracheotmoue Brialg' M
eti»drtoa;.irg die Luftr5bre mit leide, aei die
MMhafliin minftte and tddtHdb , aadi«nMc|i M
Kiadern. Bei einer Frau sah Herr üf« H, alt
Folge chronischer Laryngitis zugleich Asthma
oad l^hlingheschwerden. Beide wurden paro-
xysmenweise gesteigert und ein charakteristi*
sches Symptom der Krankheit bestand darin, dass
die Patientin dre Nasenlöcher nicht gehörig öff-
nen konnte, am die erforderliche Menge JLaft
einznalehen. Der Luftröhrenschniit stellte die
Kranke her und die Bohre wurde mehrere Mo»
nate lang in der Trachea gelassen. (The Laneet
18 Febr. 1843. p. 770—72.)
Srgoiimmti Neonatorum. — Mit diesem Na-
men belegen einige englische Aerzte diejenigen
Erscheinungen von Vergiftung, welche bei Nea-
gebornen solcher Frauen eintreten sollen, denea
maa längere oder kürzere Zeit ror Eintritt des
Ctebartsaetes MMerlcwn (Brgot af Hk» Rje) ge-
j
»• '
- 1*3 —
•
MbtB hatte. HmEmUdMhmm uh in mehrerai
FiU«! Connilsionen der Nengeboreneo eniite-
hen, nachdem die Mfitter,- Belinfa der dadardi
Sil hewirfcenden künstliohen Brtthgebnrt Anf
Tage lang grössere Dosen Seeale comutam g»*
nommen hatten. (Dass hier die Frfihgebnrt
selbst als ein wichtiges Moment zu beachten sei,
springt in die Angen. Ref.) Herr HoU fand die
Neugeborenen in solchen rillen, wo man das
Mutterkorn bloss znr Beschleonignng des 6e-
bnrtsaetcs angewendet hatte, Jiyid, mit blauen
Lippen, trockner, welker Hant und unruhig,
Sie magerten bald ab, schrieen Viel und starben
meist unter ConTulslonen. (Auch hier durfte
es schwer sn bestimmen sein, ob und in wie«»
fern diese Symptome einer schädlichen Einwir-
kung des Mutterkorns auf den Foetns oder an-
dern sch&dlicheu Einflüssen sugeschrieben wer-
den müssen. Jedenfalls verdient der Gegenstand
volle Beachtung Ref.) (S. The Lancet 11. Feh.
1843. p. 712).
tUier die Krankheiten der Bergleuie in den
engUecken Kohlenminen — hat Herr Dr. 8, SeaU
Aoion aus vieljähriger Erfahrung geschöpfte
Beobachtungen mitgethcilt. Ein häufiges Uebel
der äUern Arbeiter und besonders derer, welche
beim Zerschlagen und Sprengen der Steine
(blas(ing) beschäftiget sind, ist eine falsche Me-
lanose oder der schwarze Amwnrf (black spit).
Diese sehr reichlichen Sputa haben oft vollkom-
men das Ansehen von schwarser Tinte, zuwei-
len sind sie jedoch auch mit weissem oder gel-
bem Mucus gemischt. Die Kranken sterben
phthisisch und man findet die Lungen schwars
wie geOlrbt. Zahlreiche Höhlen in derSubstans
der Lungen enthalten eben solches schwarzes
Fluidum und wenn man dies ausdrückt und sam-
A M,
■ J ^
r I
iS4
^iiiliin wie Kohle hreDot «ii<l>e» ErkilMi .
9ilMs brninlMure» Kohlevgns «nt^HduAhi Bf«
.VMniag'AM KoUeMtAufcs scheint ciha isefer
jMehnjbehe so Mo;- Man sieht Arbeiter^ de^
iM Albagine« doTdi die* eingedrungenen Knh»
Iwiyeriikelchen Jahiie lang ganz schwa» gefXrbt
iel^ i^hne dais tdies eine Entäändnnlr siur Folge
liilte. .lEben w achMnt es «eh mit der Sehlei«-
haut der Langen sn Terhalten nnd* der phihisi*
ai|hl:dKnätand nn^ die mannigfachen- Deeorgani-
i<ttini.n der Lungen, welche man bei- dea Bipii^
lewten in Kahleaminen findet, sind offenbar mehr
Feigen acuter oder chronischer Bronchitis^' dene»-
sin Tevmöge ihrer Lebensweise li|ufig iiatekrwor>
f«nslnd. Feine Steinpartilreln, wekho hui ih-
N» Arbeiten- in die Lungen kommen*^ mögen
dior'Selileimhant wohl Terletnen und entsttnd-
lel»: Reimng derselben emeogen. (The Lancet
M. Apdll842 p. 00.
jirzeneknüiel in Dampfform auf das Auge ap»
fUcM* — Herr Tumbuü iii London hat mehrere
Mittel in DämpCTorm bei Augenkranken Tersucht.
äo namentlich das Bistdp/iurehtm carhonis, Ton dem
er behauptet, üass es auf gleiche Weise gegen
Drcisengeschwiilsie angewendet die Zertheilnng
derselben sehr schnell bewirke. Er thut etwa
eine Drachme des Mittels in ein swei Un^n-Glas
und lässt die Oeffnung desselben, welche die
Form einer Aug^ wanne haben muss« fest gegen
das geöffnete Ange halten. . Die WSrme der
Hahd ist bei, diesem Mittel hinreichend, dasselbe
in Dampf au verwandeln. Es erregt Prickeln,
Stechen und starken Thränenzuflnss und soll
■dfe PupÜle verengenm (?). Es kann immer nnr
anreinige Momente angewendet werden, damit
es nicht zu stark reize. Herr T. rersprieht fiber
— 125 —
dicRMnliAie seiner Yenuche bald ansfiibrlicher
so btridilen. (The Lancet 29. Octbr. 1842. p. 169).
2.
Monailieher Bericht
Aber
den Gesundheitszustand 9 die Geburten und
Todesfälle von Berlin.
Milgetheilt
ans den Acten der Hufelandinchen med. ehir.
Gesellschaft.
0
Monat Fehrvar.
Der Grnndcharakter der in diesem Monate
vorzugsweise herrschenden Krankheiten wieh
anfänglich nicht wesentlich, von dem des vo-
rigen ab, und es zeigten sich fast dieselben
Formen^ der rheomatisch* katarrhalischen Krank-
heiten wie wir sie früher so häufig sahen.
Jedoch etwas später schienen vorwaltend durch
jene Constitution die Schleimhäute des Magens
und Darmcanals ergriffen zu werden und gaben
häufig Veranlassung zur vorzugsweisen Bildung
Ton gastrischen Zuständen, die eine eigenthüm*
liehe. Atonie der Eingeweide auszeichnete, welche
namentlich in der Reconvalescenz am deutlich*
sten hervortrat und oft diese verschleppte. Ge-
gen diesen Zustand bewies sich Rhabarber mit
kleinen Dosen Chinin fast als Specificum. Die
wirklichen durch Sordes hervorgerufenen gastri-
schen Erscheinungen gehörten dagegen zu den
fast ausnahmsweise gesehenen Zulallen, und
selbst der Typhus abdominalis, der seit einigen
tfS ^
b
dUntrOTdm. Sa den anlkllMudatoK imd fini r«|
alkii Äetsien gldcluMiUg beobadiietm Braekei-
AfagtB, die in der Mitte de» Hoiiate anf efaie
tf^muicbende Weise henrörtraten, geMHMi die
dvrdi Fl^koM bedingten Cönffesttonen aadi
•dltten Organen, besonders nach Kopf und Brast,
die pllitslich befielen nnd Icein Alter «nd Ge-
s<U«dit rersclHniteii« BenosKiienheii des Kopfes^
Schwindel und selbst dnAender Scblagfliissr bei
ipindeni. oiid Erwachsenen wuren «ebr i^lndcb
gepslien worden und die Menge der plolHicIi
Twi ^P^P^'i^ sangninea (77) Befallenen war be-
sonders bemerkbar. Anf chronische KranUM^/
isn junäentlidiaa^ Kranke mit absebrenden Fie*
Wrf wülc^ dieser Congestivsostand lebonage»
libnldy iind daher schreibt sich anieh die flSer*
wiegeiftdc Zahl (17!^) der an diesen Krankheiten
in diesem' Monate Gestorbenen. Unter de« Ans»
sdil^gArankbeiten hatten die Tarioloiden, Tari*
cellen nnd das Scharlach die grösste Terbrei*
tvng erlangt. Das Letztere verlief jedoch, wenn
die nöthigen Bedingungen eines günstigen Ter*
lanfs erfüllt wurden, sehr gutartig. Masern ka>
men nur selten vor. Gegen Ende des Monats
nahm die Zahl der Erkrankungen sehr ab,
ff
Es wurden geboren: 536 Knaben und
501 MSdchen,
1037 Kinder.
Es starben: 195 mSunlichen,
164 weibl. Geschlechts and
361 Kinder unter 10 Jabrw,
m
Mehr geboren: 317.
/'
^ m —
apecUOe Knmkhaim.
An EntkrUftung Alle» we^n .
An SchwUthe bald nach clerGv-
btiTt
Unieitig un^ toill gebarpii
An scbwertm Zahnen . . . .
Am SlarrkrsiapC
All Krüinpren
Au Sciofhcln ......
An Gvhirn Kaisers II clil . . . .
Am SlJckhusieD
An BDlIieln .'.'....'.
Am Scharlachtieher
Am Prmiibigus
An der Bo»e
An der GrbiTnenlzUii-lung . .
An (let LuD|enenliUndung . .
An dei UiilMtciliienliüadutig .
An der Därmen izOndung . . .
All der Hal»alzQni)iiTie . . .
An der HeiieDliQnilung .
An (liFr HsrtlieulelentiQoiliing .
'An der GeblrmuKeienliÜndung .
An Pl«urilia
Am EnliündiiagsUeber . . .
Am Nerieofieber
Am Scbleimlieber
Am Kindberifieber
Am ablehrenden und sclileichea-
den Fieber
Au der Lungenichwindsucbl .
An der Halucbwinibiichl
An dn UnlerlnbuchivindiuEhl ,
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Durch Srllxtinoid . . .
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An nicht iivnannlvn Kninkhrilvn
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Durch VoElUckirilie ....
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SUIT
Im
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Berlin , gednukl bii F. 1
C. W. Hufeland's
J'o II r n II I
der
practischen
Heilkunde.
FortgeeetÄt
Br. Fr. Busse^
Kün. Pteuu. Itleri, Balli iinil HuCuiediciu , Biller d»
rnibrn Adlvi-Onlens vieilvr Kiassi: iindtnebrvin'felelirtcn
ecidlscbafleii <^^ In - iinil AuiUnilp) Hil|licde.
Grau, FretBid, ist aOe Theorie,
Doch grün de« lieben» goldner Baum.
GÖlhe.
IV. Stück. April.
Verlag von Othmgke's BnchbaDdlun^
(Juliui 84Uw,)
■ I
I.
ü e b e r
die Heilquellen und Bäder
K u r h' e 8 s e n s,
inibcsonilere die zu
IVennderf und nfmihefan.
V Von
Dr. E. €rrandidier,
prakliicheni Anle and GebBrlihcIhr in CkicI.
(«cBlus*. Vergl. MSri -Hell S, 3:}
n. N a u h e i I
Am sudÖBÜicben Abhasge des vier han-
dert FasB hoben Johannisberees, eioes Vor-
berges desTaunuB, secbshunaert aod siebzig
Foss über dem Meeresspiegel liegt in der
fmchtbaren Ebene der Wetteraa nTaabeim,
der Hauptort des Knrhessischen Amtes Dor-
heim, schoo seit Jahrhnnder^n darch s^oe
Soolqoellea und den Betrieb einer ergiebigen
Saline imd in neuerer Zeit dnrch beiflu-äftijge
• — 4 -
Salz- und Gasbäder vortheilliart bekannt.
Nauheim selbst ist ein freundlicher, ^ut ge-
baater Marktflecken von etwa 1500 Einwoh-
nern, dicht »n der grossen von Frankfurt
nach Cassel führÄnden Heerstrasse gelegen,
von Friedberg eine halbe, von Frankfurt,
Hanau und Gicssen sechs Stunden entfernt.
Die nächsten Umgebungen desselben sind sehr
angenehm, eine reiche Vegetation schmückt
Beine gesegneten Fluren, welche ein klarer
Bacb, die Usn, durchiiieht. Gegen Korden
begrSnzt ein vierzig Morgen grosser Teich
die Landschaft, östlich scheidet sie ein schma-
ler Bergrücken vom Wetterthale, nach Süden
bin dehnt sich die Ebene bis Friedberg aus,
nordwestlich erhebt sich der Johanuisberg
mit herrlicher Aussicht über die Wetterau.
Bei \auheim erreicht der Taunus sein oord-
dstlichcs Ende, und mit ihm hören auch seine
eigcnthümlichen Gebirgsformationen anf. Der
feognostischen Beschaffenheit nach gehört
ie Umgegend Nauheims dem Uebergangs-
gebirge an. Der noch am Johannisberge
vorkommende Quarzfels geht allmählich in
thonigen Talkschicfer über und wird im Usa-
thale von Lehm, Thon, Sand und eisenhalti-
gem Grus überlagert, welcher grössere und
kleinere Quarzgeschiebe enthält und hin und
wieder zu einer selir festen Art von Xagel-
fluhe verkittet ist. Die zerrissene nnd zer-
klüftete Beschaffenheit dieser Gebirgsarten
zeugt von mächtigen Erdrevolutionen, welche
hier vorgehen musaten, bevor das Thal seine
jetzige Gestalt . annahm. Jenseits des oben
erwwinten Bergrückens, welcher das Usathai
Tom Wetterthtue scheidet, beginnt in weiter
Aasdehnung der Bnsalt des Vo^elsberges
Ans ihm treten im Wettertliale die riinni-
licbst bekannten Quellen von Schwalheim, ein
diesen ähnlicher doch schwächerer Säuerling
bei Steinfiirt und zwei Soolqnellen bei Wis-
selsheiui hervor. Weiter östlich bei Dorheim
kommen in den tertiJtren Gebirgsmassea be-
deutende Braunkohlenla^er vor, welche Ge-
genstand des Bergbaues sind und stete über
dem Basalte liegen.
Quellen XU Nauheim. Aus dem erwähnten,
zerrissenen Uebergangsgcbirge treten zu bei-
den Seiten der Usa und zum Theite in die- '
sem Bache selbst Nauheims warme SoolqiieU
len hervor. Viele der früher zur Salzge-
winnoDff benutzten Quellen sind durch die
riechhaltigen in neuerer Zeil erbohrten Arte-
sischen Brunnen entbehrlich geworden. Hier
genü^ eine nähere Betrachtung i^er Artesi-
schen Brunnen No. I.j II., V. und VI., welche
in einer geraden , fünf hundert fünf und
zwanzig Fuss langen von Westen nach Os-
ten streichenden Linie liegen.
1. Der Artesische Brunnen Xo. I. wurde
im Jahre 1823 gebohrt, ist zwei und sech-
zig Fuss tief, liefert täglich 35000 Cubik-
fuss Soole von 1,0235 specifischem Gewicht
und einer zu allen Jahreszeiten unveränder-
lichen Temperatur von 25° R. Zugleich mit
dem Wasser entströmt dem Bohrloche eine
grosse Menge freier Kohlensäure. Nach ei-
ner von Herrn Professor Dr. Bunaen zu
Marbnrg 1836 vorgenommenen Analyse ent-
hält diese Quelle au festen Bestandtheilen
ir
loooo Thei-
U
'■>a.w>«m:
Tsao etü;
Zweifach kohlensauren
Kalk
• 22,417
17,210 Gr.
Zweifach kohlensanreä
Eisenoxydul
0,984
0,755 »
Zweifach kohlensanres
Man^anoxydul
0,109
0,064 -
Wasserfreien schwefel-
sauren Kalk
0,760
0,584 »
ChlornatriuiQ
264,440
195,«0 >
Chlorkalinni
2,900
2,247 »■
Chiormagnesiiiin
3,012
2-,313 -
Chlorkaicintn
19,399
14,889 »
Bpomnatrium
0,200
0,154 »
Kieselerde
0,190
0,146 .
Bpnren Organ. Stolfe
304,411 233,';82er.
Fast gleiche Resultate lieferte eine nn-
ter MAebig» Anleitung von Herrn Dr. Xtren-
ger in Giessen vorgenommene Analyse.
Das Wasser dieser Quelle wurde früher zam
Baden benutzt, ist aber jetzt durch den so
l^nansten Soolsprudcl (Artes. Br. No. V).
ersetzt wordeo.
2. Der Artesische BrtmneH No. II.
wurde 1824 sebohrt. Diese Quelle fand man
in einer Tie^ von fünf und achtzig Fass,
sie liefert tgglich 40000 Cub. F. Soole von
1,0236 specifischem Gewicht und 24^ H. Tem-
peratur; flie ist in quantitativer Hinsicht die
ergiebigste von allen, wird vorzugsweise voa
der jSaUne,' nur ausnahmsweise zum Baden
beoutst, und enthält nach Bimaen au festen
Bestudtheileu:
in
Pfund«
lOOOOTIxfilen
: 7680 Gr
Zweifkch kohlensauren
E>lk.
21,65
16,63 1
Zweifach kohlensanres
Eisenoxydiil
1,09
0,84
MaBgaaüxydiii
0,12
0,09
Wasserfreien Schwe-
fels. Kalk
0,63
0,48
Chlomatrium
249,40
191,54
Chtoikalimn
3,90
.2,99
Chkjrnacnesium
5,99
4,60
ChloikalEiuni
20,64
15,85
BromDatriiiia
0,30
0,23
Kieselerde
020
0,17
Sporen. Organ. Stoffe
305,82 233^2 Gr.
Das Gcwiclit der freien Kolilensäirre be-
trägt in 1Ü,00Ü Tlieilcn Wasser 8,03 Gran,
in einem preiiss. C. Pf. sind lO^ö Cnb. Z.
3. Der Ai-Hnache Brunnen No. V.
oder der Soohpfudel. Er wurde im Jahre
1838 in ein hundert und vierzehn Fuss Tiefe
dicht am Vfer der L!sa erbohrt. Schon seit
mehreren Wochen war das Bohrloch mit
Soole gefüllt, welche zuweilen iiberspriidelte,
— 8 --
dann aber wieder zurücktrat. Da wUi^Afli
ersten October dieses Jahres eine zwanzig
Fgss lange Saugrühre in i)a& Bolirloch ein-
gelassen, und durch dieselbe mittelst einer
Pumpe die 8oole heraufgepuuipt. Kaum war
dies eine Stundelan^ geschehen, als die Quelle
mit grosser Gewalt our^^hbrach, und mit lau-
tem Brausen aus dem Uolirloche ii; Gestalt
einer mächtigen Fontaine hervorsprudelte,
welche den perlenden Schaum bis zu einer
Höhe von sechzehn Fuss und ungleich Sand
und kleine Steine herauswarf, tivgenwärtig
sprudelt sie zwei bis drei Fiiss über das
Bohrloch, kanu jedoch, wenn eine engere
Röhre auf die Hfindung des Bohrloches ge-
setzt wird, je nach der Weite derselben,
zehn his fünfzehn Fuss hoch getrieben wer-
den. Die aus dem Bohrloche des Soolspra-
dels mit brausendem, weithin hörbarem Ge-
rSuschc hervordringende Gasmenge ist so be-
deutend, dass der offene, der Luft zugäng-
liche Quellenschacht oft mit einer fünf Fnss
mächtigen Schicht von Kohlensaure angefüllt
ist Diese Gasablagerung zeigt eine scharf
beerfinzte, horizontale Oberfläche, deren Stand
mcn genau hei dem Niedersteigen in den
Scbacnt durch ein Gefühl zu erkennen giebt,
ähnlich dim, welches man beim Eintauchen
der Hand in eine warme, tropfbare Flüssig-
keit empfindet. Nach Bunsen entströmt die-
ser Quelle in jeder Minute 14,9 Cubik Fnss
chemisch reine Kohlensäure, in vier und
zwanzig Stunden 21369,6 Cubik Fuss, mithin
jährlich 7900000 Cubik Fuss., was dem Ge-
wichte nach über eine Million Pfunde aus-
macht. Die von demselben ausgezeichneten
_ 9 _
Clie&nker angestellle Analyse des Soolsprn-
dels ergftb in
in 1 Pr. C. P(.
10000 TLcilen:
XI. IßaOGnii;
Kalk
22,13
16,996 Gr.
Eisenoxydul
0,13
0,100 »
Doppelt kohlensaures
Manganoxydul
Schwefelsauren Kalk
0,03
0.023 ..
0,70
o;538 ..
CHomatrium
270,55
207,780 ■
Cblorkalciuin
22,58
17,341 ..
Chlormagnesium
3,68
2,828 ..
10,65
8,179 »
Kieselsäure
0,02
0,015 »
Spuren von Brom, Q&ellsatzsäure, Qaellsänre
lind Chlorknlium
" ""330;47 ~ "253,8Ö()Gr.
Der Soolsprudel liefert laglich 21000
Cubik Fnss Soole von 1,0248 specifischeni
Gewicht. Seine Temperatur betrug beim
ersten Anbohren der Quelle 26° R., hob sich
aber nach einigen Minuten bis auf 27* R.,
welche Temperatur seitdem constant blieb.
Diese interessante Erscheinung der Wärme-
vermchrung ist fast an allen Artesischen
Brunnen Nauheims beobachtet worden. So
betrug die Temperatur der Quelle IVo. I, za-
erst nur 21°, gegenwärtig dagegen 25° B.
Das Wasser des -Soolsprudels wird allein
zum Baden venvcndet.
4. Der ArletUche Brutmen JJfo..F/. oder
- 10 - \
der Kurbrunneti. Bei einem jenseits 4er V$ä
drei hundert Fuss östlich vom SodsproM
vorgenommenen Bohrveräiicbe wurde ib sechs
ond sechzig Fuss Tiefe eine QueHe entdeck^
deren Geschmtick so auffallend von dem der
übrigen abwich, dass das tiefere Bohr^, alüt-
bald eingestellt and das Wnsser nülM^ -ge-
prüft wnrde. IVach Bunsen enthalt' -^tou
Uueue an testea uestai
tduieiien ii
1 .;.
in eiMKFfund
lOOflOTheili-n.
luTiSOGnai
Zweifachkohlcnsauren
Kalk
15,969
12,264 Gr.
Zweifach kohlensaures
Eiaenoxydul
0,525
0,403 »
Zweifach kohlensaures ^
Manganoxydul
' 0,164
0,12« >
Wasserfreien schwefel-
. sauren Kalk
0,357
0,274 »
Chlornatrium
77,574
59,577 »
Chtorkaicium
3,555
2,730 -
Cfalormagnesium
0,464
0.356 ..
13,515
4,380 »
KieseMure
0,016
0,012 ~
Spuren von Bromnatrium, Chlorkal
lium, Quell-
aatzsäure, Queilsgure
"112,139 86,122 Gr.
Das Vohimen der gasförmigen Bestand-
theile im Pfnnde. beträgt 17.856 Cubikzoll
Gas, und zwar ist dieses Gas zusammenge-
setzt aus 17,265 Cubikzoll Kohlensäure
und 0,591 » Stickstoff
17^56.
— 11 —
Die Quelle des Kurbrunnens liefert täg-
lich 1500 Cubikfiiss Wasser von 1,0074 spe-
cififichem Gewicht nnd 18° R. natürlicher
Wärme. Durch das relative Verhälfniss ihrer
Bcstandtheile ist diese Quelle, die ungeach-
tet ihres Kochsalzgehaltes wohlschmeckend
erscheint, zum Innern Gebrauche sehr geeig-
net und nähert sich den Sauerbrunnen.
Bcnntzun»: der Quellen zu Nanheioi
Die jetzige Soolbadanstalt wurde im
Jahre 1834 auf Staatskosten gegründet und
im folgenden Jahre dem Publicum eröffnet.
Dicht bei Nauheim in einem freundlichen
Parke neben den Artesischen Soolquellen ist
ein massives Badehaus errichtet worden, wel-
ches ausser den Badezimmern noch Wohnun-
gen für Kurgaste und den Kursaal enthält,
ie Mehrzahl der Kurgäste findet jedoch in
Nauhsim selbst oder bei den Beamten der
Saline entsprechende und frenudliche Woh- '
nungen. So war die ursprüngliche Anlage,
die aber bei steigender FrequcnÄ des Bades
nicht mehr genügte. Schon haben specuti-
rende Privaten mehrere Neubauten in der
Nähe des Badehauses aufgeführt, schon ist
die hohe Staafsregierung mit einer gänzlichen
Umgestaltung und Erweiterung der dortigen
Anlagen und mit umfassenden Bauplänen
ernstlich beschäftigt. In unmittelbarer Nähe
des -Soolsprudcls wird in Kurzem ein neues,
geräiuniges Badebaus errichtet werden, um'
— 1« —
die natürliche Warme dieser Quelle in volleiQ
Maasse und noch mehr benutzen xa können,
als dies bisher möglich Arar, wo bei dem
kurzen Wege, den die Soole von der Quelle
bis zum BadehHHSc in unterirdischen Röhreo
durchlaufen nitisste, immerhin cinij;e Wärme-
frade verloren gingen. Kann der Soolspm-
ei künftig unmittelbar an der Quelle »um
Baden benutzt werden , so dürfte alsdann
der Znsatz einer kfihlern Quelle nöthig wer-
den, wozu sich Xo. II. vorzüglich eignet,
indem sie bei einer niedrigem Temperatur
als die übric:en Quellen durch ihren Brom-,
Eisen- und Chlorkaliumgehalt dieselben äber-
trilFt. Durch Vermischung beider kann als-
dann dem Bade der Tempera tu rgrad gege-
ben werden, welchen der JedcBmalige Heil-
zweck erfordert, ohne dass durch künstlichem
Erwärmen oder langsames Erkalten Bestand-
theile entzogen werden, was bei einem an
fluchtiger Kuhiensiiure so reichen Muolwasser
von der grössten Wichtigkeit und bei keinem
andern bis jetzt bekannten Soolbade möglich
ist. Der zum innern Gebrauche benutzte
Kurbrunoen hat bis jetzt noch seine ursprüng-
liche Fassung und quillt aus der hölzernen
Bohrröhre; ein in seiner Nahe errichtetes
Zelt schützt die Trinkenden gegen vorüber-
gehende Unbilde des Wetters; bei stärkerem
Regen kann der nahe Kursaal benutzt wer-
den. Die Errichtung einer geräumigen Trink-
halle ist in nahe Aussicht gestellt. — Die
grosse Menge der dem Soolsprudel entströ-
menden freien Kohlensaure wurde bisher theils
zu allgemeinen, theils zu localen trockenen
Gasbädern benutzt, indem das Gns von der
— 13 -
Quelle durch eine Röhrenleitung in ein dicht
daaeben stehendes Häuschen geleitet wird,
wo es in hölzerne, durch einen Deckel ver-
schliessbare AVannen ausströmt, um so als
allgemeines Gasbad benutzt zu werden, oder
durch besondere elastische Röhren geht und
zur Gasdouche dient. Diesen Vorrichtungen
wnrde in den letzten Jahren ein Apparat
hinzugefügt, der unmittelbar im Quellen-
schachte des Sprudels steht, und ein nach
Art der sogenannten Schwitzkasten einge-
richteter hokcrnei' Kasten ist, durch dessen
durchlöcherten Boden die warme Kohlensäure
mit uugeschwachter Kraft einströmt. Zweck-
massige Vorrichtungen zu vielseitiger und
umfassender Benutzung der reichen Gasquel-
len werden bei Errichtung des neuen Bade-
hauses beabsichtigt. Ausser zum Trinken
und Baden wird die Soole auch häufig zu
Doachen, Lavements und kalten Lungenbä-
dern in Dunstform benutzt, oder als Mutter-
lauge den Bädern zugesetzt.
Für die gesellige Unterhaltung der Kur-
güste ist bis jetzt noch wenig gesorgt; bis
jetzt müssen sich dieselben mit den stillen,
ländlichen Freuden begnügen , welche eine
schöne Gegend und angenehme und lehrreiche
Promenaden nach interessanten Punkten der
Umgegend gewähren, wozu der nahe Jo-
hanuisberg, das Teichhaus, der Schwalhei-
mer Mineralbrunnen, das Assenheimer Jäger-
haus, so wie das nahe Friedberg Gelegenheit
^enug bteteo.
14
Beden tun g der Nauheimer Quellen
«nd Vergleichang mit andern Sool«
quellen.
Lässt nun zwar die äussere Ausstattong
Nanheims als Knrort noch manches zo wfio-
»eben übrig, so hat dagegen eine freigebig
Natur seinen Quellen Eigenschaften gespen-
det, die kein anderes Soolbad aufweisen
kann, and die ihm eine ganz eigeuthümtiche,
höchst ehrenvolle Stellung in der Reihe der-
selben sichern. Seinem Gehalte an Koch-
salz und andern Chlorsalzen nach mit dm
kräftigsten Soolqueflen wetteifernd, übertrUt
es alle durch hohe Temjteratnr seiner Soole
wie durch ReicbUium und Wärme seiner
Gasquellen, während zugleich ein namhafter
Bromgehalt von grosser Bedeutung ist. In
Beziehung auf die hohe Temperatur seiner
Qnellen bis 27° R. reiht sich Nauheim an
die alkalisch - erdigen Kochsalzthermen za
Wiesbaden, Baden-Baden u. s. w., findet aber
in dieser Hinsicht unter den eigentlichen
Soolbfidem nicht seines Gleichen; am näch-
sten kommen die Quellen zu Münster am
Stein bei Kreuznach mit 23° R. An freier
Kohlensäure reicher sind die Soolen von
Homburg und Kissingen, ärmer daran Heil-
brunn und Elmen, Kreuznach und Salzhaa-
sen er^nangeln derselben ganz. Reicher an
kohlensaurem Eisenoxjdul ist Homburg ond
Kissingen, an schwefelsauren Salzen letzte-
res und Elmen. Während nach den bisheri-
— lÄ —
gen Erfahrungen der JodgehaU den Nauhei-
mer Qnellen abgeht, hat es dagegen einen
namhaften Bromgehalt aufzuweisen, und es
. bestätigt sich auch hier das Naturgesetz,
dass wo Chlorsalze in Mineralwassern reich-
lich vorkommen, auch stets Brom zugegen
ist, selbst wenn Jod fehlen sollte. An Brom-
gehalt übertrolfen wird Nauheim nur von El-
men und Kreuznach, wiewohl über den Brom-
gehalt des letztem noch immer sehr ver- .
schiedene Angohen herrschen. Denn wenn
Herr Professor G.Osann in Würzburg in einefti
Civilpfiinde der dortigen Soole 4,8850 Gr.
Brümkaicium und 0,8943 Gr. Brommagnium
angiebt, so fhnd Herr Dr, Löwig in Zürich
Dur 0,278 Gr. Brommagnium. Nimmt man
mit Engelmann (die Heilquellen zu Kreuz-
nach pag. 25) die letztere Bestimmung als
die richtigere an, so ist der Unterschied
zwischen »Nauheim und Kreuznach, hinsicht-
lich des Bromgehaltes wenigstens, nur ge-
ring, da die Nauheimer Quelle Nr. 11, 0,23 Gr.
Bromnatrium enthält. Nach der neusten ana-
lytischen Untersuchung von Herrn Dr. Bauer
in Berlin enthält die Elisabethcnquelle zu
Kreuznach in sechzehn Unxen 0,3072000 Gran
Bromnatrium.
Der qualitativen Zusammensetzung nach
stimmen die Nauheiuter Quellen am meisten
mit denen des nahen Homburgs überein;
beide scheinen eine gemeinsame Ursprungs-
stättc zu haben, wührcnd sie in der quanti-
tativen Mischung ihrer Bestandtheile und in
der Temperatur wesentlich verschieden sind.
Zu Nauheim machen die Bfider die Hau^li-
- 16 —
siehe bei der Kiii' nu», and der innere Ge-
brauch des Kurbranneus dient nur zur Uo-
terstutKiiDg jener; wo dagegen Sitz und
Beschaffenheit der Krankheit vorKugsweise
den innern Gebrauch eines kochsalKhaltigen
Wassers erfordert, wird das inniger g&-
BÜBchle Homburg den Vorzug verdienen.
Den obigen Angaben nach besitzt Nau-
heim in seinem Soolspnidel zugleich die
reichste aller bis jetzt bekannten kohlensau-
ito Gasquellen, denn selbst der bisher dafür
gehaltene berühmte Altbrunnen zu Meinberg
liefert nach Piderit nur vierzehn Cnbikfoss
Gas in der Minute, der Soolspnidel za Nau-
heim aber nahe an fünfzehn Cubikfuss. Dazu
kommt noch die bisher noch nicht quantitativ
Itestimmte Menge Kohlensäure der ^'auheimer
Quellen Nr. I. und II., so dass die Gesammt'
menge des den dortigen Quellen entströmen-
den Gases weit über zwanzig Cubikfuss be-
tragen dOrfte. Ausserdem hat aber Nauheim
den in therapeutischer Hinsicht nicht unbe-
deateodeD Vorzug einer Temperatur seiner
Gasqodlen von 25° R. voraus, während die
der Meinberger nur 7° R. ist. Eine käust-
liehe Erwärmung des Gases ist also in Nau-
heim nicht nöthig, sondern es ist zur anmit-
telbaren Anwendung in der Temperatur ge-
eignet, mit welcher es dem Schoosae oer
IT —
Wirkung der Nauheimer Quellen in
Allgemeinen,
Da die Naiiheimer Soole ihren Bestand-
theilen nach verschiedenen Unterabtheil ungen
der Kochsalzwasser zugleich angehört, näm-
lich den warmen — kableosauren — tiseu-
und bromhaltigen, so ist es schwer, eine tref-
fende Zeichnung ihrer allgemeinen Heilwir-
kung zu entwerfen. Im Allgemeinen ist die-
selbe umfassender und dnrchdringender als
die der reinen Kochsalzwasser. Die vorherr-
schende Wirkung der Nauheimer äoole ver-
möge ihrer Dauptbestandtheile (Chlofsalste
und Brom) ist die nllerirend auflasende, wel-
che , um nicht allzusch wachend auf den
Organismus zu wirken, in dem kohlensauren
Eisenoxydul ein wohlthatiges Corrigens fin-
det. Der reichliche lleberschuss an freier
Kohlensaarc macht bei der innern Anwendung
die salinischen Bestandtheile geschickt zur
Assimilation, und vermehrt im Bade durch
seine reizende Einwirkung auf die äussere
Haut die aufsaugende Thatigkcit derselben
und somit die Aufnahme der heilkraftigen ,
Substanzen, während die natürliche, an ge-
heimnissvoller Stätte dem Wasser beige-
mischte Wärme dort die belebende, besänfti-
gende und secretionsbeförderude Wirkung
warmer Trinkquellen, hier die Anwendung
der innig gemischten und unzersetzten Soole
zum Bade gewährt. Innerlich oder äusser-
lich gebraucht spricht die Nauheimer Soole
Journ, Bd. XCV, Sl. 4. 1
— 18 -
besonders das plastische Leben, die bildende
Thiiügkeit in ihren verschiedenen Richtun-
fen an. Die Erstwirkung des Bades ist
räftige Reixuog der nntnittelü.'>r von ihr ge-
troffenen üussero Haut und der peripherischen
Nerven, welche durch Fortleitung dieses Ein-
druckes aof die Centraltheile des Nervensy-
stems, und von da auf die Nerven und Ge-
fässe aller Systeme, belebend unf die genann-
ten Oreaue wirkt. Die Nachwirkung wird
mehr durch Resorption des Wassers und
An&iahme desselben in das Blut bedingt.
Zunächst spricht sie sich durch BethätiguDg
der Secretionen der äussern Haut, der Schleim-
bänte, Drusen und des gesammten lymphali-
echen Systems aus. Resultat beider Wirkmi-
gen ist dann ferner beschleunigter Stoffwech-
sel, Verbesserung des gesammten Bildungs-
frocesses so wie Erhöhung und Befreiung
alier Thätigkeiten des höheren sensiblen und
irritabeln Lebens, wo diese durch Unthfitig-
keit der genannten Häute und des Orüsen-
■ystemes gehemmt oder in Missverhältniss
ootereinander waren. Bei dem innern Ge-
braache der Nauheimer Soole erfolgt zunächst
eine kräftige Reaction der Schleimhaut der
Digestionsorgane und der Unterleibsganelien,
die sich durch vermehrte Secretion und be-
schleanigte peristaltische Bewegung desDarm-
canales üassert, die Nachwirkung zei^ sich
hier durch erhöhte Thätigkeit der Secretions-
organe, zuletzt treten Erscheinungen eines
•iQ^emeJn thatigern Lymphsystemes und rs-
scMrer organischer Metamorphose ein, wo-
4iireh Stockungen, Ausschwitzungea und An-
schwelluDgen erweicht und beseitigt werden.
- M -
Die Wirkung der XHuheiiner Soole wii'J nun
durch die gleichzeitige Benutzung der dor-
tigen kohlensauren Gasquellen bedeutend er-
-weiter! und wesentlich unterstützt. Leider
erlaubte die bisherige Lokalitgt nur die Be-
nutzung des trockenen Gases zu allgemeinen
oder lokalen Bädern, während die Einrichtung
Too Gasdampfbadern und bo genannten Spru-
delbädern, wie sie zu Metnberg bestehen,
tiisher nicht möglich war. Dagegen haben
die Nauheimer Gasbäder durcR ihre hohe
Temperatur eine eigentbümliche Bedentung.
Bei trockenen Gasbudern kommt nicht sowohl
die Aufnahme des Gases in das Blut durch
lymphatische Resorption oder organische Im-
bibition, als vielmehr die neurodvnamische
Beziehung in Betracht, in der die Kohlensäure
zum gesammten Nervensysteme, besonders
' den sensitiven Nerven steht, eine Beziehung,
welche durch die hohe Temperatur des Nau-
heimer Gases um Vieles vermehrt werden
dürfte. Ebenso wichtig ist die Einwirkung
der trockenen Kohlensäure auf natürliche oder
künstliche Secretionsflächen , wodurch sie als
sanft erregendes, gelind tonisches und feh-
lerhafte Secretionen verbesserndes Mittel bei
vielen Krankheiten der Respirationsorgane,
Genitalien und der äussern Haut Grosses
leistet. Aber sehr schön und richtig bezeich-
net der treffliche Piderit die Grenzen ihrer
Auwendnng, wenn er sagt (die kohlensauren
Gasquellen zu Meinberg. Lemgo 1836. S. 139):
"Nicht für die vita aucta, nicht für den in-
flammirten Lebensprocess ist die Kohlensäure
ein Heilmittel , aber den lehensarmen und
wärmelosen, schwer gedrückten und uberem^
— %0 — V
pindüehen, zerfallenden und verkfimiBefteii
Organen kann sie frisches Gedeihen vnA
neue Energie wiedergeben.«^ - •; -
Anwendung der Naäheijner Qnellen
in specieiien Kranl^heitsznstinden.
In den acht Jahren seines Bestehens
yt sieh Bad Nauheim bei faigenden Erank-r
IMtten wirksam gezdgt:
1) Bei Scrophein ; die Mehrzahl der Kran-
ken, welche Nauheim besuchen, leidet daran,
und es mag kaum eide Form dieser lidee-
stalteten Krankheit geben, die nicht daseuMrt
vorgekommen , und bei geeigneter innerer
und äusserer Anwradnng der dortigen Soole
ganz oder theilweis geheilt wSre.
2) Nicht wepiger hSufig und mannigfal-
^ kommen zu Nauheim die verschiedenen
Formien chronischer Unterleibsleiden zur Be-
handlung. Sei es mehr die Form der DVs-
pep«e mit Störung der Oallenabsonderung,
Verschleimung oder gehinderter Blutbewe-
gung im Pfortadersysteme, seien es Anschop-
pungen in den Gekrösdrflien oder den dräsi-
gen Organen, des Unterieibes, oder mögcsi
sich daraus bereits als bestimmte Formen
43icht und Hfimorrhoiden gebildet habtod, in
allen diesen Formen hat sich die langsam
anflösende Kraft der Nauheimer QncHsn be-
— ai —
3) Krankheiten, welche ihren Grund in
anterdriicktcr Thätigkeit der änssera Haut
bnben, Rheumatismen und Katarrhe, rheuma-
tische und exanthematische Metastasen auf
innere Gebilde, Mautschwäche intt oder ohne
profuse 8chweisssecretJon , fanden oft theils
in den Soolbädern, theils in den Gaabädern
Nauheims dauernde Hülfe.
4) Chronische Hautausschläge, a. g. Haut-
und Blutflechten, sowohl trockene als näs-
sende, selbst mehrere Fälle von Herpes ex-
edens, wurden daselbst durch Sool- und
Gasbäder völlig geheilt.
5) Besonders heilbringend zeigten sich
die dortigen Bader bei Krankheiten der Se-
xualorgane,/.umal beim weiblichen Geschlechte
bei Chlorose, Ifcukorrhoe, Menstruationsano-
malien und Sterilität, wobei die besondere .
Beziehung der Kohlensäure zu dieser Sphäre
auffallend hervortrat. Nicht selten kam es
vor, dnss unfruchtbare Frauen, die während
der conceptionsfäbigen Jahre dort badeten,
im folgenden Sommer an der projectirtea
Wiederkehr durch Schwangerschaft verhin-
dert wurden.
6) Auch Krankheiten des Nervensystems,
bedingt durch gesunkenes peripherisches
Ncrvenleben bei erhöhter Sensibilität der
Centraltheile, oder durch scrophulöse und her-
petische Ablagerungen, passen für Nauheim;
unter den Paralysen sind es die von den pe-
ripherischen Nerven ausgehenden Lähmungen
ä^r s^uBitiven und isptoriisplien Nervenfasern,
— «f -
so wie die durch Rheuma oder Gicht veran-
Isssten, welche hierher gehören.
7) Ueberraschenden Erfolg sah man nach
Anwendan^ allgemeiner oderlokaler Gasbü-
der bei schlaffen, veralteten Geschwüren acro-
phuISser, varicöser und selbst carcinomatöser
Art mit jauchigter Abaonderang und Neigung
Bar iSepsis.
8) Bei Krankheiten der Sinnesorgane,
nervöser Gesichts- und Gehörschwache, Lei'
den der Schleimhäute des Anges, äussern
Gehörgauges , der Nasen- una Mundhöhle,
bewies sich neben den Soolhädern die Gas-
douche sehr wirksam.
9) Endlich verdient hier noch ErwJth-
nOtlg, dass bei Krankheiten der Respiratioa»-
orgtine, namentlich bei katarrhalischen oder
scrsphuMsen Leiden der Schleimhinte des
Kehlkopfes, der Luftröhre und der Bronehien,
00 wie b« beginnender Tuberkulose dies»
Theile, der Anfenthalt in der NXbe der Gra-
Aerbfinser und die dnrch Verdumtneg der
Sciole daselbst entst^enden kalten GasMder
mit Erfolg benotzt wurden.
Gross ist dem Vorstehenden nach schon
jetzt der Wirkungskreis des Bades Nanheim,
segensreicher noch wird er werden, wean
die dort projectirten Verbessernngen wirklich
ansgefShrt worden sind, was der näehatea
KiAnnft vorbehalten bleibt Schon sind von
mehi^eren Seiten her Stimmen laut geworden,
welche diesem in Jugendlich« Kraft aufitre-
— 23 —
benden Bade eine glänzende Zukunft vorher-
sagen. Herr Professor Dr. Wvizer in Bonn
steht nicht an, dem Soolbade Naaheim einen
unbedingten Vorzug vor allen bekannten
Soolbädern ein^nraumen, und ist der Ansicht,
dass nur Kreuznach damit rivalisiren könne.
(s. Organ für die geRammte Heilkunde her-
ausgegeben von der Niederrhein. Gesellschaft
für JVntur- und Heilkunde B. 1. H. 2.)-
Hier durfte es der rechte Ort sein, noch
etwas über den kaum eine h»lbc Stunde von
Nauheim gelegenen erdig mnrialischen Säuer-
ling zu Sehwalheim zu bemerken. Schon im
Alterthnme bekannt and benutzt, ist diese
Quelle durch ihren lieblichen Geschmack und
ihre erfrischende und belebende Wirkong
auch späterbin ein Gegenstand steter Beach-
tung gewesen, aber erst io neuerer Zeit in
ihrer Bedeutung als der an freier Kohlen-
siture reichste SJiuerling Deutschlands erkannt
worden. Schon im Jahre 1780 fanden ge-
gen 20000 Krüge dieses Wassers grössten-
theils überseeischen Absatz, gegenwärtig
werden durchschnittlich 150000 Krüge jähr-
lirh verschickt, ungleich mehr aber consumirt
die dortige Umgegend , denn an manchen
Tagen verbraucht allein Friedberg mit den
umliegenden Ortschaften 5000 Krüge täglich.
JVach der neusten, von Herrn Professor Lie-
big vor zwei Jahren vorgenommenen Analyse
enthält ein Pfand zu 76S) Orim:. t .^ ' 'i
— . 24 —
• Cblornatriam . . . ll,9465r Gran
h'fidiwefelfliaoite Jfatron 0,6215, » . :..
r; -ChlormagaeBiaiii . ^ • 1,0826.\ »
-' Kohlensaure Magpe^ia 0^18^ »
Sohlensanren Kalk • • 4^130. >•
Ba>hlensaiires Eisenoxydol 0,0878 »
iCeselerde • >• • • .0,1489 »
flpnreif von Brom, (^dl- mid
QaellflataMrihnre ' :
18,6188 Gran
Freie EohlensXnre = 22,7258 Gran = 49,44
rrOlhikzolL. .1 . , ,::,..
.7 Dieser Analyie^ nach dbertriffit Sehwal-
käim an KoUensiore alle Ins jetet Miannten
deutschen. Sinerfinge, denn etf etnthiUt
I . . . •. .
■ }
Eaehingen jü einem Pfände
m 7680 Gran . • . 19,6874 CqbiksMlI
der Sftuerifng JSQ Pyrmont 21,0 »
Geilnaa . •. .. . . :. . 23,77 » .
BKederselters'.. « i: •> • 26,4553 >»
dwElisabethenqnelle^MlIom«
bnrg . . • * • ' -'* ' • 48,64 »
^M.V ..
.'!•
nie Oaellen- zu. Schwalheim befinden
ipA gegenwärtig nieht im unmittelbaren Be-
tiSebe. des JStaates, sondern sind verpachtet;
bifeher entbehrten diesdbeh, da das Wasaer
anliitelbar . an der Qudle nur selten getran-^
ken wurde, aller Yorriehtungen za Bidem,
kfinftig sollen jedoch daselbst einige BSder
im^le^ werden^ und es steht zn erwart^n^
— ^5 —
das8 die hohe Staatsregierung nach Ablaaf
der Paehtzeit die dortigen Quellen in eigeae
Verwaltung -nehmen und mit Nauheim in
Yerlniidang setzen werde, indem Schwalhei-
mer Bider als Nachkur nach Nauheim ge-
braucht TOD grossem Nutzen sein dürften. —
■ij' .
•t, ^M *l-iKi. t ■
.■.. -H.'.'f •
.niiU'jiiiik.jl
II bull •
. .frblid ij.
II.
Ueber
Steinerzeugung aus der Thrä-
nenflüssigkeit (Dacrjolithen).
Dr. Kersfen in Magdeburg.
So wie aus fast allen zusaiumeneesetz-
ten Flüssigkeiten des menschlichen mirperg,
80 können sich auch aus den Thränen wirk-
liche Steine bilden, die man dann auch mit
den Namen Thrfinensteine (Dacryolithi , Li-
tiHaais lacrymalis) belegt, und die sich von
den andern im und am Auge vorkommenden
steinigen Concrementen sowohl durch den
Ort, wo sie sich bilden, als auch vorzüglich
noch durch ihre Entstehung aus derThränen-
flfissigkeit unterscheiden. Während nämlich
die Steinbildung in eiozelnea Tbeilen des
Auges, besonders wenn einzelne Gebilde oder
auch der ganze Bulbus schon bedeutend dnrch
Krankheit afficirt sind, oder in den Augen-
liedem beobachtet wird und nicht ans Thrä-
nenfiSssigkeit bestehen kann, weil keine dort-
hin kommt; finden wir die Tbränensteine nur
- fT -
auf dem sanzen Laufe, den die Thränen vou
ihrer Quelle bis zum Ausflüsse in die Nase
dnrchmachen, und sie werden vorzugsweise
aus ihnen gebildet, was schon daraus her-
vorgeht, dass die andern Flüssigkeiten, die
auf diesem Wege etwa sich hinzugesel-
lea, nur in aabedealender Qaantität vorhsn-
den dnd.
An einzelnen Beobachtungen i'iber die
Thränensteine fehlt es nicht; sie sind »her
sehr zerstreut. Ich selbst habe in einer im
Jahre 1828 erschienenen Dissertation *), die
im Auszage in Radiu» scriptores ophthalmo-
logici minores Vol. III. **) wieder mitgctheilt
ist, das mir damals Bekannte gesammelt ;
aach in den meisten neuerlich erschienenen
Handwörterbüchern der Chirurgie und Au-
genheilkande ist dieser Artikel, zuweilen fi*ei-
lieh sehr dürftig, behandelt, und in einigen
neuern ophthalmologischen Werken z. B. in
Cheliua Handbuch der Augenheilkunde ***) ist
der Steinbildnng im Auge ein eigner Artikel
gewidmet, ebenso hat kürKÜch Cunier Obser-
vation» pour servir & l'histoire des Calculs
lacryraaux (Bruxelles 1842) bekannt gemacht,
die in mir den Wunsch rege machten, aus-
ffihrlicher die hierhergehörigen Beobachtun-
gen zusammenzustellen, was wohl keine un-
nütze Muhe sein wird, indem selbst abgesehn
von dem hohen wissenschaftlichen Interesse
*) TToniiiina de DacryöRtlils.
**) pag. 145. sq:
•«) Bd. 11. pig. 681 %.
— «8 --.
a«ch eia therapeatif»her Naben mdhtxu -Ver»
kaiiHeii ist. Wihrend ich mit' der BmrbeH-.
toDg dieses Aufsaü&es beschäftigt Mn^ flUt
mir des Doctor Desmarres erBte.Abtheiiiiiig
s^nes Memoire sur \w\ DacrycdithM : et Ifis
Rbioolithes in die EE&nde, welche in Cu-
ttier» Annales d'oculistiqae Tome yiL..4. li-
vraison von pag. 149 — 178 abgedrtiflkt ist,
und die die, Thränensteine der Conjonctiva
ja^atmt: ich habe dieselbe auch lüer benutzt.
■ .■ 1 j >
t - Am zweckmässigsten wird man. bei der
Biqiosition der Thrinc^steinbüdung dem Laafe
der Th^en selbst folgen, und nachsuweisen.
versuchen, an welchen, Stellen. : vomfiglich
8tfime beobachtet sind.
I ' ••■
r. Die Thrimendrüse selbst wird (fast ip
aüen Hand« und Handwörterbfiehern der
Chinirgie und Aqgenheilkunde'in idem Arti-
kel. Aber Steinbttdung im lAugeulffcfEllJtote-
hungsort für ^ie.Thränensteine^imtiang^ge^
ben;:,mrgends .aber ist mit ^iPbcybeit nac^hr
£ wiesen« das« iv^rklich von -einem Arzte
»ellmt Steine . entdeckt seiön. Und ^ doch
spricht die Analogie dafür, denn so got^wia
in den Gingen der Speicheldrusen, des
Bancreas Steine gefunden sind,- könnte
man abch hier dergleichen erwartea^ so
dass die Möglichkeit, also wenigstens nicht
abzolltugnen ist, .und vielleicht liegt der Grund,
dass noch keine bei Menschen beobachtet
sind, nur in der zu geringen Beachtung der
Tbränendrnse bei Sectionen. CheKus *) be-
'^) 1. c. pag. 53.;. Bd, 11.
— t» —
merkt zwar, dass nach Fourcroy und Vau-
tjueUn die Steine der Thränendräse aus phos-
phorsaurem Kalke bestehen, giebt aber kein
genaues Citat weiter an, und es fritgt sich
daher, ob die Analyse auch wirklich Steiue
betrifft, die bei Menschen gefunden wurden.
Sobald die Thranen die Conjunrtiva be-
rfihren' und sich über dem Bulbus ergiessen,
ist die Steinbildung bestimmter nasgespro-
chen, und wir finden hiervon sehr wichtige
und interessante Beobachtungen bei altern
und neuem Schriftstellern aufgeführt. Die
frühern sind freilich theils in Dunkel gehüllt,
weil ein Schriftsteller mehr oder weniger
exact vom andern abschrieb, theils sind sie
nicht als Thränensteinc zu betrachten; dahin
gehören z. B. Plater's Fal! (Prax. med. Bas.
1656 Tom. ID. lib. 2. cap. 15. pag. 907), wo
einem Menschen aus dem Weissen des Au-
ges mit einer feinen IVadel ein sehr kleiner
Stein ausgesogen wurde , nnd Ifneselt» Fälle
(de lapidicina microcosmi. Heidelberg. 1688),
der von Theophrasl. ParaceUwty Schenk und
namentlich von Melchior Sebhtun Citate bei-
bringt —
Bestimmter dagegen sind schon die fol-
genden Beobachtungen:
I. 8ehurig>a Fall (Lithologia. 1744^ j)Sg.
100), den er dem Pavüih nacherzählt, dass
ein jun^r Baner gleichzeitig mit den Thrü-
nen kleine Steine vorgebrächt habe, wodurch
Entzöadung, Jacken und Schmeroen in den
— 30 —
Aagen entstanden seien. Der Sonne auBge-
setst und getrocknet Avaren diese Steine roth
aad salzig.
IT. Lachntund giebt uns in der Sect. 3.
Cu. 22. pag. 72. seines Werkes de Fossil.
Folgendes: "im Jahre 1661 zeigte sich bei
der dreizehn Jahr alten Margarelhe Srandi»
in der linken Schlafe eine Geschwulst, die
derselben grosse Schmerzen verursachte, and
aus welcher in der Folge gleichzeitig wie
aus dem Augenwinkel einzelne kleine ge-
wöhnliche Steine hervorkamen. Die Ge-
schwulst senkte sich alsbald darauf, bis wie-
der neue den erstem ähnliche kleine Steine
durch Zfouberei sich zeigten. Dies er-
aenerte sich mehrmals an demselben Tage
ond, wenn ich nicht irre, kamen noch drei
Wochen hindurch — so lange dauerte die
Bezauberung — Steine zum Vorschein. Ich
habe vier von diesen Steinen abgezeichnet,
welche d:is junge Mitdchen mir selbst über-
macht hat. Endlich wurde sie geheilt, man
sagt durch Uiilfe der Capuziner.«
Plot der nicht an Zaubereien glaubt,
sagt, dass das Mädchen durch einen Arzt
FurberviUe von Saruin geheilt sei.
in. d'Emery, Afzt ZU Bordeaux, berich-
tet in zwei Briefen folgenden »sehr überra-
schenden und vielleicht unerhörten« Fall*):
*} Journal des S<;avaus 1679 1. May pag.
»- JB _
»In dem Herzogtliain Albret wurde einer zehn-
jährigen Bauerdirne während des SpieleuB
von einer ihrer beiden Gefühnianea eine Haod-
voU Saud in die Aagen geworfen. In den
ersten Tagen darauf hatte sie hierdurch viel
UnbequemTicIikciten, und drei Monate nachher
verspürte sie noch einen viel starkem Schmerz
im innern Winkel des linken Auges, der sie
zwang die Hand dorthin zu bringen, nnd
diese Stelle selbst etwas zu drucken, wodurch
zwei bis drei harte Steine von der Grtisse
einer Erbse hervortraten. Die Zengen dieses
Pbaenomens glaubten, ohne viel Ueberlegung,
dass diese Steine einige Sandkörner noch
seien, die ihr hineingeworfen waren, aber
ü\ä man bemerkte, dass das Mädchen mehre
Tage hintereinander Steine hervorbrachte, ,
erregte dies doch ein grosses Aufsehen. —
Eine vornehme Dame, bei der die Kleine
wohnte, Hess sie in einer Stube eine Zeit-
lang einsperren, beobachtete sie genau, und
zog ihr selbst aiis dem linken Auge vier sol-
cher versteinerter Thränen, wovon eine die
Grösse einer Bohne hatte, hart wie ein Kie-
sel, dreieckig, weiss und einigermassra durch-
scheinend war. (fEmeiy hat dieselbe Vor-
sicht ^wei Monate lang gebraucht, wibrend
welcher die Kranke in seinem Hause war,
und die berühmten Aerzte Scorbiac und van
Hehaont waren Augenzeugen dieses Vor-
falles.
»Das Auge dieses Blid(^iM brinfft eo-
wnlen vier Steine in eimn Taigt S«n«r,
und dies j^escfaieht, wcgn aie an wenigRteB
daran d^t, ood oho», iuB «e viel Zdt
lifttte, sich ila/,11 vorzuberei[eii, aber sie klagl
kurz vorher über ciDen stechenden Sehmerz,
der bewirkt, daas nach der Entfernang des
Steines das Auge geschwollen , roth uoi
thrünend bleibt. — Mit dem Beginn der grth
Sfien Kalte, die in dem Winter hernsctit^
bat das Wunder aufgehört, und das Mfid-
chen hat keine Steine wieder producirt. Zwei
von den Steinen Bind abgezeichnet.«
Wegen dieser Erzählung b&tEmeri/ viel
Widerspruch gefunden, nnd in Frankreich,
Deutschlund und Italien traten die AerRte
gegen ihn auf tmd hielten ihn für eioen Be-
trüger oder Betrogenen. Nach der von v.
Walther mitgetbeilten Krankengeschichte aber,
die mit der eben erzühlten viel Aebniichkeit
hat, ist das Factum selbst wohl nicht xa
läugncn, wie fs auch Desmarren annimmt,
IV'. Sr/iapers ErzaliluDg. die in deo
Ephemertden Cent. III. u. IT. Dbs. CI.XXVH.
Sag.. 421 mitgetheilt wird, zeichne ich nicht
ier vollständig auf, da sie nicht ganz Ueber-
einstimmendes enthält; es wird nämlich wohl
von »Cristallen gesprochen, die mit einem
Instnimente entfernt werden konnten, eckig
waren nnd nach längerem Widerstände erst
in einen sehr feinen Staub durch Reiben sich
zertheilten, die sich aber auch durch auf das
Auge gebrachte Collyrien auflösten«
y. Bot in der Natural History of Ox-
ford-Shire erzählt von einem Mädchen, »dass
dieselbe aus den Augenwinkeln eine erstarrte
Muse von sich gegeben habe, welche nach
- 33 —
einiger Zeit sich in eine Art steioiger Sub-
stanz verwandelte, älmlich den Steinen, die
man als zuweilen aus Geschwülsten, die mit
dem Namen Atheroma belegt wurden, her-
vorgehend beschrieben hat.» Er hält diese
Concretioneii aber, der Erzählung des Lach-
muttd, der die auch oben*) angeführte Krank-
heit der IHargaretlie Brandts für eine Be-
KHuberung ansah, nicht trauend, durcli,aus nicht
für Thränengtcine , was sie, falls überhaupt
das Factum richtig ist, auch nach Desmarrea
Ansicht doch wirklich sind.
VI. Der lehrreichste und merkwürdigste
Fall, der hierher gehört, ist der,' den v, Wal-
fjier**) erzählt, uiid womit er grade die Auf-
merkaamkeit der Aerzte zuerst wieder auf
diese Krankheit lenkte. Bei einem sehr ge-
sunden, blühenden, wohlgenährten und regel-
mässig menstniirten Mädchen Namens Anua
lAcktemoaUer ^ der zwei Jahre vorher ohne
weitem Schaden ein Stück Kalk von der
Decke des Zimmers in das linke Auge ge-
fallen und aus demselben aasgezogen war,
bildeten sich unter einer bedeutenden Augen-
entzündung von Zeit zu Zeit auf der Falte
der Bindehaut zwischea dem Auga[ifel und
dem untern. Augentiede gegen den äussern
Winkel hin weisse eckige Steinchen von der
Grösse einer Erbse, die im Verlauf der Krank-
heit immer häufiger und auch grösser wur-
•) 8ub II. S. 3«.
**) In e. Gräfe'» und v. fVuAÜ«"« Journal
Bd. 1. an. 1. s. 163 folg. '
Jooni, Bd. XCr. St 4, 3
— 34 —
den, bis dieses auf dem linken Ange nach-
Ileus, wogegen sicli dann im rechten an der-
selben Stelle |ihnliche Steine einfanden. End-
lich nahm die ganze Krankheit allmahlig ab
und hörte ganz auf; nach einigen Jimren
jedoch kehrte sie wieder, aber nicht in glei-
cher Stärke und wurde dann vollkommen
getilgt.
VII. Die letzte Beobachtung ist von
Gmllie*^ mitgetheilt, die ich hier noch an-
reihe. Guillie sagt zuerst einleitend: »Es
ist nicht selten, am Rande der Angenlieder,
besonders in Folge scrophulöser 0{ihtbalniicen
abgerundete', bewegliche, steinharte Körper
zu finden , welche durch den Ergoss der
Lymphe hervorgebrncht sind, und denen die
Alten verschiedene Namen gegeben haben;
dagegen ist es aber sehr selten, diese stei'
nigen Massen als Product derThränenfeuch-
tigkeit zu finden ;c< und fährt dann fort: »Im
rechten Auge eines fünfzehnjährigen Blinden
bildete sich eine heftige Entzündung , die
Liedränder waren roth und aufgeschwollen;
am dritten Tage gesellte sich Fieber dazu
mit anhaltenden Kopfschmerzen, und einem
Gefühle von Druck des Augapfels gegen die
Wände der Orbita; am sechsten Tage war
die untere Conjunctivafalte mit einem krei-
digen, wie feiner Sand anzufühlenden Nie-
derschlag angefüllt; am neunten Tage be-
merkte ich im äussern Winkel einen kleinen
•) In seiner Bibliollu-quc ophtha! mologi<iiif
Tom. 1. pag, 133.
— 35 —
KÖqier Ton konischer Form von der Dicke
einer gewöhnlichen Linse, rothgelb und auf
der Oberfläche ungleich, der leicht an der
CoDJunctiva anhing, und ohne Miihe mit einer
Zange entfernt wurde. Der Kranke ward
dann von seiner AugcnentKündung durch
passende Mittel befreit, oline dnss sonst eine
Spar znrnckblieb. —
Desmarres spricht (I. c.) noch von fal-
echen Thrünensteinen, denen er, um die grösst-
tnögliche YollstäDdigkeit s&u eraielen, ein eig-
nes Capitel gewidmet hat^ er versteht darun-
ter Concretionen, welche in einigen Krank-
heiten der Aagenlieder sich an den Cilien
eder im innem Augenwinkel bilden. Er selbst
sagt, dass nr nie keineswegs für steinige
Concremente hält, sondern dass sie nur aus
verdicktem Schleim gebildet seien, der sich
in gelbliche Crnsten verwandelt, nachdem die
-wüssrigen 'fheilc sich verflüchtigten. Indes-
een möchte diese Unterabtheilnng doch nö-
thig sein, um Verwechslung »wischen zwei
-wesentlich ganz- verschiedenen Dingen ku
vermeiden, und nach/.uweiseu , dass manche
Schriftsteller nur gewöhnliche Producte einer
katarrhalischen Conjunctivitis für Steine ge-
nommen haben, Diese Verwechslung ist na-
mentlich dem Camerarivg begegnet, aus des-
sen Erzählung zweier Krankengeschichten *)
es offenbar hervorgeht, dass keine wirklichen
Thranensteine, sondern nur über Nacht ge-
*) Alemorabil. moJiciit. Ceiitur. Vlll. g. 35.
pag-. 569. etlit. 1683.
3»
■ -1
36 —
bildete VerhfirtaDgeii des Schleimes stait
fa&den.
AM ebenfalls nicht hierher gehfirig: er**
wähne ich beiliofig auch der F&lle, wo sieh
unter der Conjanctiva besonders des untera
AogenUedes kleine steinige Concretionen biK*
den, die weniger fest, mehr krddeartig sind
lind den Augapfel nicht heftig reizen, weil
sie abgeplattet sind, und eben unter der
Conjunctiva sitzen (fFeUer); sie finden sieh
yorzuffs weise bei filtern Leuten, die an rhea-
aatischen oder gichtischen Au^enentzSndon^
gen gelitten haben oder noch leiden *). Eben
so die bei der Beobachtung von €fuiUiS sdion
angeführten , hfiufig vorkommenden Körper««
eben, die am Rande der Lieder in Folge
serophulöser Ophthalmieen sich vorfinden, iS-
geruiuiet, beweglich, steinhart sind, und de-
nen man verschiedrae Namen ffe^ben bat
Es gü^hört auch hierher dieBeschräbung der
Lithiasis am Auge, die GtUenus giebt, wenn
er sagt: Lithiasis est, cum eversis paipebris
eirca ipsas tofis simüia alba et aspera exi-
stunt, calculisque similia oculum premnnt. und
ebenso die des JeUus^ der in Tetrab. 2. lib. 3.
Cap. 82. angiebt: Calculum in palpebris di-
cunt, cum eversis palpebris tofis similia cirea
ipsas extiterint, alba et aspera, vasorom epe^
dem prae se ferentia. — Alles d^essind also
entweder gar keine Steine oder, wo steinharte
Körper sich finden, da sind sie nicht aus der
Thränenfeuchtigkeit hervorgegangen. -—
*) Cumer 1. c. pag. 9. Note.
