Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at|http: //books. google .com/l
Google
IJber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nu tzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books . google .coiril durchsuchen.
-^
■
IJBRARY^^^^'aF THE
\
p^
•
c
tmikiinde.
füll, DitHtor d«a
C.W. Hufeland's
Journal
et I » , . ;,•■ --;
ff .
V.' 4
practischen Heilkunde.
Fortgesetzt
y o n
Dr. E. Osann,
ordentl. Professor der Median an der Uniyersitat nnd der med«
Chirurg. Academie für das Militair zu Berlin , Director des
R. Poliklin'. InstitDts, Ritter des rothen Adler -Ordens dritter
Klasse and Blitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften.
18 3 7.
LXXXIV. Band
Berlin.
Gedruckt und ferl^gt vou G. Reimer«
C. W. Httfeland's
J o n r n ä 1
der
practischen Heilkunde,
Fortgetetit
Dr. E. Osann,
erdend« ProfeMor derMedidn an der UniyenitStoiid der med.
chirarg. Academie für du Militair zn Berlin , Director des
K. PoUklin. InstiCats , Ritter dei rothen Adler- Ordern dritte?
Klasse und Mitglied meliierer gelehrten Gesellschaftea«
Onm, Freund, ist ade T%iwrie,
Doch gtün dei Lehen» goldner Bemrn*
Göthe.
L Stück. Januar«
Berlin«
GedmcLt and terlegt bei G. Reimer.
O. W. Hafeland*s
Studien, praktische und akadenusche
Wirksamkeit;
•In Fragmonl
aus Hafebnd's hioterlassener Selbstbiographie.
VorerInBaruDg.
Unter den zahlreichen Manuscripten hat eich
in dem Nachlafs unsers verewigten Hufeland
eine, Ton ihm eigeohäodig niedergeschriebeDe
Selbstbiographie Torj^efunden. Sie begioot mit
d^n frühesten Erinnerungen aus seiner Jugend^
und ist bis zum Jahre 1831 durch- und fort-
geführt, — giebt nicht blt>fs ein treues Bild
seines weityerzvreigten tbatenreichen , aber oft
stürmisch bewegten äufsern Lebens, sondern
umfatst zugleich auch die mit der grölsteo G««
A2
— 8 -:^
■ \ ■
^bseobaftlgkeit I oft mit rahrender Aufrichtig«
keit 'dargettellttt Geschichte seioer geistigen Ent-
wickeluog, ^ eine in psychologischer, mora«
lischer, a od historischer Hinsicht gleich wich-
tige Zasaqimeostelluog der Haaptinomeote sei-
ner Erziehung und Studien, so wie der ein-
flufsreichen, grobartigen Verhältnisse seiner Zeit^
unter welchen sein initisres Leben, sein an-
spruchsloser, für alles Grobe, Edle und Schöne
gleich empfänglicher Sinn, sein iiebeyollesy from«^
Ines Gemuth sich entfalteten , und die rerschie.
denartigsten Richtuogen seines Geistes, sein auf
gediegene klassische Bildung gegründetes iriel-
umfassendes und vielseitiges wissenschaftliches
Streben, seine vielbewährte praktische Thätig«
keit und sein' rastloses, ja aofopferndee Wir«
ken für Alenscbenwohl sich gestalteten.
Obgleich zu hpffen steht I dab diese Selbst-
biographie HufelantTs als Ein Ganzes für sich
öiTentUcb erscbeiDen ^ird , habe ich mir erlaubt,
nachfolgendes Fragment aus derselben besonders
in einer Zeitschrift mitzutheilen , welche von
ihm gegründet, von ihm mit so viel Eifer und
Liebe geleilet, so lange das Organ, der Ver-
eins - und Mittelpunkt seiyer geistigen Thätig«
kftit war.
Das gewählte Fragment umfabt eine für
das Leben Hii/e/andV sehr entscheidende i in
Tielseitiger Beziehung, ab<er besonders für die
Leser dieser Zeitschrift höchst interessante, Epo-
che , nehmlich die 2^it seiner praktischen *und
wissenschaftlichen Ausbildung als Arzt, Schrift-»
steller und Lehrer, — - seine akademischen Stu-
dien auf den Hochschulen zu Jena und Göt-
dagtm^ ?- uSmm Egmhdaangnmi WUkandwt
*äb pnüklitdiOT Arxt, aeia «nlM AalMImm ab
SchiillBtdtar io Weimv, «M dit Wim 6#.
staltnag idaer (Mdgan Bicbtug ao cialnÜH
reiciMB ttahan BeaMioagii rfnt &• danuJs ia
WauDarveniatflo Heroen miMinr Littenititry -«
■od eadUch apiter aauie aeegeoamcbe Tbätig-
keit ala akiJainkfiier Lekrar n Jena, welch«
er aelkat ab ^^dia Gbmqpefiode aeinea Lebeaa"
beseidmel«
Nor weuget auf FanuOeBTerfialhiliae be«
saglidie, IQr die o£Ei»atliche MittbefloBg hier
nicht geeignete Stellen, welche eben deahalb
aoch fiir ^daa andache Pobliknm nur tob an»
tergecMrdneiamIntereiae aejm konnten; aind weg-
gelassen, dagegen alle Saat das äobere Leben,
so wie fEr die geistige Entwickelung Hufelan^s,
Too ihm anfgeseichneten, <rft scheinbar geriog-
fiigigen Einzelnheiten trea beibehalten worden,
— - nad ich glaube deshalb nicht nm Nachsichl
bitten %n dürfen, sondern vielmehr des Dankes
seiner sahireichen Freunde Versichert zu sejn.
a
^ 10 —
■'1 ■*■■•■. '■ ' ■
. > {iAisaäemische Studien.
'■•■ ' * 1780—1783.
^ Jena,
Der liebe Vater hatte es sehr gat berecl^«
net. Meine älteete Schwester war an den Pro^
fessor der Theologie JFeher io Jena yerbeira-
thety einen herrlichen Mann« Da konnte ich
swar nicht wohnen, aber sie sollten Aufsicht
über mich fuhren. Dann waren Loder, Starke
Freunde unsere Hauses. •— Aber was helfen,
alle Berechnungen und Aussichten bei einem
jungen Menschen Von achtzehn Jahren , der zum
ersten Male in die Freiheit kommt! —
Der Ton unter den Studierenden in Jena
war damals aber alle Maafsen roh, unsittlich
und ausgelassen, der ächte alte Komment in
voller Herrschaft , Landsmannschaften , Kom«
morsche , Saufgelage , Schlägereien an der Ta-
gesordnung; und gerade der Schwager eines
Mannes, an dessen Haus ich besonders empfoh-
len wari war einer der ärgsten Renommisten,
So kam ich allerdings zuweilen in solche Ver-
bindungen» Aber mein guter Engel und Got-
tes Gnade haben mich dennoch frei bewahrt,
dafs ich nicht Tom Wege der Tugend abge-
wichen und in grobe Ausschweifungen yerfal-
len bin. Da habj» ich, trotz alles bösen Bei-
spiels und Versuchungen, die Kraft einer from-
men religiösen Erziehung recht erfahren» Nur
4er Erntt des Studiums, der Fleifs, das be-
etändige Denken an Dio cur hie? — - litten un-
^r diesen Umgebungen, woau noch die herr-
— II —
liebe Natar, die' mehr hinaas, als bereio ins
Haas lockte, das ihrige beitrug.
Das eiozige, was ich wirklich in Jena ge-
lerot habe, und was ich ewig dem werthea
Loder rerdaiike, ist Anatomie , und ich kana
sagen 9 dafs ich alleSi was ich davon weifs»
ihm zu dankW habe. Denn er war eiosig als
Lehrer dieser schweren Wissenschaft, und hatte
eine Gabe des Vortrags und des Lebendig« und
Dentlichmachebs des Gegenstandes, wie ich sie
Bachher nirgends wieder gefunden habe. Die^
ser, Lehrer zeigte recht, da/s es nicht Ton der
Menge der Cadayer, sondern von der Methode
pnd BemUbung des Lehrers abhängt, wenn man
etwas lernt: denn mit zwei CadaTero — mehr
hatten wir den ganzen Winter hindurch nicht — •
bat er uns Toxtreillicb und hinreichend unter-»
richtet. .
Aufser den oben genannten waren meine
Freunde Kotzebue, Schulz, und ein gewisser
Schweikerif ein stiller, fleifsiger Mensch , der
mit mir in einem Hause wohnte.
Goliingen*
Mein theurer Vater überzeugte sich wohl,
dafs ich in Jena nicht so viel lernte, als ich
sollte, und zu viel Lust an Vergnügungen be-
kam. Auch bin ich überzeugt, dafs, hätte ich
länger in Jena zugebracht, es mit meiner wis«
senschaftllcbeji Bildung ziemlich mittel mafsig ge<-
hlieben wäre. Es wurde also beschlossen^ mich
Ostern 1781 nach Göttiugen zu schicken, einer
VniTersitäty die damals,- besonders in der Me-»
dizin, vor allen andern den Vorzug hatte. Dort
fand ich Männer, M^ie Richter^ Murray^ Bal^
dinger, l^rkberfff Blumenbaohf Gmelin, A\%
— 12 --
Zierden der medicuiieeheo Facultat; auÜBeraem
Schlözer, Lichtenbergs Kästner^ Gattenerp Heyne^
SpUtler^ — lauter Herqen der gelehrten Welt,
Ich aeiiete in Gesellschaft des Stad. GrellJ
mann^ eines mehrere Jahre alteren^ geseUteo,
ernsten, streng sittlichen und gelehrten Mannes^
der auch seine Studien in Göttingen Tollenden
wollte; mijt mir in ein Haus zog, und» wie ich
nachher wohl zu glauben Ursache hatte « im
Stillen Tom Vater beauftragt war, mein bera-
thender Freund und Beobachter zu sein, ohne
da£s ich es jedoch je bemerkt habe«
Ich kann nicht leugnen, dafs mit der Ver-
setzung nach Gottingen eine totale Veränderung •
in meinem ganzen Wesen Torging. War es «
der Einflufo der Göttinger Luft oder des dort
herrschenden Geistes, der auch unter den Stu-
denten mehr Fleifs, Anständigkeit und Selbst-'
Studium erzeugt, oder die erste gänzliche Ab-
geschiedenheit Tom elterlichen Hanse, das Ge-
fühl der Fremde — wahrscheinlich alles Ter-
eint — genug es ward stille io mir, und ich
fand kein grofseres Vergnügen, als meine Col-
legia zu hören, und dann auf meiner Stube zu
Studiren« Ich mufs Göttingen den Dank zollen»
dafs ^es den Grund zu meiner ganzen Wissen-'
scbaftlichkeit gelegt hat Dazu gesellte sich
noch ein grofser Grad, Ton Schwermuth , der
überhaupt immer in der Tiefe meines Charak-
ters lag, und durch zwei, mein Herz tief betrü-
bende Ereignisse gesteigert wurde: erstens durch
den Tod meines lieben Schwagers Weber in
Jena, dann durch den Tod meiner geliebten
Mutter, welche plötzlich am Nerrenschlage 1782
starb. — Mein Lieblingigedanke war das ^Ster-
ben, und mein Lieblingsüed;
— 13 -.
Meliiti LdbeM Ztil fmtecMi;
Stoodlidi eU* kh za 4tai Gnbe.
Betooden gegenwärtig war mir immer
der Yen:
Scheis' Seh TOI Dir
80 will ich BÜeh doch hmm
Cad deiaer Hälfe tnnea;
UikI weim ich auf dar £rde
Nicht grob, ■lebt glocUidi werde»
ToU Glaobent in dk) Zukunft ichaoee.
Von groftem Werth war mir der nahe Um-
gang mit LichUnherg und Osann, an dem ich
in den letzten anderthalb Jahren ins Hans zog,
nnd der mir durch die Liebenswürdigkeit sei«
nes Charakters, durch seine 'Wissenscbafl nnd
praktische Geschicklichkeit als Preand, Mdster
und Lehrer ron grobem Werth war nnd un-
yeigeüdich bleibt.
Groschke nnd Deneufville waren meine ein«
zigen näheren akademischen Freunde, Richter^
Blumenbach nnd Lichtenberg haben den stärk-
sten Einflufs auf meine Bildung' gehabt. Dem
trefflichen Richter verdanke ich die naturge*
mälse praktische Richtung in der Wissenschaft,
der ich durch mein ganzes Leben treu geblie-
ben bin.
In dem beifsen trocknen Sommer des Jah-
res 1783, wo nach dem Erdbeben in Calabrien
ein trockner Höhenrauch die ganse Luft er-
füllte, promoTirte ich den löten Julius mit der
Dissertation : de usu vis eleciricae in Asphj'ona
(opponentibns Hufeland ^ Girtanner^ Groschke)
nnd reisete den folgenden Tag nach Wei-
mar ab. — -
14 —
' /
Arzt in Weimar.
1783 — Oa.
Es war zu Encle des Julius, ab kh mei-
nen Einzug in Weimar hielt. Ich fand den
lieben Vater fast erblindet, sehr gebeugt und
traurig; Er konnte fast nichts mehr lesen, und
sah nur die Gegenstände im Grofien , -«- dabei
oft das heftigste Herzklopfen, Schwindel, Hy-
pochondrie. Die Schwestern waren aufser sich
vor Freude, ihren Bruder wieder zu ßeheo,
der nun auch die Stutze des Vaters und gaor
zen Hauses werden sollte.
Ich fühlte tief meioe nunmehrige Bestim^
mung, und nahm mir fest yor, mich ihr gams
zu weihen , des Vaters Arbeit zu. übernehmea
und ihm sein schweres Leiden zu erleichtern«
Es war eine grofse Aufgabe für den jungen
einuodzwanzigjährigen Maon, die ganze grofse
Praxis des Vaters -^ denn er hatte die stärk-
ste nicht blofs in der Stadt, sondern auch auf
dem Lande bis an die Harzgrenze von Thü-
ringen — - zu übernehmen , und sie ist mir auch
herzlich schwer geworden. Die Jahre, wo an-
dere JüngÜDga noch reisen oder das Leben ge-
nisfsen, sind für mich unter schwerer, oft kaum
zu bewältigender Arbeit, Sorge und Anstren-
gung Terfiiossen. Aber auch dafür danke ich
Gott, und erkenne es als weise Führung. Denn
erstens habe ich dadurch das mich durch mein
ganzes Leben begleitende , höchst beruhigende
und trostliche Bewufstseyn erlangt, meinem lie-
ben Vater die letzten, Jahre feines Lebens er-
leichtert und yersüfst , und ihm dadurch we-
nigstens einen Theii meines Danks und mei-
ner Schuld für seine grofsen Wohlthaten abge-
— 15. —
fragen so haben« Ich glaube , es hat mir See-
gen gebracht für mein ganzes Leben ; denn die
Schrift sagt: ^,Des Vaters Seegen bauet den
Kindern Hanser«" Andern Theils wurde es fiiir
mich die herrlichste Schule, unter seiner erfah-
renen, acht hippokratischen Leitung meine erste
Praxis £u üben i und ich habe dadurdi yiel mehr
gelernt und bin besser Eum Fracticus gebildet
iT^orden, als wenn ich alle Länder und alle
Hospitaler Epropas durchreiset' wäre»
Hein medidnischer Eintritt war nicht sehr
' glucklich« MerkwSrdig genug erlurankten ge-
rade an dem Thor, durch welches ich einge-
zogen war, swei Personen, ein Schmidt und
seine Frau, an einem Faulfieber, fibiorgaben
sich meiner Kur und starben beide. Dies schlug
mich etwas nieder, und hätte als ein böaes
Omen betrachtet werdeli können. Aber ich
führe es ausdrücklich an, um das Gegentheil
zu beweisen; denn ich habe zehn Jahre mit
vielem Glück in Weimar practicirt.
Ich lebte in meinem Hause ein ruhiges,
stilles Familienleben mit dem Vater, Tier Schwe-
stern (die älteste war als Wittwe wieder nach
Hause zurückgekehrt) und dem Bruder Friedrich,
der zwölf Jahre jünger war als ich ; das Leben
auGser dem Hause, und das war der gröfste
Theil des Tages, war desto geräuschvoller und
unruhiger für mich. Meine Lebeosordnuog ge-
staltete sich nun bald folgendermafsen 9 und blieb
auch nachher die Ordnung für mein ganees
Leben. Die Morgenstunde — ich stand früh
auf, im Sommer halb 6 Uhr, im Winter um
6 Uhr -* war dem Geiste geweiht, dem stii«
len Nachdenken,, den eigenen productiven Ar-
beiten (** denn früh ist der Geist am xeinsUa
— 16 —
and prodacÜTSten ^ am meisten sich selbst gleich,
am wenigsten gestört pnd getriibt durch das
Irdische, und daher reineren und höheren Ein-
. gebungen fähig — • auch ist es die einzige Zeit,
vre der Arxt noch ungestört ist , — die Stunden
im Sommer Ton 5, im Winter Ton 6 bis 8
Uhr sind daher durch mein ganzes Leben die
einzigen geblieben^ in denen ich schriftstelle-
rische Arbeiten gemacht und alles schrieb, was
ich je geschrieben , und das ist nicht wenig — )•
Die Zeit TOn 9 Uhr bb Abends 7 bis 8 Uhr
gehorte der Welt, das hei(st^ den praktischen
Geschäften (in der Folge auch den akademi-
schen) ; der Abend dem Herzen — - dem GenuCs
im häuslichen JPamilienkreiser
Mein praktisches Leben in Weimar war
in der That Tiel mühseliger, als es sich man-
cher praktische Arzt jetzt denken kann* Ich
znufste nämlich nicht allein von fräh bis Abends
9BÜ Fufse herumlaufen — denn Weimar gebort
SU den Mittelstädten , zu klein , um darin her«
mnzufahren, und doch zu grofs, um zu Fube
nicht recht sehr zu ermüden — , sondern es
kam nun noch die Landpraxia • dazu. Bald
schickte ein Pächter oder ein reicher Bauer^
oder ein Landprediger oder ein Gutsbesitzer e^ ^
iien Wagen, oder auch nur ein Pferd, oft ein
schlechtes, um' ihn zu besuchen^ zuweilen rier,
fünf Meilen weit^ am häufigsten jenseits des
Ettersberges, nach Schwerstädt, Krantheim,
Brembach, KoUeda, Beichlingen, Wiehe, Uel-
drungen bis Monchpfiffel, — - wo ich dann bei
den damaligen abscheulichen Wegen und im
Winter oder Frühjahr bei Thanwetter oft in
Lebensgefahr gerieth. Das AllerbeschwerUchst«
dabei aber war^ dafs ich znglticbi nach der
~ . 17 ^ .
damaligen tioch fast allgemein fa^trsch^ndeD
Sitte, auch die Arzrieien selbst geben und also
zumTheil deo Apotheker machen mnfste. Wenn
ich also mit deo KraDkehbesucheä fertig war»
so mufste ich nun noch Decocte, FuWer, Pil-
len machen und dispensiren, und, was nun
noch beschwerlicher war, Abends 9 Uhr, oft
mit TÖllig ermüdetem und erschöpftem Kor-
per , mich hinsetzen und in die Krankenbücher
die täglich. Terabreichten Arzneien eintragen, um
zu Ende des Jahres oder der Krankheit die
Rechnung machen zu können« Doch hatte die**
ses wieder den Vortheil , >dafs ich zugleich ge-
nöthigt war, täglich mein Krankenjournal prr
deutlich zu fuhren* Auph hatte das Selbstdis-
pensir«n manche andereVortheile* loh lernte die
Arzneikorper weit besser kennen , konnte mich
selbst Ton ihrer Güte und Aechtheit überzeu-
gen , war sicher, dafs bei der Zubereitung nichts
versehen ^urde, und, — was ein Hauptrorzug
des Selbstdispensirens ist, — noch bei der Zube-
reitung hatte ich oft auch einen glücklichen Ein-
fall Ton dem oder jenem Zusatz (wie ein Koch
bei der Zubereitung von der oder jener Würze),
der die Wirksamkeit erhöhete., Nicht zu ge-
denken des unendlich grofsern Zutrauens, wo-
mit der Kranke die Arznei unmittelbar aus der
Hand des Arztes empfing, und man weifs, wie
viel dies zur Wirkung beiträgt.
Genug , es war in aller Absicht eine höchst
TortrefEUche praktische Schule, durch die ich
io diesen ersten zehn Jahren ging , und gewifs
die beste Vorbereitung für meine nachherige
praktische Laufbahn, die ich freilich damals
noch nicht ebnete«
loiini.LZX«V.B.l.St. B
, , - i8 -
Ich war Abends oft so erschöpft und yoc
Sorgen niedergedrückt, dafs ich wünschte^ es
möge die letzte Nacht seyn. Perfer et ohdura^
dolor hio tibi producet oUUf dies rief ich mir
dann cu»
Es ist gevFifs eine der Haaptbeschwerden
des praktischen Arztes^ keinen Augenblick sieber
für sich zu haben; selbst die Nacht ist nicht
'sein, und hierin geniefst der geringste Holz-
hauer einen Vorzug, der Abends nach getha-
ner Arbeit Feierabend macben, seine Thur schlie-
fsen und nun sicher auf Ruhe reebnen kann.
Aber zwei grofse Folgen fiir das Innere ent-
springen djaraus: einmal, dafs der grofse Ge-
danke^ die Basis des ganzen Christenthoms -■ —
nickt für sich , sondern für Andere zu lehen —
immer lebendig in seiner Seele wohnt und im-
mer praktisch ins Leben gerufen wird; zwei-
tens^ dafs er sich gewohnt, nie mit voller Ge-
wifsheit auf Etwas, auch nicht auf Freuden und
Genüsse zu rechnen^— eine Eigenschaft, die
in diesem unsichern Erdenieben überhaupt sehr
nützlich ist. Ich erinnere mich z. B., dafs ich
in dem , zu jener Zeit sehr rorzüglichen Thea-
ter sehnlichst die damals neue schone Oper^
Azor und Zemire, zu boren wünschte und drei-
mal schon Billets dazu gekauft hatte, aber je-
desmal durch unrorbergesehene praktische Ge-
schäfte abgehalten wurde.
Also was man gewohnlich Freuden nennt,
deren genofs ich wenig. Meine einzige Erho-
lung und Aufheiterung damals war, aufser den
stillen häuslichen Stunden mit Vater und Ge«
schwistern, die Beschäftigung mit der Wissen-
schaft und der Umgang mit einigen Freunden
und geistreichen Männern«
— 19 —
Was das Erste betraf, so hatte ich eiM
groCse Vorliebe fiir Physik, besonders fiir di«
Lehre tod der Blectricität| und für die Natar-
wissenschafleo ron Gottiogen mitgebracht. leb
setzte meine Versnche mit der Eiectricität fort
ond stellte daDo Beobachtangeo mit der Hedj«
sarum gyrans ao^ woyod mir mein Freund
Groschke Saamen ans England mitgebracht hatte,
Anfserdem benutzte ich die auserlesene prak-
tische Bibliothek des Vaters zum Studium«
_ • • ■ .
Was das Zweite betraf, so war ich b(^
glücklich , des Umgangs der daipals ' Weima^
zierenden grofsen Geister, IFieland^ Herder,
Goethe, Schiller^ zu geniefsen, ja ihr Arzt za
seyn, und sie so noch Tiel genauer kennen zq
lernen. Aber mir näher traten Tier: Bode^
Bertuch, der Arzt Buchholz und MusafuSf be-
sonders die beiden Ersteren« Sie wurden, ob-
gleich älter j meine wahren Freunde und wirk-
ten yiel auf mich. Bade, der bekannte trelF-«
liebe Uebersetzer von Sterne, war eiqer der
merkwürdigsten Menschen. Seinen Anfang hatte
er ab gemeiner Regimentspfeifer gei^acht, war
dann Buchdrucker und Buchhändler in Hamburg
geworden, durch eii;ene Anstrengung wissen-
schaftlich gebildet upd Schriftsteller, Freund Toa
Claudius und Klopstock^ zuletzt vom IMinistep
Bernstorf ^ und nach dessen Tode Hausverwal-
ter und Gesellschafter seiner Wittwe , mif wel-
cher er in Weimar lebte. Er war von grobem^
starkem, kräftigem Korper, grundehrlich upd,
wahr, offen und gerade, freisinnig in allen Be<^
' Ziehungen , dabei voll Geist und Witz , und'
hatte ganz die Tristan Shandy^che Manier an-
genommen. Dadurch erwarb er sich in Wei-.
znar einen grofsen Einflufs^ am üicisten ^ut
B 2
— 20 —
jmjpb Leute 9 die et gern an sicli zog« Ntftur«
lieh war «eine Wirkung auch auf mich jungen
Hänn sehr grofs, und auch er bewies mir be-
sondere Aaszeichnung und Liebe. Sein Haupt-
Streben war damals der Kamjiif gegen Kalholi-
cismus und Jesuitismus (der sich in Teutsch-
land, besonders Berlin, sehr wirksam zeigte
und ton ificolai und Diester bekriegt wurde) .
und Reformation der Maurereib Damit verei-
Digte sich nun das Eingehen in die Freiheits-
ideen und den Kampf gegen Despotie, der da*
mals in Frankreich Vorbereitet wurde. Auch
Miraheau lernte ich bei.ibm kennen. Er zog
Blich natürlich in das Interesse aller dieser Ge-
genstände. Er wollte nun die Maurerei benutzen
zur Bekämpfung des'Jesaitismus und Despotis-
mus^ und gründete dazu^ als höheren Grad, den
niudiinatenorden , woran er mit Weishaupt und
Knigge thätig arbeitete.
Für mich war der Umgang mit Bode von
Stm grofsten Nutzen, in sofern ich veranlafst
wurde, noch eifriger auf Selbsterkennlnifs, Auf-
klärung, Reinheit der Gesinnung und Sitten hin-
jEuarbeitbn^ und ich diesem Streben recht 'riel'
Gutes fSr meine innere Ausbildung yerdanke.
Besonders war die sorgfältige Führung eines
Tagebuches und Aufzeichnung aller Gedankea
oder gelesenen Stellen, die einen besondern
Eindruck auf mich gemacht hatten , Ton vie-
lem Nutzen.
Der zweite Mann, dem ich hier ein Dank-
und Ehrendenkmal zu setzen habe , ist Bettuch.
Er meinte es redliteh und gut mit mir, und
Wirkte durch seine mannigfaltigen Kenntnisse,
ausgebreitete Bekanntschaft, Mittheilung lite-
rarischer Erscheinungen und Neuigkeiten^ un-
— 21 —
ermiidete Regsamkeit aod Uterarltcli-tacliobche
Thätigkeit auch aufregend auf mich, aod Auf«-
reguag too aufseu qod uacb aufseo be^tirfle
mein Geist»
So wurde das damalige Aih^n Ton Teqtscb-
laod ganz besonders ein ^ihemiür micb. and
ich Lana es nicht anders als eine Gnade Gottes
betrachten, da es einen so wesentlichen Einflufs
auf meine fernere Entwickelung übte^, dafs ich
in diesem Kreis ausgezeichneter Männer die er-
sten zehn Jahre meiner geistigen Entfalliing nnj
meines Herrortretens in die -Welt verlebte.
So entwickelte sich auch meine Liebe zur
Schriflstellerei, die vorher schon immer em-
brjoniscii in mir gekeimt hatte , zur That. — Die
erste Veranlassung gab das Unwesen , welches
damals Mesmer in Wien mit seinem Blagpetis-
mns angefangen , was sich mit ihm nach Frank-
reich verpflanzt hatte, und uns von da aus
wieder mit Pamphlets iiberschUttete. Manche
Aufdchlüsse von meinem Freund Reinhold , der
damals aus Wien kam, BertucKs Aufmunte-
rungen und literarische Hülfsmittel, meine ge-
sunde Lichtenbergische Physik, und die durch
Bode^ Nicolai j £ze5/er damals aufgeregte Furcht
vor Jesuitismus und Aberglauben --- Alles dies
drängte mich, öffentlich dagegen aufzutreten,
das Ungründliche, Unpbysische in der Sache
aufzudecken und Alles auf Täuschung der Sinne,
der Phantasie, ja selbst der Sinnlichkeit zurück-
zufahren. Ich glaubte dadurch der Wissen-
schaft, der gesunden Vernunft, ja selbst der
wahren Religion und Aufklärung einen Dienst
zu thun. So entstand mein erster liierarischer
Versuch, der Aufsatz: ,, Mesmer und sein Ma^-
netismus*\ der im Jahre 178Ö im teutscben Mec-
- 21 - '
I
kor abgedruckt wurde. JFieland war damit ao
Eufrieden, dafa er mir ein sehr scbmeichelhaf«
tet Billet oebst zehn tchSn glänzenden Ducaten
schickte. Man kann sicK die Freude eine» jun-
gen Autors hierüber denken , und dieses Zeug-
nifs eines hohen Meisters trug nicht wenig dazu
beiy meine Luft und meinen Muth zur ferne-
ren Scbriftsteilerei zu stärken. — Das Folgende
war meine Abhandlung ^fiher die uiusroiturig
der Pocken**, wozu ich die Absonderung , eben
8d wie bei der l^est ^— damals das einzige
denkbare Mittel — vorschlug. Eine damals ia
Weimar grassirende, hBchst bösartige Pocken-
epidemie veranlafste mich , meine Beobachtun-
gen darüber, so wie über die Inoculalion» die
ich damals häufig ausübte ^ niederzuschreiben,
die manche neue Ansichten und Erfahrimgen
enthielten. Dies war mein erstes Buch^ was
ich 1787 bei Göschen in Leipzig drucken liefs,
^xnit grofser Schüchternheit und Bescheidenheit;
ich war höchst zufrieden, einen Louisd'or für
den Bogen zu erhalten. Aber um so. überra-
schender war der Beifall, den er allgemein er-
hielt, besonders eine vortbeilbafte Becepsion in
der Allgemeinen Literatur -Zeitung Ton Fritze
in Halberstadt, und ich freue mich noch zu se-
hen, dafs meine Grundsätze, die ich damals
aussprach, noch jetzt' die wahren und allge-
mein anerkannten sind , — blöfs , weil ich sie,
wie Alles, was ich in meinem Leben geschrie-
ben t nicht aus meinem Kopfe, sondern aus der
Natur und Erfahrung geschrieben, überhaupt
sie diePeder wegen irgend eines äufsern Zwecks
angesetzt habe, sondern nur immer, wenn ich
so Ton einem Gegenstande aus innerer Ueber-
zeugung erfüllt war, dafs ich durch innern An-
— 23 —
\rieb . gedriiogt wnrde^ mich darab«r autca-*
sprecheo.
Eid anderer Gegeostaod naliin mich nach-
her auf das lebhafteste jd Ansprach ; „cfi> Sorge
für die Scheintodien und die Errichtung eines
Leichenhauses in Weimar". Frankes Ideen hier-
über hatten mich begeistert. Ich schrieb dar-
über eine Abhandlang fiir das Pablikum über
die Ungewifsheit des Todes, nnd hatte die Freude
zu sehen , dafs sie eine allgemeine Bewegung
und Theilnahme in Weimar hervorbrachte, und
besonders durch die Mitwirkung der edlen Grä-
fin Bernstorf (Wittwe des berühmten däni-
schen Staatsministers) eine Subscription zu Stande
kam, welche zur Errichtung des ersten Lei-
chenhauses in Weimar zureichte.
Auch die Beobachtung der schonen Selbst-
bewegangspflanze, die den Namen Hedysarura
gyrans fahrt , wovon ich einige Exemplare aus
Saamen in meinem Zimmer gezogen hatte, und
die merkwürdigen , noch immer nicht erklärten
Tag und Nacht fortdauernden balancirenden
Bewegungen ihrer Seitenblättchen beschäftigten
mich ein ganzes Jahr hindurch auf das lebhaf-
teste, gaben Gelegenheit zu einer Menge Ver-
suchen, mit Electricität u. s. w. , und zu tie-
fem Nachdenken über Leben und Reizfähigkeit
als Princip der Lebensthätigkeit , und veranlafs-
ten endlich eine Schrift darüber^ worin ich
zuerst diese Idee aussprarb, die ich nachher
weiter ausbildete. Aber ich war so beschei-
den, dieselbe zuerst ohne meinen Namen in
Voigts Magazin der Physik abdrucken zu lassen«
Hier darf ich jedoch nicht unerwähnt las-
sen, dafs schon in den letzten vier Jahren mei-
nes Weimarseben Lebens die Grundideen mei«<
^ ^i ^ .
nav MaboUotlk uod Pothogeaie ticfa io mir
erzeugten, uod in den frühen Morgenstunden
Ton mir niedergeschrieben wurden. Den er«
9ten Aostoff^ ^sur M^krobiptik gab ipir Bqcp^s
Pistorja vitae et mortis, und mei^e Ideeii ober
(^eben opd Lebenskraft bildeten sich aus rei-
per Beobachtung^ der Natur im gesuodeq und
l^ranken Zustande, besonders aber ples Eies,
4er Saamen iind d^r Germ^natipp so^fobl ioi
yegetabilischen als anin^alischen Organismus, *t-
•o auch die Idee Top der Ajifzehrung der I^e-r
benskraft (iatch das Leben selbst , und ange-
wendet auf einzelne Functionen , I^rankheiten^
Krisen, jals natürliche Folgen der Schwäche,
des Nachlasses durch die Ueberreizung upd
Selbstauüzebrung, und sp hatte ich schon d^*
mals den richtigen Begriff von der nachmals
Ton Brown indirecten Schwäche, lange vorher
(1787 — i90), ehe man noch wufste, d^fs eip
Brown in der Welt ^y ar.
Ich mnb hier noch ein Wort Ton ^lelnel||
Styl sagen, den man, wie ich in der Folge ge-
hört habe, gut gefunden und sich besonders das
Lob der Klarheit und Bestimmtheit ertheilt hat.
i|nd sa^en, wie ich glaube dazu gekommen za
^pyp. ^uer^t, dafs ich mich beständig bestrebte,
J^lqre und bestimmte Begriffe Ton allen Dingen
i^ meiner Seele zu bilden« Zweitens, dafs ich
1>e^pnders die romischen Autoren und Tor Al-
len den Cicero in meiner Jugend studirt hatte :
denn das, glaube ,icb 9 ist ein Hauptyor^u^ der
römischen Sprache, dafs sie den Jüngling 710-
thigt^ bestimmt, kurz und energisch zu den-
ken und auch den Gedanken so auszudrücken«
Selbst der Periodenbau hilft dazu und übt zu-
gleich in der Logik. S^br "viel hat mir noch
— 2Ö -»
daaa das StaJiam der Rhetorik (ErmesU loitia)
und des Quinctiliauus geholfen^ worauf der
gute Heinze sehr viel hielt« Dritteoi meg oeclir-
her die Beschäftigung mit der klassi^cbep fraur
zosischen Literatur viel beigetragen haben, dea|
Styl mehr Geschmeidigkeit ^n geben. Und
endlich ist gewiß noch ein Hauptgrund dieser^
dafs ich nie schrieb, ohne ganz von meineni
Gegenstand erfüllt zu seyn, unl das Geschäft
des SchHftstellers als etwas Hohes und Heili-r
ges SU betrachten, ja als das Höchste, weil es
)a hier allein, nicht blofs zur Gegenwart, son-
dern auqh zur Nachwelt spricht, und ich mir
dahes auch immer zum Hauptgesichtspunkt
machte^ nie. blofs an die Gegenwart^ ap das^
Literesse des Tages oder der Olode, zu depr
ken, sondern die Suche f^üAer und für olh
Zetlen zf^ fassen.
Am 13. Mär^ 1787 starb mein Vater aii
einem Frieselfieber im 57sten Jahre. Sein Ende
war seelig, wie sein Lebep, und poch sehe icb,
wie die Morgensoone gleich nach seinein Hin-
scheiden (es erfolgte Morgens), so ^ön uns an das
Auferstehen erinnernd , ins Zimmer schien, --r
Dieser Todesfall machte einen Abschnitt in mei:?
nem Leben. Ich wurde nun selbststäodig , so-
wokX in der Praxis , als in bürgerlichen und
ökonomischen VerhäUnissen. Es lag Vieles auf
mir, und ich bat Gott innig um seinen Bei-
stand. Wir Geschwister nahmen uns vor, ei-
nig zusammen im väterlichen Hause fortzule-
ben. Aber ich sähe wohl ein , ddfs ich nun
an das Heiratben denken müsse, und, aufser
der Sehnsucht meines Herzens nach einem zwei-
ten Herzen, waren zwei Grunde, die mich
tciebeo, die Ausführung zu beschleunig^D. D^i
— 26 —
e!ne war ^ie unaD^enehme and oft verlegene*
SteliuB§ eines praktischen Arztes , wenn er le*
dig ist; der andere^ die mancherlei onangeneh-
nien und kritischen Lazen, in \K^eIche ein jun-
ger Mann , der beiratbsfahig und gern gesehen
ist^ in Beziehung auf junge Mädchen und ihre
Familie kommt, mit allen den Rücksichten^
nicht zu beleidigen ^d auch nicht zu gewäh-
ren, besonders mit nfieiner Gewissenhaftigkeit^
die mir immer als höchst strafbar erscheinen
/liefs, einem weiblichen Herzen Hoffnungen zu
erregen , die man nicht erl'iillen wollte» —
Meine erste Neigung wurde mir nicht gewährt,
obwohl Alles dazu geeignet schien. Es trat ein
Freund aus der Ferne dazwischen, es entstand
ein schmerzlicher Freundschaftskampf, nnd ich
opferte der Freundschaft meine Liebe« — <- Da
erschien aus fernen Gebirgen ein junges, un-
schuldiges, heiteres y höchst liebenswürdiges
Mädchen in Weimar, die ich, da sie im Hause
des Bergraths Voißt lebte , fast täglich sah und
kennen lernte» Sie gewann mein Herz. Ich
dankte Gott, mir hier ein reines, unverdorbe«
nes Herz, im Gegensatz der vielen verbilde-
ten, zugeführt zu haben, und rerheirathete mich
mit ihr im November 1787.
Merkwürdig war übrigens das Fehlschla-
gen menschlicher, besonders väterlicher Pläne
während meines Lebens in Weimar« Der liebe
Väter hatte natürlich keinen grofseren Wunsch,
als seinen Sohn dereinst am Hofe zu seinem
Nachfolger als' Leibarzt ernannt zu sehen, wel-
ches schon der Grofsvater gewesen war. ' Er
that alles Mögliche dazu« Aber was geschah?
— Die älteste Tochter des Herzogs, ein Kind
von anderthalb Jahren, bekam einen Anialldee
^ 27 —
Asthma acatam Millari; ich besachto uod he-
handelte sie^ and sie starb am dritten Tage,
Dies konnte natürlich nicht viel Zutrauen za
dem jungen Arzte erregen. Des Hersogs Mut-
ter ward tödüich krank an einer Lungenent-
zündung« In der gröfsten Noth ward Uofrath
Stark von Jena berufen. Er wagte noch am
llteo Tage ein Brechmittel, und sie genas*
Dies gab ihm natürlich das gröfste Vertraueui
und -vereitelte des Vaters Hoffnungen für die
Zukunft für mich. Ich war und blieb Hofme-
dicus mit 100 Rthlr. Gebalt. Der Kummer
über diese fehlgeschlagenen Hoffnungen trug
gewils zu des Vaters frühem Tode bei. -—
Aber wie herrlich haben sich Gottes Wege in
der Folge entfaltet! Und wie hat sich gezeigt,
daEs gerade das scheinbare Unglück das Mittel
za meinem Glücke war. — Die Vorsehung
hatte mich zu einem höhereu und grofseren
Wirkungskreise bestimmt, von dem ich frei-
lich damals nichts ahnete. Wäre ich aber in
Weimar am Hofe glücklich gewesen und Leib-
arzt geworden, so wäre ich gewifs da stets
geblieben, uod -hätte nie als Lehrer, als Schrift-
steller, für die Wissenschaft, für die Welt,
für einen grofsen Staat, das wirken können,
was ich gewirkt habe. —
So lebte ich also in meinen beschränkten
Verhältnissen zufrieden, ruhig und thätig fort,
keinen Plan für die Zukunft machend, bemüht,
nur jeden Tag gehörig anzuwenden und meine
Pflicht als Arzt zu thun. Gott allein überliefs
ich die Sorge für die Zukunft. Ich schrieb in
mein mediciniscbes Tagebuch:
Der Menschen Leiden za Tersafsen^
Das höchste Glück ganz zu genielsen
28
Riji, Helfer, Trottet; bfer 'Zq sein ~t ^
ptes, Gott, lais inicb txei allen borgen 9.
Bei Tages Last^ an je^em schwülen Mpr^ei|
Gerührt empfinden , ganz mich weilin
Za belfen, zu trösten, zu erfreun.
v
Was meine religiöse Denkart betrifft^ 80
lebte icb freilich in Weimar stets opter lauter
sogenannten starke^ Geistern, das heifst solr
cben, "weiehe mc^/5 glqubtep, sopdern stolz dari»
auf waren ^ sich, wie sie sagten, ypn allen re«
]fgiosen Yprurtheilen nnd Aberglauben frei ge-r
Daacht za haben. Auch ich nahm daran Tbeil
lA Allem I was nicht wesentlich war^ Aber difi
Hauptsache blieb , der Glaubp 9n Gottes WoH»
An dies allein hielt ich mich , ja ich konnte im
Innern nur wahre Freude empfinden ,^ wenn ich
Andere in' Z vreifeln and philosophischen Sophi*
stereien begriffen sah und in mir die schSne Si?»
cherheit fühlte^ etwas Festes zu haben ^ an das
ich mich halten konpte, das alle Zweifel lö-r
sete. — Sehr wohlthatig war mir noch iuv die-
ser Zeit das Lesen yon Stilling^s Jugenfi teur
Stärkung des Glaubens und des kindlichen Ver-
trauens auf Gott^ wofür ich dem Verfasser noch
im Grabe danke. — Auch Herder^s Predigten,
voll Würde tind Salbung, und voll gottlichen
Geiste.9 un^ erhabener Ideen, triigen picht we-
nig 4dzu bfsi^ meine Seele iinuier mehr zu Gott
zu erheben und inein Chriatentbum zu yer-
edeln.
Während ich jiun so ruhig meinen tägli-
chen Beruf fortlebte, ereignete sich im Herbst
1792 ganz unerwartet ein Zufall , der meine
ganze künftige Bestimmuu^, )a mein Leben,
änderte und der. folglich kein Zufall war.
~ :29 —
GoMi hatte alle Freitage eine Geselliditft
gebüdeter Menschen beiderlei Getchlechte^ eine
Art TOD Academie, wo nach der Reihe jeder
etwas znr. Unterhaltung yorlrag; Die Ileibe
kam anch an mich, und ich las ein Fragment
^yüber das organische Leben" aus meinen Ar-
beiten über Makrobiotik TOf« Der Herzog War
gegenwärtig^ uiid gleich nachher sagte dieser
zu Goethe t ,,der Hufeland pafst 2n einem Pro-
fessor^ ich will ibo nach Jena setzen/' -*• Dies
wurde mir wieder gesagt Ich fühlte -zum er-
sten Male, dats ich dazu im Innern Neigung
und Anlagen hatte; ich erkannte zugleich in
diesem ganz ohne mein Zuthun Ton aufsen an
mich ergangenen Antrag eine Füguikg und Be-
rufung von oben, und der Entschlufs war gie-
faCst. Freund I^odtr that alles Mögliche, mir
den Uebergang zu erleichtern ^ und zum nachf-
sten Frühjahr wurde der Uebergang festgesetzt»
Professor in Jfena^
1793 ^ ISOIi
So trat ich also, durch höhere Macht ge-
leitet, und auch durch sie gestärkt, Ostern 1703,
mein Lehramt zu Jena als Professor ordioa-
rius bonorarius mit nicht mehf als 300 Thalern
Gehalt, aber der Hoffnung, durch die Honorare
der zahlreichen medicinischen Studenten das
Uebrige zu erwerben, an* Aufser dem Ver-
trauen auf Gott, stärkte mich eine innere Stimme,
die mir sagte, dafs die irielen Erfahrungen und
neuen Ideen , die ich über Leben , Kunst und
Wissenschaft seit 10 Jahren gesammelt hatte,
und von, denen ich ganz erfiUlt und tax Slil-
.^ ao —
ih^ildng gedrängt wurde ^ meiii Wlrlcen nufs-
lieh üDd seegensreich für die Bildung der Ja»
gend und Weiterförderaog zur Neugestaltung
'der Wissenschaft machen würden. Denn es
waren mir wirklich viele neue Ideen' aufgegan-
gen , die io die Betrachtung des Lebens lind ia
die Kunst einen hohem und Binheitsgesichts«
pankt 'brachten, nämlich die Ideen des Lebens, .
und diesen Alles unterordneten. Ich hatte in
diesem Sinne schon mehrere Jahre Fragmente
für ' die künftige MakTobiotik upd Pathogenie
niedergeschrieben , die ich nun cu meinen Vor«
lesungen benutsle«
Meine Vorlesungea fanden mehr Beifall,
iils ich erwartete und Verdiente. Besonders die
. Makrobiolik , die ich im grofseo Auditorium
Tor 4 bis «500 Zuhörern öifentlich vortrug, and
die wegen ihrer movatischen Tendenz, die sie
auf die Jugend haben mufste, mir viel Freade
machte und Seegen hatte. AuTserdem las ich
specielle Thera|)ie täglich zwei Stunden (in ei-
nem halben Jah»e das Ganze), so dafs ich täg-
lich 4 Stunden zu lesen hatte, die klinischea
Kranken besuchen und meine Vorträge täglich
erst ausarbeiten mufste. Daher ich alle Mor-
gen am 5 Uhr aufstand und ein sehr angrei-
fendes Jahr hatte, besonders im Winter, wo
die Fruharbeit bei Licht meine Augen sehr
schwächte. In der Folge trug ich noch ab-
wechselnd Pathologie and Materia medica vor,
ao dafs ich alle Theile der Medicin nach mei-
nen Grundsätzen bearbeitete« Meine Privat-
Torlesangen hatten immer 80 bis 100 Zuhörer,
voll von Eifer and Fleifs für die Wissenschaft.
Es war ein herrlicher Geist, unter der Jugend« .
Ea wurde dadarch das scheinbar UamSgliche
— 31 —
loglich. Das Clioicqm wurde mü 300 Tba-
irn, die ich dazu erhielt , dennoch eo toU«
ommeo besorgt, dafs jährlich 600 Kranke ba-
andelt und 50 junge Leute praktisch beschif«
gt wurden , — freilich durch die Verwendung
irer Honorare für das loslltut.
Hierzu kam nun noch der freundliche Em-
fang eines schönen Kreises hochgebildeter Kol-
gen und Freunde, iLoder^ Siark^ Batsch^
ichte^ Griesbach, Paulus, Huf eland^ Schiller^
I denen sich in der Folge, noch Schlegel und
:helling gesellten.
Im Jahre 1795 gab ich meine Pathogeme^
^96 meine Makrohiotik heraus, woTon die
*ste in der wissenschaftlichen , die Jetzte in
er populären Welt einen sehr yortheilhaften
lodrock machte, und ktzte in alle europäische
prachen (englisch, französisch, italienisch^
anisch, polnisch, schwedisch, russisch | ser-
ich) übersetzt wurde.