— 37 —
Verfolgen wir nun den Weg der Thrä-
ncn, 60 stosseu wir zunächst auf die Carun-
hei, in deren Schleimsückchen sich aus der
Thrünenfeuchtigkeit wohl Steine bilden könn-
ten. Als Beispiele der wirklich aufgefande"
»en Steine wirrt von allen Schriftstellern
Schmucker'a Fall genannt, fn seinen ver-
mischten Chirurg. Schriften Bd. 3. pag. 277.
(Frankenthal 1785) sagt er ansdrücklicb, dass
sich ein Stein im Thränensack gebildet habe,
und nicht in der Cai;^kel. Mit Unrecht wird
also Hchmucher hier als Gewährsmann ge-
nannt. Ferner wird Sandiforl angeführt, in
dessen Mus. anatom. a L. Vol. 1. Seet. 6.
No. 1. davon erzahlt sein soll. Dies Werk
ist mir aber nicht zur Hand, ich kann daher
auch das Factum nicht constatireu. — In
den T/iräneticanälc/ten soll Blegny Steine
gefunden haben, da ich mir jedoch seinen
Zodiacus medic. Gailiae nicht verschaffen
konnte, so kann ich nichts Bestimmteres da-
rüber angeben, nach Schuhe'a Dissertation
aber: de caiculis in locis inusitatis natis et
per vias insolitas exclusis (Praes. Vater), die
in UaUer'a Disputation. Chirurg, Tom. IV. p.
17. sq. abgedruckt ist, erzählt Blegny nur
die Beobachtung von d'Emery wieder. Ebenso
wird auch Sandifort hier abermals citirt : oh
mit Recht, vermag ich nicht zu ermitteln.
VIII. Krankheitsgeschichte von Des-
marres *). Eine 66 Jahr alte, wohlconstitnirtc
Frau, war fast niemals krank gewesen, mit
*) 1. c. pag. 150 n.
— 38 —
~ AuRaalime einiger leichten GichtnnfJtlle , die
aber weni^ erhabene Concretionen auf den
Gelenken der Zehen und Finger »druck ge-
lassen hatten, als sie im Aug. 1840 meinen
Rsth verlangte.
Sie ist langer als zwei Jahr mit einem
Thränenträufeln aus dem rechten Ange be-
haftet, das spater zu dem Erguss einer gel-
ben eiterartigen Feuchtigkeit ausartete; zu
derselben Zeit beobachtete auch die Kranke
»unten am Augenwinkel an der JVasenseite
eine kleine Geschwulst, die seitdem gewach-
sen ist, und deren Verschwinden man nicht
bewerkstelligen konnte." An der Seite, welche
diese Geschwulst einnimmt, empfindet Pat.
ein lästiges Fressen, das sie zum Reiben des
Anges aulFordert. —
Die Aiigenliedcr sind roth und geschwol-
len, die Wimpern durch festgewordnen Schleim
verklebt, die Conjunctiva ist entzündet vor-
züglich nach unten gegen den innern Augen-
winkel, die Scierotica ist injicirt, die Iris
wenig beweglich, periodisch kann das Licht
nicht ertragen werden, auf jedem Auge ist
eine beginnende Cataracta, deren Gegenwart
die Kranke noch nicht ahnt, da ihre Seh-
kraft noch gut ist. — Der obere Thrfinen-
punkt ist gesund , der untere, erweitert bis
auf das Dreifache seines Durchmessers, tasst
eine serös eiterige Materie ausströmen, deren
Menge durch Druck nicht vermehrt wird,
durch Gesicht und Gefühl erkennt man im
untern Thrünencanal eine umschriebene Ge-
schwnl8t,schmcrzlos,ohDeentzündlicheBothung
— 39 —
der Haut, und nach aussen hervorspringeDd,
von der Grosse einer kleinen Niiss. Bei
Umkebnuig des AugenliedeB gewahrt man
auch, daas die Geschwulst unter der Schleim-
haut, die bis auf die angeführte Injection
ganz gesund erscheint, in gleichem Maasse
wie nach Aussen vorspringt, was ihr eine
vollkommen runde Gestalt giebt. Der innere
Augenwinkel ist mit gelblichem Schleim er-
füll^ den die Thränen über die Backe führen.
Das rechte Nasenloch ist (rocken, der Geruch
fast aufgehoben.
Gegen die Einführung einer Sonde in
den erweiterten Tliränencannl widersetzte
sich die Kranke, D. blieb daher über die
Diagnose in Ungewissheit und verordnete
bloss indifferente Mittel. Erst nach zwei
Monaten konnte eine genauere Untersuchung
vorgenommen werden. >
Eine durch den untern Thränenpunkt .
eingeführte Sonde drang ungefähr auf drei
Millimeter ein, und ward dort durch einen
festen Körper aufgebalten, welcher au wie-
derholten Malen mitdem Metallinstritmeut be-
rührt, nur einen dumpfen Tod gab. Es ward
darauf eine Hohlsonde und auf dieser der
Arm einer graden Scbeerc eingebracht und
so nach innen gegen den Apfel hin die ganze
hintere Wand der Geschwulst zugleich mit
der Conjunctiva getheilt. Kaum war der
Einschnitt gemacht , als ein harter gelber
Körper aus der Geschwulst hervorsprang und
über die Kleider zur Erde fiel. Einige Brö-
ckelGhea eines gelben ^ gleiclisam körnigen
— 40 —
aber etwas öligen Steffel^ der leitet vwÜdisk
den Fingern zu zerdrücken war, blipben aiiif
dem Grunde ,der l^unde, ich nahm iie «rit
einer Zange weg. Die Blutqng statte «ich
bfdd, ich reinigte die Wunde und fand iai
Grunde den Thrinencanal allem Anseheia,
nach gesund. Die Schleimhaut desaeUmi
war jedoch etwas ^ranulds und wd^e
deshalb mit Höllenstein eauterisirt, wonof
die Vemarbung der Wunde bald erjfo^te.
Nach zwei Jahren sah HeMiMwret .die
Kranke wieder, die Geschwulst war niehlt
wieder erschienen. Die Entstellung des
Gesichts, welche die Geschwulst tewirkt
hatte, wie alle übrigen Folgen derselbdi
waren vollkommen gewichen. »Der« Stein
ist von unregelmfissig runder Geetalti
von grauer Farbe, seine Oberfliche bietet
eine Blenge kleiner Rauhigkeiten dar, die
durch Vertiefungen getrennt sind« wdehe
letztere selbst bei vollem Liebte eine dnnk-,
lere Farbe haben, als die Vorsprunge. Bei
der Theilung in zwei Hälften sieht man an
der DurchschnittSiche eine Menge kleiner
erhabener Punkte, ihnlich wie Sand. Die
Consistenz ist viel fester als die des hftrte^
sten Wachses, das Gewicht betrigt vier
Ceutigrammes. Er besteht im getrockneten
Zustande aus verhärtetem Eiweiss25,Ö, Schleim
18,0, kohlens.Kalk 48,0, phosphors. Kalk und
Magnesia 9,0 Theilen.« —
Ueber die Häufigkeit des Vorkommens
der steinigen Concremente in dem TXräNafi-
sacke finden sich grade entgegengesetnte
Meinungen. Während nämlich manche Sehnft*
— 41 -
sleller,wie Nlrolai ia Rusta Handwörterbuch'),
Waldeck in BUuiua Bandwörterbuch **), den
ThrJinensack für den gewöhnlichsten Entste-
hungsort der Thrünensteine angeben, behaup-
ten andere, namentlich z. B. v. Walther, dass
in dem Thranensacke selbst noch keine Steine
beobachtet wären , selbst wenn die untere
Oeffnung desselben verstopftwfire. Die Wahr-
heit liegt auch hier in der Mitte; es sind
nämlich in neuerer Zeit mehrere Beispiele
, bekannt gemacht, so dass an dem Vorkom-
men der Steine im Tbrtfncnsacke dnrchaus
iiicht mehrKU zweifeln ist. Schmucker's Fall,
von dem schon oben die Rede war, gehört
offenbar hierher, obgleich anerklarlicherweißc
alle Schriftsteller behaupten, er beträfe die
CaranCulft lacrymalü.
IX. Sc/iviucJter sagt pag. 277: »bei
einem erwachsenen Manne der eine An-
genfigtel hatte, wo der Thrftnensack sehr
ausgedehnt und schmOTzhafi war, besondera
wean der Sack mit Thrgnen und Materie
angeßllt war und der Patient darauf drflckte,
um die Feuchtigkeiten durch die Thrfinen-
pnnkte heranszabringeD, blieb dennoch, wenn
auch gleich alle Feuchtigkeiten durch 'den
Druck heranegeschafft waren, beAäbidig eine
Erhabenheit eurück, die meine Aufmeniam-
keit erweckte.* Da ich endlich die Operatioo
anstellte, und den Thränauack durchschnitten
hatte, fand ich eine steinige Concretioa da-
rin, die 2 Gran an Gewicht hatte.« —
•) Bd. 10. p. 694.
•*) Bd. 3. pag. 315.
*- 4« -
X. Kriemer'9 Fall. Krimtwr SftgC*):^ »I» •
Hai 1823^ suchte eine kachektiscfa auaaeheadte
Fraa von etwa 32 Jahren bei nir HAWbi^ '
wegen einer schon seit drei YierteljriirailMr ^
bestehenden Thr&nenfisteL' Bei der Untere
snchnnff fand ich den Tluränensaek «ii|j;e-> -
schwollen, hart, die Hautdecke desselhea fg/b»
röthet, und beim Drucke schmerrimltj, Ml.
kleines Creschwär mit bläulichem eingefaUe* '
nem Rande drang bis in den Thrftnensacki
durch welches sich von selbst auch bei fkath-
serem Druck Eiter mit Thränen venttisdKt
ergoss; die Thränencanfilchen waren oüsa;
der Nasencanal schien völlig verscnlossea m
sein. Die Kranke versicherte, schon sdt en
nem Jahre an einem fortdauernden Sduneme
mit Anschwellung im innern Augenwinkel
gelitten zu haben.
Bei der nach Beer' 9 Methode yor^gmOBH
menen Operation ergab sich, dass die innere
Wand des ThrSneusackes nicht exnleefirt
sei, sondern dass der Eiter aus dem^Nasm*^
canale komme. Aber selbst mit der fdnsten
Sonde konnte ich in diesen nicht weiter 9im
etwa vier Linien weit gelangen, und fühlte,
dass sie auf einen harten Körper anfetosse^
Da ich vermuthete^ dass hier die Aossdiwis-
zung von Knochenmasse den^ Canal gnscMicüfl»
so versuchte ich es , ihn mit iBiner spitasiicett
Sonde durchzustossen , da aber auch £es
nicht gelang, so zog ich diese langsam, her*-
aus: doch zu meiner Verwunderung kennte
ich dies nur mit einiger Gewalt. Die Ur-
*) V. Gräfe's Journal Bd. X. p. 697f
_ 43 — '
Sache davon klSrte sich aber sogleich auf,
denn als ich die Sonde herausgenommen
hatte, fand sich auf der 8pitxe ein 3leinarti~
gea Concrtment von der Grösse und Form
einer kleinen Erbse aafgespieset. Jetzt un-
tersachte ich den Caual nochmals mit der
Knopfsonde, und fand diesen vollkommen
offen. Somit war es klar, dass das stein-
artige Conerement die Ursache der 'i'hränen-
fistel gewesen.
Das Steinchen hatte eine ziemlich glatte
Oberfläche, war mit dickem Schleim überzo-
gen, aschgrau, hart, kalkartig in Wasser,
Weingeist und verdünntem Essig unaofiöalich,
und befindet sieb gegenwärtig im anatomi-
schen Museum ku Bonn.« —
XI. Hierher gehören nun auch dieFSIIe,
die Cttmer in seiner kleinen Schrift: Obier- '
vations pour servir ä PhiBtoire de« Calents
laerymaax. 1842. bekannt gemacht bat
»Herr Lef... acht und funf/Jg Jahr alt,
seit zwanzig Jahren wechselsweise an Gicht
und Rheumatismus leidend, hat an allen Ge-
lenken der Finger beider Hände bewegliche,
harte, unebene und meistens wie ein Kirsch-
kern grosse Anschwellungen, ebenso am Bal-
len beider grossen Zehen, wo sie noch von
g'öaserm Umfang sind. Die Narbe einer
iebwunde, welche die Stirn von der Ver-
biuduQg dto Os frontis mit dem Os parietal.
bis zum üwsem WinkelT der rechten Augen-v
braune darcbschneidet, zeigt in ihrer Mitte
ßine DDssgrosee Verhärtung.
— 44 —
Vor sechs Jahren (1831) hat ihn Dw-
puytrea durch die Operation von einem be-
deutenden Blasenstein befreit, seit einem Jahre
aber zeigt die üntersuchnng einen neuen,
der den Patienten noch wenig belustigt, und
dessen Wachsthum er durch den Gebrauch
der Wässer von T'ichy gehemmt haben will
Zur Zeit seines Aufenthaltes in Paris,
wo er sich operiren liess, cousultirte L. auch
Herrn Oupuytren wegen eines Thräncnflus-
ses am linken Auge, den er schon seit acht
bis zehn Jahren hatte. Einige Monate vor-
her hatte sich eine Thränensackgescbwulst
gebildet, die sein Arzt, der Dr. Fion zn Ath
Sfflaete, die aber schnei) verheilte, Dupuytren
legte eine goldne Röhre ein, was aber nur
mit grosser Schwierigkeit geschehen konnte;
60 dass sie nur durch Drehungen einging,
wobei der Fiihrungsstab zweimal losTiess.
Danach entstand eine Entzündung des Thrä-
nensacks mit darauf folgender Eiterung und
erst nach mehr als sechs Wochen vernarbte
die Oeffnung. Seit dieser Zeit fand fort-
während eine Epiphora statt, mehrmals des
Tages musste der Thränensack ausgedrückt
werden^ das Auge war des Morgens mit
Schleim angefüllt, die Lieder verklebt. Ein
Jahr darauf zeigte sich eine neue Thränen-
sackgeschwulst, gegen welche ßupuytren
Blutegel und mehrmals des Tages Einspriz-
zungen mit Aneh Spritze verordnete. Nach
sechs Wochen hatte aller Thranenfluss auf-
^hört, selbst bei kaltem und starkem Winde.
Diese Besserung hielt fast drei Jahr an, bis
Patient, während er sich den Thräneowinkel
— 45 —
trocknete nach einem starken Lachen, plüte-
lieh einen heftigen Schmerz iui Nasencanal
verspürte, der erst nach acht bis xehn Stun-
den wich, worauf eine Geschwulst eintrat,
welche durch zweimaUge Application von
Blutegeln und erweichende Mittel bekämpft
wurde. Die Epiphora kehrte seitdem wieder.
Der damalige Arzt Herr Fion verordnete
dagegen Einspritzangen in den untern Thrä-
oenpunkt, die aber jedesmal durch den obern
wieder hervorkamen, und niemals in die Na-
senhühle gelangten.« Cunier berichtet: "Ich
sah den Kranken im Juni 1836; seit einem
Jahre war der Thriinensack alle Morgen ange-
füllt, und musste durch Druck entleert werden,
der Schmernen verursachte. Sechs Tage vor-
her hatte Herr L. einen Schnupfen bekom-
men, in dessen Folge der Thränensack an-
geschwollen und bei der Beriihning schmerz-
haft war; es fand Fluctuation statt. Die
Conjunctiva palpebralis war roth aufgeschwol-
len, sonderte einen dicken eilerartigen Schleim
ab. Die Augenlieder und ein TheiT der Backe
waren ebenfalls aufgetrieben, von Farbe wie
rother Weinhefen. In der Nacht empfand
der Kranke klopfende 8chmer/.en in der Ge-
schwulst. — Dass die Canüle, die sich wahr-
scheinlich verschoben hatte, die Ursache die-
ser Störungen sein müsse , Hess sich '
aus dem Verlaufe der Krankheit schliessen.
Die. Geschwulst wurde daher geöffnet, der
Eiter entleert, und nachdem noch mit lauen
Wasser ausgespritzt war, eine Meche einge-
bracht, und darüber erweichende Umschlage
gelegt, damit die Anschwellung sich erst et-
was verlöre. Am folgenden Tage sollte ile
— 46 —
Canfile ausfesogen werden; nach mdmudi*
mn vergeblichen Yersnchen gelang dies end-
ncL Die CanOle war 11$ Linie iang^^ier
obere Rand hatte 2| Linien im DurehmeMr.
Die Oeffiiang war ganz verstopft AnrA iiQe
Hasse, die auf dem Rande wie ein Schwann
aufgeschossen war. Diese Masflie bestand
ans mehreren äbereinan^er liegenden SehiA*
ten von ungleicher Oberiläche* Unregrliils
sig rond, im Durchmesser 3| Linien, war
sie oben und unten eine Linie dick und «n
die Hüfte breiter. Sie war as<Agraa, mit
«iben Streifen vermischt, und von Ueinea
Uanälen durchbohrt, hart, steinig und wog
von der Canäle. abgelöst, 1^ Gran. Dan
Innere des Röhrchens war mit dieser Maase^
die aber nicht bis zum Nasenende hermbceidUe
verstopft* Die Masse bestand vorzugsweiBe
aus kohlensaurem Kalk mit Spuren von phöo-
phorsaurem Kalk und salzsaurem Natron^
XU. iCumer). Jnn^n J!f. 63 Jakf alt,^
öfier an Rheumatismen leidend, so dass sie
mehre Wochen das Zimmer nAtett mnsote,
sonst aber seit ihrer Kindheit keiner weitem
S^rankheit unterworfen, hatte seit mehr denn
30 Jahren ThrSnenfluss aus dem rbdMen
Auge; vor 3 Jahren zog sie sich eine rhen»
matisch -katarrhalische Augenentzfindang n,
in deren Fol^e sich im Nasenwinkei eine
Geschwulst bildete, die sich jedoch baM wie»-
der zertheilte. Von der Zeit aber an »wor-
den die Thränen dtfker^« die Lieder waren
hiufig des Morgens Verklebt , was sich be-
deutend nach adstrii(girenden Einspritzongen
mittelst AneU Spritze besserte. Dieoea gste
— 47 —
Befinden hielt an, selbst als nach einiger
Zeit die Einspritzungen aasgesetzt waren;
nber in Folge einer Erkältung entstand eine
neue (Geschwulst, es wurde ihr gleich nach
Eröffnung derselben eine />u/>uy^ren' sehe Röhre
eingelegt, was aber mit grossen Schwierig-
keiten geschehen konnte und der Kmoken
noch lange Zeit nachher viel Schmerzen ver-
ursachte. Ueberdiess schwoll alle 2 — 3 '
Monate der Thränensack , und ging in Eite-
rung über, wo es aber jedesmal leicht war,
den Lauf der Thränen wieder herzustellen;
die äussere Wunde vernarbte dann. In den
ersten Tagen des Januar zeigte sich ein
gleicher Unfall: eine Menge von Mitteln
wurde angewandt, um den Abfluss durch die
Cnniile wieder herzustellen, aber alle verge-
bens. Edenso führten die Versuche am Abend,
das Röhrchen zu entfernen, zu keinem Re-
sultat, es entstand im Gegentheil eine schmerz-
hafte Anschwellung der Lieder und des obera
Gesichttheils der rechten Seite. \ach mehr-
fachen fruchtlosen Bemühungen am^ andern
Tage gelang endlich die Extraction; die ent-
fernte Canüle erschien völlig verstopft, ihr
untei'er Rand zeigte eine steinige Concretion,
stark wie der Kopf einer Carlsbadar Nadel;
sie war unregelmässig rund, hatte Furchen,
die mit dicklichem Eiter erfidit waren, ond
wog 75 Gran; ihre Farbe war graugelb, die
Vertiefungen aber bleicher. Uie Analyse
ergab wie die des vorigen Steins kohlensau-
ren und phosphorsanregi Kalk, salzsaures
Natron u. s. w.
Auf der ionern FlSche der ontern Au-
— 48 —
genUeder beider Aa^n zeigten sieh Kieme
weisse Steine, die aber keine Besdiwerdeii
▼emrsachten, es lagen deren 3 in dem linken,
2 im rechten Auge. Es fand also hier, wie
im vorigen Falle eine wahre Diatheins. Ml-
eokma statt
In beiden F&llen hatte bei der BSnfBh^
rang der Caniile der Führangsstab eine I^n^
aosgehöblt, die den Ursprangspankt mur Bot*
stebong des Steins abgegciben zu haben
sehien, indem die ThrSnen und schlwaigen
FIfissigkeijten daselbst länger verweilt und
sich zersetzt hatten und so den Stein er-
zeugten. Folgender Fall bekrilftigt dieiBte
Mmnung:
XIII. Herr SHevemari hat 1838 tintf
Kranken eine €anöle ausgesogen, die die-
selbe zwei Jahre im Nasencanale getragen
hstte; sie war fast ganz durchweine gran-
gelbliche, ziemlich feste Masse verstopft, die
aus einem Concremente von Kalksaizen be»
stand.
XIV. Vor einigen Jahren hat Dr. TU-
hau eine Canäle ausgezogen , die dureh ei-
nen Stein verstopft war, der nach Art. eines
Stalactiten in den Sack hineinragte. flKe
Canäle war vor 18 Mbnaten eingelegt wor-
den: eine Thränen^ackgeschwulst machte die
Entfernung der Röhre nöthwendig.
XV. Sehr wahrscheinlich war amdl
ein Stein in folgendem Falle, den Carron du
— 4» —
ViHarda*)detaMauHoireütleiinth&tj\'or\i&Ddca.
Ich schnitt, s»gt ^(lunotV. deaThrünensack ein
und fährte id seine Tiefe eine sehr spitze
iStahlsonde, die leicht gebogen war, drang
mit deren Spitz.e durch etnen steinigen Ueher-
.xug in die Oeffnung der C»nüle, bog dann
unter einem sehr stumpfen Winkel die Sonde,
und befestigte die Spitze an der innern
Wand des u^emden Körpers, wodurch es mir
leicht wurde, sie zurückzuziehen. Die Canule
war mit einer Art gelber, erdiger (ncrusta-
fion bedeckt, und ihre Hoble mit derselben
Masse ^-erstopft. — —
Zuletzt folgen nun die Steine, die sich
im iVasencanaZ bilden ; dies sind die grössten,
weil hier auch der Raum der weiteste ist.
Von dergleichen Steinen finden wir auch
mehre Beispiele. Im Jahre 1828 schon be-
schrieb ich in meiner oben argefiihrten Dis-
sertation zwei Fälle der Art, die ich hier
noch einmal zu wiederholen mir erlaube.
XVI. N. N. ein Mann mittlem Alters,
nur zuweilen gichlischen Anfällen unterwor-
fen, klagte seit einiger Zeit über ein unan-
genehmes und beschwerliches Gefühl von
Trockenheit in der Mitte der N'ase, das sich
allmühlig steigerte, und wozu sich Schmer-
zen gesellten, die zuerst in der Gegend, wo
*} S. Frabiischfs Handboch zur Erlcennt-
nifls und Behandinng der Angcnlirankfariteii von
Dr. CWran du VÜhrd», Hbersetit vtfn Dr. Schtm-
ketOerg. Bd. I. S. 294.
Joon, Bd. XCV, St. 4, '4
50
■ ■ 1
der Dactus nasalis in den untern ÜMÜmnng
angfföht, ihren Sifs^ hatten, und sieh naäher
aaeh aber das Ange und die Stirn der lei*
denden Seite ausbreiteten. Das Ange waf
stark entsöndet; Lichtscheu, Thrinentri»*
fein fand nicht * statt wohl aber Epiphora.
Der Kranke hatte dabei fast bestindigm
Reis zum Niesen, welches selbst auch öitw
erfolffte. Die Nase war auf >der Sdte yer-
atopit; durch äussern Druck liess sich aas
dem Thrilnensack keine Feuchtigkeit in die
Nase dräcken, die Schmersen aber .wundoi
durch diesen Druck bedeutend vermehrt
Zugleich erhob sich dieser Nasentheil zu ei-
ner Geschwulst von der Grösse einer Bohne
ohne 'deutliche Umgrenzung, deren Hautfarbe
auclk von der der übrigen Haut nicht abwich.
.Ab der Kranke nun Hälfe bei v. Gräfe suehle,
erkannte derselbe bei der angestellten Unter*
suehnng einen weissen gezaäten Kdrper im
nntern Nasengange, welcher der Somde nicht
nur Widerstand leistete, sondern selbst beim
Anschlagen tonte. Es war also keinem Zwei-
fel unterworfen, dass ein fester fremder Kör-
per in der Nase steckte, zu dessen Entfern
nung eine Ähnliche Operation wie bei der
Extraction der Polypen vorgenommen wiirde*
Dieselbe gelang vollkommen, indem ein 'Stei-
niges Concrement von rundlicher Gestalt,
mit kleinen Erhöhungen besetzt und vob
weisslich erönlicher Farbe hervorgezogen
ward. Nach Entfernung des Steines konnte
Patient sogleich die Luft durch die Nase
einziehen und herausstossen, er fühlte mdit
mehr so bedeutende Schmerzen und, selbst
den Druck auf die Gegend des Thrfoensacka
— 51 —
ertrag er besser. Alsbald stürKte auch in
grosser Menge eine atzende Flüssigkeit her-
vor, die zuweilen mit Ulut gemischt w»r, und
noch eine Zeitlang sich ergoss, aber immer
wässrig und ohne üblen Genich blieb.
Die genauere Untersuchung des Steines
verweigerte der Kranke, der durchAtfs den-
selben unversehrt erhalten wollte: daher sich
auch nicht bestimmen lässt, ob in seiner Mitte
etwa ein fremder Kürzer den Kern »ur Stein-
bildung abgegeben habe. Uer Kranke konnte
sich auch wenigstens nicht besinnen, dass
ihm je fin fremder Körper in die Nase ge-
kommen and festsitzen geblieben sef. —
' XVII. Wil/ielmhie Herlely vierzig Jahr
alt, noch regelmässig menstruirt, nie enlbun-
den, von gichtischen Beschwerden heimge-
sucht, erlitt vor anderthalb Jahren einen hef-
tigen Schnupfen, wobei viel atzender Schleim
entleert wurde, und behielt seitdem einen
Schmerz in dem linlien Nasencanal zurück,
der sich allmählig steigerte, sich auch auf
das linke Ange und selbst die linke Seite
der Stirn verbreitete. Der Nasencanal war
gleichzeitig so verschlossen, dass die abge-
sonderten Thränen nicht in den untern Nn-
»engang gelangen konnten, wie man aus dem
Gefühl der Trockenheit schliessen musstc.
worüber die Kranke klagte. Dabei koitnlc
Patientin keine Luft durchziehen und hatte
beständig Reiz zum Niesen, der sie Tag nnd
Nacht quälte. Der ganze Rücken der IVase '
war geschwollen und beim Druck schmer/.-
4*.
1
— 5« —
haft, die Haut über der Geschwulst war ^
was geröthet.
Ohne irgend ärztliche Hfilfe in AnspraiBh
za nehmen, ertrug die Kranke ihre lAÜea
ein und ein viertel Jahr, als sie plötzlich bei
langanhaltendem und starkem Niesen filihlte;
dass sich in der Nase Etwas bewerte ima
nach vorne geschoben wurde, dann war na*
ter bedeutender Steigerung der Sehtfierzen
wieder festsass. Von nun an verliess aie
fast niemals der Reiz zum Niesen und drei
Tage nachdem sie das eben bezeichne ForU
rücken eines fremden Körpers gefüllt hatte,
fiel ihr unter sehr heftigem Niesen ein Stein
aus der Nailb auf den Schooss, dem alsbald
eine grosse Menge einer wSssrigoi «Feifeh-
tigkeit nachfolgte. Durch Nit^n und Schmer^
zen wurde die Kranke nun weniger gejd^gt,
die äussere Geschwulst verschwand etwas,
aber nicht völlig, der Fingerdmck wnrde
besser ertragen, auch drang nun. etwas Lnft
durch die Nase, obwohl der Durchgang im-
mer noch nicht so frei war, als auf der ge^
Sunden Seite.
Die Thranen liefen nie über die Backe,
obwohl das Auge gleichsam darin schwamm.
Es kam aber nun ein anderer UebelaHUind
hinzu; die linke Nase wurde nimlich "faat
beständig von einer wässrigen zuweilen röth-
lichen nicht stinkenden aber sehr itze&den
Flüssigkeit, die zuweilen in grosser Menge
sich entleerte, feucht erhalten nnd durch cue
caui^tische Beschaffenheit die innere 0aut fast .
ganz corrodirt, so dass noch fast grössere
— 53 —
Schmerzen als früher erzeugt wurden. Jetzt
erst suchte die Kranke ärztliche Hälfe. Sie
erhielt zum innerlichen Gebrauche und znr
EiDspritzung das Kali carbonicnm^^) in stei-
nender Gabe, und Antarthritica gegen das
Grundlelden, wonach die Absonderung sich
verminderte , ihre corrodirende Eigenschaft
verlor und auch die Schmerzen vollständig
verschwanden.
Der Stein selbst ist von länglicher Ge-
stalt, der grosse Durchmesser beträgt neun,
der kleine fünf eine halbe Linie. Auf der
Oberfläche sind mehrere Erhabenheiten von
verschiedener Grösse, deren höchste eine Li-
nie fflisst, zwischen welchen sich Vertiefun-
gen befinden. Die Oberfläche erscheint er-
dig von matter Farbe; die Erhabenheiten
Bind bfftHngrtin, wahrend die Vertiefungen
weisslicher erscheinen, denn es ist daselbst
eine dem Kalke ähnliche Masse niedergeschla-
§en- Bei sorgfältiger Durchsägimg des
teins fand sich in dessen Mitte ein Kirsch^
kern. Dieser hat vier und drei Linien
*) 1^. Kali rarbon. dep. dnchm. dau
solre in
' Aq. Cianamom. iuk> qntt.
Syt- simpl. nnc. an..
MDS. Viermal tSgltch ein EwlSflel voll.
Rp. Kali carbon. dep. dracbm. unam
solre in -
Decoct. rad. Althaeae nnc. sex
Tinct. Op. croc. scrap. an.
BID8. Zorn Einspriteen.
— 54 — '
•
im Durchmesser und so entspricht Mch
die Gestalt des Steines der Form des KemBj
nnr dass nach dem grossem DorchsMa- /
ser hin verhfiltnissmässig ^nehr flfrinmatun
angesetzt ist. Die DarchschnittflSche ist sehr
gifinzend und man unterscheidet beltimmtey
parallele, festverbundene Lagen von grAdi«
eher und weisser Farbe, die nur snweikMi
ineinander übergehen , zuweilen aacli' Auch
schwarze Streifen getrennt sind. DieJSchicht,
die unmittelbar den Kern umgiebt, sdieint
schon cne äussern Erhöhungen nnd UnebeoH
heiten vorzubereiten.
Obgleich die Kranke nun fest behaup-
tete, sich der Zeit, wo sie Kirschen gegM«
sen hatte, gar nicht erinnern za können, da
sie dieselben durchaus nicht liebe, so ist es
doch wahrscheinlich, dass der Kiraehkera
erst zur Zeit, wo die Beschwerden anftigen» ,
in die Nase gekommen sei.
XVIII. Einen andern gans ihnlicheii
Fall theilt der Wundarzt Hom in Sekmuckera
vermischten chirurgischen Schriften TU. HI.
pa^. 274 mit. Ein Muller suchte bei ihm
Hülfe wegen eines Polypen in der Nase.
Hom »applicirte die gewöhnliche Polypen«
zange und brachte damit za verschiedenenHalen
etwas, theils wie geronnenes Blut nnd Biaat
heraus. In der Zange war öfter etwas Har-
tes, welches er aber zermalmt hatte und vde
Sand anzufühlen war.« Nach einiger Zeit
vermehrten sich die Schmerzen, Patient
klagte, dass er selbst nicht mehr scUafen
könnte. Hom versuchte von neuem die Exr
— 55 —
iraction tiiid zog aucb nßcb einigen vergeb-
lichen Versuchen »einen Stein aus der Nase,
welcher in einer blutigen Haut eingewickelt
war.ir Er erzählt dann weiter: "Es kam mir
dieses sehr sonderbar vor, und nach genauer
Untersuchung fand ich vorne darin einen
Kirschkern, und zwar an dem Orte, wo ich
»llemai angefasst nnd die steinigte Masse
zermalmet hatte.-
Der Kirschkern sollte bei einem Schmause
vor ein und einem halben Jahre, wobei Pat.
hatte viel niesen müssen, wahrscheinlich in
die Nase gekommen sein , seit welcher Zeit
es ihn auch beständig gedrückt hätte, als
wenn sich etwas Fremdes in der Nase be-
fände. Beide Nasenlöcher sollen dadurch
verengert, das eine sogar völlig verstopft
worden sein, »Das Septiim war gedruckt
und man konnte auf der rechten Seite nahe
am Auge, von aussen eine sehr merkliche
Erhöhung wahrnehmen.u —
Den Stein selbst l^schreibt Schmucker
auf folgende Weise: »Es ist selbiger von
lockerer Art ganx unegal, und mit verschie-
denen kleinen Erhöhungen und Vertiefungen
versehen. Seine Länge beträgt sieben, die
Breite fünf und die Dicke drei Linien. Der
Kirschkern hat in der Mitte gesessen; allein
durch das öftere Anfassen mit der Polypen-
zange ist allemal etwas abgebrochen, doch
ist die Höhle, worin der Kirschkern gelegen,
nooh deutlich zu sehen. Der Stein wiegt
fünf nnd dreissig Gran.« —
— 56 —
Nach Bre^chefs Angabe soll BarikoUm ,
ein kleines M&dchen gesehen haben, die ans
den Nasenhöhlen kleine Steine hervorbrachte;.
PkUer soll in derNase eines Erwachsene einen
weissen Stein von der Grosse einer Erhae
gefunden haben, und Rust von einem Steine
sprechen, der die Grösse einer Muskatnow
hatte , und der aus der Nasenhöhle in dea
Rachen fiel — Diese Citate aber |(eBaiier
nachzusehen, fehlt mir die Gelegenheit — ^.
Zuvörderst ist nun. wohl die Fn^ aa
erörtern, ob denn die Thrfinen auch wirklich
das Materiale zu den Steinen liefern oder ob
andere Flüssigkeiten dazu etwas beitragen,
und ob sie daher mit vollem Rechte .den
Namen Thrfinensteine Dacryolithi verdieneiu
Dass sich aus allen znsammen^eeetalM
Flüssigkeiten Steine bilden könnim, ist dnreh ^
die Erfahrung so hinlänglich bewiesen, dsM '
darüber kein Wort mehr zu verliere ist:
auch die ThrSnen gehören zu diesen, und
bestehen sie gleich qjich Vauqudm und Famr^
croy nur aus einem Theil Salze nnd drei
Theilen Schleim auf sechs und- neunzig Thei-*
len Wasser, so ist grade die Verbindeng des
Schleims mit den »ah^n wolil zu betehten^
so wie, dass bei einer Diathesis catewleaa
des Körpers auch die Thrfinendruse in aidcte
Stimmung versetzt werden kann, dass TluA*
nen von veränderter Mischung nametttlidi
mit mehr Salzgehalt abgesondert
den. Die Frage würde vollständig
diget sein, wenn in der Thränendrfiae des
Mensehen jemals Steine aufgefunden wor«^ .
.-.:^S
- 5T —
äea wären. Dies ist abec, wie scboQ obea
angeführt wurde, nicht der F&II, obgleich die
Scbriftsteller solches behnDptet und es einan-
der nachgeschrieben haben. Beim Uebergang
der Thränen über den Bulbus, bis in den in-
nern Augenwinkci und zur innern >ase mischt
sich der in den Meibomschen Drüsen nnd
von der Schleimhaut selbst abgesonderte
Schleim hinzu nnd es ist daher auch wohl
nicht unwahrscheinlich, daas dieser zur Stein-
bilduug mit beitrage ; die Thränen liefern
aber jedenfalls den bei weitem grösstep Theil
des Stoffes, aus dem die Steine bestehen.
Der Name DacryeUthi gebührt also diesen
CoDcretionen mit vollem Rechte und die ein-
zelnen Spetüfes derselben liessen sich viel-
leicht am passendsten nach der Localitüt, in
welcher sie gefunden werden, durch Zusätze
z. B. als Dacryo-Cystolithen, Dacryo-Rhino-
lithen etc. bezeichnen. ■
Vmi detB Orte, an w^chtti die ThrbMi»*
stnoe- l^eftuiden werden, bftnrt vmäiiriMi
ihre GrSsaeuiul Gestalt ab. Wir i«leD^«ie
voir der Grosse einer Erbse (and kleiner) }m
za der einer Huskataass.' Eben ss- vsriiiit
ihreFonn und OeslMlt. Litetere wird In»
Bonders dareh die ¥*tm d^> HöbloH hi>»
stimnt, in welcher wir ne^ abc^i^^ert^ Mdoiij
demnächst aber auch dardi die fremdM Uät^
per, die den Aßhat^imkt fflr die aw der
Thrfinenfeuchtiffkeit sich uiederBchl^gendM
erdigen Salze oilden, wie Kirschkerne, Son-
den, Röhren* im Canalis nandts a. s. w. Be-
merken wollen wir mir, da» im letsteTen
r
^
- 58 -.
Falle die Thr^nensteine eine mehc nwlie md
imffleiche Gestalt annehmen, dagegen die
Biwt mit einem fremden Nudeos Yeraeheien
piehr glatt and abgeschliffen erscheiiieD. So ,
namentlich die, wdche wir a&wischai des An-
genfiedem finden.
' ■ ■ ' , ./ "
Aach in Hinsicht aaf Farbe bieten die
Thrinen-Steine grosse Verschiedenheitea imtt
wihrend einige weiss erscheinen fsM^ an*
dere roth, andere grfin. Leider sind diejA»*
gaben der Beabachter in dieser Hinsicht meist
ongenSgend.
Eine nosse Conformitit zeigen sie da- '
;en in mren Bestandtheilen, beiaUeniiiBi^
I, von denen die chemische Analyset irtr»
Sinommen worden, fand man als voriiraltmd
n kohleasaaren Kalk, dann phoaphoraMmi
Kalk and Schleim. So fand AdU die ihm
von V. Walther zar Untersachong abtrMhoi
nen Steine bestehend ans : kohlensanrem Kalk,
«reicher den grfissten Theil ihres Gewichts
Ausmachte, einer Spur phosphorsaorea Kilkea
nnd geronnenem Ei weiss. Ctmiet^ä Stjaiiie >
zeigten nach de^ Untersachong :.von Bamt
guter (Observations pag. 7. imd 9jt .vocsr»
Biglich kohiensaaren Kalk, Sparen voofdiort»
phorsaarem Kalk, saizsaores Natram,.«id'Ui
einem Falle aach phosphorsaare Magnesia.«-**
Bouchardat fand in dem Stein, den.Piwwii'
res aus dem Thränencanal heraosgenmnsmi
hatte: ';'->•
Festes Ei weiss \ . «25^
Schleim « * 48^
Kohlensauren Kalk 48,00
Pbospborsauren Knlk und Ma^esia 9,00
Spuren von salKsaurem Nalnim und von Fett.
Gehen wir hiernach zu der wichtigen
Untersuchung der Ursachen über, die den
Grund zur Steinbildung abgehen, so treffen
wir bei den verschiedenen Schriftstellern
zwei einander widersprechende Meinungen.
Wahrend oämhcb die Eioen nur einen äus-
sern Grund — eine Hemmung und Störung
des ThräoenabSusses annehmen, behaupten
die Andern, ifass durchaus eine krankhafte
Anlage zur Steinkrankheit, eine Diathesis
calcidosa obwalten müsse. Wir theilen hier-
über nur Folgendes mit; Ledran sagt in sei-
nem Traite des Operations de Chirurgie (1742)
pag. 256: »Wenn die Thränen durch irgend
•inen Umstand im ThrÜnonsack verweilen,
so wird derselbe etw^s ausgedehnt, und
dies geschieht unmerklich so weit, dass eine
Fistel, was auch Manche Wassersucht des
Tliränensaeks nennen, entsteht. Dann kann
sich ein Stein bilden, wenn die Thranen zu
lange verweilen, und man nicht Sorge trägt,
durch Ausdrücken den Sack oft genug zu
entleeren. Hat sich erst ein Stein gebildet,
80 kann er mit den Thränen nicht heraus,
and er wachst nach nnd nach. Ist er bis
zu einer bestimmten Stärke gelangt, so ist
seine Härte mehr als hinreichend um ihn er-
kennen zu lassen.» Auf ähnliche Weise
spricht sich Hchmueker ans I. c. pag. 278.
Auch neuere Schriftsteller, wie JSietSai (in
Ruat'a Handwörterbuch) nnd Waldwek • (bei
Blanm), acheiaen dieser mehr nedumischeB
' -^ «0 —
Ansicht einer einfachen Prfieipitatlon aar den
in ihrem freien Abfluss hehindertett Feaoh-
tigkeiten zu holdigen, aber grade der Utt-
atand, dass steinigte Concretionen im Thri-
nensack so selten vorkommen, wihrend
die Verstopfung des Aasfährnngsganges-dea^
selben nichts weniger als selten ist, beweist
das Ungenägende dieser Ansicht.
Die Mehrzahl der Schriftsteller Üteml
aber (and wohl mit vollem Rechte, wie
ich dies schon in itfeiner Abhandlang (1828)
aasgesprochen habe) fSr die Annahme einer
eigenen krankhaften Diathesis calcalosa» ^ So
namentlich v. Walther^ Cumer and Deamar^
re9. Es mass die Thrtaenfeachtigk^t 4|aa<*
litativ in ihren chemischen Bestandthdlea
verindert sein, wenn sich Steine aas ihr w-
teagen sollen, analog dem* Urin und andena
Bixeretionen, in denen'Steinbildangen vorkom-
men. Diese VerSnderang kann, wie iFalftr
and CheÜM ganz richtig bemerken, 'eine pri-»
märe sein darch krankhaft verinderte 96*
eretion, aber eine secandSre dorch Zersetzang,
welche erst darch verhinderten and stocken^
den Abfluss der Thrfinen herbeigeführt wird.
Wir finden anserm GefBhle and dem €le-
schmacke nach die Thrinen nicht sdten ver*
ändert, aber die organische Chemie hat iina
zar Zeit noch keine ffenögende Aafldärang
ober diesen Gegenstand gewährt.
Ganz bestimmt ist, wie wir glanben; eine
Diathesis caiculosa universalis in dem ersten
Falle dargethan, den Cunier mittheilt, indem,
demselben Kranken, bei welchem loiTbril«
— 61 —
nensark die SteioinaBse gefunden warde,
schon trüber aus tier Urinblase ein Stein aus-
gezogea worden war, und sich ein neuer
erzeugt hatte. Bei CwmWs andern Kranken
fanden sich auch au der inpern Fläche beider
untern Augenlieder kleine weisse Steine , und
der Vater der I*at. war gichtisch und ihr
Bruder an den Folgen der Lithotritie gestor-
ben. Ausserdem ist fast bei allen Kranken, -
bei denen Thränensteine gefunden wurden,
nachgewiesen, dass sie gichtisch waren, und
CS ist bekannt, in wie naher Verwandtschaft
Gicht und Steinbildung mit einander stehen.
Diesen allgemeinen Erfahrungen schei-
nen dagegen die Fälle zu widersprechen,
wo Steine in den Augenwinkeln gefunden
wurden. Die betreffenden Kranken waren
meist jüngere Individuen, bei denen Spuren
einer Disposition zur Arthritis nicht entdeckt
werden konnten. Nichts desto weniger war
eine DiatResis colculosa bei diesen Kranken
unverkennbar, (dies gilt namentlich von
V. Waltlier's ausführlich mitgetheiltem Falle)
und muss dieser Gesichtspunkt als überaus
wichtig für die Praxis wohl beachtet wer-
den, indem die blosse Entfernung des einmal
gebildeten Conciements, wie bei Lithiasis
überhaupt, •keiaeswcges das Ganze der Cur
ausmachen kann.
Ein allgemeines Bild der Kmikheits-
Symptome, welche die Begleiter der Tfarineo- ^
steine sind,. aafzuatelleQ, ist fast nnmfigHcli,
da die Symptome ' nach den veradtie^aen
Orteo, wo die Steine sieh iMldetra, iehr v»*
— 6« —
liirend sind. Sie coincidiren meist mit denm
der Dacryocystitis und des s. g. Bvdrops
Bteci lacrymalis. Die Diagnose der uaery^
oKthen kann in manchen FSIlen doreh Agt^
ne ond Untersacbung mit der 8onde ftsatge-
•teilt werden, in andern dagegen entdeekt
man die Steine erst nachdem ein operatives
Verfahren eingeschlagen wurde, ivelches dureh
• andere KrankheitszQstilnde indidrt war (Oeff-
nnng des Thr&nensacks, Sandiren deaCaBa*
lis nasalis, Extraction fremder KArper aas
der Nasenhöhle). Besondere Beaditong er-
heischen diejenigen Fälle, wo wegen Venrtop-
fung des Nasencanals eine MetaDröhre in
denselben oder in das zuvor perforirte Ob un»
gois eingelegt worde. Verstopft sich diese
später und es gelingt nicht durch Kpjectioiieii
^ das* Impediment zu neben, so darf man an-
nehmen, dass nicht bloss Schleim in dmr
Röhre angesammelt sei, sondern ein erdigen
€oncrement dieselbe incrustire und nngaogt^
bar mache; dass dies so hSofig deV Ful sei^
wie Cünier annimmt, möchten wir besweifebi.
Es scheint aber derCrebrauch der metallenen
Röhren zur Beseitigung der Impermeabilitaet
des Canalis nasalis in Belgien viel hflti^i^er
KU sein als bei uns. Dies geht daraus her-
vor, dass Cunier in mehr als zwanzig FlUw
die frfiher eingelegten und durch Goncremeaite
verstopften Metaliröhren ausged&ogen haben
will. Die Entfernung der Röhre ist natflr-.
lieh in solchen Fällen das allein einznachTa^
^gende Heilverfahren, -v Die Cur beatdit
zunächst in Entfernung der entdeckten
Steinmasse, und. dieses kann ^a, wo der'
Stein an sich schon zugängücli isty iank
— 63 -
eine Zange gescheheo, oder mittels einer
nach de» PriDcipien der Chirurgie und Au'
fenheilkunde anzustellenden Operation. 80-
ann mues es Hauptaugenmerk sein , die
Diatliesis caicuiosa zu tilgen, um die neue
Steinerzeugung zu verhüten. Dieses geschieht
crfahrungsgemäss am besten durch die Dar-
reichung alkalischer Mittel, besonders des
Kali carbonicum, namentlich zum innerlichen
Gebrauche, (das sowohl von v, Waliher als
auch von v. Qraefe mit Glück angewendet
worden ist). Zweckmässig sind diese Mittel
mit den ge^vöhnlichen Antarthriticis zu ver-
binden, wo Gicht gleichzeitig vorhanden ist,
in welchem Falle auch v. Ammon*^ das Vi-
num Colcfaici autumnalis empfiehlt. — Auch,
zur äusserlichen Anwendung gegen die
ätzende BeschafTenheit des nassen ausfliessen-
denSecrets b£i den Thränennasensteinen em-
pfiehlt sich hauptsächlich das Kali carbonicum.
Besonders dringende Zafälie, namentlich die
der EntKÜndnng, müssen, wie sich dies von
selbst versteht, zunächst nach den Regeln
der Augenheilkunde bekämpft werden, ehe
man an die Beseitigung der Dacryolilhen selbst
denken kann.
*) EiicyclopS [lisch es Worferbuch der medi-
ciuiscbeti Wissenschaften Bd. I\. S. 117.
1
#
' . :*
III.
Zur
Pathologie von MoIÜties
.ossiiim..
, Eine Notiz
» • , ■■
Ton
• _
Dr. Fr. J.. Behrendt m Berlin* .
In wiefern ist Rhachitis von Osteopuda-
cie verschieden? Durch grössere oder ceij»»
Sere Verbreitung der Knochenweichlieitt
Uerdtngs begreift ilie Rhachitis, veno «e
ausgeprigt ist, in den meisten Fillm das
ganze Knoehensystem, ni^ die figiintliste
steomalacie beschränkt sich meistens nor
anf wenige Knochen; allein dieses ist M.fjjit
wie kein Unterschied, denn die Bhudutis
zeigt sich sehr häafig nur in sehr «wenu^eB
Parthieen des Knochengerfistes , wihren« es
Fälle giebt, wo die Mollities oseiafli den
grössten Theil des Skeletts in Anspra^ M-
nommen hat. Einen solchen FaU enlhit'S«^
muel SoUy in der London medical Gasette
vom 6. Januar 1843: ein junges lUd-
V4s^.^
— «5 —
chen, bis zum neiinzehaten Jahre kräftig ent-
wickelt und gesund, von gesunden kräftigen
Aeltern erzeugt, wird vom Schariachfieber be-
fallen, fängt von da an zu kränkeln, und er-
leidet endlieh nnter vielen Gliederschmerzen'
' eine Knochenerweichung, die nach fünf Jah-
ren mit dem Tode endigt, nachdem sie fol-
gende Verunstaltung bewirkt hatte, die man
an der Leiche fand; Kopf ungewöhnlich
gross; Bruatkorh seitlich zusammengedrückt,
missgestaltet; Rippen ausgeweitet; Bek~
ken sehr verengert, missgestaltet; fVirbel-
täule vorwärts gekrümmt und in der obera
Dorsalgegend nach rechts in einen Winkel
gebogen. Beide Schlüsselbeine gebrochen
und in spitze Winkel gebogen; Kopf des
Humerus geschwollen; der SchaOl des linken
numerus gebrochen und verkrümmt; Radius
und UIna etwas geschwollen; rechter Radius
gebrochen; untere Extremitäten in den Epi-
physen etwas verdickt; beide Femurknochen
gebrochen, der rechte an einer, der linke an
zwei Stellen; Tibia und Fibula in beiden Bei-
nen verkrümmt; alte Knochen derExtremitä-
ten konnten mit der grössten Leichtigkeit
erbrochen werden, bloss ein Druck mit Dau-
men und Zeigefinger zerbrach den Knochen
wie eine mürbe Wallnuss. Ein Durchschnitt
der langen Knochen zeigte die Knochenerde
fast ganz absorbirt, nur eine dünne Schale
-war zurückgeblieben. Das Innere der Kno-
chen war mit einer bräunlichen, grütztgen
Materie ausgefüllt, worin Eiterkügelchen un-
ter dem Mikroskop nicht zu entdecken waren.
Die Knochen der Wirbelsäule und die Rippen
waren auf ähnliche Weise afficirt; der Sehä-
Joucn. £d, XCV. SL ti. 5
del sehr verdickt, fast eioea halbeD Zoll dick,
aber sa weich, dass man leicht mit einen
Messer eioeo Durchschnitt machen ko&ut^
obwohl beide Tafeln mit einander verschmol-
zeo waren, indem alle Diploe fehlte; alleia
das Mikroskop ergab eine bedeutende Stroo
turveränderuiig der Knochentafeln , nänilich
keine Knochemamellcii, sehr verkleinerte Kno-
chenkörperchen und sehr erweiterte Kanal»
chen. Gelenke und Knorpel normal. Alte
Eingeweide vollkommen gesund; keine der
bekannten Kachexien war vorausgegan*
gen. — Ist das nicht ein höchst merkwürdi-
ger Fall? Welche Aebnticbkeit mit Uhacbilia
und doch wieder welche Verschiedenheit!
Zuerst das Alter und die Prädisposition:
keine Ererbung , keine irgend bemerkbare
Anlage; die Kranke war büs zum neunzehn-
ten Jahre gesund, geistig und körperlich
wohl gebildet; die Krankheit begann also in
einer Periode, in der die Rhachitis gew^öbu-
lich längst schon das Ihrige gctban bat.
Dann der Verlauf; wie acut der Rhachitis
gegenüber! Im neunzehnten Jahr erst be-
gann die Junge Dame zu krankein, und
schon im zwei und zwanzigsten verkrümm-
ten sich die Knochen und zerbrachen bei un-
bedeutender Einwirkung. — Die ungemeine
Briichigkeit der Knochen, so äusserst cha-
rakteristisch in diesem Falle, ist in viel ge-
ringerem Grade in der Rhachitis vorhanden,
denn so lange der krankhafte Process der
Rhachitis noch fortwaltet, verkrümmen sich
die Knochen bei einwirkender Gewalt, aber
eben, weil sie weich sind, brechen sie nicbl;
hat endlich Oesification sich eingeslelU, so
- « —
siod, wie neuere von mir angestellte und
iD meinem bald zu veröiTentlicbenden Werke
tiber Practuren knnd gegebene VerfiBche ge-
zeigt haben, die rhachitischen Knochen eben
so wenig, ja noch weniger zerbrechlich als
gesunde. Uebrigens zeigt der ganze innere
Znstand der Knochen in diesem Falle die
strenge Verschiedenheit dieser Krankheit von
der Rhachitis, und die Aehniicbkeiten dieser
Osteomalacia nniveraalis mit Rhachitis sind
nur äusserlicbe. Ich möchte beide Krankhei-
ten auf folgende Weise gegen einätider
stellen :
Rkachifts: unterbliebene oder nicht regel-
mässig zu Stande gekommene Ossi-
tkinmataeUi kraBkhfeftei AbsOqrtira der
Knocbeaerde und mangelhafter oder
fehtttttfer Wiodeicnata denelben.
Die MHielütis nfthert' sichi mehr eiD«r
|eblerhaften< Eatwiddmg: die OtteonftiMiie
Ht dagectti eine kratutnnfte Becrejtiditit.
Die Knmke, vn der ebn die Hede ge«r»>
SM, hatte wie ifengt «oder Kr^^ nodi
SjFphilis, noch Scorbat, noch SenMD, also
keiM der DyricraaieD, die aoivif SBocheaer-
weicfaai^ und FrasiliHt zia betgrfiBdea ^fltv
Sa;: e» war MoHities ' osskiii seUtatstiindi^
' sicfc and es ist aehr fiMutte, daae dm
Urin der Kranken md das weiaae Sediment,
im wkh atets is äun liad, nicht anterandit
wmim. Bfor die BMDTVnhBMhAi worden
xerie^; sie ergaben;
5*
68
1. Die JTfioeAemciUiIe. 2. Die MeAäkü
Thieriache Haterie 18,75 : . 2^78
Kalkphosphate and
Kalkkarbonate 29,17 . . . ißS
Wasser 52,08_ . . 73,39
100,00 100,00
In einer sehr verdienstlieheB Inaonraln
Dissertation: »Ad morpholoffiam rhanitidis
irmbolae.« Berolin. SepL iS4St giebt Dr«
EpHhiim eine neae Analvse rhachitischer
Knochen, welche wir hier der eben asfCKe^
benen nachfolgen lassen. J^hraim firna in
100 TheUen Knochen:
Animalische Materie . • . • 64,271
Phosphate ttnd Karbonate . . 35,729
Hier verhält sich die thierisehe ifaterie
zu der mineralischen fast wie 2:1, während
bei gesunden Knochen Erwachsener dieses
Yerhältniss ungefähr s= 2 : 3 ist In dm
obenerwähnten Falle war das YerhäHnisfli
wieder ein anderes: wenn man nämlidi
Knochenschale und Mednlla addirt, als-
dann verhält sich die thierische Materie
(18,75 + 24,78) zu der mineralischen (29,17
+ 1,83) = 53,53 : 31,00, also lange neek
nicht 2:1. Diese Verhältnisse mdgen in-*
dessen in vtf^hiedenen Fällen veradiiedeB
und daraus vorläufig noch nicht gum beMHi-%
dere Schlüsse zu ziehen sein. Die sukrs-»
skopische Ansicht der Elementarstmetor Mut
auch nichts über die Verschiedenheit zwischen.
Rhachitis und dieser universalen Knoeheoi-
^ ■ aA« M ■
— 69 —
malacie, deno die Behauptung Guerin'g, dass
im rhachitischea Knochen eine ganz ejgen-
thämliche Zellenbildun^ and AbUgc^Dg ei-
ner eigenthiiii] liehen Snbstaaz in diese ab-
norme Zellen statt habe, hat sich (s. die oben
erwähnte Dissertation) nicht bestätigt. Dass
jedoch eine wesentliche Verschieden ncit zwi-
schen beiden Krankheiten statt finden müsse,
geht ans den allgemeinen Zügen beider Zu-
stande hen'or und es bedarf hier noch eines
^anz besondera Studiums, um Liebt zu ver-
scbaffeo.
n
• . •.. :-... i
IV. .
U ,e b • r
die W i r k u n «
■ '■■■•■
des
ätherischen Oele narkoti-
scher Doldenpflanzen.
Vom
Professor Dr. Schultz io Berlin.
Der wirksame Stoff in den narkolisehen
Doldenpflan^en hat die AnfmerluMunkeit dter
Aerzte lan^ rese erhalten, ohne dias man
ihn hätte absondern können. En wafx daher
von Wichtigkeit, dass Geiger in dem tob
Giesecke entdeckten Coniin den wurkaaineii
Stoff des Schierlings (Coninm maeolatiifli)
erkannte. Dieser .Stoff ist flfissig, flfiditig
und hat vieles mit den ätherischen Oeln«ge»
mein, wird auch durch Destillation wie Äe
ätherischen Oele bereitet, daher denn |Ko0-
champs auch annahm, dass das Coniin nicMs
als ein ammoniumhaltiges ätherisches 4M
sei, das seine Alkalescenz dem ABUDonioa
verdanke. Die Kenntniss der wahres Natur
■ .'.^.
„ 71 —
des Coniins scheint also .in Bezog nuf die
Analogie mit den ivirksamen Stoffen der
übrigen narkotischen Doldenpflanzen von gros-
ser tVichtigkeil' Dass die Grundlage des
Coniins ein ätherisches Oel ist, das durch
Ammoniomgehalt modificirt erscheint, dafür
scheint der Umstand zu sprechen, dass äthe-
risches Oel in allen DoldenpHanrxn verbrei-
tet, fliso auch im Schierling vorauszusetzen
ist, und dass das Scfaierlingskraut sehr viel
Ammoniaksalze, besonders essigsaures Am-
monium enthalt, dem das älter gewordene
Schierlingsexlract den stinkenden Geruch
verdankt, und woraus sich beim Zusat?. von
Aetzkali zum frischen Schierlingsextract so-
gleich Aetzammoniam entwickelt. Man nahm
d»her früher an, dass ein ammoniakalischei'
(thierisch vegetabilischer) Extractivstoff das
wirksame Princip im Schierling sei. Dass
nun ätherisches Oel und Ammoniak flüchtige .
Substanzen sind , stimmt sehr wohl damit
überein. dass altes, trocknes Schierlingskraut
seine Wirkung verliert, und selbst das Ex-
tract sich nur eine gewisse Zeit lang auf-
bewahrt wirksam erhält, so dass hiernach
Ätherisches Oel und Ammoniaksalze sehi-
-wohl die wirksamen Bestandtheile des Schier-
lings sein könnten. *
Indessen ist das Coniin eine chemisch
so merkwürdige Substanz, dass es ungeach-
tet seiner Aehnlichkeit mit ätherischen Oelen,
und ungeachtet es keinem Zweifel unterliegt,
dass durch die Kalilauge, womit bei seiner
Bereitiiug das Schierlingskraut vor der De-
stillation eingeweicht wird, Aetaanu^saium
- T» -.
«ich entwickdü mufis» das mit dem Conna
ffteichz^itig fiberoestillirt 'ond also mdi kl
diesem enthalten sein mass; deiuiacib, imIo
Eigenschaften hat, die Ätherische Oele nicht
haben and welche nur den Alkaloidea CMpM
sind. Dahin gehört besonders seiMi vduge
Auflöslichkeit in Säaren, und die-WiriuMun»
keit der dadurch gebildeten Prodocte auf dm
thienschen Korper, welche der Wiriumg dta
Coniins selbst suemlich gleich ist ttieive»
gen wiirde sich nur einwenden lasoeOf daM
das Coniin eine seifeuartige YerUaduig voot
itherischem Oel und Ammoniak seio kfion^
wie wir Ja auch beim Ter|^entin91 fleheB»
dass es sich durch Alkalien verseifen lisat
Die Möglichkeit also in dem Coniili nur cia
durch Ammoniak und die etwas comdicvle
Bereitungsart verfindertes ätherisches Od| jpi
sehen, scheint also allerdings noch vorhaiMism
und durch die Versuche über die Wirknag
der unzweifelhaften fitherischen Oale^ anderer
narkotischer Doldenpflanzen, welche wir hier
mittheilen wollen, sogar nodi wahrseheiaii«
eher zu werden. Aus diesen Yersadien geht
nSmIicb hervor, dass das wirluiamo narko-
tische Princip des Wasserschierlings (Cüenta
virosa) und des Wasserfenchels nntweifid-
haft in deii ätherischen Oel dieser Pliaii*
zen, was wie die fitherischen Ode atkur
übrigen durch einfache Destillation ndtWaiH
ser bereitet ist, seinen Sitz hat« wdl pioH
lieh die ätherischen Oele dieser Pflamen die»
selbe Wirkung zeigen, welche wir äberiiappt
im Allgemeinen von den offiicinelleD Thetoi
derselben l&ngst kennen.
^
0
— 73 —
Das CoDün, das Ol. Cicatae virosae ae-
tbeream, das Ol. Phellandrii aquatici acthe-
reum zeigen im Wesentlichen unter sich ähn-
liche untTder Wii'kuD°; der Fflanzeo, woraus
sie bereitet sind, ebenso ähnliche Wirkungen.
Wir erzählen Jetzt hier nur die Versache
über die Wirkung der genannten Mittel an
Fröschen und Salnmandero, welche jedoch
im Wesentlichen mit ihrer Wirkung an Ka-
ninchen und Hunden ubereiastimmen
Ein halber Tropfen Coniin einem Frosch
in den Mund gebracht, erzeugt nach fünf bis
zehn Minuten die Lahmung der willkührlicbea
Muskeln der Extremitäten, des Bückens, der
Kehle, des Kiefers, des Bauchs, so dass der
Frosch regungslos daliegt; obgleich er schein-
bar noch Willenskraft und EmpGndung hat,
welche aber ebenfalls nach abermals zehn
Minuten aufhöre«. Geiger und Schärpe^/
leiteil diese Wirkangeo allein von Lähmung
der motorischen Kraft des Rückenmarks her,
nehmen an , dass in diesem Betracht das
Coniin dem Strychnin, welches erhöhte krampf-
hafte Bewegung durch Biickcamarksreizung
erzeugt, in der Wirkung entgegengesetzt
sei; dass aber die Wirkung von beiden sich
nur auf das Bückenmark und nicht auf das
Gehirn und die Sinnesorgane beziehe. Hier-
mit stimmen indessen die Wirkungen, welcÜe
wir von dem Schierling im Ganzen (dem
Extract, dem Pulver) sehen, nicht völlig uber-
ein, indem dabei Gehimaffectionen nicht zu
verkennen sind, da wirKopfschmerzen, Schwin-
del, selbst Delirien danach entstehen sehen.
In der That zeigea auch unsere Versuche
— 74 —
aber die Wirkung des Conüos an FrÖscUeu,
dMB die bisherigen Beobachtung-ea in viel-
facher Hinsicht ergänzt werden müssen und
dass eine Wirknng des Coniins, wie »neb
der öbrigen ätherisclien Oele der Darkotischen
Doldeopflanzen auf das Gehirn nicht geläag-
net fverden könne, wenngleich die lähmende
Wirkung auf die wilkührlichcn Maskeln gauz
richtig ist.
1) Zunächst finde ich nämlich, dass die
Lithmung nach der Application von Coniia
liei einem Frosch oder einem Salamander eich
Cmt allein auf die rein willkiihrlichen Mus-
keln der Extremitäten, des Bauchs, des Bük-
kens beschränkt, dass ober schop die exci-
tomotorischen Contractionen der Hphinctereo
des Afters und der Blase nicht gelähmt sind,
daher der Sphincter ani geschlossen bleibt.
2) Andererseits wird die Bewegung des
Darmcanals und vorzüglich des Herzens
durch die Wirkung des Coniins fast gar
nicht verändert. Es ist eine merkwärdtge
biiher gar nicht betbachtete Erscheinanr,
dan in einem durch Coniin narkottsirten wie
todt daliegenden Frosch die HerEbewegnng
and die Circulation noch vier und ztväaiig
ja sechs und dreissig Stunden lang fort-
danem. Man kann diess sehr leicht betb-
achten, wenn man durch dnen kleinen Ein-
sehnitt der Bauchwand nnte'r dem Brustbeä
dieses etwas löst und aufhebt, woraaf das
Hers sich zeigt, das mai; dann wieder aÜ
deM Brustbein bedecken and vor der Lfuft-
einwirkung schützen kann, so dass sich die
— T5 —
Bfobachtung der Herzbewegung voü Zeit
KU Zeit gaoz direct beobachten läsgt. Wirk-
liche Lfibmung des Rückenmarks würde
aber bald anch Lähmung der Herzbewegung
nach sich ziehen.
Da bei winterechlafendea Fröschen die
Langenathmung durch die Hautrespiration
vertreten wird, so hindert hier die, allerdings
gelähmte, Kehlbewegung den Respirations-
act nicht, und es ündet daher keine Erstik-
kung statt, die eich bei Säugthieren nach
Anwendung des Coniins sehr bald zeigt, so
dass sie daran sterben. Frösche dagegen
sterben erst mit dcm gänzlichen Stillstande
der Herz- und Blutbewegung, nachdem sie
vier und zwanzig bis sechs und dreissig Stun-
den scheintodt dagelegen haben.