Zu gleicher Zeit fing ich , auf Zureden des
achbändlers Seidler, das Journal der prakti"
hen Heilkunde an , welches ebenfalls einen
glücklichen Fortgang hatte, dafs es durch
ein ganzes Leben hindurch fortgedauert hat,
id aufser dem wissenschaftlichen Nutzen für
ofrecbthaltung einer erfahrungsmäfsigen Qle-
zin » im -Gegensatz der hypothetischen, noch
r meine Oekönomie eine gute Stütze in der
3th und eine Hauptquelle meines Vermögens
urde, da ich es mir zum Grundsatz machte,
e Einkünfte davon nicht auszugeben, sondern
.ruckzulegen«
Die Folge Ton Alle dem war eine grofse
Igem^ine Berühmtheit, weit über meia Yec-
— 32 —
'ilLtt%\\ 'TT^s {ch aticfi^ GDtt»6y geJ^nlt^ Immer. '
äabei füblte. Uod dand wären wiederum die
Vollen ixttswäriige Vocaiiöhen^ die sich in den
Jahren 1797—98 fast drängten. Erst als Pro-
fessor nach Kiel> dann nach Leipzigs dann tfls
Leibarzt nach Rufslaöd vom Kaiser Paü^, eod-
.lieh als Professor nach Pavia . an P. FranJ^s
j^telle, und Ton ihm empfohlen. Ich schlug
•ie alle aus, weil . es ' ^nir in Jena wohlgiog;
aus Dankbarkeit ^egen mein Vaterland ^ weil
der Ehrgeiz keinen Re^z für mich hatte, und
Bufdand besonders auth deswegen, weil ich
dann von aller wissenschaftlichen Verbindung
getretirrt gewesen wäre. Die Stelle iii Pavia
tibd dn^ skhöue Italied mit 4000 Fl. Gehalt und
Tier Mdnäteb Sommerferi&ti , hatte den grofs«
teh Reiz; und dennoch lehiite ich sie ab> ein-
mal^ Weil ich mich 2u teutSch fühlte and ver-
pflichtet, das, Wasithsey, meinetn Vaterlande
Vor allen Dingen zu opfern, dann^ weil ich d^n
Katholicismus , besonders für meine Kinder,
^rchtete, und endlich^ weil eine Invasion von
JBonaparte and langwierige Kriege zu furch-
ten waren ^ was auch eintraf* Doch machte
ich die Bedingung , meinen Gehalt von 300 auf
600 Thaler zu erhöben und ein kleines Kran*
kenhaus für das Clinicum einzurichten.
Es war olTenbar der höchste Glanzpunkt
meines Lebens» Aber eben deswegen auch der
gefährlichste für meine Eitelkeit, für Nahrung
des Uebermnlhs^ des Stolzes und der Selbst-
sucht, und überhaupt für mein besseres Ich«
IJnd wie wunderbar, wie weise, wie gnädig
sorgte hier die Vorsehung durch unerwartetei
zum Theil höchst schmerzhafte, Ereignisse,
mich davor zu bewahren und mich in der De-
— 33 -^
moiD, oer Be8cbeidenfi6]t dnd det EoCsaguDg
zu üben ! ' ' \
Das erste war die Erscheinung des 'Broivn^\
sehen Systems, durch TFeikard, Roeschlauhi
Auf die befligsle, zum Theil unanfttändigsttf
Weise gegen alle anders Denkende in Teutsch--
land gepredigt , und durch seine Consequenz,
scheinbare Wahrheit, grofse Einfachheit ui^d
Leichtiglteit bei jungen Leuten Tiel Glück ma-''
cheodi Es verwundete mich tief. 'Einmal^ yreil
es die ^ahre» gründliche WisseDScb^ift^ Natur-^
ansieht und Erfahrung geradezu zerstörte^ und
10 der Praxis einen falschen , ja höchst gefahr-.
licheo Weg Terfolgte. — Zwßitens^ weil es
gerade mein persönliches Verdienst um die Wi»-;
•enscbaft raubte ^ indem es das, was ich mefn
Ejgeothum nennen konnte, — zuerst und lange'
Tor Brown den Gedanken und das Bestreben'
gehabt und öiFentlich ausgesprochen zu haben/
die ganze Äledizin unter £i/t Principe das Prin^
cip des Lebens oder Lebenskraft zu ordnen^ sd^
Einheit in die yerschiedenen Theile derselben
zu bringen und den Unterschied zwischen So«
lidar- und Humoralpathologen, Materialisten uqcl;
Dyoamisten gänzlich aufzuheben — jetzt al«;
lein dem Engländer Brown zuschrieb, der et
aber höchst einseitig nun unter dem Namen der*
Incitabilität aufgestellt hatte, und ihn daäiirch
als den Reformator und Restaurator einer r^ei«,
Den höhern Bledicin pries , — - ein Irrthum^^der
leider noch bis auf den heutigen Tag sich in'
deo tentschen Compendien und irielen Köpfen .
erbalten hat. — Drittens, weil dadurch^ die'
Jugend so beihört wurde, dafs sie die Ohren ^
far die -Stimme der Erfahrungslehre verscÜoiil'
and sich blindlings den neuen Irrlhtimern ergab« -
Journ. LXXXiy. B. 1. St. C
— 34 —
So macht* 9 fhich sehr.aDglScUIcfa» wenn idi
nmi , nachdem ich sie erfahrnogsmäfsig gebildet
Iiatte^ sie haafenweise nach Wien und Bam*
berg eilen und sich unter Frank und Marcus
Leitung dem yerderblichen Brownianismu» bin*
geben sah* Scbliefslich kam nun noch die
Kränkung dazu, dafs ich von Roeschlauh öf-
fentlich mit Allem, was ich schrieb und ge-
schrieben hatte, auf das Pöbelhafteste behandelt
und herabgewürdigt wurde«
Das zweite war ein körperliches Unglück,
mein plötzliches Erblinden auf dem rechten Auge.
Am 20. Norember 1798 war ich bei sehr
kalter , nasser Witterung in einem offenen Wa-
gen zu einem Kranken drei Stunden weit ge-
fahren und Abends 8 Uhr sehr durchkältet und
durchnäfst zurückgekommen. Hier fand ich das
eben herausgekommene Gedicht Goethe*s , Herr-
mann und Dorothea, fiel darüber her, und
durchlas es fast ganz bis Mitternacht unter gro-
Iser Anstrengung meiner Augen , schlief dann
bis 7 Uhr und, als ich erwachte, war ich in
dieser Nacht auf dem rechten Auge Yollig blind
geworden ;• ich sah da nichts als eine dunkel-
gc^auQ Wolke« Es war offenbar Amaurosis a
. metastasi rheumatica et nimia intentione nerri
optici. Meine Freunde Lader, Starke Bem^
steii^ thaten Alles zur Hebung des Uebels, aber
ÄU^swar Targebens; ich bescblofs endlich, ein
Inalbes Jahr die Augen gar nicht anzustrengen,
machte eine Reise nach Doberan, Pjrmont,
fitaenlein am Rhein (einem Gute, das ich ge-
kauft hatte) ^ brauchte das Seebad und Pyr-
mont; aber Alles war vergebens« Mein Auga
'blieb blind, ist es bis an den beutigen Tag
{<L4. Juni 1831) geblieben 9 und Gott bat mir
- 35 - .
dennoch das andere Auge so erhalten , dab ich
noch so viel io diesen dreifsig Jahren habe
thun können. Aber freilich damals machte die-
ses Unglück einen grofsen Eindruck and hatte
einen entscheidenden Einflurs aaf mein ganzes
Leben und künftiges Scbicksal. Ich mofste näm-
lich, mit grofser Wahrscbeinlichkeit annehmen^
dafs ich auch das andere Auge verlieren v?Srde*
Die erste Folge war: dafs meine literarischen
und praktischen Arbeiten gänzlich unterbrochen
wurden (der 2te Band der Pathologie blieb da-
durch zurück); die zweite, dafs ich mich für
die Zukunft darauf einrichten mufste, als blin-
der Mann noch nützlich zu sejn, und das konnte
nur als Lehret^ und Schriftsteller geschehen;
die dritte, dafs ich mich nun zum Vorlesen und
Dicliren fremder Hülfe bedienen mufste, und
dies war der Grund , dafs ich junge Studlrende
zu Hausfreunden und Hausgenossen annehmen
mubie, Harbauer und Bischaff[ *— Ich war
so glücklich, dem Kummer nicht zu unterlie-
gen , sondern mich bald wieder zu ermannen,
neue Kraft zu sammeln, und im Vertrauen auf
Gott meine Geschäfte, wenn auch schwieriger
und unvollkommener^ fortzusetzen. Ich bin über-
zeugt , hätte ich mich dem Gram und den Thrä-
nen hingegeben^ wie so Viele thun^ ich hätte
das andere Auge verloren,
Aufserdem hatte auch mancher stille Kum-
mer des Herzens mich längst dahin gebracht,
auf alles irdische Glück zu verzichten und mich
ganz dem höhern geistigen Leben zu widmen^
ja den wirklichen Uebergang in jene Welt als
ein Glück zu betrachten. -—
So fand mich das Jahr 1800, nicht mehr
freudig, noch weniger übermüthig, sondern
C2
— 36 —
xlenilich niedergebeugt und bekUinmert , dasn
auch die ('ti^fsere Lage nicht melir ermunternd
und erfreulich. Denn durch die französische
Rerolution und den sich aach in Teutschland
regenden Jacobinisimis und Sanscülottisinui, war
bei den Monarchen grofses Mifstranen , beson-
ders gegen Gelehrte und Acadeinien entstanden,
und selbst unser treffliche Fürst war durch man-
che freie Aeufserungen der Jenaischen Profes-
soren und durch die bei jungen Leuten so leicht
jBu erregenden Freiheitsideen der Jenaischeo Sto-
dentton etwas Ton seiner frühern Liebe für Jena
abwendig gemacht worden ; — • er besuchte m% ,
nicht mehr, die früher versprochenen and be-
connenen Verbesserungen blieben ans» und ich
ftlsbtosondere konnte das mir irersprochene und .
so nötliige Krankenhaas nicht erhalten, sondern
es schien , dafs , wenn eins errichlet werden
sollte, solches einem Andern , welcher in Wei-
mar mehr persönlichen Einflufs hatte , zu Theil
Werden würde. Schon verbreitete sich ein Mifi*
behagen mehrerer Professoren, und schon war
Fithte^ dtirch seinen unglücklichen Atheisten-
procefs Teranlafst, nach Berlin abgegangen*
Alles dies machte auch mich mifsmulhig, und
liefs mich für die Zukunft nichts Erfreuliches
erwarten* — Da erschien ganz plötzlich und
unerwartet ein Ruf nach Berlin an Seile's Stelle^
als Director des Collegium medicnm, Leibarzt
und ersten Arzt der Charitö , mit 1600 Thalern
^Gehalt* Ich verdankte ihn, wie ich nachher
erfuhr, aufser meinem literarischen Rufe, der
Empfehlung Beyme*s, der mich bei des Königs
Besuch in Weimar im vorigen Jahre persönlidi
kennen . gelernt hatte. In meiner jetzigen in«
oern und Sufsern Lage konnte mir diesev An«
trag nicht anders als ein Ruf von Obeni alt
-- 37 -.
cioo gnädige Fiigoog des himmUscben VAter»
^ ertcbeioen, besooders.da er so gansohn« mein
^ Zotbnn erfolgte. In Jena trübten sieb die Aus«
siebten für die Zukunft, hier öffnete sieb mir
ein grober, eifrenlicber Wirkungskreis, ein
grofaes Krankenbajis ^ wo ic)i aU kliniscber
Lehrer mehr Nutzen stiften konnte, ein weni-
ger beengtes Leben, ein liberaler, unter einer
neuen Regierung neu aufblShender Staat, und,
was för meine individuelle Lage und als Fa-
niilienTater besonders wichtig war, in einem
grofsen Staate eine scbBne Aussicht in die Zu-
kauft fSut mich und meine Kinder.
In diesem Sinne war der Entschlufs l>ald
gefafst« Ich legte mein Lehramt uiedor^ dank-
bar gegen den .Fürsten, der uiich i)»hiri ge«
setzt, und gegen die Akademie, die iiiM^h acht
Jahre lang eo freundlich und ehrenvoll gepÜegt
hatte, und (rat mit neuem iUuthe die neu err
öiFnete Bahn an.
Meinem Beispiele folgten nachher mehrere
der ausgezeichnetsten Lehrer, Loder^ Paulus^
Schelling, Hufeland ^ so dafs es einer Emigra-
tion ähnlich war.*
Während meines Aufenthalts in Jena wur-
den mir zwei liebe Kinder geboren, Julie in
Jena und Laura am Rhein, wohin sich, ihre
Mutter wegen sehr geschwächter Gesundheit
begeben mufäte.
Durch meine literarischen Arbeiten, be-
sonders die Makrobiotlk und das Journal, hatte
ich so viel gewonnen , dafs ich ein Kapital
von 10,000 Thalern besafs, welches ich znni
Ankauf des Gutes Uaeoleiu an der Bergslral&e
— 38 —
fSr 30,000 PL Rheinisch yerwendete, welches
ich mir ah Asjl für mein Alter dachte, über
was sind der Menscheo BerechnuDgeo ? Wie
Sans anders ist es gekommen? •— Achtzig
[eilen daron, im Thiergarten bei Berlin , habe
ich dieses Asyl gefunden. -*
«-. 39 ~
IL
Beobachtangen
einiger
merkwfirdigen FäUe von harfnäk--
kigem Erbrechen.
Von
Dr. F. BHSse,
K. Medizinal -Ratlie ond Hofimedikas xa Detiin«
(Vorgetragen d. 3. Fe^. 1837 in der Hofelandisdiea mcdi«
dnisch - chirorgischen Gesellschaft txl Berlin.)
, - I
"ie Pathogenie dea Vomitat chronlcnt ist In
▼ielen Fällen danke! and schwer so emiren»
Oft bedarf es einer fortgesetsten Untersachang
und genauen Beobachtung' des Kranken, eh#
-wir nur mit einiger Sich^theit £a bestinmilill
Tennögen : ob in casa concreto ein dynamisches^
oder ein organisches Leiden zum Grande liege?
— > Und anch nach der sorgfaltigsten Erwagong
aller ätiologischen Momente, wie oft bewebl
uns der Ausgange data wir irrten f Die lanr^
Dauer and die Heftigkeit eines Kiankheilsf
let veranlassen iinS| 'äsüsitf «tfohiene^ -berilü
. 1
^ 40 -
Aerzte la consultlren ; wiederholte jremeiaschaft«
liehe Beobachtung und Berathuog iubreD daraiif
bio: die Krankheit für unheilbar zu erklareo,
eia organiftches Leiden bestimmt zu erkenoeo»
Prognosis pessimal aber siehe, gegen alle Er-
wartung hört das Erbrechen auf, die Gesund-
heit kehrt wieder« — Nicht selten findet in-
defs auch der entgegengesetzte Fall Statt. Das
chronische Erbrechen steht, unserer Ansicht
nach, eyident als ein rein dynamisches Leiden
da; \Yir glauben von dem Kichtrorhandenseyn
organischer Entartungen überzeugt seyn zu kön-
jken Dod versprechen Heilung; a bar der Erfolg
macht unsere Diagnose und Prognose zii Schan-
den^ das Erbrechen hört nicht auf,, spricht al-
len ^ auch den kräftigsten Mitteln Hohn, der
Kranke verfällt in Tabes und gebt langsam dem
Tode entgegen, wenn nicht ein heftiger Unfall
oder :Apoplcxia nervosa ihn plötzlich* voji sei-
nen langen Leiden befreit. Die Section zeigt
uns Verdickung oder Verhärtung der Mageii-
laute, Verv^achsungen des Magens mit Leber
oder 'Milz u» dgl« m.; wir staunen und können
uns nicht erklären, fvann und wie diese be\ieu-
tenden Desorganisationen zu Stande gekommen
ftindV de der ELrankeiiie über heftige' ui^d dau-
Hf^de Schineczto, geklagt, höchstens an perio«
^ctKor Gastrodjnie>oder Cardialgie^elitteq, nie
nber .Witt SpprvDn. Entzündung, so weit wi«
nach Jn seiner KcanVbeitfgeachicbtf. zMruckgOr
^efi> fii)lBi;stdnd«ix Mt*
« ;:..^Die Fatbof^nie des icbropisch^n Erbrechens
firf. «bar auch «inj» höchst vQrwiflceltj»^ Kaum
ijüffftie es i^eod ^io in der specie^len Patbolo«
gie. Mfzufuhrendei Causalmoment. geb«n^ das^
^ 4i -^
Dicas EU erzeugen im Stande wa'te« Das chro-
piscbe Erbrechen kann^ if?ie die alten Patholo-
gen sich au»drück(en, ein morbus cum veL sino
materia seyn. Die Cootenia des Bjagens und
l)armkanaU, ob Tpn aufscn eingeführt, oder in
ihnen erzeugt, todle und lebende, können lange
Zeit liegen bleibeq, als fremde Reize forfwir-p
ken, das Erbrechen stets von Neuem erregen,
ohne selbst durch dasselbe teraangeiordert zi|
werden 9 nnd nach Wochen und Blonateo kann
die alte hippocratische Rege) : Tomltus Tomitu
curatur, noch mit dem besten Erfolge durch Dar*
reichung eines Emetici in Anwendung kommen.
Aber dergleichen materielle/ wie jede an-
dere entfernbare, Ursachen des Vomitus chro-
nicus können beseitiget seyn , ohne dafs wir
ihn dadurch heilen. Das Erbrachen wird leicht
iiabituell, pnd besteht blofs y| cpnsqetudinis^
mit Hartnäckigkeit fori ^ indem der Magen die
erlangte krankbi^fte ConvulsibilitHt behält, wie
etwa die Muskeln und ^lerYen aufserer Theila
bei ConTulsionen , oder wie eine Epilejisie, die
bei den geringfügigsten Ursachen wiederkehrt,
obgleich sie ursprünglich blofs .durch das An-
schauen eines epileptischen Anfalles entstanr
dea war.
Hahen wir zureichenden Grund, den con-
creten Pall als ein rein dynamisches Leiden
anzusehen, so macht es oft nicht geringere
Schwierigkeiten, zu bestimuieo : ob der Grund
des Uebeis in den IMerren , in den Blutgefä-
fsen, oder, aber in dsr Schleimhaut des filagens
seinen Si<z habe^ — ob und wie diese patholu^ri-
schen Zustände mit einander complicirt und so
vereint zur Erzeugung des Uebeis gewirkt ha-
ben? -r- Uysterismus mit Plelhora uuiveibal\%
— 42 —
und abdoinioalift^ Blutconge«tioD nach den Ma«
genhäoten bei allgemeiner Nerveoftchwäcbe,
chronische Leiden der Darmschleimhaat bei
Hypochondrie u, a. w.
Hienächst nehmen etwaige Buckwirlungen
pathologischer Zustände anderer Organe unsere
ganze Aufmerksamkeit in Anspruch; Reactio-
nen auf den Magen nach dem Gesetze des Con-
sensus oder des Antagonismus, wie wir sie be-
obachten von Cerebralaffectionen , dynamiscBer
oder organischer Art, und noch häufiger yoo
Krankheiten der Leber, der Blilz, des Pan-
creas, der Nieren, der Harnblase, des Uteroa
und des ganzen Tractus intestinorum mit sei-'
nen Contentis an Secreten oder lebenden und
todten Afterproductionen.
Endlich bilden einen wichtigen Punkt der
Untersuchung die allgemeinen Krankheiten des
ganzen Körpers, die metaschematisch oder me-
tastatisch auf sehr mannigfache Weise den Ma-
gen in ihre Sphäre ziehen , wohin besonders
die Dyscrasien und die Secretioneo , wenn sie
unterdrückt werden^ zn rechnen sind. — •
Diese kürzen Andeutungen erlaube ich mir
als Einleitung vorauszuschicken zn einer Reih#
Krankheitsfälle von chronischem Erbrechen»
welche ich, im Laufe einer mehr als 25}äliri-
gen Praxis beobachtete, und mit Terschie4o-
nem Erfolg behandelt habe.
Als ein Hauptergebnifs der gewonnenao
Erfahrungen mochte ich die Warnung für jBn-
gere und vielleicht auch für manchen altem
Collegen aufstellen: nicht zu rasch und nicht
zn sicher bei chronischen Krankheiten über-
haupt^ beim chronischen Erbrechen aber gaos
— 43 r- :
besonders, 'den Ausspruch zu wagen :^ Hier ist
ein Morbus orgauicus, milhin iasanabilisl Di«
Erkenntnifs ist zu schwer, ein Irrtbum immer
möglich. Wenn wir uns in einem bestimm-
ten Falle, Ton der ganzen frühem Lebensge-
schichte des Pat. nacn allen pathologischen Mo-
menten hin, so wie Ton der Entstehung und
allmähligen Ausbildung seines gegenwärtigen
Leidens genaue Kenntnifs verschafft, und diese
darch wiederholte Krankenexamep und sorg-
fältige Beobachtung ergänzt und verTollständi-
get haben , hiernach das XJebel als einen , durch
die Concurreuz dieser oder jener Schädiichkei-*
ten bewirkten^ dynamischen Krankheitszustan-
des erkennen zu müssen überzeugt sind, und ein
passendes Heilrerfahren dagegen in Anwendung
gebracht und lange Zeit hindurch mit Beharr-
Uchkeit fortgesetzt haben, das Uebel aber den-
noch allen unsern Bemühungen Hohn spricht,
das Erbrechen immer und immer wiederkehrt^
wenn es besonders ein Yomitus ingestorum is^
jegliches Nahrungsmittel, auch das mildeste,
alle Beschwerden hervorruft, und durch Erbre-
chen , in kürzerer oder längerer Zeit nach dem
GeDoCs, wieder ausgeworfen wird: müssen wir
dano nicht fürchten, uns in dieser Diagnose
geirrt zu haben? und kann man ans tadeln,
wenn wir unter solchen Umständen der Ver«
mothong Raum geben, sie auch wohl ausspre-
chen, dafs doch wohl eine organische Entar-
tung in medio sey? die Prognose daher zwei-
felhaft und ungünstig gestellt werden müsse?
GewiTs nicht! Aber nichts destoweniger ist es
eine heilige Pflicht , solche Vermuthungen nicht
gleich als apodiktische Wahrheiten hinzustellen,
im Gegentheil müssen wir sie, zum Heil des
liianken, immer von Neuem einer scharfen Kri-
- 44 -
tik unttryyerfjBD , 4amil lyir nicht in der Fort-
setzuDg der Kur erinüdeD, ja gelähmt werden^
und in ^er Ueberaseuguog , üafs die HeiluDg des
Kranken aufser den Grenzen der Kunst liege^
uns hiofs auf Palliativmittel beschränken, und
YOQ der Anwendung solcher Arzneien ganz ab«
stahen , von denen i nach einer^ mit Besonnen-
heit aufzusuchenden Indication, eyentualiteri
doch noch eine günstige Wirkung zu erwarten
teyn dürfte. Jiierzi^ einige Bfslege aiis der 6r<«
fahrung!
1.
Dorothea K« , die Frau einea Tischlert za
P. , 42 Jahr alt, Mutier mehrerer gesunder Kin-
der, regelmäfsig menstruirt, Ton bager«m|
schwächlichem Körperbau, litt seit meh^eraii
Jahren an Cardialgie^ welche «ie sich durch
Erkällnng und vielen Aerger zugezogen traben
y^oUle. Die Anfälle kamen alle 8 oder 14 Tagi»
und seltener, oft nach ganz geringfügigen Ur-'
Sachen, und waren immer mit sehr schmerz«
haftem und gewaltiamen Erbrechen verbunden,
wodurch Alles, was Fat. im Magen hatte, und
oft die bereits vor mehreren Tagen genossenen
Speisen^ mit Schleim, Wasser und Galle yerr
mischt, ausgeleert wurden» Mach und nach
erschienen solche Anfälle immer häufiger, bit
endlich Fat, täglich mehrmals, und beinahe nach
dem Genufs aller Nahrungsmittel bald mit mehr
bald mit weniger Schmerzen brechen mufste,
und dadurch im höchsten Grade erschöpft wurde«
Fat. wandte sich lln einen noch lebenden,
auch in der literarischen W«lt hocbberülunten
•• 45 —
Arzt ibrct Wohoortei^ welcher eia s^hr sorg-
fältiges , TOD leichtern za kräftigem Heilmitteln
fortschreitendes Heilverfahren instituirte, das
jedoch sieben Monate hindurch nur temporSra
Milderung, aber keine .dauernde Heilung be*
'Wirkte^ da er sich dann yeranlafst fand, dem
Mann der Pat. die Besorgnifs auszdspfechen :
dafs doch wohl ein orgartischef Fehlet des Ma-
gens Torhanden und die Krankheit unheilbar
sejn diirfte. Dies bewog die Kranke, den Bit-
ten einer hieran Berlin lebenden Verwandten»
welche ich von einer inveterirten Cardiajgie
befreit, hatte, OehSr zu geben und sich mei-
ner Behandlung anzuvertrauen^ .Sie kam also
higher und ward auch sogleich ^von heftigem
Magenkrampf nnd^ Erbrechen befallen.
Man rief mich, und ich fand die Pät« so
leidend, dafs ich kein gründliches Kranken-
exameo anstellen konnte, sondern mich damit
begnügen mufste, zur einstweiligen Beschwich-
tigung ihrer Beschwerden , ein Brausepulver mit
Extr. Hyoscyam. exsicc. gr, j zu reichen. Das
erste Pulver ward wieder ausgebrochen, das
zweite behielt Pat aber bei sich ; Brechen und
Schmerzen liefsen nach, und die Kranke legte
sich erschöpft zu Bette. Ich verordnete ^ alle
2 Stunden eins der Pulver fortzugeben.
Ein gan2!es Paket Recepte ward mir zur
Einsicht vorgelegt. Potio fiiverii, Bransepul-
Ter, Narcotica^ Nervina, namentlich Baldrian
und Chamillen, Bismuth- und Zinkoxyd, Ga-
storeum, Liq. C. C. succ. , Oele, wie Gajeput-
und Chamillen -Oel, endlich auch Opium, wa-
ren successive angewendet worden , hatten aber
das rebellische Uebel nicht beschwichtiget. Es
war sehr interessant^ m der Zeitfolge dec äcz>l«
— 46 —
liehen Verordnungen den besonnenen und sy-
stematischen Gang der Kur zu übersehen. Hier
fand kein unsicheres Umherirren , kein planlo-
ses Abspringen von diesem zu jenem Mittel
Statt ^ wie man es nicht selten bei langwierigen
Kuren wohl findet, vielmehr waren alle durch
die Erfahrung bewährte Arzneien in steigenden
Dosen und sinnigen Gombinationen , nach and
nach zur Anwendung gekommen und mit Beharr-
lichkeit fortgebraucht .worden« Nur die letzto .
Verordnung überraschte mich und schien za
beweiseo, dafs der Arzt^ durch die lange Er-
folglosigkeit seines Verfahrens ermüdet, auch
einmal zum Ungewöhnlichen gegriffen^ und sein
Heil in einem Mittel gesucht hatte ^ das viel-
leicht nie zuvor in ähnlichen Krankheitszustän-
den angewendet worden ist. Es war Plumbum
dceticum alle 2 Stunden zu | Gr.! — welches
er yermutblich nur allein in der Absicht gege-
ben hatte ^ die so hochgesteigerte SensibilitSt
und Reizbarkeit des Magens kräftig zu depri-
miren, gleichsam zu lähmen, nach Analogie
der Wirkungen des Bleies auf die Nerven über-
haupt. Auch dieses Mittel war^ gleich allen
übrigen^ ohne Erfolg geblieben.
Am andern Morgen sah icl^ die Pat. wie-
der und war nicht wenig überrascht, sie wohl
und munter zu finden« Meine Pulver hatten
Wunder gethan. Sie hatte nüchtern eins der-
selben genommen , dann schon KajQee und Zwie-
back gefrühstückt^ und dessenungeachtet und
gegen die Regel, weder Brechen noch Schmer-
zen gehabt. Ex juvantibus yerordnete ich da-
her den Fortgebrauch der Pulver alle 2 Stun-
den ein Stück y und verschob, weil ich in der
Zeit beschränkt war^ ein sorgfältiges Kranken-
r
— 47 —
ezamen i so wie den Entwurf eines zweckniK-
fsigen Karplans auf Morgen. Aber am andern
Tage befand sich Pal. noch besser; durch das
Krankenexainen erfuhr ich wenig mehr, als
dasj was ich Eingangs dieser Erzählung mi(-
' getheilt habe. Die Kranke hatte die ihr ge-
statteten leichten Speisen mit Appetit verzehrt,
nicht gebrochen und gut geschlafen« Von den
Polvern wurde nach und nach immer seltner
genommen, zuletzt nur Morgens und Abends
eins, und das Befinden der FrauK^ wurde alle
Tage besser.
Sie blieb bis In die dritte Woche in Ber«
lin , kehrte dann nach Hause zu ihren Wirth-
•chaftsgeschäften und zur früher gewohnten
Hausmannskost zurück , und hat von jener Zeit
ab nie wieder eine Spur des Magenkrampfs und
Erbrechens gehabt* Ich sah sie zwei Jahre
später, sie war vollkommen wohl und pries
meine grofse Geschicklichkeit, die sich in den
wudderthätigen Brausepulvern mit Hjoscyamus
kund geihan hatte« — Wie hoch, oder viel-
mehr wie niedrig ich meine Verdienste bei die-
ser Kur anzuschlagen hatte , wufste ich am be-
sten ; wie viel ich aber auf die Wirkung des
verordneten unbedeutenden Mittels geben sollte,
war in der That nicht leicht zu bestimmen«
War vielleicht zu jener Zeit gerade, in dem
Korper der Frau, und nachher in ihren aufsern
Verhältnissen irgend eine günstige Veränderung
vorgegangen , so dafs jetzt ein leichteres Mittel
das bewirken konnte, was ein kräftiges und
mit Einsicht instituirtes Heilverfahren bis dahin
nicht vermochte? Dies ist möglich! ich konnte
aber, so viel Mühe ich mir auch gegeben, nichts
darauf Bezügliches erfahren, und mufste mir
es offen gestehen^ dafs der Zufall allein mir
gedient halt0> eioe anscheinend so brillante Kur
zu inacben, bei der mein einziges VerdieDSt.
Tielleicht darin bestand^ dafs ich Ton dem ein-
mal verordneten 3Iiltel, ungeachtet seiner Ur«'
bedeutenheit und der anscheineiiden Wichtigkeit
der Krankheit^ nicht absprangt sondern es fort-
brauchen liefs^ weil es gutthat: und somit dea
f'ehler Termied , welcher jungen Aerzten eigen
ist (und ich befand mich damals noch im er^'
s(eü Liistrum meiner praktischen Laufbahn),,
nämlich alle Tage andere Mittel zu verschrei-'
ben ^ um schnell und sicher zu heilen, j^aa
vergesse nie die alte praktische Regel: Ex ju^
vantibus ei nöcehiihus optima jii indicatiol -^
2.
Gin Mädchen von 28 Jahren , früher !o gu-
ten Umständen lebend, durch den Verlust ihrer
Aeltern aber in eine sehr drückende Lage vcir«
setzt, hatte ihre todtkranke Mutter viele Wo«
eben lang Tag und Nacht allein gepflegt^ ^dal^ei
kneist nur von Brod und KaiTee gelebt^ und
sich so im höchsten Grade erschöpft. Ein ga-
strisch - nervöses Fieber war die Folge. E$ ward
mit Brech-^ und Abfdhrmittein glücklich bekämpft ;
aus demselben entwickelte sich aber allmänlig
das jetzt näher zu schildernde Krankheitsleiden,,
wegen dessen ich um Bath gefragt wurde ^ wel-
ches bereits seit mehreren Monaten bestand, and
die Kranke in einen Zustand yon Tabes yer«
setzt zu haben schien.
Ich fand Pat. im ßette liegend, bleich und
abgezehrt, detf Fuls über 100 Schläge klein und
weich. Die Kränke klagte über einen drücken-
den Schmerz in der Hageogegend^ der aie im*
— 49 —
lals gans rerUeba ond bei Berühraog der B^
ia epigastrica saoehme. Letitere wer aufjie»
iebeo und gespaoot; eine bettimmte amschrie*
»e Härte aber durch die sehr dfiooen Baacb«
»cken nicht hiodnrch sa IHhlea« Die Zooge
ar mit einem weihen, lockern , gleichmaüu-
m Ueberzag hedeckt, der Geschmack fad«
id widerlich, ond die Kranke brach beinah«
lies, was sie genob, namentlich alle festen
>eiseD, wieder aas, kurze Zeit^ nachdem sie*
ese xa sich genommen. Gleichzeitig wurde viel
:hleim und eine wäfsrige Feuchtigkeit ausge-
Brf, TOQ derPat. klagte, dafs sie einen eigen-
fimlich unangenehmen, aber nicht genauer an
«eichoenden Geschmack hatte. Das Ausge-i-
ochene yerbreitete einen zwar nicht starkeii|
»er specifisch widerlich faden säuerlichen Ge«
ich. Der Stuhlgang fehlte nicht ganz. Es er*
Igte eine ziemlich normale Ausleerung alle
-*- 3 Tage in geringer DIenge. Die Bfenstrua«
m hatte sich ebenfalls ziemlich regelmäTsigi
»er sparsam eingestellt.
Ich Termnthete eine bedeutende VerstlUH
nog und perverse Secretion der Schleimhaut
s Magens, und verordnete demgemäfs eine*
ilotion Ton Salmiak und nach 24 Stunden
n Brechmittel. Es wurde viel Schleim tob
eilsgelblicher Farbe mit untermitchten bräuii*'
:hen Flocken und etwas Galle ausgeleert, im.
■linden der Fat aber dadurch keine Veran-*
rong herrorgebracht. Ich schritt nun zu be«
nftigenden und krampfstillenden Mitteln : Koh«'
Bsäure in verschiedenen Formen , als Brause-'
Aver, Saturation und künstliches Selterwas*'
r, dabei Hyosc, Aq» Laurocerasi und Bella-*
>nna, erst allein, dann combinirt^ mildtllen
— 60 —
ditf Beschwerden} machten das Erbrecheta selteneri
hoben es aber nicht ganz. Die Metalloayde glaubte
ich f als an und für sich schwer yerdaulich und
cmde, hier nicht an wenden zu dürfen. Ich forschte
sorgfältig nachj ob yielleicht irgend eine Se-
cretion yermindert oder unterdrückt sej, für
welche die Magenschleimhaut Ticariirend ein-
getreten wäre , wodurch dann das Erbrechen er-
zeugt wurde. Menstruation, Stuhl- und {lam-
ausleeroDg waren, wie schon gesagt, normal,
Bautausschläge waren nicht da gewesen, und
an rheumatischen Beschwerden hatte Pat* nicht
gelitten, obgleich sie zugab, während der Krank-
heit ihrer yerstorbenen Mutter, bei deren Pflege
lieh .Tielen Erkältungen ausgesetzt zu haben,
(«eher, Milz und Darmkanal, boten nichts Pa-
thologisches dar. Endlich erfuhr ich auf mein
bestimmtes und wiederholtes Forschen, dals
Fat. früher an Fufsschweifsen gelitten hätte,
diese aber seit längerer Zeit, uud ohne be-
stimmte und directe Veranlassung allmählig
Tersch wunden, wären. . Ich glaubte hierin ein
neues Heilobject gefunden zu haben , liefs warme
Ettfiftbäder verschiedener Art brauchen , und
warme Bekleidung Ton Wolle, Pelz undWachs-
taffent tragen« Die Füfse wurden zwar danach
wieder feucht, es besserte sich aber das Befin*
den der Pat. auf keine Weise. So kam ich
denn auf den Gedanken, einen deririrenden Ge-
genreiz zu machen, und liefs statt der aroma«
tischen und narkotischen Magenpfiaster , wel-
che Pat. schon lange getragen hatte, ein gro-
fses Vesicator auf die Regio epigastrica legen*
Dies erregte, in den ersten Tagen , "viel Schmers
und einen starken serösen Abflufs,
aber im Befinden der Fat, ebenfalls nichts.
^ dt ^
Nach mehreren Tagen üng die entxSndete
Stelle an gehörig zu eitern ; ich lieh die Eite*
nng beharrlich nnterhalteoij zugleich die schon
laogiit TerordneteD Tropfen von Extr. Bella«
dann, in Aqua Laarocerasi fortgebraochen, nnd
hatte nnn nach etwa 10 — 12 Tagen die grofse
Freude y eine allmählig fortschreitende Besse*
rang eintreten zu sehen. Dies überraschte mich
sehr, Teranlafste mich aber zugleich , auf alle
Umstände genau zu achten, und es ward mir
nicht schwer zu entdecken , da£s die Eiterfläche
der spanischen Fliege hier zu einem eigenthiim-
liehen pathologischen Secretionsorgane gewor-
den war. Die auf derselben^ Statt findende Ab-
sonderung zeigte dem äufsern Ansehen nach
nichts Ungewöhnliches y war auch quantitatir
nicht excessir^ exhalirte aber einen eigenthüm-
lieh widrigen Geruch, welcher der Kranken beson-
ders lästig war, aber auch denen, die sich ihr
näherten , höchst unangenehm auffiel. Alle be-
haupteten , dieser Geruch habe die grofste Aehn-
hchkeit mit dem , welchen sonst das Ausgebro-
chene verbreitet hätte, nur sey der des Vesi-
cntors viel penetranter. Von der Richtigkeit
dieser Angabe habe ich mich selbst ToÜkom-
men überzeugt. Nach mehrwochentlicher Dauer
der Eiterung verlor sich der Geruch des Setrets
allmählig, und ich llefs die spanische Fliege
langsam und mit grofser Vorsicht eingehen.
Die Besserang der Pat. blieb constant. Ihre
vollständige Genesung erfolgte , da die Verhält-
nisse eine recht sorgsame Pflege unmöglich
machten, zwar nur langsam, aber beinahe ohne
alle Medicamente 9 und Pat. hat auch später,
so viel mir bekanntgeworden^ keinen Riick-
fall ihrea Uebels erlitten« — •
02
— 62 —
3.
G^acldchU eines glücklich geheilten chronischem
Erbrechens^ welches 7 Jahre gedauert haite.
Es war am 21steii Octbr. 1836, als ich
Hro. Aog. B»«, aus L«, den Gegeostaiid des
XQ arzähleoden .Krankheitsfalles | 2um ersten
Male besachte*
Ich fand den, 36 Jahre alten Patianten
bleich, in hohem Grade abgesehrt and in ei-
nem halb ohnmächtigen Zustande , auf dem So-
pha liegen* Sein Puls wer klein and schwach,
schlug etwa 100 Mal i& der Minute | die Haal-
temperatnr war normal»
Nach einigen Minuten, während deren
Pat. von meinem Erscheinen gar keine Notis
genommen hatte, stiefs er plotzUch einen durch-
dringenden Schrei aus^ wobei der Mund ge-
waltsam aufgerissen und die Gesichtsmuskdn
krampfhaft yerserrt wurden, und rerfiel dann
wiederum in den Torigen apathischen Zustand
xurück« Kurze Zeit darauf erfolgte eine spa*
sliscbe Zusammenschnürung der Halsmuskeloi
und Pat. machte die heftigsten Anstrengungen
cum Würgen und Erbrechen, durch welche
dann, nach mehreren fruchtlosen Bemühungen,
eine Menge Schleim, Wasser, und endlich die
genossenen Speisen und Getränke ausgeleert
wurden. Darauf lag Pat. wiederum mehrere
Minuten erschöpft und regungslos da, bis er
plötzlich und zwar abermals unter durchdrin»
gendem Schreien, Ton conTulsirischen Zockan-
gen des ganzen Körpers, besonders aber der
untern Extremitäten , einem beginnenden Schüt-
telfröste nicht unähnlich, befallen warde, bei
denen jedoch das Bewulstseja nicht yerloren
« 53 w
ging; Auf diese folgten endßcb fcefttfe Kolik-
ecbmerseD, Teoeunue uod Dräogen aof den
Urin^ die den Pat, TOn Neuem io die giSbte
Ab^annang Tenetzlen, welche sein# Umge-
bangen dnreh eine^ Doeis Eaaigäther in beaeUi^
gen sachten«
Das Kranken -Examen war sehr mBbtamy
weil Fat seit einigen Jahren an Schwerhörig-'
keit litty and ans Schwäche die ihm Torgeleg-
ten Fragen nur mit Anstrengung cu beantwor-
ten Termochte» In ruhigem Momenten beschrieb
er indefs die Kolikscb merzen als sehr heftig,
und beseichnete die linke«Seite des Unterleibs,
die Nal>elgegend und von da aufwärts gegen
die I^üz bii^ , als den Hauptsits derselben. Ue«
berdiefs aber erstreckten sich, seioer Aof^be
nach,, die Schmerzen auch abwärts nach dem
Mastdarm hin, uod dieser würde, auf eine ganz
unleidliche l^^'eise, zusammengeprelst. Die an-
gegebenen Stellen des Unterleibs wollte Fat«
etwas hart und geschwollen fühlen , ich konnte
mich aber Ton der Richtigkeit dieser Angabe
nicht überzeugen*
Von allen seioen Leiden marhte der Kranke
eine sehr delaillirte, lebhaft ausgemalte Schil-
derung, und fügte derselben noch die, ihm
plausibel scheioenden pathologischen Erklärun-
gen hinzu* „Verschleimuog des Halses und
^,der Därme," meinte er, „sey der Grund sei^
„oes Uebels; der Schleim müsse immerfort
,,ausgeleert werden , und er wenigstens swei-
„mai täglich Stublansleerungen haben y sonst
„ginge er zu Grunde u. s. w." — Kurz, ht
perirte ,sich als ein ächter Hjpochonder, als ei-
ner, den man einen Vir hjstericus nennen
mochte y wozu noch kam^ dab er| als ehema-
— 54 —
lig«r Apotheker y nicht nur alle Recepte lai«
und die Medicamente ihren Wirkungen nach
•inigeraialiien kannte ^ sondern auch die Zweck«
mäbigkeit oder Unzweckmäfsigkeit der ärstli-
eben Verordnungen beurtheilen xu können Ter*
meinte.
Der Stuhlgang war schon seit Jahren nie
Ton selbst erfolgt, sondern immer nur darch
drastische Porgsnzen prorocirt worden. Der
Urin dagegen wurde häufig gelassen, in grö-
berer oder geringerer Menge, bald wasserheU,
bald natürlich, bald dunliel gefärbt. Die ge-
nossenen Speisen y selbst die leicbtTerdaulich-
sten, wurden mit dem gewaltsam heraufge*
ipnirgten Schleim wieder ausgebrochen. Die
Zunge fand ich dick weifs belegt, und Pat»
batte seit 9 Nächten nicht geschlafen, und das
Sopha, auf welchem ich ihn fand, nicht Ter-
lassen können.
Von dem bisherigen Arzt unsers Kranken
erfuhr ich, dafs derselbe sich seit länger als
4 Monaten hier in Berlin befände, und während
dieser ganzen Zeit, unausgesetzt und nur mit
unbedeutenden Variationen, an den eben be-
schriebenen Krankheitserscheinungen gelitlen,
welche bisher allen, auch den kräftigsten Art-
neien (beruhigend -krampfslillenden, wie resoU
Tirend ausleerenden) , hartnäckig widerstanden
hätten. Er habe sich, durch die Wichtigkeit
des Falles 9 gleich bei Uebernabine der Kur,
bewogen gefunden , noch einen altern , durch
Wissenschaflllchkeit und reiche Erfahrung aus-
gezeichneten, Arzt zu Rathe zu ziehen; dieser
habe gemeinschaftlich mit ihm die Kur gelei-
tet, uud nur in der letzten Zeit den Kranken
' nicht mehr besucht« Kach Allem wäre er nicht
h
. 55 ~
abgeneigt, An organisdies Leiden des Magent
und der Uolerleibsorgane als Ursache des in
Bede eteheoden KrankheHsfalles aozanehmen«
Ich bat ihn nao, am mein Urtheil anbefangen
u erhalten, mir es zu gestatten, von der bis«
lierigen Behaodlong und in specie von den an«
gewandten einzelnen Mitteln . xnvitrderst 'keiner
tpecielle Kenotnifs nehmen zn dürfen , yieltnehr
winschte ich ihm meine Ansicht Ton dem We«
UD der Krankheit nnd der dagegen ansnstel«
lenden Knr frei nnd offen, blofs nach der bis^
her dayon gewonnenen Ansrhauang, yorznle«*
fsen. Er genehmigte dies sehr gern, wie er
überhaupt mit acht collegialiscber Humanität
mir in jeder Hioaicht entgegenkam.
Um jedoch die Krankengeschichte mehr in
der Zeitfolge zu erzählen, schalte ich hier zu«
Torderst dasjenige ein, was ich später, unj
zum Theil erst, nachdem die Kur schon bei*<p
nahe yoUendet war, darüber erfahren habe,
Herr A. B«, jetzt 36 Jahr alt, soll in sei-
nen Kinder- und Jünglingsjahren zwar schwäche
lieh und reizbar, aber stets gesund gewesen
sejn. Er erlernte die Apothekerkunst und übte
sie auch mehrere Jahre praktisch aus. Später
aber widmete er sich der Landwirtbschaft, und
bei seinem Aufenthalte auf dem Lande soll er
eben, durch häufige Erkältung der Füfse, die
Grundlage zu seiner jetzigen Krankheit gelegt
haben, zu deren Erzeugung indefs starke und
yviederholte Diätfehler und heftige Gemnthsbe-
wegungen mitgewirkt haben dürfte». Die Krank-
heit begann im !• 1825 , also yor jetzt 11 Jah-
ren, mit gastrisch -rheumatischen Beschwerden, ^
Mangel an Appetit, Aufgetriebenheit des Unter-
leibs, f'latulenz und einem heftigen Schmerz
^ iü ^
in dar Unken Wa^e« welch« den. Pet. Im Ge«
hen hinderte» Hiesa geteilte sich noch StohU
TentopfuDgy nnd de? offene Leib . erfolgte oft
Wochen lang nar auf den Gebrauch fttarker
Purganxen« Die Zange war dabei belegt nrid
der Kraoke empfand ofteri eine TorSberge«
bende , wie er sich ausdrückt ^yUerTOse" Hiftn.