3) Obgleich non Herz- und Darmcanal
durch Coniin in ihren Bewegungen nicht di-
rect gelähmt werden, so sehen wir doch
Lähmung der Iris nntl Erweiterung der Pn-
pille, die fast kugelrund wird, anstatt sie
sonst nur eine schmale Spalte bildet. 80- ~
gar die Empfindung der Aetzhaut scheint
gelähmt: denn die Augenlieder, welche sich
auf angebrachten directvn Reiz noch schliessen,
schliessen >iich bei vor die Augen gehaltenen
Instrumenten nicht. In der That sehen wir
diese die Iris lähmende und die Reizbarkeit
der Netzhaut abstuiuprende Wirkung des
Schierlings auch beim Menschen, ffieraus
geht also eine Wirkung auf das Gehirn und
die Sinnesorgane schon hinreichend hervor.
— 76 —
4) Nim finden wir aber andererteün Er-
4MlMinongen welche seigen^ das» in dkfrTluit
Libminig der willkflhriidien Ifoekeln Mtf
Bfiekenmarkslähmime flberhaapi nadi
irieht schliessen Iftsst Za diesen flrsduriK
nangen gehört die Fortdauer einer exdto-
JWitoriseMn Reizbarkeit derMoskebi M den
mäi Coniin narkotisirten' Fröaehen, ijrie war
aia ohngefähr bei GeMmlähmangen dei Ikmf^
adMi sehen, bei denen das RIeEenauurkittoeh
4Bkr nieht mitleidet Haben nioi|idi Äe
VMsche kleinere Dosen Coniin oder: OL Ci^
aptae virosae erhalten, so seigen sie luudi
Msifi, sechs bis swAlf Standen wk Rerihnwg
der Haut Zockongen in aUen OKeder^f ja
Mweilen entstdien die Krlmpfe ¥on Adhlt
«flid sie hfipfen eine Zeitlanc exeitariseli wie
geköpfte Frösche hemm, wärend Jedoeh. jdli*
willkahriiche Bewegnng gtnzlich gelihmt ist
Alles dieses deotet an, dass bal ikr
CoiMinwirkong allerdings das OeUrii juliei^
det, und dass im Rfickenmark.selbst eheüo)
wohl die durch den Willen vom G^sm.fMt^
Sflanste, als die eigene excitomotorisdM
ift leidet Daffir spricht auch besonders
die bei mit Coniin narkotisirtett FriMdmi
lortdaoemde Schliessung der Sphinelema isi
im iortdauemde Herzbewegung;^ welchswhai
ginzlicber Rflckenmarkslimnung gar tflidt
mö^ich sein würde. : * !: •/'•' ;i
Umgekehrt schdnt die so
Pupilleniähmung mehr auf GehimWuiHlig
sudeuten. d*" '^
— rr- _r
Andererseits habe ich aber gefuaden,
dass die Anwendung von Strychnin auf die
Mundschleimhaut bei einem durch ConüD oder
' Ol. Cicutae gelähmten Frosch keine Krfimpfe
mehr, oder doch nar unmerkliche Zuckang
hervorbringt : woraus man wieder auf wirk-
liche Rückenmarkslahmang schliessen möchte,
da bei Integrität des Rückenmarks das Ge-
hirn auf die Kramp ferzengung' durch Strych-
niu keinen Eiufluss hat. Inzwischen bemerke
ich, dass nach der AnwenduDg von Conün
lind Ol- Cicutae oder Ol. Pbeliandrii die
Mundschleimhaut sich entzündlich röthet and
es zweifelhaft wird, ob bei diesem Zustande
das Strychnin auch wirklich vollstündig re-
sorbirt wird, während die ganz schwachen
Zuckungen eine theilweise Resorption andea-
ten könnten.
Der Wiriinng des Goniins iat am dte
Wirkotrg des Ol. aether. Cicutae viraeae ni
des Ol. aeth. Phdlan^i im WeteDtHebn
ganz ähoUch, weou e» ebenso wie jenes «of
flie Hsndschlieimhant angebracht wird. Di«
einzige bemerkbare Terschiedenfadt adwfart
mir darin so Hegen , dass nm gleiche finule
der Wirkung m erEengeo etwas grimtn
Dosen der ätfaerisehea Oele nfit^ sie«!.
Dorch einen halben Tropfen Cmriig wird tia
Frosch hinreichend an aUeo GÜedem pamly-
strt Dagegen ist ein ganzer Tropfen Ol.
Cicutae am dinelbe Wimang liervom^fin-
gen nöthig.. Ja starke Frfisdie vertrageir
ois ein ond einen halben Tropfen, ehe UUi-
— m —
UBOg entsteht Ferner scheint aueh dieWir-
lung nicht bo schnell zu geschehen: was
darin liegen kann, dass die nicht »innidiuniii-
baltigen Htherischeo Oele weniger leicht ab-
aorbirt werden als Coniin. Die Röthung der
Applicationsstelle durch entzündliche Reizong
ist aach nach der Anwendung der ätheri-
schen Oele grosser als nach Couiin. Es
dauert oft zeliu bis fünfzehn Minuten, ehe
nach der Anwendung massiger Dosea vofi
Ol. Cicutae oder Ol. Phellandrii die ItihmeDde
Wirkung bei Früschen eintritt.
Sonst findet sich nach Anwendung des
OL Cicutae virosae dieselbe Lähmung der
GUeder, der Baachuiuskelo, der Kiefer, die-
selbe lange Fortdauer der Herzbewegung
und der Circulolion überhaupt, dieselbe Er-
weiterung der Pupille wie nach Coniin. Auch
iaden sich nach Anwendung kleiner Dosen
dieselben excitomotorischen Zuckungen dar
Frösche bei der Berührung, wie nach Conus.
Das genaue Treffen der Dosen um den ge-
wfiDschten bestimmten Grad der Wirkung
hervorzubringen ist übrigens eine sehr schwie-
rige Sache. Entweder man erhält eine zu
schwache oder sehr spät erfolgende Wirknn|^
von einem Tropfen Oel, oder bei VergrÖMC-
rnng der Dosen bis auf zwei Tropfen wird
die Lähmung gleich ganz allgemein und voll-
ständig, in welchem Fall auch die Herzbe-
wegtiDi; sich schon in kürzerer Zeit veriug-
samtf wenngleich sie immer noch viele Stas-
den fortsudauem pflegt Hier zeigt nch loeh
- M -V .
ein grosser Unlersehied nach den verschie-
lienen Individuen. Die man^Üchen Frösche
vertragen im Allgemeinen grössere Doseo
als die Weibchen. HalHierwachsene vertrat
geo auch grosse Dosen, ja erholen sich nach
vier und ?,wan/,ig Stunden oft wieder gana
, von ihrer LähmuDg und bleiben völlig ge-
sund. Aber auch sonst bringen dieselben
Dosen nicht immer gleiche Wirkungen bei
allen Individuen hervor, besonders wenn zahl-
reiche Versuche gemacht werden.
Bei der angegebenen Applicationsweise
zeigt weder das Coniin, noch das Ol. Cica^
tae virosae noch das Ol. Phellandrii ein«
merkliche directe Einwirkung auf die Blut-
blasen der Frösche und Salamander. Die
Wirkung scheint vielmehr nach der Resor-
ption der Alitiel allein von dem Blutplasma
auf (las Nervensystem übertragen zu werden,
und das allerdings erfolgende spätere Schwara-
werden der Blasen nur eine Folge des sich
bildenden venösen Zustandes ?.u sein. Da-
gegen wird das Blutplasma selbst bedeutend
mitveräJidcrt, indem seine Gerinnbarkeit mehr
oder weniger, oft gaos doreh die g«Miintnt
Hittd Bofgehoben wird, dah^r man das:JUii*
bei .vollstlndijE^er -htmoDtfers luigeam: erfi^
gender Tergiftiug flöasig findet
Da das StrychDiB imner KrlnpfB^ die
genannten Präparate der mtrkotiseneD DtA-
deupflanxen aber iBUaer hsnptsidilidk IdUi-
mangen der willkähriichea Miiskelft bervOTM
bringen, ae wänaohte ich so erfalmni^ wn»
gesdkofaea wnrde, frenn an ffresch^ du «&
' — 80 —
Krampf durch Strychnin leidet, nun Ol. Ci-
cntae virosac, Ol. Phellaudrii oder Coniin er-
hSIt. Ich eab also einem Frosch auf die
Hundschleiinliaat eine kleine Dosis einer Anf-
Ifisan^ von essigsaDrem Strycbnia in Was-
ser, und nach zwölf Minuten, wo die Zuk*
knngen entstanden waren , eine Dosis Ol.
Cicutae virosae, wie sie hinreicht äinen ge-
snnden Frosch zu lähmen. IVach Veriaaf
von abermals zwölf JMinulen minderte sich
der Starrkrampf und nach funfzehu bis zwan-
9Mg Minaten hatte er ganz aufgehört und der
Frosch lag gelähmt da, als wenn er bloss
Oi Cicutae virosae erhallen hätte. Ganz
dieselben £rfolge fand ich, wenn ich bei durch
Strychnin erzeugten Krämpfen einem Frosch
OL Phellandrii oder Coniin gab. Aber auch
hier zeigt das Coniin seine Wirkung schoo
in etwas schwüchereo Dosen, als das Ol.
Phellandrii und Ol. Cicutae virosae. Um die
Bestimmtheit der Erfolge dieser Yersoche
beurthellen zu können, muss in Betracht ge-
sogen werden, dass ein Frosch, der durch ganz
kleine Mengen, vielleicht einen halben Tropfen
einer wässrigen Auflösung von essigsanrein
Strychnin in Krämpfe versetzt wird , in
diesem Zustande oft vier und zwanzig bis
sechs und dreissig Stunden ohne zu sterben
verharren kann, während aber die Zacknn-
gen der Glieder immer fortdauern. Sobald
er aber Coniin oder Ol. Phellaadrii erhilt,
machen in Zeit von fünfzehn Minuten höch-
stens die Zuckungen der allgemeinen L£h-
mung Platz. Der Uebergang ist nicht plötz-
lich sondern allmühlig, zuerst werden die
Zackongen schwächer, aber der MaBkeUar*
— 81 —
iffor Ideibt uoch: dnnn hören gewöhnlich zu-
erst in den unleren ExtremitAfen die Zackun-
gen gaoK Huf, später id den oberen und nnu
erfolgt die Lähmung.
Welche praktische FolgeniDgen für die
Anwendung der verschiedenen Präparate dcR
iSchierlings , des Wasserfenchels, auch der
Cicula virosH aus diesen Versuchen zu zie-
hen sein möchten, behalten wir uns vor bei
einer anderen Gelegenheit zu untersuchen.
Eine •
Hernia sacralis
bei
einem nengebornen Kinde
I>r. C. C. T. Burdach, in Luckaii.
Die Ehegattin eines ehemaligen udIC'
ren Militairwiindarztes, im Anmnge der
vierziger Jahre stehend, hatte seit beinahe
siebzehn Jahren keine Schwangerschaft ge-
habt. Zwei frühere Kinder waren an Kopf-
krankheiten und Krämpfen gestorben. Seil
Februar vor. J. schwanger, ohne es ao-
fänglich zu ahnen, ward sie bald von sebr
heftigen Kreuzschmerzen hefallen, wogegw
sie Abftihrungsmittel, Jedoch ohne Erfolg, an-
wendete. Ein ihr empfohlener Aderlass ward
Dicht angewendet Nie ansserte sich ot
iadem sie gleichzeitig mit Her rechten tiui
nach ihrer Ä'reusge^ewd griff: »mein Kiem
thut mir so weh wie ein Blutachttär.'- -
Nach einigen Wochen verloren sich jedoc)]
ä^i
— 88 —
diese Krtiizschmerzen allmählich. Am 30. Oc-
tober V. J. wiird diese Fran von einem aiu-
getragenem lebeuden Kinde müonlicben Ge-
schlechts entbunden, welches folgende merk-
würdige Abnormität «ur Welt mitbrachte.
Im unterfiten Theile der rechten Lumbar-
gegend, auf der Verbindungsstelle des letz-
ten Lendenwirbels mit dem Kreuzbeine, ge-
nau an dem Punkte, weichen die Schwangere,
unter den obigen Worten, an ihrem Körper
oft berührte, erhebt sich eine mehr als hand-
tellepgrosse, kreisrunde, kratcrförmi^e Auf-
wulstung, von dunkelrother Farbe, Üer in-
iiere Kaum derselben ist mittelst einer dün-
nen, glänzenden, nicht epidermisarlig orga-
nisirten, JUembran faltig geschlossen, welche
durch eingeweideartig anzufühlende Mas-
sen, welche beim Athemholen und Schreien
.des Kindes sieli. starte, bewegen und bii über
den Rad4 der Umwallnng* bervortreten, ass-
|fcfuUt-ist. Die Muecnlatur mü dieser St^Ie iit
inneriialb der (JmwaHsng völlig durebbraefeen,
mich da# Ccrinm and Zcügcweb« der Hast
scSeiDt daselbst za feUen, lo wie die soUc-
fen .Fortafitze des letxten LeBdenwirbehi nebst
den ftberstea Hände des KreuzbeinM', ■«»•
. ^haft gebildet xa sein «derxa feUea «chei-
nen , sa dasa mnerhalb jener knieriörwigea
Aufwidstung die -hintere Banch- nelleidit
and) BeckCahttte nar dra«h Ae erwSlinte
lünerme Membran gescbtosaen ist Das Ganze
kafr U» ZOT väiigM T&ntAaag das- Aasehen,
als ob an dieser Stelle, vor -mebrereD Wo-
chen, ein ugehesrerFurwutaf Ten der Grösse
■ ■ -^ 6* ■- .
— 84 —
Illindesten» eines Zweithalerstäckes ■■ Bil^
raog gegangen und nun soweit gekcdt «to!
Bei einem , nicbt allznstarken , Drvifce md
den wulstigen Rand, sowie anf die iaaahril
desselben unter der Membran herrarbttoh
den, letztere anspannenden. eiagew^iH^
liehen Tlieilc, scheint das Kind keinea Sckacn
7.1t empßnden.
Das Kind starb naeb sechs Woebem, je-
deDfalis an den Folgen des beregten C^cb.
die Section ward Alter nicht TcratittcL
Eine von mir angeordnete Bandage wv Bv
ein einziges Mal und dann nicht n~ieder an-
gewendet worden, weshalb sich das Uebd
immer mehr vcrgrössert hatte. Von Jenani
der das Kind aber nie gesebea hatte, v/u
später geünesert worden: es könne woU
Spitia bifida n;ewesen sein. Ich erkiire je-
doeh auf das Bestimmteste, dass dieses tiffd
der Fiill war, indem ich den Zustand mii
Kückfuichtnahme auf dieses Hebel genan on-
tersucbt habe Die vorliegenden, nar mit
einer dünnen Haut bedeckten, Theile wareu
fan» unverkennbar wirkliche Eingeweide;
em Gefähl nach , Leber oder Niere. Du
Rückgrat war nach hinten zu ganz vollstia-
dig gebildet und ohne Spaltang; alle Pro-
cessus gpinosi in voller Integrität : kaum,
dass die untersten Processus oblic|ai, welche
dicht an der Missbildung befindlich w,ireD.
etwas unvollkommner als die der anderen
Seite 7,u sein schienen. Bei völlig raht^ea
Zustande des Kindes fand keine Geschwulst,
kein Hervordrangen der prolabirten Theile
innerhalb der kraterformigen Vertiefunf
« I
— 85 —
Statt; nur bei beunruhigter Reepii-ation, be-
sonders bl^iin Schreien und Hasten drängten
sich dieselben sogleich stark hervor und
konnten nur durch Anstrengung der auflie-
genden Hand zurückgehalten werden. Ein
blasenartiges Gebilde, wie bei Hydrorrhachis.
war durchaus nicht vorhanden. —
i-* ■,;>! .iW(
Beitrag
neuen Heilmethode
der
Baue li Wassersucht
durrh
gauze Kartoffelu.
Von
Dr. C. C. T. Burdach, in Luckau.
^ Unter ungefähr folgendem Titel : »VoU-
stäadige Heilung; der Bauchwassersncht durch
ein bisher unbekanntes einfaclies Mittel, etc.
— von ])r. V. Iletl/eld, ehemaligem aasser-
oi'd. Prof. d. Medicin zu Jena,« erschien zi
Anfang v. J. eine sonderbare kleine Schrift.
Ringsum mehrfach dicht verklebt, entdedtl
sie ihr Geheiraniss nur demjenigen, welcba
für baare »ehn Silbergroschen ihr rechtais-
siger Besitzer geworden ist. Da teh ebei
eine, wegen organischer Fehler anheilbare
ascitische Kranke behandelte, so scheute ich
den Aufwand nicht, und glaube dadnrrh sa-
— 8r —
gleich berechtigt zu sein, dun erkaufte Ge-
beimniss und meine Beobachtungen darüber
zu veröfTentlichen.. Der Verfasser obiger
Schrift heilte seine bedeutende Banchwaeser-
sacht, nachdem er angeblich von den Aerzten
so gut wie aufgegeben war, durch den al-
leinigen GennsB einer tüchtige» Schüssel voll
/ganzer Kartoffelrt. und lebte hierauf nflch
länger als vierzig Jahre in bestem Wohlsein,
ohne einen Rückfall dieser Krankheit. Auf-
fallend genug. Zufällig jedoch ward mir
von einem Landmanne, ohne meine Ver-
anlassung, völlig unbefangen nnd glaub-
würdig, beinahe mit denselben Worten wie
in dem angefahrten iSchriftchen, ganz das
Gleiche erzAhlt. Die Q^chsITenheit der, oh-
nedies nicht wohl gerauen^n, Kartoflieln zu
jetziger Jahreszeit (im Februar), auch die
individnelleD Ünistfinde, gestatteten zwar
nicht eine ganz treue Nachahmung des obi-
gen Heilverfahrens; jedoch verordnete ich
meiner Kranken den täglich dreimaligen üe-
nusB von einfachem Kartoffelbrei, mit gänz-
licher Ausschliessung jeder anderen Nahrung.
Der Erfolg war über Erwartung befriedigend,
obwohl nicht so glänzend wie bei dem Or.
f. Hellfeld und meinem Bauer. Heilung
konnte wegen der obwaltendeu Umstände
hier "nicht dadurch bewirkt werden, aber fac-
tisch ist soviel; diese Kartoffeldiät wird von
meiner (bettlägerigen) Kranken besser ver-
tragen, macht ihr weniger Spannung und
Aufblähung der Präcordien und leichtere ge-
regeltere Stuhlentlecrung, auch bei dem an-
hauenden Fortgebranche weniger Ueberdrus^,
als irgend eine andere Kost; die gleichzeitig
. — 88 -
«oeewendeten Palliativinittel wirkea faicht
lind «eher, mid 80 labt diese Kranke^ welche
ihFem Ende schon ziemlich nahe sdura^iEieit
mehreren Wochen in recht erträglichem Zn-
stande, bei verminderter Geachwolst. Bei-
liafig bemerke ich, dass icH in dioBiem Falle
die als angeblich bestes Dioretiewt eayfek-
lene Caincaworzel gans wirkungskw, «ge-
gen den Anfgnss der PetersiUenwniiiefai» 9^
ge wohnliches Getrink angewradet, ipeeerBt
kriftig und die reichlichste Diäresis bewir-
kend und die sonst recht wirksame Bad. One-
nidis merklich nbertceffend gdtandeir habe. —
. /
«
<.M-->
»1 •
t
vn..
Kurze Nachrichten und
mni^. Auszüge.
" Fernere Nachrichten ' "*
Uli«r
das Kinderspital in Wien.
(Vcrgl. Bd. XCIV. 81. «. S. 106.)
Wir enlnehmeu aus dem von Dr. MmiHmtr
Sil eben v« rollen tlichten «BerirM ülier die Ergti-
»isse des unter dem AUerhSehstett SilmlMi I. M,
Her JCaiterin Maria Amia $lehemteit er«(en Smder-
sftüales im J. 1842.« nachrol^entle Kotiscn, aus
deueu sich die festere tieslaltung der innerii und
äussern Verhältnisse dieser Anstalt aitF eine er-
freulinhe Weise bekanitet.
-Ein Verein von wo)iUhätist.'n b'inderrreuii-
den hatte sich schon im Laufe des rarigen Jah-
res zu bilden begannen, nni dieses Instilat von
dem vergänglichen Wirken eines Einzelnen un-
abhängig zu machen und dauernd zn begründen.
1>es Vereins Entstehnng ward am letzten Tage
vorigen Jahres öffentlich angekündigt, nnd nach-
— 90 —
dem am 6. Harz die Sanctionimng derStatnteu
erfolgt w^r) ivShlien die Mitglieder das CoBdML
Die Frau Landgräfin ^on Fursiembei^^ Ober-
hoftneisterin Ihrer Majestät der KaUerin , and
Fraa Gräfin SedlnUzkp wurden die Yorateberin-
neu des Vereines. Ihre Durchlaucht die Frau
Ffirstin .Schänburg^ der Herr Pfarrer Honorins
Kraus, die Herren Dr. philos. J. B, Hyiiridtf,
F. C. Mamusi und iHerr Dr. Matahmat als Di-
rector. wurden zu den Aus^chuss-j
des C^mit^'s gewSMf.
»
Nachdem am 25: Mai die Allerbttcbaie
Schntzfrau das Institut in alP seinen Theilen
besichtigt, und von dessen Einrichtung in dem
neuen Locate genaue Einsicht zu nehmen geruht
hatte, fing man am I. Juni an, die Anstalt aus
den Kräften des Vereins ßu erhalten« JDie Bei-
träge wurden den Statuten gemäss aufzweifache
Welse verwendet 3 ein Theil davon ward snr
Grfindmiig eines Stamm -Capltals^ deinen IBwien
die Fortdauer des Inatitu^f s dereipsl.aicibtni aol»
len, der andere zur Deckung der täglichen Be-
dürfnisse benutzt. Desshalb ist der eraiere
Tbeiides Spitalvermögena bei der ib ki ^ivil.
ojMipA .DeaterreichiscbeA Spar^Casse ma\r\mw'.fOL
dvi^oiürt, weMe milBicbBcbi Auf den wdkllbft*
tigen «Zweck einen «eigenen Coato coHrente tdeni
Vereine eröffnet bat, während dar DkMlbe
die Gelder zur Erhaltung dar Anstalt IrarwnHel^.
und bierfiber mon^licb sewebl Iluftr
der Allerhöcbsten SchatnfnMi, wie ;AiiaK*?4
Comii^ Rechenschaft giebt.
. Der Wirkungskreis der Anstalt bai :ri«il
^Mitdern in zweifacher Besiebnng enreil4ric:i aie
kann nämlich nun auch siechen haMmaiMIkKk
Kindern gegen Verpflegsgebtthi^n von.zalm'idKi
zwanzig kr. €. M. , per Tag eine XdinMMiUh
bieten, wofür eine eigene Abtbeiinng wäm^iOtMS
i<
- »J -
Beücn bcsliuiml Ist, uiiil sie vermag jetzt iii
UriDgcnilen Erkrarliiingeii armer Kiuder auch
aiiMer der Anstalt Arzneie» unentgeltlich zu
spenden, da fast sHmintliche Apother Wiena auf
die edeloiütkigste und menschenfreandlichatc
AVeiae die in solcher Absicht verschriebenen
Arzneien, welche zur leichteren Berechnung in
zwanzig Formeln zusammvii^ernsst sind, uacli
der laudesnblichen Taxe mit dreissig pCt, IVach-
lass verabfolgen.
Die strengere Absonderung der auslecken-
den Kranken, die zweckmässige Beschäftigung
deegencseiiden bereits schuißhigen Minder durch
passenden Unterricht, welchen der Herr Schul-
lehrer Hofmann selbst £u ertheilon die Glit« hat,
und ganz besonders die gemiithliclie dcil trost*
bcdärrtigcu Aeltern nnd dea leidende« Kiildcrn
wohlthneiidc SccUorgo des hacbw. Herrn Kate-
cheten Palet lhiaHLoril% sind wesentliche Fori- -
schritte, deren sich die Anstalt im Laufe dieses
Jahres zu. erfreuen hatte.
Sowohl im Kinderspitalc wie an der Uni-
versilSt wurden auch iu diesem Jahre neun uudi
drcissig Frauen und dreissig niönuUclie Zuhö-
rer in der Kinderpflege unterrichtet. Eis haben
soiuit innerhalb der drei Jahre, als diese theo-
retisch-praktische Belehrung über d^c ,'Pl1cg«^
gesunder und kranker Kinder crtheiU wijrd,-
siebenzig Frauen und ein hundert tuaf BI^nn*!r
bereits diesen nüfziiehen Vulerricbt genossen.
Auch hat die Austalt wie bisher, vielen Ja ugern
Aerztcu Gelegi'iiheit dargeboten, die zahllosfii
Leiden der Kinder am Krankenbette sn beobr
achten.«
IMmmarisehor Ausweis Über die im jähre
IS42 behandelten kranken Kinder:
- H -
Vom 1. Januar bis Ende Deccmb«? 1913 Wtlr-
den behandelt: ,
Im Spitale SSS -
tn Hanse * IM^ '
Znr tSglichen Ordination^ kamen ^ftSf .
Snniine 3904 '
• . ».
Hierron sind: genesen ; j{/fjktbrben
Im Spitale ... 274 — ;j. Ä/ •
^ Zn BTanse .... 100 — '26
Zur Ordination fc- • ^,^ ' . ;. v
brachte Kinder . 2064 t. .^..tfiS:-^,
Somme 3436 ~ ' aw *
;» ■ ■-. .'■♦
Auf Verlangen aua-dem Spitate. Mt* '•^-
lassen .• » .(• • .« «,.«..«'>*« i«;-.:i96
Yon den «ur Offdlnaikn'gebnMBhtMiUr:f;'t) •
ins Spital aolgeiiommen • 4-i.mitMM->
Ausgeblieben sind fott. den cur. Qrifc'^ u'^,'^.».
naiien gebraditem Kfaidem .(•»>., BIS- ■* -.
. »elmpft wurden S4; mit Arirny^n 'J^tis
l^MHel» 102$ gegen TernflegUgebfllilritt' m^ti
auMoqimenlo: -«^ v..^^.
Das VerhSltnis» W ll^ha^del^ ''iik''iH^
Gestorbenen war: im Spitale wie' 6'Vju"^ni^
Hause wie 10 : 1;, bei den zur OrJlufiVtSg^^^
iMGhten leichteren Erkraillrungen' ' "^ef 'RfTlC
"^ Es ergiebt sich somit als TotaUlJeMjA
der seii dem Jahre ' 18^ be^amfelb^ ''£r
kranken Kinder: ' '''' Z.i
Im Spitale im
.,m^ Hause ^. ...,.• •.. • it:;:..
Zur Ordination gebrachte . .f.>
i » i
Total- Summe 13I3T
- M -
Praktische Miscelleii
u*.t.i Lesefrüchte
'"^"^iitia der autländiachen lAtteratMr,
^ ■ Vom Herausgeber.
Bnmt ntid seilte Präpanüe. — Neue Ver-
buche darüber hat Herr B. iU. fi/over (Edinburgh,
»cwkaBtlc Oll Tyne) angestelll. Sic >F3ren
Gegenstand der Honietf 'scheu Prrisanfgabe tat
1S42 und aind in <lem Edinburgh med. and surg.
Journal Jnli 1842. p. 120 ~- 141. und October
p. .335 _ .364 in einer Abhandlung besciirieben,
weiche fallenden Titel führt: On the Phjsiola-
gical and flledicinal Fropertiea of Bromiue and
its Cnnipounds; also the Analogies between, the
Fhysiological and Aledicinal Properties of these
Bodics, and (hose oX Chloriue aiid Jodine with
Ibcir correspoiidcut Coniponuds, und enthält
eine Reihe neuer Experimente an Tbiercn, welche
ausser den |ih}'si alogischen Eigeuschaflen de»
Brunis, der Hvdrobrauisäure,.der Verbindungen
des Brom's (mit Kali, IVatrum, Slagncsia, Baryt,
Zink, Eisen, Blausäure etc.) und der Analogie
derselben mit Chlor und Jod und deren Präpa-
raten auch die modicinischen Wirkungen dieser
Stolle zum Gegenstand habvn. Nach Herrn
Glover's Versuchen ist ein Tbeil reines Brom
in circa ein und vierzig TheÜen Wasser bei
sechszig Grad {Fakr.? Ret.) aufifislich, so das»
eitle l'nze 10,36 Gran Brom enthüll. Dies ii«t
die sstnriite Lösang, Aeren er aidi bei seincH
— M -
Versuclieii lieilicnt hat. Diese bestätigen im
Allgemeinen ilic Errahruii,eeD , welche deutsclic
Aerzte über dir giüigen WirhaiiKcii des Brom«
seit beinahe zehn Jabrcn- veröfieiitlicht haben,
die aber iinserm Verf. unbckaunt geblieben tu
sein acheincn. Wir vortveiscn unsere Leser in
dieser Beziehung auf ttUke (die neuern Arse-
neimitlel. Stuttgart 1840. [>■ 122. 3'43. 36S und
folg.) Unmittelbar tu den Kreislauf gebracht,
wirkt das Oroin corrodirend auf alle Organe,
mit denen es in Conlact kommt, und födtcl
darclt Coagulation des Blutes in den Gefasse»
und in der rechten IIKinc des Herzens. Blaf-
entzichungen mindern die Wirkungen des Gif-
its. Durch den iHnnd «iiigeSösst, zerslöri m
die Schleimliaat des Schlundes und des Magent
durch Verdunstung, welche bei der beLann-
fen Flüchtigkeit des StoHes sehr schuell erfolgt.
. nizt und entzündet es anck die Respiration*-
•^ane. Das Athmen wird erschwert, die
Circulation langsam und nnregelmässig. Es stellt
sich vermi'hrli.- Secrctiun des IVasenscblcims and
Speichclfluss ein. Der Magen verliert bald die
Krall seine Conlcnta weiter zn fSrdern, daher
das cm in demselben verbleibt ; nichts desto-
weaiger werden die perist al tischen Bewe^^ngen
der Därme durch dasselbe gelähmt. Wendet
man geringere Quantitäten des Broms an, so er-
folgt -bloss entzündliche Reizung des SlageiM
und in dem Blutoder Abdominal- Venen findet
man Spuren desselben, zum Beweise, dass t»
ahsorbirt wurde. Dies ist Jedoch nicht in allen
FSllen beobachtet worden. Brechen und Par-
giren stellen sich meist sehr schnell «in nad
im Urin findet man einen Theil des Broms wie-
der. Bringt man das Gift bloss auf die Zaage,
so wird in wenigen Minuten die Respiratioa
in hohem Grade beschleunigt, röchelnd mai
der Herzschlag unregelmässig. Es er folgen
Rnctas und Durchfall, Thränen der AagvMond
I
- §5 ^
Erweiterung der Pnpillen. Das Thier bleib!
lange Zelt Nchwach. Die Wirkungen Bind also
otTenbai' denen ähnlicli, welche das Einathmcn
von Chlorgas hervorbringt. Der Verf. versucble
das mn an sich selbst, er brauchte es einen
Mouat lang und stieg allmäblig von viereig
Tropfen der satnrirten Auflbsung dreimal täg-
lich in einer halben Tasse Waaiter mit etwas
Sjrrnp, bis zu einem Außen fVemgla» voll pro
dosi. Mehr konnte auf einmal nicht genommen
werden. Der Geschmack war abschenljch (iruly
horrid), das Mittel vermehrte den Appetit,
Haut- und Nierenaecrction. Anderthalb Tropffn
reines Brom in einer halben Unze Wasser er-
regte HilRe im Munde, im Oesophagus and im
Magcu, auch etwas Holiksehmerzen; »wei Trop-
fen aber verursachten Ekel, Schluchzen und
%-ermohrten die Urinaecretion. Das Einathmen
der Brnmdämpfe macht heftigen Husten, Beklem-
mung und Koprscbmerz. Aehnlich waren die
Wirkungen, welche unser Verf. bei Kranken
beobachtete, denen er das Mittel reichte, mehr,
mals sah er auch Erweiterung der Pupillen und
Betäubung danach entstehen, und glaubt daher,
dass man das Brom nach seinen Wirkangen
auf den Organismus aU zwischen Chlor and
Jod in der Mitte stehend ansehen müsse, daaa
es sich aber mehr jenem als diesem nähere.
Als ein neues Reagens auf Brom giebt un-
ser Verf das GoldcJihrid an, welches aber nicht
eine gelbe, sondern eine rolhe Färbung in
bromhaltigen Fliissigkcilen erzeugt. Als die
besten At^iA>la empHebit er Stärke und jEweics.
Die Hgdrobromsäurt ist weniger scharf und gif-
tig als das reine Brom. Die Verbindungen der
Broaisänre mit Kali und IVatrum sind wenig
corrodirend, Solutionen von Eiweiss werden
schwach dadarch getrübt und, dem Uluie beige-
miacht, geben sie diesem eine hellere (brlghtor)
— «6 —
Farbe. Btaihez fanil. das» Bronikali sich gani
so wicJoiJkali verhielt. Eh tödtet Hunde, wcd»
man es in die Venen sprilet, durch Coagqlation
dea Blules und erregt Conviilsioiten. In dei
Blagen gebracht, erregt es Brechen. Cen-altwun
darin EurückgehaKcn, enleündet ua die Kla^en-
aud Darnisclilcimhant,
Brom- und Jodbaryum sind in ihren Wir
klingen nicht weaeiillicli verschieden von Chlor-
baryom.
Die Verbindung der Bromaäure mit Zinl
verhält sich in seinen physiologischen Wirkuu-
gen ähnlich dem Ziiikchlurid, Die Lromsaureii
HetallsalEe des Itlercurs und des Eisens zeigen
in. dieser Beziehung cbenTalla keine wesenlliciieu
Verschiedenheiten von den Chlorverbindungen
dwaer Alelalle. Das hlausaure Brom scheiat
das heßigste Giß zu sein, das wir kennen. 6*
wirkt direcl lähmend auf das Kückenmark.
Was nun die medicinischen Wirkungen itt
Broms und seiner Composita betrifft, so scheinen
zweiPranzoseiiPourc/ie' nnd£>e«orgues beide Nickt-
är^e, den Gebrauch derselben zuerst versucLl
za haben. Letzterer empfahl das Quecksilher-
bromin gegen Syphilis. Was fernere Erfahmn-
gen in Frankreich über die.se Mittel gelehrt ha-
ben, ist von Herrn Botmel im Bulletin de The-
rapentitjue. Juli 1837. zusanimcngeatelU. Er
gebrauchte sowohl das reine Brom zu sechs bii
dreissig Trupfen des Tages in drei Unzen Wal-
ser in drei Dosen, als auch das Kali faydrobro-
micum innerlich und äusserlicli gegen scrophn-
ISse Uebel. 'Da» Quecksilber -Subbroinid und
Bromid haben nach ihm die grösate Aehnlich-
keit mit dem Calomel und Sublimat. Sie wir-
ken jedoch milder und erregen weniger leicht
Salivation. Das Bromid ist nicttt so iBailch >b
- 9T —
Wasser als der Sublimat: er empGehU daher die
Auilösan^ desscibci) iu Aeiher. JUagettdie wen- '
.dct das Bram und seine Präparate gegen Sero-
pheln, AmenorrhoD und H/pcrtrophie des Her-
zens an nnd ist überzeugt, dass fernere Ver-
suche die grossen arzeneilichen Kräfte dieser
Stoffe herausstellen werden. Dr. tVilliajiu hat
das Brunikali in Fällen von Hypertrophie der
Slilz mit ausgezeichneten) Erfolge angewendet.
Unser Verf. hat aehteelin eigene und fremde
Beobachtungen über den med. Gebrauch der in
Rede stehenden Stoffe kürzlich mifgetheilt. Sie
betreuen Fälle Ton Eczema, Flechten, Vlccra
pcdum inreterala verschiedener IValnr, Carbun-
bel, syphilitische Excresccnzcn und eine sarko-
matoae Geschwulst des Knie's. Gegen diese
-vrarde das Brom äusserlich zu zehn Grau auf
eine Pinie Wasser als Wasehung angewendet
odet als Salbe (acht bis dreissig Gran reines
Brom und eine Drachme Bromkali auf eine
TJnze Fett) eingerieben. Als Augenwasser ge-
gen eine scrophulöse Blennorrhoe diente eine
Solution von drei Gran Bromkali auf eine Unze
"Wasser.
Innerlich hat Herr GIovbt das Brom kalt
(rdnf Gran alle drei Stunden) gegen Scrophel-
geschwälste verschiedener Art mit verschiede-
nem Erfolge angewendet. Eben so versuchte er
das Brom-Eisen und die Brom<juecksilbersalze
in dazu geeigneten Krankhcitei). Seine Angaben
sind indess, wie er selbst gesteht, keinesweges
geeignet, uns vollkommen über die medicinischen
Kräfte dieser Mittel zu belehren. Er kommt
jedoch zu dem Endresnl täte, dass das reine Brom
-wegen seines schenslicheu Geschmacks sehr sei-
len innerlich gegeben werden dürfe; dass das
Bromkali schwächer wirke als Jodkali, aber den
Magen weniger angreife^ dass Brom-Eisen ein
sehr angenehmes Präparat sei und als Tonicuin
Juürn. Bd, XCV. SL 4. 1
'•. 1
empfohlen werden könne und endltdi, di« f(to'
%ied(süber - Bromsalse mit dem Calomd mi4
dem Sublimat in ihren guten wie in ihren'-iiijMach ■•
ten Eigenschallen übereinstimmten» «— Im JUI-
gemeinen theilt. er die schon' oben aalgeeteUie:
Anrieht 9 dass die Bromsalxe übMhanplin Huier
OMdieinisohen Wirkung swisehen den Ohlorv
und den Jod -Verbindungen mitten inlka slili«B|
mehr aber zu den erstem «ch hin eil «elgcä
sdieinen. — Ref. glaubt nicht, dass dem Atammm^
sehalae ein wesentlicher Gewinn «u de^Bimn«
priparaten erwachsen werde. '
■Mi
Dilaiaiio cordU. — Dr. Boydy And
rylebone * Hospital, hat die Beobachtong gemndii
(Edinburgh med. chirnrg. Journal. JuL 1842. p.-
86)» dass, während Erweiterungen di* JBLnB&Mu
bei "Lungenkranken y Wassemtfchtigen Jttid Am-'
piektischen überaus häufig gefnndei^ wbffMii,
das Uebel als rein für sich bestehend Iftera««-
selten vorkomme. Nach seinen I7ntarMidiaM|Mi>
Tariirte das Gewicht des Herzens bei einar mn
deutenden Zahl Erwachsener, welche mit sol-
chen Desorganisationen behaftet warmi, Tdili ^
bis SU 31 Unzen. Fast immer fand mMi glelclh>;
zeiüg bei Dilatation des Hertens Tiii uif Qgiü
rungen anderer Organe, als namentlid^ Jm^be»
her, der Nieren u. s^ w.. t .
Dauer der Wirhammkeli du Kiikfnflk^lHfiJ^m,
— Dr. Graham Webr zu Edinburgh kai XyiAi,
welche zwanzig Jahre (von 1822 bk 184^ im
Röhrchen und zwischen Glasplatten eingenetiHi»»
sen aufbewahrt worden war, zum impleli §t*
braucht. Die dadurch erzengten Btatiem wnt«»
etwas kleiner, aber rcicU mit Lymphe gefällt und
zur Fortpflpnzung rollkommen geeignet, (ibid.
pag. 260).
Harnstoff m dem, eitier an AwUes leidenden
fran rfwrcA die Paracenihese eiUteerleu fVtuaer. —
Dr. Corrigan beschreibt den Fall. Professor
JCane untersuchte das Wasser und fand darin
Harnstoff in so reichem jtlaasse, das» er es, be-
vor er den Ursprung desaclbcn wasste, fiir wirk-
lichen Urin zu halten geneigt war. (Dublin
Journal of Bfedical Science. March. 1S42).
Verg^ung durch den Genuas des Fleisches von
ehter inj/ Karomihel behafteten jwtsen Kv3i — beob-
achtete Dr. Costa. Das Thier hatte zwei Kar-
bunkeln am nintertheilc. Mehr als sechszig Per-
sonen aasen von dem Fleische desselben nnd
■wurden ron allgemeiner Schwäche, Zittern,
Krämpfen in den Därmch und in den Extremi*
täten, Erbrechen bitterer gräner Massen und
von Delirien befallen. Bis auf Einen, wurden
alle wieder hergestellt. Dieser starb, unter gänz-
licher Entkräftung, Verlust der Stimme und So-
por, am zweiten Tage. Man fand bei ihm die
innere Haut des Magens mit Blut uiiierlanfcn,
und Ecchymoscn in der Schleimhaut der Därme,
die Leber war mürbe ntfd die Gefäsae der Dura
matcr mii Blut iiberfülU. (Annali unirersali di
Medlcina. OcJober 1841).
Asthma ihj/micum. — Neun Kinder einer Fa-
lle wurden sncccssive von «Laryngismus siri-
lus« befallen, vorsngsweise die Knaben. Heh-
7*
— MO —
/ I
irere deraelben sfarlien.. Bei eiottt 4är Mai -
Terstorbenen ward die Seciion gtiiMMt; i mtm \
fand eine bedeoiende Vergrössemog fte Thjf '
mus- Drüse and hicif sich zu dem Schliikse Be»
jrecbtigei, dass dieselbe Ursacb die AnttDe des
Asthma auch hei den öbrigen erzeugt bitte«
Diese Beobachtung wurde hi The liMMtot 17.
Juni 1841 mitgetheilt. JBei einem sipMer, gebor-
nen Kinde, dem zehnten der gedaeht«n Familie^
stellten sich, als es beioahe.ächtSbBste.alt war«
die Krankheitserscheinungen des Astkdili tbjBit
micum ein, nachdem das Kind seit daei Mona»
ten am Keuchhusten g^liti^en, dieirar jaber betj^Ma
nachgelassen uud ein zweites Mal reddivirf- bMM»
Die Symptome des Asthma waren seltr woU
von, denen der Tussis convulsiva zu unteradiei*
den.^ Das beengte, pfeifende Athmen|,die blane
Färbung des Cresichts, das Ansehwellea dav Ve-
nen des Kopfs und die KrSmpfe arfalgiw pUter
lich^ wenn das Kind aus dem Schlafe arwaiAt%
und ohne lillen Husten. Der Arsl^ . Qerr Jftüif
jjnits, gab Calomel, Hess die Gegend dar tkjr
mafl mit Jodsalbe einreiben, Biutagfl an dia
ScUäfe setzen, aber die Krämpfe nahaMn.M
und so ward Dr. MarshaU Hau zur Baraduu^
gerufen. Dieser verordnete, daks das b^tjaUa
entwöhnte Kind von Neuem von eiilMP i^anndtn
Amme genährt wurde ^ liess die GawMja 9Vfi^
mal täglich scarificiren, das Kind vom K^C'-Uf
zu den Fassen fest in Flanell einwididni. 4€Vi
Kopf durch Waschungen mit Wasser und faUr
tus (7 ; 1) kühl erhalten 9 während 4ift Ilaaa
durch Fomentationen erwärmt wurdap« i'Er^lfaaa
ferner kalte Umschläge auf den BUs.':W4 .dWa
Thjrmusgegend machen, gab dreimal tigliai dbai'
Gran Kali, Abends einen Gran Calomal nÜ
fünf Gran Rhabarber. All diese Mittel worden
sorgfaltig angewendet und nach afnigan TaS^n
liess das Asthma nach und die an%efrieba|ian
$refössc am Kopfe s^hwande^^ obgJaiAr . Av
- 101 -
Kebchhogien noch von Zeit ca Zeit wiederkebrfr.
Die Wanden des Ganmens eiterten, sweiZihno
bniehen wJthrend der Cor dareh. Später konnte
aach die Ton Herrn MarskM Hau dringend «n^
pfohlene Luftveränderung bewerknielliget we»^
den, indem das Kind anf das Land gebiffdkl
wurde« Bis zum 22. Juni war Icein He^d^ eiw
folgt. Der erste Anfall des Asthma war «m IS.
April beobachtet worden« (The Laneet S. 'uU
1842. p. 470 >- 72).
. . . * • w
Zu Yorateheiidem hat lltn MoMkMUM
(ibid. 9. Juli p. &06 — 5Q8}. allgemeine Bemei^
kungen hinzugefügt, ans denen wir Einiges, «ns«^
heben. Die Vergrdssemng der Tfajmusdrüsa ist
, nidit Ursacli^ sondern Folge der Kranlcheity limik
wird durch die mit den AniUlen von contulsi«'
visdiem Asthma Terbundenen Anstrengungen erw
zeugt» Das Uebel ist nicht unheilbar. Die Di*».
Position zu demselben scheint in einer erhöh*
ten Reizbarkeit der excito-motbrischen Nerven
zu liegen. Entfernte Ursachen sind t 1) dasZaib«
neu, 2) unverdauliche Nahrung, 3) krankhalUt
Stoffe im Darmcanal (morbid alwine matters)^
4) äussere Reize und 5) Gcmüthsbewegungen.
Gegen diese ist die Behandlung zu richten. Das
längere Zeit täglich fortzusetzende Scarificüren des
Zahnfleisches (wenn auch nicht gerade der Durdn
bruch Ton Zähnen zu erwarten steht) ist das vor«
züglichste Mittel, um den gereizten Zustand des
Blnt^ und Nervensystems herabzustimmen. Der
geringe Nachtheil, den die Eiterung der scarificir*
ten Stellen bringen kann, kommt gar nicht in
Betracht gegen den offenbaren Vortheil, der aus
diesem Verfahren zur Verhütung der Convulsio«
nen erwächst. — In Bezug auf die Ernährung
solcher Fat. empfiehlt Herr J^arshaü Hau vor
Allem die Ammeomilch. Wo dies nicht zu be-
wericstelligen oder das Kind schon zu alt ist,
«m wiederum gesäugt zn werden, da soll es
— 101 —
dlein mii verdiliiiiier Esds- odav Jbddafildi
oder naeh UmatSndle^ mii ArroyH^'xpQ^, 'oiMß
Zwiehacksappen mmi einer Fbuiehe gatrinhtiv«»-
den. Im Anfall selbsi soll man das Kind »m
Erbrechen reixen. Tägliche LeibeaSilmii^ mnai
■orgflUiig erhalten werden. Crroaae Dimmd ram
Calomel sind nachiheilig. Bhabarber tili Tarfc
tart. und Manna sind JEur ErfUlndg diaair Indi»
cationen wohl geeignet und man kami dMsdben
einige Tropfen Tinct. Bljoscjami oder «twaal^g^
wersjrnp zntegen. Gleichzeitig sind Kljirtiero
ton warmem Wasser' oder CtostenstMeiqi ton
grossem Nntsen. .Sie wirken oll..gftniti§er sin
all« nenere Pnrganzen. Als inssero ScUUftidH
keiten, welche besonders leicht Boddiro* de«
Asthma herbeiföhren können, nennt «neer TerL
den Nord- und irord-Od-fVirnd, vnd do» jAh
fmihaU in einem femMem neagebanfafn jT—ir.
in Bezog anf letzteres iUhrt «r eine metkmf^
dige Beobachtnng des Herrn Hrnry MomI .an«
(S. Dublin Hospital Beports^ YoL T;.jp.j|10>
Ein Kind, welches vom l^ampfhaRen Asttea !lie«
bllen war, ward sofort aufs Land gdbradkt .«nd
erholte sich vollkommen. Als es abier aar Stadt
znrfickgekehrt war nnd sich in eltiem ■ neoge-
malten Zimmer anfhielt, kehrten sdkon' nach wo*
nigen Stunden die AnfiUle wieder* Die aber-
malige Bkitfemung ans .diesem Local hrucl^
¥riedemm vollständige Genesung. Als der kloine
Patient ein zweites Mal in jenes Hau» furiok»
kam, erneuerte sich auoh alsbald das Asthuiai
so dass der schSdliche Einfinas der WoJbüWM^
der sich auch bei zwei andern^ iEindeni jiagA
Hervorbringung asthmatisoher Znftllo ,fasaartt>
gar nicht zu verkennen war. — ZttrtTaiUBddus^^
geistiger Aufregungen, welche oft die alloinigo
Ursache von €<Mivulsionen bei Kiud<yn siiäy
empfiehlt Herr MarOnoM BM, letntmre miriiehst
ruhig zu halten, sie vor Geräusdi m bommron^
sie nicht zu erschrecken od*r plMuliijh mfimt
103
weeken aiid vor Allem ftir eine Amme ron m-
higem, nicht ärgerlichem oder &iigetliclraH;Ge-
mfitfae zu sorgen. Jede ErkXUimg nad der Ein-
flnss rauher Luft ist sergfilKg mu meiden, x
Herr Gearge A, BeeSy Eaq. Surg. au Lob»
don, erzählt einen Fall von Apthma spaatieiim,
den er an seinem eigenen Kinde beobaditet un j
mit Glück behandelt hat. Stuhlventopfnng
krampfhaftes Ansiehen der Beine an den Unter*
leib und derartige Flection des Handgelenks
gingen den Anfällen des Astbma längere Zeit
Torher. Diese stellten sich Anfangs ^ekener^
dann immer häufiger ein und es gesellten sich
allgemeine Convnlsioneu hinzu. Blutegel an
den Koptf Abends ein Gran Calomel, Hicinusöl
zur Eröffnung des Unterleibs waren die Mittel^
die man anwandte. Auf Rath seiner Freunde,
aber gegen seine Ueberzeugung, scarificirie Herr
JRms das Zahnfleisch au der Stelle der obern
Schneidezähne, obgleich es weder gerdthet noch
geschwollen, war. Diese Mittel, blieben ohne
allen Erfolg, das Asthma wurde itnmer heftiger
und häufiger, die Kräfte des kleinen Patien«
ten sanken immer mehr, bis endlich das Kind
auf das |«and gebracht wurde. Hier erfolgte,
zwar nicht so plötzlich , wie in den von Herrn
Marshaü Hau beobachteten Fällen,^ sondern erst
flach drei, vier Tagen Besserung, und vollständige
Heilung. — Bei aller Achtung vor der .Autori-
tät *des Herrn MarehM HM rdhlt. Herr Beea
sich zu der Bemerkung veranlasst, dasii er 4eii
von Letzterem so unbedingt -empfohlenen Scari*-
ficationen des Zahnfleisehes seisto Beifi|tt: nicht
schenken k5nne, viehnehr dfo UekMzeumagJiefe,
dass die Heilung der Krar^ken amh «um dhni^
bis zum Excess und bis ziir Bitemiig ides wol*
eben Gaumens fortgesi^tzten Soariifieattiüb»- «^
J'
— 104 -
folgt sein würde. Er fügt hinzu, dass seinn
Errahriiiig narh sehr oft organische Fehler bei
dieser Krankheit nicht obwalten, in andern Pil-
len aber olFeubar Anschwelinng der Cervical-
Driisen, Hypertrophie der Thymus, Missbildan-
gea des Thorax (als Folge organischer Verän-
derungen der Lungen) und vielleicht auch evt-
xüiuüiche Affeclirmen des Gehirns statt linden. Ob
diese Zustände in casn concreto bloss Wirkung
des Asthma seien, (nie Herr Marshall Hall glaubt)
wagt Herr Bees nicht zu entscheiden, neigt sich
aber der Ansicht zu, dass sie im Gegentheil
meist als llrsach des Hebels betrachtet werden
müsslen , und verweist in dieser Hinsicht ant
die Alonograpbie von llugh Ley. Vor Allem
aber bekämpft er die Ansicht, als könne die
Thymus - Drüse , welche ihr Blnt aus der Mani-
maria interna erhält, durch Blute ongestionea
naeh dem Kopf in einen Zustand von Pletbon
nnd Anschwellung versetxt werden ; nnbediogi
aber könne und müsse die Hypertrophie dieser
Drüse, wo sie einmal bestehe, zur Erzeugung
des Larrngismus stridulus mitwirken, wenn sie
atich nicht als die alleinige Ursache desselben
angesehen werden dürfe. (The Lancet %. Aag>
1»42. p. 636 — 638.)
Herr Hnmphr^ SatidwUk za HuU erzählt, er
habe ein Kind, welches lange Zeit an -Crowiitg
Resptraliotut gelitten und iui einem Tage sieben
Anfülle Überalanden hatte und iii Folge eines
solchen, welcher mehrere Minuten anhielt, in
wahre Asphyxie verfallen war, durch XN^einAI»-
sen wieder ins Leben gerufen. Er zog den Kehl-
kopf herab, schloss den Mund des Kindes und
bliess Luft durch die Nase ein. (ibid. p. G39.)
— M5 —
Es «rare gewiss eine wrilienstticlie Aufgabo
ilie fieschichtc des Asthma canvulsiTiiEn, nacb
dem gegcnwüriigen Stand uiisera Wissens voU-
sländi j, aber auch mU Kriltk zo entwerfen. Die
Schriften iler englischen Aerete tlürften hiezu
■las tetchste, aber freilich auch einer kritischen
Siohturtg gar sehr bedürfende Maieriale bieten.
Ecxetna. — Herr Jonath. Green cinp6ehlt
dagegen das Auflegeh einer Salbe aus einer
Drachme Magnesia auf zwei Uuzen geschmolze-
nen Felis (melted lard), welche liegen bleiben soll,
bis sii> sich von selbst ablfisst. So lange die
Absonderung des Serums stark ist, macht sich
ein Wechsel des Verbandes täglich ein- auch
wohl zweimal nöthig, (ibid. p. 676.)
Tinea foKosa. — (Favus scutiformis.) Herr
Devergie, Arzt am Sptlalc St, Louis zu Paris,
eniplieJilt dagegen das einmalige Bestreichen der
Schürfe mit iÜercuriu« nilromis. Dies Verfahren
soll die Heilung in wenigen Tagen bewirken.
Herr Camus bemerkt bei dieser üetegenbeit, dass
der verdünnte Li«j. hjdrarg, nitrSci ein vortreff-
liches Mittel gegen die s. g. Leier/lecke wäre.
Ur schüttet zu dem Liquor etwas lebendiges
Quecksilber, um die freie Salpetersäure abzu-
stumpfen und verdünnt ihn dann noch mit de-
stillirlem Wasser (3 : i). (Revue m6dicale. Aoüt
1842. pag. 302.)
Omctt.fidmomm. — Null WUHam Stoku
£rfUuiiBC«n wird di« AbwmmI^ »iiMr kreW
— 108 —
&Bft«n Deaarganisaliaii der Landen irahrHÜHia-
Reh gemacht durcli andaaerndc Brustschmeretn,
raricöse Ausdehnuiif; der Venen des Halses, dti
Smst und des Banclis, Oedein der ExtremitSlen,
Anawurr einer Alnsse, die dem Johannisbeergelee
Shalich sieht, nntt durch das gleichzeitige Vor-
handensein scirrhKser Geschwülste au vCrichif-
denen Theilen des Körpers. (Archives generale:
de m6A. Jul. 1842).
Camphor-Sohaio'n. — Eine gute Lüsun;; ilei
Camphors ist die in einer Salmiak - Solaliou.
(The Lnncet 17. Decbr. 1842. p. 435).
Schwefelsäure sur VerhiHvng der BUUnhk. —
. Der Nutzen der Schwefelsäure als ein PrSl«^
yaliv gegen die Itlcivergillluii^, welcher zuersl
in Frankreich wahrgenommen wurde, hat sich
in den Birminghamer Bleiweissfabriken auf eioe
ansgeE eich nette Weise bewShrt. In Franbreicb
gab man die Säure mit Wasser als eine Art
Limonade; in England mischte man sie dem j(e-
wShnlichen Getränke der Arheiter, einer Art
Zucker- oder Syrups-Bier (Treacte -beer) , in,
Welches folgendermassen bereitet wird : Nimm
Syrup (Treacle) fünfzehn Pfund, Ingwer ein halb
Pfund, Walser zwölf Gallonen, Hefen ein Quart,
Natmm bicarbonic. ein und eine halbe Unze nod
Vilriol-Oel ein und eine halbe Unze. Der Ingwer
wird mit zwei Gallonen Wasser gekocht, daai
das übrige Wasser heiss und der SjTap hisn-
gefiigt. Dies läsat man zusammen erkall«n, das«
bringt man das Ganze in ein Destillirgeßlaa, sefil
die SSure (mit ihrem achtfache» Gewickt ^a*-
ser verdünnt) und die Soda, glei^fpH- i •-
■ergd^Ht, fainza andachlieut dwC
— t» —
drei 1)!s vier Tagen ist das Bier zum fiebraocKe
^eci^iiet. Seit die Arbeiter dieses GelrSnlc ge-
iiiessc»(SoDiBicr 1S41), int die uuter ihnen ffii-
her so häufige Blcilfoülf allmählig seltener ge-
worden und seil Oclober desselben Jahres, also
seit fanTzehn Slonateii gar nicht mehr vorge-
kommen, (ibid {I. 43fi).
Erregung der Contractiotien des Ulena. —
Herr Simpson empfiehlt (in einem Schreiben an
Herrn Marghall Hall, welches dieser bekannt
macht) zn diesem Zweck abwechselud Kälte
und Hitze anzuwenden. Itlacht man lange Zeit
bindurch z. B. bei Uterin -Blnlungen kalte Um-
schläge aur dcu Unterleib , so verlieren diese
ihre Wirksamkeil; die Empränelichkeit gegen,
die Kälte wird aber sofort von jVeuem bervor-
gerufen, wenn man zuvor den Leib wieder er-
wärmt hat. Dies Vcrrahrcn wurde bei einer
Eclampsia Pucrperae , wo die Wehen gSnzlich
cessirt hatten, mit dem besten Erfolge angewen-
det, (ibid. p. 437).
Ischias ne}-vosa — besteht nach Herrn Mars-
haU Hall in wahrem Nervenschmerz und Krampf
der Muskeln, tu welche der IVerv sich verbrei-
tet. Später erfolgt Taubheit (Numbness) oder
ein Gerübl von Stechen und Schwäche des Fu-
sses und es bleibt grosse EmpfmHIicbkeit nach
dem Lanfe des \erven und eine \eigung za
Krämpfen in den Muskeln (besonders der Ga-
^Irocnemii) zurück. Ihrem Wesen nach hält
Wert MarshallUaÜ die Krankheit für eine -iVeu-
ritis« and empfiehlt Iticrcurial- und andere
PuTgMiien, Ebenda vor Schlafejigehaii , eine
— 108 —
Viertelsluiitle lang, ein heisses Bad von 103
Grad Fahrenheil. Auch Fomentationpn orleich-
tern. (Tlie Lancct Jnli 1842. p. 506).
Phlhims pulmotami. — Herr Roleri Jefft zu
London siüht die Lungenschwindsucht als eine
Scrophuloüis pulmonum an uud rühmt die In-
halatiou der Joddänipfe als ein beinahe specifi-
Bches Mittel da^e|i;eD. Er ist noch mit diesen
Versuchen beschäftiget, irelche er hei hundert
Kranken angestellt hat, und will die Resultate
derselben später bekannt machon. (The Lancct
2 Jnli 1842. p. 472).
'HS^^'
Monatlicher Bericht
über
den Gesnndheitfizustand , die Gebarten tind
Todesfälle von Berlin.
Milgetheill
ftas den Acten der Hufelandischen med. chir.
Gesellschaft.
In der ersten HBlfte des TerflosseneD Ho-
Bat« hatten fast alle Krankheiten an In- und Ex-
tensität abgenommen und ausser einigen leichten
rfaenmatischen und katarrhalischen Affectionea,
waren keine allgemein verbretlelm L^dnaieU*
— 10» —
bar geworden. Aber um die Mitte 4€li*.|bmte
taacbten säurst ia terelnaelten ErteheUotigt»
katsrrbalieche Fiebe^ Ai4.|fie dnrch.ilMSeWgr
keit und ihren stfimiLicbenilEerbiif ««ffieWitttd
späterhin durch ihre fast aHn^meine Yerbreitoag
deutlich darthaten, dato sie sich wesentlich von
den gewöhnlichen sporadischen Formen- trenn«*
ten und dass ih^en.eine epidemiecho Y#rbreir
tung, ähnlich der im Jahre 1837 gejM^eAea In*
flnenza, atu Grunde liege. Man konnte daher
auch mit Recht den seit 'jener Zeit lilr alle fca»
tarrhalische Affectio^en bisher gebrauq^it^ki *C^
lectivnamen »Grippe« iÜr die ureprUogUeheHliir
fluenza epidemica Tindicireoy welche gontkÜfnlldi
den in dem letsten Jahrzehnd einigemal geaehe*
nen Erscheinongen ihren Gang sehr raaeb; dorcb
die ganze Stadt nahm Und fast kein Individuum
verschonte. Je nachdem sie durch die Individna*
lität, oder andere Einflüsse modificirt ^rschjen,
bot sie verschiedene iPormen ^ar, jedoeh Ifohnie
maUi trotz ihrer Proteu^gestalt, doeh.sehr we^
sentliche Erscheinungen niemals an ihr vermis-
sen. Als constante Symptome waren ; araigegen:
ein starker Frost beim Beginn der Knvnkheit^
der sich später oft wiederholte, eine sehr grosse
Hitze mit HinföUigkeit und Zerschla^fdiheit des
ganzen Körpers, sehr häufig Schwindel mit und ,
ohne Kopfschmerz. In den Fällen wo die Brust
frei war, traten mehr Uebelkeit; Auflreibttng
des Leibes und Kreuzschmerzen hervor. Zu den
meisten Fällen gesellten sich anfkngliell oder
traten später hinzu, bald leichtere bidd sdiwe-
rere Aiiectionen des Halses, der LiiQ||dlisey der.
Brondhien, der Pleura und selbst der '^
welche mitunter einea sehr langwie^Mil
zu Folge hatten. Alle befidleM^nWI
wurden, so kurz auch dteAafklle fei
ten, von der Krankheit. i^jfljbr sfaikm
und litten noch • langife "ifiiäÄM^
und NeigUDg zuSäw^bpei
, >
— 110 —
entichied sich bei sonst geaunilen SubjcclcD in
Kwei bis drei Tagea durch kritiiiche Schwelss^
nnd Sputa, hn schwäclilicheii and besonder«
■olcheo, deren Respiratioosorgane schon früher
gelitten hatten, stcij^erte sie sich bis zur Ent-
zfindung und Viesa verschiedene, mitunter be-
deutende IVachkrankhcifeii zurücli. -Am meisten
worden die Phthisischcn durch das HiuzukoDinieii
der Inflaenza beuacht heiligt, und aus dieser Ver-
anljtssung starben auch 214 Individacn an der
Schwindsucht in diesem Monate, welche enoriiM
Zahl fast einasig dasteht. Gegen Ende des Mo-
nats echien die Krankheit die höchste Höhe ih-
rer Verbreitung erreicht zu haben. Sie in-
schonte kein Alter, Geschlecht und Beschüftignii?
und ergriff ebenso diejenigen, welche sich gegfn
sie verwahrten, als die Menschen, die liegen Tem-
EeratuFwechsel abgehärtet sind. Die Nachkranl-
riten der IntluBiiza werden noch längere Zeil
die Aerzte beschäütigen. Ausser dieser allge-
mein verbreiteten Hranklieit Miii-de ii«ch Alf
Apoplexie sehr hüufig beobachtet, an welcher
Krankheit in diesem Monat 110 Indiriduen star-
ben. Die Aasschlagskrankheiten wurden im All-
gemeinen in den Verhältnissen seltener, als die
Grippe sich vermehrte.
Eswardengeboren:583 Knaben und
56S Mädchen,'
i starben: 249 mSimlichen,
173 wetbl. Geschlechls nvi
436 Kinder nnterlOJahteD,
Mehr geboren: 293.
Specielie KrankheücH.
An EiillulifluDg \Hei3 uri
An SehwJiche IiaM nach il
bun
Ilniettig und lodt geljoreii
An ichwelem Zahnen
An Ki)Uni>fert . .
An Sei:o[ihrlii , ,
An Rhachilis . . .
Ab GeliiTDivasieriuclit
Am Slickliusien . .
An <lt^n Pocken . ,
An JHaiPrn , . .
Am Schall arhfi eil er .
An der
n.lunE
An der Gehimci
An iler UnledcihsenlzünilM
An der LebfrenliUmlung .
An der DarmünliUndung .
An der HalienliUnd.mg .
An der BUckenmaiksentzÜmTung
An der Bniiclilelleul Zündung
An Pleuriti
Am EntiUndiingifieber . .
Am NetrenGeber ....
Am Fleclillelier
Am Tyiilius abdominnlii . .
Am Gallenfieber
Am ScUeimlieber ....
Am Kimlbeltfieber ....
Am abzehrenden und sclilt^ichen'
den Fieber
An de[ LuDseaichwindiucht ,
Itt -
An dei HtiliicIiiviQiliucbi
An Her Unterlnlisichwiadiurhl
An der DumscbwiDdiuclit .
Am UTiIioiia
An Hydcotbarax . . . ■
An Hyiliops {iVrii;aidii , . .
An der Gel1»uclii ....
Am DuicbFall ......
Am BiccWurchfall ....
An der Ruhr
i^ Blui»luri
Au Schifte- iia<1 Sticklluss ,
in del Trunksucht ....
Jn 0Tg!iiii>clien Fehlertl , .
Am Brucbscbadeu ....
Am Krel
An der Gichl
An Mageneiweichung . . .
An GeWrnetwMchung . .
Durch Selhstmaril ....
An niobl benannten Krankheile
Durch UuglUcksfälle . . .
24$
BntiB, gedrackttiti F.Nictack.
€. W. Hufeland's
Jl • u r n a 1
der
practischen
Heilkunde.
Fortgesetzt
, Ton
I
Dr. Fr. Busse^
KOn. Preuss. Med. Ratk und Hofmedicus , . Ritter des
rothen Adler -Ordens vierter Klasse und mehrerer gelehrten
Gesellschaften des In - und Auslandes Mitgliede.
Grau, Freund, ist alle Theorie,
Doch grün des Lehens goldner Baum,
Göihe.