Diese Beschwerden hielten bald läogere, bald
kärsere Zeit an , und kehrten , während meh-
rerer Jahre y häufig wieder, bia' endlich auch
Boch das Erbrechen von Schleim nnd Speisen^
die Zuckungeo in den Extremiläten uod die
ohnmachtäho liehen Zufalle sich hiozugesellteo,
Periodenweise war das AUgemeiobefiodeB des
Kranken ganz leidlich, aber die geringste Er-
kältung nnd jeder, auch der leichteste Diätfeh-
ler, fährten alle Beschwerden sogleich wieder
herbei. Von dem Schmerz in der Wade, tob
der Leibesverstopfung und Ton dem Schleim-
würgen und Speien, wi)l Fat* jedoch nie wie-
der, auch nur einen einzigen Tag ganz befreit
gewesen seyn. Das Erbrechen tou Speisen da-
gegen machte öftere , meist aber nur kurze lo-
termissionen , und kam um so häufiger, |e un*
wohler Fat. ^ich im Allgemeinen befand.' Die
Speisen wurden dann , Theils gleich, nachdem
sie in den Magen gekommen , Theils erst nach
3 — 12 ja 18 Stunden wieder ausgebrochen, und
waren entweder wenig oder gar nicht verän-
dert, oder aber si^ rochen und schmeckten sehr
aauer. Tenesmns und Flatulenz quäken dabei
den Kranken unaufhörlich, steigerten sich von
Zeit zu Zeit bis zu den heftigsten Kolikscbmer-
zen, die dann io Zuckungen, und zuletzt in
jenen halbohtimächtigen Zustand übergingen,
dar oft ö ja 10 Minuten gedauert* haben aolL
— 67 —
WabrM j dIeMt laBgVB Zeitrtmnf worden
Anfangs (nach den apätern •chrifUichen Mittbei«
langen dee Pat« und aeinea Brudera, welcher
lledicin atudirt hat) abwechselnd resolrirende
nad bittere Mittel angewendet, dann blofa bit«
tere, wie Gentiana, Trifol. Centaqr, and Quat«
siai endlich aber auch China gegeben, und alle
Sommer eine Brannenkur gebraucht. In der
ersten Zeit behandelte unsern Patienten ein an-
erkannt geschickter Arzt seioer Vaterstadt. Da
die Kur desselben aber ohne den gewünschten
Erfolg blieb, so hatte Pat. sich hieher nach
Berlin begebea, und den Beistand eines alten
berSbmten Arxtes in Ansprach genomineo, und^
war dann später auch, lo eioem ununterbro^''
ebenen achriftlichen Verkehr mit demselben ge«
blieben, dergestalt, dafs er dessen Kur auch
nn Hause fortsetzte, und den eigentlichen
Hausarzt nur dann zu Rathe zog, weon seine
Beschwerden sich zu sehr steigerten. Letzterer
Terfubr dann mehr symptomatisch und pallia-
tir, und soll sich mehrmals dahin ausgespro«
eben haben , dafs an eioe Radicalkur doch nicht
Bu denken wäre, da wahrscheinlich ein orga-
nischer Fehler des Rackenmarks oder der JUa«
gennerreo dem Uebel zum Grunde läge,
Patient hatte nun, auf den Rath jenes Arztes,
mehrere Jahre hintereinander Karlsbader- (den
Icüottlichen in der hiesigen Anstalt, oder an der
Quelle selbst), dann Marienbader- und zur Nach-
kur Fachinger-, Eger- und Pyrmonter-Brunnen
getrunken, und dabei, zur Beschwichtigung und
Stärkung der Nerren, 30 See-, 40 Slaub-und
an 400 kalte Sturzbäder genommen. Die Ri-
•ennässer bat Pat., seiner Aussage nach, nie
~ se —
Terfragen^ Tom Karlsbader -ßraönen ^fll er
dagegen immer Erleichterang seioer Bieich wer-
den, durch Abführung des Schleims, empfun-
ded fthben. Es mnfsrten jedoch auch bei die-
sem Brunnen clie Aloelica in verschiedenen For-
men tK)ch zu Hülfe genömmnn werden^ wie
Fat. überhaupt erklärt, seit 1827 unausgesetst
sich nur durch diese' Mittel LeibesölTnung ver-
schafft 2u haben. Im yerwichenen Sommer
(1836) mufste von dem intendirten Gebrauch
des künstlichen Karlsbader Wassers / abgestan-
den werden, weil sich das Erbrechen, wVlches
längere Zeit zuvor nicht dagewesen war^ dar-
nach einstellte. Dieser Brunnen war von dem-
selben altern Arzt verordnet worden , der sich
äber^ wegen eingetretener Mifshelligkeiten zwi-
schen ihm und dem Fat, schon nach wenigen
Tagen von der Kur zurückzog. Diesis Begeg-
nung kränkte Pat. sehr, und scheint auch oach-
theilig auf seinen Zustand eingewirkt zu ha-
ben. — * Hierauf traten nun die beiden andern
Aerzte consultirend zusammen« Sämmtlicho
von ihnen verschriebene Recepte liegen mir
vor^ und daraus ergiebt sich, dafs zu' verschie-
denen Zeiten folgende Bfittel in Anwendung
gezogen wurden ; von auflösenden und auslee-
renden: Drechmittel, Aloetica, Extr. Hellebori,
niellag. Taraxaci, Tart. tartarisat, Infus. Hb»
Gratiolae , Rheum , Tart. emetic. ; von Aetho-
reis nervinis, krampf stillen den und stärkenden
Mitteln: Potio Riverii, Aefher acetic. , Asafoe«
tida y Zioc. sulphuric, Tinct. Castorei, Ol«
Carvi , Cajeput, Valerianae, Tinct. Pimpinell.
Slorphiuin aceticum zu ^ Gr. pro dosi, und
Vor diest^n A(jua oxyrnuriatica, waren lange Zeit
gegeben, und äiifserlich Einreibungen von Ol.
Sinapeus und Spirit. Viu. angewendet worden.
— 59 -•
Am ITtee Oefober endlfch vlath der eon^
tnhlrte Arzt schriniich and Dabm damit glalcb-
sam ron dem Kranken Abscbied^ da bitfaer
keiD Mittel irgend ErleicbteruDg gebracht babe,
so dem Torsicbtigen ionero Gebrauch ron Ar-
gent. nitric. %n ^ Gr. pro dosi. Verordnet
warde daher yon dem ordibirenden Arzte: Rec.
Argent« nitr, gr. j. Extr. Liqair« q. s. f. piL
No. 30. S. Alle 2 Standen 1 Stack. Hiervon
hatte Fat. rom 17ten bis zum 22sten aber ohne
Erfolg gebraucht f sie wurden daher bei Seite
gesetzt and ich schritt zor Entwerfting eines
neaeo Heilplans.
Der ganze Complex Ton Symptomen, wel-
chen Patient darbot, schien mir rein spastischer
Valar zu eeyn. Auch den Status piiuitosus dar
Wege des Schlingens glaubte ich, grofsen Theils,
als das Produkt der krampfhaften Zusammen-
schnürung des Halses^ beim gewaltsamen Wür-
gen und Erbrechen und der dadurch erzeugten
Reizung der Speicheldrüsen und der Schleim«*
häute des Schluodes, des Rachens, des Kehl-
kopfs und der Luftrohre, ansehen zu müssen.
Ich war überzeugt, nichts als einen Spasmus
Gnlae, ut ita dicam, hystericus yor mir zu ha-
ben, welcher, ex post, und mehr consensuell
die Convulsionen des Magens und den Vomitus
chronicus nach sich gezogen hatte. Anderer
Seite schien auch der Abgang des Schleims mit
dem Stuhlgänge mehr Folge der inreterirten
Verstopf:iDg und der beständig dagegen ange-
wandten scharfen Bkdicamente zu teyn. Irh
konnte mir es allerdings bei der langen Dauer
und der steten Wiederkehr des Uebelg, nicht
Terhehlen, dafs eine materielle Entartung ir-
gend eines, zum Di^estionsappacat geV\övv^(iti%
«- 60 —
Orgaiit demdben wobl Eom Granda Uegtn
mSchtOy und namentlich wurde ich wiederhol
lentlich darauf geführt, an eine etwaige Des-
organisation der Bauchspeicheldrüse, etwa an
einen Sdrrhns derselben zu denken, wofür das
Brechen yon Schleim und Wasser, die offtars
saure Beschaffenheit des Ausgeleerten und der
lange Zwischenraum zwischen dem Genub der
Speisen und dem darauf erfolgenden Erbrecheui
wohl SU sprechen schienen. Indessen suchte
ich dergleichen Gedanken zu Terschenchen, um
mir die Hoffnung auf einen günstigen Erfolg
nicht ganz zu rauben , und nahm mir ror, das
Hauptubel unsere Fat. so lange wie ein reines
NerTenleiden anzusehen und zu behandeln j^ als
eine fortgesetzte und genaue Beobachtung des
Kranken mich nicht zu einer Aendening dieser
meiner Ansicht zwänge«
Hiernach stellte ich mir folgende Indicatio-
neo; 1) Stillung des krampfhaften Erbrechens.
2) Eröffnung des Darmkanals. 3) Beruhigung
der Nerven, und endlich 4) Stärkung und Er-
fiähruog.
Als das Torzüglichste Mittel zur Erfüllung
der ersten ludication, stellte sich mir zunächst
die Kohlensäure dar« Sie war indefs, wie mir
antgegoet wurde, schon oft, wenigstens in den
gewöhnlichen Formen (als Brautepulrer, Satu-
ration und kohlensaures Wasser) ^ aber immer
ohne bleibende Wirkung, angewendet worden«
Von einem einfachen kohlensauern Wasser
konnte ich schon um deswillen nichts erwarten,
als es für den, an flüchtige Reizmittel, nament-
lich an den starken Gebrauch des Essigäthers
gewöhnten Pal. viel zu indifferent und reizlos
aeyn mulste. Ich kam daher auf den Gedan-
- 61 -p^
kan, bier die KoblensKore in einer höchst er-
TegendeD und belebenden Form, woTon ich
schon mehnnals Tortrefiliche "W lAang gesehem
nimlich als Champagner ^fFein anzuwenden»
Uli diesem Yorscblag erkläHe sich der Herr Or«
dinarius ToUkommen einTer&ianden ; und da die
Kosten nicht gescheut werden darften, so bekam
Patient alle 1—2 Stunden ein kleines Glas gu-
ten weifsen Champagne mousseox«
Die Erfollong der sweiten lodication) Er«
offnnng des Darmkanals, glaubte ich lediglich
durch KlTstiere bewirken zu müssen« Ich yer-
ordnete daher Morgens und Abends erst ein
^asserkljstier zu appli^iren, dann, nach Ab«
gang desselben, eine Decoction Ton Rad. Ta«
laxac Graminisy Saponariae und Chelidonium
einzuspritzen« Diesen- wollte ich später nach
Maabgabe der Umstände, und um der 3ten In*
dication zu genügen: Aotispasmodica, Nerrina^'
namentlich Asa und Narcotica frigida zusetzen«
Innere Mittel sollten zur Zeit> da der empfind-
liche Magen sie ja so nicht annehmen wollte^
gar nicht in Anwendung kommen ; zum 6e«
trink aber Wasser, nod als Nahrung Fleisch«
brühe y Thee und leichter, aber nicht zu seh wa-
cher Kaffee gereicht werden.
Dieser Heilplan ward nun sofort ins Werk
gerichtet, und siehe! der Erfolg war eben bo
überraschend I als günstig« Pat« Terbranchte in
34 Stunden f Flasche Champagner« Das ei«
gentliche Erbrechen tou Speisen ward bei«
sähe auf der Stelle gestillt, dagegen aber noch
Schleun Ton Zeit zu 2Leit und unter Würgen
herausgebracht Auch dieses rerminderte sich
fast mit jeder Stunde; die Zungf reinigte eicb^
^ 62 —
Kolik ^ Krämpfe ond Ohnmächten lieben näth,
Appetit Qod Schlaf kehrten ivieder«
Nur einmal erneuerte sich daa Erbrechen
am 14ten Tage der begonnenen Kor, wo PtfL»
der überhaupt seit seiner Krankheit sehr reii-
l>ar, yerstimmt und selbst zanksüchtig gewor-
den war^ einen heftigen Aerger gehabt hatte»
Der Stnrm ward jedoch bald , und ohne dab
andere Medicin angewendet worden ware^ be-
sänftiget, und das Erbrechen ist seit jen^rZieit
nicht wiedergekehrt.
• Die Klystiere anlangend, so gingen diesei m
den ersten Tagen, sehr bald nachdem sie appli-
clrt worden, wieder ab, dann aber blieben sie 6|
8 ja .10 Stunden und länger bei dem Kranken,
proYOcirten Ausleerungen von krystallhellem
Schleim in Klumpen und Faeces von gesun-
der 'Form und Farbe. Infarkten kamen nicht
zum. Vorschein, und der Schleimabgang ces-
sirte.auch bald gänzlich*
Schön am vierten Tage der begonnenen
Kur, fing Pat. an , sich mit Lesen zu beschäf-
tigen, liefs sich im Zimmer herumfuhren iind
terspHrte bald einen so bedeutenden Appetit^
dafs er täglich um Erweiterung seines Speise-
zettels bat und man ihn von Excessen abhal-
ten mufste. Es wurden ihm gute Fleischbrühe,
gebratenes Fleisch, einige Austern und der täg-
liche Genufs Ton einigen Gläsern Gefrornes ge-
stattet. ; Letzteres bekam ihm vortrelFIich, und
kann ich es als ein sehr wirksames Mittel, die
eirhöhte Reizbarkeit des Magens herabzustim-
men., ;daher bei Magenkrampf und spastischem
Erbredien aus eigener Erfahrung bestens em»
pfehlen*. . Am 12ten Tage fuhr Fat. spazieren
und konnte die zwei Treppen von seiner ViToh-
— «3 ~
angj mil Untentiitfoog.teipes. B^di^Dt^o^Mlur
it heruD ^ersteigen« Noch, vor AblaMf .^er.^ril^
II Woche ging er Bfatierfin und machte, nun,
n sicbtlicher Zunahme seioer Kräfte, tägliche
romenaden, und am eisten Novbr. 1836, ge-
de 4 Wochen oach, begonnener Champagner-
Df, iftt Fat* in seine Heimat snrückgeki^hrU
r hat his dabin noch täglich, wenn auch nicht
I regelmäfsig, Gbampagner getrunken, dage-
m Klystiere nur dann genommen , wenn er
s Abends nicht von selbst OelTnung hatte«
)hr oft stellte sich indefs der Stuhlgang von
Ibst ein, und von allen den, anscheinend so
oTsOt Gefahr drohenden Uebeln , ist nichts übrig
sblieben, als dafs Fat. nach dem Essen etwas
el Speichel ausleert , doch Termindert sich
ich dies nach seiner Versicherung mit jedem
ige mehr.
Im ersten Bericht, welchen Fat. gleich
ch Ankunft in seiner Valeritadt uns sandte,
agte er über starken Schnupfen und Schmer-
n in den Beinen , als Folge einer unvermeid-^
hen Erkältung auf ciuer Heise von 2| Tng
i ungünstiger Witterung. Erbrechen war aber
:ht eingetreten , und Pat. Iiatte aus Vorsorge
,mer noch von Zeit zu Zeit ein Glas Cbam-
gner getrunken und täglich ein Layement ge*
mmen.
Die Besserung ist dauernd geblieben. Fat.
hm später alle Slittage ein kleines Stück-
en Rhabarber zur Stärkung des Magens und
r Förderung der Darmausleerungen, ver-
ischto später den Champagner mit Seiter«
isser und nahm nur dann ein Klystier, wenn
s LeibesöfljDung ausblieb. Die letzte Nach-
riclit irOB Ihm batte Ich am Sdtfeo Ded
Srfne eiosigeo Beschwerden waren die Schm<
sen in den Fafsen und periodischer Mangel
Lnft^ besonders des Morgens. Beides hielt i
Jedoch nicht ab Thee'8> Diners nnd Soupers
dergL -cu besuchen ^ und er rerlaogte scherze
Top mir, ich solle ihm das doch TerbieU
was ich anch alles Ernstes ^ethan habe.
— es «
■■■■■■■■MMIM
m
Ueber .
das rein Physikalische
und tdne
Grenzen im Opganismns.
Von
Dn Vetter.
(Vorgetragen d. I4.0ct. 1836 in der Hafelandischefi mtdi-«
ciniAcli • chirargiscben Gesellschaft za Berlin.)
JL/ie Tendenz dier hentigdn Physiologie ut eine
doppelte. Auf der einen Seite nämlich lyird
das Resultat erstrebt, die Vorgänge des Lebern
so .Tiel als möglich dem, Experiment unterzu**
ordnen nnd in die Wissenschaft des Organi-»
sehen diejenige Genauigkeit des Versuches zu
hringen^ welche in den physikalischen Wissen-
schaflen den Beweis stets aufs Neue zu fuhren
erlaubt; dergestalt, dafs ein Zweifel über die
Thatsache nicht mehr bestehen kann. Indem
die Lehre vom Leben auf diese Weise den
Charakter einer positiven Wissenschaft immer
entschiedener anaimmt^ erweitert sie ilch atl
JouimLXXXlV.B.LSt E
— 66 —
dietem W«g6 inoerhalb der GreDsen des ihr
eigeothiiiDlich aogewieseoea Gebietes, eben so
QDinittelbar I als die Physik selbst dies thut,
unbekümmert um gewisse letzte Grande und
Ursachen^ welche msn für die Wärme eben
so wenige als für das Leben kennt«
Es ist eine unfruchtbare Anforderung, un-
serer Erkenntnifs den Charakter des Absoluten-
zumuthen zu wollen, um so mehr, als wir io
den meisten Verhältnissen der Dinge noch nicht
einmal' im Stande gewesen sind, das RelJ^tirs
selbst aufzufassen* Dabin mufs unser ganzes
Streben gerichtet seyn, nicht einem unerlLeon-
bsren Anfange und Ende nachzuspüren, son-
dern die ergriffene Mitte, das StSck All^ wei-
ches wir selbst leben, in seinem eigenen Zu-
sammenhange aufzufassen and zu erkennen«
Indessen fehlen uns auch hierzu anschei-
nend gar oft die Mittel durchaus , und verschie-
dene Reihen Ton Erscheinungen trennen sieb,
wie in Absätzen von einander. Dies ist ins-
besondere der Fall mit den Vorgängen des
Anorganischen gegen das Organisirie und Be-
geistete^ und es geht daher ein zweites Stre-
ben ' der heutigen Wissenschaft unmittelbar dar
hin , einen Zusammenhang zwischen diesen Dif-
ferenten und die gemeinsamen Gesetze zu ent-
: decken , deren Aeufserungen (Kräfte) in ihrem
Terschiedenen Zusammentreten die Abweichun-
gen der Phänomene bedingen.
Die abstracto Losung dieser Frage ist im
Gebiete der Mathematik eben so gegeben, als
die unmittelbare im Gebiete der Beobachtung
liegt. Es läfst sich behaupten , dafs unsere
. Bandlangen als Ergebnisse unseres Willens und
dar äulseren Einflüsse eben so wohI| als die
^
— 67 - —
Biegoi^D einer Curre durch die Formel fx
•Bfdrackbar sind, and es lafst sich die Mog«-
fiebkeit nicht leugneo , dafs fortgesetzte Beoh-
icbtoogeii dahin fuhren konnten , die Werthb
beider Teränderlicheo Grofsen in manchen Fal-
ko la bestimmen^ und %b die Handlangen der
Keuschen dem Calcul za unterwerfen, der j«
•elbflt nichts Anderes ist, als eine fester he-
graodete Weise des Schlusses aus den Bedin*
gBogen aaf die Folge , wie wir ihn täglich Ter-
flucben.
Die Beobachtungen in der Physiologie ge-
ieo jedoch eben so^ als ihre Zwecke, in zwei
Richtungen auseinander. Die eine schliefst siqh
b^mittelbar an die Thatsache der anorganischen
Existenz an, während die andere anscheinend
eben so unmittelbar Ton einem ungekannten
Etwas ausgeht, welchos als eine neue Kraft^
die des Lebens, zu den im Leblosen erkenn-
baren hinzuzutreten scheint.
« ■
Wie wichtig und der Nachforschung werth
es »nun auch seyn mag, zu erfahren, ob die
Lebenskraft wirklich eine von jenen im Anor^
canischen auftretenden Kräften verschiedene sey»
oder nur als ein Resultat ihrer Combinationen
berfortrete, so gedeiht doch eine erfreuliche
Losung dieser Frage in dem positiven Sinne,
wie sie dem Geiste der Beobachtuogswissen-
schaften gemäfs versucht werden miifste, kaum
auf dem nur eben erst erschlossenen Boden der
Experime^talphytiologie. Um so wichtiger wird
es daher, die Grenze zwischen dem Bekannten
und Unbekannten zu ziehen und zu erforschen:
welche Phänomene am Organismus den pby-
eikalischen Gesetzen gemäfs vor siöh gehen,
nnd wie weit die Wirkung der letzteren
im Lebenden sichtbar bleibt«
R 2
H- 68 -
Die BeantwortaDg dieser Frage VrSrde ge«
wib Dicht oboe Interesse seyn , yvean et Ter-
stattet Tfäre , sie in dem Umfange und mit der
Genauigkeit stt entwickeln, Vielehe der gegen-
Tfärtige Zustand der Wissenschaft erlaubt. In-
dessen auch ohne Tollstandige Erschöpfung der- ,
Frage mag eine mehr cursorische Betrachtung
vielleicht Mancherlei anregen und hinterlasseo^ '
.was der Sache forderlich wäre. --*
CRe allgemeinen Eigenschaften alles Kor-
Serlichen kommen natürlich den organiscbeo
Lorpero eben sowohl, als den anorganischen zu. *
Jene^ wie diese, besitsen die räumliche Ausdeh-
nung nach ihren drei DimensioDen , die Begren«
Bung durch die Fläche und die Eigenschaft der
Ausfüllung ihres Raumes, welche man mit dem
Namen der Undurchdrioglichkeit bezeichnet.
Auch im organischen Körper mufs das Gesetz
der Trägheit für jede Veränderung durch eine
Kraft überwunden , die Schwere durch eine ibr
entsprechende Gegenwirkung aufgehoben wer-
den, die Moleculs des Lebendigen treten eben
80 wenig, als die des Leblosen, zu einem un-
endlich Dichten zusammen, sie lassen ausfüU*
bare Räume , Poren , zwischen sich ; endlich ist
der organische Körper gleich jedem andern aus-
dehnbar und theilbar. Anziehung und Absto-
fsung, die grofsen Hebel der Welty wirken
also im organischen Körper dasselbe | was sie
im anorganischen hervorbringen, sie lassen ihn
mit den allgemeinen Eigenschaften der Materie
arscheinen«
In allen genannten Zuständen tritt der Or-
ganismus in seinem Wesentlichen allerdings
Burock, und man könnte sagen, dafs ihm diese
Eigenschaften der Materie nur im Gegensatz
— 69 -
zo lenmn LebeD sakamtn , dab sie dem Be«
giib des Organismus zuwider un^ ihre Auf*
ff ^ /)ehiof grade der Zweck eeioer Thätigkeit fe]f«
- 1 Aber man mag sich nun auf diese Dialektik
-J mabsHn, oder nicht ^ vorläufig raufe ^lugege«
'I bei werden^ dafs der organische Körper gleich
' jedtffl andern in der Richtung der Eroaxe falle,
I daCi er ins Unendliche zerstückelbar sey, dafa
seio Volumen sich im Verhältnisse seiner Wärme
ändere I sein Inneres permeabel für mancherlei
Stoffe sej, kurz^ was man eben von allen' K8i^
pen sagen kann.
Wenden wir uns nun näher zu den pitjr«
ukalischen Erscheinungen^ und zunächst zur
Statik. Die Geschicklichkeit des Jongleurs, wel-
cher auf einer freistehenden, erhabenen Stange
seinen Körper tragen läfst^ beruhtauf dem ein-
fachsten aller physikalischen Gesetze j dafs man,
(torch Unterstützung des Mittelpunktes der
Schwere alle Theile eines festen KcSrpers tragt.
Niemandem kann es entgehen , dafs es dasselbe
Gesetz ist, welches dem Menschen erlaubt, a'uf
breiten FiUsen aufrecht zu stehen, während es
die Thiere nclthjgt, die Axe ihrer Schwere in
der Ebene ihrer vier Glieder zu suchen. Es
•cbeint sogar^ als habe dieses Gesetz der Schwere
eine sehr innige Beziehung zu der Gestalt der
organischen Wesen, in sofern in ihm offenbar
Etwas liegt ^ was man, anthroposophisch ge-
sprochen» einen Grund der seillichen Symme-
trie der Individuen, eine Ursache davon nen-
nen konnte, dafs ein System von drei Stütz-
[onkten oder Gliedern in der Reihe derjenigen
oditiduen, welche sich auf der festen Ober-
fläche der Erde bewegen, durchaus nicht ge-
funden wird. Dagegen sehen wir solche Sy-
— 70 —
I
Steine da entiivicl^elt, wo es gllty die Riclitaiig
der Körpertheile beim Falle in eioem leiclite-
ren Medium za yerändero, deoo es gibt keioe
Maschinerie, vermöge deren, bei zureichender
Stetigkeit , dennoch die Axe der Schwere schnel-
ler versetzt wird, als diejenige mit drei Stüti-
punkten. So sehen wir den Schwans des Vo-
gels, welcher die Axe der Schwere bestimmt^
den Flug und Fall dieses Geschöpfes richteo,
das Letztere blofs dadurch , dafs er seinen Wi"
d^rstand gegen die Luft durch die Richlpng
nachr oben aufhebt , wodurch, die Axe der
Schwere in die obere Gegend der Brust und
auüserhalb des Bereiches der Flügel gesetzt wird.