V. Stück. Mai.
Berlin.
Verlag von Oehmigke*s Bachhandlung
(Julius Bülow.)
I
I.
U e b e r
den Schlag flnss.
Von
Dr. Th. Rembold^ in Gbnnover.
Erst^er Artikel.
*^
Als Unsaohen des Schla^usses, worun-
ter wir jedoi^ vorläufig die sogenannte
Apoplexia nervosa nicht mitbegreifen, nimmt
iMn an:
Erstens und vor allen andern Druck
auf das Gehirn*
Aber es ist nicht immer und in jedem
Falle dasselbe, was diesen Druck ansähen
soll, man bat dazu Verschiedenes in Anspruch
genommen, und musste es freilich wohl, da
mm oft genug bei den Leichenöffnungen
i^ht das, was man suchte, sondern ein ganz
Anderes fand» In den meisten Fällen soll
es jedteh das Blut sein. Also
I. Druck durch Blut.
•
Wie ist tnan eigentlich zqi dieser Uee
gekommen — auch etwa durch die Leieheib-
Untersuchung? Urspränglich gewiss nidit
Das plötzliche Niederstfirzen eSies dem An-
scheine nach sonst gesunden Menschen,, ab
sei er niedergeaeUageH Von einer iossmi
Gewalt, führte wohl zunAchil tmd' ii%wl|«
kfihrlich dazu. Die Erscheinonc^ hat me
frösste Aehnlichkeit mit der Wirkunc eines
eftigen Schlags auf den Kopf, wird daher
auch wohl in finnlicher Weise,' durch einen
innem, jenem Sussem analogen Vorg^pi|p
hervorgerufen sein. Auch hier ist der fiKia
des sensoriellen Lebens retroiTen, aber nicht
von Aussen, durch seine Decke hindurch, son«
dern von Innen und unmittelbar. Was kann
es aber sein im Körper selbst, das ihn ge-
troffen hat? Nur was dorthin na gdancen
vermag, ein sich Bewegendes, StfinttHMn,
FUessendes — daher auch gewiss .das Blnt,
namentlich in den FSllen, wo das Gtesicht
gedunsen, blauroth ist, die Kopfadeni vci|i
Blut strotzen. Und wie, in weldier Art
kann dies das Gehirn getrollten haben. . —
zerstörend? Vielleicht; ater gewiss enchtt*
ternd, drückend, belastend, henunend; ttßß^
strömt nur das Blut wieder herab, wk4:4w
Circulation wieder frei, so erhebt sich Mdi
wieder die Gehirnthitigkeit. Diese Yoiilijl^
lung von der Ursache und dem Zuat»nddy
kommen unserer Krankheit ist wohl ebeln'. so
alt wie ihr Name »Schlagflnss^ Apoftade^
und wieder viel ilter, als die Untersachung
des Gehirns eines am Schlagflnss Gestorbe-
nen. Als die Wisseoschaft zu diesen Unter-
suchungen Jcam, brachte sie die Ansicht schon
mit, die sie denn im Wesentlichen dadurch
bestätigt fand. Das ist aber immer ein Um-
stand, der einige Vorsicht nöthig macht,
wenn es auf die Annahme der Resultate
solcher Untersuchungen ankommt,^ zumal, wenn
sie nach dem ganzen Stande der Wissenschaft
nur unvollkommen, keineswegs mit alP der
Umsicht und Räcksicht, die dabei erforder-
lich ist, geschehh konnten.
Sehn wir nun, was man denn in dem
Gehirne der Verstorbenen gefunden hat, und
mit welchem Rechte man noch Jetzt den Be-
weis ffir jene Supposition darauf grfinden
kann. Es kommt in dieser Beziehung zu-
Dficbst in Frage:
A. Die das normale Mass äberschreitende
Quantität des in den Geßusen cireu-
lirenden, das Gehirn durchströmenden
Bluts.
«
Wir betrachten hier die BlutäberfaUung
(Hyperaemie) an sich, ohne Räckisicht auf
ein langsameres J'liessen oder gar Stocken
(Stasis) des Bluts, welches vor ESntrilt der
Apoplexie wenigstens nicht nothwendig da-
mit verbunden zu sein brauchte. Nicht das
Blut als ein ruhendes, stockendes soll hier
das Gehirn drücken und damit den Schlag-
fluss herbeiführen, sondern eine grössere
Masse des Bluts zu jenem Organe hinströmen
- 6 —
and ihm einen Stoss, einen fiehla^ geben,
ein stärkerer Blutstrom söM sich dural die
Gefösse des Gehirns ergiessep, and einen.
Druck darauf ausüben, dem es unterliegt o.*.
s. w. Dies ist der Vorgang, den man sich,
früher wohl vorzugsweis dachte, wenn man
von »Apoplexia sanguinea« spraeh. Aber
g Offen diese Ansicht erhoben sich manche
edenken:
Zuvörderst ist Jedenfalls der Sc&Ikm.
falsch : dass, weil das Gesiebt von Blnt strots^
die äussern Gefässe des Kopfes mit Bhit
überfüllt sind, dasselbe auch innej'halb der
Schädelhöhle stattfinden, auch das Gdüm
mit Blut überfüllt sein müsse. Dass dien aber
in der That nicht immer der Fall iat^ be«
weist die Sfection der Erhängten, wo man
bei grosser BlutuberfiUlung der iussem Thide
des Kopfes, keineswegs eine zu grosse Menge
Bluts im Gehirne seihst gefanden hat, we*
nigstens nicht in dem Grade and so anbe-
dingt, wie maii das vorauszusetzen pflegt*)*
Ebenso ist es nach Fr, Nasse eine »»aorch
nichts begrändete Annahme: 'dass ein Ge-
fäss darum, weil es abnorm klopft, das
Blut in grösserer Menge, oder schneller ftthre
als ein sich normal verhaltendes.« (S^Unter-
*) S. Ksllie: Ueber den Tod durch KÜim
nuf) über Congesiionen des Gehirns in der
»Sammlung zur Kenntniss der Gehirn- und
Rückenmarks- Krankheiten.. Aus dem Frans.
und Engl, von jl, Gotischalk. Herausgegeben
von Fr. JToMe.« 1. Heft. S. 45., wo dies durch
Beobachtungen und Experimente ausser allen
Zweifel gesteUt ist. *
suchungen zur Physiologie und PathoIpg;ie
von Dr. Friedrich Nasse und Dr. Herrmann
Nasse. 1. Bd. S. 386., auch SüegUlx: Pa-
tholog. Untersuchungen. l.Thl. S. 119. n. f.);
Dann haben wir Folgendes zu berück-
sichtigen:
1. Wenn bei Hinwe^nahme des Gehirns
wirklich ungewöhnlich viel Blut ansfliesst, so
ist dies doch noch keineswegs ein unbeding-
ter Beweis, dass dies Surplus auch vorher
sdior. in der geschlossenen Himhöle sich
befand, vielmehr kaufn es, natflrlich sa lange
das Blut überhaupt noch fiSssig ist, auch erst
XU dem geöffneten Cranium^ namentlich aus
den Jogular- Venen gelangt sein. (S. KeU
üe 1. c. S. 51. und 52). Das umgekehrte
Verhältniss kann wenigstens stattfinden, wenn
die Brust vor dem Kopfe geöffnet wurde.
(Nasse 1. c. S. 406, wo auch Bright; Re-
pords of medical ca$es S. 670 citirt wird).
2. Blutnberfüllong des Gehirns mag
schon vor Eröffnung der Hirnschale vorhan-
den gewesen, aber sie kann doch erst in
der Leiche entstanden sein, zumal bei tieferer
Lage des Kopfes. iGuislain: Traite sur les
Phr^nopathies. Bruxelles 1833 p. 70. 177.,
und nach Nasse I. c. p. 405 auch Andral:
VtMs d' Anatom, path. T. II. p. 751.)
(fuislain macht p. 70. 71. auch darauf
aufmerksam, wie nicht selten und auf welche
Weise erst während der Obduclion die Blut-
flberfiSIlung in den Gefässen der Gehirnhänte
SL«
*— 8 —
^e l«bbaft«e RAthe der MeniflgiM eiU
3. ^e kann, nameDÜicb iii den Ti>|ieBj
■nefa' erst im Sterben entstanden sein bei
«dtter eine Zetlang vor dem Todf) dagewe-
■clMi StSrang des Atbmens, wo aie nach
iViuM wohl jedesmal eintreten mat^wJ Cffi
-L e. p. 376. Chejnu: eaaea of Apöplerir i
Lathargy etc. Lond. 181& p. 41. 42. Kti-
Kr L e.)
"4. S>i ii;t ^beriiaopt noch nicht mal so
gan ansgeiBaebt, ob im I<eben und oorms-
wa 'Zoatuide des Gdiims eine eigentlicbe
BfartfiberAUoDg dieses. Organs nberall our
ibA laBg^eh ist: denn, nna abgesehn loa
tai CIrOnden, die JEff^gruts gegen die Con-
«afion im AUgemeinen geltend gemadit bit,
berecbtigen
a) das nSmliche YerbjiltnisB zwischeo
dem fetten wenig nachgiehigen Gehirne WiA
der durch ttnatudehnbare Wandtmg^en gebil-
deten Schildelhöle,
b) wie der schon erwähnte
dass man grade da, wo man es a
vermathen sollte, bei Erhängten
grosse Blatmenge im Gehirne gel
c) die Tbatsache, dass sellMt ün €
von Menseben und Thieren, die dar^^Ay-
nüe starben, die Blutmenge nid^yrtmäSM^
oder %venn dies, durch wSssrige 1
ersetzt war, (Nar$haU SaS^ Jj^am
oiteieiiinigen, dentsch von J7r«Mirr;.||ilifiiii
c; M^renmbie: Pathoi^ and Pradic* Rwing
dwa on Diaeasea o^tbe BraiB ete» Bdfaili..
1829* p. 312; Gmidtim le. p. 68)
t
jMlur oder weniger sn der . AnüdiAy
die bearädera AbereramiUm und JTelSa m be-
Ipdipde» «neben: daaa daa Gebini aeine efc^
sMß Statia babe, die fieaaamtmaaaa dea ia
mm entbaltenen floidnnia atela iBaMl&a Mliba
nnd die Blatmenge daa normale Haaa na-
oMDVQidi niebt ao leieht fIberataigeB kinne.
Awii fiWt/aia erkauU die Tbataacbe inS^
«m, anf daa Gebim aelbat an, «fklAnt iia
ajbf^. andere. Nach ibm ajnd ea die Mhnii "
S pU. .ibren mUreicben Dopfieaturen,. adie .
, Gehirn vor BlatfiberfBlhinf aehfltaeiy'ihR:
damit aber allerdingaaelbat nntprworfeftaiBdL,
»Lea meninges conatitaent done nn r^eeptade
dertinö d reeervoir ce fluide et en Mhmnm»
aer Torgane enc^phalique.« QGuUlain L c. p.
67. 6a 69.)
Will man aber annehmen ^' daaa da, wo
Aaaemie die Ursache dea Todes war, die un-
ter diesen Umständen auflallende MenM dea'
Bluta im Gehirne auch nur Folge dea Todea,
Attribut des todten Gehirns (^a««e 1. c. p«
408), also doch vielleicht Blutleere im Gebini
wihrend des Lebens vorhanden gewesen sei,
wae man dies denn allerdings auch wohl in
der Leiche beobachtet hat, damit alao dem
Beweiae für die eigenthämliche Statis und
g^gen die Annahme einer möglichen Blut-
flberffiUung des Gehirns ein sehr wichtiges
Manent entziehen, so erkennt man damit, auf
— 19 ~
dA^'^Aüifcni Seite doch ttdi dvii obUMi'Bi-
w«tf "gtg« die BeweMMlfc m; wMiA^ür
10^ der Leiehe* ApeplectuNAeip 'jjeltaiidemii'iil
gnmeen Blafetaasee Jends'O^iE fH^ iaib rtv-
flbttrfBllaiig im Leben in der Reeirf ''*^^£P"
legt' wird* «-* Doch de« sei, wie dun ^iraBe^
M vM «eheint wenigsteitt gewisi' saf^ett^
da» dKe BlotfiiierMhn|r deä Oehfinib' iMC
8#'ttient ond so oft eintritt, ab maft^insge!^
wHndfeli aaninunt.
'd^< Wran nnn aber aaeh dää ISHilÜMi
eid# an groeaen Q*aälfllt Blalft AMfA'il^
Gihiita Ua Leben and oaMaalen ZiMi
}eMa'*<frgua mdgfieh^ ist, so fragt etfi
dMh^ ob nie einen tabireieheadM uriA wUt
daü Oehini ansflben, flbMhaapt ifen SdUg^
>la«'bawirken wird?
In dieser Bezieban^ ist zu bedenken:
a) Bewirkt, wie wir bald sebn werden,
eine oft sehr bedeutende Quantität von se-
röser Flüssigkeit^ Eiter u. s. w. keineswejp
so ieiebt, und wahrscheinlich am allerwenif*-
sten durch Drucke den Schlaffflnss, so ist es
auch nicht wahrscheinlich, dass |enea dadi
immer noch in den Gefässen enthaltene Snr-
plus des Bluts dies thun wurde.
b) In den Fällen, wo man nach de^lwM^
sehenden Vorstellung grade einen nekr hef*
tigen Blutandrang zum Gehirne ' anflrintii
könnte, und ihn auch in der That atfÜiiilMlii^
in manchen Arten geistiger Xub^pungi^ ^"^
Apoplexie doch gewöhnlich nieht ainj
'^ *
— 11 —
nigstens nicht bei sonst -gesnndeu Menschen.
Selbst die Anfälle der Bfanie enden doch ini
Grande nur sehr selten in Schiagfloss^ ebenso
die des Deliriam tremens trotz der erSsisten
Dosen Opiums. Es gläht das Gesicnt, die
Arterien klopfen, die Venen des Kopfes
strotzen von Blnt, fiber der Schlagflusa bleibt
ans.' Ich erinnere mich aus fräherer Zeit
namentlich eines Kranken der Art, der, als
ich ihn endlich schlafend fand, auf den er-
sten Anblick das frappanteste Bild der Apo-
plexia sanguinea darbot; so anfgedunsen,
so blauroth war das Gesicht, so schwer und
schnarchend die Respiration, so voll und
kräftig der Pnls. Ich dachte schon an Ader-
lass u. s. w., als er die Augen aufSschlog,
und mich ganz munter und freundlich an-
redete.
c) Wir finden allerdings oft genug Blut-
anhättfung im Gehirn, mag sie nun im Le-
ben oder erst im Tode entstanden sein, aber
nichts in der Krankheitsgeschichte, was sich
überhaupt nur einmal auf ein Gehirnleiden
beziehen liesse. (Nasse I. c. S. 377. 387.
406, wo auch Bright I. c. 208. und Mar-
gagni: de sedfb. et caus. morb. ep. XY. n. 8.
citirt sind. Stiegüiz S. 229 und an manchen
andern Stellen seiner bereits citirten »Unter-
suchungen). Nach Cfuislain findet manBlut-
öberfälinng der Meningen bei den meisten
Menschen, deren Venen -System besonders
entwidLelt ist
I
— 1«
Das langsamer flie»»ende oder gtt
atockende Blut de» Gehirns.
Ein solches Stocken des Bluts, die ei-
gentliche Stasis , konnte allerdings mit einer
Vermehrung der Masse verbunden, könnte
Folge derselben sein, und in der That wird
denn auch als ihre Jiäafigste Ursache ebai
der angeschwollene Blutstrom im Gehirot
supponirt, indessen wir haben eben geseha,
wie es höchst unwahrscheinlich ist, dass sich
die Masse des durch das Gehirn strömenden
Bluts so leicht vermehren könne. Der Haupt-
grund für jene Suppositiou der BlutstockoDf;.
das vorausgesetzte hJiu&ge Vorkommen der
Blutüberfüliung, ist damit also beseitigt, we-
nigstens dessen Gültigkeit sehr in Zweifel
gestellt. NichlH destoweniger bleibt sDcb
ohne dies die Stasis möglich, nur ist sie
sehr schwer nachzuweisen; denn sich nicKI
bewegendes, stockendes Blut müssen wir ')»
natürlich jedesmal im todten Gehirne findeo.
Woraus schliesseu wir nun, dass es dort
schon vor dem Tode stockte? Hauptsächlich
wieder daraus, dass wir es an einxelnen Stel-
len in grösserer Menge finden als gewöhn-
lich. Dass eine solche partielle Blutiiberfnl-
lung schon während des Lebens existirt ha-
ben könne, wird man allerdings auch dann
zugeben dürfen, wenn man eine Biutüberföl-
lung de» granzen Gehirns läugnet. wie denn
auch Ahercromhie, der jene eigenthümlicbe
Statis des Gehirns annimmt, eine nn^eiehe
Vertheilong des Bluts in Arterien und Venea,
statoirt (I. c 315)^ indcBsen dass sie in der
' ^ 18 — '
Tluil wihreiid dM liebew vorimaiett
aea mkj ist sehr itkittr
Sibkun sben sowshl die ffAge üinwiM
tewisser erst in imt Leiehe sIstMMiih
rimlBge,
4s» Stcraens nebr eder wttdger gusHilii,
JsrfiniBce, sondem atMh der wttMli
■ilfi^gflliilsftigfin .Cifmiatio&. W«
«e- äai'liiiifigst€D m den Oehinpsrttfen.ilis
Htalerluiaptes^ der Sshlifesv ua Awt «MsAi
4sMB der Stunge^eod. vor? Idi verweiir4B
disser ■esichanif mehsiels sp^ CMtWe (b]«.
fkJIO^ doeh wir-iLomsieii denuyi; i«f . Jeae iehsii
eMtttfesuMditsa Eiawärfe gmA die^fcsasi'
aüMi'.eiaer iii jLebea TOrijSsdenea maHttpi-
fanon^ des fsaiea «Müiäs iai«di^.ii4 stÜi
ohaduB voraegsweis auf eine sidehe partidte^
l^aMrieaiie beaogea. Wir habea iadsis al-
JaMBga aäeh di^ nodi eiaige GrladaiL^iifc-
asa Ibdeataag irir liier aiher iiiiliiijfciiiiii
•— ZdeheB) aas denea wir
nr die Stssis wiriüieh sdioa im
veriianden war, nimlicht
1 . ^
a) neben den frahem Syaiptaann «isi
, die im todtea Ctehime vorhaadsMa
aaderwmtiaen Sporen der Entaflndanc*, ^^
MS Krankleitsprocesses, der, wie wir aa»
fMtaea. die Stssis in sich sehliesst Itetar
ifiehen Umständen wird daher nach wcriU die
BhtaidiSofung, die wir bei der Sectioa fykm
r, schon im Leben vorhanden gewesen
Indess^ hier ist jedenfsUs sa beräck»
aishtigen« dass die Symptome im Ldien, wie
dBa lir Sparen der EntzSndang gehaltenea
gssMade des todtea Organs dennoch tia»
aehm kdnnen, also wenigstens nur mit gros-
— 14 —
ser Vorsicht und gewissenhafter Umsicht a
jenem Schlosse benatzt werden dürfen; den
haben nicht neoere Untersnchangeu es sdui
an mehreren sogenannten Spuren nnd Pra-
docten der Entzändang erwiesen , dass m
kemeswegs als solche anbedingt ^Iten kfti-
non, dass es seine sehr grossen Bedenka
hat, von ihrem Dasein ohne Weiteres aaf eiie
frühere Entznndang zu schliessen? DamI
verliert also auch der von dieser Seite w
geführte Beweis für die schon im Leben viv-
handen gewesene Stasis wenigstens Etwar
von seiner Sicherheit. (Hier ist auch so. k*
aditen, was Gmsknn (1. c. p. 119. 120) iber
die Adhäsionen der Meningen sagt).
b) Auch ohne Rücksicht auf die Entito-
dnng, als den die Stasis in sich schliesses-
den Kraukheitsprocess 9 sollen gewisse Des-
organisationen des Gehirns, in deren Gebiete'
das stockende (angehäufte) Blut gefunda
wird, beweisen, dass dies, ebensowohl wie
die Desorganisation, schon vor dem Tode
vorhanden war. Das beweisen sie allerdings,
aber auch nur unter gewissen Cautdei'
Auch hier kann erst im Sterben wie im Tode
das Blut sich angehäuft haben. Das nock
flüssige Blut be>vegt sich in der Leiche nick
physicalischeu Gesetzen, wird sich nach den i
tiefer liegenden Stellen senken, da zusu-
menfliessen, wo der geringste Widers^tiad
ist (erweichte Stelle), und ebenso vor den
Hindernisse seines Abflusses (verhärtete, ver-
dickte, compactere Stelle) sich ansammeh
können. Es war denn also noch nitkiim
/ie6eu doYt vorhanden. So soll ja nach der
~ 15 —
Umstand, dass die BlutanhaufiiDg voraugs-
weis an den gestreiften Korpern vorkommt,
auf anatomischen Verhältnissen und nament-
lich darauf beruhen, dass jene Partie ein »Lo-
cus minoris resistentiae« sei. (S. Cfranier:
Trait^ sur I'ApopIexie. Paris 1826. pag. 76)
Aus demselben Grunde kann aber auch
f;rade da erst während des Sterbens die An-
rufung des Bluts zu Stande gekommen
sein.
c) Gewisse offenbar schon im Leben vor-
handene Zustände, z. B. partielle Verwach-
sungen oder Verengerungen, der abführen-
den Blutbahn machen es allerdings icoAr-
seheinUch , . aber keineswegs immer gewiss^
'^ss hier eine langsamere, ungleicbmfissigere
Jb itcirculation im Gehirne schon während des
Le ens stattfand; denn man wird da nicht
fraj^m dürfen: ob bei dem doch jedenfalls
langbamen und allmähligen Zustandekommen
jener Zustande nicht auch der Abfluss des
Bluts sich allmählig so gestalten würde« dass
er nicht dadurch beeinträchtigt wird? Ein
langsameres Fliessen oder gar Stocken des
Bluts mit oder durch Zunahme der Total'
jiasse desselben beweisen sie aber noch we-
niger; denn, ganz abgesehn von den gegen
die BlutüberfuTlung überhaupt schon ange-
fahrten Gründen, wurde diese hier schon
desshalb nicht so leicht , eintreten können, da
der Zufluss sich doch zumeist nach dem Ab-
flüsse richtet, d. h. für das, was weniger
n^ifliesst, auch weniger znflieasen würde, z.
B. wenn Venen des HalMi dorch eine 6e-
k-w*"-
- 16 —
schwulst mehr oder weniger comprimirt sind,
oder das Reservoir des zarfickströinenden
Bluts, das rechte Herz, oder der Eingang
dazu verengert ist — da ist namentlira ku
bedenken, dass dann auch das linke Herz
weniger Blut zum Austreiben erhalten würde,
(Nasse I. c. S. 389 — 390); — auch wenn
auf der andern Seite die zufuhrenden 6e-
ftsse, die Carotiden an Capacitfit ffewoiinen
haben, würden wir eine Blutuberfmlung nnd
ein langsameres Fliessen oder gar Stocken
des Bluts in den Gefössen des Gehirns kei-
neswegs als eine durchaus nothwendi^ Folge ,
davon ansehn dürfen. Warum sind aber
umgekehrt die Carotiden da nicht erweitert,
wo man eine habituelle oder doch sich toft
wiederholende Congestion zum Gehirne aii^
nimmt? Fände die wirklich statt, so sollte
man doch vermuthen , dass jenes ihre Folge •
sein wurde? Ulrich (S. Caspers Wochen*
Schrift 1834. S. 217) fand auch wirklich ncf-
ben einer Verengerung der Schenkelarterien
die Carotiden bedeutend erweitert bei eineil
sechsjährigen Knaben, der wfkhl imsi Jakr%
an einem sehr bedeutenden Hydroeephalos
Selitten hatte. Warum findet man das nidit
äufiger? Vielleicht weil eine Congestion
zum Gehirne gar so hfiufig nicht statt finde^
als man glaubt. Oder war dort die Gong»^
ation die Folge jenes Zustandes der Arterieäf
Dann sieht man daraus wenigstens, wie sdbM
unter solchen Umständen eine wiKÜcheDhim
überfällung, ein langsameres Fliessen Odt)^
gar Stocken des Bluts im Gehirne so lei^
nicht zu Stande kommt, oder doch nicht M
leicht den Schlagfluss herbeiführt. — CAcgfve '
— ir —
1. e. S. 35 hat die Arterien des Gehirns nie
erweitert gefanden. Dies fährt er an ge^en
die Annahme, die er bestreitet, dass dem
Extravasate ein anearysmatischer Zustand,
eine Erweiterung der GefSsse zum Grande
liege, dass es aas einem geplatzten, gebor-
stenen GefAsse entstehe, bieser Umstand
wfirde aber jedenfalls die so häafi^e Yoraas-
setzang einer bedeutenden oft chronischen
Blutäberfullung sehr zweifelhaft machen.
Chejfne fährt überhaupt manches gegen die
Theorie an, nach der Hyperaemie durch ge-
hemmten Abfluss die gewöhnliche Ursache
der Apoplexie (in specie auch des Extrava-
sats) sein soll, hfilt es z. B. för sehr wahr-
scheinlich (S. 41), dass die Sinus der Ge-
fahr der Regurgitation des abfliessenden
Bluts vorbeugen, und dass eine einfache
Ueberfuilung der Gefässe an sich nicht so
Idcht den Schlagfluss, wenigstens nicht un-
mittelbar herbeiführe, indessen nur, um da-
durch seine Ansicht zu begründen, dass eine
erhöhte Action der Arterien hier das Haupt-
moment sei. Wenn er dann aber behauptet,
dass jedes Hinderniss in der Circulation die
Thitigkeit der dahin führenden Arterien be-
deutend steigere, so ist dies, glaub' ich, eine
unerwiesene, sogar unwahrscheinliche, Vor-
aussetzung. Die Theorie der Blntüberfullung
durch erhöhte Thätigkeit der Arterien und
Zafährung einer absolut grossem Masse
Bluts hat aber bekanntlich — oder es ist
auch vielleicht noch nicht genue bekannt —
SHegUiz in seinen »pathologischen Untersu-
chmgen« sehr ausführlich erörtert, und wenn
es ihm auch nicht gelungen ist sie völlig um-
Journ, Bd. XCV» St. 5. 2
— 18 — ^^
»tutosten, 80 hat er sie doch weni
sehr erschüttert. Auch Andral (Cliniqt
dicjile etc. T. 5. p. 276.) macht bei
Falle, wo mau den Sehla^flas-s von
die Aorta dicht unterhalb ihres Durcj
durch das Zwerchfell comprimirendeB
Schwulst abgeleitet habe, den Einwurl
ia den Fällen, wo die Aorta unmitteU
ter ihrem Bogen fast obliterirt gewesei
der voü Congestion zum Gehirn, noo
Hirnblutuug, die man unter solches
Btünden doch noch eher hütte en
fflüssen, die Rede sei. Der Einwurf i
wiss Behr richtig, gilt aber auch füi
ähnliche Fälle, wo man ein Hindero
der allgemeinen Blut-Circulation als U
TOD Hirn -Congestion und Sehlagflm«
Weiteres annimmt. — Weit mehr, ala i
lative oder ab.solute Zunahme der Alasi
zuströmenden Üiuts, seheint mir dagege
irgend bedeutende, besonders plötzlich
uahme derselben, in Bezug auf die Me
keit einer Stasis im sonst ee»indea C
in Betracht zu kommen. Wird dem z«
in dem Organe eirculirenden Blute pk
derZoschuss nm ein bedeatendes verri
so muas es dadurch schoD Dtch r^n |
caliachen Gesetzen in seiner Bewe^mi
stfirt werden, es muss ejn EriangsMM
CirculatioD eintreten, das jedenfkUs ein,
auch nur partielles und momentanes St
in sieh schliesst. Nie wird nber das vo
dene Blut ganz abAieasen^ uad das bUil
was TOD keinem «bSiessenden naehgoi
T<m keinem zuströpiendaa fortgeferiebca
moas Ungsamer flieasen odtr gan» ^
— 19 —
Es kommt dabei aber besoodera der Umstand
in Betracht, dass darch die EataBiehnng des
Bluts die Vitalität, die Spannkraft seiner Ge-
ffisse und wahrscheinlich znnfichst und ku-
meist seiner abführenden GefSsse, der Ve-
nen, äberhai^pt die Vitalität des ganzen Or-
Sans. herabgesetzt wird. Aach ohne daher
ie Bewegung in den Venen, die Circulation
in dem Capillargewebe des Organes von einer
Vis a tergo abzuleiten, ja um so mehr wenn
man dem Organe und den Gefässen selbst
einen Antheil daran zugesteht, wird man
annehmen dürfen, dass die zunächst und am
meisten abgespannten und geschwächten Ve-
nen nicht mehr im Stande sein werden, das
schon vorhandene und allerdings noch durch
einen geringen Zusehuss aus dem weniger
gelähmten arteriellen Systeme stets sich ver-
mehrende Blut abzuführen — also annehmen
dürfen, dass unter solchen Umständen, na-
mentlich bei Verblutungen, ein Stocken des
Bluts in dem Organe, hier im Gehirne, die
Folge sein wird*).
Auf diese Punkte o« i« c. Arömiefi
*) S. die 8cIion erwähnten Angaben von
KtUie und Marshaü Hall. Dass die Menge des
im Gehirne enthaltenen Bluts nicht leicht und
bedeutend verringert werden kann, scheint aller-
dings ans jenen Versuchen henrorzogehen j de»-
lialb kann ihr aber doch der Zusehuss, durch
den sie sich fortwährend erneuert, um ein be-
trächtliches geschmälert werden. Die Masse mag
dabei dieselbe bleiben, aber sie wird dadurcii
zu einer ruhenden, stockenden Masse.
2*
- 20 —
wir denn iinaer erstes Bedenken gt
Ansieht Htiilnen, nach der namenlll
langaame Fliessen de» Blut« uttd ei
lielle Blittüber/iiltung im Gehirne t
gewütmlichtleM Ursachen de» Schbt
Mein «oll — nämltchi SSiiasen wir a
nehmen, dfina ein aoleher Xnutand 4f.
idreulatfon im Gehirn während den
eintreten kann, so dürfen wir e» de
bexitei/efn, ob er da schon immer in
vorhanden irar, wo man die» au» e
funde in der Leiche geschlossen fiat^
er überhaupt to leicht unter den f/a
zu Stande kommen triVt/, vo man
bereilwillig torauasettt.
Berücksichtigen wir dann »ber
a) nass der Sclilagfluss (coi){* d
in der That unter Umstünden am w(
erfolgt, wo man der gewöhnlicheo I
tangsweise gemäss das Entstehen eil
culations- Störung im Gebini, inae: i
sich nun uit einer Zunahme der Bk
verbunden denken oder nicht , um
> vermuthen könnte, z. B. beim sich
Kopf stellen, beim Erbrechen, beim
zum Stuhlgänge, während des Gebw
in der Schwangerschaft, in denAofll
Epilepsie. Wie strotzt da ntmentt
Gesicht oft von Blut. Selbst bed
Ecchyraosen unter der Stirohaub soll'
Jndral dabei vorkommen. In 8eli
geht aber ein solcher Anfall doch vcfi
mättig nur sehr, sehr aeltea über.
— 21 ~
der findet nun in solchen Zuständen und bei
solchen Veranlassungen keine BlntfiberfoHung
des Gehirns statt (s. oben), oder sie hat hier
doeh nicht die Wirkung, die man ihr in an-*
dern Ffillen so gern zuschreibt. Andral (I.
c. 272. 275.) leitet zwar manche Symptome
nach dem Anfalle der EpilefMiie von Blutüber-
fOllunff des Gehirns ab, den Schwindel, die
Schlaraucht u. s. w. ; aber, wenn es auch nicht
ohnehin sdion wahrscheinlicher wäre, dasa
sie vielmehr der Erschöpfung nach einem ao
atörmischen Acte angehören, so sind sie doch
Jedenfalls zu leicht und unbedeutend als
dass die sie für die Wirkung einer so be-
dentenden Hyperaemie und resp. Stasis an*
sehen dürften, welche dieser überhaupt eine
so grosse Wirkung zuschreiben. Femer:
Bei Hypertrophie und Erweiterung der
Herkkammer (JVaase I. c. S. 389.)9 iei
Krankheiten des rechten Herzens^ welche
die »Aufnahme des vom Gehirn kommenden
Bluts stören;« sie sollen sogar »nie Schlagfluss
verursachen,« bemerkt Nasse (1. c. S. 389.
390), der auch gegen Andrals Beobachtungen
von Con^estions - Schla^uss bei Herzkrank-
heiten mit Recht bemerkt, »dass es in kei-
nem jener Fälle dargethan sei, weder, dass
die Blutanhäufung schon vor den letzten
Lebensstunden stattgefunden, noch dass sie
den Tod verursacht habe.» Dies gilt nament-
lich von der ersten Beobachtung (pag. 226.),
wo Ascites und die grössten Athmungsbe-
sehwerden vorhanden waren und man die
Lungen mit einer enormen Masse schaumiger
FIfissigkeit überfüllt (engoucs), aber im Gc-
— 88 — !
hirn nur sehr unbedeutende Sporen def
gefllioD fand. i
Bei Unterbindung der Drosseladt
Druck auf nie durch Geachv>ülat4
dem Gehirne nicht eher gefährlich
den , als bis sie das Athmen bc»
ken. iNmse \. c. 390. Keüie I. \
Dies beweisen auch die Experimenf
Thieren, die man aufhing, nachde«!
-anterhalb des Strickes die Liiftröiirc gi
hatte. So führt auch iVetimann »Voi
Krankheiten des Gehirns« (S. 266.) eine
an, wo ein Bauer sich die Luftröhre gi
und dann aufgehängt hatte, der Strick i
gnlirte oberhalb der Luftröhren - H
Als man ihn abnahm, befand er sich
%eohl.
Bei Enli(üHdang dea Gehirns, wo
Apoplexie erfolgt, dies doch erat dan
flcnieht, wenn das Attribut der EntefiB
die Sttuis, schon lange bestanden hatt
b) Oass wirklich vorhkndene Hi
fSUe, die man von Congestion ableitete,
Drock auf die Carotiden thetls gar
theila nur voröbergehend gentissigt wt
{Niuse l. e. 387.) Berfichsichtigen wb
nnter a. und b. Angeführte, so werdci
darin entweder einen Grand gegen «fit
luiAme der BbtfüberJSÜtiHg und Slati
Gehirn also eine BeatäHgung uneere i
SedetJcena, oder, wenn wir «e hier |
laaseD, die Berechtigung za dem i
— 23 —
ten Bedenken finden^ nämlichi dasa die Hy-
peraemie im Gehirn , auch wenn man da-
bei dae kmgeamere FKessen oder gar ein
partieUea Stocken des Bluts oJm das Wesent-
lichste betrachtet j nichtj und namentlich nicht
als drückendes Moment^ die zureichende
Bedingung des Schlag^usses ist*
Man wird im Allgemeinen wohl eher
^neigt sein dieses zweite Bedenken gelten
zu lassen, als jenes erste. Es ist wenigstens
Se wiss, dass die Ansicht , nach welcher auch
ie Congestion an sich und unmittelbar den
Schlagfluss Kur Folge haben soll, immer
mehr zurücktritt. Man ist indessen vorsich-
tig genug sie nicflt eanz aufzugeben, son-
dern für mögliche FfliTe in Reserve zu behal-
ten — fBr die einzelnen Fälle des Schlag-
flusses, die zu rasch und zu glQcklich verlau-
fen, als dass man da fäglich ein Extravasat
oder eine bedeutende organische Veränderung
annehmen könnte, oder wo man die, wenn
der Tod erfolgt, in der That nicht findet.
Dies ist der Coup de sang der Franzosen,
und Abercrombie^s^ der hier jedoch mehr ein
ir^nd wie veranlasstes Derangement des
BRitlaufs, als grade eine Blutuberffllhing im
Gehirn annimmt, erste Gattung der Apoplexie.
Sonst benutzt man die Congestion nur noch
SBur Pathogenie jener Zustande, die die un-
mittelbare Ursache des Schlagflusses sein
sollen, namentlich des blutigen Extravasats,
des serösen Exsudats u. s. w., oder Ifisst sie
mit diesen den Schlagfluss herbeiffihren. Diese
wollen wir nun betrachten, also:
— 25 —
im Leben normalen oder anomalen QQanti-
tät des Gehimwassers o. s. w. erst in der Leiche
entstehn, nimmt sie da, nach Nasse nicht we-
nigstens wohl jedesmal . zu? Wa aber Er-
weichung nachgewiesen, ist das Extravasat
leicht erklärt. — Nach Guislain hat sich die
Congestion in der Schlafengegend wohl sehr
hSufig erst im Sterben gebildet, wo der Kranke
auf einer der Schläfen lag; da kommen aber
auch (bei Irren) am häufigsten die Extra-
vasate vor, und die Congestion der Meningen
ist immer auf der Seite am stärksten, wo
das Extravasat ist. Sollte daher hier das
Extravasat nicht oft denselben Ursprung ha-
ben, wie die Congestion, d. h. erst im Ster-
ben entstanden sein ^)? Oder findet man
*) S. JTasse 1. c. S. 375. 376. Becquerel
nach Cohen: »die hitzige Gehirnwassersucht der
Kinder« S. 25. 58. Guülabi S. 70, 82. , Nach
Brach: »Chirorgia forensis specialis« 8. 82 u. f.
sagt auch WaUher in einem Aufsätze über Trepa-
nation in V. Gräfe's u. v. WaUhera Journal 16. Bd.
1. Heft: »Endlich ist es auch noch zweifelhaft,
ob ein nach dem Tode gefundenes geringes Ex-
sudat schon während des Lebens und während
der frühem Krankheitsperiode vorhanden getve-
seu, ob es nicht erst während des Todeskampfes
durch eine Art diapedesis entstanden sei, wie
dies ja auch in andern Höhlen vorkommt. Merk-
würdig (?) bleibt es immer in dieser Beziehung^
dass mau so selten geronnenes Blut, wirkliche
Coagula in Leichen (nach Kopfverletzungen) in
der Schädelhöle findet, oft sogar dldnflüssiges,
aufgelöstes Blut antrifft.«
Jm ExtfAVasat nur dann, wenn im Leben
AjM^xie vorhergegangen war?
2) JtfiMN kaf das Butravanal auek in
All JMeAm derer gefunden, die nie «{>
Mm 8ehlmg/tv3it gehabt hatten *). Weit
Uofiger luierdmgs Spuren früherer Bx-
. traTuate da, wo im Leben Symptome tA-
BM Gfehirnkndens vorhanden w&ren, doefa
SbeB diese Symptome keineswegs iniBier
■ Bild iea vollständigen Schlagflusses: oft
hatte dabei die Bewasstlosigkeit gefiphll, die
Llhmnog war nur vorübergehend gewesen
o. s. w. Aellere wie neuere Beobachtungen
lehren dtea einen Jeden, der sie etwas nftber
vergliedeTt**].
*) George Fowla- in »Lancet. Aug. S- 18M,
mHgett. ia ficAmüA's Jahrbäch«m 3. Supple-
nentliä. IMS. S. 57.< wo bei einem im Leben
(?) eatsUndenoii bedeutenden Blut extravasale
in Gehirne nicbt ein einziges der gewShnlichen
2w)heB> TOD Gehirnapoplexie eingetreteD war.
lAtnao Ttrior nach firacA I.e. in Benke't Z«it-
Mlir. 4.-iiefl. 1832. p. 442. -bei einem Kranken.
An sich Am Rückgrat gebrochen halte, war
Extravaut im Schädel, oA»e alle Ztich^t deiaeBten.-
•*) tAercromhie 1. e., ^lufral 1. c, Laiivmimd
' BRecherchrfl anat. pafliot. snr l'^ncephale etc.* und
Morgagni IMcrn uns genug BeabacfatnngcB ä«r
Art ca. aneh WegeUr in Casper't Wochenschr.
1S38. 8. 306 u. fr. Eccbymosen und darms
•ntatefacode ÜIccrationen können nach &
I. c> p. 81* io der Corticalsuhslanx der
aphSren existiren, ohne sich durch ein hea
— 27 —
Ja es niQss
3) in den meisten Ffillen, die wir ffir
die Wirkung einer Himblutang haitra, das
Extravasat schon eine Zeitlang vorhanden
|:ew~esen sein ohne die ihm zugeschriebene
Wirkung, ohne den Schlagfluss. Dies geht
ans Allem hervor, was Abercrombie zur Be«
grfindon^ seiner zweiten Gattung der Apo-
plexie, die eben durch Extravasat entstanden
sein soll, über diesen Gegenstand anfährt.
Extravasat war da gleich anfangt^ vorhan-
den, und dennoch erholte sich der Kranke
sehr rasch von dem ersten Anfalle, oft so
vollsfSndig, dass er nach Hans eehen konnte.
Schön die ersten Symptome sollen hier Wir-
kung eines Extravasats sein, aber nicht in
eontinente gehn sie in den eigentlichen Schlag-
fluss über. Es tritt immer eine mehr oder
weniger freie Zwischenzeit ein. Das Extra-
vasat war denn also vorhanden, aber — ohne
Schlagfluss. (^Abercrombie 1. c. pag. 228
and folg.)
Uebt aber ein geringes Extravasat auch
schon einen, wenn auch geringen Druck aus,
nnd ist es wahrscheinlich, dass, wenn Druck
überhaupt nur die Ursache des Schlagiflasses
wäre, auch ein geringer Druck schon diese
Wirkung haben wärde — wie denn hier auch
die Wirkung zu ihrer snpponirten Ursache
res (special) Symptom kund zu geben: in den
meisten Fällen ist Paraijse nfciU damit rerbun-
den n. s. w.
ä
— «8 —
,A. h. der Nasse des Extravasats, keineswejjB
immer in j^iejchem, oftso^ar in umgekebrtM
'■yerhfiltnisae steht, (Abercrombii' I. c. 264. a
J!65) — so frasrt es sich doch sehr, lA ft
•llmäblige Zanahme der Quantität des Hall
md der dnmit gesteigerte Druck %viHilidl,
wie Abereramhie annimmt, die Vr»ache dn
«pSter eintretenden Schlagfliisses ist? 8qB|e
ferner das Gehirn, nachdem es sich bei foii*
dauerndem. Drucke des Extravasats eriiolt,
juchdem es den Dnick überwunden hat,
^ite es da iiiclit auch die attmähUge Stei-
gernng dieses Drucks ertragen können? Aber
steigert eich denn der Druck auch wirklich,
ist es wahrscheinlich, dass anch ohne^tte-
ron^, w07.li die Zeit doch wolil in den mei-
sten Fällen nicht hinreichen würde, ein neuer
fflatergusa eintreten wird, wenn der erste
Ansfluss bereits geliemmt, diese Abnormität
mit ihren Folgen vorläufig neutralisirt istV
Will man aber annehmen, dass hier im An-
fange und in jener Zwischenzeit noch gu
kein Extravasat existirte, der erste Anfall
also eine andre Ursache halte, SO kann man
sich auch füglich mit dieser einen Ursache
begnügen und den spätem Anfall mitsammt
dem Extravasate als Endresultat des schoo
vorhandenen Krankheitsprocesscs oder krank-
haften Zugtandes des Gehirne angehen. —
Ja niaunt man m'd Abercromhie sogar ao.
dass in den Fallen, wo man keinen blutigen
aber einen «erösc« Erguss findet, dieser Er-
gu8s nicht die Ursache des Schlagflusses,
sondern mit tAm Wirkung dessen, was er als
die Ursache der einfachen Apoplexie annimmt,
der 8chlagAuss also ein einfacher sei, so wird
— 29 —
man auch in den Fällen, wo man einen bhUigem
Ergoas findet, kaam omhin können es wenige
stens in Frage zu steilen: ob denn der blu-
tige Erguss wirklich Ursaehe der Apoplexie,
nicht etwa auch nur Wirkung ihrer Ur-
sache sei?
4. Jedenfalls ist es schwer einzusehen,
wie grade das blutige Extravasat durch Druck
den Schlagfluss herbeifiahren sollte, da, wie
wir gleich sehn werden, Massen, denen 'wir
einen weit grossem Druck zuschreiben mOs^
ten, oft gar keine besondere, oder nur unbe-
deutende Erscheinungen - zur Folge habm.
So konnte auch Textor (1. c.) bei einem Pa-
tienten, der eine bedeutende Oefliaung im
Schädel hatte, nur durch sehr starken ßmek
aof das Gehirn Betäubung herbeiführen.
Nach Allem diesem wird man, denke ich,
zugeben müssen : wie es sich keineswegs von
selbst versteht, dass überall da, wo man in
der Schädelhöie eines apoplektisch Verstor-
benen Bluterguss findet, dies Extravasat, und
namentlich durch Druck, die Apoplexie be-
habe.
II. Druck durch Serum.
Die Apoplexie, die durch dieses Moment
bedingt sein soll, nennt man bekanntlich
»Apoplexia serosa»*^ Gegen diese Snpposition
lässt sich aber einwenden :
1) der Wassererguss ist bis zu einer
P^^ _ 30 —
gewissen Grenze nicbt mal immer etwas Uft-
males. Die Autoritäten und — Gründe fb
äme Bebauptung fiadet niau bei Cohen (L c-
S. 22 u. folg.)
Nach Guiilol sind wahreud des
nad in der Xorm die Gehirnhoien sogar vn
dieser Flüssigkeit ausgedehnt. Sie soll on
allerdings kürzere oder längere Zeit awA
dem Tode in der Regel von der Cehimsob-
stanz aufgesügen werden, kurz eicli wieder
entferoen, so duss man sie dano in der Leiche
nicht inebr findet. Wird aber eine solche
Absorption durcli verschiedene Umstände dd^
bei verecbiedeneu Zustünden des -Gehirns
nicht auch mehr oder weniger unterbleiben
kSQnen? Wo man dann also eine Ansamai-
lung dieses Wassers noch findet ^ ist es Mos
eine hl der Leiche anomale Ansammlung; &<:
aber im Leben normal war.
2) Gehörte sie aber nicht zur Norm, M
kann sie doch
a) in der Leiche entstanden sein, durch
' Niederschlag dessen, was früher ein dumit-
förmigea Fluidum war ■ (3'eu»ionn I. t
S. 41 6 J,
b) Prodiict sein des raschen, eigeothöni'
liehen Todesacts, oder des den SchlagStis-'
bedingenden Moments (Nasse l. c. S. 370.
Gmatain 1. c. p. 89);
c) ist sie nichts, was durch Druck den
ScUagfloss hervorriefe; denn
— 31 ~
o) Wasserergusg kommt auch vor um Am-^
fimge der Entsundong seriiser HSate^
. also doch auch wahrscheinlich der des
Gehirns, wird aber gleicK oder bald
wieder aufgesogen, und hat keine be-
sondern Folgen. Wenigstens sehen
wir ja, dass bei Entzöndang der 6e-
hirnhfiQte, wo also doch eine Ansschei-
dong seröser Flüssigkeit als wahrschein-
lich anzunehmen ist, Schlagfloss oder
fiberhaupt Symptome des Drucks niehi
eintreten *).
ß) Wasserergoss muss selbst in den,Fillen
der sogenannten Apoplexia serosa schon
etne ^MÜang vor dem EüUriit dieses
»Zufalls, aUo ohne die ihm zugesehrie-*
^ene VFirkung, vorbanden gewesen
sein, da dort der bedeutende Ergoss
sich doch wohl schwerlich so momen-
tan gebildet haben wird.
Nach Neumann (I. c. S. 425) haben Blöd-
sinnige und alle Epileptische jedesmal viel
Serum in den Gehirnhölen, besonders aber in
der vierten: die Ausdehnung derselben be-
weist hinreichend, dass diese Serumbildung
eehon lange vor dem Tode begonnen haben
■luss. da sie die Höhle so erweitert bat Auf
die Quantitit des Ergusses würde es hier
*) Gendrin: Histoirc aiiatoinique des inflam-
nationt. T. 1. pag. 70. Nach Ck)h€n besonders
Lammect Tratte de Panscaltation III. id'ii. T. II.
pag. 292).
I
— 38 —
aber, wenn Druck überhaupt dabei statt^Je,
oder so gefährlich für das Gehirn wäre, woU
nicht so sehr ankommen, da ohnebin schon
auch bei eiaem sehr geringen Er^iisse Schlag-
flüss eingetreten ist {Abercromhie l, c. p. 22ö},
und (tano.
y) mag die ADsanimlung nun im Tode oder
im Leben entstanden sein, auch der Falk
genug constatirt sind, wo grosser Er
gtia« ohne alle apoplektische Zufällt
stattfand *J.
Ist es demnach wahrscheinlich, dass der
Wasaererguss, den man allerdings oft in den
Leichen Apoplektischer fand, nicht immer et-
was Anomales war, oder, wenn dies, doch
oft genug erst in der Leiche, im Sterbeo
erzeugt wuiJe, kommt ferner der Schlagfluss
vor bei einer sehr geringen Anhäufung vod
Wasser, ist es aber erwiesen, dass er über-
haupt beim Wassererguss , und namentlich
aach bei der stärksten Ansammlong oji ge-
nug tüc/it vu7-kotnmt , so folgt daraus die
Wahrscheinlichkeit, dass auch der IVMncr
erguss nickt ein Moment ist, welches, aai
zwar durch Druck , die Apoplexie her-
beiführte. Dieser Ansicht ist denn namenl-
lich auch Abercrombie. , der übrigens ja se
gern ein in der Leiche sinnlich Wabrnehn-
f] *) Abcrcrombie I. c. pag. 152. 224. 22S,
/ Guisbin I. c pag. S9. IVach Acumaim t. t. S.
/ 419. 424. 425. bei Allen, die nach ausgestaiiil'-
, «
88 ^
r. 2»
L ».fäg. 227.
— * I ;> "i / 1 » ■ '' ♦ . -. / .^ . . . .*■*■".'.
In Beswn; aaf das yorkommen der fi»»
hinieoiiimrtiöii and ihre CaoMlbesidiuur smn
beadrten^ diS8 .wann anch der. WaBiMirargiaa
aivaa Anonalea' iat, er doeh keiaaawega ao
aMgawan^ wie d^s geifhieiit, ala Folge der
CüMicestioii .annaehen iat INte hat Cohm$
in &r angesBeigten Schrift weifläoftig ava-
iinanderg^setet
Ameh JBfgdaHdem üben ieimm^ MnretdUn-
^m^.Ihi^ amj jm de» SM^ßmu wä be-
wirfien; denn:- .; . . . v- . ;t..N ./*: . .. ..*
. 1) "im finden aie in denLeiehen oft ge-^
, wo i« ..Leben fiberhaopt alle, GteUnuifr"
fehlten.
. 9) waren auch Gehimaffectionen da, ao
waren es doch in den seltensten Pillen npo-
fUkiUche.
\
Unter den sieben und vien&ig Fällen, die
cinachliesalich zweier selbst beobachteter,
.iraii, Interne, ich weiss nicht, weldioi
'Pariaer HospitaJs, ^esammdt hat, kanen nnr
vier FiUe^vor mit Schwindel and Coma,
aeeha Fille mit mehr oder weniger YoUkom*
man^ Hemiplegie, vier apoplexieartige An-
tOle. (S. ArchiVi. de Möd. de Paria Sept
1841. mitgeth. in SchmidfM Jahrb. 1842. 2.)
Wt man aie in den Leichen der mit den
Jtsnu Bd.XGy. St 5. 3
_ 34 — ■
Symptomen des HydrocephalUA geatorbe
Kinder gefunden bat, waren sie langst
ohne dass Apoplexie [der sog. Wasserschi
etatmL
Bei Thieren, SchaBfen z. B., auch i
Rindvieh, findet man sie ohne aiioplektis
Erscheinungen. Die meisten jener Tbi
starben an Abxehnaig. iVeiih: Handb
der Vcterinärkande. II. Bd. 8. 641.)
III. Druck durch Eiter
ist ebensowenig als ssureicliende Uraa
des Schlagflusses aozunehmen; denn:
1) wo man ihn nach der Apoplexie
funden hat, musste man doch annehmen, i
er schon geraume Zeit vor dem Anfalle
gegen war, und in keiner wesentlichen
mittelbaren Cansalbeziehung stir L&hMi
Q. 8. w. stand;
2) man hat ihn aber oft genug dt
fanden, wo Schiagfloss nicht einffetretwi
CAhercronAie I. c. pag. 117. llC, numOi
119, 120, wo Abscesse bestanden hatten l
SymptiHne ihrer Existenz; — aadi Nmm
an verschiedenen Stellen seines bereu» e
ten Werke« »aber Krankheitea des Grtlr
Nach ihm hängt das Ausbleiben oder 1
treten der Wirkung freilich Allein davon
ob die Eiterhöhle ges^loasen Ucibt i
nioht; ebenso bei den Bydatyden; — €
lain I. C. pag. 83,)
- 85 -
-^^•Diet'^liiA.^.tHvA iit-iliM|iiil ■iiito*
fwirken «o& Mn flndtt dU» iter^llttlMittt'
Bi nicht inaierf' klar wo sie IMdtai^ Jki
«h oft f^te fltototeiiMn fi^^e lif^-il^<4te
mction des DrOckens bei der Pathogenle
» Schlagflusses übernehmea können. Man
Dlmt denn also fer^iar als dessen Ur^
ehe an: '". '^ -■• ■ - •- - .■ *v
■»
^ Indesimr isl wtM hioflger l!pilMM*«rit
Ben reAmieii tangtrierltfer KdimefaMnt
s. w. ds «raw ^peplexlef^Ja «nbn hat sie«
gar da gdmdea; wo atttt 'DMM'ikd^fly^
iHne eines Hürnlsidens flberitanpt roüta^p^
mgsn waveo-^' ••
V.
• Selbst 4^ FJMgM Dqv. nae.y von iem iiai
«dl am ersfeetf^^io t*oigett des Bindiies ei^
Mrten sollte -^ weaigäens ist y^M mmm^
iunmi» dasv «r bei dem WUerstatifa iJsr
»hideldeeken anf das GeÜitt Ml(MMlMt
. komflit vor ob«e A^plexku MMio^ttb
fpertrofkie dM» CMitnii^ via dw-iulii
. ^) jWcronte 1. c. p. i73.,iii|4/4el|b, .ifiii-
si^ r. c p. m. nt^iMfil^^if^!la ^
jjj:, im l^entorimiL tn jüidern iSfemli flcr^Üar^
i" Hirnfaantl/ lAeiii^' iM^iktomif ' iMdÜ^' ÜiHierf^
9Üte in d«r £ltti/«Mfttte koaraita mstUig ^dll
tf wo an gar keinen BhiiicUäg sa deütfken isl.«
, . 3*
^^m _ 36 _
nen Druck in ähnlicher Art erwarten k
Die ist aber überhaupt wohl nicht mal
vorhanden gewesen, wo inao sie gd
KU haben glaubt, z. B. da, wo das
Buchte Gehirn nicht völlig -wieder j
iScbiidelhüle hinein »u bringen war.
Wir haben also hiemit die Theorie i
näher beleuchtet, nach welcher der fi<
fluss durch Ifruck au/ das Gehirn enb
soll. Diese Vorstellung lag allerdings
nahe, aber dag Naheliegende ist bekan
picht immer das Wahre. Hier hat sii
nigsteos ihre sehr grossea Bedenken.«
hatte früher überhaupt wohl die Idee:
Gehirn, der Sitz des Empfindens luk
höheren Lebenserscheiniingen, müsse ein
:£artcs, sehr appreliensives i)rg-an sein
da man es oliiiübiii stets in seiner Tot
als ein Organ auffasste, bei dem Jedei
eelne TheiT für die Integrität des sent
lau ond resp. animalischea Lebens eint
uuiSBte, 80 war es wohl natürlich, da«
«nDidint> auch die geringste Verletzuu
Beeintr^chtiguDg des Gehirns müsse £
deutendsbeo Fofgen haben. Beobscbti
Wd. Versuche haben aber längst nachg
sen, dass jene Idee nicht die richtice
und dass das Gehirn, ohne merkbare St
der von ihm abgeleiteten Lebensers^
^n, die gröasten Verletzungen , grosse
il^end ein andres Organ, ertragen
fTir werden hierauf zurückkomiaen.
mechanUche Theorie aber, die dem €
■
iMlIr ihfty 'ab ^ trpgen -iumn^ fciAälrM^
odifir wWwcf ' fekf Uli Awrtioiy^ üft iMiiüiwL
dfe.iiM BKt ün Ctehfm sträHi« ifaeteA «M
mU^WWi oler flberhMpt AirM IMkA' Mi
SiAligfliiM ratetehen Übst, fttüd ifvoU ilufl
MtoW Stilfeile id dmn Üraher herinMliettdMl
SjMeme dei» Jatranechaiiic. JDCe Stittse ist
Mta freäiob Hiiisf geftdlen, Jenetkeorie hil
Mk ftker trata&m gebaltetf^.weil ale aHn^'
tU^^ idkr flifii/iiidk M. und weiter% Vatefw^
elmcen, die oimAin sehr 0chwtef% ifatt
Md latmi eiB fMitives RemdUt iit AaaaicM
MdkD. ttimMhig Macht— Juuqptsiddieli aben
^MH «ie dei' berfidfraden Riehtmig der w»
wiMluiMieh?» UnMMMiehimg ebeMdil^ohl wft
ahemeheilden Praxi» entopridit "- Dtea
Bamenllidi adion weit wca%er Jaid Aoh
iM^ wdche den SdäBgfbmt
.\t.
JBweiteiis durch qualitative, • chiH
fliiaeh « vitale Einwirkung^ auf daa
Gehirn
wtatehen lAwi Es ist dies auch -schon eine
aehr alte Yorstellungsweise , weniMtens in«
aaiwrn sie ein nicht sinnlich m ernennendes
Bikas annimmt, von dem die qualitative Ein*
*^iHrfanig auagehen soll — eine bissondere
fldiirfe« irgend eine Materia peccans^ die auf
dv Gehirn versetzt werden soll tu s. w.
tut nihert sich aber der vorigen Theorie,
~ ' a ne wenigstens dieselbe Momente,
Jene, benutzt, um ihnen diese onalitative
iwirknn^ «a fibertragen« 'Was oort durch
aefne Schwere^ soll hier durch seine Qoali-
•. - ^ -^
t|t:WUL«n, io das stockende i
pAMmo IBxdpdirte» derl&itero
Mit Aüsidit steht swar:iiib«ii
jlir Usharigesi Bedenken nameql
Itatssehe «Mgegßm^ dies JcMie
ift veikommeni ohne die Wurluuigy flr
wir sie in Ansprach nehmen; indei
dieser Umstand hat \iiet dodi nirlii
Bedeatong, welche wir yim Weher
Hgestehen mimsten. OenftMrteibt
nisk immer dassdbe in JsMcAer V
fcMUe Affens^ ist es daher nieh
wnmm aas drOckende^ was i
Wiikonc hat, es ein andren mal fM Mk
iMdbt haben sollte, ToraÜtgenelat. daaisk
in.Jhm. (Iberiiaapt den snreieAeiMhn Gitfl
der BneheinHng aoehen, m kmmi «doch h
QaaKtflt der Sabstana, ohne daes wir si
immer sinnlich erkennen können, za versdM'
denen Zeiten und unter verschiedenen Pi-
ständen sehr verschieden sein. Ist dakct
ihre Wirkung nicht immer dieselbe, ^fiw\
Sar gleich Null , so ist es , wenn wir in ib- I
ern Fällen die vorhandene Erscheinung, den
Sehlagfluss, dennoch als ihre Wirkung vt
nehmen wollen, weit natürlicher diese wi
ihren, wenn auch nicht sinnlich nachweUi-
ren, doch gewiss vorhandenen, aber ta
Wechsel unterworfenen, chmnimekmn Ckmik
ier zu beziehen. Betrachten wir also M
mal auch in dieser Beziehung jene Mommk
und statt aller andern dasjenige, wclchs
äberhaupt noch am hfiofigeten mit der is
als Wirkung zugeschriebenen Erscheinmg;
der Apoplexie, vorkommt, mämUeh dhie o&Morat
BhMehen des Gehirne.
-^ 3t ~ ;
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¥4riMRMkeB (kl Venm-Blata» ;«bift UtbM»>
IMpw iiiar Teimi ütt Tohlllahi. lia .Um
AiMtml wie aie 'aiidi J&wwomUsiiiMDaAilb
itti'&rw§katat ttitinnthfn GeMlttt ariiliHiiyL
w-friHd die Bed«idmkweklM» (rieb: j|;(^e*ii'<ii^
geppeMtie» dieeei CnBaineBieiitr i'«rtidM|k
taMite in toi IrSrteninren über di*'nil»
«MMhMg tnkd die mtMoäBom^ maäulhm.
tfiMde diese UeberfttUmir der l^n Jiit ea»
4Ü BMB eft in #lii LeitSieii iadely in»«^
«tuaeh dwE eelMr üdiwer nadmieiipi Hül,
tie «*htfn< nB'LiDlMQ vefbiriidin-miK '.:
t • '. i l ■ • • 1
• •li 4- » j I m ri I i'|»,tf
EtwM aidares kt c» «choi^ "wewf "niM
4Bä UegM »fliierwiegäide TaiüMitii ddM
Urtfe ftan es sowt nenaeii maf , iinlik; nrf iUhi
^pnnlitetlve Uehei^widit des in drn ¥MeB
CBthdtenea Blots, aof die sogciMpte vk*'
nfiee Congestion, beschrfinkt, senden «nf al*
les im Gehirn enthaltene Blut bezieht, und
annimmt, dasa aooh das in den Arterien cir«
colirendc mehr oder weniger von dem Chara^
iMer dea VeMdUnts erhalten habe. Dies ist
jdhrdinga sehr wähl denkbar, ehgleifdi man
db dAch wohl ant mehr Becht von tiner Ter»
Miiäuüng des Bbis im AUgemelaen, ab i^
#dl von einer solehen Yeriadrang, die num
iaatimmt eine »venSaeic nennen könnte, re-
dian darlr Wo wir aber aneh Grand au ha^
JMS glaoben eine selekt eritf hte Yeaosititfui«-
mmAuM^ da h€9i9ki sU doch «eJb* q/l, ja
maU im der B/egel^ ohne Apoplexie^ a. B. biA
— 40 —
Siofern, bei dicken, fichwammigen, fitohaift
solchen Menschen, bei denen man grade ei- [
nen besondern Reichthum an venösem BlBto,^
oder des Blats an den Bestandtheilen da
venösen, vorauszusetzen pflegt, selbst bei d^
nen, die einen sogenannten Habitus aposb-
cticos haben. Aber wir beachten andziUa
nar die Fille, wo die Apoplexie wirklkk
eintritt, die andern kommen eben in dieser
Beziehnng nicht in Betracht. Stirbt ein sol-
cher Mensch, z. B. an der Brustwassersacht,
00 bemerken wir hier den Habitus apoplMi-
eus gar nicht, sondern nur — die Anlage m
BruaiwassersuchL Unzählige sterben aber
allerdings am Schlagfluss, die nichts weniger
als einen Habitus apoplecticu» haben. Bas
er hier fehlte, fällt uns aber eben nicht aoL
— Was kann ausserdem dabei der karte
Hals bedeuten? Strömt da das Blut rascher
ein, so strömt es ja auch rascher ab. Selbst
Cheyne (S. 146.) legt dem sogenannten Ha-
bitus apoplecticus keine so grosse Bedeu-
tung bei.
IL Extravasirtes Blut
!
hat gewiss nicht mehr dieselben Eigenschaf-
ten , als das in den Gefässen circulireDde: •
ist dies aber der Fall, so liegt die Annahme'
sehr nahe: dass es auch, wenn nicht allein,
doch vorzugsweise, vermöge seiner QualUSi
auf das Gehirn einwirke. Es würde dann
vielleicht nicht die allmählige Steigerung des
Dracks durch Zninahme des Extravasats,
sondern die erst nach einiger Zeit erfolgende
Entwicklung der deletären Quantität dessel-
— 41 —
i ben hier der Gmnd sein, warum derSeblag-
: flow erat spXter eintritt. . Diese YorBteHiuig
: ^on der Wirkuoffsweise des ExtravtiRt* ist
: aUerdings eine Hypothese, entspricht aber
den Thatsachen mehr, als jene Ansicht, die
denn doch jedenfalls auch nur Hypothese ist
Doch bleiben auch hierbei die Bedenken be-
stebn, die wir gegen die Bedeutung des Ex-
travasats als Ursache der Apoplexie äberbaupt
bereits erhoben hieben.
Dass äbrigens ein Qualitatives, eine spe-
cifische Eigenschaft des Bluts oder derSifte
in manchen Fällen, namentlich im Verlaufe
gewisser Krankheiten , den ISchlagfluss her«
Seiffihren mag, ist wohl kaum zu bezweifeln.
Die bisher betrachtete Pathogenie unse-
rer Krankheit hat es, wie wir sehen, stets
mit tr^end einem Eiwaa %u lAtm, welches
auf 4aä Gehirn einwirken soll, also als ein,
in gewieeem Sinne ausser dem Gehirn Seien"
des^ gedacht werden muss. Wir wenden uns
jetzt zu einer andern Ansicht, nach der nicht
nur das Wesen , die sogenannte Causa pro-
xima, des Schlagflusses ein besonderer Act
and resp. Zustand des Gebimlebens ist —
das muss natürlich jede Theorie annehmen —
sondern auch die nächste Bedingung dieses
Znstandes in derselben Sphäre liegt, d. L
auch eine Modi/leaHon des Gehimlebens ist^
die dann in jenen Act Übergehij oder den
Sehlagßuss smr Folge hat Man fasst hier
aber zunächst nur die eine Seite des Gehirn-
)
— 48 —
lebena anf, die in dem Gehirae, als einei
eera Sinnen unmittelbar xugänglickem b»
vortritt, man »«etat jene Hlodißcatioa ihirn
das grob-materielle des Gehirn - Seim, d
das materielle Gehirn als solches. Es tret«
jetzt also
Drittens die Desorganieationen dei
Gehirns als solche
aaf, und »war als unmillelbart) Ursachen iti
Scfalagfliisses.
Als Desor^nisationen im weitern Üme.
und unter diesem Gesichtspunkte, können nnit
ancb die bisher betrachteten materiellen Mo-
mente anfgefnsst werden, so dass ihre Wir-
kung nicht dem Einflnsne ihi-9r Schwere oder
Qualität auf' da» Gehint, sondern ihnen iQ-
HOfern zugeschrieben wird, als sie MotHfiea-
tionen. Anomalien des materiellen Subilnf
der Gehirnthüligkeit sind. Mit ihnen kam-
wen aber auch wieder die Bedenken in Be-
tracht, die sich überhaupt gegen ihren Ao-
theil an der Apoplexie erheben. Jenen lAt-
menten schliessen sich an:
/. Atrophie des (tehima.
Sie kommt oft genug vor, y.. B. im h»-
hcrn Alter und bei Blödsinnigen ohne eigent-
lichen Hchingfluss. In den Leichen von Blwl-
sinnigen fand man das Schädelgewölbe ehe»
so weit-verdicAf, als der Umfang des Ge-
hirn! verringert war (Xenmann nPatholo«:.
48
Untemehniiffen ab Regulative eie.« 2 TM.),
was auch wieder darauf hiodejstet, da« fir
daf , BjMp swiaehea Bebidal^
und Gdüm ein Gesete exiatirte, naeki wel*-
ditm dan Siadringai eiaer gkiOmem Qiig^ti-'
tit. Wata in den Inhalt derSehSdelhOle^wMirw
aAeinlich nieht so leicht erfolgm kann« (a^
oboftl) .
IL VwMrim^ dm OMrm
i -
!• • •
kMUnt Vor ohne Aponlene. (Abu>eramU»''1fk
I .'. . • '.L ' ' « -^ ... ' "i
-''vv.< 'lif. BOiltkimg a»» '«MUrMA -""-'^^
1) Sie kann, wo man aie wiridieii Ahm!,
wenigstens eine ffewiase Art der Erweieknng,
awdi erat in Tode eniatänden aeiay wie wir
dben a^en.
1 ■
2) War aie aber auch im Leben vorhan-
dra, ao war sie doch wahrachtinlich achan
Tor dem Eintritte des Schlagflosses da.
8) Man hat sie aber anch in der That
oh genug in den Ldehen der meki am
SMagfhts Versiarbenen gefunden *)•
• *) AktTcromhie 1. c p. 116. Anäral L e. p.
j|M und folg. Budge (im Organ f. d. gesammte
H«ilk. Bonn Bd. 1. H. 3. mltgeth. in Schmidi's
Jbhrb. 1842. 2.) fand sie in der Leiche eines
tbnaekeB, der allerdings an vorQiergehendmi und
wiederkehrenden .LShmangen gelitten hatte, je-
doch, ohne je delirirt zu haben, cm Abzehrung
/r. Wunden . Getehtrüre de» Gekirnt.
Sie sind bekanntlich oft geaug vorge-
nmen ohne Apoplexie. Eine der nene-
Bten Beobachtungen der Art ist m-oIiI die
von Dr. Zarlmann »Booner Jahrb. Band
I. Heft A. mitgctbcilt in der Oester. med.
Wochenschrift 1842. Nr. 2.,n wo, nach einer
Verwnndnng durch ein Stück des Laufs ei-
ner beim Abfeuern zersprungenen Flinte, biO'
neo vier Tagen wenigstens drei ünxen Ge-
hirtuKbetanz mit Blut, Eilei' und Knochen-
splittern ausgeleert worden — ohne bedetiiendt
Symptome, tind mit roHkommener Wiederher-
Melhn^ de» Kranken.
Auch ein auffallendes hierhergehörendes
Beispiel führt Neumann S- 86. 89. an, wo
> nach einer grässiichen Gehirnverletznng der
Kranke /.war nach 7.wölf Stundeu starb, aber
bis dahin — Betntsalsein und Sprache haUt
)
Marh. GuUlain I. c. pa^. 86. fand (bei Irren)
Erweichung uud lllceratiou, ohne das» die ge-
ringste Paralyse rorhergegangen 'wäre. JVm-
ntann »von dcu Krankheilen des Gehirns S. 407.'
sagt: "Indessen glaub' ich <ler Wahrheit am
näcbsien zn kommen, wenn ich Lähmung ahnt
ApopltxiB dafür (fiir die Folgo der ErweichoDf
in den' Ganglicn^örpern der Schädelbasis) er-
kläre,» gesteht aborS. 409 lu: dass Erweichung
«(nzelner Stellen der grossen Hemisphaeren f(u>
ahne LShtunngs-Symplome vorzukommen pflegt.
u
■
wir ^ehon heiraeki^ habem
1
.u» ty^(im$hm l c f. G$. muh p. 176. 177.
Muuvtöt nicht nur von der KntaBBndnMr iflp
Ctahi^u^^Mndern uch von der ieifler Btate^
dw» (W weit weniger hSufig .eei, a)n.«Mi
iiell dien dni|;ebildet habe. 'Nmtmmm hilt
SnMndnng to Jänhetann. den Gehidin. IBr
ndhr. netten, die der GehinwnlytteK : te Amt
«WMiMf für eine Chindre. .
> I
:.i 2)i^WQ mflier Mch vorkonunt, int dndi
dnpigjMngflBmr nehnnntltth keineswegnihm
l^mvAidicie nnd nmnittelbnre Wiriwngf!). .,
1 . . . • . . . . , . ,
'!«•<•' t. .■i'».
;.,.3X Tritt der Sehlaginnn wiFUieh:ein»nn
henland doch «chon Innge vorher die Snb-
nAMhnig.
Dans äbrigens die Apoplexie in Folge
der Gehimentzöndunff, oder äberhanpt' deren
Lethnlitit, nicht durch die damit verbondeneA
nichtbaren materiellen Yerfindemngen an ^kk
liedingt ist, beweist nach der Umstand^ dann
wihrend die grössten materiellen YerindenuH
gen ^1 fange, ohne den Tod herbeistsujfnkrenjhe^
*) NemMum I. c S. 410: »Also weder Fie-
ber, noch Schmens, nochDellriamy nicht imYner
tilhfliang, nicht immer VewoMtlosigkeii, nicht
fakmer Conmlsionen^ doch -^ MdoeiXm, sind die
PolgeB Ton Enisfindang einxebier Himorgane.«
\
l
— 4» —
standen, dagegen der Tod erfolgte, wo man
in den Leichen nur geringe Spuren der Ent-
zündung fand. Abervromble pag. 64. Andrid
l. c. p. 18 — 27.
Dass Desorganisation die Conditio siue
qna non der ApopleiLie sei, ist eine Annahme,
die allerdings im gewiaaea Sinne fast noth-
weodig erscheint. Nur ist es aiisgemacbt,
dass darunter nicht die Desorganisationen ztt
verstehen sind, die wir bis Jetzt mit iinsem
Sinnen erkannt liaben. Eine veränderte Fun-
ction schtiesst stets einen irgend wie verän-
derten Zustand des materiellen Substrats in
sich, an der die Function gebunden ist,
ebenso wie umgekehrt — obgleich wir ancb
da nicht immer die Veränderung der Fanctioa
wahrnehmen. Dies ist das Verhältniss, wel-
ches wir «US zuletzt — denken miisaen, eine
Vorstellung, über die wir nicht hinauskönneo.
Aber freilich schlicsst dabei der BegriiT der
»Veränderung des materiellen Substrats*
mehr in («ich als nur die gewöhnlich, sinn-
lich KU erkennenden Formen der Desorgani-
sation. Mit denen haben wir es aber bis
jetzt nur zu thun, und — dass wir keine
einzige derselben als zureichende Bedingung
des Schlagflusses anerkennen können, gehl
aus dem Bisherigen, glaub' ich, unwiderleg-
lich hervor.
Indessen ist weder Hyperaemie vnd
Stase, weder Extravasat und Exsudat, noch
Verletzung, Verwundung, überhaupt Mangel
und Desorganisation des materiellen Substrats
der Gefairnthätigkeit, ein jede» Jur aichy als
" ¥
'/
loMcheoie UrMche der Apopieiie «uMidi-
flieny M wire es jdodi imaer noeU mAi^UM^^
¥ie>ritiifr in Coflibinmiipnenoder Uih
v„. .. herigen ^Momente. . ^v>
MMiiideu Aber it^gegoa ipridilt
.^' t) (iAM Mlbet MMefta Midier CobKhim
tienen, wo ne in den XieioiieQ jqpe^lelUürii
T«ietarbeiier voriLaauMn, ebeneO) wto-iMr
Aek'ven Jedeii euiseliien ihrer MeinMIe
wäirMheinUeh MMfU»^ mm& erat^n du
Ijiihe» 4ider iafiSbettyJU^^
Miij|e WiriLiiiig der eigeatKeheM IM^iiht
der >AMplexie artetandeii aein kiDoeiL (fl.
dto- e&en in dieser Benieluuig gegebeiMiv
CHtatel) r
■ >
^ 2) Djuss auch sie in manchen FiHen |^
deafaib sehen lange best«iden haben mnss^
tan. ebne den Sehuigflnss; ja dass aoeb sie
1
« ■ ■ .
3) nicht nar ohne Apoplexie, saaden
aaeh ohne bedeatende Gehurnsymptome flbw-
haapt vorgekommen sind *)•
■ - «
*) Beispiele davon findet ikian genug bei
Mercromhie u. A. Es ist auch hier ni^nen^lich
wieder zu berücksichtigen jene Beobachtung von
Xarhmmmy wo Erschütterung, Zerreissung, Rei-
aong und Druck (durch Knochensplitter), Yer-
■daderung der Clehirnsnbstanz, Blutung, Eite-
nmg zugegen waren ^- ohne Symptome der
I
- 48 -^
Wir haben hier aber nicht nur KD be-
denken : iinss keine der inaterielieu Verände-
rangea oder ihrer verschiedenen Combioi-
tionea immer den Schlagfluss oder überhaupt
Dar bedeutende Krankheitserscheinungen be-
wirkte, sondern auch, da«« <Iie mit einer je-
den verbundenen Symptome ketneaicegt ün-
mer dieselben, ein anderea Ittal sogar JoA
die enlgegengesetxten waren, z. B. bald hSit-
mang, bald Convulsionen, bald Coma, baU
Aufregung u. s. w. iAbercrombtel. c. {i. 308.];
eelbst Andral l. c. (). 244. giebt dies xu. —
Allerdings könnte dies immer noch dadord
erklärlich sein, dass vielleicht nur die AffeC'
tißn gewisser Pftrtieen des Gehirns die hier
in Betracht kommenden Erscheinungen her-
vorriefe, es also von der verschiedenen Lo*
calität jener materiellen Momente abhSnie,
wenn sie in dem einen Falle diese^ in des
andern jetm oder gar keine ErscheinungeD
zur Folge haben; indessen können wir die«
Bedeutung^ einige wenige Fälle ausgenon-
men, wenigstens nicht auf die bis jetzt er-
kannten anatomischen und physiologiscbei
Diirercn/,eii im tiehirne beziehn. Beobach-
tungen und Ex)ierimente sprechen dagegen.
Apuplexie. Auch vergleiche mau den von Dr
Jon«« in Ceupera Wochcuschr. 1838. S. 257- ■■
folg, mitgethciltcn Fall.
i4i >_MW^1 "
- 49
Conditio sine qua non der Apoplexie.
1) Wenn nun nach dem Bislierigen die
materiellen ^Momente einzeln^ oder in^ ver-
schiedenen . Combinationen vorhanden sein
k0nnen, ohne dass der Schlagflass erfolgt, so
gebt schon daraas nnabweislich hervor? dasi^
wenn sie auch in Caasal - Beziehong zur
Apoplexie stehn, He aUein doch deren Ur-
sache nicht ansmachen • dazu vielmehr noch
ein Btiites erforderlich ist Was iei dßß
abert Nun — die Anlage , — dia dem Ge-
hirn immanente Möglichkeit unter der. Ein-
wirkung jener Agentien in den Zustand va
H^eratheiL den wir Scblagftuss nennen — mit
einem Worte die causa nQo^vfAimj. Die darf
natflriich auch hier nicht fehlen, sie ist noth«
wendie zur Genesis einer jeden Krankheit.
Dass diese Möglichkeit zuweilen ntefU vor-
handen ist, und dann auch die Krankheit
nidit entsteht, ist ja eine bekannte Sache.
Keine Regel ohne Ausnahme! — Aber —
man wird doch wohl nicht im Ernst glauben,
jenes Problem mit solch^ allgemeinem Raison-
nement, oder gar mit einem Sprichworte er-
ledigen zu können? Freilich ist keine Refel
dme Ausnahme; ich denke aber die vi^n
Ausnahmen mässen uns hier veranlassen mal
etwas näher zu untersuchen, ob wir auch die
Bedingungen der Regel vollständig und rich-
tig erkannt haben? Wir werden daiin viel-
leicht zu der Ueberzeugunff kommen, dass
es da noch eine positive Redingung geben
Journ. B<L XCV. St« 5« 4
, die wir bisher wepig gewfirdictliil«,|
uf deren Niehtvoriiaiideiisein ebea Jon
jUnahven bendien, dass die AnUge, ii
«eil der' ilbn» abweUkmitd&r XuHmmi MI
mtm. uMM idbst.giebt .dies im.flnpfc
a%. umnn er f. 244 iMft: . »Si Poa m« M
Milde riMKOtai de dnOieM dik U MmmM
■dhcriü^M la «ifime, il n'jr .ea a Mtdi«
Hdnif imciihleat eeila b rafMrfe «ie qtk
phMK: ji*iie w {NiiirciHtt rdeoad^
elftetient <in'e» adttettantdana.«lMMMa «Mf
tfM^.«e ^ea est eonventf d^yelor «ne |»|
dl^yeailion ea nne idiogyncrfMae.« Denninai
mmtmläßk^ fünf FUlea liehi mmeigiM^m
äSjmfimo di€9M9mmmA^ also flir Jeiä
loMiaeldioeynkrasie aniHmeliaien jat^ n
iplaiiert idieaer AoadmelL den- ZVebeBb^pi%
den man gewöhnlich damit verbindet, woa
er ein eigenthümliches , nrsprän^lichea Stß
beaeiehnen soll, welches als seltenste Ab-
nahme ausser der Regel Hegt; es kann iM
unter dieser Idiosynkrasie oder PrSdispoflüi«
nidits anderes verstanden werden , als M
anssar oder neben jener aiditbaren läiü
cdr^rale noch bestehendes biajetEt wenap"
stens nicht sinnlich erkanntes anomales li*
krankhaftes Sein des Gehimlebena , mag •
nun überhaupt »an «tc&« unsem Sinnen 0*
gänglich sein oder nicht. Jedenfalls adidit
es mir nothwendig zu sein die Pathngoü
der Gehimkrankheiten , und namenttich kt
Apoplexie, auch dnmal wieder unter dimm
Gedchtspunkte aufeufassen, und die Uate^
aachung in dieser Bichtang- weiter sn tt*
V
— ftt —
rcii.. IhMtir iwdöi : wir UM «iNV/tt M /
venudäMt teho, wenn wie cvwteife - ;.
.'". ;. ' . . ■■;■<'.*■.. ."•: -^ . f-%1i
2) dAM «e BMiirMlMikltliW^
ttdi ttkttnMn VoaoMa aidit «ri^ riicil'ili^
Mrddmde Gnmd, «bufam iniieft ««IdM tiWMl
MW iioHniiiiij%> JgJfuyiiy 4»» fifiily*
JiMMt «Intf, 4aM: d^ Apöpind» lyd^^
dib^^ jener Ar^ bei wdelier imh Jne üifiiMN
Im CeMaliMÜMte -voi mmuIbI, ia q^edfr'tM
jy»(i!plMia «mgWtMii, insofern mn lüMAi-^
«feÜM Mf^ ioaeem BynplNM' lielMi«^
•lilwten ^mm, ohne due irgend eine Jmm
elftiMbirUBfeteriQta .Anokäen ifler&Mfl
veiindn- war *).^^ -^ - ■ ■ •'«
. / - ■ ... ■ |. ■. . * ■■-■,•.*•*■•-
<••
■ «4 ■ .• '
e) jfatwwiHf I. c Hg; M0. 3114 iuk an.
b Die pag. 306 und ff. i^flllirttii FUe» #»
Umftlqd«« , . die eiae nelerieUe .Verliid»
mig des Gehirns I wenigstens Bbpinbevlilllnm^-
J[4(dettfidls ein schon weit To^geschrittene% fntoi:
alTes nnd swar sinnlich za erkennendes Qehira*
laden nach der gewöhnlichen AnstcKt tonms-
sHseii Hessen, dennoch ToHlcomniene Genesonj^
dMrafy lassen allerdings die Briilirang m% dais
Uer das materielle Moment durch die Htm die^
Kwast oder Naiar entfernt worde, eher mmdk
dfei dMs hier eine soMb materielle Anomalln
eniSit existirte, znmal da es noch seht pfo^
natisch erscheinen muss, ob Knnst oder rVa-
tar wirklich im Stande sind, sie spurlos Ter-
fldvwinden zn machen. Sagt doch auch üfort-
haMHnU »Von den Krankheiten des Nenrensjstems.
Aas dem Engl, von Dr. Wattach S. 37.«, dass
OeMestloB nnd ihr Gegensatz -— Blntrerlasi,
ErsdiOpfiing, (also doch äach wohl in der
iassem firscheinnng) gbki^ Wirkung ha*
4*
I
^^ ' _ 5« _ — 1
Wie hiernach die Bedeiitaug jener i
teriellen Momente augenscheinlich um vii
tiefer sinkt, so steigt damit auch in sietcb
Verhältnisse die Bedeutung der in dem <
hirnleben liegenden bisjetzt nicht sinnlich
kannten Ursache seines Erkrankens und rc
Todes — des Scfalagflusscs. Ohne sie ven
gen alle jene materiellen Momente die A|
plexie nicht zu bewirken, sie aber vem
tA allerdings ohne jene vialei-icllen Anomali
3) Wenn es aber von desjenigen ma
riellen Veränderungen, die man vorxugiw
Tür die Ursache des Schlagflusses hält, a(
sehr zweifelhaft i.st, ob sie, die man alii
dings in den Leichen ßndet, im Leben c
vor Eintritt der Apoplexie schon vorbaue
«Bin können, wenigstens ob sie da imi
schon vorhanden waren, so verliert im J
gemeinen »uch hierdurch wieder die Bedi
tuDg jener Anomalien für die Pathogenie (
Schlagflusses um eben so viel, als die i
nicht alnnlich er/eantUen Causalluomentä i
durch gewinnt. Denn wird es dadurch ni
wabrscheinlicb: dass jene keineswegs so i
wie man annimmt, überhaupt nur malinCi
sal-Beziehung zum Sclilagflusse stehn, d
ses aber weit hfinfiger, als toan ai^ßm
denen genügcTide Ursache ist?
bcn ^ Ddirium, Coma u. 9> w. ADaemie hi
aber auch ibre Symptome, hier also die der t1
ptexla aaaguinea, herror ohne rfj|wiiiiMii ■
fVtluerergUM in der Scbädelhale.
— 53 —
Kommt nun aber hierzu noch
4) dass man anbedenklich der sogenann-
ten Apoplexia nervosa eine von solchen ma-
teriellen Anomalien dorchaos nnabhfingige
Genesis zugesteht, als ihre wesentliche Be-
dingung dagegen ein an sich nicht sinidich
erkanntes besonderes Sein des Gehirnlebens
annimmt; die Apoplexia nervosa aber im
Wesentlichen der bisher betrachteten gleich
hält — was schon aas der gleichen Bezeich-
nung »Apoplexie« hervorgeht, wie denn auch
der Unterschied zwischen diesen verschiede-
nen Arten in der That nur in gewissen Süs-
sem Symptomen liegt, da man oft schon bei
der sogenannten nervosa dennoch jene mate-
riellen Momente, bei den fibrigen Arten aber,
wo man sie voraussetzte, sie nicht gefunden
hat — , so wird es in der That unbegreiflich,
wie man deren Bedeutung für die Genesis
der Apoplexie überhaupt so einseitig auffas-
sen, so hoch anschlagen, die eines anbedingt
vorhandenen, wenn auch nicht anmittelbar
sinnlich erkannten Moments aber so wenig
berücksichtigen kann!
Also man vergesse nicht: auch in sol'
chen Fällen, wo die äussern Symptome der
Art waren, wie sie da vorkommen, wo man
später bei der Leichenöffnung materielle Ver-
änderungen im Gehirn findet, auch in solchen
Fällen, die dem Bilde der Apoplexia sangui-
nea, resp. serosa a. s. w. entsprechen, und
wo man Blutnberfullung — dberhaapt Druck
auf das Gehirn — voraussetzte, hat man
doch oft genug das Gehirn in demselben
— 54 ~
Zustande, wie nach der sogenannten nen'ost
d. h. keine sinnlich nachweisbare Anomalk
— in andern Fällen dangen, die das 6^
prSge der nervosa tragen, in der That aber
jene materiellen Momente, die man den übri-
gen Arten des Schlagflusses zum Gnmde
legt, gefanden. Unterscheidet man daher die
Apoplexia nervosa von den übrigen Arta
nach den Ergebnissen der LeichenMnoiig;
80 ISsst sich diese Trennung, wenigstem
nicht in Bezug auf die äusseren ErscheiDin-
gen, durchfuhren; gründet man den Unter-
schied aber auf die äusseren Erscheinongen, ,
80 wird er wieder aafgehoben durch die Er- j
gebnisse der Leichenöffnung. Es ist de»-
naeh kaum anders möglich: wir müssen an-
nehmen, dass jede mögliche Art des Schlafe
flusses im Wesentlichen nichts anderes ist, als
was die sogenannte Apoplexia nervosa auck
ist, und dass die Verschiedenheit in den Sym-
ptomen der einzelnen Fälle von Apoplexie
nicht unmiüelbar von der Gegenwart oder
Abwesenheit der materiellen Anomalien in
der Schädelhöhle, sondern zunächst von an-
dern Umständen abhängt, die ihrerseits in-
dess in der Regel, aber nicht immer, an die
Gegenwart oder Abwesenheit jener materiel-
len Momente gebunden sein mögen. Es
scheint mir aber sehr wahrscheinlich, dass
diese Umstände eben keine andern sind, als
die nach Stärke und Umfang verschiedenen
Grade der Erschöpfung oder Lähmung der
Gehirnthätigkeit. So nimmt die sogenannte
Sanguinea immer mehr das Gepräge der Ner-
vosa an, je mehr sie sich dem Tode näherL
dem völligen Erlöschen des Gehirnlebens. In
l
— 55 —
der Nervosa steht aber das Gehimleben im-
mer anf einer weit tiefem Stafe, wenn es
anch oft nnr momentan so tief geswaken ist.
Erhebt es sich wieder, so tritt die mehr oder
weniger vollständige Genesung stets ^ mit
manchen deijenigen, dann aber dl^dings
rasch voräbergehenden, Symptome ein, die £r
Sangninea kurz vor oder in dem Anfalle ei*-
gen sind. Es ISsst sich dies Verhiltnias,
wenigstens in mancher Besiehnng, so aiem-
lich dem gleich stellen, worauf Marskaü
JBfaU die verschiedenen Symptome bei . der
Verblutung zuröckfuhrt, nSmlich : Erschöpfung
(hier der Gehimthätigkeit) ml, oder oAne
Beaction.
Sind wir so durchgedrungen zu der
Ansicht:
dass jene materiellen Anomalien, wo ne
flberhanpt in Causal- Beziehung zum Schlag-
flnsse stehn, doch in Bezug auf den Act an
sich, den wir Schlagfluss nennen, in Bezug
anf den Anfall selbst, zunächst keine andere
IBedeutung haben, als die der »Causaeoeear
sionales,« dagegen eine andre Modification
im Gehirnleben, die freilich bisjetzt der im-
miitelbaren sinnlichen Erkenntniss nicht «oh
gfinglich, die unter allen Umständen noi^-
wendige Bedingung der Apoplexie isty in
gewissem Grade selbst die eifizige, stfurei"
ekende Bedingung derselben sein kann, so
werden wir nun weiter zu untersuchen haben:
das Causal -Verhältniss, worin jenes ma-
terielle und dieses nicht sinnlich zu erken*
56
nende Moment unter sichj and damit $m
die mUtelbare Beziehung, worin sie, d
eine durch dae andere^ zur Genesis d
Schlagflosses stehn.
1) Hat nämlich die materielle Anoiul
umntielbar ßir den JnfaU, wenn äberhao
eine Bedeutung, doch nur die der Causa oi
casionialis', so wurde sie doch da noch en
weitere Bedeutung für dessen Genesis habe
wo sie — und das könnte ja immerhin mi«
lieh sein — ihrerseits jenes nicht sinnlid
Moment erst hervorgerufen hätte, möchte b
nun mit diesem ihrem Prodncte vereint s
letzt den Anfall bewirken, oder aach an di
aeii» letzten Acte keinen weitern Antiu
haben.
2) Ebenso ist es aber auch denkbi
dass umgekehrt jenes nicht sinnliche Mi
ment während seiner Entwickelung erst i
materielle Anomalie erzeugt habe, um zulei
in seiner höchsten Entwicklung mit seine
Producte, der materiellen Anomalie, oA
ohne dasselbe, den Anfall hervorzurufen.
3) Vielleicht besteht aber zwischen be
den Momenten eine Wechselwirkung derAi
dass 8ie sich gegenseitig in ihrer Entwicklao
fördern.
Diese Verhaltnisse haben wir also jet
za untersuchen:
ad. 1. VTollen wir jenes nicht sinnlii
Qachweisbare Moment das dynamische nenue
— 67 —
and dann die Frage anf werfen: ob es ohne
Einfliifls eines Materiellen entstehen kfinne?
80 haben wir nns Eanflchst. daratf so erin«
nem, dass dne Dynamie o» rieh ffir nns
S nicht existirt. nichts ist als ein Begr^^
durch eine känstliche, aber allerdinn
nothwendige. Scheidong entstanden ist m
der WirkUehkritj in der olaeeHvem Reälitit,
t0l da» £Sfw, was in der Yorstellang als
Kraft nnd Materie auseinander gehalten wird.
Ist daher j^eder besondere Zustand der Dy-
namie dies nor mit einem besonderen Zn-
stande der Materie, so mass auch der Zu-
stand der Dynamie, der hier in Betracht
kommt, mit einem entsprechenden, wenn andi
mdit sinnlich erkennbaren Zustande der Ma^
terie verbunden sein. Das eeben wir also
so, nnd verstehn hiernnter »Modification der
Dynamie, oder dynamisches Momenta nur den
mit einer nicht rimJieh erkennbareH Modi-
fioition der Materie verbundenen Zustand des
Gehimlebens« Aber das geben wir keiiiesr
wegs zu: dass eine solche Modification der
Materie hier jedenfalls das Primäre sei, be-
haupten vielmehr, dass man diese Eigenschaft
mit demselben Rechte der Modification der
»an sichtt gedachten Dynamic beilegen kSnne,
oder vielmehr mit demselben Unrechte; denn
eine Priorität des einen oder aildem ist hier
nicht nur nicht nachzuweisen, sondern, streng
genommen, fiberhanpt — undenkbar. — Kann
nnn aber eine in diesem Sinne genommene
dynamische Modification des Gehirntebens ohne
Einfluss einer materiellen entstehn? Insofern
dl» Gehirn (als materiell -dynamisches) nur
esüstirt unter materiellen Einflfissen, gewiee
)
- 58 —
nicht; aber, dass es durch diese ««M
»te»x (durch den Grad, die besondert
Beiner ThÜtigkeiL überhaupt schon dai
Dauer seiner Existenz) and nur durtt
seine Existenz, also ohne beaondeT^^,
wohnliche FÄnflüsge, dynamiach (in Ä
gegebenen Sinne) modificirt werdeat
— das ist eine «o natürliche, der a^
Den Voratellungsweise, wie allen That
entsprechende Annahme, dass sie wohl
Widerspruch finden wird. Dasa aber i
cie ohne jene offenbaren Veränderung
materiellen Substrate der Gehirnthätigk'
da sind: habituelle Congestion, Exsuda
travaaat, Desorganisation im eneemi
ein solcher dynamischer Zustand aes fi
(jenes Causal - Moment des Schlagf
sieb ausbilden könne, beweisen die Yti
Apoplexie, wo man jenen Ausland unh
annehmen tnusn. aber jene Verändei
nlcAt findet Nach dem Obigen und mit
sieht namentlich auf die Thatsaefae, di
mirUich vorhandenen materiellen Tei
nttgen doch keineswegs immer der Sl
4ai» eiptritt, j«te Veriiaderangen alM
lotineBwegs unbedingt die andre, dyud
BediBgoDg des ScnlagBuMes lierMil
«eil er sonst eben nicht hätte aoil
Manen, -^ wird iobo jedoch aaefa dür'
-|»B müssen: dass selbst da, wo sol^
indA-uDgen sieh finden, dennoch jmmb.
mische Moment ohne vietentUeken i
jm» V^finderangeu flieh entwidi^ i
kjttane. IVicAit* destoweniger werden ^
dtraeits aber auch nieht verkensen h
-^ 59 —
dass jene offenbaren materiellen <»uvu.i»»«H,
wo sie wirklich schon vor Eintritt der Apo^
plexie vortianden waren, nicht ohne alMi
Einfloas, nnd in den meisten Fillen wohl
nieht ohne sehr bedeuiemd^n Einflusa aof die
Dynamie des Grehims, also auf die Entwiök^
long jenes dynamischen Caasal- Moments der
Apoplexie sein werden. Aber auch dann
dringt sich nns die Frage anf :
ad. 2. Können denn jene wahrnehmbar«
ren materiellen Verfinderangen entstehn, ohne
dass ihnen, als ihre nothwendige Bedin^mir,
ein Zustand vorherginge ^ wo das Gehurnl^
ben schon in seiner dynamischen and aller*
dings auch in seiner materiellen Sphlre, in
letaterer jedoch in einer nicht ku erkennen«
den Weise, modificirt ist? Das ist, abgesehn
von den Fällen, wo die materielle Yerfinde*
rang, Yerietzong, durch eine äußere ^ im
Allgemeinen physicalische Gewalt umniitelbar
bewirkt wird, wo also ihre Genesis nicht ei-
gentlich im Gebiete des organischen Lebens
stattfindet, nicht mehr nnter den Gesetsen
des organischen Lebens steht, wohl kaum
ansanehmen — nicht anzunehmen , dass jene
groben materiellen Verfinderungen durch or-
ganische Vorgänge veranlasst werden kön-
nen, ohne dass das Gehimleben schon in der
Art modificirt wäre , dass es jene Vorgänge,
insofern sie in sein eigenes materielles Sub-
strat in solcher Weise eingreifen, zulassen
muss — nicht anzunehmen, dass solche of-
fenbare, bedeutende Anomalien jenes Organs
ST-
Sil
- «• —
ohne dasa dies vorher schuf
ineo Sinne dynamisch mitdi-t
Dies ^It weniesteDs für diil;
Alle. Wenn das Here r^l
qH«^-BH. Abscess in den Lnlrwegen pliut
Vlli'M»Atk«ai anfbört, wenn ein Aoenryna
■ ine innere Blutung erfolget, h
Tor^änge allerdings absolu
Äe MiteirciiUtion im Gehirne stören, die oi
des Hots u. s. w. unmittelbar bc-
I — ^ aber das sind Ausnahmen^ die
i'iM ^ Ptttbogenie des Schlagflassn
, woU in Betracht kommen könnea. Ii
|iMr AidCra -FAIIen ist Congestiou in öei
StUKtmeBimeaf Exsudat, welcher Art a
MÜ ■jlU". firwiaiGbang, und zamal jede De-
tarn im engem Sinne, die nnr lanf-
I entwi^ein kann, gar nicht denk-
Imt, ohne einen vermittelnden Zustand jecfi
Organs selbst, den wir die »modificirte l)y-
namie« desselben nennen, obgleich wir oocb
dabei irgend welche, aber nicht sinnlich wahr-
snnehmende Modiflcation des Materiellen sop-
pönireD müsseu* Also auch da, wo offenlät
■laterieUe Anomalien im Gehirn — in ipede
j«Mn dynamischen Zastand dieses OrMii
der zsletzt das Hauptmoment für das Eil-
fitehn des apoplektischen Anfalls ist, asaU-
deten, auch da oiiissen wir doch für die Ge-
nesis Jener materiellen Veränderungen selW
wieder ein dynamisches Moment voraiiBBelata
Dies wird bestfitigt durch die vielen tSk,
wo materielle Veränderungen des GeUru
anter solchen Umstanden nicht eintreten, «*
man es sonst wohl erwarten könnte, s. B-
— 61 —
>
bei Hersfehlern , allgemeiner Scropholosi^
Scorbat, Phthisis, kurz unter UmstSoden,
wo Congestion, Entzändong (and damit de-
ren Ausgänge), Gehimscropheln , Exsudate,
Extravasate, Erweichung u. s. w. am ehe-
sten KU Stande kommen mfissten, wenn sie
flberhaupt ohne einen vorhergehenden abnor-
men Zustand der Gehim-Dynamie zu Stande
kommen könnten. Konnte nun aber (naehl)
das dynamische Causal - Moment des Schlage
flusses sich ohne jene materiellen Zustände,
ohne Veränderungen im Gehirn, ausbilden,
und ohne sie den Anfall bedingen, ist aueh
eine dynamische Modification jenes Organs
durchaus erforderlich zur Genesis jener ma-
teriellen Zustände, so ist ferner mit Grund
anzunehmen: dass das, ohne vorhandene ma-
terielle Veränderungen entstandene, dynami-
sche Causal-Moment des Schlagflusses aueh
erst mit dieser seiner Wirkung, dem Schlag-
flusse, manche jener materiellen Momente er-
zeugen kann, z. B. die Con^estion, das Ex-
travasat, das Exsudat, die nicht entzfindlicbe
Erweichung. Das ist aber eine Ansicht, auf
die uns schon unsre früheren Erörterungen
hinleiteten: manche Thatsachen machten es
da schon wahrscheinlich, dass in vielen Fäl-
letk jene materiellen Anomalien des Gehirns
erst im Sterben, also mit dem Schlagflusse
entstehn. (s. oben!)
ad. 3. Dass nun eine Wechselwirkung
bei der Genesis des dynamischen und des
sichtbar -materiellen Moments, vorausgesetzt.
■<-.' ü •—
liriii kUiliiiiii wiiMklhaelMB
JliiMlHidlaMW boMid i Statt iainhaM
-«Hl'^AilMi wir Mm kimMk^aacli dto flril#
ÜMi .Oiiwl«»BttttamMy Jpoer ▼«fMiMai
MnMrttt: Mr Apopkaae-I^WOrtwt, m UMi
■iLjitot di« vewMilioiiiüffi BeawitiiBft ^nJtB
i^teiAUgeiMiBen ttr dtfren OeacSiiifciin
ilptiliiljH inilerwawm kMÜMäz .
!iHI»lf Ibterielle AMMnafiM wann k
htoriVttral fldion Uiume Zeit tat
CÜMMiv^ilionmt deswlbeii , aw «ie aian gl*
«UM» AynaBHMhenZintMil iIm fiteMm»»
MMa»iMüNlitoteiiy daw «le «Kfataf i4» 4fr
mkkmfi^nfi mU ihm 4w Apoplexie knüBgm
kiMUiten. Zu ihrer — der materiellen Am-
malien — eignen Genesis masste aber tidi
schon jener dynamische Zustand, freilich mt
einer tieferen Stafe der Entwicklan^ , /0dl»-
faU§ irgend ein dynamischer Zustand vor*
banden sein. Der ist also auch hier ein mkt
wesentlicbes Causal - Moment des Sddag*
flusses.
2) Die materiellen Yerinderun^n wäret
schon vor Eintritt der Apoplexie vorhanden
und haben, ursprfinglich auch wdt durck M0
Modification des Gehirns in seinem dynaan-
sehen Sein bedingt, allerdings diese letEteit
in ihrer Entwicklung gefördert, aber wdtcr
keiaea unmittelbaren Anthdl an dem Eatst^
des Sehlagflusses. Der , ab letater Act Ar
%
i
I
CMrinhiftiUMiit« -^A iffffM^
jflMtR.#yMUWMtalllMMl: 1^^
ittiericlle Aoonatmiiwife^ ivain
im Leben ^ decliitarofrtlililir-iBr ÄMrioito
car noch iddit toriüuideB, Müdem aiM ertt
iiueh fenes ilynaidMlie Hearat uiMWlftflr
aik drai Acte, den wir Apoplexie nMpp»
odor vemiittelet ffiettt^ ^<(^9 herverg eMlMi
-<- luriben nieo nur in keiner cSeneaHbenielriMC
nr ihmuU des SeUegfnseee» wenn mmi
iHMIeiciit sa seiner Umur umd Mimnmmd^
Utkm iödOidkm Amagmig^ gestanden. Der
SeUegflnsB, als dn veriisndener Wmämdy
wftrde vielleieht vonsdbst, odernnter Irlnit
lidMr BinwirtLong, vorfflbcvgelien, wenn ihn
nieiit ein gMcAssÜig entstandenes BxtnmH
aat oder Exsadat iint^idte und ^eichsam
swinge in den Tod ilberaiigehen. rflr seine
OmBiU an sich ist hier ater der dynasnsdto
Znstand des Gehirns die ein»ge soreiclunide
Bedingong — d. h. es entwiäeite siek aas
diesem Zustande der Act und resp. Znsland
des Gehimlebens, den wir Schlagflqss nennen«
4) Manche jener Anomalien warta aneh
wihrrad des Sterbens noch gar nicht mal
vorhanden, sondern sind erst in der Leiche
entstanden. In diesen Ftllen, und
5) In dem Falle, wo man iiberhmmt keine
malniBllen Yerflnderongen in der ScAidel«
IL
H e i 1 0 n g
callöser Fisteln
durch
kochendes Wasser.
Vom
Hofrath Dr. Ruppiusj iu Dresden.
Im Jahre 1811 sah ich za Wien den
weltbekannten RuMt^ damals Primfir- Wund-
arzt einer, von Fremden vor allen andern
besuchten, Abtheilung des allgemeinen Kran-
kenhauses, das kochende Wasser zuerst als
Mittel gegen callöse Fisteln mit gldcklichem
Erfolge anwenden, und machte dies im Jahre
1812 in den Pterer sehen Annalen unter dem
Titel »Mittheilungen aus der Praxis im Wie-
ner allgemeinen Krankenhause« bekannt«
Auch in meiner spStern Praxis bewahrte sich
das kochende Wasser bei verschiedenen For-
men der genannten Krankheit als ein kräf-
tiges Uittel. und da darüber, so viel mir be-
kannt« nichts veröffentlicht worden, so glaube
ich meine Herrn CoUegen in Nachstehendem
aof diesen, in wissenschaftlicher wie in prak-
Jo«n. Bd. XCV. Sc 5. 5
— 66 —
fischer Hinsicht, gleich interessanten Oego-
stand aufmerksam machen zu därfen.
Den anfangs erwähnten Fall skiziirte
uns Rusl mit folgenden Worten: »Patientii
leidet an einem alten Anus praetematanfe
der in Folge eines in der Einklemmong bm-
dig gewordenen Nabelbruches entstandeaiit
Der grösste Theil des Kothes tritt dünn aal
jaachigt aus der Fistel hervor ^ zu weilen wiri
indess auch nach der Application von Kli-
stieren geformter Koth auf natürlichem Wcgf
entleert. Die Fistel ist nicht empfindlich' bm
nichts verbietet, die Schliessung derselbe!
za versuchen. Ich will in diesem Falle, der!
sonst nichts merkwürdiges darbietet, das la-
chende Wasser als Heilmittel versuchen, wfl
dieses, wie aus zufälligen Verbrennungen ai
demselben, namentlich aus dem, nach Ver*^
bruhung der Hände so häufig beobachtetee
Verwachsen der Finger unter einander, er-
hellt, sehr intensive, zu tüchtiger Vemarbon;
Seneigte Entzündungen zu IVege bri^t:
uf diese Analogie gestützt, glaube ich, dtf
hier der callöse Fistelcanal durch das kl-
ebende Wasser in eine den yemarbongs-
process begünstigende Entzündung versetzi
werden könne, und dass die Schliessunfi; iß
Fistel dann wohl z^u erwarten sei*«
Diese Sache, die uns allen, die wir ^
gefeierten Lehrer umgaben, eben so neoik
genial erdacht erschien, erregte uns vt
in sofern Bedenken, dass das Verfakiti
als ein höchst schmerzhaftes angesehen vtr*
den musste, wobei das Eindringen dei ^
— 67 —
chenden Wassers direct in das Innere des
Darmcanals doch aaf keine Weise sa ver-
hüten wire.
Der Nabelbruch hatte sich w&hrend der
ersten Schwangerschaft gebildet, die Kranke
war zwar nochjang, aber von leakophleg-
matischein gedunsenem Ansehn, und schien
matt und entkrtftet, ihr Puls war beschleu-
nigt, klein und w^ich, der Unterleib stark
Rofgetrieben, doch bei der Berfihrung durch-
RQS nicht empfindlich, das Sondiren der Fi-
stel machte keine Schmerzen, obgleich es
lange dauerte und eben nicht sehr delicat
verrichtet wurde; denn da uns Rust mit al-
len Verhältnissen der Fistel bekannt machen
urollte, so gestattete er sogar den Zuhörern
die Untersuchung. Diese ergab, dass wahr-
9M;heinlich der Dickdarm, unazwar ein Theil
des Quergrimmdarms in seiner unteren vor-
deren Wand geöffnet und mit dieser Oeffnung
im Nabelringe verwachsen war, die hintere
Wand des Darms ragte nicht blasenartig
hervor, die ganze Län^e des Fistelcanals
durfte etwa auf zwei Zoll geschätzt werden.
»Sollte man in diesem Falle nicht vor
der Operation die Kräfte der Kranken etwas
KU heben versuchen?« fragte einer der An-
wesenden. »Das baldige Verheilen der Fi-
stel, erwiederte Rust^ wird hier ge^iiss das
beste Mittel sein; nach wiederhergestellter
Integrität des Darmcanals wird die Yer-
danung, wodurch die Wiederherstellung der
Kräfte bedingt ist, auch wieder besser, die
Kranke fählt sich geheilt und dieses Bewnsst*
5*
— 68 —
Hein gielit der Reproiiiiction die sicherde
. Belebung, womit die Kr&fügaog von se\k
kommt: welche Arzneimittel solltea dies thut
können?« So klar dies war, so hörten to
noch tineere Bedenken nicht auf: der ver-
letzte Darm, wandte unser Wortführer ein
- sei vielleicht nicht der Dickdarm, eouden
Tidmehr das Jejunum, weil dieses, besoodenl
' in den ersten Monaten der Sehwangerschiii
nnmittelbar hinter dem Kabel, der Dickdin!
' aber und namentlich das Culon transvcRi»'
entferuter von demselben läge; überdies ire-i
ten auch Flüssigkeiten aus der Fistel liervir*
and das Aussehen der Eranken deute m
Verlust edler S/ifte, die doch nur aus dvl
dünnen Darm kommen könnten. RusI bvläl
ein Kohlenbecken nebst Wassärtopf und tatl
" Wnndspritze herbei zu bringen. Ich «st
' "besorgt, er habe die Einrede übel gedeuw'
denn es erfolgte nicht sogleich eine Erwit-j
derung von seiner Seite, endlich aber wasA
sich KuHt in »einer jovial lebendigen Wt«
mit folgenden Worten zu dem Sprecbo^
»Recht so! aber die Beschaffenheit der i»
tretenden Flüssigkeit ist eben ein hevä
mit, dass nur der Dickdarm verletzt sein k»»
weil, so dünn und Jauchigt dieselbe auch
sieht, sie den Kothgeruch hat und von bruaf
Farbe ist, was bei Verletzung; des Don-
darms nicht statt findet: denn nur im D\A'
dnrm sieht das Contentum kothartig t^
Zum lleberflnss uuiss ich noch beiiieri.(i
dass der Kranken im Anfange ihres Leiik»
wirklicher Koth aus der Fistel ausgelreta
ist, und dass noch jetzt zuweilen Gas itd
dieselbe ausströmt, welches sor vom OÜf
— 69 —
dann producirt wird. Die Icakophleg^matischc
Blässe, das Aufgedunsensein , die SchwäGhe,
mit einem Worte der kachektische Zustand
der Pat findet sich fast immer bei einem
Leiden dieser Art, zumal wenn es, wie hier,
schon lange besteht, und ist besonders auf-
fallend ausgeprägt, wenn Weiber die Kran-
ken sind, wozu mehrere andere Dinge als
die Verletzung des Darmcanals selbst beitra-
fsn, und zwar der Gram über die Art des
rankseins, die Hoffnungslosigkeit, welche
solche Kranke befällt, femer der Umstand,
dass sie aufs Zimmer gebannt, zur Einsam-
keit verdammt sind, und endlich kommt auch
die Verderbniss der Luft hier sehr in Be-
tracht.<c
«
Unterdessen kochte das Wasser: die
Kranke sowohl als wir sahen mit Scheu auf
den heiss dampfenden Topf und das kochende
Wasser darin.
Die Fistelgegend wurde gereinigt und mit
einer fenchtkalten Compresse umgeben, Rust
fasste die Spritze mittelst eines Tuches, um
sie voll kochenden Wassers zu ziehen. Wir
drängten uns alle um das Bett: alles war
still und ernst. Die Kranke schien sich jetzt
opponiren zu wollen, aber Rusi drang mit
der Spitze der Spritze so schnell in die Fi-
stel ein, dass Patientin, als sie von der heis-
sen Canüle berührt wurde, kaum Zeit zur
Klage hatte, denn schon war das ganze
Quantum heissen Wassers (etwa drei Unzen)
eingespritzt, wovon ein Theil neben der einen
Zoll in die Fistel eingeführten Canüle zurück-
n
. «
«rit IKe Knmke etapftiAd ,k«iMtf h
M hatte. Die eeitlteriM Qu UmOm
iMMaflsen «nd ii«i;h vier Tag— »el
An Erfolg ^genrtheilt werd«t %fafi
warcongea waren nent graaB^ BWmit i
atamilea wir, aad süiisf jBMfy al» W
Terlaitf Jener Zeit die Matal angar, ei
9dMr nnd seliMt eturaa Idalig fandan t
Seeaadir-Arat aoaaerdeai beridhtetey •
deai Terbande weder Both ooeh eh
Ganwh benierkir>*werdeii aei, J«'-aei
dafeh WaaeerÜyatiere TerdflMittf^ Ka
Blihnagea dnreh den After ahgagaaigH
9ie FieteMMhong seigte aieh ^Iken dU
enpfindlieh^ die Krame erachien finead
beredt, dorek die wiederbdehte HoilM
eadiichen Geneaaag.
*•» c
Rust wollte noeh eine oberfläeUic
kende Einspritzung von kochendem 1
machen, er schien den Wiedersproch i
Gesicht bemerkt zu haben und fragte
nneern Sprecher; »Was meinen Sie^
Doctor?« »Neinift antwortete dieser a
serem Herzen — »denn vieUeteht seniA
zweite Einspritzang was die erste gi
f fen.« Wir alle baten 3 da der Fi
nai so bedeutende Neignng eur B
zeigte, den ferneren Verlauf absav
' daher wurden denn wieder vier Tag
gesetzt, nm die Heilung in ihrem
achreiten beurtheilen «u können, nadi
Ablauf RuMt (wie ich von Augenxengi
fuhr, indem ich verhindert wurde m
— 71 —
UntersachoDg gegrawärtig zu seio) sich nicht
enthalten konnte, noch eine Einspritzung mit
kochendem Wasser zu machen. Die Kranke
ist aber bald darauf geheilt in ihre häusli-
chen Verhältnisse zurückgekehrt.
Mit dankbarer Erinnerung denke ich,
und gewiss auch meine Commilitonen, an jene
schöne Lehrzeit, bei Rusi zurück: denn er
lehrte uns urtheilen.
Ich will nun meine eignen Erfahrungen
über die in Rede stehende Curmethode mit-
theilen.
Masidarm'-ScheidenßateL Im Jahre 1814
wurde ich zu der sieben und zwanzig Jahre
alten unverehelichten Christine K.j zu Hild-
burghausen gerufen, welche seit etwa fünf
Jahren an dem oben bezeichneten, durch einen
Abscess entstandenen Uebel litt, und mit sehr
verschiedenen Mitteln ohne Erfolg behandelt
worden war. Die Local - Untersuchung er-
gab, dass die Fistel etwa zwei Zoll nach
oben von der äusseren Schamöffnung, an ei-
ner kleinen harten, etwas erhabenen, runden
Stelle der hinteren Wand der Scheide ihren
Anfang nahm, die FistelölTnung seiht war
etwa von der Grosse einer Linse.
Um die Operation zu verrichten, bedurfte
ich für den gegebenen Fall einer mit einer
^bogenen und mit Filz überzogenen Canüle
versäenen zinnernen Spritze^» welche zwei
Unzen Flüssigkeit fasste. Die Kranke musste
sich auf einen Stnhl setzen, und zwar so.
iisB das Becken seine Stäfze auf den lUnl
dCBselbeii bekam, unter jeden Fuss wurde
eioe Fuasbank ^cschobea und dann ein Mi-
sernes Gorgeret in das Rectum cingebncbt.
am letzteres gegen jede VerbrennuDg n
schützen. Ich führte jetzt den linken Zei|:e-
fioger in die Vagina, brachte auf diesciadie
Canüle der |uit kochendem Wasser gGrülilei
Spritze so schnell als möglich in die uplm
Fistelöffnung, und spritzte die Hälfte der eid>-
haltenen Flüssigkeit ein. MOrauf das Wustr
tkeils aus der t^cheide theils ans dem
darw znrückAoss. Fat. hatte in der ihr ,
liehen Lage etwa vier Minuten »ugebrfu^
empfand die Einspritzung zwar merkliet
heisft, doch nicht brennend, nur die Csa^
l^4er Spritze hatte ein brennendes Gefühl vor*
Die Kranke wurde nun in ein Bett ge-
bracht, in welchem sie sich mit aogezogua
Schenkeln auf eine Seite legen musste^ «e
durfte in den ersten zwölf Stunden uichb
essen, um die Excretio aivi zu verhüto.
Schmerz empfand Fat. von der Einspritxng
nicht mehr, Blähungen waren in des vis
nächstfolgenden Tagen nach der OperaliiM
nur durch den After abgegangen und nicht
mehr wie früher zum Theil in die Scheide
getreten. Bei der Untersuchung per Vaii-
nam zeigte sich der callöse Fistelrand ■••
der deutlich, ein Druck auf denselbeii ith
ursachte ein gelindes Stechen., Ich vemilil
nun lauwarmes Wasser in die iScheide u
spritzen; dasselbe trat aber, ohne io dn
jÜastdarm überzugeben, «usderBelbeo aorickt
— 73 —
eine Wassereinspritzmig in das Rectam trat
nicht in die Scheide, sondern floss zurück.
Stahlgang war nicht erfolgt, es hatte sich
selbst nicht einmal Neigang daza gezeigt,
die Kranke mnsste immer noch im Bette
bleiben.
Nach Verlauf von weiteren vier Tagen,
während deren auch noch kein Stuhlgang er->
folgte, fand ich von der Fistel keine Spur
mehr. Es kam daher jetzt nur daraaf an,
zu sehen wie die Leibesöffriung einwirken
'werde. Ich Hess täglich drei Klystiere ap-*
pliciren, gestattete zugleich mehr Nahmng,
empfahl aber der Kranken, isobald Stuhlgang
erfolgen sollte, alles Pressen und Drängen
so viel als möglich zu verbäten; zugleich
verliess Pat. auch das Bett Der Stuh^ang
erfolgte ohne alle nachtheilige Einwirkung,
und die vorgenommene Untersuchung bestä-
tigte die vollständige Heilung. Etwa nach
zehn Wochen verheiratheie sich Pat. Im
Jahre 1821 sah ich sie wieder und es wurde
mir nun berichtet, dass sie ein Jahr nach
ihrer Verheirathung von einem Knaben schwer
entbunden worden sei, nun schon drei Kin-
der geboren habe und sich vollkommen wohl
fühle.
Eine incompleie JUcLstdarm^FisleL Im
Jahre 1819 consultirte mich zu Gotha der
Seifensieder J3., ein blasser, hagerer, eben
nicht grosser, vier und zwanzig Jahre alter,
unverheiratheter Manu von phlegmatischer
Constitution, wegen einer Mastdarmfistel,
welche nach blutigen Haemorrhoiden zurück-
f
— 74 — .
9
geblieben war. Pat. enflhite, dam der CK-
rargOB M. ihn lange Zeit an llaemorrhoi#
Beschwerden behandelt, endlich aber die It
atel entdeckt habe^ alle da^e^en angewM^
ten Mittel seien nber bis jetzt frnchtlos g^
wesea
Das Examen und die Unterauchmf ^
Kranken ergab einen karhektischen Hibilii
mit igeistiger ond körperlicher Abspaniuoigi
die Beprodaction lag dabei sehr darnieder:
ab ich nun zur Local- Untersuchung schrüL
entdeckte ich beim snr Seite Ziehen im
mageren Nates gleich zwischen zwei enlwik-
'keiten Afterkransfalteh die Fistelöffnnng iil
der rechten Seite als eine feuchte wmiir'
Stelle markirt. Das Einbringen der Sonde
verursachte stechende Schmersen, nachdec
dieselbe etwa zwei Zoll eingedrungen war
Hess sich ein Widerstand wahrnehmen, wel-
cher aber durch einen leichten Druck besei-
tigt wurde: von hier aus nahm der CiDil
seine Richtung mehr nach dem Kreuzbeioej
zu; mit der gewöhnlichen illyrtenblattsonde. !
die ohngefähr drei Zoll eingeführt war, konnte •
ich das Ende der Fistel nicht erreichen. d8«l
zunickgezogene Instrument war mit einer
Feuchtigkeit benetzt« und zugleich floss ae
der Oeffnung ein jauchiges Secret hervor.
Um nun den Fistelcanal in seiner gaoxeo
Lange untersuchen zu können, wählte iet
eine Schraubensonde, führte diese bis einen
Zoll unter dem Schraubengewinde ein. nnJ
hatte nun endlich das Ende erreicht; ick
brachte den Zeigefinger in den Mastdar»
verfolgte die Sonde durch die körnig flci'
— 75 ~
schigen Wandon^n desselben, so weit der
Finger reichte nnd fand den Zwischenraom
Kwischen Mastdarm nnd Fistel am unteren
Ende ohngeffihr fiinf Linien.
der sehr bedeutenden Länee des
Fistelcanals war sowohl das Aofsenneiden
als das Unterbinden desselben schwierig.
Die Fistel war ohnedies alt nnd callös, iäi
entachloss mich daher sehr bald, hier das
kochende Wasser in Anwendung kq ziehen,
da es nach meiner Erfahrung in diesemFall das
passendste Mittel schien. Das kachektische
Aeassere des Kranken nöthigte mich aber,
demselben noch einige Zeit eine kräftigere
Nahrung anzuempfehlen.
Die Operation mnsste ich in diesem Falle
so verrichten, dass das kochende Wasser am
intensivsten auf die oberste Oeffnung des Fi-
stelcanals einwirkte, um letzteren von oben
nach unten zu heilen. Zu diesem Zwecke
bedurfte ich einer zinnernen Wuudspritze, de-
ren leicht biegsame Canüle sieben Zoll LAnge»
haben musste: letztere wurde nicht umhfillt,
damit sie durch ihre Wärme auf den ganzen
Fistelcanal reizend einwirken konnte. Nach
der Operation bedurfte der Kranke Ruhe und
sehr guter Pflege, die Nahrung könnte dem-
selben nur in sehr kleinen Portionen aber
kriftig nnd flössig gereicht werden. Dem-
nach musste Patient das Bett hüten, sich
ganz ruhig verhalten, und durfte in den er-
sten acht Tagen keinen Stuhlgang haben.
Die Nahrung bestand in dieser Zeit daher
mur ans Fleischbröhe , etwas Weissbrod und
— 76 —
aus tügllch Kwei aus der Sehaale ;^tmnb
nen Eiern. Der Durst musste durch Wuser
gestillt werden. Um die Operation ausföhrti
zn können , musste der Kranke sich mit da
Oberkörper auf einen Tisch vorbeugen, &
Schenkel auseinander halten und das Scf9-
tum an den Leib anziehen; worauf ich die
Caniile der mit kochendem Wasser gefüllt»
Spritze in den Fistelcanal einführte. Nadh
dem sie etwa zwei Zoll eingedrungen wir.
ffihlte ich wieder den früher bemerkten Wi-'
derstand, welcher aber sehr bald umgangeaj
war, und brachte nun die 8pitze der CaDulel
in den Fistelsack; als sie hier anstiss, zofi
ich die Spritze einen halben Zoll zurück om
spritzte etwa eine halbe I7nze Wasser aK
wovon der Kranke, dessen Aufmerksamkeit
vfahrscheinlich durch die von der heissen
Caniile bewirkte brennende Empfindung jje-
fesselt war, nichts bemerkt hatte. EinTheil
des eingespritzten heissen H assers floss warm j
aus dem Fistelcanal auf meine Hand zuriick. !
Der Kranke musste sich jetzt in das Ben
begeben und lebte nach Vorschrift.
Am vierten Tage nach der Einspritzung
fand ich den Kranken heiter und ausser Bett.
Neigung zum Stuhlgang war nicht erfolgt.
Am zweiten Tage nach der Operation fand [
man das Betttuch unter der kranken Stelle !
etwas nass, aber nicht schmutzig eitrig he- ,
fleckt, wie sonst, auch bei der heutigen In- '
tersuchung fand ich die Unterlage vomSecrei
der Fistel etwas befleckt, die beiden After- !
kranzfalten waren weniger entzündlich «nje-
schwollen, und die wunde Röthc zwischen
— 77 —
ihnen hatte sich ganz verloren^ die Fistel-
Öffnung erschien weniger passiv roth. Die
Schraubensonde führte ich hent leidit, doch
fühlbar fär den Kranken , etwa drei Zoll
in den Canai hinauf, wo dieselbe anstiess;
ich versuchte den Widerstand zu überwinden,
welches einige Schmerzen verursachte, und
sah mich daher genöthigt die Sonde zurück-
zuziehen, an welcher hellrothes Blut herab
tranfeite. Somit musste ich die Heilung bis
zur angegebenen Stelle unbedingt annehmen.
Ich entschloss mich, so gut die Sachen
auch standen, die Einspritzung zu wiederho-
len und der freudig gestimmte Kranke äu-
sserte durchaus keine Furcht. Das erhöhte,
sich so vortheilhaft aussprechende Leben in
der Fistel gebot hier nicht zu überreizen, da-
her applicirte ich das Wasser heute nur heiss;
aber die Empfindlichkeit in dem leidenden
Theile war bereits so gesteigert, dass der
Kranke die Einspritzung auf eine sehr schmerz-
hafte Weise empfand; schon die eingeführte
Canüle hatte stark gebrannt, worüber Pa-^
tient indessen nichts äusserte, weil ich sonst
das Mittel nicht in Anwendung gebracht ha-
ben wurde. An diesem Tage wurde nur der
obere Theil der Fistel angespritzt, das Was-
ser floss gleich wieder zurück. Ich fürchtete
zu stark gereizt zu haben, und gebot daher
dem Kranken, sich ganz nach der Vorschrift
zu halten, und gestattete ihm, um den
bis jetzt erlangten Gewinn durch eine bedeu-
tende Entzündung nicht wieder einzubüssen,
bis zum Abend , wo ich ihn wieder, sah, nur
drei Glas Buttermilch zugeniessen. Beimei-
— T8 —
' Mm Besuche fand ich alles zarHedensldlnd
vai d» Pal. über starken Hunger klagte.«
rieth ich ihm, eine Pflauoieomusssappe n
bkh XU nehmen, indem durch diese die Lei-
besölTonng vielleicht befördert wurde, wdfbi
VäÜiig 7.« sein schien, da seitdem T«ri^
Tage viele Blähungen al>ge^angen war»
Am dritten Tage nach der letzten Einepril-
Uing war weicher Stuhlgang, ohne Ernpfin-
4angin der Fistel, erfolgt. — Bei tneinem Be-
Mch am vierten Tage nach der wiederholta
^eration fand ich den Kranken in seioen
Baofthfilte l>eBchiiftigh gaor. glücklich über
■ win gutes Befinden gesummt, ging er bbI
wm die Treppe hinauf nach seinem Ziauui;
9n ich wieder eine Untersiichnng vamahft
Würra mir die erwfthnten Falten uod tt
KBtelfiffnnng nicht so wohl bekannt geweMi,
eo wiirde ich dieselbe kaum gefunden bi-
ben, die eingeführte Sonde aber drang u
meiner grossen Verwunderung ntir einen Zc^
ein. Das EiDbringen der Sonde fühlte i«
Kranke zwar, aber keinesweges als ScbmerL
md dies bestimmte mich noch eine Einsprit-
mng mit kochendem Wasser vorzunehniem
die demPat. »war fühlbar war, ihn aber nicki
irritirte. Ich durfte jetKt wohl mit Sichcrhtil
annehmen, dass in den nftcbstcu vier TafCi
die Fistel geheilt sein wärde, uud gestatlett
nun dem Put. mehr Speisen zu sich eu nek-
men, nicht mehr das Bett za hüten, un(e^
sagte ihm aber auf die Strasse zu gehe&
>anch den Genuss von Bier und Wein.
Das Aeusaere des Kranken hatte in dN
acht Tagen nach der ersten Einspriuua;
— 79 —
sehr bedeutend gewonnen, seine Haat war
mehr tingirt, sein Blick, sein ganzes Wesen
freier^ munterer, ja sanguinisch geworden,
wo£u gewiss die Hoffnune iind die Ueber-
seugang, jetzt bald des schon so lange Zeit
quälenden Leidens entledigt zq werden, sehr
viel beigetragen hat.
Am zwölften Tage der Behandlang war
die Fistel vollstfindig verheilt, der in den
Mastdarm eingeführte Finger entdeckte doreh«
ans nichts, was den verschlossenen Fistel-
canal hätte anzeigen können.
Nach diesemFalle habeich keine Mastdarm-
fistel wieder zu behandeln gehabt; da aber seit
söhr langer Zeit auch nichts neues über ihre
Behandlung bekannt gemacht worden ist; so
fahle ich mich bewogen, auf diese meine
Behandlungswcise wieder aufinerksam zu
machen, da der Erfolg zu Gunsten derselben
spricht.
Das kochende Wasser hat bekannflieh
stets + 80° jR., so dass man es als nasses
Feuer definiren und als aus Feuer und Was-
ser zusammengesetzt sich denken kann.
Beide Elemente haben sich hier gegenseitig
durchdrungen und zu einem einzigen verei-
nigt, das zwei Eigenschaften in sich tragt
und auf den menschlichen Organismus zu-
gleich als Hitze und Nässe wira^t.
Das trockne Feuer unterscheidet sich
von der feuchten Hitze, folgendermassen:
— 81 —
mehr Räcksicht zn leiten, als dies bei den
eigentlichen Verbrennungen der Fall ist Bei
. der Einwirkung des kochenden Wassers sind
[ die Schmerzen empfindlicher, langer an-
: dauernd , die Reaction ist stärker und die
' Geschwulst bedeutender, die Röthung trägt
den erysipelatösen Charakter, die Eiterung
ist mehr lymphatisch zn nennen, die Granu-
lation weniger körnig und die Yemarbung,
einmal im Werden, geschieht rasch, anfangs
als eine übereilte, ungestaltete, weiche Yer-
filzung, in welcher sich der Lebenstrieb noch
lange Zeit fortsetzt, so dass das geübte Aage
aus deren Gestaltung sehr leicht die Ursach
. der Verletzung errathen kann.
Das kochende Wasser wie das Feuer
wirken beide zerstörend auf den menschlichen
Körper ein; jedes hat aber seine eigenen
Erscheinungen, welche in der Verletzung ans-
gedruckt sind, und diese können für die
[eilung gewiss nicht ohne Bedeutung sein,
wenn, wie bei Verbrfihungen, mögliche Ent-
stellungen, Verwachsungen u. s. w. verhütet
werden sollen.
Mit allen diesen Berficksichtigungen
dürfte nun wohl angenommen werden, dass
das kochende Wasser nicht allein ein tfichti-
«ges Heilmittel segen callöse Fisteln sein
müsse, sondern dass dasselbe in den Binden
Qines denkenden Chimrcra einen grtaeren
Wiriumgskrds erhalten iLihuMi
. li- inr*. mmm
Jm», Bd. XCY. SU 5» '^
111.
■
Mittheilun^en
aus
der ärztlichen Prax
Von
- Dr. EXfner zu Steinau a. d. Oda
Vergiftung durch couceiitrirte Schwi
säure.