An diesen Thieren, deren wenig beweg-
liche Rücken Wirbelsäule eine Veränderung des
Schwerpunktes durch Beugungen des Stammes
nicht gestattet, und die zum Theile zu Bewe-
gungen in allen drei Medien fähig sind, lälst
eich der Einfiufs der Schwere auf die orgaoi-
sehe Construction am Blannigfaltigsten darthun«
Die verschiedenen Veränderungen der Axe der
Schwere « welche z. B. die Schwimmyögel im
Gange den Kopf in die Verticale der Zehen-
spitzen bringen und den Schwanz tief hinab-
senken lassen, während die, in diesem Falle
gehobene Brust beim Schwimmen als specifis'ch
leichtester, und alfo am besten stützender Theil
das tiefste Niveau einnimmt, beim Fluge aber
den Körper in der Richtung des Parallelogramms
entgegenstrebender Kräfte (der Schwere and
des durch die Flügel bewirkten Widerstandes
der Luft) halten läfst, — diese Veränderungen
haben ihre Nothwendigkeit und somit ihre Er-
klärung nur in den Gesetzen des Falls. Abge-
' sehen davon ^ dafs die Kraft , welche die Luft
1
«
— 7f —
9
conprffflirty lo thm selbst gegeben hl, fliegt
der Vof[el nicht anders empor, als der Kolbeo
euer Pampe steigt, vrtnn die Elasticität der
Gasart seine Schwtsre und Reibung überwindet.
Eile rorurtbeilsfreie Betrachtung der Natur soll
usi oon Tornämllch dahin bringen , nicht alleiti
•of das Mittel zu sehen i wodurch dieses all-?
gemeine Gesetz im Organismus modificirt wird,
Modem die Gegenwart des Gesetzes selbst ao-
xseikenneD und nöthigenfalls oachcuweisen.
Das mechanische Moment der Schwere
tritt aber nicht allein am ganzen Korper, son-
dern auch in den Verhällnissen seiner festen
nod flüssigen Theile überall hervor. Was die
festen angeht, so Terhalten sich > mit Ausnahme
derjenigen , welche mit Muskelfasern versehen
•iod, alle übrigen absolut schwer, d. h. es ist
in ihnen selbst kein anderes Moment vorhan-
den, welches den Fall nach dem Mittelpunkt
der Erde aufhebt, als der Zusammenhang ih^^
rer Theile und ihre Undurchdringlichkeit , Mit-
tel, welche allen Korpern gemeinsam sind,
und sie f^big machen, gestützt und getragen
SU werden. Von allen festen Theilen hat, wie
getagt, ntir der Muskel das Vermögen, eine
Bewegung seiner Fasern von Uiften nach Oben
suszuführen, und so gewissermafsen der irdi*
sehen eine organische Schwere gegenüber za
stellen , als deren Axe der motorische Nerve
zu betrachten ist. Die Fähigkeit, diese orga-
nische Schwere über die irdische vorwalten zu
lassen, ist im Centralnervensysteme gegeben,
und erscheint als eine dem Leben eigenthüm-
liche Kraft. Alle Bewegungen der festen Theile,
bei denen kein Stoffwechsel Statt findet, gehen
durch sie vor sich.
— 72 —
Wenn d^r Maskel das ^nztga Orgaa fat.
lo welchem dem Fallen nach der Erdaxe eis
■Fallen nach der Axe des Körpers oder dea mo-
torischen {Verven entgegengesetzt wird, so sr-
bellet daraus der grofse Umfang, in welchem
das physikalische Gesetz der Schwere noch dem
Organischen innewohnt, Aach sehen wir, wie
die Natur Alles diesem Gesetze gemäCs einge«
xichtet.9 die Theile sorgfaltig suspendirt mid o»-
ter einander verbunden , so wie ofiEenbar im
Verhältnisse ihres absoluten und specifischen
Gewichts stärker . oder minder befestigt hat»
Wir sehen ferner in mancherlei pathologischen
Vorgängen den Einflufs dieses Gesetzes als Krank*
beitsurs^che auftreten , die Theile Yon schweren
Geschwülsten gezerrt, den lastenden Kopf detf
Hydrocephalischen die organische Kraft der
Halsmuskeln überwindend, zur Seite gefalleui
die Eingeweide, den Uterus Torfallend, wenn
die umhüllenden Häute sich öllneOi die halten^»
den Bänder sieb strecken*
Indessen giebt es im Organismus doch noeh
eine zweite, höchst merkwürdige Erscheinung;,
in welcher das Gesetz der Trägheit durch eine
bSchst merkwürdige und auf keine der bekann-
ten physikalischen Verhältnisse zurückfiibrhare
Bewegung verleugnet wird. Ich meine die durch
die H« H. Purkinje u^d Valentin entdeckten
Flimmerbewegnngen, Wir vermögen^ dieselben
weder auf Gesetze der Attraction, noch der
mitgetheilten Bewegung, noch einer andern
Kraft zurückzuführen. Sie stehen, so viel wir
wissen, mit keiner chemischen Thäligkeit in
Verbindung, so wenig als sie sich auf der an«
dern Seite als von dem Leben des Individuums
unbedingt abhängig darlhuni da die flimmernde
— 73 T-
SehlelmhaQt, frie bekannt, diese Efgenechaft
bei ihrer Trennung vom Orgaoisinus, so wie
am todten K&rper sehr lange behält. Dafs ein
so janges und zugleich so bedeutendes Factum
Bocb keine genügende Erklärung zugelassen
liabe^' ist wenig auffalleind; jedoch inufs man
allerdings das Flimmern als ein Phänomen an-
•rkennen , welches der organischen Substans
eigenthümlich ist, und bis jetzt aufser allem
Znsammenhange mit den allgemeinen Erschei-»
nnngen der Korper steht.
Dagegen sehen wir das Gesetz der Schwe«*
re sich mit einem hohen Grade von Euer*
gie auf die flüssigen Theile ausdehnen , so sehr
es auch hier einem anderen ebenfalls physika-
lischen Gesetze untergeordnet erscheint. Die
Baut des Gefäfses ist es nächst diesem zwei»
ten Gesetze allein, welche das Fallen seines
flüssigen Inhalts nach der Richtung der Schwere
Terhindert, Der Urin entleert sich fallend in
die Harnblase, er nimint in ihrer HShle je
nach der Stellung des {Körpers eine andere Flä-^
che ein« Das Extravasat, die Sugillation, die
Wassieransammlung senkt sich nach den Ge-
setzen des Niveau's innerhalb ihrer eioschlie-
fsenden Wände, und niemals wird man eine
pathologische Flüssigkeit anders, ßls nach phy-
sikalischen Gesetzen im Körper yertheilt rpr»
finden.
Die Gesetze des Zusammenhangs der Theile
und ihrer gegenseitigen Anziehung und Absto-r
bung finden sich ebenfalls am Organismus wie-*
der« Für Dehnbarkeit und Elasticität braucht
dies nicht erst besprochen zu werden ; aber wir
finden auch die physiologische oder pathologi-
sche Vereinigung Ton Oberflächen , deren ^«
— • 74 —
f^enseitige Attraction gering ist, rermitteltdareb
Zwischenkörper, welche oiFeDbar zur Aiisfiil-
luDg der gegenseitigeo Poren und zur festem
Verbindung der Theile diesen; der Proceb der
Agglutination durch !Aus8chwitzung plastischer
Lymphe läfst sich ganz der Verkittung Terglei«
eben, welche die heterogenen Mineralien an«
serer Flotze und Alluvien verbindet. Hier^ wie
dort y sehen wir einen Theil des Wassers des
Bindemittels yerdunsten, um den consistenteren
Leim zurückzulassen. Nicht dafs ich den Pro*
cefs der primären Heilung, welcher mit der
Bildung eines intermediären Gewebes endet, ge-
radezu dem des Cementirens yergleicben mochtei
aber wenn wir absehen von der physikali-
schen Klebkraft der plastischen Lymphe, der
gröfseren Elasticität weicher, aufgeschwellter
Theile und dem, oiFenbar von einem reio phy-
sikalischen Vorgange nicht weit entfernten, Aos-
sickern flüssiger Theile aus kleinen geöffneten
Röhren, so bleibt für die Vorgänge des Le-
bens nur noch der Nervenreiz, welcher ein
stärkeres Zuströmen der Säfte nach dem Ter-
letzten Theile bedingt, und die spätere or^aA-
sehe Krystallisation des formlos Ergossenen als
vitales Moment übrig.
Der Bruch des Knochens, die Ansdehnnog
der elastischen Arterienhaut durch die Blat-
welle, die varicöse Anschwellung, wenn das
Blut in den Venen die irdische Schwere zu
überwinden hat , und sich darum , langsamer
strömend, in den nach unten gelegenen Thei-
len ansammelt, — diese und viele verwandte
Erscheinungen sind als eben so viele reio me-
chanische Momente im lebenden Organismus su
betrachten»
^ 75 —
Wenn wir es bef BetracTitang der Form
deslLorpers mit Verbindungen zu thun babeo,
iem Tielfacbe Znsamrtnensetzbng uns , bei dem
übigelder Fähigkeit , die gleichen physikalisch -
I demischen Bedingungen, auch aufserhalb des
Bereichs organischer Thatigkeiten wieder her-
xaitelleo und bei dem gegenwärtigen Stand-
paokte der Wisseniichaft noch nicht erlaubt^
21 erkennen, in welcher Gestalt sie sich, abge-
Mbeo Tom Einflüsse des Lebens, formen wür-
den, so geben uns doch die bisherigen Erfahr
rougen eine Menge von Beispielen an die Hand,
dafi das atomistische Gesetz der Krystallisatioa
auch ia die innersten Gebiete des Organismus
eindringen kann. Die Krystalle in den Pflan-
zenzellen , in der Binde verschiedener Rohr-
ond Bioseopflanzen , diejenigen , welche sich
aos den Flüssigkeiten der Leber, der Nieren,
des Speichels, des kranken Darmkanals, aus
dem Serum des Venenblutes (Phlebolithen) und
deo weichen Ablagerungen der Lungen , in der
Zirbeldrüse u, s. w. physiologisch oder patho-
logisch bilden^ die obgleich durch das Gewebe
des Knorpels modiilcirten krystallinischen Ab-
lagerungen des pbosphor- und flufssauren Kal-
kes in Knochen und Zähnen, liefern den Be-
weis, dafs die allgemeinen Gesetze der Mate-
rie am Organismus nicht unbedingt aufgehobeot
sind, nnd dafs auch diejenigen der Gestaltung
des Anorganischen sich noch hier in einem ge-
wissen Grade wiederholen.
Die Krystallisation ist ebenfalls ein Aufhe-
ben des Actes der Schwere durch stärkeres
Fallen nach einer gewissen gemeinschaftlichen
Axe , die wahrscheinlich gar kein materielles
Substrat hat , sondern nur durch eine bestimmte
— 76 — '
Anordnung derTheile nach einer gewissen Rieh«,
lang bin (durch electrische Strömang) im Krjr
stallisationsmedium yor sich geht. Aüjch bei
den organischen Wesen gibt es Erscheinungen,
Ton denen es sich wahrscheinlich bald wird
zeigen lassen können, dafs sie auf demselben
allgemeinen paysikalischen Principe beruhen«
Ein wie «usammengesetzter Act das Wachs-i
thum und die Entwickelung des Körpers auch
fiey, so ist es dennoch sehr wahrscheinHcb,
dafs er aus der Mutterlauge des Blntes durch
ähnliche stätige und lineare (nicht erkennbar
tnoleculare) Ausdehnung yor sich gehe , wie ^
sie Hr. Ehrenberg jüngst yon den Krystallen
beschrieben hat. Ja vielleicht dürfte es späte«.,
ren Naturforschern vergönnt seyn , das Ver»
schwinden mancher Organe des kindlichen Al«>
ters, wie der Thymus und der Wurzeln der
Blilchzähne, so wie die Metamorphosen der
Pflanzen und Tbiere zum Theil auf dieselbe
Erscheinung yeräoderter Affinitäten zu redndk
ren, welche den kubischen Krystall zum Be«
sten des Tafelkrystalls auflöst. Die Ersehe!»
niingen der Vergröfserung eines Krystalls und
eipes Grundgewebes im menschlichen Körper
bieten^ wie es mir scheint ^ dieselben Schwie»
rigkeiten und dieselben Mittel der Erklärung
dar. Ja, die Grenze des Wachsthums selbst
bi3rubt auf einer Veränderung der Affinitäten
der Gewebe, deren Grund in ihrer, im Ver«
hältoifs zur Sliscbung des Blutes yollendeten
Kiystallisation zu suchen seyn dürfte. Wenn
wir sie bei den Pflanzen vermissen, so liegt
die Erklärung nahe, dafs die Pflanze ein Ag-
gregat von Knospenindividuen sey, deren Kiy-
stallisalion ebenfalls nach einem bestimmten
und begrenzten Maalse vor sich geht. Wai
^ 77 —
aber durch diese Betracbtung noch nicht roll*
ständig auf das allgemeine physikalische Gesels
der Kristallisation curückgebracht erscheinen
konnte y durfte Tielleicht doch nur ein^n phy-
aikalischen Grand haben. Denn ivir mögen
nicht Tergessen, dafs die ternären und quater-
airen Terbindungen nicht allein an. und für
aich sehr verwickelte atomistische Zustande bil«*'
den 9 sondern da(s auch ihre Wechselwirkung
auf einander in einem ^ yergleichungsweise za
sprechen, kubischen Verhältnisse der Anzahl
ihrer Elemente vermannigfacht wird, und dafs
demnach physikalische Principien doch immer
Yecht wohl bei Erscheinungen obwalten kön-
nen^ die wir bei der. Unmöglichkeit yollkom-
mener Reduction auf das allgemeine Gesetz,
dem Leben zuzuschreiben gewohnt sind. So
laust sich z. B* annehmen « dafs der Unterschied^
welcher für die Bildung der anorganischen Kry-
stalle das Piisma und den Würfel, für die der
organischen Flastik den Cylinder und das
Sphäroid zu Grundformen macht, nur in dieser
Terschiedenheit der chemischen Mischung be-
ruhe.
Schon früher ist bemerkt worden, dafs die
Flüssigkeiten im Organismus sehr oft unbedingt
dem mechanischen Gesetze der Schwere fol-
gen. Aber sie gehorchen auch seinem dyna*
mischen und welche Schwierigkeiten immer die
Erklärung der Gesetze des Kreislaufs darbieten
moge^ man wird das physikalische Princip dar-
in um so weniger verkennen dürfen, als, ab-
gesehen Ton den Bewegungen des Centralor-
gaa«, so mancherlei mechanische Vorrichtungen
in Klappen , Windungen und BluLreservoirs auf
dasselbe hindeuten. Wenn wir die Ursache,
welche die rhythmischen Contx|ictionen des Her*
— 78 —
^ ■
Bens bedingt y and die Tvir bis fefit als ebt
den 'Gesetzen der Physik fremde lebendige Kraft
anzusehen haben ^ Toraassetzen und mit TielA
Physiologen die AuscTehnuog der Arterie io der
Diastole nur als Folge der eintretenden Blat-
welle ansehen y so finden wir, dafs sowohl der
Puls^ als die continuirliche Bewegung des Blu-
tes in den Arterienendungen und Haargefalsen
ein rein physikalisches Phänomen ist, wie ei
unter gleichen Umständen in jedem Scbläocbe
Ton gleicher Elasticität und gleichem Verhält-
. nisse der Lumina und Klappen eintreten müfste.
Der Rückflufs des Blutes durch die Venen,
gehorcht eben so den Gesetzen der hydrauli-
schen Mechanik, als sein Zufiiufs. Haben wir
die linke Herzhälfte als ein Druckwerk so be-
trachten y so wird die rechte als Saugw'erk an- -
zusehen seyn, nur mit dem Unterschiede, dab
während die Pumpe den Eintritt der Flüssig-
keit in ihren leeren Raum Tom Drucke der äu-
fseren Luft zu erwarten hat , derselbe hier durch
den Druck der nachfolgenden Welle bewirkt
wird. Unter diesen Umständen würde theils
die Reibung an den Wänden der Gefäfse, theils
die Elasticität der fortzustofsenden Wellen ei-
nen immer wachsenden Widerstand ergeben,
wenn nicht das Ausstromen in das erweiterte
rechte Herz frei und nach Art eines krummen
Hebers geschähe, und die Reibung durch die
Affinität der Wände zu einer Schicht langsa-
mer stromenden Serums vermindert würde, und
wenn nicht endlich durch den ganzen Orga-
nismus hindurch das Steigen und Fallen des
Bluts sich das Gleichgewicht hielte, so dafs
das eine dieler Momente das andere aufhebt«
Mit Ausnahme des zweiten dieser Gründe , se-
hen wir hier überall allgemeiii physikaliiche
*- 79 —
Uomente der Blatbereüang , und wenn es noch
«ioet Beweides für diese Behauptung bedürfkei
so würde er sich io dem Einlluate üodeo, wel-
chen das Eindriogen einer elastischen Flüssig-
keit auf jene ausiibt. Wir haben es also hier
mit^ einer rein physikalischen Erscheinung zu
tboD, and weui wir den Quell der bewegen«
äen Kjaft nicht kennen, so erscheint er doch
nicht geheimnirsvollery als der Fall des Was-
aera oder die Ausdehnbarkeit des Dampfes, wo«*
dnrch Rad und Kolben eine Pumpe treiben.
Das Aufsteigen des Saftes in den Pflanzen
geschieht allerdings auf eine Weise, deren Kr«
klärang die gegenwärtigen mittel der Physik
nicht gestatten. Dasselbe läfst sich weder auf
die Gesetze der physikalischen Attraction, noch
des Stofsea und der mltgetheillen Bewegung
zaräckfiifaren 9 ein Umstand, welcher jedoch
diejenigen nicht in Verwunderung setzen kann^
welche den geringen Umfang unseres Wissens
Tom Pflanzenleben kennen. Die wahrschein-
lichste Annahme ist, dafs wir es hier, wie in
den lymphatischen Gefafsen der Thierwelt, mit
einer aus Gapillarattraction und mitgetheiltem
Impulse zusammengesetzten Bewegung zu thnn
haben. Dieser Impuls, welcher bei den Pflan-
zen wahrscheinlich eben so sehr in einer ge-
wissen Contractilität der Spongiolen als der
Blätter begründet ist^ wird bei den Thieren ei-
nes Theils in der fortdauernden Resorption der
lymphatischen Gefäfse, andererseits in der, ver-
isoittelst der linken Subclaviarvenc auf den Milch-
bruatgang wirkenden Saugkraft des Herzens be-
gröndet. Ja, wo diese bei einer weniger yoH-
kommenen Organisation des Centralorgans der
Biatbewegung nicht ausreicht^ sehen wie *-*
— 80 i-
eben so, wie bisweilen cor VentSrkiiDg der
Saugkraft für Rückführung des Blutes addilio^
Delle Blutherzen -— so hier additionelle L^mph-
hersen, yermittelst deren -^ als mechanisciMr
Vorrichtungen -~ diese Bewegungen geford^
werden. Die Pneumatostatik findet ihr Bemich
Tornäüilich in dem Verhalten der Gase 2a Lvjigej
Haut und innerer Oberfläche. Ein- und Ans-
tritt ^ Druck, Ausdehnung durch die Wänns^.
Elasticität und alle physikalische Eigenschaften
der Gase bleiben ihnen auch bei ihrem Ein^ ,
tritte in den Korper , und unterwerfea diesen
ihrem physikalischen Verhalten«
Einer der wichtigsten physikalischen
fliisse auf das organische Leben ist in der Po-*
rosität der Korper begründet. Diese Eigen*
schallt ist schon m der anorganischen Welt den
mannigfaltigsten atomistischen Modiflcationen
unterworfen , und es darf uns daher nicht Wun-
der nehmen, wenn sie in dem Verhältnisse
der zusammengesetzten organischen Gewebe
eigenthümliche Erscheinungen darbietet. Die*
jenigen, welche Duirochet unter dem Namen
der End- und E^osmose beschrieben hat, ge*
hören offenbar hieber. Reichen sie auch, wie
Hr. Müller sehr richtig bemerkt, weder für
sich allein , noch in Verbindung mit der Capil-
larität bin, den Act der Resorption in den
Lympbgefafsen zu erklären, den man zuletzt
immer noch auf eine organische Action bezie-.
ben mufs, so müssen wir sie doch als physi-
kalische Eigenthümlichkeiten organischer Ge-
webe anerkennen, die wahrscheinlich in fielen
Fällen, insbesondere aber bei den Processen
der pathologischen Exsudation eine grolse Rolle
spielen*
h
— 81 -r.
Die Porosität des orgaoIicheD Körpers an-
tetscheidet sich too der allgemeinen physikali*
icheii Toroa'mlich dadurch, dafs sie zqm Theil
eine organisirte ist. Die Poren der lebenden
KSrper sind zu einem grofsen Theile regelmä-
ffige Geiafse. Da überhaupt der Unterschied
dieeer und jener Art Ton Körpern materiell
angesehen , nur als ein Unterschied in der che-
mischen Zusammensetzung und Anordnung ele-
snentarischer Materien; hier Tielfach| dort
BOT ein- oder zweifach; hier in gegenseitiger
segelmäbiger Durchdringung, dort in ordnungs-
loser, oder doch nur monotoner Aneinander-
reihung l)esteht , so werden auch die Zwischen*
räume der Substanz hier eine regelmälsigei dort
eine zufällige Gestaltung annehmen«
Hier entfernt sich — allmälig aberstatig-«
das Organische Yon dem bisher erkannten phj-
eikaliscben Gesetze. Die Affinitäten der Ge-
webe zn den Lösungen innerhalb des Körpers,
eind^ oder scheinen doch gegenwärtig verschie-
den yon denen , welche sich aufserhalb des Or-
ganismus zeigen. Die gesättigtere Flüssigkeit
Terdünnt sich nicht unbedingt^ oder nach dem
UaaTse chemischer Verwandtschaft auf Kosten
der durch die Membran von ihr getrennten un-
gesättigteren « sondern es walten in diesem Pro-
cesse noch Eigenthiimlichkeiten ob^ zn deren
Eiklämng wir des Begriffes: Leben bedürfen«
Das objective Verhältnifs der organischen
Korper zum Lichte, ist als rein physikalisch -
chemisches, in keiner Beziehung als vitales zu
betrachten. Das grüne Blatt baucht unter die-
sem Einflüsse die Kohlensaure eben sowohl ge-^
trennt, als in Verbindung mit den Gefäfsen des
Stammes aus, und verliert diese Eigenschaft
Jovra. liXXXm AX ^6 F
— 82 —
■ I ■ • »
sowohl wenn es am Sfaxnme , als wenn es ab»
gebrochen welkt, blofs dadurch, dafs dito che-
mischen Affinitäten sich ändern, ohne dafs neue*
Znflufs Ton Säften diesem Mangel abhelfetf
kann* Der färbende Einflufs des Lichtes auf
organische Korper beruht ebenfalls auf Prind^
fien des Chemismus, deren Entdeckung in der
'flanze man als gelungen betrachten kann, wab-
reod sie beim Thiere noch genauere und ins
Einzelne gehende Erklärungen erwartet. Die
Lichtbrechungen in den durchsichtigen Theilev
des Thierkorpers stehen unter der Herrschaft'
der allgemein giltigen optischen Formeln, and
so zeigt sich der Körper in dieser Rücksicht
allseitig dem physikalischen Gesetze unteN
worfen.
Dagegen ist es allerdings unmöglich, den
Act des Sehens selbst bis in seine letzten Be-
dingungen hinauf auf physikalische Principieo
zurückzuführen, schon aus dem einfachen Grunde,
weil die Physik überhaupt mit dem Subjekti-
ven nichts zu schaffen hat und haben kann.
In diesier Beziehung wird die Physiologie selbst
zur Physik, eine andere Reihe Ton Erschei-
nungea erfordert eine andere, jedoch auf die«
selben Principien zu begründende wissenschaft-
liche Auffassung. Dab eine Materie sich der
Existenz ihrer Qualitäten nicht blofs nach Au*,
fsen in der Wechselwirkung mit andern Mate-
rien, sondern auch nach Innen in derjenigen
mit ihrem eigensten Wesen und Begriffe be-
wufst werde, ist eine Thatsache, die für uns
unmittelbar so sicher feststeht, dafs man sich
liur selten versucht fühlt, daran zvt denken,'
wie schwer der Beweis für dieselbe dergestalt
xa führen sey^ dafs er die physikalische Re-.