Ein Dienstknecht auf dem Lande i
um es aus dem Wege zu schaffen, se
erst vor zehn Tagen gebornen Kinde, ei
wohlgenährten, kräftigen Knäbchen, eine
bestimmte Quantität concentrirter Schwi
säure in Abwesenheit der Mutter desKii
und in Gegenwart eines älteren Kindes
vier Jahren durch den Mund ein. W
mit der Natur noch mit der Wirkung j
Säure bekannt, hatte er gewähnt: es ff
hierdurch rasch und ohne dass es Ja
gewahre oder ahne, sterben. Als esjei
atebald entsetzlich zu schreien anfing, li
— 83 —
^r seine That durch das Umwerfen der Wiege,
in welcher das Kind las, zu bemäntehi und
dftdurch dem Schreien des Kindes oder des-
sen zu erwartendem Tode eine andre Be-
deutung zu geben. Allein theils verrieth
das ältere Kind der alsbald wiederkehrenden
Mutter das Gescbeb^ne, theils gewahrte diese
am Munde und an den Lippen des Kindes
eigenthümliche Veränderungen, während des-
sen unausgesetztes Schreien auch bereits
Nachbaren herbeizog. Die Sache kam da-
her bald zum Geständniss und es wurde nach
ärztlicher Hülfe gesendet. Doch waren hier-
über und ehe solche beschafft werden konnte,
gegen drei Stunden vergangen. Man flösste
etwas Milch ein, bis arzneilich später die
Magnesia usta in Anwendung kam. Nach
zwdif Stunden starb das Kind.
Die positiven Data der dreissig Stun-
den nachher verrichteten Obduction waren
folgende. Kopfkissen und Deckbett des Kin-
des boten faustgrosse Löcher dar, welche die
vergossne und wahrscheinlich zum Theil aui3
dem Munde zurückgeflossne Säure verursacht
hatte. Die Ränder dieser Löcher waren
feucht, zerfressen; aufgegossner Liquor Kali
carbonici verursachte Schäumen und Zischen
an denselben. — Die Lippen des Kindes
waren, namentlich die Unterlippe schwarz-
braun, härtlich, nach innen zu auf verschie-
dene Weise missfarbig, schwarzgrfin, grau-
gelb, weissgrau, je nachdem die Säure mehr
oder weniger auf den 'einzelnen Stellen ver-
weilt hatte, erweidit, schmierig. Ebenso die
Mandhdhle, welche, da der Si^er herabhiog.
- 84 .—
alsbald ziemlicli gut übersehen werden konatc
und aus welcher etwa ein Theelöffel vd
einer dünnen schmutzig braunen Fenchtigkä
abfloss. Vom rechten Mundwinkel aas ik*
und seitwärts fand sich aussen ein donkd-
branner, begrenzter, harter Brandfleck, eiM
Zoll breit und etwas länger; weiterhin nick.
dem Halse zu, bis zur. Mitte des Hinterhaip-'
tes die untere Hälfte des Ohres mit einock-
inend, also der rechten Seitenlage des Kii-|
des während dem Leben entsprechend, eflc
gelbgräniiche, verbreitete, minder harte Fi^
bung der Haut. Auch über der rechten Schal-
ter war ein dergleichen gelbgrdnei', harte
Fleck bemerklich, an dessen Grenzen kleuK
Erosionen der Haut zu sehen waren. i
Die Lungen fällten die gut gewölbte*
Brust vollständig aus, zeigten nebst alleo
andern Eingeweiden der Brusthöhle viel
Blutreichthum, bei Druck stark knisternd.
m
Der Unterleib war massig aufgetriebeo-
weich, fast teigig anzufühlen. Bei der Er-
öffnung drang aus demselben sogleich ein
schwarzrothes, dünnblutiges Extravasat, wd-|
ches mit dem von dem Grunde der Baock-.
höhle aufgenommenen beinahe vier Loth be-
trug. Das Bauchfell zeigte sich sehr geri-
thet, das Netz sehr zusammengezogen, gleidt*
sam aufgeschürzt, schwarzroth, mürbe, eol-
sehieden brandig. Der Magen sah schwin-
braun aus, namentlich nach dem Pylorusoi'
der grossen Curvatur zu und enthielt zo iwa
Drittheilen eine schwarzrothe breiige Mifl&
Nach Entfernung derselben löste sidi it
f
— 85 —
Scbleimhaut des Marens von der Muskel-
haut desselben mit leichter Mähe vol|3tA[idig,
fast im Zusammenhange ab; erstere war
dunkel missfarbig, brandig entzündet, letss«
tere stark geröthet. — Den Zwölffingerdarm
fand man seiner ganzen Länge nach bedeu-
tend verengt und nahe dem Pylorus zerfres-
sen, so dass die Perforation nicht nur an
d^r vorderen Seite der Pars horizontalis su-
perior duodeni die Grösse eines Pfennigs
einnahm, sondern auch fast das ganze Lumen
des Darms selbst zerfressen erschien, indem
nur noch wenige Faseni eine Verbindung
darstellten, welche bei der Handhabung un*«
vermeidlich zerriss. Die Ränder der Per-
foration waren zackig und verschmmpft
Durch die letztre war unzweifelhaft da^
Blut -Extravasat von dem Magen aus in die
Unterleibshöhle geflossen. Die innere Fläche
des Zwölffingerdarms, die so zarte, flockige,
sammtartige Tunica vasculosa und intima mit
ihren Querfalten, zeigten sich zusammenge-
zogen , schmierig , weissgrfinlich , erweicht,
darunter entzündlich geröthet, härtlich. Gleiche
Beschafl'enheit und Zusammenziehung offen-
barten in einem etwas geringern Grade die
nächsten \ier Zoll des Leerdarms, von wo
ab die Beschaffenheit des Darmcanals natür-
lich ward. Alle anliegenden Organe dieser
auf ebengedachte Weise afficirten Theile
befanden sich in einem mehr oder weniger
entzündlich gereizten Zustande: so das Bauch-
fell, das in der Krümmung des Duodeni lie-
Sende Caput pancreatis, die untere Fläche
es das Duodenum und den Magen bedecken-
den linken Leberlappens, ein Theil des Me<«
- 86
genterii und Mesocolons, die dem MageiB-
gekehrte innere coneave Flüche der Uk
namentlich deren antere HAlfte (aoeh k
Yaaa brevia waren sehr mürbe); selbst fe
vorderen Fliehen der Nieren waren entifiri-
lich geröthet, da aaf der rechten der Zwlf-
fin^rdarm , auf der linken der mitere Tkei
der Milz rnht.
Die Mundhöhle zeigte überall eine wa»
grflne, schmierige, erweichte OberlUche, A
ange in ihrer Sabstanz verhArtet; ScUuJp
und Speiseröhre contrahirt, die Schleinliflt
des Schlundes missfarbig; die ipnere Flide
der Speiseröhre graugrün, fadi^ gestrdl
wie mit einer festen, glatten Haut aoige-
kleidet; der Kehldeckel sehr klein und h-
MmmengeKogen ; die Schleimhaut des KeU-
kopfs und der Luftröhre mit röthlichea
schaumigem Schleim überzogen.
Das aufgenommene Extravasat der Bauch-
höhle reagirte bei der mit Laemuspapier und
kohlensaurer Kali -Auflösung vorgenommeneo
Prüfung nicht auf Säure, auch nicht der In-
halt des Magens und dessen Schleimhaut. »
Der Haupt- Befund war also zunächst
der einer brandigen Entzündung des Mtg^
(Gastritis toxica acutissima) und sämmtlicto
benachbarten Theilc. mit Durchlöcherung k^
Duodeni und dadurch gegebenem Extravint
in die Bauchhöhle. — Deutlich hat das EM
eine gewisse Quantität Säure verschluckt, Ji
sie nicht Mos auf die Schlingwege, sondffi
hauptsächlich auf den Magen und Zwölffin^-
S
— 87 —
darm ihre seratdrenden Wirkungen erstreckt
hatte. Daas das Extravasat und der Magen-
inhalt jene SAure nicht mehr entdecken lies-
sen, ist theib der in den letzten Lebensstnn-
den als Gegenmittel angewendeten Magnesia
nsta, theils der Zersetzung der Sfiure durch
die organischen Stoffe des Körpers selbst Iris
cur Zeit der Obduction zuzuschreiben. Da
jedoch unbedingt bis zur Anwendung der
Magnesia jene furchtbaren Zerstörungen der
Hauptsache nach bereits unabwendbar vor
sich gegangen: so konnte um so wenii
eine HerstelTung erzielt werden, als derglei-
chen Vergiftungen in so zartem Alter fil
haupt absolut tödtlich erscheinen mfissen, und
können daher in medicinisch gerichtlicher
Beziehung weder aus dem NichtauflSnden
freier Säure im Extravasat und im Magen*
Inhalt^ noch ans der Anwendung der Magne-
sia usta Beweise gegen die Vergiftung aber-
haupt und deren Tödtlichkeit ins Besondere
entnommen werden.
Ein Hypospadiaeus.
Die Missbildungen der Geschlechtstheile
sind als verschiedene Stufen der Zwitterbil-
dung immer interessant. Vergleicht man sie.
so bieten dieselben eine progressive Reihe
von Bildungen dar, welche gleichsam entwe«-
der vom männlichen Typus zum weiblichen,
oder von diesem zu jenem den Uebergang
darstellen, entweder noch den einen oder den
— 89 —
zel densdben hin fortgehen komte, so
daes deutlich die Corpora cavemosa Urethrae
fehlten. Ueberhaupt war der Penis sehr
klein, jedoch die Hoden im Scroto bemerk-^
lieh, auch sonstige Vorbildungen nicht vor«
banden. Natflriich war zu einem operativen
Verfahren , ohngeachtet das Kind aach Jetzt
noch nicht Urin gelassen, keine Anzei^.
Nach mehreren Stunden urinirte das Kmd
wiederholt und reichlich durch besagte Oeff«
nung. Nach acht Tagen starb es ans
Schwache.
Stärker allerdings tritt die Zwitterbil-
dune auf, wenn, wie bei eigentlichen Hypo-
spacTiien, die Harnröhre den Penis entlang
einen ofltaen Canal darstellt, die Oeflbung
derselben sich an der Wurzel der Ruthe be-
findet, die Hoden im Unterleibe verbleiben,
das Scrotum getheilt erscheint und nament-
lich im ganzen Habitus des Körpers der
männliche Typus mehr und mehr zuräcktritt
und dem weiblichen sich nähert
Empyema durch die Bronchien entleert
Ein zehnjähriges Mädchen armer Eltern
hatte in Folge hänfio:er Erkältungen an-
dauernd an Husten und Seitenstechen gelit-
ten, ohne dass hiegegen etwas geschehen
war. Die Kranke wurde endlich bettlägerig,
fieberte, und obwohl das Seitenstechen nicht
von grosser Bedeutung erschien, trat doch
— 91 —
das« me bereits wieder ein gesimdes Ansse-
hen gewonnen und weder Hüten, noeh
Schmers, noch Dyspnoe mehr wahrsnnehmen
ist Es war erfreulich tu sehen, dass sieh
an jenes bedeutende Leiden nicht unmittelbar,
wie sehr zu fürchten stand, vollendete Phthi-
sis pnimonalis anreihete, was wahrscheinlich
der Fall gewesen wflre, wenn die Körper^
eonstitntion scrophnife und Tuberkeln in den
Longen vorhanden, gewesen wären.
Myelitis rheamatica.
Ein achtzehnjähriges MSdchen vom Lande,
doch mehr schwächlicher als kräftiger Kör-
Jer* Constitution, hätte sich nach heftiger
irhitzung beim Tanz der kalten Luft im
Winter ausgesetzt, wonach sie alsbald aber
Steifigkeit des Halses zu klagen anfing. Die
Beschwerden nahmen zu, so dass Patientin
am dritten Ta^e ärztliche Hülfe suchte, wo-
bei sie eine Tialbe Meile Weges nach der
Stadt zu gehen hatte. Sie bot bei der int»
liehen Untersuchung folgende Erscheinungen
dar. Der Hals war völlig steif, nach hinten
cebogen, die Stimme sehr heiser, die Kinn-
laden so fest geschlossen, dass kaum ein
Strohhalm zwischen dieselben zu bringen
war. Das Schlingen war merklich erschwert,
das Gesicht geröthet, doch die Cerebralfunc-
ftion nicht gestört Der Puls hatte keine be-
deutende Frequenz, allein mehr und mehr
bildete sich ein heftiges Fieber mit Schweis-
^^mr. - 9* -
sen aus, die indess ohne Erfolg btirtn
Dabei wurde die Kranke immer onbene^
eher, eelbfit die Arme erschienen wie p-
lihint. In der Gegend der Halswirbel bfr
kündete sie Scliinerz, welcher bei der Berdt
mag zuDahm. Convnlsivische Zufälle, wir
hftang in dergleichen Fällen . wurden h«
nicht beobachtet, ein Beweis, dass mehr lü
Hflllen des Rückenmarks als dieses sdW
litt Es gelang , die Kranke nach vieneb
Tagen unter Anwendung eines Aderliissa
wiederholter blutiger Schröpfköpfe. Qued-
silbereinreibungen und Vesicalorien , ionn-
lieh durch ableitende Abführungs mittel, i^
wechselnd mit Calomel und Opiam hen»'
Stellen-
Fremde Körper
;it; Ein dreijähriges Mädchen zeigte bei iH
Untersuchung in der Regio iliaca dextra «»
blaurothe flache Geschwulst von der Grösri
einer Wallnuss. Die Haut derselben wf
nur dünn und der Inhalt fühlte sich wie*»
einer Griesgeschwulst, körnig an und eslio
sich ausserdem noch ein harter Körper iiM
hin und her schieben. Eine Yerletzai^
Quetschung oder andere äussere Ursache httt
nicht Statt gehabt, eben so wenig was«
die Mutter des Kindes irgend etwas ühr
die Entstehung der Gescuwidst anzuseb»
Bei Eröffnung derselben floss ein gelblich»
blutiges Wasser aus und es entfernte si(*
- 93 —
zugleich eine grobem Sande Ahnliche körnige
Substanz, welche in einem Balge eingeschloa«
sen erschien. Der vorher fühlbare feste Kör-
per hatte sich so verschoben, dass man ihn
zunächst nicht gewahrte und dfessen Dasein
fiberhaupt auf sich beruhen liess. Allein am
andern Tage ward er wieder bemerklich and
man zog eine anderthalb Zoll lange Nadel,
die Hälfte einer Haarnadel hervor, welche
das Kind höchst wahrscheinlich vor lan^r
Zeit verschlungen hatte. Die Heilung ging
hiei^nach rasch von Statten.
Ein ähnlicher Fall kam bei einem acht-
jährigen Knaben vor, w^elcher schon lange
mit einem Geschwur an der Fusssohle be-
haftet war, welches von Zeit zu Zeit hef-
tig blutete und von Caries metatarsi herzu-
rähren schien. Die Blutung wurde dorch
styptische Mittel beseitigt, hiernach aber, da
das Geschwör auch ferner nicht heilte, ein
Einschuitt gemacht, um die Basis desselben
besser übersehen und für die topische Ein-
wirkung von Medicamenten mehr Boden zu
gewinnen. Hiebei drang die Spitze eines
einen halben Zoll langen Schlehdoms her«
vor, welchen sich der Knabe nnbewusst vor
länger als vier Monaten immer tiefer einge-
treten hatte und nach dessen Entfemong der
Foss schnell heilte.
_ 95 —
an Obsiraciionen gelitten hatte, ward von dev
hartnäckigsten StuhlTerstopfong befalleDy walche
45 Tage anhielt, allen Mitteln widerstand und
mit dem Tode endigte. Alles was Fat. zu sich
nahm ward entweder auf der Stelle oder aach
erst nach zwei bis drei Stunden wieder aasge-
brochen, nie aber zeigten sich Sparen von Koth-
brechen. Klystiere drangen nicht ein. Aaf sein
eigenes aasdrückliches Verlangen verschloekie
Fat. fiinfTage vor seinem Tode ein halbes Pfond
lebendes Quecksilber. Dies vermehrte bloss die
Schmerzen, brachte aber sonst keine bemerkbare
Wirkung hervor. Bei der Sectiou zeigte sich
eine enorme Ausdehnung der Därme, aber nir-
gend Entzündung, und als Ursache der Yeraiop»
fung fand man an der Stelle, wo das Colon in
den Mastdarm übergeht, einen weissen beinahe
drei viertel Zoll dicken Scirrhus, der das Ree-
tnm vollkommen verschloss. Von dem ver-
schluckten Quecksilber war keine Spur zn ent-
decken. Dagegen zeigte sich in der Fleznra
sigmoidea des Colon eine schwarze theerartige
Nasse von cigenthümlichem aber nicht kotharti-
gem Geruch. Herr James Joknaofi, welcher die-
sen Fall in der Sitzung der Westminster me-
dical Society vom 5. Novbr. 1842 erzählt, nucht
anfnierksam 1) auf die lange Dauer des Uebels»
da Ileus von Organischen Fehlern höchstens
zwei bis drei Wochen zu dauern pflegt; 2) auf
das gänzliche Verschwinden des verschluckten
regnlinischen Quecksilbers, indem er der Mei-
nung ist, dass dasselbe durch die während fünf
Tage stattgehabkMi coiivulsivischen Bewegungen
der Därme in jene ungnentähnliche Masse ver-
wandelt wonleii sei (Ref. bedauert, dass diese
Masse nicht chemisch untersucht wurde) ^ 3) end-
lich darauf, dass die scirrhöse Entartung des
Darms, welche gewiss mehrere Jahre zu ihrer
Entwickelung bedurfte, doch so lange be-
stehen konnte, ohne Verstopfung zu erregeui
— 97 —
beim Ziiiern mit der, welche es beim Del. <re*
mens äastert, ond parallelisirt beide Krankheits-
znntände mit einander. (Balletin de la Soeiei^
de Mid. d'Angers. 1842).
Leherihran. — Der Dr. Stacques (8. Annales
de la Soeiet6 de Med. de Gand. 1842) spricht
diesem viel gerühmten Blifttel beinahe allen ,nud
jeden Natzen ab. In einer Reihe von Beobach-
tangen, die ergeuaa analjsirt, sacht er nachzu-
weisen, dass dem Leberthran eine directe and
specifische Wirkung gegen Scropheln und Lan-
gensucht durchaus nicht beigelegt werden dürfe.
^ie Acten sind wohl noch nicht zum Spruche
reif; gewiss aber sind die Heilkräfte des jetzt
so allgemein verbreiteten Mittels sehr Übertrie-
ben worden. JRe/,) — Eine ausßihrliche in London
1841 erschienene Schrift von Hugh Bermei (wel-
cher den Gebrauch des Ol. Jecoris in Holland
and Deutschland kennen gelernt hat), rühmt das
Mittel ungemein.
Jodiinciur äuuerliclu — Gegen Conjunctivitis
scrophulosa empfiehlt Herr Fundval in Hertford,
die äussere Fläche der Augenlieder zwei bis
dreimal in der Woche mit der Tinctur zu be-
streichen. (The Lancct 10. December 1842.
pag. 4050
Aneurysma Aoriae. — Es giebt kein patho-
gnomisches Zeichen desselben. Herr Robert Law
nuacht besonders auf die Eigenthümlichkeit des
Schmerzes aufmerksam. Dieser kann ganz feh-
leoy ist er aber vorhanden, so zeigt er sich ab-
Jssn. BdL XCY. Sl 5. 7
— 98 —
wechselnd bald taub and anhaltend bald \M
und siechend and Herr Jj.^ versichert eine Sk>
liehe Beschaffenheit des Schmerxes bei keiM
andern Krankheit jemals beobachtet zu hA^
(The Dablin Joarnal. Juli 1842.)
r
Pneumonie und Lungeniuberkein m Biaig9^\
ihren Siiz mU einander verftjUchen. — Dr. In|s''t
hat mehrere Hundert von Fällen untersucht, ■[
die Stelle zu bestimmen, welche die genaBBtM
Krankheiten in den Langen am hänOgsteo ciB-
nehmen. Die Pneumonie beföllt bei«le Lnngci
zugleich in 19 Fällen von 100, die Phthitu h
90 von 100. Die Entzündung beschränkt tA\
auf die Basis einer oder beider Lungen in II
Fällen von 100. In Bezug auf die Tuberkeln ii
das Yerhältniss in dieser Hinsiirht wie 1 : SM:
^*g^§»on findet man Tuberkeln in dem obcffi
Theile der Lnngen ausschliesslich oder doch ro^
waltend in 94 von 100. Die Pneuuionic aberiü
die Apex pulmonum beschränkt, nur bei 5 ^
100. {Guy's Hospital Reports. October 1842.)
Friesel' Epidemien — (Epidemies de SaeW
miliaire) sind in den letzten Jahren in versdu^
denen Gegenden Frankreichs vorgekommen wi
sorgfältig beschrieben worden. (S. Bandtt^
über eine Epidemie, welche im Departement ^
Dordognc im J. 1S41. geherrscht hat, im Jo«^
nal de m^d. prat. de Bordeaux. Octbr. ISIL)
lieber dieselbe hat Herr Tarraud kürzlich «ir
Abhandlung an die Academie de Al^d. zu Pani
eingeschickt. Die Epidemie dauerte fünf 1^
uate und befiel gegen zehn Tausend IndiTUic*»
von denen 794 unterlagen. Die Obdactiesi^
gab meist Blntstockungen in den Lang« mai k
— 99 —
andern Organen, doch zeigten diese maierielleil
Veränderungen nichis consiantes. Das aas der
Ader gelassene Blut zeigte eine Entzündangs-
kruste und die Behandlung war eine streng an-
tiphlogistische. Meist nahm jedoch das Fieber
einen rcmiitircndcn Charakter an, welcher die
Acrztc zur Anwendung des Chinins in grossen
Dosen (1 bis 2 Grammen = 17 bis 34 Grau in
I 24 Stunden) (?) aufforderte, und diese Curmethode
. soll sich überaus wirksam gezeigt haben, (Ar*
. chivcs göheralcs de mid, Novbr. 1842. p« 366).
UUzii^er Gelefik^MheumtUismus. — Gegen die-
sen, (selbst wenn er mit Endocarditis oder Pe-
' ricarditis verbunden wäre) soll zufolge einer
JMittheilung des Herrn Briquei an die Acad. de
Med. zu Paris das Chmium wlphuricum in grossen
Dosen gleichsam specifisch wirken. Fünf bis
sechs Grammen • (85 — 102 Gran) werden in-
nerhalb 12 Stunden verbraucht (!) und damit so
lange fortgefahren, bis Fieber und Schmerzen
aufgehört haben, was in zwei bis drei Tagen
erfolgen soll. Sclu»n nach vier und zwanzig
Stunden tritt ein bedeutender Nachlass ein.
Herr Martin Sohn, der über diese Beobaehtaii-
gen (sie bctrcHeii neun Fälle) Bericht erstattet,
erinnert an die grossen Dosen von Tart. stib*
nach Masori und Opium nach Piedagnel und er-
sählt, dass er selbst die heftigsten acuten Bheu-
matismen durch enorme Dosen von Salpeter (zu
30 Grammen in 24 Stunden) innerhalb fünf
Tage beseitiget hätte, (ibid p. 372).
Hydarikrosis. — Herr Velpeau zu Paris be-
richtet über die Heilungen der Gelenkwasser-
snchten durch Einspritzuog einer Jodsolution.
7*
* *
▼•rbhiM tat lUk in vinr FJ
Mm MpllwnMMi ^l«wih*t «i'
■Sine ■cHinpHRv]
dkr EiMprttsaiWy
■jhfcwoilc la den MdendM Vkril
«war Sdune»} dieser TendhwiBdel
•farfgea Stande* Tonkoamen, ond db
läng achreiiei raedi Tor* Pwgleiefcea
an hei Herr Fe&Maa.firiUmr bdl ■■'
ahm aller Art and «■awmtliah «acli.
«rüica arft deoi beata«. . Jbfblga
^ ArchiTee «da. dk HM. Norbr«: IMS (.
f
»■Hiih, — Herr OyaihM?lMBtet Jb
aehwaht and bringt einige Tag;a»laii« eiM
liwieiiMolatkya n&dat Ch«|fa als. ~
bawirlct er Entaiadaag «a4 * TcvacUieaaH«
jkdcee. Er ghabt, dina. Aa daadiwaU
eine Ausdehnung des Warthooscben Ci
sondern ein (lir sich bestellender Tamor
cus sei, niid will gefanden haben, dsss ^
dem Sacke befindliche Flaidam nicht bl<
Speichel sei. (Giornale per servireai p
della Patologia e della Terapentica. Deetf^
1841).
^Iklafk^kmi. — Als ein Mittel
einzuschlafen empfiehlt ein Herr Gm^am^
sich selbst einen »HffpnologUiemii nennt, H
des Verfahren. Man lege aicb beqnen W<
rechte Seite, Hille den Rauin swischen l^opf ^
Schulter genau durch ein Kissen aus, nai '
'bei geschlossenem Munde tief A^em. *^
überlasse man die Lungen ilirer freies
keit, so dass die Respiratian weder htiul**'|
gel aaeb erlangsamiet waria.. Der Fai ^
— 101 —
f
seine ganze Aarmerksamkeii auf das Athenholen
richten and sich vorstellen, dass er die Lttft in
einem fortwährenden Strom aas. der Naite kom-
men sehe. So wie ihm dies gelingt, rerftllt er
in Schlafe!?) — (8. TheLancet 22. Octbr. 1842
p. 142.)
Viele Menschen leiden an der Beschwerde
sieht eifischlafen zn können. Jean PauTs be-
kannte Mittel helfen nicht immer and der Arzt
wird um Rath gefragt. Wird vorstehendes Yf r-
fahren des »Hjpnologisten ,« welches derselbe
längere Zeit geheim gehalten, von Nutzen sein ?
CroimM' Pflaster. — Chomel I&sst ein sol-
ches bei gelinder Wärme aas vier Theileu Dia-
chjlon und einem Theile Croton-Oel misehen
und dick auf Leinwand streichen. Es erregt
bald eine lebhafte Hautreizang.
Creosol — empfiehlt Dr. Cormack in Edin-
burgh als ein kräftiges Mittel gegen die See-
krankheit und zur Stillung des Erbrechens Ober-
haupt. Man muss aber nur kleine Dosen geben,
grössere erregen Vomitus. (S. The Edinburgh
Journal Octbr. 1S42.)
Vergiftung durch Cvhehen, — Zwei Fälle der
Art sind in Valparaiso vorgekommen und wer-
den ausführlich von Herrn Thomas S, Page be-
schrieben. (The Lancpt. 4. Febr. 1843. p. 672).
In beiden Fälleir hatten die Patienten Abends
— 103 —
Nachi Torgegangen, war nicht sn ermitteln. Uni
sieben Uhr Morgens fand man den Fat« ohne
Bewusstsein mit eeschlossenen starren Angen und
erweiterter Pupille. Die WMrme der Haut war
natürlich und allgemein verbreitet, der Hers*
schlag und das Athmen aber kaum merkbar und
unregelmässig. Jüan kifm alsbald auf den Ge»
danken, dass eine zu grosse Dosis der Cubeben
diesen Zustand Ton .Asphyxie herbeigefiihrt ha-
ben möchte. Entleerung des Giftes und bele-
bende Mittel wurden sofort angewendet, aber
▼ergeblich; Fat. verschied nach fönf Stunden.
— Die SeciUm ergab im Wesentlichen Folgen-
des: Der Magen enthielt noch eine JclcineQuan»
ti tut Cubeben pul vcr, zeigte aber keine Spur von
Entzündung. Die Darmschleimhant war nicht
geröthet oder corrodirt,dagcgen warenLeber, Milz,
Nieren mit schwarzem flüssigem Blute tiberfüllt.
Ebenso verhielten sich die Lungen, der rechte
Ventrikel und gämmiUche Venen der Brust and
des Unterleibes. In geringerem Maasse fand
dies auch in den Venen des Gehirns statt. —
Die Cubeben werden zwar mit dem deut-
schen Namen Schioindelk&nier bezeichnet; Bef.
hat aber in den Schriften über Materia medica
nicht auffinden können, dass eine specifische
Wirkung derselben auf das Sensorium beobach-
tet worden wäre. Murray sagt vielmehr : Aroma
hocce stimulat ventriculum, subigit tenacem pi-
tuitam et flatus discutit. IVominatim in veriighie
ex labe haccc oriunda valct, und Triller fiigt
hinzu: Aphrocüsiacis quoquc adnumerantur.
Eine Crovp - Epidemie im HoepUale für kranke
Kinder in Paris 1840 — 1841 beschreibt Herr
E. Boudet in den Archives gen^ralcs de M^d.
Febr. und April 1842. — In dem genannten
— 105 —
selbst mit kleinen Geschwüren bedeckt. Meist
waren auch die Langen entzündet. — Feachtii^
keit der Krankenzimmer and Ueberfiillang der»
selben scheinen wesenflich zar Erzeagang der
Epidemie mitgewirkt zu haben; Contagiositit
der Krankheit war nicht nachzuweisen. Was
die Behandlang anbetrifft, so wurde gegen die
Angina tonsillaris örtlich Chlorkalk , €itronen-
und Salzsäare applicirt; gegen den Croup aber
Blutegel, Rubefacientia (am Halse und im Nak«
ben), Brechmittel, Calomel, und die JVodbeolo-
mie angewendet. Diese Operation wurde bei
%ehn Kindern instituirt; alle xehn starben, ohne
dass irgend eine erhebliche Erleichterung dadurch
herbeigelührt worden wSre, im Gegentheil schien
der operative Eingriff Entzündung der Lungen
und Vereiterung der Tracheal* Schleimhaut er-
zeugt zu haben! —
Cancer uteri. — Dr. Monigomery glaubt, dass
dies Vebel, in seiner ersten Entstehung, nur
durch Ocular-fnspection mit Hülfe des Specu-
lum vaginae erkannt werden könne; man finde
«lann : »die Ränder des Muttermundes rissig von
unregelmässiger Gestalt und die Schleimhaut
ilesselben mit feinen körnigen Erhabenheiten
besetzt, welche eine bläuliche Farbe zeigen, wäh^
rend der Grund carmoisinroth erscheine.« In
diesem Zeiträume klagen die Kranken meist nur
über unbestimmte Kreuz- Rücken- und Sehen»
kelschmerzen ; höchstens ist der Muttermund bei
der Berührung etwas empfindlich und hart. —
Herr M. empfiehlt eine Höllensteinsolution mit-
tels eines trichterförmigen Speculums auf den
Muttermund zu appliciren. (Dublin Journal.
Januar 1842). — Anständige Frauen werden sich
gewiss schwer zur Application des Mutterspie-
gels verstehen. —
• \
Mlläm AüwMnUm eMMty rhml^-9r% .
tatmiii Mlvr «aklreidivr BeobAioiitamiBil^
|M^\FMmmIn aU «in Mti«! «iMpfeUM,
«iK BnMagQiig dMT«b«rk«kiiolBNi te
^üMbca Uebergang jii da« .Bloi oad mI
iffmfelig In d^D feinsfeB T«»« wdgMgM toi»
(Vi«IMek( ward der Vtofc daterab, 4UÜ JM^
Viä-dfe ToberkelaiUMM ahemiMb mmf
«Mm Aastdit gelettiiL) Dw Uqvw
MMc^ sagt er, daaKtadUHietti der Cüi
imNilMia; mn mfiiM Um laher magUcW
tfliWendeB und . lange forilirawciica« HieiM
mm -wir bemerlren^ das» ^er Verräter svM
üteDiittg der Diagnose der •'rerschiedeBcn tak
d^ tttber'enlösen Lungenleidena aveh -die ylp
caliachenr Zeichen dnrcb Auaeoltalion md Ä»
CQiaion benutzt hat. Unter den zahlreidienn
len von Phihisis censnmmata, -welche er b^^
achtet hat, sind seiner Angabe nach etwa <ii|
oder zwei Procent durch den Liquor Potaasv
geheilt worden. Eines grössern Erfolgs rak0
Verf. sich nicht! Wären wir sicher, dass j«K
Heilungen auch wirkliche Hcilnngen gewoei
sind und in der That dem Liq, Potassae tag«'
schrieben werden^ durften und miissten: wir
hätten das Mittel hochzupreisen. Unseres Wis-
sens ist bei uns das reine MCali bisher noch sidi
gegen Lungentuherkeln empfohlen worden, ^
geachtet man längst die alcalischen Wl*«
(z. B. Ems) gleichsam als ein Specificum g«i«
mancherlei chronische Brustübel, die aber W-
lieh oft sehr unvollkommen diagnosticirt ^
mögen, zu betrachten gewohnt ist. GrünJüc^
Belehrungen über die Wirkungen des Bbm«'
Wassers auf Lungentuberkeln sind, wie wir
glauben, zur Zeit noch ein Desiderat.
l
— 107 ~r
Lungenivherkeln . — Herr BoudH hat die Lei*
eben von 197 an verschiedenen Ki^nkheiton ver-
sioirbenen Individuen iintersacKit und bei Kin-
dern unter zwei Jahren nur einmal in '57 Fll*
len Lun^entuberkeln gefunden. Bei Individuen
von 2 bis 15 Jahren fand er sie in vier Pillen
dreimal^ im Alter von 15 bis 76 verhielt sieh
die Zahl wie 6 : 7. — v Seinen .Beobachtungen
nach erfolgt die Heilung der Tuberkeln durch:
Sequestration, Induration, Absörbtion oder Eli-
inination. Die Induration wird oft durch eine
Ablagerung von Kalkerde bewirkt, meist sind
es aber Chlornatrium oJer Natrum 'sulphnricum,
welche diese erdigen Concretionen bilden. Die
Heilung der Tuberkeln, sagt Herr Boudei, scheint
lediglich ein Werk der Natur zu sein, wenig-
stens erfolgt sie bei dem verschiedenartigsten und
oft widersprechendsten Heilverfahren. (Archives
g^n^rales. Fevrier 1843. p. 236 — 37). -
Phihiais pulmofmm. — Herr Clendinttmg macht
die Bemerkung, dass bei Phthisikcrn sich oft
Lungen-Emphysem ausbildet, welches, besonders
wenn es eine grössere Ausdehnung erreicht, in
Wassersucht übergeht. Dieser Ucbergang wird
oft, weniger durch das eigentliche Lungenleiden,
als vielmehr durch Herzkrankheiten oder Mor-
bus Brightii (Complicationen, welche nicht selten
bei der Phthis. pulmonum vorkommen) beför-
dert und der Tod dadurch beschleunigt. (S. The
Lancet 23. April 1842. p. 116).
HerxkraiikheUen. — Bei Gelegenheit der
Section einer an chronischer Pleuritis mit Kiter-
erguss in den Pleurasäcken verstorbenen äusserst
schwächlichen Frau von vierzig Jahren , ent-
deckte Dr. ClenJiuning Spuren cin*r rriHtifaPi'
ric«rdUi«, welche er im Leben ^ar nicbl «bui
balle. Pat. halte über j«dimcrzen in der Irtilin
Seite darchaiia nicht geklagt nncl die RtralU
tif^keit war so schwach gewesen . ilaas die plrt'
sicaliBchen Zeiche» dcrselbrn durch das lorwil-
tende LuD^cnleiHen getrübt lind verdecLi uit
^M sorgfältigsten Beobachiiin^ enlsoit«" «
dM^ibid. p. 116). — Dies ist gewiss ö Art
MB als man glanbi, weil an und für «Üb (»
'-' pliyiicalischen Zeichen der acateu Berzentiüa-
dang nicht eben deutlich auBg<
So namentlich vcrläs.it uns die
d** einfachen PericardiliK,
, «> . ■—
'•^^JStyspkagie von Vtnngervng des Oesopksgt
threi Gttheletvtnut und CoHieritation geh^ -
Dr. E. Gmdron zu Cbaleaa da Loir erzÄK d-
nen interrc.s.«»ntun Fall der AH. Ein sonst
Sünder Mnnn von 33 Jahren liatfe lange Zeit u
Aufstosseit gelitten. Gegen Endo IVovembtn
1840 ward er von heftigen Spasmen des PI*
rynx und Oesophagus befallen, \relcfae, olui
eigentliche Schmcrecii eu erregen, im AIame*li
des HcrabsRhlingcns fester oder flüssiger >~tb-
rungsmittel eintraten und mit hefüigen Rnd«
endigten. Diese Beschwerden nabmen innerhdl
drei Monate dergestalt zu, das» Pat. bloM TN
Flüssigkeiten xa leben gcnöthigt war, die «
aber nie ohne die grössic Beschwerde und li-
ier ErstickungsEufkllen verschlucken konnte.
Diese Zufälle dauerten zuletzt Tage lang, bd-
nahe ohne Nachlas« fort nnd widerstanden in
krSnigBten itiiiern Heilmitteln. Die Krankbdl
bestand bereits seit einem Jahre , als Herr C.
den Pat- zoTst "ol" ; Husten war damit w*
vefhuniicn, Jer Kranke aber vom Mangel i"
EmShrung im hüchsten Grade abgemagert, Z«"-
— 109 —
mal konnte' der Arzt bei Untersuchnog des
Hesophagus mittelst einer mit einem klei-
nen Schwamm versehenen Fischbeinsonde oUne
Schwierigkeit bis in den Magen gelangen. Beim
dritten Versuche aber zeigte sich ein Hinderniss
au einer Stelle des Schlundes etwa in der Höhe
der ersten Ringe der Luftröhre, und der Kranke
bezeichnete auch diese Stelle als diejenige, wo
er eine deutliche Zusanimenschnürung empfand,
so oft er den Versuch zu schlucken machte.
Nach wenigen Tagen war es rein unmöglich,
den Schwamm durchzu bringen und der Arzt
brauchte zurKatheterisirung eine elastische Röhre
mit olivenförmiger Endung: durch diese wur-
den flüssige JVahrungsmittel in den Magen ge«
spritzt. Nach sechs Tagen gelang es wieder mit
einem kleinen Schwamm über das Hinderniss
hindurchzukommen und es erfolgte Erleichte-
rung. Nun ging Herr Cr. nach und nach zu
grösseren Schwämmen über, bestrich sie mit
Butter und streute Alaun darauf. Diese, täg-
lich ein- auch zweimal eingebracht, erregten ei-
nigen Schmerz und waren beim herausziehen
mit filamentösem , etwas blutigem Schleim und
mit häutigen Concrementen bedeckt. Der Schmerz
ging bald vorüber und nach einigen Tagen konnte
. das Einbringen des Schwammes mit grösserer
Leichtigkeit wiederholt werden. — Nach etwa
vierzehn Tagen befand Patient sich so wohl, dass
er in seine Heimath zurückkehrte. Die Besse-
rung war aber nicht von Dauer, das Uebel
kehrte wieder und nahm mit jedem Tage zu,
so dass die Cur am 15. Februar 1842 von
Neuem begonnen werden musste. Nachdem
längere Zeit hindurch das frühere Verfahren
angewendet worden, ging Herr G. zur Applica-
tion des Höllensteins über, welchen er an der
Canüle befestigte. Mittelst der eingebrachten
Schwämme wurden in Folge dessen wiederho-
lentlich breiige Massen und häutige Concre«
_ 111 —
Gißif^ Wirkung grosser Gaben des C^imkm
sulphuricum hei Thieren, — Vergi/lung eines Menr-
sehen dmrh Chinin. — In den Annali unirersali
di Medicina. Febr. 1841. beschreibt der Prof.
Giacatnini Versuche, welche er an Kaninchen
angestellt hat. Bis zn einer Gabe von vier
Grammen (= 68 Gran) hatte das Mittel Iceine
nachtheiligen Wirkungen. In dieser Dose aber
(in Wasser gelöst mit einem kleinen Zusatz von '
Schwefelsäure) tödtete es ein grosses Kaninchen
nach einigen Minuten , ohne heftige Zufalle xa
erregen. Gab man den Thieren unmittelbar nach
dem Chinin eine Dosis verämmien Alcohol oder
löste man es in diesem auf, ehe es beigebracht
MTurde, so blieb es ohne nachtheiligo Wirkung
und die Thiere erholte sich nach einigen Stun-
den vollkommen. Dies Factum fand Herr O. in
allen seinen £xpc/imenten bestätiget. — Ein
Manu von vierzig bis fünfzig Jahren , schwäch-
lich und eine sitzende Lebensweise führend, löste
Morgens um fünf Uhr zwölf Grammen (beinahe
eine halbe Unze) Chinin (in der Meinung es
sei Cremor Tartari) in einem Glase Zuckerwas-^
ser auf und verschluckte es. £r machte hierauf
einen Spaziergang und nach einer Stunde ward
er von dem Gefühle eines beginnenden Rausches
befallen, die Glieder versagten ihren Dienst: er
bekam Schwindel, Uebelkcit, Magenschmerz und
endlich verlor er das Bewusstscin. ]Vachmittags
um zwei Thr sah Herr G. den Kranken zum
ersten Mal und fand ihn in folgendem Zustande:
Fat. lag unbeweglich auf dem Rücken, mit blei-
chem Gesicht, bläulichen Fingerspitzen, kalten
Händen , langsamer und seufzender Respiration.
Der Puls war langsam und kaum fühlbar, aber
nicht intermittirend ; eben so verhielt sich der
Herzschlag. Die Pupillen waren sehr erweitert.
Gesicht und Gehör beinahe ganz aufgehoben,
die Stimme äusserst schwach, die Zunge weiss
belegt, aber feucht, der Athem kühl, Durst gross.
— 112 —
Herr O, verordnete sogleich OpiumiiBklu ii
aromatischen Wässern und liess den gam
Körper mit wollenem Zeuge reiben. Nadi ki
Standen waren alle Symptome vermin^ri wd
nach einem Lavement erfolgte eine Siahliiil»
rnng, die grosse Besserung des Zustande! kr
beiiiihrte. Am funfiten Tage war der Kndi|
so weit hergestellt y dass er das Bett YerUei-
konnte sich aber nicht auf den Fiisses Uta
und die Inte^crität der Sinnesorgane kehrte oi
sp&ter zurück. — Herr Giacomini schlient as
dieser Beobachtung, dass das Chinin nidiiik
ein Tpnicum, sondern als ein direct »hypoitt»
nisirendes« (deprimireudes) Mittel su hetiadila
sei und die nachtheiligen Wirkungen deMcIki
am sichersten durch flüchtige Reizmittel, naac*
lieh durch Alcohol bekämpft iverden könnten. «
Urstwhe der Pocken. Revacchiaitotu — He^
Seigneurgetis hat der Acad^mic des ScieDcesB
Paris eine Abhandlung zugesandt, in welckfi
er es wahrscheinlich zu maclien sucht, dass iIk
Blattern von einem Insecte, dem Acarns Scabi^
ähnlich, das er jedoch noch nicht hat aufüiKi^
können, erzeugt würden. Die örtliche Applied
tion der Mercurialieu, welche den Pockenaar
schlag ersticke, wirke eben durch Tödtung ^t^
Insects. — Herr Setres bemerkt bei dieser €^
ie^onheit, dass seiner Ansicht nach die heiUas^
Wirkung der topischeu Mittel lediglich darai!
beruhe, dass sie die Haut gegen die Einwirknitf
der Luft schützten. Er glaubt beobachtet Hi
haben, dass die Pocken in feuchten, nieden.'
dunkeln und nicht gehörig gelüfteten Hrankec-
zimmern einen milderen und iveniger geiahrü-
eben Verlauf hätten (?!) als unter entge^ns^
setzten Verhältnissen, und dass die Variola s^
cundaria eben so häufig bei solchen vorkaut
di»' iiH"i*iwi>r— ■— ' nwifmattm -MNair,-'
hAWMtajIkttmt
mKWm W -VnWimi^n« ^^JVWMim ^^■VKVHB .,.^,.„_
■■»■ ■■■■»■". ■■^. ■•
fo Oby «a Miiidigfcfar af<Bhl titfälr <lNif
Vrnfm JocKiiMliir iiml;^H«r TMpM* 8«l«lhi
«ft«i|iejdls FiMrlvfl in cÜMi? CfdhMlbaMi «Ihp
■■tfäB-InliiMini m gtfcw mril »tÜnit ilirwig4
«MfBicIie Wlrikmig dl«#«r^ rigtfMMMliAiik««!^
Hwcar und «Ifo 8fa»4en ^ Chnb 4MMel Ml»
dwtf, bfo aasCiliBleudi dvi^ett aflMri IrIM;
ddn» kehrt m«n swn CMmack dii« oHgidi
ttttiefa nrfidk. (8. TbelMett. M. lUNs'iMi).
Adr. tt«ilt dietOMlir ahr fkl C«iriaMiiii\>irfi «M
ortchte ftwgcir, wie der VeffcMev «nf dMi Oe^
dwiken gekoniMeii sei, hier den lirrfMk attü»
Wesdeo? er findet eioh wenigetons ineht heire«
gen, dergleichen naclisnehmen, •.
FerfaräHo Dmietd. — Herr BMMlg$ be-
rMtet über swei FiHe von DnrchlOdiefVBg des
ZwdUfingerdamli, welche er beebeditet hat. b
Helden Ireten die Symptome einer acuten Perl-
tenitia nach einer leichten M ahlasdt plötali^ßh ein
«ad man fand im hintern Theile dea Derma
eine Serreisanng (reap. von awei bis drei Zoll
ClrUäae), Ergnaa Ton Sertim in daaCavnm pieri-
tonaeii Ablagerung Ton Eiter und Xjmphe,
die Sdileimhaat dea Duodeni war erweicht, ja
{••einen Brei Terwandelt Einer derPat. hatte
Jmhi« Bd. XCY. 8t, 5, 8
— 115 —
Hertigkeii fori. Die. Krämpfe nahmen be-
rs die rechte Seite ein^ der Athem vrar
ty das Bewusstseio gestört , das Schlingen
glich; das Hers schlag heftig. Man fand
räumen sehr angeschwollen nnd scarificirte
yiedcrholentlich. Dann setzte man das
in ein warmes Bad, gab ein Clysma von
e mit zwei Drachmen Terpenthinspiritns,
;irte einige Blutegel an den Kopf und
;c kalte Waschungen. Alles dies hatte
wenig Erfolg. Da liess Herr Todd Eis^
ncr Ochsenblase eingeschlossen, auf den
in und längs der ganzen Wirbelsäule ap->
(^n. Danach erfolgte sogleich Nachlass
Symptome und in zehn Minuten hatten die
ilsioncn gänzlich aufgehört. Ein Laxans
yalomel und Jalappe vollendete die Cur*
he Lancet 30. April 1842. p. 146). — Das
hren des Herrn T^dd verdient gewiss die
erksamkeit der Praktiker. . Darf aber in
n Fälle das Aufhören der Convulsionen
:ielbar nach der Application des Eises die*
Hein zugeschrieben werden? oder hörten
[[rämpfc auf, weil der Anfall schon über
Stunden gedauert hatte? — Konvulsionen
[indem stellen sich oft urplötzlich ohne
Veranlassung und mit dem bedrohlichsten
lien ein: alle Mittel, die man zur Abkür-
dcs Anfalls anzuwenden pflegt, äussern
Wirkung; allmählig aber lassen die spas-
!n Bewegungen nach, der Kranke kommt
;r zu sich und die Convulsionen kehren nie-
im Leben wieder. Wer mag in splchen Fällen
den Werth oder Unwerth dieses oder je-
^erfahrens, welches angewendet wurde, ein
(il fallen? Die kalten Umschläge auf den
grat dürften jedenfalls zu Versuchen ein-
, wobei aber natürlich andere Indicationen,
ler Zustand des Kranken ergeben möchte,
unberücksichtigt bleiben dürfen, nament-
8*
- !!•
lioh die Abicituug auf <len Darnicanal; ilKS»
rißealion des GaiimcRs, auf deren Mitwirbaf
■lor englischf! Arzt in dem in Rede «tfko^
Falte ciii nicht geringes Oe^viclit Ic^l, iil ki
■infl wie es scheint ganz obsolci gcirorden. H
mil Recht;' müclilen «vir nicht behaupten, ibcr
audi die viellach darüber geführten Di»caHi»
nen tiier ulcht
Groste Dosen von Opnim. — Dr. GMf '""^
Btrd behandelt eine Fran von 27 Jahren, netcbt ^"
sclioi» seit sieben Jahren we^t^-cn periodisch «i- '""
tretender heflig<^r Kreuz- und Aicren-Schnn- '"''
zen Morphium braucht. Sic ist seit tirti U- '"=
rrn big 211 einer Dosis von «ehn Granen Jnv ™
m»l füglich gestiegen, ohne Nachlheil davon n ''?*
i-mpliiidcn. — Herr Bird siebt ihre KranlliBl V
als eifl rein hTHlerische« Tebel an. (TheLaiWli ^"''
7.M«y 1842. p. 202). Tielleieht wird »»r|ÄiM «■"
länger aU das reine Opimn oder die 0[»it]ni '""
Tini'lureii ohne verderbliche Folgen ortrii;™ '
Wo es aber darauf ankommt die volle Wirini« '"^''
des Mittels zu haben, ist das Opium poroi ""
schwerlich dnrch irgend eines seiner PräpuiH | ^'"
zn ersetzen. ' ■ ""^
■ Üb
I :••■:::: :;j
■ J »n
^ den Gesundheitszustand, die Geburten D» i 1 ,
■y Todesmile von Berlin. ' .
W\ MilBMli.in ' l»
^t Km den Acten der Hufelandiitchen med. chir' ,'\
Gesellschaft. 2
i Monat ,tipril. I Wl
M Das ciiidemiitche Katarrliallleber, wdc^ '»'
M im verj^aiigeueu Moitate eine so allgemeinr V<^ I
lireiiu»^; genoiumcn lialfe, scliien gegen Ende
dcsselbeii in seiner bedpiitenilen Frequenz iiach-
gel^taaen zu haben j es war «lies jedoch die, bei
allen o|ii de mischen Krankheilen, die einen ge-
wissen IlOhcjtiinkt erlangt haben, beobachtete
Pause, nach irelclicm scheiuhacen Slillalaiul die
Krankheit mit erueucter ilclitigkeit weiter fott-
schrilt, dann ahct lüegeu Ende dea Monats all-
niäklig nachliess. Eigenthiiinlic)) war die schon
bei den frühcrn Epidcmiccn der Influenza ge>
l^aclite und diesmal wiederum bestätigte Erfah-
rung, wurnach die Krankheit in der Stadt, die
von ihr ergriiren wird, von Haus su llans stelig
lottacbTeitet, und sich wesentlich von der Cho-
lera niilcf scheidet, die bekanntlich Sprungweise
bald hier bald da vorküRimi. Dalter kam es,
dass während ein Theil der Aerzte sehr viele
Uraokc sahen, ein andeier Theil, in deren Be-
zirke sie noch nicht erschienen war, die Anwe-
senheit der Krankheit nicht anerkennen wollten.
Indessen hatte sie in einem Zeitraum von sechs
Wochen fast die f;aii7e St.idt bis in ihre äus-
nvnUa Vemreignogea ergriffen und weder ri-,
neu Stand, Alter noch irgend eine VeubUi-
gnog frei gefantin. Du KrankliiMibad hmtt
obgleich rersebleden mö^ilcirt nach Alfer, de-
acblechl| IndividulUlt «td.) dennoeli zwei be-
stimmte Charakter iatiache Richtungen, die sldi
somit auch überall nachweisen Hessen. Eolwe-
der worden die fl«hr ;!>ad Vciat^rgAte ergriF-
bih. oder M gesMtete sieh die Kraalibeit mebr
al« .kiitarrl(a)iacb .g«str>>che Form. In beiden
{"Kllen aber waren ab patbognomouische , fiut
nie fehlende Begleiter ' der Krankheit: heftiges
Fieber, nnd ungewöhnliche Ermattang nnd Htis-
kelsebwächd vorhanden. So drohend oad plSts-
licb die Krankheit begann, so Hessen dock die
heftigen S/mptome nach drei bis vier Tagen
- nach, Bnr SchwXchc, ein hartnickiger Hasten nnd
P ziiad
- 118
i
Mangel an Appetit ilauerten gewShnlich
lungere Zeit fort. Der Uebergang in eine
ztiDilnns katn bei Erwachseneu selten vor
doch bei KiiiJcrn waren Croapähnliche
men, so wie der Uebcrgang iu trirklichc
KÜndnng der Lungen nnd Bronchien hSofif
sehen worden. Am meisten b cn acht hei ligti
Krankheit autcbe, die früher aa Brustkranl
gelitten, und sie war die unmittelbare Ven
«uiig, das» so viele diesem Leiden plötzlich d
LShmnng der Lungen, Blntergasa etc. erli
Ausser den katarrhalischen Krankheiten li
(en Rheumatismen theils febriliscber, theili
berlaser Art die grüaste Zahl der Kranliht
HrSchätdem kamen auch späterhin 'WechselE
xam Vorschein. Von Aosschlagskrankheiten
ren Scharlach und Alasern selten, häulig
Varicellen and einigemal Varioloiden. 1
dem AuTbören der Influenza nahm die Zahl
Kranken überhaupt bedeutend ab und t
Ende des Monats waren die Aerzle nun
sam beschätligt.
Ea wurden geboren: 480 Kuab«n und
428 Mädchen,
908 Kinder.
Es starben: 256 mSnnlicben,
210 weibl. Geschleelib
372 Kinder unter lOM
Mehr geboren: 70.
SpafeUe KraniheUoh
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Kr.nlliciten.
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t^oenenliOailung . . ,
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tuclIdleulzUnduBg .
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ebarmulleietinanclung .
3
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4
2
—
14
1
imfieber .....
1
1
leltfieber
2
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iber
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ingenschHimTsuclil . .
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C. W. Hufeland's
S 0 u r n ml
der
practischen
Heilkunde.
Fortgesetzt
Ton
Dr. Fr. Busse^
. Preuss. Med. Ratk und Hofmedicus, Bitter des
en Adler -OMens vierter Klasse und mekrerer i^elehrteii
Cresellschaften des In - und Auslandes Mitrliede,
Ghrauj Fretmdj isi aUe Tkearie,
Doch grün des Jjebent goldner Bmnm,
Göihe,
VI. Stack. Juni.
Berlin.
Verlag von Üehmigke*» Bnchhandliing
(Julius BOlvfv.)
I.
U e b e r
3n S,ch 1 a g fl u s s.
Von
Dr. Th. Reinbold j in Hanuover.
(Forts. Vergl. Mai- Heft 8. 3.)
Zweiter Artikel.
»Es muss eine Bedinffone der Apoplexie
^n, die »an sieh« nicu sinnlich m erken-
, lind doch eben die wichti^te Bedin-
^ ist; dagegen haben die in der Leiche
mehmbaren AnomaKen des Gehirns kei<^
vregs einen so bedeutenden Antheil an
Genesis des Schlagflusses, als man ihnen
öh^lich zugesteht — sie sind oft sogar»
che vielleicht ivamer^ nur erst Folgen der
plexie, oder mü ihr Wnrkinig Jener nicht
lieh zu erkennendeii Ursadie.« Diese
ieht, zu deruttsre bisherige Untersnehung
fahrte, bedarf }edoeh noch der BriSute-
l und nfiheren Bestimmmg, dte lurlr in dem
;enden versuchen wollen.
In dem Gehirne sind 'offenbar zwei w
schiedene Thätigkeiten — - die, wekke
dem Systeme der aasscheidenden vai
saugenden Gefässe im weitesten SioM
Worts, natörlich mit Einschlass der
nerven, hervorgeht, und sich in allen
nen wiederfindet, und die dem Gehirn
thumliche, deren materielles Substrat der
aber nicHt der Gefäissnerv, ist, die Prud
^Nervenfaser »an sich,« als etwas von
^Bildgewebe Verschiedenes. Die bifher
der Genesis des Schlagflusses beti
materiellen d. h. sinnlich wahrnehmbaren
malien können wir aber zunfichstnur, ab
GefSss- und Capillar- Leben angehörend
anomale Zustände des Bildgewebes
sehen. Ist nun dabei die Nervenfaser
nicht verändert, was sie sein könnte
die Abnormität der eben zu ihrer ErhaW I
dienenden Capillarthätigkeit oder durch t |
zunächst mechanische oder chemische Ei^
Wirkung der im Biidgewebe vorbaodeiff <
materiellen Anomalien, ist die Nervenfi* ^
selbst nicht verändert, so wird auch dasfr ^
genleben des Gehirns in seiner Intep* *
bestehn können; denn dies ist zunächst i^ ^
von seinem materiellen Substrate, der >fl' ^
venfaser, und nicht , wenigstens nicht ui«*' *
telbar, von dessen Bildgewebe «bhin^ ^
Bis dahin ist es also sehr wohl begrfW ^
wie grobe Desorganisationen, Hype«** ^
u. s. w. im Gehirn bestehn können •**
merkliche Störung der eigerähümliche» ^
himfunction: sie betreffen aber nur dwBp'
gewebe und nicht die Nervenfaser ?**
als das eigentliche Organ der eigenthriolif''*
k
— 5 —
Gehirnthätigkeit. Wir können also immerhin
zugeben, aass abnorme Organisation auch
nothwendig abnorme Fanction bedingen müsse,
mr behaupten hier aber, dass die abnorme
Organisation das materielle Substrat der hier
in Betracht kommenden Function gar nicht
betrifft. Krankhafte, namentlich sinnlich zu
erkennende Veränderungen im Capillarleben
des Gehirns können daher auf die Gehirt^-
Fymetion nur einwirken mittelbar^ durch de-
ren Substrat, d. h. dadurch, dass sie die
Nervenfaser selbst krankhaft verändern, wenn
sieh auch diese Yerfindemng nicht sinnlich
erkennen lässt Damit also jener Zustand
der Gehirnfunction , den wir »Schlagfluss,«
oder, wenn man lieber will, »das Wesen, die
Causa continens« des Schlagflusses nennen,
durch die abnorme Capillarität zu Stande
kommen kann, ist als »Conditio, sine qua non«
noch ein drittes nothwendig, die krankhafte
Veränderung des Nervs selbst Sie ist also
dasjenige Moment, welches als ein Vermit-
telndes zwischen der Anomalie im Bildge-
webe der Nervenfaser — und .der Causa
continens liegt, und, in so weit es eine nicht
sinnlich zu erkennende Bedingung des Stan-
des der Lebensäusserung des Nervs ist, als
ein »dynamisches« bezeichnet werden könnte,
ohne dass der entschiedenste Materialist et-*
was gegen eine solche Auffassung des »Dy-
namischen« einwenden möchte. Indessen wir
würden weiterhin doch eben diesen nicht
sinnlich zu erkennenden krankhaften Zustand
der Nervenfaser wohl mit dem krankhaften
Zostande und resp. völligen Aufliören der
Gehirn" Function in dem Begi*iffe »Causa
A--.
»
4lw« wie «pir €liwd iMli^si^iiHli^
«ttt4«r Viril M, •iiiilitrf Miiwül
•MpWeb« . OMNifcliMMal iSffSBH
Der eiDoml gebildete Nerv fcedi
Erhaltung seiDer Integritiit der Fudi
C^^illargewebeB, bSngt, soniehat fi
stamtielles, von ihm ab. Aber ist dw
Ungifi^^ii ^in^ wh^i^ie^ und verM
der Nerv bei dem Acte seiner Bm
mtr leidend? das wtirde uadenklMur aiii
Nerv als ein organisoh-Lebeiides resg
die Einwirkung der CapilkMnthitigiiat)
Ernährung, seine Vegetation in em i
%V)isehen der F^eHam eemee JKUg^
und dem eignen' Lekmn.- Ba ipl
nach der Act der Erhaltennp, dar Sial
efaies Organs auf %i»ei Fm^intem wm
fähren — der ThatigkeU 4e& mBUp
fär das Organ« und der Tli«li|^Mit #
gans selbst; der vcietetijw Zivtand di
güBSy d. ht. der ZaetanA'-dM CbgaV'
— 7 -
der Nervenfaser, qna materielles^ nmss ge-
daeht werden als das Prodaet einer Combi-
noHam jener ThiUigkeüen. Wo aber eine
Cofflbination von Thätiekeiten, oder Krftften,
das Wirkende ist, da kann innerhalb dieser
Cmibination, und bis zu einer gewissen Grenze,
das Ycrhtltniss der einzelnen Kräfte za ein-
ander ein wechselndes sein, und dennoeh die
Wirkan|^ dieselbe , wenigstens im Wesentli-
dien dieselbe, bleiben — d. h. weicht die
eine Thitiffkeit in dieser Combination von
der Norm ab, so kann dadurch, dass die an«
dre sich (graduell oder qualitativ) modüBicirt,
diese Abweichung der ersteren wieder in
Bezog auf das Resultat aasgeglichen wer-
den, und dieses innerhalb der Grenzen fal-
len, wo wir es normal nennen. Das ist eine
These, zu deren Annahme wir bisjetzt in al-
len Gebieten der Naturforschung gezwungen
sind. Der vegetative Zustand des Nervs
kann also dennoch im Wesentlichien derselbe,
d. h. ein normaler bleiben, obgleich dieThä-
tigkeit oder der Zustand seines Bild^ewebes
von der Norm abweicht; zur Genesis seiner
krankhaften Veriindernng, die hier unter den
Begriff der Causa continens fällt, ist daher
eme noihwendige Bedingung, ndase die au
«etiler, des Nerve ^ Erhöhung mitwirkende^
in ihm selbst liegende Thätigkeit nicht mehr
im Stande ist jene Abweichung der Capil-
ktrihäiigkeit aHS%ugleichen.*t Der Grund hier-
von kann allerdings der sein, dass jene Ab-
weichung die Grenzen, bis zu denen eine
Ausgleicnnng möglich ist, überschreitet, dass
sie absolut zu bedeutend ist; indessen ist
dies, wie wir nach frfiherea Untersuchungen
Dapillarlebens mit dem normalen. Lebensver-
Blößen des Nervs, die Causa continens her«
beifähren konnte — obgleich dieser Fall wohl
selten eintritt — eben sowohl kann anch
umgekehrt jenes Unvermögen des Nervs ein
30 absolutes sein, dass es auch mit der nor-
malen Capillarthatigkeit die Causa continens
be^gt.
Nun fragt es sich aber freilich wieder:
L . Wie wird denn diese Anlage —
nicht die allgemeine^ in der ursprünglichen
Bescbrinktheit des Sei bsterhaltungs Vermögens
liegende, Möglichkeit »die Integritfit zu ver-
lieren,« sondern — diese besondere^ krank-
hafte Anlage des Nervs, dieses positive Ver-
mindertsein des Selbsterhaltungsvermögens,
wie wird sie entstehn, kann sie namentlich
ohne, eine Anomalie der Capillarität.siw Stande
kommen?
Wir könnten dies allerdings behaupten,
indem einmal dieser Zustand des Nervs 9 in
welchem er weniger, als in der Norm, ver-
mögend ist sich, in Combination mit der etwa
modificirten , oder mit der Capillarthatigkeit
überhaupt, selbst zu erhalten, ein »potentia«
ererbter sein kann, dann aber doch auch
wohl zuletzt die Möglichkeit anzunehmen sein
möchte, dass ein, nach Dauer, Grad und Art,
besonderes FuncHoniren des Nervs im Stande
ist diesen selbst in einen solchen Znstand
des Unvermögens zn versetzen. Indessen
wir wollen diese Ansichten aufgeben, von
denen namentlich die letztere denen nicht
— 11 —
IL Wie wird denn aber diese Mo«
dification der Capillar - Thitigkeit entstehn?
80 werden wir soniichst anerkennen mfls-
aen: dass ihre Genesis stets voranssetst
ein Unvermögen der Gefä 99 'Nerven^ die
Function des Biidgewebes wie bisher zu re-
giiliren, als eine normale zu erbalten. Wir
wärden also auch hier im Gebiete der Ca-
pillarität, und wenn wir dieses als den Grund
und Boden betrachten, aus dem die Anomalie,
krankhafte Anlage, des.. animalischen Nervs
sich entwickelt, wieder ein nervöeee^ and
zwar auch wohl nicht sinnlich zu erkennen-
des, Element, n&mlich einen abnormen Le-
benszustand der vasomotorischen Nervenfa^
aer voraussetzen müssen. Weiterhin kann
nun allerdings
1) ein Plus oder Minus der Flössigkeit,
wenn wir dies überhaupt annehmen, oder
eine veränderte Qualitiit derselben dasjenige
sein, welches dies Regulations - Vermögen
des vacomotorischen Nervs aufhebt, also die
entferntere Ursache für die Capillar -Anoma-
lie ist; indessen es kann auch
2) jene Anomalie der Geffissnerven, and
dadurch weiterhin die Stdrumg des Capü^
larlebens^ veranlasst werden durch emsn
Functions 'Zrustand, Erregung^ Erschöpjungy
des animalischen Nervs,
Ist dies möglich, so kann aber eben die-
ser Functions - Zustand des animalischen
Nervs, wenn nicht unmittelbar (diese Mög-
— 13 —
nicht völligen Tod, Schlagfloss nennen.
Warnm denn nicht in jedem parenchymatö-
sen Organe ; warum nicht jedeemal im Ge-
hirn^ nach ilem Tode solche Yerändemngen
Sef linden werden, wurde ein Einwurf sein,
en wir beseitigen könnten , wenn wir jene
Ansicht nur gelten Hessen für das Organ,
von dem der Tod ausgeht, dessen Leben»-'
Vermögen also schon früher und tiefer sinkt,
als das der übrigen Organe. Denn damit,
mit diesem Aufbeben des Gleichgewichts, in
dem es sonst mit den übrigen Organen steht,
wird es, um dies Verhältniss mit einer ali-
gemeinen Formel auszudrücken, zum »Locus
minoris resistentiactt Ist dagegen der Act
des Sterbens in allen wichtigeren Organen,
und Systemen so xienüich gleichzeitig und
gleichmässig y wird dabei eben jenes Gleich-
gewicht zwischen ihnen nicht^n^ffallend ge-
stört, so kann auch kein Organ besondere
dadurch verändert werden. £s wird dann
gleichsam die materielle Wirkung des Ster-
bens auf alle grösseren parenchymatösen Or-
gane repartirt, so dass sie in jedem einzel-
nen nur gering, wenigstens nicht auffallend
}st Dasselbe Terhältniss wiederholt sich
aber auch innerhalb eines besonderen paren-
chymatösen Organs in Bezug auf die ver-
schiedenen Systeme, welche in das Organ
eingehn, oder im Allgemeinen in Bezug auf
die besonderen^ differenten Theile des Or-
gans. Auch hier kann in derselben Weise
ein Theil zum Locus minoris resistentiae wer-
den, so dass sich an ihm dann in dem be-
sonderen Organ vorzugsweise die Wirkung
des »Sterbensu zeigt. Nach dieser Ansicht
— 15 —
annte Verhältniss zwischen vammotori-
emNerv und CapUlar-Geflss and weiter-
Kwischen dem sensiblen and dem vaso-
torischen Nerv, also auch zwischen Cere-
-spinalner\' und Capillarsystem , oder im
l^emeinen auf die Abhängigkeit des vi^e«*
ven Lebens im Nervensysteme zoräckfäh*
• Die in dieser Beziehung anzufahrenden
ssen sind aber bekanntlich nichts weniger
Hypothesen der verrufenen Specnlation,
dem, wenn auch nicht über allen Zwei*
erhaben, doch Ergebniss gewissenhafter
pyrie. Wir brauchen daher auch zu ihrer
^rfihdung jene Erscheinungen nicht, wo
issemngen des psychischen Lebens coma-
:he Torgänge oder Zustände , namentlich
Blutgefässsysteme und im Capillargewebe
Folge haben; es geht aus ihnen zwar
ibweislich der Einflnss der Gehirnnerven,
ofem man sie als das materielle Mittel
Psyche ansieht, auf das vegetative Le-
t hervor, indessen sie sind so alltäglirb,
orcftnmr, man hat sie von jeher so wenig
ucksichtigt, dass ich fast zweifle, ob man
:h hier viel darauf geben wurde. Lassen
' sie daher -^ wir können uns. Gottlob!
Untersuchungen berufen, die eben der
leren, d. h. in neuster Zeit wieder einge-
lagenen, Richtung der Wissenschaft an*
lören, der streng empyrischen, experimen*
en. Nämlich: Durehtehneidung, Lähmung,
■egungszustände, des Nervs — bringen
entsehiedefuiBH Wirkungen in dem be*
fenden Capillargewebe hervor, und zwar
nicht anzunehmen, dass hier das Bedin-
ide allein und ursprunglich der Zustand
~ 17 —
len bedeutenden, auf die Pathogenie des
ihlagflusses vorläufig %u gestatten. Ich
Jl in dieser Beziehung von vielen Anderen
r Henle anführen »Pathologische Untersu-
ungenau und Griesinger »lieber den Schmerz
d die Hyperaeuiiecc (im Archiv für die phy-
ilogische Heilkunde von Roser, und Wun-
rlich 1842. 3. Heft)« speciell aber in Bezug
f das Gehirn des Versuchs von Flourefts
^vähnen, der, wie Nasse I. c. JS. 388 an-
&bt, bei seinen Experimenten mit Opium
d Weingeist fand , dass erst Schlaf oder
iumel und dann erst Röthe des grossen
er kleinen Gehirns eintrat.
Hiermit hoffe ich denn die Ansicht, die
L in Bezug auf die Pathologie des Schlag-
3ses berücksichtigt wissen möchte«. wenig-
es so weit erläutert zu haben, dass sie
rinen Lesern zum Gegenstande eigner wei*
er Untersuchung dienen kann, die Ansicht
inlich, die im Wesentlichen dahin geht:
nss in den verschiedenen Stadien der Ge«
sis unserer Krankheit ein dem Nerverdeben
^ehörendes^ nicht sinnlich z^ erkennendes^
:iment anzunehmen ist, und dasjenige, wel-
^s wir unmittelbar vor dem Eintritte des,
tstandes des Gehindebens annehmen müs-
2, den wir »die Causa continens der Apo-
xie« oder in seinen weiteren Aeusserungen
organischen Leben »Apoplexie« nennen,
^rhaupt das wichtigste Moment für dpven Ztc-
ndekommen ist — die materiellen Anomalien
^r eine untergeordnete,wenn auch in concreto
ir verschiedene Bedeutung haben,nicht selten
itProducte des Krankheitsprocesses sind, im-
Dnm Ba. XCV. S» 6. 2
— 19 —
Ob mM nun aber diese ganse Anffas-
songsweise nicht für »fe«tcrAi.c< besonders
die Erklärung des Verhältnisses, worin die
materiellen Anomalien Kor Apoplexie stehen,
für »getewungen und paradoxe halten wird?
Nnn paradox im eigentlichen Sinne des
Worts mag sie allerdings wohl mehr oder
weniger sein, aber gewiss nicht gezwunge-
ner als die allgemein geltende ISrkl/imng,
nach der die materiellen Anomalien durchaus
Ursache, und noch dazu die genägende, der
Apoplexie sein »ollen. Der Grund, warum
diese Ansicht so allgemein ist; liegt, sU'*
nichst wenigstens, nicht in ihrer Ricntigkeit
und Wahrheit, sondern darin , dass es uns
eben darauf ankommt gerade die Uraaehem der
Apoplexie, und zwar sinnlich %u erkennende
aufzufinden. Wo aber ein besonderes Inte-
resse vorherrscht, verliert die Forschung sehr
leicht ihre Unbefangenheit, und fasst die That-
sacheu so auf, wie sie eben jenem Interesse
entsprechen. »Die Natur antwortet nur,
wenn sie bestimmt gefragt wird» — dies,
oder Aehnliches, ist ein Ausspruch, der sehr
zu gefallen scheint, denn man hört ihn jetzt
oft, auch enthalt er eine gewiss sehr zu be-
herzigende Wahrheit: indess gehört doch
noch eigentlich folgender kleiner Nachsatz
dazu, der auch wohl zu berücksichtigen sein
möchte — »aber wie das Orakel zu Delphi,
und wir finden dann leicht für unsere be-
aiimmte Frage die Antwort heraus, die uns
am besten passt.« Käme die Therapie den
Sehlagfluasen gar nicht in Betracht ^ iräre
ee überhaupt möglich^ daae die etwaigen
Folgen^ welche jener Act im Gehirne zurück»
Uesge, ebenso auaachlteastielt unser I»t$^
iu Anspruch nältme», als e» jelxl i/tej
Heben Urnacjtei. desselben thitn — t^
Qber/.eiigt: man würde Jene maleritMait
fno/icH ebensu bereilwiltig als Iftrhi
trachleH , «rt« man sie Jetzt ah Urtai
gie/tt. — Man will uun aber eininal Cr
h(iben, und «wai- — handgreifliche. ^
Oder wird man meiner linteiMI
den Vorwurf inacheii, dass sie sieb al
von der Empirie eatfeme, eine mm
festgestellte Wahrheit angreife, imd J
-^rer nur Hypothesen gebe? >iip ul
jDflchtc Wahrheiten sind allerdings diel
■eten ihrer Thesen nicht; sie bat siel
■auch Dicht dafür auesegeben, oder, woN
Ars nicht immer ausdrücklich erklärt Im
gellt CS doch wenigstens atis dem gm
ZtisaiuDienhiinge hervor. Indessen, dam
keine absolute (jewissheitgiebt, würdej*
falls ein Vorwurf sein , 3en sie mü M
ihr gegenüberzustellenden Theorie eu W
hätte. Oder ist das überhaupt keine H*
die* Ansicht, dass jene oft erwähnten^
rielien Anomalien Ursachen dar Ap«H
sind, ist das eine empirisch festgestellte Wi
heit, wohl gar eine Uiatsache? Dft^
die Bmpirie, die sich ilu*er selbst bert
ist, wenigstens nicht behaupten. Si'l'^
fesIgeslelU ist hier offenbar nur das m
handensein» mancher Anomalien, ni'f
mancbeu, streng genommen
Yorhandenseia in der Leicht
»aehe bähen aber auch wir aneriuuuit
sie «Ursache« der Apoplexie
malien, m''
i, auch ■»(
lAe; diese .1
uierkaont M
ie sind, irtt
, — 81 —
natürlich keine ThaUache^ d. h. nichts, was
lins unmittelbar die Sinne geben, sondern
eine Thenis^ zu der man eben nur durch
einen Scblnss gelangt ist, ein Product der
— Speculation über die Bedeutung der
ThaUache, »Die Natur antwortet nur, wenn
sie heslimmt gefragt wird» d. h. wenn man
sie um das fra^t, worauf sie antworten
kann — hier: ob materielle Anomalien vor-
handen sind, oder nicht? Ob sie aber Ur-
eaehe oder Wirkung sind^ das ist eine Frage,
deren Beantwortung die Natur dem mensch-
lichen Geiste überlassen muss, wenn sie
ihm dazu allerdings auch wieder manche
Data liefert.
Auch wird man mir wohl nicht einwen-
den: dass es da, wo es auf die Kenntniss
der Ursachen ankomme, besser «ei, ein un-
sem Sinnen Vorliegendes« was die Ursache
«ein könnte^ wenn es auch allerdings nicht
streng zu beweisen, ja selbst mehr oder
weniger unwahrscheinlich ist, dass es trtrA:-
tieh die Ursache^ dass es besser seij dies
dennoch als Ursache anzunehmen^ als statt
seiner ein gar nicht sinnlich Nachzuweisen-
des dafür gelten zu lassen. Denn wenn wir
auch das willknhrliche Verbot »irgend etwas
in Betracht zu ziehen, was nicht sinnlich zu
erkennen istcc anerkennen wollten, obgleich
es offenbar ja doch nie durchzufuhren ist, so
wurden wir dann wenigstens mit Recht da-
gcgen protestiren dürfen, wenn man ver-
ingte, dass wir jenes sinnlich zu Erken--
nende für die Ursache gelten Hessen. Wir
würden es dann auch ßlr besser halten, dass
— «2 —
man eingestehe and erklfire ^mberhanfi
«M wiMsen 194U die Ursache seLv Das
dann wenigstens das Yerfiihreo seil,
ches einer so strengen und exclasivai
pirie angemessener wfire, als das suwnt
wihnte. —
Doch wir wollen hiemit ansre Ai
tang^n, und weiter sollten sie Dichto
über die Pathologie des Schlagflnsses
sea, and zu dessen
Therapie,
aber tttir de» Anfalls selbst^ übergehen.
I
Der Schlagfluss, er sei welcher Aiti^
wolle, besteht, wenn nicht in einer S'S&f
»gation^ immer zunächst in einem Mi»
des eigentbümiichen Gchirnlebens. Es iR»
also bei der Behandlung darauf ankomiA
da das Fehlende hcr\ orziiirufcn . oder eU^
zu thuu . wodurch die Gehirnfunction exitf-
siv und intensiv vermehrt , gleichsam cos-
pletirt wird, mit einem Worte Mittel v/t
wenden, welche direct erregend, beleb*
auf die im Gehirn enthaltene animalisck
Nervenfaser einwirken. Das ist wenigst»
das Verfahren, welches a priori, d. h. w*
wir von allen speciellen Erfahrungen über 0
Behandlung des Schlagflnsses abstriluifl
als das zunächst nothwendige erscheiifl
muss — selbst dann, wenn die Veranlasset
wodurch der Nerv in jenen Zustand vernii"
derter oder aufgehobener LebensSussent
\
— 23 —
gerieth, also die Causa continens entstand,
noch vorhanden ist. Denn nichts berechtigt
uns anzunehmen, dass hier die Lebensäusse-
mngen mchl wieder eintreten könnten, wenn
das, welches ihr Aufhören veranlasste, noch
fortdauert; wir sind vielmehr gezwungen ein-
zuräumen, dass dies allerdings möglich sei.
Statt diese Behauptung weitläufig zu be-
gründen, brauchen wir nur auf die That-
aache hinzuweisen, dass gerade im Gebiete
des Nervensystems krankhafte Lebensäusse-
rungen oft genug verschwinden und wieder
zur Norm zurückkehren, während das sie ver-
anlassende Moment unverändert besteht, auf
die Periodicität der Nervenaffecte bei bleiben-
den organischen Zuständen — sogar der
Nerven selbst. Existirt aber die Veranlas-
sung nicht mehr, so versteht es sich von
adbst, dass wir nur ihre Wirkung, die eben
auch dann noch selbstständig sich erhalten
kann, oder die Causa continens zu berudfL-
aichtigen haben. Wir wollen uns zunächst
mit diesem letzteren Falle beschäftigen.
I. Also -— die Congestioh; die Stasis,
die Hyperaemie, die Materia peccans im Blute
oder in den Säften, die man vielleicht als
die Veranlassung des Schlagflusses ansehen
möchte, sind wieder verschwunden, oder
auch überhaupt gar nicht vorhanden gewe-
sen. Was ist nun geblieben, was ist hier
überhaupt vorhanden? Etwa der Zustand des
Nervs, in welchem er unvermögend ist sich
in seiner Integrität, in seinen normalen Le-
bensäusserungen, relativ-selbstständig zu er-
balten, der, wie wir für die Begel annahmen.
B^* - 24 —
den meisten Antheil .111 der Genesis derCu
cantiaeDs hat? A'^iclleicht fehlte aber an<i«|
War es nicht eine ungewö/inliche J
änMserting de» tJp/iirunerva , die hier «
lelbar tUe Canaa rotttinenn mtf tiek fäd
— eine Miiglichkeit . ttiti irir gar t)(>Ä( ■
berücksichltgl hahen , — «« konnte <
absolut zu ^ros^^e Stitnin^ in der Catii'lirilii
sein, obgleich wir diee allerdings nur r
AusDahme anerkannten. Aber wapjensrZi
stand auch vorhanden, ist er es nocti'! I
. i^t jetzt jrdenfiillR ein nnderer Zufttmi Jl
Nervs eingetreten, eben die Cnoi:«» contin»!
Dabei kann allerdings jenes l'nvpi
noch bestehen, aber es ist nicht ät>
noOtv>endig dies anzunehmen. Durei J
Verfinderting, welche der Nerv, in Polgf k
Unvermögens seine Integrität Eir bewabtl
erleidet, kann elipu jenes innngeliide Verai]
gen wiederhergestellt sein , also das Ven»
gen "Sich im normalen Lebenazustande li
orfaalten," was aber keines^ve^s gleich K
dem Vermi)gen »sich in diesen Lebenszasldl
wieder 7,u veiHetzen-. Jedenfalls «ürjeff
hier also /.unnchst darauf ankommen da
Versuch 7,w machenj die Cnnsa continens«
erst mal aufzuheben, den Nerv aBEucn
seine LebenaäuseeruDg wieder hervonsfoB
Indessen bei der WAl der Mittet sn diM
Zwecke wSrde es allerdings nidit cfail^
ffiltig sein, ab in dem vorhandcme» Zort^t
es Nervs das Unveraificen, aja dmm Lebo»
zastande , den wir wieder hervqrwun^n ■
eben, sich zn erhalteugu eiDgeschlosMB M
- oder nicht. Denn es giebt Mittet , wtM
wir die Lebensthätigkeit des Nem 0t
— 25 —
diiigs wieder liervorrofen können, die aber
za^eich- die Fähigkeit desselben, »sich in
normaler ThiUigkeit zu erhalten.« das, was
wir seine »Lebenskraft nennen, schwächen.
Wir würden also diese Mittel im ersteren
Falle gar niehtj oder nur sehr vorsichtig" an-
wenden dürfen, vielmehr vorzugsweis solche
Mittel wählen müssen, die eben diese Neben»
Wirkung nicht haben. Dies sind nan die ge-
wöhnlichen and bekannten Mittel, die fiber-
haapt excitirend auf die Nerven einwirken,
und die wir auf die peripherischen Nerven
einwirken lassen in der Hoffnung, dass sich
ihr Einflnss auf deren Centralfaden im Gehirn
fortsetze. Uass auch sie durch Anregung
einer zu grossen Thatigkeit den Nerv un-
mittelbar, oder mittelbar durch die Capillari-
tüt, in den Zustand jenes Unvermögens ver-
setzen können, ist im Allgemeinen nicht sa
bezweifeln, indessen hier wohl kaum zu
furchten, wo es schon schwer halt die Tha-
tigkeit überhaupt nur mal Avieder hervorzu-
rufen. Es sind dies die flüchtigen Nerven« '
erregenden Mittel zum üussern und innem
Gebraucli. die höheren iÜrade momentaner
Hilze und Kälte, dns Reiben und Bürsten,
um die Thatigkeit der Hautnerven Avieder zu
erregen, ein Verstärken der den übrigen Sin-
nesnerven adaequaten Reize, Riechmittel,
grelles Licht, scharfe, gellende Töne. Diese
letztern beiden Mittel, die den Gesichts- und
Gehör-Nerv erregenden, sind jedoch eben
nicht gebräurhiich , — es fragt sich indess,
ob mit Recht? Licht. Schall und Ton
sind jedenfalls sehr mächtige Reize für das
Gehirnieben. Hie .Mittel aber, die neben An-
— 27 —
teosiv vermindert sind, besonders za beach-
ten: Brechmittel^ AbfUhrungsmittel und na^
mentlich der Aderlas» erregen die wichHg-
sten Organe zur ThäUgkeit^ oder erwecken
wieder die wichtigsten Aeusserungen des or-
ganischen Lehens^ nnd — damit auch die
ursprünglich nnd am meisten verminderte
oder etwa völUg suspendirie Lebetksäusserung
des Gehirns, so weit dies überhaupt noch
mög;lich ist. Zu diesem Zwecke sind sie
im Gänsen wirksamer, als die meisten jener
direct und speciell auf das Nervensystem
wirkenden Mittel. Aber — sie vermindern
auch zugleich das Vermögen des Organs
sich in seiner Integrität zu erhalten, das Ver-
mögen 2ur dauernden, normalen Lebensfius-
serung; ob durch Ueberreizung, ob durch
das Ungewöhnliche, Eigenthümliche der Rei-
zung, oder durch die Reizentziehuag an sich,
mag dahin gestellt bleiben. Diese ihre Wir-
kung auf das Vermögen zur Lebensäusse-
rung, mögen wir es uns nun gleich denken
einem bestimmten, wenn auch nicht sinnlich
a&a erkennendem, doch jedenfalls materiellen
Zustande des Organs oder nicht, erstreckt
sich hier namentlich auf das Gehirn, auf das
Nervensystem seiner Capillargefässe, auf die
Gehirnnervenfaser selbst. Das ist eine That-
sache, die Avir hier nicht gegen die etwaige
ÜSinwendung, dass bei zu starker Erregung
die Reizentziehung doch den normalen Erre-
jgungszustand wiederherstelle, durch Yerhii«
tung der Ueberreizung dem Sinken des Le-
bensvermögens vorbeuge, dass sie nament-
lich hier durch vorläufige Erregung der Thä-
tigkeit oder durch Entfernung der Thätig-
— 29 —
Man kann dies Quantum bei blutreichen, sonst
starken Menschen indess gewiss noch etwaa
hiBher annehmen. Ein solcher kkin^ Ader-
lass gehört also im Grunde ku den mit jener
Gefahr nicht verbundenen Mitteln, ivelche
die Lebensäussernng des Gehirns wieder an-
regen , und zwar ist er von allen jenen Mit-
teln dasjenige, mit welchem man jenen Zweck
am schnellsten und sichersten erreicht, vor-
ausgesetzt, dass er überhaupt auf ;die Cir-
cnlation einwirkt, die stockende wieder ein-
leitet. — Wir hab^n es hier in jener Bezie-
hung also nur mit dem gewöhnlichen und
resp. starken Aderlasse zu thun, durch den
etwa zehn bis vier und zwanzig Unzen Bluts
rasch entzogen werden, und verstehn in un-
sern folgenden Erörterungen über diesen Ge-
Senstand nur einen solchen Aderlass unter
en Ausdrücken »BIntentziehung , Aderlass
u. s. w.cc — Es Avürde also hier, wo wir
nur den Zustand selbst, den wir Apoplexie
nennen, wenigstens keine materiellen ursäch-
lichen Momente zu berücksichtigen haben, von
wesentlicher Bedeutung sein zu wissen: ob,
was in der Regel der Fall ist, hier in der
Causa continens zugleich jenes Unvermögen
des Nervs eingeschlossen liegt, oder nicht.
Nothwendig würde aber auch in dem letzte-
ren Falle die Blutentziehung wohl nur sehr
selten sein, d. h. man würde auch ohne sie,
mit den direct erregenden Mitteln, oder mit
Jener kleinern Venaesection die Lebensäu-
sserungen der Gehimnerven wohl wieder her-
vorrufen, die Causa continens vorläufig be-
seitigen können.
30
II. Es bestebn neben der Causa coDb-
nens noch jene ursachlichen Momente imCi-
pillargebietc. Es ist hier also a priori dardi-
ans nicht zu behaupten, das» ohne ihre Eil-
femung auch die Causa continens nicht Ik-
seitigt werden könne, ebensowenig aber lod
dass sie nothwendig versehwinden miat
wenn nur jene Momente entfernt sind, fr,
weichung oder Verhfirtnng in der Geirni-;
Substanz, tuberculöse Massen und ihnEcke.
Organisations-Störungen sind bekanntlich fV i
nicht, oder, wenn es in einzelnen FAllen mögfiil|
sein sollte, doch nur sehr allmählig za \t*
seitigen. Nichts destowenijger wird der af»"
piektische Anfall, den sie veranlasst halie&
dennoch behandelt, und mit Recht, d. h. aa
sucht unmittelbar die Causa continens zu ent-
fernen. Der Fall ist da also hinsichtlich der-
Behandlung derselbe, wie die eben unter l
betrachteten; nur ist dabei wohl constantef
als dort in der Causa continens jene Ter»
minderuug des Selbsterhaltungsveruiögens eio-
geschlossen. Der Aderlass ist also uaueot*
lieh hier ein sehr gefährliches Mittel; habe?
aber jene Desorganisationen etwa nur mittel-
bar durch Stasis oder Entzündunir« die sk,
hervorriefen 5 oder die überhaupt sich ihDiii!
zugesellte, die Causa continens veranlasst»
so würde dadurch die Anwendung solcher.
Blutentleerungen, trotz der damit verbuD<l^
nen Gefahr, dennoch vielleicht zweckmässig;
sein, vorausgesetzt, dass hier die Stasis unl
Entzündung noch fortdauert, und es keiE
anderes Mittel zu ihrer Beseitigung gich
Aber fnr unhedingl zweckmässig und oolk'
wendig ^vürde man sie auch unter diesf
— 31 —
Voraassetzang wohl nickt erklären können;
denn das Unvermögen des Nervs kann dabei
ja so bedeutend, seine LebensArro/l so tief
gesunken sein, dass mit der grössten Wahr-
scheinlichkeit angenommen werden darf, die
Biutentziehung werde, wenn auch zunichst
die Lebensäusserung wieder erwecken und
jene Momente entfernen, doch die dem Nerv
immanente Möglichkeit nur Fortsetzung npr-
maier Thatigkeit vö2fi|g' aufheben — während
es auf der andern Seite doch auch möglich
ist, dass, trotz Fortbestehns der partiellen
Stasis oder Entzündung, die Causa continens
vorläufig verschwinden, d. h. die Lebensäus-
serung des Nervs wieder eintreten, und seine
Lebenskraft sich vermehren kann. Zm der
Zeit ist dann aber die Blutentleerung vte^
leicht mit weniger Gefahr verbunden^ ohne
das8 in Bezyg auf die Stasis oder Entziin-
düng deren Anwendung »u spät wäre. Es
wurde hier also darauf ankommen: genaa
den wahrscheinlichen Nachtheil gegen den
wahrscheinlichen Vortheil und die Grade der
verschiedenen Wahrscheinlichkeiten gegen
einander abzumessen. Dieselben Bedenken
können eintreten, dieselbe poinctilieuse Wahr-
scheinlichkeitsrechnung kann nothwendig wer-
den da, wo, ohne die erwähnten Desorgani-
sationen. Stasis und Hyperaemie, oder auch
Extravasat und Exsudat, kurz ein materiel-
les Moment vorhanden ist, was man aller-
dings raftch, Oller doch in kürzerer Zeit viel-
leicnt entfernen kann — mag es nun die
Causa continens veranlasst haben, oder, erst
durch sie hervorgerufen, sie seinerseits un-
terhalten. Auch da kann in der Causa con-
- 33 —
das leisten kann, was wir hier voraussete-
ten, d. h. ob die Beseitigung der Hyperae-
mie, des Exsudats die Folge seiner Anwen«
dung unter solchen Umständen sein wird?
Wir haben in dieser Beziehung Folgen*
des KU untersuchen:
1. Angenommen die Blutentziehung wirke
zunächst wirklich vermindernd auf die fchan
vorhandene Masse von Blut oder Serum, so
könnte sie doch indirect, durch ihre Neben-
wirkung auf die Lebenskraft des Geßai-
v^ie Gehirn -Nervs, den Ersatz des Entfern-
ten, fiberhaupt die Stasis, das AussehwÜMen
von Blut oder Serum befördern — insofern
diese nämlich von Anfang an die Folge ver--
minderter Nervenkraft waren, oder überhaupt
als deren Folge sich bilden können. Wir
worden dann also die Nebenwirkung jenes
Mittels nicht nur in Bezug auf die Realisi-
run^ der Hauptaufgabe, der gründlichen Be*-
seitigung der Causa continens, sondern auch
ganz speciell hinsichtlich der ihm hier ge-
stellten Aufgabe »jene die Causa continens
unterhaltenden Momente zu entfernen« beröck-
sichtigen müssen. Das müssen wir aber auch
in der That überall, avo ein tiefes Gesunken-
sein der Lebenskraft des Nervs mit dessen
Zustande der Unthätigkeit verbunden ist;
denn dass gerade dies jedenfalls zu den Mo-
menten gehört, die störend auf die betrefTende
Capillarität einwirken, die Stasis, Exsudat
a. s. w. veranlassen können, haben wir we-
nigstens als sehr wahrscheinlich angenom-
men. Es würde sich also noch sehr fra-
Jonrn. Bd. XCV. St. 6. 3
— 34 —
fen : ob jenes Miitel iuer auf iff m
leite nicht mehr schaden trtcrde, ob«*
der andern nützen kann?
2. Sind Avil* aber in der That
tigt auch nur mal deu einseitigtn
anzunehmen, ist es ausg^emacht, dii
Aderlass diredt vermindernd auf die or
vorhandene Masse von Blut oderSerU)i
bewegend auf das im Gehirn stockeikl
einwirke? Ist das ausgemacht? Kit'
niger wie das. Der theoretische \
dafür, namentlich die Ansicht, weide
in der Regel jener Voraussetzung kbbM
legt , hat wenigstens noch ihre sehr fd.
Bedenken; Thatsachen aber, die Unot
beweisend wären, giebt es nicht ^
man sie jedoch für beweisend gelteohf
so würde hier die Wirkung wenigstens»
anders zu erklären sein, nämlich dorck
Wiedererregung und Bethätigung des'
bensprocesses in weitester Ausdebiun^'i
und Serum kann natürlich nur resorbirt*^
den, stockendes Blut im Gehirn wii^'
Bewegung kommen, die Blutmasse dortt
verringern , wenn der Lebensprozess Ä
haupt bis zu einer gewissen AasdiM
und Intensität wieder in den Gang M
Insofern der Aderlass dies^ und wal
lieh in der schon angegebenen Weise«
wirkt, kann er awcA, also indirect,j««'J
wirken. Aber dass dieBlutentziehoDgi
die Congestion zum Gehirn anfhebe«
Ueberschuss an Blut abführe, und dainiti
das Extravasat, das Exsudat entfemCi ^
ches dann, wie das aus den Ufern ff^^
— 35 —
Wasser bei Verminderung der Wassermenge
des Flussbettes, wieder in die alte Bahn ku-
rocktreten, oder vom Gehirne, wie von ei-
nem entleerten Schwämme aufgesogen wer-
den soll, das ist eine Ansicht, die, wenig-
stens vom theoretischen Standpunkte ans,
manchen Zweifel erlaubt. Wird aus dem
Arme Blut gelassen, so wird damit doch nicht
die Masse des im Gehirn «tir Zeil enthalte^
nen Bluts positiv vermindert; denn die Arm-
Yene steht ja in gar keiner directen Yerbin-
dnnff mit den das Blut aus der Schädelhöle
«bfänrenden Gef£ssen. Es könnte höchstens
der EhiflusH des Bluls in den Arm dadurch
vermehrt, und damit der Zußtus des BUUb
«Mn Gehirn vermindert werden. Indessen
auch das geschieht doch in der That nicht:
ans der geöffneten Vene strömt nicht mehr
Blnt, als sonst durch die geschlossene. Es
ist in Bezug auf Gehalt und auf die Kraft,
mit der sie fortgetrieben wird, dieselbe Blnt-
0AuIe, die sonst in derselben Zeit, die hier
vom Aulegen der Compressious- Binde bis
xum Schluss der Ader vergeht, zum Hera&en
aufsteigt. ?iur die llicbtung ist verändert
Mehr Blut wird desshalb also nicht in den
Arm gelangen: das würde selbst dann nicht
f:e8chehen, wenn wirklich das im Arm vor-
andene Blut schneller und in grösserer
Hasse ausströmte: denn das Herz würde
desshalb keinen Tropfen Blut mehr in die
Axillaris schicken. Das ist es eben: das
Blnt strömt aus dem Herzen in die verschie-
denen Arterien ja nicht wie Wasser aus ei«
nem Reservoir, was sich dabei ganz passiv
verhilt, in verschiedene Röhren. Da wird
3*
— 37 —
I
ierien kommt, kann bei dem ^ringen Ver-
hältnisse des Minus (von ein, tidchstens zwei
Pfund) zur ganzen Blutmasse des Körpers
und bei dem Umfange und derCapacitflt des
arteriellen Systems, auf welches jenes Minus
verhältnissmfissig vertheilt wird, wohl nicht
sehr bedeutend sein, wenigstens wird es di-
reei wohl nichts Weseniliches im Blutstande
des Gehirns ändern , wenn die Hyperaemie
oder Stasis durch eine irgend beträchtliche
Yermindemng des Abflusses herbeigeführt
ist. Ich habe gesagt: das Blut ströme beim
Aderlässe nicht rascher ^ also auch in einer
gegebenen Zeit nicht mehr Blut^ aue-' and
resp. in den Arm, als sonst anch. Indessen
da habe ich mich wohl nicht ganz richtig
ausgedruckt, und will hier, um nicht missver-
atanden zu werden, noch besonders bemer-
ken, da99 der Vergleich nicht den BtuU
lauf im Arm^ wie er »an »ich^u sondern wie
er »im VerhäUniss zum Blutlauf im übrigen
Körperu vor und resp, bei dem Aderlasse ist^
betrifft. Das Blut strömt also durch den
Arm nicht relativ rascher, seine Schnellig-
keit und Menge bleibt stets in demselben Fer-
häUnisse zu der des Bluts in den übrigen
Theilen; aber positiv rascher strömt es al-
lerdings, wie wir ja denn auch bereits aner-
kannt haben, dass die Eröffnung irgend ei-
ner bedeutenden Vene den Blutlauf wieder
einleiten und resp. beschleunigen könne.
■
Uebrigens verweise ich auch in dieser
Beziehung nochmals auf StiegUt^'s Unter-
suchungen über die Congestion, überhaupt
auf das, was schon früher im ersten Artikel
— 3» —
! Gefahr verbrinden, sondern das zar Heilang
I darchaas nothwendige Mittel des apoplekti«
e sehen Anfalls sei; so werden seine grössten
. Anfafinger doch wenigstens zugeben mfissen,
dass er in sehr vielen Fällen nicht nothwen-
i digj wohl aber geffihrlich, nnd resp. absolut
I sehfidlich ist. Dann kommt aber für dieBe-
i handlang in Concreto doch Alles darauf an,
I eben jene Ffille in ihrer Eigenthumiichkeit
genau und sicher zu erkennen. Sind wir
I aber dazu im Stande? Untersuchen wir da-
I her in dieser Beziehung unsre
Diagnose des Schlagflasses
mal etwas nfiher.
Dass eine in der That vorhandene und
2war bedeutende Desorganisation in der
Schädelhöhle auch vor Eintritt der Apoplexie
nnd selbst, wenn man den betreffenden kran-
ken längere Zeit beobachten konnte, nicht
immer zu erkennen ist, oft gar keine Er-
scheinungen hervorbringt, die im Entfernte-
sten darauf , hindeuteten — ist bekannt.
Beweisstellen dafür aus den Schriften der
scharfsinnigsten, erfahrensten und glaubwflr-
digsten Aerzte sind schon frfiher angeföhrt
v^orden. Dagegen fand man sie auch da,
wo man mit Recht auf ihr Dasein glaubte
schliessen zu dürfen, oft genug — nicht
Jedenfalls ist es aber in den meisten Fällen
unmöglich die Art der Desorganisation mit
Sicherheit ZU bestimmen. Wie wird es nun
erst mit ihrer Diagnose während des Anfalls
I
— 40 —
«tchn , wenn man den lixaDken vorher «
der 8lsAr7.t behandelt, noch beobachtet, m
ihn Blieb überhaupt gar nicht geharnt
— etn Faüj der gerade beim Sehlaffi
aehr Itättfig einfrilll — Uod docb koE
sehr viel auf diese Diaguose .in. wal
sciir Entscheidung der für die Behandli
wichtigen Frnge dient : ob hier ein Gts
kensein, nnd ein wie tiefes, der Nervcnk
anzunehmen ist, oder nicht? Die Apopli
als weilere Folge von Desorganisationen
Gehirn (ritt aber ebenHowohl, wenn i
vielleicht nicht eben so häufig , unter
Form der sogenannten »languinea," ab
den Symptomen der 'mervo4ia« auf. 1
man behaupten, dass im ersteren Falle d
auch Congestion, Hyperaemie, Stasi« im
bim wirklich vorhanden, die BehanA
aUo auch iliexelbt! »e*, wj'e bei der »m
nea? Gewiss nicht Niemand wird da.
er eine jener langsam gebildeten Desorg
sationen, odei- auch nur einen bedeulei
Wassererguss annimmt, mit solcher Z*
aicht xur Ader lassen . so viel Bluf enb
als da, wo er weiss, daaa mtr HjpeM
oder Extravasat die Ursache ist Er aJ
also jedenfalls die Apoplexie, die er etm
einfache, reine sangninea oeanen möch^
jener complicirteo in concreto anterM^
können. Das kann er aber eben mciJ,
nigstens in »thr vielen FäÜen meMt
Stand der Lebensitro^ dra Gehirns, m
des Gehimnert», zu beortheilea — h
kommt, ohne alle Frage, sehr viM M
Behandlung des SchlagfliiaseB an, nanei
in Bezog auf die Anwendong and die fif
— 41 -
I
der anEQwendenden Blatentziehanff. Das
werden selbst die anbedingtesten Verehrer
der Yenaesection zugeben; aber sie behaup-
ten vielleicht, dass, wo Congestion and Hy-
peraemie vorhanden, die. Lebenskraft eben
nichi bis zu jenem bedenklichen Grade ge-
sunken sei, wo man die Wirkung des Ader-
lasses in dieser Beziehung zu ffirchten habe,
oder dass sie sich gerade durch die Entfer-
nung des Blutdrucks wieder heben müeee*
Indessen das ist eine Ansicht, die sich, theo-
retisch wenigstens, durchaus nicht rechtfer-
tigen Ifisst, und zum Thcil auch wohl ans
dem Nicht-Unterscheiden zwischen »Thfitig-
keit« und dem »Vermögen zur dauernden
Thatigkeit,« wie dem »der Stärke nach ver-
schiedenen Vermögen ,« oder auch aus dem
missverstandenen, ralsch angewendeten Grund-
satze »cessante causa, cessat effectus« her-
vorgegangen ist. Das Unvermögen stir
dauernden Thatigkeit schliesst die H&Hg-
keii überhaupt nicht aus, die gesammteThft-
tigkeit kann wieder erweckt werden, ohne,
dass damit der Zustand des Nervs wieder-
hergestellt wurde , durch den , oder in dem
er zur dauernden oder vollkommenen Thatig-
keit fähig ist, und UnthStigkeit wie Unver-
mögen können fortbestehn. wenn auch das
sie veranlassende Moment entfernt ist. Dass
aber auch bei dem durch Hyperaemie und
Extravasat veranlassten oder unterhaltenen
Schlaffflusse — und von der Möglichkeit, dass
die Hyperaemie oder das Extravasat hier
gar nicht in solcher Beziehung zu ihmstehe
und nur Wirkung sei, wollen wir ganz
abstrahiren — dass auch in solchem Falle
— 43 —
Nicht -Torhandensein der hier in Betracht
kommenden Anomalien des Blatatandes im
Gehirn, aber nicht aaf deren Charakter als
Ursache oder Wirknng ' bezieht, im Allgemei-
nen von Werth sind ; indesseil so viel werth,
als man gewöhnlich glaubt, sind sie doch
nieht. Aach die sichersten sind doch nichts
weniger als vnbedingt sicher. Betrachten
wir sie mal etwas näher:
Die UebmJiUbmg und daM Klopfen der
äusaern Gejasse der« Xopfes, die Röihe
und die Anschwellung des GeaiekU — was
beweisen sie? Dass die klopfenden Geflsse
mehr Blat und es schneller als sonst fflhren,
dass hier auch die innem GefSsse, die des
Gehimsj mit Blut überfBllt sein müesenj ist,
wie wir schon fräher erwähnt haben, eine
subjectiv wenigstens unrichtige Behaoptang.
Nichts destoweniger könnte dies Yerhältniss
dennoch ein thatsächliches sein. Indessen
aas ansern frfihern Untersuchungen geht her-
vor, dass sich das durch directe Beobachtan-
gen nicht leicht entscheiden, wohl aber man-
ches Bedenken Ja^egen erheben lässt. Man
hat in der That unter solchen Umständen oft
Senng eine Blutuberfüllung des Gehirns in
er Leiche nicht gefunden, x. B. bei Erhäng-
ten; Röthe des Gesichts aber auch nach
grossem Blutverluste beobachtet.
Heftiges Pulsiren der Carotiden und
des Herzens^ zuweilen auch Unregelmässig-'
keit im /lerzschlage und Pulse ^ ein harter ^
heftig gegen den Finger anschlagender^
selbst ein starker, sogar ein voller Puls kam
— 45 —
huBg der angestellten Experimente durch,
und, wenn man dennoch bei jener Behaup-
tung bleibt, 80 bedenke man wenigstens,
dass Aerzte, deren diagnostischen Tact man
dem eignen gewiss gleichstellen wird, die'
täuschende Aehnlichkeit jener Zustände mit
Con^estion . zum Kopfe und den darans ab-
geleiteten Erscheinungen, namentlich mit der
Apoplexie, ganz bestimmt behaupten. So
safft, wie Marshall Hall 1. c. S. 28. 29. an-
fünrt, auch Andral in seinem Pr^cis d'Ana-
tomie patholo||^. T. L P. 81. — »la respira-
tion est difficile comme dans les cas de eon-
gestion pulmonaire.«
T. IL P. 769. » — od les symptomes
semblaient annoncer an ötat d^irritation da
cerveau, et ou Ton n^eai paa peu etonni de
trouver^ au contraire^ cet organe cPtme pd^
leur remarywAleM
T. I. P. 46. (die Lungen sind:) »comme
ils le sont chez les animaux, dont les nerfs
pneumogasiriques ont ii6 coup^, ou eheta
les individues frappe» d^apoplexie.^
Indessen man giebt vielleicht zu, dass
jenen Erscheinungen nicht ausschliesslich
CoQgestion und Hyperaemie zum Grunde
'i^g^9 glaubt aber doch die gewöhnliche
Diagnose dieser Zustande dadurch gerettet,
dass wenigstens ausser ihnen nur eine ent-
schiedene und zwar durch positiven Blutver-
lust herbeigeführte Anaemie jene Symptome
bedingen könne, diese Ursache aber doch
immer offen voriiege. — Ist jedoch nur erst
m
\9
in kiiuMB,^ 4aM>«te Hik ikini h
MlhwittdiipMi; jOmmmA^
'JiriHh wie An» mcdi iui|g«lc49fcrt
«ttermheiL Di»
latbr^Mw kann udk^äkUm
Mtefi CTWsMpfaaJor Jfai
«Mlaniar Diartioeta^ MMil
4MNI \w##€a)^ iBCBwni ascB hr
CÜ«reroiMfiie) , ein Zastaajl
'^mi dem Coma, wetehea
iltglliiteti schwer ao aateMdMdtai
^ber^tiraM hier ÜmfcaMi rwan id
ItoUuit mit A|N>|ilesi6^ die Rede ist,
jeae in den Handbüchern 80 g^eiiaa m
stimmt bezeichnete Form, die ntaii dtai
venschlag« nennt, wenigstens nicht sie
gemeint sein kann, geht aus den aagögch
aen Erscheinungen aor Genüge hcra
Mmrcramiie bemerkt zwar, daaa dieser '
stand der »Apopleida e« immiikfme^ im
teretf Schriftsteller zu entsprechen
indessen ob deren Etscheinongen ao
mit den angenommenen Symptomen der
voemii übereinstimmen 9 Jeoeafalla Mhfl^
aosdräcklicb an, dass der Puls dabei
km sogar ziemlich stark Isi« Daa
war ims^ und znsammMgefalleii.
Ptäß noch ziemlich Xn«/%. CMet
Umständen l&sst man a!ber attidi 4§H
mid zasammengefalleae GeatAte^ la
tk einen Gefenbeweis 4^
— 47 —
Gehirns geltea. Ich erinnere mich wenige
stens aus meinen tJniversitStsjahren , daas
dies beim Hydrocephalus acat. im Conge-
stions- Stadium grade als ein Zeichen ange-
geben wurde, daas das Blut vorsimgwwMe
nach Inneuj zum Gehirn ströme^ die Ilyper-
aemie dort besonders stark sei. Und aller-
dings ist diese Ansicht auch ^rade ebenso
wahrscheinlich, als die, dass ein geröthetes
Gesicht eine Blutuberfüllung des Gehirns an-
zeige. Die psychischen mit Aufregung ver-
bundenen Affecte kann man hingegen niehi
anfuhren. Im Gegen theil findet bei ihnen
wirklich Congestion zum Gehirn statt, so ist
das Gesicht doch gerade dann blass^ wenn
sie am heftigsten sind. — Doch wir können
uns hier ganz einfach auf die Thatsache be-
rufen, dass man oft genug da^ wo man eine
Apoplexia satigiänea vor sich zu haben
glaubte, und nach allen äussern gegenwärti-
gen und vorhergegangenen Erscheinungen
eine Blutuberfüllung des Gehirns voraus-
setzte, diese doch in der That nicht in der
Leiche gefunden hat — ebenso wie auch eine
Tiuschung in entgegengesetzter Weise nicht
selten vorgekommen ist. Wir haben dies
schon früher, wo wir es zu andern Zwecken
berücksichtigten, erwähnt und mit Citaten
belegt, (s. ersten Artikel).
Was nun aber besonders das Extravasat
anbetrifft, worauf man ja jetzt den Begriff
der »Apoplexia saneuineacc fast beschränkt,
so hat man auch nicnt selten die als charak-
teristische Zeichen desselben angenomme-
nen Symptome beobachtet, ohne nachher in
— 49 —
UnvermifgeHy die Lebevisschwäche des Ge-«
hirns, als Etwas, welches neben dem Extra-
vasate oder der Hyperaemie , aaeh ohne da-
durch bedingt zn sein, bestehn kann.
Werfen wir nun einen Blick sarfick auf
nnsre bisherigen Erortemngen , am daraus
ein Resultat für die Praxis zu ziehen, so
wurde dies etwa in folgendem kurz motivir*
tem Endurtheile bestehen: Da
1) Anomalien im Gefäss- und Capillar-
systeme, im Parenchyme des Gehirns, kei-
neswegs immer in den Leichen Apoplekti-
scher gefunden werden;
2) wenn sie gefunden werden, es doch
von manchen sehr zweifelhaft ist : ob sie nicht
in der Leiche, oder im Sterben — als Wir-
kung 'des Aufhörens der Gehirnfunction,
oder doch erst nu£ diesem Aufhören entstan-
den sind, von andern: ob sie, wenn auch
schon lange vor Eintritt des Schla^flusses
vorhanden, zum Anfalle selbst in unmittelbar
rer oder überhaupt nur in näherer Causalbe-
ziehung gestanden haben;
3) auch dann, wenn solche Anomalien
wirklich als veranlassende Momente der
Apoplexie anzunehmen sind, doch nicht mit
Bestimmtheit behauptet werden darf, dass
dieae mit ihrer Entfernung verschwinden
müBse^ und ohne ihre Entfernung nicht ver-
schwinden könne]
Jonrn. Bd. XCV. St. 6. 4
— 51 —
7) es ausserdem sehr zweifelhaft ist:
ob dies Verfahren äberhanpt nar mal jene
Anomalien direet entfernen kann, und wenn
es sie indireet entfernt, ob dies in andrer
Weise and sicherer j^eschieht , als es jene
Mittel aach vermögen, die dabei die Lebens-
kraß nicht. schwächen;
8) femer, auch wenn man die Beseitig
gung jener Anomalien für weit wichtiger,
und die BbUemUdehung nameiUUeh fiir weit
wirksamer zu diesem Zwecke und zur Hei-
lung der Apoplexie äberhaupt halten wollte,
als beides nach dem Bisherigen anzunehmen
ist, — es doch unmöglich ist die Gegenwart
jener Anomalien, deren Entfernung hier äber-
all in Betracht kommen kann, im Ijeben mU
Sicherheit zu eriiennen, vielmehr die Zei-
chen, welche ihre Gegenwart anzeigen sol-
len, nicht etwa nur in seltnen Fällen täu«-
schen, sondern überall ungewiss sind, wäh-
rend man in jedem Falle mit weit grösserer
Sicherheit auf ein Gesunkensein auch der
Lebenskraft der Gehirnnerven schliessen
darf;
%
so folfft hieraus in Bezug auf die Blut-
entziehung während des apoplektischen
Anfalls, so weit dies im Voraus be-
stimmt werden kann, und vorbehalt-
lich der RA^hte der unmittelbaren the-
rapeutischen Erfahrung: dass bei der
Behandlung eines jeden apoplektischen
Anfalls zwar die Venaesection mit
geringem Blutverluste ein sehr wirk-
sames und zweckmässiges Mittel, die
4*
— Ä« -
starke Bluteatziehang jedoch
wenn auch den Umständen nach mcir
oder weniger — gejährlich ist, oai
eine Behandlung, die sich afi^mni.
lind varzvg8U>ei.s auf starke, enticli^
dende Blutentxiehuttgen «tiUxte^ dardn^
aus nicht zu rechtfertigen sein wönki
Indessen, wie gesagt, der Eotscheidniig dn|
therapeutischen Erfahrung soll hiemit in ko-
ner VVeise vorgegriffen werden ; denn stinif.
anch die Praxis in gradeiu Widerspmcb,
mit dieser oder jeder aadero Theorie, köntt
aber thatsüchlich beweisen , dass durch i'.
Büttel, welche sie anwendet, oder «elhui ml
' unter deren Anwendung, die Hetlang k'
Apoplexie häufiger und vollständiger erfolpj
als sie noch onter irgend einer andern fr'
handlung erfolgt sei — sie würde ojfaJic
trotz aller Theorie gerechtfertigt «etil.
Welches hier aber die herrschende Pn»:
ist, in welchem Verhäitniss sie zu der bie:
aufgestellten Theorie nnd — %m <]er li"*'
peutiacben Erfahrung steht , das werde ii.
vielleicht später einmal darzustellen Versuchs
>
Hf;
IJ.
Medicinisch - topographische
Verhältnisse
der
8 t a d t 8 t e t t i n.
Von
Dr. E. H. MSaUr,
KOnigl, Kreispbysieus u, prall. Ant zu Stettin.
Die nachfolgenden Mittheilnngen sind nur Auszüge
und f^leichsam Proben -aus einem grOssern Cranzen, das
der Herr Veriasser unter dem Titel : «Bntwurf einer me-
dicinisch - topographischen Skizze der Stadt Stettin** be-
reits rollständig ausgearbeitet hat und später besonders
herauszugeben gedenkt. Wir haben uns bei der Aus-
wahl nur auf dasjenige beschränken zu mttssen geglaubt^
was Yon mehr allgemeinem Interesse und dem Zwecke
dieses Journals am entsprechendsten zu sein schien, wo-
bei wir nur bedauern, dass wir namentlich die über die
lUilitair-, und über die BevOlkerungs , Vitalitäts- und
MortalitätsrerhäUnisse handelnden Capitel, und die zahl-
reichen tabellarischen Zusammenstellungen nicht haben
aufnehmen kOnnen, da sie wegen ihrer grossen Ausdeh-
nung den dem Journale für solche Gegenstände zuge-
messenen Raum unverhältnissmässig überschritten haben
würden. d. H.
— 55 —
oder neben fraehtbaren Wiesen (Bruch ge-
nannt) fortsetzt; and nur bei hohem Wasser-
stande, gewöhnlich im Frühjahre, seltner im
Herbste, äberschwemmt er diese Wiesen fast
ginzlidi and bildet eine weite, bis an die
beiden eigentlichen Flussafer reichende, Was-
serflSche.
In Pommern erheben sich zwar die Ufer
stellenweise wieder nnter der Form vonHfi-
gelketten, aber die Beschaffenheit des Oder-
thales bleibt dieselbe.
In der Nahe der Stadt Garz theilt sich
der Strom in zwei Hauptarme, welche pa-
rallel mit einander fortlaufen: die Oder west-
lich und die grosse Regelil» oder der ZoU'
sirom ostlich. Der erstere Arm ist es, wel-
cher Stettin durchschneidet, nachdem er ober-
halb dei^ Stadt ge^en Sfiden einen Neben-
arm, die Pamitz abgegeben hat, welche in
Form eines Bogens den am rechten Oder-
ufer belegenen Stadttheil zur Hälfte umgiebt.
Nachdem der Hauptstrom die Stadt durch-
schnitten, giebt er abermals einen Arm an
seiher rechten Seite ab, den Dunzig, welcher
ebenfalls den am rechten Oderufer belege-
nen Theil der Stadt theilweise einschliesst.
Beide Nebenarme ergiessen sich nach
kurzem Laufe nebst der Re^elitz und ande-
ren kleineren Seitenströmen m ein gemeinsa-
mes Wasserbassin, der Dammeche See ge-
nannt, welcher zwei Meilen lang und eine
— 57 —
Muschelkalk, und reich mit Phosphoreiseii ge-
mischt ist.
In Betreff der nächsten Umgebongen
ergiebt sich dieselbe spedflsch verschiedene
Beschaffenheit des Bodens an beiden Seiten.
Die Landseite oder das linke Odemfer ist
ein bergiges Terrain , das durch Fruchtbar-
keit des Bodens vortheilhaft sich auszeich-
nend mit Fddfrächten ^bebaut ist und nach
Nord -Westen albnählig sich abdachend auf
weniger ergiebigem Boden kleinere Nadel-
holzwaldongen zeigt. Die Wasserseite wird
durch das erwähnte Oderthal repräsentirt,
welches fast eine Meile breit, vielfaltig vim
Strömen und Gräben durchscfaiiitten und stel*
lenweise mit Eisengebfischen bewachsen, aus
Wiesen besteht, die während des im Frflh«
jähre steigenden Standes der Oder fast
gftozlich überschwemmt zu werden pflegen
und durch einen nach der, Stettin gegen-
über liegenden, Stadt Damm fuhrenden Damm
(die Strasse nach Hinterpommern} durch-
schnitten wird. Die Lastadie liegt äbrigens
so hoch, dass sie durch die Oderüberschwem-
raungen höchst selten erreicht wird.
Aus dem verschiedenen Verhalten der
durch die Oder getrennten Stadttheile ergiebt
sich ferner, dass nur die auf dem linken
Ufer befindlichen Theile im Besitze von
Quellwasser sind, und zwar hat dieses fiber-
all einen guten Geschmack, ein völlig kla-
res Ansehen, ist geruchlos, hat eine Tempe-
ratur von 6—7 — 8° R. je nach der Jahres-
zeit und giebt nach deui Verdunsten drei
viel mcphitiscIieB Gfß"tnSÜ
phospfaorsaures Eisenoxyd I
gel freier Kolileosäure entbij
noBse ganz untnuglicti ist.
Ausser dem Trinkwassi
Altstadt reichlich aas dcD
miltelH einer Menge Öffentlic
Brunnen (von welchen besoi
brunnen enorme IFassermengc
wurde eiiemfiU ein Theil d
markt) durch eine Wnam
Quellen sich auf den nordn
Meile von der Stadt lielegei
finden , mit Trinkwasser v
Wasserleitung ist wühreod
lagerung /.erstört worden, lu
Trinkwssser iibzuschneidea.
beabsichtigt der Staat ihre
lg und hat bereits die-U
lassen. ^|
— 59 —
selben zum Kochen« Eine wesentliche Ver-
onreini^ng des Flosswassers durch die Ab-
zugskanäle der Stadt kann bei der Breite
des Stromes von 406Fiiss nicht statt finden.
Von dem Klima und der Wittemngs-
Constitution.
Die klimatischen und Witternngsverhält-
nisse Stettins scheinen ausser der geogra-*
phischen Lage hauptsächlich durch die ge-
ringe Höhe über der Meeresfläche, die ver-
hältnissmässig flache Umgegend und die Aus-
breitung des Oderbettes mit seinen Strom-
verzweigungen, tief lieeenden Wiesen und
fast alljährlichen Ueberscbwemmnneen, weni-
ger durch die Nähe der Ostsee bedingt zu
werden.
Sie charakterisiren sieh durch einen Grad
mittlerer Temperatur^ den man eher kalt als
warm nennen kann, durch grosse Diffierenz
der mittlem Temperatur der einzelnen Jahre
(in den letzten sechs Jahren differiirt siezwi-
iBchen 61 und 8^^ R.), durch Vorherrschen
nasser Witterung, starker Nebel und rauher
Winde und durch häufigen und jähen Wech-
sel der Temperatur und der Witterung.
Das Fräbjahr pflegt im April zu begin-
nen und unter sehr wechselnder, Jedoch vor-
herrschend rauher, nasser und stürmischer
— 61 —
Regen, Schnee, selten anhaltenden Frost
Die Temperatur ist so gering, dass die Zim-
mer gewöhnlich schon im October geheizt
werden mässen.
Der Winter stellt sich selten im Decem-
bar, gewöhnlich mit dem Anfange Janaars
ein und wfihrt bis in den Mfirz oder wohl
den ganzen BIfirz hindoreh. Auch seine Er-
scheinungen sind höchst wandelbar. Frost
wechselt mit Thauwetter, Schnee mit Regen.
Selten ist der Frost so beständig, dass den
ganzen Winter hindurch die Gewfisser mit
einer festen Eisdecke belegt sind. Ebenso
selten ist der Erdboden wfihrend des ganzen
Winters mit Schnee bedeckt. Ausnahms-
weise währt in einzelnen Jahren die nasse
stürmische Witterung der Herbstmonate den
Winter hindurch.
Die Mengen des Regens und des Schnee's
sind in den einzelnen Jahren höchst ver-
schieden, in der Regel aber die Quantität
der wissrigen Niederschläge überhaupt an-
sehnlich. Der Schnee fallt eben so oft mit
Regen gemischt, als in festerer Form, hat
aber in der Regel nicht lange Bestand auf
dem Erdboden. Der häufigen Nebel ist schon
gedacht worden.
Während des Sommers pflegen die Nächte
reich an Thau zu sein. Die letzte Form der
nassen Niederschläge endlich, der Hagel, er-
scheint in den einzelnen Jahren bald häufiger,
bald seltner, gewöhnlich in Begleitung von
Gewitterregen.
— 63 —
i Brust entziehn, um für Ammenlohn den
iinden Säugling zu eruäbren.
Die weitere körperliehe und geistige Er-
^hung geschieht nach Verschiedenheit der
ände den Ansprüchen der Zeit gemäss,
ohlgefälli^ bemerkt muss dabei werden,
SS die hiesigen Unterrichtsanstalten nicht
rch übermässiges Antreiben zu geistigem
rtschritte dem physischen Gedeihen ihrer
Clinge Abbruch thun, dass neben den An-
tten für inteilectuelle Ausbildung schon seit
3r Reihe von Jahren eine Turn- und eine
i/wimm - Anstalt existiren, und dass der
reod Müsse genug bleibt, diese Anstalten
Cultur ihrer Leibeskräfte fleissig zu be-
Ben.
Für den höheren: wissenschaftlichen Un«
Icht der männlichen Jugend dienen das
3[inasium und die höhere Bürgerschule.
Ersteres, unter gemeinsamem Patronate
Königl. Marienstifts -Curatorii und des
^strates, im Besitze einer Bibliothek und
<rer wissenschaftlicher Sammlungen, be-
<t sich in einem neu erbauten, schönen,
Aumigen Gebäude, mit hellen, zweckmäs-
^n Unterrichtszimmern, deren Heizung
^er mittels erwärmter Luft geschieht, aber
^n 'der bekannten Nachtheile dieser Hei-
^ der Erwärmung durch Oefen Platz ma-
m soll.
Die höhere Bürgerschule ist seit weni-
^ Jahren durch den hiesigen Magistrat
^^ _ 64 -
ebeufalls in einem neuen, anf emessenen
hanse errichtet worden una erfreut «
das Gymuasiiim ailg^emeinen Vertrana
Änsserdem existiren eine grosse,
anderer theils öffentlicher, Iheils Privat'
anstsiten sowohl für Kuabeu, als f3r
cheii. Bei der steigjenden BevölkerB
Stadt sind manche derselben, besonA
für die unteren Stände, so tiberfüllt, it
eine grössere Ilaiifflliclikeit dringend
sehen lassen.
Als Biidungs -Anstalten für ba
Zwecke und für die vorgerücktere J
sind die Navigationsschnle und das
lehrer-Semioar, mit welchem eine
richts-Anstalt für Taubstumme verband
zu Deanen.
la den unteren Klassen trifft die
sische Erziehung ein grosser Vorwor
gen der frühzeitigen GewöhnuDg der 1
an den Genuss des Branntweins'
Ein anderer Uebelatand für die A
dieser Klassen ist ihre nur zu häafi^i
femessene Verwendung für den bdr^
irwerb. Ohne Rücksicht auf Alter aai
stitQtion werden Kinder bei Handwerk!
die Lehre gegeben, d^en Gewerbe >
körperliche Anstrengung erfordert (beiSi
den Q. dergl.), und man gewahrt ofti
erst den \achtheil, wenn er nichli
abzuwenden ist.
— 65 —
Die Beschäftigung von Kindern in Fa-
briken ist verbfiltnissmSssig seltener^ weil
äberhaupt nicht viele Fabrik -Anlagen exi-
stiren.
Von den Nahrangsmittela und Getränken.
Die Nahrungsmittel, welche wir auf
der Tafel der wohlhabenderen und gebilde-
ten Stände antreffen, geben zu besonderen
Bemerkungen nicht Veranlassung.
Bei den niederen Ständen vertritt je
tiefer herab, desto mehr der Branntwein die
Stelle des Corrigens der hauptsächlich ve-
Setabilischen (Kartoffeln und Brot) Kost
ur bei dem weiblichen Geschlechte behauptet
der sogenannte Caffee — eigentlich Cicho-
rien- und Syrup- Abkochung — noch den
Vorrang.
Unter allen Nahrungsmitteln ist der
Quantität des Verbrauches nach das Brot
das erste. Es wird aus Weitzen und aus
Roggen bereitet und findet sich in der Rege!
gut ausgebacken. Die alljährlich consomirte
Menge des Getreides und der daraus berei-
teten Fabrikate ergiebt sich aus den Mahl-
steuer - Listen der Königlichen Steuerver-
waltung, in welchen sich aus den Jahrgän-
gen 1837 bis 1841 folgende »Resultate der
Mahlsteuer« verzeichnet finden:
Jouni« Bd.XCV. SL 6. 5
lA .ll.ll.
— 67 —
Nächst dem Brote werden in grosser
Menge die Kartoffeln, dann die übrigen
Gemdse (Erbsen, Kohlarten, Linsen, Bohnen,
Rfiben u. s. w.) genossen.
Diese vegetabilischen Nahrungsmittel wer->
den, so wie Milch, Butter und Eier, durch die
Landleute der Umgegend zur Stadt gebracht
und auf den Märkten zum Verkaufe ausge-
stellt, die frühzeitigen Kartoffeln jedoch erst
dann, wenn sie durch den Physicus ffir rei^
und unschfidlich erkannt worden sind.
Geringer als der Verbrauch der Vege-
tabilien ist der des Fleisches, welches zum
grössten Theile* von den hiesigen Fleischern
geliefert, zum geringeren Theile von Schlfich-
tem benachbarter Urte zu Markte gebracht
wird.
Die hiesigen Fleischer schlachten das
kleinere Vieh gewöhnlich in ihren Wohnnn-
gcn, das grössere in dem an dem rechten
'dernfer im untern Theile der Lastadie be-
legenen Schlachthause. Es wäre aber recht
sehr zu wünschen, dass nur an letzterem
Orte geschlachtet werden durfte, weil die
Beaufsichtigung des Fleisches dadurch er-
leichtert, und übler Geruch, Unreinlichkeit
und unangenehmer Lfirm in den Wohnungen
dadurch vermieden werden würde. Eine oe-
sondere Controle der Beschaffenheit des
Fleisches ist übrigens gesetzlich nicht an-
geordnet, doch fehlt es nicht an polizeilicher
Aufsicht des Fleischhandels auf den Markten.
Das alljährlich verbrauchte Quantum des
Fleisches von Schlachtvieh ergiebt sich aus
den Steuerlisten der Jahre 1837 bis 1841
folgendermassen :
— 6» —
Ausser diesem Fleische geniesst man
Gcflägel und Wildprett.
Geringer ist der Verbrauch der Fische.
Flussfische werden zwar in grosser Menge
hier gefangen, aber auch in nicht viel ge-
ringerer von Berliner Fischhändlern aufge-»
kauft. Es sind hauptsächlich Hechte, Bar-
sche, Aale, Lachse, Plötze und Schleien.
Seefische werden selten genossen, mit
Ausnahme der Häringe , welche eiugesalzen
in grosser Menge von allen Ständen consu-
mirt, und auch frisch gefangen im ungesal-
zenen Znstande als Lieblingsspeise vom
Volke genossen werden.
An den Verbrauch der Fische schliessen
sich aus den niederen Thierklassen die Krebse,
welche ziemlich häufig zur Nahrung dienen,
und die Austern, die wir zu den seltenen
Delikatessen zählen.
Endlich ist des Salzes, das in dem
Preussischen Staate zu den Regalien gehört
und in schöner Qualität geliefert wird, und
der durch den Seehandel direct bezogenen
aussereuropäischen Material waaren , deren
Beaufsichtigung dem Stadt -Physikus obliegt,
zu gedenken.
Zu den künstlichen Getränken gehören
hauptsächlich Wein, Bier und Brantwein.
Der Wein wird grösstentheils aus Frank-
reich bezogen und wenn auch nicht immer
— 71 —
dep mehrentheils.Brantweio geschenkt wird,
so mag das Verhältniss der Sch&nken znr
Anzahl der Privathäuser (1718 im J. 1840)
sich auch nicht viel erfreulicher iitellen, als
in Berlin im Jahre 1822^ wo sich nach Cm-
per *) schon fast im vierten Hanse ein Brant-
weinschänk befand.
Von den Badeanstalten.
Es extstiren in Stettin zwei Badeanstal-
ten, welche sowohl warme Bäder aller Art,
Russische Dampfbäder als auch kalte Fluss-
und Douchebider liefern und zweckmässige
Einrichtung mit äusserer Eleganz verbinden,
und eine Schwimmanstalt, welche in der
Pamitz in der bekannten Art der Pfnelschen
Anstalten von der hiesigen Königlichen Pio-
nierabtheilung eingerichtet ist und Theilneh-
mer des CivU- und Militärstandes zulässt
Ausser den Badeanstalten wird während
der wärmeren Jahreszeit die Oder fleissig
zum kalten Bade benutzt. Ueberhaupt aber
kommt die diätetische Benutzung der Bäder,
vor allen der kalten, immer mehr bei uns in
Aufnahme.
*) BeiirSge zur medicinischen Staiistik*
Berlin 1825.
— 73 —
•
Den Regierengen sind wiederam als
Medicinalbeamte für die einzelnen landrSth*
lieben Kreise die Königlichen Kreis -Physi-
ker, Kreis- Chirurgen nnd Kreis -Thierirzte,
deren Wirkungskreis sowohl administrativ^
als Wissenschaf tlidier Art ist, untergeordnet.
Stettin ist der Sitz des Medicinal-Col-
legii der Provinz Pommern sowohl als der
Regierung des Stettiner Regierungsbeziriies.
Ausser den bei diesen Behörden fungi-
renden Aerzten sind als Beamte im König-
lichen Dienste zwei Physiker und zwei Kreis-
Chirurgen in Stettin angestellt; der Eine
der Physiker und der Eine der Chirargen
für den Stettiner Stadtkreis, und der An-
dere dieser beiden Kategorien für den Ran-
dower Kreis, welcher die Landschaft um
Stettin in sich begreift.
Die Zahl der praktischeti Aer%te^ welche
in den letzteren Jahren bedeutend zugenom-
men, belauft sich gegenwärtig auf neun und
zwanzig, von denen: im Königlichen Civil-
dienst: einer als Regierungs - Medicinalrath,
zwei als Medicinalräthe, einer als Medicinal'»
Assessor und Hebammenlehrer, zwei als
Physiker, einer als Hebammenlehrer; — im
Königlichen Militärdienst: einer als General-
Arzt des Armee Corps, zwei als Regiments-
ärzte, einer als Garnisonstabsarzt, einer als
Bataillonsarzt; — in der Kommunal -Ver-
waltung : drei als Armenärzte, zwei als Lei-
chenschauärzte, denen die Besichtigung einer
I
— 74 —
jeden Lciclie vor der Beerdi^ing oUicf
HDgestclIt SiDlI.