— 83 —
actioD auf aioe Einwirkung tob der ddrrh dat
Bewurstoejn TermitteUen philosophisch Irenna.
Um to leichter bleibt jedoch die praktische,
rein negatire Trennung, welche den lohalt der
gegenwärljgen Betrachtung bildet. Was die
Physik Dicht erklart, das fällt der Physiologie
anheim unmittelbar anfsufassen und unter deiSi
Begriff dea Lebens zu bringen i— d. h. aller-
diaga nicht mehr und nicht weniger, als dafi
sie ea auch unerklärt lasse« Nur ein anderer
Standpunkt der Beobachtung ist hier für beide
Wissenachaften gegeb^A* Wenn der Optiker
das Bild verfolgt hat , bis es umgekehrt auf der
Netzhaut liegen bleibt, so mag der Phy&iologe
immer weiter experimentiren und durch Druck«
Luftwechsel u. s. w* zu entdecken versuchen,
ob yielleicht die Netzhaut selbst die Eigenthüm-
lichkeit habe, den auf den einen Punkt auge-
brachten Reiz an einem entgegengesetzt- cor->
respondirenden zur Eropfirfdung zu bringen u«
dergl. In wie weit aber auch hier ein mecha-
nisches Princip sich geltend mache, beweist
der merkwürdige, übrigens mit der Mecha-
nik der Primärfasern der Nerven wohl zusam-
menfallende. Umstand, dafs der kleinste Ge*
Sichtswinkel des Auges , der nach Smith 40 Se-
kunden beträgt, und einem empfiDdlichen Punkte,
dea Auges von ^^^ Zoll Fläche entspricht,i
genau die Grofse der Markkiigelcheo der Netz-;
haut (nach JJ. H. Weber j-qq-^ Zoll) bezeich-
net^ oder mit andern Worten, dafs ein ent-
achiedenea und bestimuites Verhältnifs existirt
swiachen der Grofse des sichtbaren Korpora'
und der dea empfindenden organischen Theils«
Wie also das Maafs der Verkürzung des Mus-'
kell in Zoll und Linien die Veränderung die^
Wiokela aebea Gelenke aogiebt, ao giebl 4ä^
F 2
— 84 ~
Haab eines emplSodlichen Fanktea mitgleichei
Genauigkeit die Grensedes Sehwinkela aa.
Etwas Aehnliches haben Weber*s Versuche XMk
Tom AllgemeiDgefiihl gelehrt , und es heifit
nicht SU Tiel voraussetzen, wenn wir ein glei-
ches VerhältniTs der empfindenden NerTentheil-
chen gegen die Schallwellen und die Bewe-
gungen des Chemismus und der Elasticität in
den übrigen sinnlichen Wahrnehmungen an-
oehmem
Die physikalische Diagnostik lehrt uns fer-
ner^ dafs eine bedeutende Zahl Terschiedener
akustischer Erscheinungen im Innern des Orga-
nismus den Gesetzen der Schallschwingung ge- .
xnäfs herTorgebracht wird. Nicht alle diese Er-
scheinungen, }a der Herzschlag selbst nicht^
sind bis jetzt auf eine vollkommen ganiigende
Weise erklart worden, dennoch wissen wir,
dafs das Zischen, Rasseln, Pfeifen u. s. w.
durch die Strömungen luftformiger oder tropf-
bar flüssiger Korper in dem Lumen der GefSbe
und Zellen hervorgebracht werden , wir kennen
viele Fälle' des mechanischen Einflusses auf Vei^
änderung dieser Töne, wir bemerken ähnliche
Geräusche hei den Bewegungen des Blasebalgs,
der Spritze u« s. w. , wir haben keinen Grund,
etwas Anderes, als das physikaliache Gesetz
der Schallwellen als Ursache aller dieser Phäf
nomene anzusehen*
Eine noch alltäglichere Erscheinung, der
Ton der Stimme selbst wird durch Vorrichton*
gen gewonnen , die sich am Anorganischen enU
schieden nachahmen lassen. Die Akademie von
Paris hatte schon im zweiten, die von Peters-
burg im letzten Viertel des vorigen Jahrhun-
derts die Erfindung einer Sprechmaschine cum
- w -
Gegenttaode etiMs fbrer Preise, gemacht , «od
es iit bekannt genug, was L^ Droz^ Maillar^
deif Kempelerif Vauconson^ Kraizenstein, Wü'-^
lis v. A. in dieser Beziehung geleistet haben»
nnd wi« es ihnen gelungen ist, nicht allein oh-
articiiÜrte Laute und die Vocalei sondern auch
einige Consonanten ^durch eben so einfache alt
sinnreicbe Vorrichtungen -zu erzeugen, ja ganze
Worte, i?ie Papa, Mama, aula, mulo, und
selbst ganze Phrasen, heryorzubrlngen ; denn
Hrn. V, Kempelen's Maschine vermochte unter
Andern das: Leopoldus secundus, Romanorum
Imperator semper Augustus, sehr deutlich aus«
zusprechen. Sehen wir ab von der Eigentbum«
lichkeit des Materials und der organischen Be«
weglichkeit der Theile, d. h. jenem Einflüsse
des Seelenorgans, der zu unmittelbar wirkt, alt
dafs wir hoffen dürften, dieselbe rasche Ver-
binduDg zwischen Ursache Und Wirkung Ter«
mSge mechanischer Vorrichtungen zu erzeugen
-« sehen wir yon diesen Umständen ab, so fin-
det sich kein fernerer Unterschied zwischen den
articolirlen Tonen eines Automaten und einea
Menschen, und es sind nicht verschiedene, son-
dern vielmehr ganz dieselben Mittel, welche im
Lebenden, wie im Todten dieselben Erfolge be-
dingen.
Einen anderen Beweis hierfür liefert das
bekannte Phänomen des Bauchredens, ein Her-
abdrücken der Schallwellen in die Tiefe der
Brost und bis unter das Zwerchfell, wobei al*
lerdiogs die akustische Täuschung, welche sich
auf unser Gewobnheitsurtheil über die Entfer-
nung und Richtung der Töne gründet, in An-
schlag zu bringen ist. Der Act des subjectiven
Hörens bis zu der*Vertheilung des Horoervens
an der Nervenmarkhaut des Labyrinths erscheint
- 86 -
•benfaUs nur als Folge der Vibraiioo in einer
Reibe zweckmafsig vorgerichteter Leitungsröh-
t9B ood reflectireuder Wölbungen.
Wir verdanken grofstentheil» erst der nene^
Aten Physiologie diese auf Beobachtungen ge«
f rundeten Resultate, und namentlich die Em
enntnifs eines vorhandenen Zusammenhanfes
zwischen relativer Gröfse, Richtung und T^
tbeilnng des materiellen Leiters der Empfindoog
und Bewegung uod diesen organischen VerhälU
nissen selbst« Wir sind allerdings nicht iah
Stande^ diesen erkannten Zusammenhang darch
andere I dem Gebiete der Physik angehorige
Thatsachen zu erklären , um so weniger äi
Hrn. Müller's treiDicbe Untersuchungen bereits
darüber entschieden haben , dafs nicht die Qua-
lität der Reize, sondern die Qualität der Ner-
vensubstanz die Art der vitalen Reaction be«
dinge. Aber ich denke mir, dafs wie dieselbe
Reibung an einem Harzkuchen eine andere EIek«
tricität als an eiaer Glasplatte her¥orruft, oder
wie das Licht, welches in einem ungleich ge-
färbten Eisenstabe Magnetismus erzeugt, in ei-
ner Stange Chlorsilber einen chemischen Re-
ductionsprocefs bedingt, wie ferner dieselbe Be-
rührung in Substanzen verschiedener Art ganz
verschiedene Tone hervorbringt «- ich glaube^
sage ich , dafs sich eine dieser Thatsachen eben
sowohl als die andere auf die Anordnung der
Theile reduciren lassen wird, und dafs das ein-
zig Räthselhafte , was uns dann in der Zurück-
führung der Erscheinungen des Nervenmecha-
nismus auf die Gesetze der Physik übrig blei-
ben würde, die f'ragewäre, aufweiche Weise
das Seelenorgan diese Reize ersetzen und ver-
mittelst einer solchen Eigenschaft dieselben Er-
scheinungen hervorbringen k^önne«
— 87 —
Wenn man nan nacb dem UnterschMö
fragt, welcher die Verschiedenheiten ihrem We*
een nach höchst 'wahracbeiolich idenlitcher phj*
ükalifcher ErscheiniiDgen — .der Wärme, des
Lichtet 9 der Electricität, des GalTanismus, des
Magnetismus , Tielleicht auch der Schwere, der
Eiasticität und des Schalles bedingt, so wird
man hier eine eben so verborgene Ursache Tor*
aassnsetzen haben, als sie sich in den Ersehet'«
nnngen der orgaoischen Erregung herTorthut^
Sehen wir. dabei zugleich, dab die Entwicke-
Inng derselben Phänomene im Reiche des Le-
benden nur allmählig über das physikalische
Gesetjc hinaus zu einem damit' nicht in nach«
weislicher VerbinduDg stehenden Lebendigen
übergebt, uod wie sowohl der Procefs der or*
gaoiscben Wärmeentwickelung, als der thieri-
sehen Electricität au gewisse Aoordoungen und
Wechselwirkungen .der Blaterie gebunden ist,
die wir physikalisch nennen müssen, so scheint
es, als ob es hier nur nur noch eines kurzen
Baumes bedürfe, um die Brücke herzustellen,
^welche die bekannten Gebiete zweier yerschie-
denen Reiche über den trennenden Strom yer-
bindet«
Die Versuche von Kämpz beweisen, dafs
zur Herstellung trockener Säulen organische
Substanzen ohne MitwirkuDfc anorganischer Yoli«-
kommen fähig sind, und wie bereits Rudolphi
die electrischen Organe der electromotorischen
Fische, Platten- und Trogapparate nannte, läfst
fich gegenwärtig mit Bestimmtheit aussprechen,
dsfs die davon herrührenden Erscheinungen ih-
ren Grund in einer electrochemiscben Wechsel-
wirkung der Materien finden, während freilich,
wie neben älteren besonders MatUicofs neueste
— 88 — ■
Venacb« erwelttn, auch bier das LebeDspch«
cip noch an und fiir sich als eigeoes Ageoi
mitwirkt. Wann wir das treffliche Kapitel iibaf
die den anorgaDischen und organischen Kor«
pern gemeinsamen Wirkungen in unseres Ter*
ehrten Coliegen^ Hrn. MüUer^a Physiologie über-
blicken, so finden wir darin zweierlei: soent
den eyidenten Beweis, dafs diejenigen Ageo«
tien , welchen man nach der herrschenden pbjs-
sikalischen Ansicht den Namen der Tibrirenden
Flnida geben kSnnte, oder die unwägbaren
Korper eine Menge Ton Erscheinungen im Or*
ganismus rein nach dem Gesetce der Physik
ausführen 9 und zweitens die Erwähnung der
anderweitig wohlbegrändeten Thatsachei dafs
die Aclion der Nerren dennoch eineti entschie*
denen Unterschied von allen diesen rein phr-
sikalischen Phänomenen ergebe« Aber ea asC
ganz sicher I dafs wir hierbei nicht stehen blei«
ben dürfen. Wir wissen, welche Schwierig*
keiten es machte, die Erregnng des Cbemis«
inus durch Blectricität , die des Magnetismus
durch das Licht oder die Säule » so wie wie-
derum die Ton chemischen Erscheinungen durch
den magnetischen Funken, kurzum alle diese
tausend Jijreuzungen des Netzes nachznweiseoi
in welchem die verschiedenen Phänomene der
Imponderabilien sich wie aus einem gemeinsa«
men Faden verflochten haben. Wir dürfen '
darum nicht daran verzweifeln, durch gluck*
liebere Experimente noch zu einem Nachweise
der Verbindung dieser Erscheinungen mit der
Art der Leitung und Erregung zu gelangen,
welche vom Seelenorgan ausgehend durch me*
chanische und chemische Einwirkungen aufge-
hoben, durch mancherlei Reize oder durch
Herstellung der Verbindung vermittelsit andexer
. ,- 8? -
dl organiscber LeilODgen "wf edar banrorgenifan
werden kann. Zu eDUchieden seijt sich ia
diesen EiDflüsBeo die Präpooderanz eines phj«
ailudiscbeD Priocips über dasjenige, was wir
lebendige Reactios nennen, als dafs sieb nicbt
die Ricbtung und Tendenz der bentigen Wia-
lenscbaft Torzugsweise nacb diesem Punkte bin«
bewegen sollte.
Geben wir zur Betracbtung des cbemiscben
Verbaltens der organischen Wesen über, so
finden wir zUTorderst, dafs sie, wenn nicbt
alle, docb einen Theil ihrer eigenthSmlicben
Warme durch einen Procefs des Gbemismue
entwickeln , wobei auch im Gazometer u. s. w.
Wanne frei wird. Wenn man die Vrsacba
der tbieriscben Wärme neben der Bildung von
Kohlensäure mit Hilfe des eingeaihmeten Oxy-
gens noch mit Grund einer Wechselwirkung
zwischen dem Nerren und gewissen Geweben
(oder den allgemeinen Flüssigkeiten) des Ror-
Esrs zuschreibt, so fehlt uns für das letztere
bänomen allerdings eine physikalische Erklä-
rung, wenn wir nicht in einer neuerdings auf-
gestellten Hypothese vom fluidisirten Nerven«
marke eine solche suchen wollen« Aber wir
•eben docb nirgends im Organismus, dafs da,
wo sich nach den Erfahrungen der Chemie eine
Wärmeentwickeluog aus einem bestehenden
Processe erwarten liefse, eine solche nicht Statt
föode* Und wir werden uns um so weniger
daran stofsen dürfen , dafs hier mehrere Urse*
eben zur Erreichung des positiven Resultats zu*
sammenwirken , als wir ja das Gleiche selbst
an der Erde sehen, deren Wärme nicht blofs
Ton ihrer Wechselwirkung mit der Sonne her-
rübrl^ sondern ebenfalls nocb einen zweiten.
— 9p —
im Innern des Globus unserer Ditheren Erkennt«
nifs entzogenen Grund hat.
Die künstliche Verdauungsflüssigkeit be-
wirkt bei einem grofsen Tfaeile der nährenden
Substanzen anfserhalb des Magens dieselben
Veränderungen , welche der Bissen selbst bis
zu seiner Verwandlung in Ghymus eingeht« Die
amylumhaltigen Substanzen uoterliegen einem
anderen , aber gewifs nicht weniger chemisch
wirkenden, Gesetze der Veränderung. Die pri-
märe Verdauung ist mit Hilfe fortgesetzter Be-
obachtungen und Versuche fast unbedingt auf
einen Act mechanisch -chemischer TbStigkeit
zurückgebracht worden. Auf eine ähnliche
Weise ist der Vorgang des Keimens, die Ent-
ladung von Kohlenstoff, der sich aus einem
chemischen Grunde in der Frucht anhäuft, und
mit Hilfe von Säuren, in deren Verbindung er ,
eingeht, beim Keimen wieder ausgeschieden
wird, die Umbildung des Amylons und Pfian-
zeneiweifses in Kleber, Gummi, Diastase, Znk-
ker u. s« w, unter dem Einflüsse der neuent-
standenen Säure, das Vorwalten der letzteren
in der unreifen Frucht, und die Rückbildung
bis zum Amylon , Eiweifs, Zucker u. &• w«,
welche wiederum durch die chemische Entsäue-
rung eintritt, — alle diese Verhältnisse sind
chemische Vorgänge, sie lassen sich, wenigstens
die positiven unter ihnen , von der Chemie mit
grofser Leichtigkeit wiederholen, und begrün-
den sich ganz allein auf n^ich weisbare Gesetze
der Verwandtschaft der Körper und der Atf*
traction der Atome.
Wir sehen die aufgenommenen Stoffe man«
cherlei Veränderungen eingaben, deren De-
tails allerdings nicht in jeder Beziehung erklärt
— 91 —
ftiodf die aber doch In den meisten Fällen anf
lein chemischen Principien hinauskommen. Ich
ifaib wohl, dafs diese» nicht immer der Fall
ist, und dafs der gegenwärtige Zustand der
Organochemie nns manche wichtige Frage über
das Vorkommen unzerlegter Bestandtheile, Ton
denen es acheiot, als seyen sie nicht Ton An-
isen dem Organismus cugebracht| hinterlassen
hat. Dies ist insbesondere der Fall mit der
Kalkerde der Knochen im Ei, mit der Kiesel-
erde in den Binden der Pfiaocen, und, wie es
nenerdings scheint ^ mit dieser und dem Eisen
io den Schaalen der Gailonellen u. s. w. Aber
wir haben bei einem Theile dieser Erscheinun-
gen offenbar die sehr starken chemischen AfK-
niläten in Betracht zu ziehen, welche durch
raschen Wechsel aus sehr yerdiinoten Losun-
gen eine »bedeutende Menge des yerwandten
Stoffes in sich aufcunehmen TermSgen. So
macht unter Andera Hr. Ehrenberg au{ die ganz
unTerbältnifsmärsige Menge kohlensauren Kal-
kes aufmerksam^ welche von den Koratlen-
tbieren des rothen Meeres und anderer Locali-
täten zur Aufführung ihrer Mauern organisch
geformt wird^ und dieser berühmte Naturfor-
scher hegt einen allerdings nicht ganz abzuwei-
aenden Zweifel über die Möglichkeit^ aus dem
geringen Kalkgelialte der Seewasser das Me-
dium für so enorme Lager heraussukrjrstalUsi-
ren. Eine ähnliche Thatsache nicht weniger
•eigenthümllcher Art, ist mir vor Kurzem von
meinem Freunde, Hrn. 7. Minding , aus einem
Schreiben des Hrn. TVerneck zu Salzburg an
Ersteren, mitgelheilt worden* Hr. Werneck er-
sog in grofser Menge den Brachyonus urceo-
laris und andere Species von gepanzerten In-
fusorien, in destüUrtemj also ganz leipeux un^
— «3 —
von allem pbospborsAurem Kalke frdem Wal-
ser; nicbtsaesto weniger erwies der Panzer der
Jungen eben sowohl als der der Alten denüich
einen Aotheil yon phosphorsaarem Kalke. Es
würde Terwegen seyo, Fragen dieser Art aof
eine oberflaGblicbe Weise abferrigen sa wollen,
indessen dürfte dies wobl oocb mehr der Fall
seyn, wenn man sieb mit der Annahme beiii-
bigt, dafs elementarische Korper Mob alt -Pro«
dokt der lebenden Tbätigkeit neugebildet wer-
den ^ als wenn man zayor auf Vergleichnai
alier Umstände dringt, und «• B. mit Hm«
Minding für den letztern Fall den Beweis foi^
dert, dafs nicht der Stoff zu den Schaalen der
jungen Individuen ans der Mischung des Glaset
selbst hergenommen sey, der er, wie bekannt^
bei der gewöhnlichen Art der Bereitung unterei
gröberen Glases selten fremd bleibt» Ob nun
in der organischen Zusammensetzung eine Kraft
des Chemismus liegt, welche Materien, die n
zerlegen wir bisher noch nicht im Stande wa-
ren , aus ihren Elementen zusammenztitetzen
Termag, darüber läfst sich allerdings erst dann
mit Gewifsheit entscheiden ^ wenn es geglBckt
seyn sollte, mindestens in einigen Fallen diese
bisher unerreichte Zerlegung dennoch auch auf
rein chemischem Wege darzustellen. Aber es
würde wenig gewonnen seyn, wenn wir, be*
müht die Vorstellungen einer lebendigen Gene«
ratio aequiyocA zu widerlegen , dagegen um ei«
niger noch nicht erklärten Thatsachen -willen
eine Hypothese Ton elementarer Generatio ae»
?uiroca aufstellen , und der Lebenskraft eine
igenschaft zuschreiben wollten , too der wir
sonst durchaus keinen Begriff haben: die nÜni*
lieh 9 aua Kichts Etwas zu machen. '
^ 93 ~
Es Iief«rl feroer ffohUrs Harnitoff den B*-
Wttft dab selbst ternäre YerbiDdoDgeo^ wie
sie die Wechselwirkuag der nrg.iDischen Mate^
neu ans ihren Elementarbestandtheilen Tereiot,
nicht anbedingt ron dem Gebiete der anorga-
nischen Chemie ausgeschlossen sind. Freilich
lälst sich Törlänfig noch gar nicht absehen^ wie
es gelingen solle, die aus dein Zusammentre-
ten Ton drei und Tier, uns, mit Ausnahme des
Kohlenstofifs , nur im gasartigen Zustande be«
kannten Körpern entstehenden festen und flfis-
sigea Verbindungen in der Mannigfaltigkeit ih-
rer atomistischen Zusammensetzungen nachsu-
hilden^ da wir bisher zu jeder chemischen Ope-
ration in dieser Rücksicht einer gegebenen or-
ganischen Zusammensetzung bedurften, von der
sich wohl etwas abnehmen oder hinzusetzen
liefe I die aber doch niemals entbehrt werden
konnte. Die Hoffnungen, welche wir in die-
ler Beziehung für die Zukunft etwa zu hegen
berechtigt wären , beruhen vorläufig ganz allein
auf der Erweiterung unserer Erkenntnifs der
electrochemischen Vorgänge , und sie sind si-
cher genug begründet f um zu ferneren ununter-
brochenen Bemühungen auf diesem Wege an-
BQspornen«
Es giebt im Organismus eine Bigenthüm-
lichkeit, welche^ obwohl an sich rein physi-
kalischer Natur, dennoch den Versuchen, un-
sere Erfahrungen yom Leblosen auf das Le-
bendige zu übertragen, ein vielleicht unSber-
Vfindliches Hindernifs entgegensetzt« Es ist dies
3ie unendliche Vergrofserung der Berühruogs-
Bächen im kleinsten Räume und die dadurch
bedingte Möglichkeit der Wechselwirkung zwi-
schen Flüssigem und Festem bis in die zarte«
sten, molecularartigen Verbältnisse bineUu
I
— 94 — • ^
Dies ist eine Schwierigkeit , welche' trali
aller Hilfsmittel zur Verstärkung unseres auw^
licheu WahrDehmuDgsTermSgeDS deoDOch im*
merfort bestehen wird und inufs, selbst wtoa
es für die Steigerung unserer WahrnehmoogSr
mittel keine durch unsere Organisation bis*
stimmte Grenze gebe. Denn jemebr wir aeheoi
boren u, s« w. können , desto mehr werden wii
zu sehen und zu hören linden. Je kleineie
Maafse wir messen, desto mehr des Uomefs«
baren mufs sich zeigen. Diese Zunahmea wach-
sen ^ materiell gesprochen, in einem kubiacheo ']
Verhältnisse, und gehen Ton dem ideal Grob«
ten zu dem ideal Kleinsten Jiindurcb.- Webs
wir im Reiche des Anorganischen das Gleiche
artige in grpfseren M{issen angehäuft aeheo^
und wenigstens im Starren mit Hilfe der rör-^
bandenen Mittel fast überall auf materielle Pe-
rioden treffen , die sich neben einander wi^
derbolen, so fibdet im Organischen eine -gren-
zenlose Durchdringung, sowohl der Mischuft-
geoi als der Formen. Statt.
Aber eben deshalb mufs es hier erlaobt'
aeyn« den Schlufs zu wagen » dafs, was wir
im Grofsen wahrnehmen, dieselbe Bedeutung
und Wirkung auch im Kleinsten beibehalte.