Die Zahl der tVuntliirzfe beläuft ad
auf neun, worunter drei Wundärzte «w
Klasse, uad von denen im Königlicka b-
vildtenst 7.wei als Kreis-Chtnirgeu, im &
niglichen Afilttärdienst einer als Dataills»
BTY.t, in der Kommunal - Verwaltung; ene
als Armen -Wundarzt angestellt sind. j
Die Aerzte 8ind ineißtcntlieils zum
Wundärzte und tieburtsheirer; die Wm
irzte zum Theil zugleich Geburtshelfer. I
Die Zahl der Zahnärzte belauft ll
auf fünf, von denen zwei zugleich Wal
ürzte sind. I
Die Zahl der TUierärzte beträgt 9ii
von denen Einer als Departementsthiera
Veterinär -Assessor des Medicinal - GA]
und Kreisthierarzt fiir den Stadt- und"
dower Kreis augestellt iet.
Die Zahl der Jiehammen beträgt l
zig. Ausserdem sind in dem benarhbifl
Dürfe Grabow: ein Wundarzt erster Kl«
nnd zwei Hebammen ansässig.
An Apotheken existiren gegenwl
vier in der Altstadt Stettin und eine anfi
Lastadie, in Summa fünf, denen noch i
sechste in Grabow befindliche zuzuzähloi
Sie slchn unter spezieller Aufsicht desB
ei^os des ^tettiner Stadtkiceises und ws'
— 75 —
wie alle Apotheken des Preussischen Staa-
tes, alle drei Jahre darch Kommissarieii der
vorgesetzten Regierang ordentlich visitirt.
Die Apotheken der Altstadt sind simmt-
lich privilegirt; die der Lastadie und za
Grabe w sind concessionirt; sie betreiben nur
Medidnal - GeschAfte ; ihre Besitzer stehen
ihnen persönlich vor und sind mit Ausnahme
des Besitzers der Pelikan -Apotheke, welcher
als Medicinai- Assessor fangirt, anderweitig
nicht beschäftigt, noch angestellt
Das Hnlfspersonale derselben besteht in
einer Apotheke aus sechs Gehulfen und zwei
Lehrlingen, in den übrigen städtischen Apo-
theken aus je zwei Gehulfen und zwei Lehr-
lingen, und in der Apotheke zn Grabow aus
Einem GehHIfen.
Um das YerhSItniss der Medicinalperso-
nen zur Einwohnerzahl beurtheilen zu kön-
nen, muss berücksichtigt werden, dass die
als Kreis -Chirurgen und Bataillonsärzte an-
gestellten Wundärzte die Berechtigung zur
sogenannten internen Praxis besitzen, ebenso
der in Grabow wohnende Wundarzt I. Kl.
dass somit vier von den Wundärzten factisch
ebenfalls zu den Aerzten zu zählen sind, und
dass auch die übrigen Wundärzte sich nicht
gerade der internen Praxis entziehn.
Die Zahl der in der Stadt wohnenden
Aerzte und Wundärzte beträft zusammen
acht und dreissig. Es ist also bei einer
Einwohnerzahl von 36,428 durchschnittlich ein
76 —
Arxt oder Wundarzt auf 96ö; um) indi
Grabow mit 2169 Einwohnern find eiH
Wondarzte, ein Arzt oder Wuadarat anl ^
Einwohner.
Von den fünf Apotheken derStudtk«!
durchschnittlich eine auf 7281 GjdwuIik
«nd inclos. Grabow von sechs A|iothekenK
«uf <)432 Einwohner.
Von den Hebammen kommt für dieSli
durclischnittlieh eine auf 1821 und ioi^
Grabow eine durchschnittlich auf 15T4 tüi
wobner.
Bei den Bewohnern Stettina
die Arzneiwissenschaft nnstreiti^ eines
Vertrauens, als nn vielen aoi'
^
Orten unseres deutschen Vaterlandes. f\
sehen glücklicher Weise den crassen Atf
glauben, der auch noch heutigen Tage
Zauber- und Geheiuiinitteln der Schüfer, /
decker und alten Weiber seine Zulli
nimmt, der fortschreitenden Aufkliinu)^
machen, und wir sehen andererseits die
dernen Bestrebungen des Laien, sich
Wissenschaft erheben und nicht allein
sirend, sondern sogar handelnd in sie
greifen »u wollen, noch nicht recht Feld |
winnen unter uns. So hat denn aucb
Homöopatliie hier nicht Eingang fmdeoU
ncn, und auch die moderne sn^ensuntR ^
dropathie ist nur scheinbar gliickliclier f
wesea: denn fehlt es uns gleich oic&l'
Laien, welche aus Grüfenberg heimgdui
jede Krankheit durch QuelKvasser vertiti
— 77
können .meinen und jeden Arzt für einen
ftmischer ansehen, so ist doch ihre Zahl
ring und nimmt sichtlich von Tage zu
Ige ab. 9
Stettins Aerzte, ohne gerade durch grö-
;re literarische Wirksamkeit sich weit be-
imt gemacht za haben, tragen darch prak-
ch tüchtige Leistungen in ihrem Berufe
s Ihrige ^i, um das Vertrauen zur Medi-
I unter ihren Mitbürgern zu sichern, und
rfen ihrem Streben nach ächter CoUegia-
ät die geachtete und ehrenvolle Stellung
nken, welche dieser Stand bei 'uns ein-
mmt.
lieber das Heilverfahren derselben ffe-
gt die Andeutung, dass es frei von den
iswnchsen unserer Zeit auf acht wissen-
iaftlichem Streben, eben so fern von ge-
ltloser Speculation, wie von grober Empi-
f, sich gründet, und dass die firztliehe Be^
ndlung, den Principien rationeller Medicin
gend, sich im Allgemeinen der herrschen-
n Krankheits - Constitution anpasst.
. Die Handhabung des Medieinal - PoU-^
iweseng ist Sache der Polizei - Direction,
sicher zu diesem Behufe die Kreis -Medi-
lalbeamten als Sachverständige zugeordnet
id. Wenn es einer besonderen Auseinan-
rsetzung der Geschäfte, welche Gegenstand
r Medicinal- Polizei sind, nicht bedarf, so
nur als eigenthümlich unsrer stadtischen
dicinal- Polizei zu erwähnen, dass ein je-»
Leichnam vor der Beerdigung durch
— 79 —
mit grösserem Comfort für diese Stände
stattete Abtheilang: nicht existirt Eine
iterung der Anstalt zu diesem Behafe
eint an einem Orte, wie der hiesige,
eitig höchst wunschenswerth.
Das gegenwärtige Lokal des Kranken-
», welches die n'üheren isolirten städti-
i Krankenanstalten in sich begreift,, ist
erbaut und vor vier Jahren eröffnet
en.
Es liegt auf der Lastadie am Paruitz-
le, so dass es eine weite Aussicht über
Dderthai und eine freie, dem Lichte und
Liuft Kugängige Lage hat, und besteht
swei Flügeln, welche einen rechten Win-
mit einander bilden. Der eine dieser
A liegt in der neben der Parnitz hin«
aden Strasse gegen Süden, der andre
T zur Parnitz Führenden Querstrasse ge-
Westen, und der erste hat eine Länge
189, der andre von 140 Fuss.
Mit ihrer Rückseite schliessen beide Flu-
len Hof ein, >velcher, viereckig, an sei-
beiden anderen Seiten von einer Maoer
iben ist. Beide Flügel bestehen luui
über dem Erdboden erhabenen JSontar-
zwei Stockwerken und einem mit Äh
Dache bedeckten Boden.
Vom Boden bis zum Sonterraia ist dn
ude in mehrere Abtheiinngen gesdüoien,
denen die finsserste gegen Südosten für
pockenkranken, die dann folgende Mk
^ nicXü stellt. ' In sSmuUicS
linilun sich im ersten Stock
lirhen, im »weiten die müni
und in dem äoaterraia die ßl
den Pockenkranken auch eti
Zimmer.
1 . Ausser den Uadevorrichtii
ncD- und Dampfbüder befin«
Souterrain die Küche, Wi
Sectionslokal und Hdlz^lass
^■L gen des Armenhanses, weicht
^^H dem Krankeohause nichts get
^V Durch die beiden Stoeh
^V durch breite helle Trepjiefl o
^V^ Verbindung gesetzt sind, li
^^^ den Krankenzimmern die eb
^B hellen und luftigen Corrwh^
^^H verschiedenen Cltationen' ^H
— 81 —
nzimmern die Wohnungen des Wundarates
d des Inspectors and ein besonderes Ad-
Distrationszimmer; in dem zweiten Stoek-
»rke ausser den Krankenzimmern ein Ge-
htszimmer vorhanden. Von den Eranken-
nmern ist in jedem Stockwerke eins für
sfangne, eins für Geisteskranke, und eins
r Augenkranke bestimmt und zweckmässig
igerichtet.
Im Ganzen sind die Krankenzimmer auf
le Gesammtzahl von etwa 162 Kranken
berechnet, dass auf jeden Kranken 60 Qua-
itfuss Raum kommen.
Die Höbe eines jeden Zimmers beträgt
Fuss 3 Zoll, die Tiefe 20 Fuss, wogegen
Breite der Zimmer vei*schiedeu ist.
Die Zimmer erhalten durch die Fenster,
3che mit Vorhängen versebn sind, reich-
^es Licht. Abends geschieht die Beleuch-
^ durch Oellampen, deren Dämpfe durch
liren aus den Zimmern abgeleitet werden'.
2 Erwärmung geschieht im Winter durch
Lndöfen mittels Holz.
■
Als Lagerstätten dienen eiserne Bett«-
llen, welche in angemessenen Entfemun-
n von einander aufgestellt und mit einem
''ohsacke, Strohkopmssen , einem kleinen
srdehaarkissen und einer woUnen Decke
rwhn sind.
«
Die Beköstigung der Kranken geschieht
si der gemeinsamen Küche nach' vier ver-
Siirn. Bd« XCY. St. 6. 6
[
I
— 82 —
scliieildiieii Diiitclussea auf V'erordnnn^ i
Arztes.
Den Wasserbedarf erhält die Amt
mittels einer Wiisscrleitiing:, ivelclie so c*
struirt ist, dass das Wasser aus der Pinö
durch Köhrea bis iu die Küche uud iii«ft
deanstalten euiporgepumpt wird. Nebea k
Wasserleitung bestellt ein Piltrir-Appantr
Kleidung erhalten die Kranken Sett
der Anstalt nur in dem Falle, dass sie ii
bedürfen.
Die ärztliche Behandlung leitet mal
Stadtarmenärzte, welchem der in dem b
kenhause wohnende Stadtwundarzt nla
sisteiit zugeordnet ist.
Die An'.neien werden aus einer sül
sehen Apotheke entnommea.
Die öconomischcn Angelegenheilen
sorgt ein liispector.
Das Üiiter-Persoual besteht gegod
tig aus einem Portier, drei Wärtern,
Wärteriunea und einer Köchinn.
In einem eignen Anbau, xu welchen
verdeckter Gang aus der Anstalt ffihrt,
finden sich in gleicher Höhe mit dem
Stockwerke die Latrinen, für beide GcscUi
ter getrennt. Sie sind zwar durch W
von dem Korridor des Krankenhauses i*
wiftAett, vcrhreiten aber oft (dadurdi
— 83 —
Deckel offen gelassen werden) ihre fibe-
Gerfiche über Treppen and Korridors.
' Beseitigung des Geraehes sind die La-
en mit starkem Laftzoge versehn, setzen
r dadurch die Kranken, ohne dass jener
eck erreicht würde, heftigen Erkältungen
Die einzige Abhülfe des üblen Gera-
i gewahrt bei der gegenwärtigen Ein-
tnng noch die häufige Ausräumung der
rinen. —
Die Lage des Hofes hinter dem Hause
bereits erwähnt. Er ist geräumig, unbe-
Dzt und dient sowohl zur Erholung der
tonvalescenten, als zum wirthschafuichen
irauche. In einer Ecke desselben befindet
L das Leichenhaus, welches zugleich zur
iiahme aller unbekannten, im Weichbilde
Stadt gefundenen Leichname bis zu ih-
Beerdigung benutzt wird.
Seit dem Jahre 1839, d. i. seit Eröffnung
neuen Krankenhauses ergeben sich aus
. amtlichen Tabellen fol^nde Yerhältnisse
Behandelten, der Geheilten und derVer-
cbenen:
6*
— 8* —
i
i
t'hJ
1
1
£
J
163»
930
IfiO
48
laoo
902
BOÜ
70
IB4I
»23
757
79
3
IB42
1122
»21
J02
-
r
I
I
■ ImJalire 1839 betrug dieDurrhsdii
I 7,ahl der täglich im Krankeiihause Verj
B ten 81 und die Durchschnittszeit des Ad
I baKcä ia demselben 32 Tage.
Im Jahre 1840 die DurchsclinittsziJ
täglich Verpflegten 86 und die Diirchsch
zeit 32 l'«ge.
ImJalire 1841 die Durchschnitlsiil
tfiglich Verpflegten 75 j und die Dordnd
Mit 29^ Tage.
Im Jahre 1842 die Durcbschniltsa
täglich Verpflegten 92 Jnnd die Durdud
zeit 30| Tage,
Das Königl. HebammeHlehritutUtl,
DirectioQ des hiesigen Regierungs-Hn
Rathes, befindet sich in einem gemid
Lokale im Hanse des ersten Hebautt
rers. Die bauliche EinrichtuDe iet dm
zweckmässig sowohl für den CDtmicU
— H —
tkMMngnle <W M
' Den Uoterrffftr tttSflUni iwei Lebnr
ducDd .eines lulll|Angen Wintereanas
dl dem Lebibüeke '4er Oetartflomde Ar
?■ HnÜMlMf* il'JM.K.-llKiia.lStMlA
Mlin 1839).
^Die ScbnlerioneH, dereo Zahl nach deek
Bfflnaligem Bedürfnigge neu anznstelleiider
Mmmen ia dem Stettiaer und dem west-
len Theile des Cöslincr Regieningsbezir-
I dilTerirt, dürfen nicht über 30 Jahr alt
h nnd müssen sich 'la ihrer Aufnahme über
K körperliche, intellectuelle und moralische
fshigung ausweisen, und erhalten gegen
"hlung von vier SiUjergroschen für den
£ Beköstigung, wogegen sie fürWohnnng
i Unterricht nichts zu entrichten haben. .
-DAibitaOntiirriAtH'mri» «fluni
m'itMnmm .antwitgeit wului*»*
ioi, MtiBd« nni Hl M itnr
nnltHtJ Bb ZaU «r äUA-
er An£lt nalMMwMin»-
» nd WIMbneriain kdMt a^' «f
U. ,■;■'■:■;■'' ■■-';,
«•ch' BteMilM' tol«i#n*MNl .
— 86 —
ihrer Approbation dnrch Comoiigsarien k
betreffeuden Königl. Repeningen slalt -
Vou den flosologischeii VerhäliaM
Im Allgememen wird darch die örtt
Verhältoisse Stettins eine Abweichung
der im nordlicheu Ueutschlnnd und io«
weiterer Ausdehnung herrschenden Krfl
lieitscoDstitiitioti nicht bedingt. Wenige
ist das in der jüngsten Zeit nicht del
ceweseo und in Stettin hat eben 80 ik
dem grösseren Theile von Europa, z»
ftnff dieses Jahrhunderts der nervöse,
1810 bis 182,^ der entzüodiiche, von
an der gastrische Ivrankheits-Charaktai'
überwiegender Hinueigang zum nenir
und etwa seit 1837 der katarrhalisch -fis
matische Charakter mit mehr oder wenj
gastrischer Complication vorgeherrecht
Auch in Stettin waren von dem ^
wissenschaftlichen Interesse die Erschai
gen des gastrischen Krankheitscharikl
welcher Anfang durch remittirende od
termittireude Fieber gastrischer Natof
kundgab, in de« Jahren 1831, 1832
1837 unter der Form der asiatischen I
lera und im Jahre 1834 unter der Fora
demischer J6donwna/^e6cj- und Buhrmi
CulminalionspuuWte erreichte und seit ■
Erscheinen der Cholera vorzugswßW i
f
' — 87 -^
remittirende und unregelmassig intermittirende
Fieber reprSsentirt ward.
Aach in Stettin fand sich in den Jah*
reu 1830 bis 1837 während des Frfihjahrs
bisweilen Grippe in epidemischer Verbrei-
tung , und nach 1837 wurden entschieden
anstatt der Schleimhäute des Nutritions -
Apparates die Schleimhäute der Respirations-'
Organe der Hauptsitz der Krankheiten, so
dass sich in allmähiigen Uebergän^en aus
der gastrischen die katarrhalisch rheumati-
sche Krankheitsconstitution entwickelte, welche
in wiederholten Grippe - Epidemieen ihre
grösste In- und Extensität erreichte.
In ätiologischer Beziehung sind fttr
Stettin als allgemeinere Momente zur Erzeu-
gung von Krankheit hauptsächlich zu bezeich-
nen: Jähe Temperaturwechsel, Ausdflnstun-
fen des Wiesengrundes, auf welchem ein
heil der Stadt erbaut, und welchem die
übrigen grosseren Stadttheile benachbart sind,
der beschränkte Raum und die beengende
Bauart der Stadt.
Alle diese Momente sind der Art, dass
sie während der wärmeren Jahreszeit am
wirksamsten sein müssen, so dass man a
priori auf eine während des Sommers bedeu-
tendere Anzahl von Kranken schliessen dflrAe,
ein Schluss, der sich auch durch die Erfah-
rung bestätigt.
Ueberhaupt darf als eigenthSmIich nicht
allein für Stettin, sondern auch fär ganz
— 89 -
itiger gestalten, als in anderen grSs-
Stüdten, wie sich das namentlicb aneb
Cholera -Epidemieen erwiesen hat
ichts desto weniger mnss der Fremde
eilichbei uns ac(£niatisiren, wohin vor
das Gewohntwerden der jähen Tem-
'wechsel gehört Oft handelt es sich
igs hauptsächlich darum, dass er seine
düng diesen Witterungsverhältnissen
e, 80 dass besonders diejenigen, welche,
ibgehärtet zu sein, diess unterlassen,
den Tribut unter der Form acuter oder
«eher Rheumatismen zu entrichten haben.
den Jahren 1833 — 1842 sind im
1 266 Erkrankungen an Poeken und
2r 29 Todesfälle vorgekommen und zwar
lis Aug. 1833 . .
ind December 1833
uze Jahr 1834 hind
i 1835 ....
ber 1835 . . .
r 1836 ....
3 October 1836 .
r bis Juni 1837
»is Juni 1839 .
iber 1839 . . .
>is August 1840
ber 1840 . . .
ier 1841 . . .
bis August 1842
ber 1842 . . .
20 Kr.
7
76
7
3
2
33
16
6
1
10
1
3
79
2
»
»
»
»
»
»
»
»
»
»
»
»
»
2 Todte
1
2
7
1
»
»
»
M
»
n
»
»
»
»
n
3»
»
Summe 266 Kr. 29 Todte
wenn mich die Krälzkranli
ren Ständea angeliörig, me
keahäuserii bebnndelt wei
diess kcineswegcs bei den
Fall , von welchen eio ^i
Wohnung behandelt wird,
haupt g»r nicht ärxtliclte
Buchen.
Dnss aber die Syphilii
tet in Stettin ist, üe^t si
in dem gänzlichen Alanj
wodurch trotz aller polise
keit die Winkelhurerei imi
greift. Eine Stadt mit so
wohncrKfthl, einer so stHrk
so grossen Menge von Ma
tern, welche der Hnndel \
nothwendig ölTentlicher Bo
ter medicinal- poli/eilicber
Die Sittlichkeit wird yjM
werden, wenn der MiiD^I
— 91 —
mgt sehr richtig: die Yermehning der un-
ehelichen Geburten in den letzten Jahren
seigt. das8 mit dem gesunkenen Flor der
öffentuchen Häuser und der privilegirten Dir-
nen Iceinesweges die Iftttuchkeit sich in
gleichem Verhältnisse gehoben habe.
Als die häulSffSten sporadischen Krank-
Aaifon sind im Allgemeinen zu bezeichnen:
katarrhalische 9 rheumatische und gastrische
Affectionen, Scropheln, Gicht, Gelenkrheuma-
tismen 9 Wechselfieber, krampfhafte Krank-
heiten, chronische Krankheiten der Athmungs-
und aer Ernährungsorgane, Blutflfisse und
Anomalien der Menstruation. Rein entzflnd-
liche Krankheiten sind in den letzten Jahren
selten gewesen.
Unter den sogenannten äusseren Krank-
heiten sind chronische Exantheme, Fussge-
schwfire, Eingeweide- und Knochenbräche
und leichte äussere Verletzungen diejenigen,
welche vorzugaveise die ärztliche Behand-
lung in Anspruch nehmen.
Nach dem verschiedenen Lehensatter ist
mitRäcksicht auf die am häufigsten vorkom-
menden Krankheiten zu bemerken: dass in
den Kinderjahren Krämpfe, Atrophie, Magen-
erweichung, Seropheln, Rhachitis, Hydroce-
phalus, Helminthiasis, Bronchitis, Croup, Stick-
husten und acute Exantheme, — in den Jahren
von 15 bis 30 acute und chronische Lungen-
krankheiten, — in dem reiferen Mannesalter
chronische Unterleibskrankheiten (besonders
Hämorrhoiden und Kardialgien), Gicht, Rheu-
— »3 -
' Die Beschwerden des Dienstes seheinen
' zwar in so fern einflassreioh gewesen za
^ sein, als die bedeutendste Menge von Erkran-
kpngen immer zu Zeiten stattfand, wo der
Dienst besonders b/eschw<Qrlich war, aber es
i ist umgekehrt oft bei den grösstea Strapa-
I zen km Typhasfall vorgekommen. YöUir
I frei davon sind unse^ Zutippen gewöhnlich
' dann gewesen, wenn sie eine Zeitlang aus-
I serhalb der hiesigen Garnison standen. —
! Demnach scheint die gastrisch nervöse Krank-
heits -Constitution der eine Faktor^ und die
in dem Mih'tardienste unvermeidlichen schfid-
liq^en Einflüsse (grosse Ermüdung, Erkäl-
tung, Erhitzung, schlechte Ernährung etc.)
oder auch locale Schädlichkeiten der andere
Faktor zur Erzeugung; dieser Krankheit zu
sein. Gegenwärtig überwiegt zwar der ka-
tarrhalisch-rheumatische Krankheitscharakter,
aber bei der nahen Verwandtschaft katar-
rhalischer und gastrischer Alfectionen, welche
auf demselben Boden der Schleimhäute wu-
chern, ist der gastrische Charakter nur in
den Hintergrund gedrängt, keinesweges ganz
beseitigt, uud so sind denn in den letzten
Jahren die Typhus -Erkrankungen der hie-
sigen Garnison seltner geworden, aber ihr
Ende erreichen dürften sie wahrscheinlich
nicht früher, als bis auch der gegenwärt^e
epidemische Krankheitseinfluss einem durcn-
aus abweichenden Platz gemacht hat.
In Lessers Monographie*) findet sich
*) Entzündung und Vcrschwäning der Schleim-
haut des Vcrdauungscanals. Berliu 1830.
2
! III.
Kurze Nachrichten und
Auszüge.
1.
Praktische Miscellen
und
Lesefruchte
aus der ausländischen Utteratur.
Vom Herausgeber.
Firnis puerperaÜ8, — Herr Gihaon fand bei
einer an dieser Krankheit verstorbenen Frau
nicht bloss die Zeichen einer Peritonitis mit
Ansschwitzung und Adhäsionen auf dem gan-
zen serösen Ucberzag der Därme, sondern auch
eine sehr weit verbreitete Aflection der Darm-
schleimliaut, besonders der dünnen Därme.
Diese bestand in dunkel rothen Flecken von
der Grösse einer kleinen Erbse bis zu der einer
Krone (Geldstück) mit zahlreichen and ausge-
dehnten Blutgeiasseu durchzogen. Au mehreren
«lu m
, aiu
ja sf^lhst HurMÜHiicr, die lult a
ruDg Ifameii, überfragen ward«
iler cngliaclicn Acrate iiljer tljc
sehr vcraphiedcii. /^pMon hl
fieher nicht für eine Enlziiixlun;
>lass es aus einer vordrrbUMi I
BluivH entstelle. Bnma dageg
als eine Peritonitis, bei welche;
lagiuBi obwalte, aati Annsirotig
ilureh Typhus •ibdoininalis con
Jung des PcrilnnaeHms nml
Dr. Ilanitay sagt: »riceratioiinii
Abtrennung der i^chleimbaiit, r
Flexura sigmoiilea nnil dem Colu
uiizweifclhartc Zeichen eines £u
des dieser Tlieilc. Auch im 9
zahlreiche dunkclrothe Flecke,
als die Häiric der iunern PIScl
iiehuicn, und die ubrif^e Schi«
falls verändert: blassrolJi
zig ^elb oder
durchzogen,
Aehnliche Erscheiuunffeii
i
— 97 —
Herr Gibmm der Ansicht Armairong's bei and
«rklSrt das Kindbettßeber fär einen Tjphas ab-
dominalis, bei welchem bald die entzündliche
Reizung überwiegend vorwaltei, bald aber ein
allgemein asthenischer Zustand mit Hinneigung
snm Putriden nicht ieu verliennen sei. Die Func-
tionen des Wochenbettes werden meist dabei
gestört; — nicht aber ist dies immer der Fall
uad Lochien - wie Milchsecrction dauern zuwei-
ieo bis zum Tode der Kranken wenig oäer gar
nicht verändert fort. — - Was die BeharuUvng des
Kindbettfiebers betriiTt, so sind die Methoden,
welche die Aerzte dabei belblgeu, von sehr ver-
schiedner Art: 1) die streng antiphlogistische,
2) die excitirend roborirende durch Tonica und
Antiseptica, 3) eine Methodus mixta: Anfangs
entzündungswidriges Verfahren, dann uumittcli^ar
darauf ein excitirendes, '4) Emetica, dann Opium
China, Camphor etc., 5) die innere und äussere
Anwendung des Terebkähms vom Anfange der
Kranitheit herein. — Als allgemeine Regel für
die Cur stellt Herr G. folgende auf: Man be-
schränke den entzündlichen Zustand, entferne
alle krankhaften Secretioucn und erhalte die
Kräfte. Er empfiehlt die grösste Vorsicht bei
Anwendung der Blntentziehuugen, die, wenn
frühzeitig und mit gehöriger Berücksichtigung
der Krälte der Kranken und ihrer Individualität
gemacht, allerdings den besten Erfolg haben;
unter entgegengesetzten Umständen aber auch
grossen Nachtheil bringen können. Wo also
allgemeine Blnteutziehuugen nicht dringend an-
gezeigt wären, soll man bloss örtliche vorneh-'
men, doch wäreu auch diese uicht in allen Fäl-
len nöthig. Nächstdem haben ihm Cktlamel mit
Opium f Mucilaginosa und Emollientia, zur
Ableitung Terebinthin und Blasenpflaster am
meisten genutzt. Vom Ckdomel sagt er, dass
wenn er es frühzeitig und in kleinen oft zu wie-
derholenden Dosen, gegeben | so dass es bald
Journ. BdL XCV. $L 6. 7
— 99 —
9 Krankheit fortdauert , und ich raihe sie nicht
I durch Mercarialien verbessern za wollen . son-
■dem sich bei der Behandlunij^ dieser Fieber
( aof leichte salinische Mittel (Bransepalver) und
! sweckmässige DiSt su beschränken und den
Naturkräften zu vertrauen. 8eit zwei oder drei
Jahren hat sich äbrigens (fiigt Herr C. hinzu)
die Natur dieser Fieber sehr geändert, so dass
jetzt Blutegel bald am Kopf bald in der Magen-
gegend oder an andern Stellen des Unterleibs
reichlich angesetzt werden müssen, während früher
fiberaus selten bei Tfphusfiebem Blut entzogen
wurde und man selbst da, wo Complicationen
mit örtlichen Entzündungen statt fanden, nur
mit Zagen zur Lancette griff. Jetzt ist offen-
bar die Disposition zu Entzündungen und acti-
ven Congestionen der Eingeweide beim Typhus
vorwaltend und der Schwächecharakter tritt mehr
in den Hintergrund, (ibid. 7. May 1S42. p. 178).
Bruch' Einklemmung gehohen durch das Au8*
saatgen mU einer ekuiisGhen Möhre, — Herr C. fVeb*
her in Suffolk erzählt den Krankheitsfall eines
jungen Mannes von zwanzig Jahren mit einem
angeborenen Scrotalbruch , welcher seit zwei
Tagen ausgetreten und eingeklemmt war, weil
Fat« das Bruchband während der Arbeit abge-
lassen hatte. Der Bruch von der Grösse eines
Gänseeies war sehr schmerzhaft. Das gewöhn-
liche Heilverfahren und wiederholte Bepositions-
versuche blieben erfolglos und es sollte zur
Operation geschritten werden. Da kam Herr
IV, auf den Gedanken, nach des Dr. O'Bebme
Vorschlag, eine elastische Röhre per annm ein-
sabringen, nachdem zuvor ein Klystier gegeben
worden war. Er nahm dazu die Oesophagus -
Röhre der Weissschen Mageupampe vnd es ge-
lang diese in der Länge von 26 Zollen (I) in
7»
, — 1«! ^
AMMdMen; /^i^sMicIie C^nlliliMtiiBiBVBg, Hers«
JMMmi iiDd Sehwindel, wekbe besottden ein«
dMM, wenn der Kranke nfiebierji isi oder eben
Jjgtt^ <iahtnn«leeruM haue, wenn er aielf anf-
JmttiM oder pl9id[idi nach oben nebt, mad die
^yiiMitome, an welcbon nan dieaen £aal«nd er-
JmmfL Die BeridtaiehiigiiBg der Anteeeden«
j4ir*,ia( ' dabei Von groaier W|cfctigkeit. Aaslee-
^plAN|OB bringen awar momentane Erleicbtemng
.jjpfe' Symptome berrpr^ baben aber apSter Yer»
■MtmmifiiHjt tor Fblge; dagegen ein erregend«
^^ftabendes Verfabren danemde Besaemng be-
drihfkt« -Dieaer Punkt mnas besonders Ton an-
^{«lionMlett Praktikern sorgftUig beachtet werden.
\fcor ancb bei wahrer Anaemie fauin actire
Umblatong eintreten. Hwiamn fiind ein Blnt-
iMgnlnm im Gehirne einer Fran, welche unter
tttomorrhagia uteri plOtslicb gestorben war,
ami^ Thwers sab Iidiches im Acte der YenSsec-
*tM selbst erfolgep. Bm^. Bpoiie macht darauf
Hpilhierlisamy dass su reichliches und wiederholtes
'mderlassen oft ein grdsseresYoHsein desPuIses,
"kach Schwindel und Kopfschmers enseugt^ wel-
f^fhei deif Unkundigen rerföbren könne noch
I^Wissere Blntentsiehungen su machen, wie 2. B.
<M Commotio Cerelwi som grdssten Nachtheii
Hmt Kranken. ' {Bif. möchte hier auf die t&u-
limhcode' Plethora aufmerksam machen, die nach
i^clHronischen Cterin- und Himorrhoidal-Blutongen
ilieobachtet wird. Letstere namentlich werden
i^ft Ton dem Kranken nicht geahnet und'Tom
llArste flberseben, der ungeachtet des ÜTiden
^Ansebenr des Patienten, wegen der FiUe und
'Ordfse des Pulses, wegen der Heftigkeit des
iVopfocbtaerses, des Schwindels,* Ohrensausens
hknd sonstige Störungen der Sinnesfunctiouen
tWi einer antiphlogistisdien und ableitenden Cor-
^mothode Terharret,- 'die das Uebel nötbwendig
Wrmehren und' einen unglücklichen Ausgang
liorbeiffihren muss). 3) DjtjMpaie uitd CaAexie.
«_ 103 ~
^itx iler Apoplexie y da bei derselben dessen
^^^rundfonctioiien, £nipfiadong, Bewe/i^ang und
. .-eistesthätigkeit gestört werden. Allgemeine
^'leihora des Gehirns ist aber nicht die alleinige
^'raache des Schlagflusses; vielmehr kann im
^fe§;ensatc wahre Blntarmnth ihn auch berbei-
.^hreo. ort belehrt uns selbst die Section nicht
^,enügend über die nächste Ursache, nnd zeigt
^na mehr die Wirkungen als die Ursachen.
^eine Art des Befundes ist eine absolut con-
tante. . Vergiftung ist ein apoplektischer Zu-
tand, den wir von der gewöhnlichen Form des
pSchlagflnsses bloss nach der Ursache zu unter-
tcheiden vermögen; wir finden dabei weder
^^Intextravasiat nochErgnss von Serum. -^ (The
Uncet 23. April 1842. p. 138).
^ Cyanosia. — Dr. Bell Fleischer erzählt einen
iPmW von Blausucht bei einem Manne von 21
^'Jahren. Dyspnoe, Herzklopfen, Anasarca und
%laue Farbe der Haut waren die wesentlichen
■'^Symptome. Das Thermometer zeigte in der
'Achselhöhle und im Munde nur 80^ F« und die
fZeidien der Pubertät fehlten. Heftiges Schla-
^geo des Herzens war in der Mitte des Brust-
''beins zu fühlen und man hörte ein Blascbalg-
^geräusch, welches mit dem ersten Herzgeräusch
f' anfing, das zweite aber ganz maskirte. Die Sec-
0'tion ergab Erweiterung und Hypertrophie des
i Herzens. Die Scheidewand der Herzohren fehlte
0 gänzlich nnd die Höhlen beider waren in eine
i verwandelt. Dr. Gregory bemerkt, dass bei
^ hknuüchiigen Kindern sich rdemala Hmdkrankhei^
* ten entwickelten, doch habe er kürzlich ein sol-
' ches vaccinirt und gesehen, dass die Kuhpocken
aich vollkommen ausbildeten, nur mit dem
Unterschiede, dass die Areola nicht carmoisin
— 105 —
ien es als ein Specificnm gegen Febris pnerpe-
ralis; andere rühmen es als das sicherste Mittel
gegen Bandwarm nnd Epilepsie. Herr OM nan
als Specificnm gegen die Phoiobia scropholoaa.
Die von ihm gegebenen Dosen sind offenbar
sn stärk; in einem der beiden hier beschriebenen
Fälle erfolgte Blntharnen danach; wollte man
es rersuchen, so mfisste man nnbedingt vor-
sichtig mit kleinern Quantitäten beginnen und
allmfthlig wenn auch - schnell , steigen. Bei uns
scheint das Mittel sehr ans dem Gebranch ge-
kommen SU sein 9 wir erinnern nur daran, daas
Lenim so wohl den TerebkUMn in 8ubstans als
auch das Oel gegen Rheumatismus, Häftwifh
und gegen Wassersucht empfohlen hat, (im 1«
Bande dieses Journals und in seinen Beiträgen),
wie vor ihm schon Cheymey und Home und spä-
ter Her» und Thilenhia. — Als ein in der Thai
sehr wirksames Mittel gegen GaUenüeme und
chronische Leberaffectionen , wogegen schon
Boerhatwe und JVhiie es empfohlen haben, müs-
sen wir das Ol. Tereb. ans eigener Erfahrung
rühmen und zwar in der bekannten, oder bes-
ser gesagt nicht genug bekannten Mischung
der Durmideechen Tropfen : aus zwei Theilen Ol.
Tereb. und drei Theilen Schwefeläther dreimal
täglich zu acht bis zehn Tropfen u. s« w*
Jod'Tmdur. J^napriismng derseßen wut £»-
dicakur der Hydrocele. — Wir haben schon frü-
her auf das Verfahren aufmerksam gemacht,
über welches jetzt Herr J* R. Marim einen
neuen Bericht abstattet. Derselbe war Arzt im
Hospitale für die Eingeborenen zu Calcutta und
hat die Radical - Operation der Hjdrocele da-
selbst in den Jahren von 1832 bis 1839 zusam-
men 2393 mal gemacht und zwar an 1265 Hin-
dns, 1076 Mobamedanem und an 62 Cliriston.
. ' • . ^ . '
mmh Mk9k» mV» lekwMli «dir pU • rMn-
jlHäfc mU» Biatteim «od ■kiiL Mtt:Jmfr Zeit
1^ hUmi Poekenepidemien, dtncn. ^e* mngamiM
lUliumy Teradiont geblieben, (Beliebt des Herrn
jjBwrfhr A CTeMJri «» ;die. Acndtete: d^^^Hed.
Ilib^ifril IMS, i» AreUvM §dm6naei Hai 1842.
l"«^. a» ■■ II mii»! * .
f'*'' ■ ' ■ ' ■ , - ■.■■■■,.
INL .jTfcoHf B^a€y welcbee in Holland durch
Avefcocben der Leber des Rochen gewonnen
wkdylisi TOB den- Hus»- OiraWlIn vad Jnhifaj
aiiswliiih «atersaeU irovdea. Es se|g4 ittaseU
iMMi BesiaiKltheila wie das OL leeort» JMHi,
iMibilt aber In eiaeai lÄires 0,18 Jodkali^ Isis-
dagegen nar S^l& (ibid. p« 111).
Afora VOM ungMMMtm Kalk. — ^ ftiwalrer»
4ar Kalh von eiaem zosanrntengerallieaf Karien-
blatt «n^^ben^ einen halben Zoll hoch anf die
Haut gebracht, wird mit einigen Tropfen. Was-
ser befenchtel. Nach wenigen Minnien bliht
der Kalk anf und trocknet wieder; es entwik-
kelt sich dabei aber ein Wirmegrad^ der bis
anf 800^ F. steigen kann. Je aadbdsai man
eine grössere oder geringere Menge Kalk .anwen^
^et oder ihn Üngere oder kfirsere Zeit oiowiiv
«hon Usst, können die Terschiedenen Grade ei-
ner mehr oberflSeblichen oder tieferen Aatsnng
bis ßwt Tttlligen Zerstörnng des Cutis eraielt
werden. (Dr. IMomt im Dublin Journal Ja-
nuar 1842). - Hat dies Mittel Tor dem belieb-
ien »Wimmr CWurffaum (ans gleiehen Theileu
Aetakalk und kaustisaherii Kali) besondere Vor-
— 109 —
■ ciiMion davon iiberseagen könne» In einer Avf-
li lö8un/[^ unter Zusatz einer SSare wirict nach
■ P^^ Erfalirnng das Thinin nocii schneller nud
man bedarf viel geringerer Gaben als wenn inan
es in Pulver giebt. Die kräftigste Wirkung er-
sielt man, wenn man die Solution als Klysma
; applicirt.
Gegengift des QuecJcs'dher - SubUmais. — Als
solches sieht Herr Mkdhe das Schwefel -Eisen-
Hydrat (proto-sulphure de fer hydrat^} au. Es
ist dies an und für sich ein ganz unlöslicher
Körper., der aber die Eigenschaft besitzt den
Sublimat auf der Stelle zu zersetzen, und zwar
erzeugt sich aus der Verbindung beider: Proto-
Chlorus von Eisen und Bisnlphur von Quecksil-
ber, welches beides ein Paar ganz unschuldige
Körper sind. (Gaz. m^d. 1842. p. 642.).
Blausäure in DutuigegtaU gegeti Augenkrank^
heiien. — Englische Augen - Aerzte empfehlen
diese Behandluugsweise als höchst wirksam ge-
gen alle Arten von Hornhautverdunkelungen, ge-
gen scrophulöse Ophthalniieen nud selbst gegen
Kaiarakil — Falsche Diagnose und Uebertrei-
bnngen ■ werden hierbei, und gewiss nicht mit
Unrecht, zum Vorwurf gemacht. (The Laneei
7. Januar 1843 p. 638.
TympauiiU käetiinaUtu Einen Fall der Art
theilt Herr Levrai der Acad. de Med. mit. Die
Function heilte das Uebel vollkommen in^ vier^
zehn Tagen. Aehnliche günstige Wirknng vmi
— 111 —
itBÜphlogistisclie Cor nothweudig machten. In-
^itess dauerte die entzündliche Krankheitsconsti-
ifation nicht lange und sprang, bei dem Ueber«
i(ange der Witterung in die biliöse Form über^
|i«i der in einseinen F&Uen sowohl gleich an-
(ÜBglich als auch späterhin sich entzündliche
pl^omplicationen geltend machten. Der Charakter
lieaer Complication war aber weniger Seht in-
lammatorisch als vielmehr gemischt rheuma-
iscfa »katarrhalisch. Nichts desto weniger aber
»rforderten diese Beimischungen eine sorgfölli^e
3eachtnng und selbst wiederholte Aderlässe
seigien eine dicke feste Speckhaut. Der wahr-
laffc biliöse Charakter, der sich nur für kurze
Seit geltend machte, trat in seiner reinen Gestalt
nur in einzelnen fieberhaften 'Fällen auf. Auck
i«h man zu jener Zeit häufig die Gelbsucht
theils für sich allein, theils als Begleiter der
Beberhaften Leiden. Von den Exanthemen sah
man bloss Varioloiden^ Varicellen und eine sehr
r erbreitete, mit keinem Allgemein -Leiden ver-
knöpfte, den Masern ähnliche Roseola.
Es wurden geboren: 479 Knaben und
417 Mädchen,
~896 Kinder.
Es starben: 227 männlichen,
154 weiht. Geschlechts uid
340 Kinder unter 10 Jahirn,
721.
Mehr geboren: 175.
m-
uikheilen.
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121
— 115 —
Anweise
die Herren Mitarbeiter des Jooroals.
Sämmtliche. Houorare för die Beiträge
»s letztverflossenen Jahres 1842 siud
ade Mai's per Post von mir berichtigt
Orden. Sollte einer der geehrten Her-
D Mitarbeiter sein Honorar nicht erbal-
u haben, so ersuche ich ihn ergebenst,
Iches vor Ende dieses Jahres mir an-
izetgen, da spätere Reclamationen nicht
igenommen trerdenT Stillschweigen wird
9 Quittung betrachtet*
Das Honorar itir die Beilrage des
ofenden Jahres wird am 1. Juli 1844
{zahlt; diejenigen geehrten Herrn Mit*
beiter, welche das Honorar gleich nach
im Abdruck ihrer Abhandlungen zu er-
Jteu wünschen, werden gebeten, es
ifölligst der Bedaction anzuzeigen.
Uebrigens erneuere ich dringend die
ttCj mir alle Beiträge mit Buchhändler-
degenheit (an die OehnUgkes^he Budi-
ndlung zu Berlin) oder mit der fahren-
in Post portofrei an mich zuzusenden.
Berlin, d. 1. Juni 1843.
Dr. F. Busse.
8*
iir
Zweites Stück.
Seile
Fernere Mittheilungen über die enclermatlsclie
Anwendung des Merkurs. Vom Sanitätsrath
, Dr. p. Basedow in Merseburg 3
:, lieber den Parasitismus der f^ungentuberkeln,
nebst einigen kurzen Bemerkungen Behufs der
JSriBittelung einer, mehr rationellen BeKand-
liing der Lungensucht« Von DrJ Fr, J. Beh-
rendt prakt. Arzt in Berlin 37
!I. Kurze Erinnerungen aus der Praxis. Von Dr.
Ign. Bajriy prakt. Arzt in Berlin . . . • 84
IT. Kurze Nacbrichten und Auszüge.
1. Nachricbt Ton der Stiftung eines Deutschen
Vereins für Heilwissenschaft 9{2
2. Praktische Miscellen und Lesefrüchte aus der
ausländischen Litteratur. ' Vom Herausgeber. 99
3. Monatlicher Bericht über den Gesundheits-
zustand, Geburten und Todesfälle ron Berlin.
Monat Januar 103
4. Zwölfter Jahresbericht der HufelarutschesL
Stiftung zur Unterstützung noihleidender Aerzte,
nebst Uebersicht der Einnahme und Ausgabe
bei derselben, so wie bei der Wittwen-Vnter-
stützungs-Anstalt für Aerzte im Jahre 1842 . 107
Nacbricht wegen Fortsetzung dieses Journals. 109
DrittesStück.
lieber die Heilquellen und Bäder Kurhessens,
insbesondere die zu Nenndorf und Nauheim,
Von Dr. £, Grandidier , prakt. Arzte und
Geburtshelfer zu Cassel . ' . . . . 6
[. Lebensrettung eines Erhängten nebst einigen
allgemeinen Bemerkungen über den Erhän-
gungstod. Von Dr. Joel^ prakt Arzte in Ber-
lin , . , 51
[I. Praktische Bemerkungen ü1>er einige Heilmil«
tel. Von Dr. Otto MohniAe^ ausübendem
Arzte in Berlin . . . . • ^ 73
V. Kur^e Nachrichten und Auszüge.
1. Praktische Miscellen und Lesefrüchte aus der
ausländischen Litteratur. Vom Herausgeber. 113
2. ainnullirbfr B«fr
iiiiiKnd, Geliurtn
IHunil Feliri
1
I. Urlxt Oie HrilqU«!
keit (Düctjolilhei,).
[. Zur Pnlholo^e roi
Nolii Ton Dr. )^. .
. Ut'Iier >Ur VVjrliin?
Ii Ol lieber Dalilen|iaa
C. H, SchuUi iu D
Eine Hrrnia lacrali
Kinde. Vum Dr.
VI.
tuchl I
C. r. Burdach, in
vn. Kurze Nacliiiuh(«n <
1, Fernere Nacbricbli
Wien .
% Prak lisch» Mitteilt
auilttmlisrlien Llltri
i. Mnnallicbel B«is
lUsUni), Gchuturiyi
Dlonal narz >^|
l!el<er den flchlicfl
>er, Vom Horralh
UI. ntiiihei1>iDp!o au» <
Dt. Eiaiir m BM
119
Seite
■IV. Kurze NaeHricbten und Auszüge.
1« Praktische Miscellen und Lesefrttcbte aus des
auslftndischen Litteratur. Vom Herausgelier. • '94
2. Monatlicher Bericht über den Gesundheits-
zustand, Geburten und TodesfXlle Ton Berlin«
Monat April 116
' SechstesStück.
i
' I. Veber den Schlagfluss. Von Dr. Th. Reiii'
bold, in. Hannorer. (Schluss.) • . • 3
' II. Medicinisch • topograpliische Verhältnisse der
' Stadt Stettin. Von Br. £, H, Müller, KPnigl.
Kreisphysicus und prakt Arzte zu Stettin 53
III. Kurte Naehifektcm und Autzflge.
1. Praktisehe Miseelleil und Leacfrttehte Aus <der
auslXndischen Litteittur. vVom Heimuiii«ber • 95
2. Monatlicher Bericht über den Gesuadheitn-
zustand, Geburten und TodesfXlle Von Beriin*
Monat Mai * HO
Neue Kuhpocken Lyapke in der KSnigl« Schiits*
impfungs-Anstalt zu Berlin .«••••• 114
Anzeige an die geehrten Mitarbeiter des Journals • 115
Inhalt des 95sten Bandes . u : • ' * 116
Namenregister desselben . . • ' • . 120
Sachregister dessdben • « ' . . 126
in
Bremser. V. 96.
Breschet. I, 93. III. 116.
IV. 56.
9äg}^ V. 7. lU
«riquet V. 99.
Brodie. VI. 101.
Broufsais. II. 42.
Brück. III. n. 21.
Buchner. III. 81.
Budge. V. 43.
Bunsen. III. 83. IV. 5. 7.
8. 10.
Burdach. I. 53. IV. 82. 86.
Burns. VI. 96.
Busch. II. 93.
Busse. II. 106.
Buzorini, I. 50»
Camerarius. IV. 35.
Campbell. II. 73. 74. 75.
V. 106.
Camus. IV. 105.
Capelletti. V. 100.
Carmichael. III. 82.
Carpenter. II. 51.
Carron du ViUards. IV. 48.
49.
Carswell. II. 39. 40. 41.
55. 75.
C sper. II. 93. VI. 71. 90.
r4istonet. V. 96.
Caientre. V. 102.
Chaussier. II. 53.
Chelius. IV. 27. 28. 60.
Cheyne. V. 8. 16. 17. 24.
40. VI. 105.
Chomel. V. 101.
aarke. III. 114.
Claubry. VI. 106.
Clay. V. 118.
aendinnio;. V. 107. 106.
VI. 98.
Clulterboek. VL 102.
Cochrane. VI. 104.
Cohen. V. 25. 30. 31. 33.
Cormack. V. 101.
Corrigan. IV. 99.
Costa. IV. 99.
Co^van. I. 110. 111. 112.
II. 99. 100.
Cnireilhier. 1. 86. 96. 106.
Cullen. III. 92,:
Cunier. IV. 27. 43. 45. 46.
58. 60. 61. 62.
Dance. I. 86. 96.
Delaharpe. I. 111.
Denman. VI. 101.
Deschamps. IV. 70.
Desmarres. IV. 28. 32. 33.
35. 37. 40. 60.
Desorgues« IV. 96.
DeTergie. IV. 105.
Dieffenbachi II. 93.
Dierbach. III. 72. 77. .
Ducros. III. 116.
Dum^ril. III. 115.
Dupuytren. IV, 44.
Dzondi. I. 37. II. 88.
Ehrenberg, II. 93.
Eichhorn. II. 93.
Eilner. V. 82.
Elliolhon. III. J32. 91. 9).
Embling. II. 103^
d'Emery. IV. 30. 91. 83.
37.
Engel mann. IV. 15. *,
Ephraim. IV. 68.
in
- ' Jansen. V. 48.
■ Jean Paul. V. 100.
Jefi. IV. 108.
^ Jo€l. III. 51.
V J«fcnson. V. 95.
J«net.>. 94.
Junten, ir, 98.
Kellie. V. 6. t. 8. 9. 19.
22. VI. 38. 44.
Kenten. IV. 26.
Xin^don. III. 115.
Kleiner!. I. 96.
Klu^. II. 98. 108.
Knox. III. 119. '^
Kühler. III. 73.
Kopp. III. 82. 83. 85. 106.
Kothe. II. 93.
Xrimer. II. 90. W. 42.
Kriikenbcrif. II. '30.
Lachmiind. IV, 30. 33.
Laennec. II. 41. 42. 54.
67. 72. V. 31.
Lallemand. V. 26.
Lambron. I. 95.
Langenheck. I. 37. VI. 48.
LanfttaC II. 53.
Law. V. 97.
Lecanu, I. 43. III. 120,
Ledran. IV. 59.
Lentin. VI. 105.
Leo. III. 73.
Leroy. III. 54.
LeMer. VI, 93.
LessmaBn. III. Tl.
Lonmt. VI. 109.
Ley. IV. 104.
Uebif . IV. €. 33.
LUk. IL 98.
Linnecar. III. 120.
Louit. II. 39. 42. 72. VI.
102.
LOwig. IV. 15.
Lugol. II. 56.
Magee. I. 109.
Magendie. I. 38. 46. III.
116. IV. 97.
Mandt. III. 23.
Marsh. IV. 102.
Marshall - Hall. III.. H8.
122. IV. 100. 101. 102.
103. 104. 107. V. 9. 19.
51. 55. VI. 38. 44. 45.
100.
Martin. VI. 105.
Maunoir. IV. 49.
Mauthner. IV. 89.
Mayer. V. 88.
Meckel. I. 86. 96.
Merker. III. 71.
Messow. I. 86.
Mialhe. VI. 109.
Michaelis. IL 89.
Milscherlich. II. 98.
M«>hnike. III. 72.
Mohr. I. 86. 97.
Monigomery. V. 105.
Morgagni. V. 11. 26.
MosL I. 10. 12.
Maller. II. 93.
Malier, B.' M. VI. 53.
Murray. III. 72. V. 106.
Nasse. I. 43. 97. V. 6. 7.
8. 9. 11. 16. 21. n. 25.
30. VI. 17.
Negrier. I. 112.
Ncuhtr. IlL la
m
V, 107,
VbetÜ. II. 103.
10.
Ulrleli, V. le.
54.
1
>9.
•
^ 97.
' . •
11. 87,
v«ter. IV. ar.
98.
Vauquelin. IV,
^ •
. 7, 8. 11. 17, Veitk. V. 9i^
VtlpeA^, I. 107« 108. V.
IV. 48. 99. 100,^ VI, ilO,
36. 96. IV, iOS, Viborg. II, 9a
I. 8.
[.'105. Wagn». II. 98.
'Waitk. III. 6; 18. 19.
Waldeck. IV, 41. 50.
Wallaeh. V. 61.
' T. Waltlier. IV, 89» W. 41.
!. 104. da 00. «^ 'i»:r:■^.
98 vi. 48,
'. lli. r ■ WAlUbflNIgh, III, 117.
.11.28. ^ WebiNnr. VI, 99.
26. 29. . Wejel«, V. », ?
.43. Wen«r. M. OÄ. ^
.48. ' WWte. VI. 105.
YL 105, T, WIebel. Il, 108, ^ '
115. vruiüims. IV. 9t;
I. 101, / WHUeir, III. 8. e, ». ^
108. > W*ir; II. 98.
[I. 93. VVenuiM. III. ill '
I. 93. 108. * WuBd^rilek. I. 15, lt.*
1. 103. WvUer. IV. aa*
I. 104. III, 124.'
V. «7. •
105,
Zli«L 111. ly, 1*.
XftitMiiAB. V, 4«. W;"
Zwe»|er, lt,".ip, "
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— ivr —
Arterie. Aneuiysma der PtilnoBar-A. , rngl* Aneu"
rjsma.
Arthritis, Nutzen d^r Nenndoifer Minenilqufllea in
^ichtisclien Ueheln. III. 27.
Ascites rergl. Hydrops.
Asthma nervosum. Behandlung desselben, III. 115.
Asthma thjmicum, Unlersucliuttgen über dasselbe.
IV. 99.
Auge. Nutzen des ArKeatum nitrieum gegen screphu«
lose Augenentzttndung. III« 117; Arzneimittel in Dampf-
lonn auf das A. applicirt. 124; Aeusseilicbe Anwen-
dung der Jodlinctur in Conjunctiritis scropkulosa. V.
97 ^ Ol. Terebinthinae gegen scropbulOse Ophtbalmie. VI.
104« Blausäure in Dunsigestali gegen Augenkmokli. 109.
Berlin» Gesuaüheilszusland , Geburten und Todesfälle
ron B. 1842. Juli bis December. I. 113$ 1843 Ja-
nuar. II. 103; Februar. III. 125; März. IV. 108;
April. V. 116 { Mai, VI. 110.
Blasehalg - Gerdusch, Ueber das Vorkommen destel*
ben. 11. 100.
Blausäure. Ueber die leihale Wirkung der B, und
Blausäurehaltigen Substanzen. II. 90. In Duastgeslnlt
gegen Augenkrankbeiten. VI. 109.
Bleikolik* Kropfehlung der Schwefelsäure dagegen.
IV. 108.
Blut, Vorkommen Fon Siter im B. II. 101.
Bluter, vergl. Hämorrhagie,
Blutharneft, rergl. Hämaturie,
Brechen, Mechanisches Mittel , dasselbe zu erregen.
III. 128. Creosot gegen B. V. 101.
Brom, Ueber die physiologischen Kigensehafte» «nd
die medicioischen Wirkungen des B. und seiner Prä*
parate. IV. 93.
Brustwarzen, Mittel gegen wunde B. 111. 117.
C.
Camphor, VergiAung durch C. III. 114. Solutlaa des
C. IV. 106.
Cancer. BnUtehung desselben und Curmethode. I. IM.
Vergl. Uterus.
Chinin. Specüfche Wiiininf des schwtCelMUfta Ch.
— 140 -
/
i Ergotismus neonatorum, Begriff und EnlsleHung die«
i ser Krankheit. III. 122.
■ Erhängen, Lebeniretlung eines Erhänglen. III. 31.
lieber den Brhängiingslod. d8 — 72.
■ Erysipelcu, Behandlung des £*• traumaticum. !• 107,
Febris, Untersuehungen Aber F. puerperalis und ihre
Behandlung. VI. 93. Queclisilber bei Fieber. VI. 96.
Perrum., Neueste Eisenpräparate. 1. 104. Wirksam»
keit des Eisenoxydhydrats (F. oxydalum fuscum). II.
81 — 112. Gross« Dosen der Tinclura Ferri muria-
tici. 119. Nutzen der Tincl. Ferri murial. im Naeh-
/ tripper. V. 94. Srh^efeleisen ' Hydrat als Gegengift
des Quecksilber- Sublimats. VI. 109.
Fisteln. Heilung caÜöser F. durch kochendes Wasser.
V. 65.
Fremde Körper. Pathologische Zustände durch Ein*'
dringen derselben in den Organismut. V. 92.
JFr/irxW-Epidemieen und ihre Behandlulig. V. 98.
Gehirn. Einfluss pathologischer Zustände des G. auf
Erzeugung des Schlagflusses, rergl. Apoplexie,
Genitalien, Fall Ton gänzlichem Mangel der äussern
weiblichen G. I. 109.
Cesiehtsschmerz. Wirksamkeit des Eisenoxydhydrats
gegen den Fothergill'schen G. III. 108.
Gonorrhöe^ rergl, Syphilis,
H.
Hämaturia, Fall ron H, I. 110. ■
Hämorrhagie bei Blutern, VI. 104.
Hämorrhoiden. Nutzen der Nenndorfer Mineralquellen
bei anomalen H. III. 38.
Harnröhren - Verengerung, rergl, Urethra,
Harnstoff in dem. durch die Pamcenthese entleerleii
Wasser bei Afcitcs» IV. 99.
Joun. Btl, XCY. 51. 6. ^
— 131 —
■ Ischias nervosa, Wesen und Behandlung derselben.
■i IV. 107.
K.
Kaffee gegen Morphium -Vergiftung. I. 98.
Kalk. Anwendung des ungelöschten K. als Moxa. VI,
lOT.
Kälte, Application ron Eis auf den Rückgrat bei Con-
Tulsionen der Kinder. V. 114.
Karhunkeln bei Menschen nach dem Genuss des Flei-
sches ron einem an Karbunkel der Zunge gestorbenen
Ochsen. I. 102. Vergiftung durch den Genuss des
Fleisches ron einer mit K. behafteten jungen Kuh.
IV. 99.
Kartoffeln, Neue Heilmethode der Bauchwassersucht
durch ganze K. IV. 86.
Kindhetterinnenfieher^ ▼^rgl. Febris,
Kinder spUal in Wien, rergl. iVien,
Klima. Günstiges K. für Brustkranke u. Nerrenschwache.
III. 113
Kohlenhergwerhe. Krankheiten der Bergleute in den
enirlischen K. III. 123.
Kopf. Fall einer Kopfrerletzung und Trepanation. I.
100.
L.
Lapis infernalis. Beste Methode, denselben aufinabe-
wahren. III. 113. Anwendung desselben gegen Oph-
thalmia scrophulosa. 117.
LarjngUmus stridulus, rergl. Asthma thjTnieum.
Laryngitis. Heilung einer chronischra L. durch Tra-
cheolomie. III. 120.
Leberflecke. Kmpfehlnag des Mercurius nitrosus gegen
L. IV. 105.
Leberthran. Ueber die Heilkrftfle desselben. V. 97.
Beslandtheile des L. rom Rochen. VI. 107.
Lepra, Tergl. ^Hautausschläge.
Lungen, Aneurysma und Erweiterung der Pulmcmar'
AHerien. I. 109. ^ Eoglbche Behandlung der Phthi-
sis pulmonum, L 112, IV. 106. — Ueber den Pan-
9*
— l«« —
■munui Sa Lungentuherfieln. II. 37 — 83: 1*
i!ee TuberLeln. 3i»; chcmUche Zusanini«iiirlnii| 1
Ttibetlieln. 4^) inikrosko|ii5c-he UnlersucbuB< dtiT
iHrrkeln. 48; Vasculariläl iler TuWtliela. 31; TiA
lagir d» Tu licrlicl Bildung . 53; Er» cicbunjiipnicnil
TulwrtiHn. 54; Auswurf l>ei ilt^r L ung rasch iiindal
51} rt^s|<iralatisrb<- TliKligkt^il dt^r ptlbUiscfaen Lnf
ODj irrtlriüprle Wünnrenlwidiliing liri Pklhiiitd
61; PtüüiaiiuiJliaa zur Tiil.prkelsuchl. 68; Hrhiii*
iltT Lungen Eurh't. 71. — Vurkomniifn ton flithiaif
monuu \<r\ IHcatGLen und Thieren. 100. I>ii|*
in Camer pulmonum. IV. 105. ^'ri^leichiiq '
Pniiuinaiiie uud Liingealiil>rrk(rln in Bezug «af ifc
Sili. V. SB. RmiirFhliing dei Liquor PoImmc ii
TuherkeUchwindJucbl. V. 104>. Vorkomnira da b
gtMitiibrrkela. 101; Lunerneinphysmi bei PhlUnhl
107,
Magenpumpe. Anivpiidiiug derselhen. III. 118. TU
Mtstdarm. Rt>hanit]iing einer Masldarm - Srliriilf«
dutth koclirnde!! Wasfer. V. 71.
Medicinalgewiche. VrrKieJcliung des franzUsiich» i
englisrhen M, 111. 119.
Mercur, Urlier die emlemialische AnuenduDf in
11. 3 — 3fi. Emiitehlting des M. gegen rhnä>
Haulau ischUge. III. 118. ;W. nitrosut geecs li
lavosa und Lelierflrcte emi>ralilen. IV. 105. %
Vivlxrn. VI. »8. Gegengift Ars. QuecksillirrSuMia
109.
Mesenterialdräxen. Itlillel gefen Anschivetlung i
Vurhatlung der M. V. 113.
Mineralquellrn. Veber die Heilquellen und Büdrih
hessens, III. 3-50. IV, 3 — 25. 1) Nenndorf.
S: die ScliHe(r1wa3serque1le x. N. und ihre Bra
S, die SchwefelgasUder. 12; die Rchlamnihldtr.
die SoolLüder. 22; Kulzen der Mineralquell« lu
21. 2) Nauheim. IV. 3: Mineralquellen zu N.
Bcnuliung der Quellen. 11} Bedeutung der ^a^ll«■|
Quellen und Verfilejchung mit andern Soolquellen.
Wiikung Jerselhen im Allgemeinen. 11 j An»end
dtnelben in sveciellen KrKDkheits zustünden. 20.
Sdwalheim. 23.
... 133 —
•
Morphium. Vergiftung durcli M. und Kaffee dagegen.
I. 98. Nutzen des M. sulphuricum in Tremor artuum
niercuTialis. V. 96.
Afoxa' von' ungelöschtem Kalk. Vf. lOT.
Myelitis, Fall ron M. rheumeuica, V. 91.
Narcoiica, Ueber die Wirkung der ätherischen Oele
narkotischer Doldenpflanzen. IV. 70 — 81.
Naturheilkraft^ Begriff derselben. I. 7 — 52,
Nauheim^ Tergl. Mineralquellen,
Tfenndorf^ rergl. Mineraitjuellen,
Nervenkrankheiten, Wirksamkeit des Zincum hydro»
cyanicum in N. I. 70 — 84. Creosot gegen Neural^
gie. I. 107. Nutzen der Nenndorfer Minenilquellen
gegen N. III. 50. Wirksamkeit des Eisenoxjrdhydrats
gegen N. 81.
O.
Obitructionen. Fall ron 45 Tage dauernder O. V. 94.
Oesophagus. Dysphagie ron Verengerung desO., rergl.
Dysphagie.
Opium, Grosse Dosen Ton O. V. 116.
X)steomalacie, Notiz zur Pathologe der O. IV. 64.
P.
Paralysis, Nutzen des Seeale cornutum gegen Läh-
mungen der Unterextremitäten. III. 116. Tergl. H^-
miplegie,
Pau, Ueher das Klima Ton P. III. 113.
Phellandrium, rergl. Narcotica.
Phlebitis^ Tergl. Vena portarum,
Phthisis pulmonum^ Tergl. Lungen,
Pot€Usa. Empfehlung des Liquor Potas^ae in der Tu-
berkelschwindsucht. V. 106.
Psoriasis^ vergl. VLaut ausschlage.
— 135 —
oeciflentalis gegen harlnftckige Condylome. 111. 73.
^ Nutzen der Tinct. Fem muriat. im Nachtripper.
V. Ö4.
r.
Terehintluna, Nutzen des Ol« TereliintkuiAi! gfgen
' OpkÜuUmia scrophulosa und andeie Leiden. VI. 104.
Theerwasser. Vorschrift lur Bereitung 4^sselben. VI.
108.
Thränensteine, rergl. Dakryoluhen,
Thuja occidentalis. Bestätigter Nutzen der Tinct. Th.
o. gegen hartnäckige Condylome. 111. 72.
Tinea favosa, Mittel dagegen. IV^ 105.
Tracheotomie heilt eine chronische Laryngitis. 111. 120.
Anrichten über die T» 121. Ueber d(*n Nutzen der-
selben. V. 103.
Tremor artuum mercurialis geheilt durch grosse
Dosen Morphium sulphuricum. V. 96.
Trepanation angewendet nach einer Kopfrerlelzung. 1.
100.
Tuberkeln der. Lungen vergl. Lungen»
Tympanitis intestinalis durch Function geheilt. VI,
109.
Urethra, Ueber Entstehung und Behandlung der Stri-
ctura Urethrae. I. 108.
Uterus, Erregung der Contraclion des U. IV. 107.
Diagnose und Heilverfahren bei Cancer Uteri, V.
105.
V.
Vaccination, Ueber Reraccination. V. 112. V. und
Reraccination in Franlureich. VI. 106.
Variolen, Fall ron Petechial -Kuhpocken. L 107.
Dauer der Wirksamkeit des Kuhpockengiftes. IV. 98.
Ursach der Pocken. V. 112.
Vena portarum über Entzündung derselben und deren
Diagnose. 1. 85.
Verein, deutscher, für Heilwissenschaft. 11, 92.
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