Wenn wir die Vergrofserung der Fläche ab
sicherstes Mittel zur Verstärkung galvanischer'
Säulen erkennen, welche durch ihre FolarilS-
ten chemische Gegensätze und andere EiEocte
erzeugen, wenn wir ferner aus den im kleiiH-
sten Räume unendlich yergröfserten Oberflächen
der drüsigen Organe Bildungen herrörgehen
sehen I an denen eine Veränderung des chemi-
sehen Verhaltens der cugefiihrten Stoffe als ;
WesenUicbstes berrorjritt, so haben wir um -
— 96 —
swei MöglicIikeiteD der Ansicht — dfli Pbano-
Bieo auf .eine unerklärliche Wirkung orgHn'«
•eher Lebendigkeit zn beziehen , oder leine
Qaelle eben in jener aneodlicheo Vergrofse-
niog der Fläche und den durch dieselbe ver«>
slärkteo Wechselwirkungen de» Festen und Flüs«
sigeo zu suchen«
Wir mögen ferner den Beobachter darauf
liinweiseny nicht zu yergessen, wie Tiele der
organischen Operationen, welche mit Zersez-
zvng und Neubildung von Stoffen verbunden
sind, unter vollkommenem Ausschliefsen von
Luft nnd Licht^ so wie unter einem Wärme-*
grade vorgehen,* der nur sehr unbedeutenden
Schwankungen unterworfen ist« Es ist nöihigi
bierton Rechnung zu halten, wenn man eine
Zurackfuhrung von Lebcoserscbeinungen auf
jene Kräfte versucht, die man todte genannt
hat, ohne Rücksicht auf den Widerspruch zwi-
schen Subjekt und Prädicat und zu gröfster
Verwirrung der Begriffe.
Es sey mir erlaubt, den Inhalt dieser Be-
trachtungen nochmals in einem kurzen Ueber-
blicke vorzulegen^ um obngefahr die Grenze
des bisher erkannten Zusammenhanges zwi-
schen den Erscheinungen der Physik und Phy-
siologie zu bezeichnen«
Die allgemeine Gravitation wird am Or-
ganismus nur in der Muskelwirkudg und den
Erscheinungen der Flimmerbewegungen aufge-
hoben« Die Yertheilnng und Bewegung der
Flüssigkeiten geschieht in den grofsen Gefä-
fsen, und cum Theii auch in den lymphati-
schen nach hydraulischen Gesetzen^ die At-
traction der Körper wird im Organischen, wie
im Anotganischen verstärkt durch intermediäre
-- 96 —
BiodemiUel, welche eine grofse Affinität so doi
Poren der sicli berührenden Flächen habea.
Nicht selten zeigen aich im Organismoe bot*
xnale oder pathologische Ausscheidungen, wel-
che dieselbe Form der Krystallisation anneh-
men^ die den Körpern von gleicher Zoeanw
mensetzuDg auch anfserhalb des lebendigen Be-
reichs zukömmt, und Wachsthum durch Intas-
susception kann dem Acte der Vermehrupg der
Krjstalle eioigermafsen verglichen werden, wie
denn auch die organische Zusammensetzang*
eine Grenze zeigt, die in dem Gesetze ihrer
Krystallisaiion zu beruhen scheint. Das Ein-
tind Austreten , so wie das Verhalten Yon Gas-
arten innerhalb des Körpers, hat nichts den
Gesetzen des Gleichgewichts und der Bewe-
gung elastischer Fluida Widersprechendes in
sich; verschiedene Erscheinungen der organi-
schen Individualität gründen sich auf die ali-
gemeine Porosität der Körper; das Licht, der
Schall, die Electricität und andere allgemeine
Erscheinungen verhalten sich im Organismus
nach denselben Gesetzen, als anfserhalb des-
selben, nnd die Sionenempfängllchkeit fnr diese
Agentien ist auf eine physikalisch zweckmä-
Isige Bildung der Organe begründet. Der Che-
mismus endlich tritt nicht allein in dem Acte
der primären Verdauung entschieden hervor,
sondern er scheint anch in den späteren Ver-
änderungen der aufgenommenen Stoffe in Ver-
bindung mit einer allgemeinen, auf die Anord-
nung der Gewebe gegründeten Kraft die Ver-
ändemngen der Flüssigkeiten zn bedingen. End-
lich ist überhaupt die Wirkung des Seelenor-
gans auf die Individuen an eine materielle Lei-
tung gebunden ^ welche durch mechanische and
chemische Einwirkungen aufgebobea iwexden
— 97 —
j
u «ad fSr die foTgIfcIi xnecliäBitcIi^ und
|wb|m Integrität WirkungsbedioguDg ist
101 aUem dieeem iit nicht getagt , dabdie
fadnng switcben Physik und Fbytiologie
ij^Di aur halb soreicheDdeti Grade herge«
i^. ' Nur die ersten Linien dieser Bahn
fÜMinigQDg zeichnen sich unserer Befradb*
^fjor^ nod alle bemerkten Yerbindungen
«toa^gien betrelEen nur di6 vitalen und
iDatn cue aoimalen, niemals aber die ho-
t fiiatlgen Kräfte des Orgamsmns« Nichte
liwiiger ist auch hier schon Tiel gewon«
' dahn am den richtigea Begriff des WoVi-
üieaskraft sn erlaagen , ist es nicht genug,
inaa alle Erscbeinuogen am Lebenden auf
Bm besiehe, Velmehr wird es nobedingt
pvaad^ zu zeigen, was auch im innersten
r«ilMi Orgeuismus seinen Ursprung zunSchst
den idlgemeinen Gesetzen der Erde her*
p . denen die lebenden [Wesen entsprossen
und Ton denen sie also nie ganz losge*
I erscheinen können«
' ,<
— 96 —
IV.
Merkwürdige
MiTsbildiaig d«B Herzens und sei«
ner grofsen GefEfke
bei •iner blautfichtigeoKraiiken«
Von
Dr. Fr. Holst,
Profeiior der Medizin an der UniYenitit n dniitianM.
(UebeneCzt ans der von dem VerCuuier heraatgeg^a-
nen medidnlBcben Zeitschrift „Eyr**.)
AI«! ein Mädchen von gesunden Aeltern gebo-
ren, dem Anscheine nach gesund , erhielt in
den ersten Monaten die Brust der Mutter, wurde
fedoch später mit Kuhmilch aufgefüttert« An
dem Kinde lieb sich keine Spur irgend einer
Krankheit früher wahrnehmen; erst im swei«
ten Lebensjahre wurde eine eigenthümlicheblaoe-
Färbung der Haut bemerkbar. Wie aber die
krankhaften Phänomene sich entwickelt haben^
kann ich erst Ton 1833^ oder Ton dem 5tkn
Lebensjahre des Kindes an, mittbeilen, da erst
damals meine ärstliche Hülfe in Anspruch ge-
nommen waxde.
- 09 - .
blaae Farbe, welche nach and Dach
badeotend zngeDommeD hatte, ifen beioodera
^ in die Augen fallend' an den mit eiper dünne-
ren Haut bekleideten, Tom Hersen entfernt lie-
genden Theilen des Körpers, an den Lippeni
Backen , Zehen, Fiogem, deren aubersten Glie«
dern, wie auch an der Scierotica,
. Die Hufsersten Glieder der Finger und Ze-
hen waren dicker und breiter, als im norma-
len Znstande, und die Nägel hatten anfserdem
eine Wölbung, wie man sie bei yielen Schwind-
süchtigen beobachtet. — Viel zu essen, so
wie -AnstrenguDg des Geistes oder Korpers, er-
trug das Kind nicht. Sobald dasselbe in Af-
fect gerieth, sich stark bewegte, oder mehr
als gewöhnlich genossen hatte, fanden sich
alsbald suffocative Zufälle in Begleitung tod
Schwindel und Krämpfen ein, denen aber bald
Schlaf folgte , aus welchem es beständig leich-
ter und weniger blau erwachte. Die Kranke
litt fortwährend an Herzklopfen, welches be-
sonders in den letzten Jahren sehr heftig war«
Legte man das Ohr an die Brust in der Ge-
gend des Herzens , so konnte man ein eigen«*
thümliches Brausen deutlich wahrnehmen, noch
deutlicher aber wurde dasselbe mit Hülfe des
Xja^n/t^c'schen Stethoscops bemerkt* Die Kranke
hatte eine besondere Lust mit an den Leib ge-
sogenen Beinen za sitzen, oder auf.den Knieen
und Ellenbogen gestutzt zu liegen; sie weinte
häufig, und ihr Athem war äufserst beschwer-
lich,' oft seufzend, die Temperatur des Kör-
{lerst anfserdem stets niedriger, als im norma-
en Zustande« Wenn das Kind sich zufallig,
oder an einer Stecknadel ritzte , oder überhaupt
eich anbedeutend mit einem schneidenden In«-
G 2
— 100 —
stnimente verletcte, flob eine Menge Blat tob
dunkler, bläulieber Bescbaffanheit aus der Wandte
Blut Ton abnlicber Bescbaffenbeit fiols ofll^
Ton selbst aus der Nase und dem Zahnfleische.
An dem Muskelsysteme konnte man eine ei-
gentbiimliche , gleichsam teigartige WeicUheit
wahrnehmen; die willkiibrUchen Bewegun-
gen waren langsam und matt» Uebrigens war
der Appetit gut^ der Schlaf meistens ruhig, die
Geistesanlagen dem Alter nach entwickelt and
der Kor)>er gut proportionirt, nicht eigentlicii
mager, doch etwas schmal.
Die früher erwähnten suifocatorischen und
krampfartigen Zufälle, von welchen das Kind
im Anfange nur selten, aufser nach Anstrengun-
gen des Korpers oder Geistes, befallen wurde^
erschienen später auch ohne solche Veranlas-
sung, waren aber nie an gewisse Perioden ge-
knüpft, Sie nahmen nach und nach sowohl ao
Dauer als an Stärke zu, und oft, wenn ich
während eines solchen Anfalles zugegen war,
xnufste ich fast jeden Augenblick den Todf des
Kindes erwarten. Während dieser Anfälle war
die linke Seite bei weitem kälter als die rechte,
auch konnte man oft mehrere Minuten lang an
den Arterien des linken Armes bis zum Blies-
bogen hinauf keine Pulsation, und über den-
selben nur eine äufserst schwache fühlen. End-
lich befreite der Tod während eines solchen
Paroxysmusdas arme Kind von seinen Leiden.—
Ich konnte hier wohl mit grofser Wahr-
scheinlichkeit voraussetzen, dafs die eben be-
schriebenen Symptome ihren Grund in einem
bedeutenden organischen Fehler des Herzens
selbst oder seiner grofsen Gefäfse haben mufsten,
und dals die Krankheit demnach eine angeborno
— 101 ~
Gyknose war. An WiederheratelluDg konnte aIio
nfcht gedacht werden , nur allein Linderung der
Zofälle konate die Aufgabe und der Zweck des
Arttes sojro* In dieser Absicht wurden Buhe
der Seele und des Korpers, so wie eine spar-
same» jedoch nährende, besonders Tegetabili-
sche Diät anbefohlen; zum innern Gebranch«
gelind abführende Mittel, eine mit Wasser
Tevdiinnta Salpetersäure y andere säuerliche Ge-
traoka^ so wie ein Pulver aus Digitalis und
Xart depurat. verordnet. Während der An-
fälle wurden Blutegel auf die Brust in der Ge-*
gönd des Herzens und an die Schläfen appli-
cirt^ Moschus innerlich und Asa foetida in Kly-
stieren gegeben^ so wie auch lauwarme Bäder
angewendet, — gleichzeitig der Körper in war-
me Kleider eingewickelt, mit Flanell gerieben
und in eine bequeme Stellung gebracht*
Die Krankheit aber nahm nichts destowe-
Diger fortwährend zu, und ich wage es nicht
einmal zu entscheiden , ob die wahrend der
Krampfanfälle angewendete Behandlung 'im
Stande war^ diese zu mildern oder zu verkür-
zen , da einzelne Anfälle , in welchen keine
!>IediciD gebraucht wurde, weder heftiger, noch
länger anhaltend waren.
Zwei Tage nach dem Tode wurde, unter
collegialer Assistenz des Hrn« Prof. Dr. Shjtl-
derup und des Hrn. Prosectors, zur Zeit Stadt-
pbysikus Hansoriy die Obduction vorgenommen,
welche folgendes Bemerkens werthe ergab:
Beide Seiten des Körpers^ sowohl die Extre«
initäten als die übrigen äufseren Theile, waren
symmetrisch entwickelt. Die äufsersten Glie-
der der Finger und Zehen waren zwar noch
— 102 —
deotlicb bläulieb - schwarz gefärbt , doch in gßm
riogerem Grade als zur Zeit des Lebeos« Die
Lippen und die übrigen Tbaile des Körpers
dagegen erschienen nicht dunkleV ala bei an-
deren Todlen«
Das Herz hatte eine ungewöhnliche
Jse^ und der Herzbeutel enthielt ohnaefah^ eine
halbe Unze seröser Flnssigkeit Did rtcMe
Kammer war ohngefähr doppelt so gro/s^ ab
die linke , und zu gleicher Zeit mit weit afiv-
keren Fleischbündeln , als diese, Tersehen«, jin
der Scheidewand der Kammern , nach oben
gegen die Vorhöfe hin, befand sich eine O^jf*
nung Ton gegen \ Zoll im Durchmesser. Dicht
an der Seite dieser« OefiPnung nahmen scwM
die jtorta als die jtrU pulmonalis aus der vor^
deren Kammer ihren Ursprung, die letztere je-
doch etwas mehr nach oben und Torn, -Das
Volumen beider Arterien war ohngefähr um
ein Drittel geringer, als gewöhnlich, der rechte
Vorhof gröfser und mit stärkeren Fleischbfio-
deln versehen, als im normalen Zustande, der
linke dagegen uogewöbolich klein und das OTale
Loch offen I wie beim Foetns,
Alle Klappen des Herzens waren normal*
Aus dem Bogen der Aorta entsprangen 3 be-
deutend grofse Aeste, nämlich die A. sobcIaTia
dextra. Carotis dextra (kleiner) und Carotis si-
nistra (gröfser), aber keine Subclavia ainistra«
Die Aorla nahm hierauf selbst bedeutend an
Gröfse ab) so dajs sie dicht unter dem Bogen
bereits die Hälfte ihres früheren Volumens ver^
loren hatte. Von der Vena azygos^ welche
hier ungewöhnlich grofs und aufgeschwollen
war, fernerhin begleitet, stieg sie an der rech-
ten Seite durch die bekannte OefEnung des Zweig-
-i« 103 --
li 10 die UnterleibshShle hinab, auch blflfr
«dflotend kleiner, als gewol^nlich, und mit
Ivdiaus schwanem Blute aDgefiilit«
Noo wurde der liöke Arm and die Art
imdiialis untersucht uod nach der Brust bia
itdolgtf wo sie — als ArU stäfdavia sini--
äru — hei dem zweiten Brustwirbel etwas zk«
genmdei , al$o beinahe einen Zoll von der Aoria
ettfimtp endete. Diese Art. subclaria hatte
ifae gewöhnlichen Aeste , unter denen die Art»
nrtebralis aufwärts etwas schräg nach der lin-
ks» Seite hin steigend, eine ungewöhnliche
Stivke xeigte.
Die Art pulmonalis, hier sehr klein, gab
▼OD ihrem linken Zweige , da, wo man sonst
den Ductus Botalli findet, einen zwei Zoll Ion*
gern Kanal ab, der, ebenfalls aufwärtssteigend,
schräg nach der linken Seite hin in derselben
Richtung, wie die Art. rertebralis sich unter
einem beinahe rechten Winkel mit der Art
subclaTia sinistra yereinigte. Durch diesen Ka«
oiri konnte man eine Sonde Ton der Dicke der
Anelschen fuhren.
Die drei tnletzt angeführten Gefälse, die
Art. subclayia sinistra, Art. yertebralis sinistra
ond der Kiuial, vereinigten sich in einer deut«
liehen Erweiterung, beinahe ron der Gestalt
eines Dreiecks, dessen längste Seite nach in-«
Den, dessen zwei andere dagegen nach auben
gekehrt waren. In dem obersten Winkel en*
dete sich die Art, yertebralis sinistra, in dem
Botersten der erwähnte Kanal^ und Ton dem
äofsersten oder linken Winkel entsprang die^
Art subcldTia sinistra.
Die Vena cara inferior hatte in der Un-
leileibshohle ein ohngefähr 2| Mal so grobes
— 104 —
Volmneii^ als die clanebeo liegende Aorla, und
Trar bedeutend mit Blut aDgefdllt.
Die Lungen waren klein , aber soDSt nor-
mal, und an keiner Stelle Terwachsen» Da-
gegen war die Glandula thymus, die, wie be-
kannt, nach der Geburt an Grofse abnimmt,
bei diesem Kinde Ton ungewöhnlicher Grofse,
Nocb mafs bemerkt werden , dafs die Masse
des Gebirns fest war, dafs sowobl die Venen
in 'der Schädel-, wie in der Unterleibsboble,
auCserordentlicb grofs und mit Blat angefoUt,
die Arterien dagegen klein, aber gleichfalls roll
eines durchaus schwarzen Blutes waren , so wie
auch, dafs alles Blut sowohl in den Venen,
als Arterien eine schwarz^ und klebrige Be-
schäiFenheit zeigte*
Das Herz und seine grofsen GefSfse so«
gleich mit der Art. yertebr. sinist^, Art« bra*
chialis sinistr,, und dem zwischen dieser and
der Art. pulm. sinist. laufenden Kanal sammt
beiden Lungen und dem untersten Theile der
Luftröhre, sind in dem anatomischen Maseom
der hiesigen Universität aufbewahrt» — -
Aus der hier mitgctheilten Section geht
also hervor, dafs der rechte Theil des Herzens
Tiel gröfser war, als der linke, dafs die Vor-
höfe, wie beim Foetus, durch das offen ge-
bliebene ovale Loch in anmittelbarer Verbin-
dung mit einander standen, dafs beide Kam«
»lern ebenfalls vermittelst einer abnormen Oeff«
nang an der zwischen beiden gelegenen Scheide-
wand mit einander communicirten, und dals
endlich sowohl die Lungenarterien, als' die
Aorta, aus der rechten Herzkammer entspran-
gen, und beide auCserdem ein höchst germges
Volumen hatten. In einem Herzen aber, des-
sen beide Hallten in einer solchen Verbindung
WfW 4at Träose md arterielle l9lkil-jnit.Teiii--
. Mi» -gemiBcht werden. ' Za deo 'Lnii|eA»#iiide
1^' Blut gefiihrr, dae sihoD einigetaalieai^Wju:
Atr'war, oder lieltnehr ans euier.:lUaQbtaif
Ti»*üoxjdirtem imi oxjdirtem beeüad^ •tre«*
mmr^ dft geriogeo VblomeDs der Art» ]tiiltaM>ki«
Manie iodefe onr eioe kleioere Blntmaeee^ ale
fenttiiilich y deo Longen sugefdlnÄr werden^
#ialMilb ohne ZweiM die Lungen iSch nicbt
"BMbr entwickelt hatten, nnd daher eo klein
-MliUelmn waren. Eben ao wenig kionttte.wobL
die Aorta 9 weiche -gleich unter ihrem Begen
eO'l>edMtend anUmfting abnahm; Jdie Oilgane
laSi der hinreichenden Menge BInt trertehen,^^
welche su ihrer Ernährung upd ihren norma-
len'fwdktiendBF erforderlich war. In Folge dec
MfchwMlen Blaairkolation durch -die*. Longen^
und der durch diese eigentbümliehn Bildjittg
beetebenden freien Commonication aifeldeoheli bei»
dm 'Hälften des Herzen e, erklärt excb>:.darf 'die
Venen, ungleich gröfser als die -Arterien;^ yer«.
bältnifionäfsig weit mehr Blut, enthalten 4niils^.
fen^'Und dafs überhaupt Yenosiiät in der gan-
zen Blntmasse Torberrscbte. Diesen culöUt er«
wähnten Zustand bekundeten deutlich die dunkle
Farbe des Blutes, -die geringe Neigung deisel«
ben zilm Coaguliren, der häufig während- der
Krankheit eintretende Blutrerlust und di^ blaue
Farbe der Haut.
Auch die bei diesem Kinde. ungewöhnlich
entwickelte Glandula thymus Terdieot noch
eine besondere Erwähnung. Bek-anntlicb will
man diese Druse in den Fällen , wo das orale
Loch ' oder der BötslUsche Kanal offen geblie-
ben waren, ungewöhnlich grofs gefunden ha«
be»> und dieses dürfte mit j92cGkä und enda
— 100 ~
reo I^hytlologen ' tielleicht ab eis Bewtit fSr
die MainODg dienen, daft die Glandula thy«
mos bei Personen mit dergleichen orffanischen
Fehlern im Herzen, ebenso wie bei den Am-
phtbien und maochen Sängethieren , namentlicb
bei den tauchenden, nagenden und Winlei^
Bchlaf halleoden (z. B. den WallroseeD» den
Seehunden, Wieseln, Maulwürfen, Bären, Fitcb-
ottern u. s« w.) gewissermaben die Function der
Lungen Sbernebme, indem nämlich das Bbit
in ihr dieselbe Veränderung erleidet, wie .in
den Lungen eines mit einem normal gebilde-
ten Herzen versehenen Menschen« —
Die bei diesem Mädchen beobachteten ab-
normen Erscheinungen gleichen zwar im AU»
gemeinen denen , die gewöhnlich bei BlauaüclH
tigen gefunden werden , und linden sich in den
bekannten Beobachtungen Ten Blansücbtigen
aufgezeichnet. Dagegen scheint mir die Ar^
wie hier die Art brachialis sinistra mit dem
übrigen arteriellen Systeme in Verbindung stand^
äufserst selten; mir wenigstens ist unbekannt
dafs diese eigenthümliche Abnormität Ton ir*
gend einem Andern bei einem Blausüchtigen,
beobachtet worden ist.
Die genannte Arterie entsprang nämlich
nicht aus dem Arcus Aortae, sondern Terei-
nigte sich durch einen offenen Kanal, der hier
Tielieicht für den Ductus Botalii yicarürte, mit
dem linken Aste der Lungenarterie, und em-
pfing auf diese Weise durch diesen Kanal Blut,
das wohl zum Theil yenös, übrigens aber Ton
derselben BescI^affenheit war, wie das, wae
durch die Aorta den übrigen Theilen des Kor*
pers zuflofs. Da der erwähnte Kanal indefs
sehr schmal war„ konnte das durch denselben
dringende Blut unmöglich die um mehrere Male
— 107 —
fidcAre Art sobelaTiaiiiiistra aofSUeo ; es scheiDt
TMimehr, dafs sie ihre grofse Blutmeoge tod
der lioken Vertebralarterie, die beinahe von,
deftelben Grofse war, empfaDgeo habe« Das
Bist mulste auf diese Weise, ud) tod der Aorta
Bsch der linken Art. pulinonalis zu gelangen^
ditch die Carotiden , WiUis^s arteriellen Wirket
beidireiben^ und durch /die lioken VertebraU
artsrie (in welcher der Strom eine der ge«
wohBlichen entgegengesetzte Richtung hatte)
gehen« Die Erweiterung »welche bei der Ver«
•isigung der Art« subclayia sinist. , Art« yerte«
braUs sinist« und'dei oltei; erwähnten Kanals
nch vorfand, wa^ hSchst wahrscheinlich da-
durch entstanden, dafs dieHSlutwelle dort in
ihrem Laufe aufgehalten wurde, ehe sie ihre
beinahe senkrecht herabsteigende Richtung in
eine laterale ?eräodern konnte«/ Aus der Seh wie-
ligksit aber» mit welcher die Art« brachialis
Bur ihr Blut erhaltea konnte, erklärt sich auch
soglsich, warum der linke Arm während der
anfalle eine weit geringere] Temperatur, als
de? rechte batte^ und warum die Arterien an
dem linken Arme zu pubiren aufhörten, wäh-
rend die Pnbation noch ganz deutlich an dem
fechten wahq;enommeo wurde« —
«• >. •
1
1
■
m
«
^
*'.
■ * ■ ' 1 ' ■
» t ■ ■ . a ■. •
1
.
i.:
1
1
-
1
■
ff
.
t-
■ ■
t 1 1- } .;
1 • .
1 ■
*•
M '
■
« .
1 * L * •
k
ur
z e
iN a c h r i c
ht
1
eü
•
,
> f
■1
.
• • ■
A
U» Z tt g «.
V
li ....
Getchu^te und Arbeiten ^ "
der Hufelandischen medicinisch-chiriirgiathin 0€$di$ekttfi
«t» ßerlin im Jahre 163^
-C^in .Rückblick auf daf , was die Gesellibhaft üi dam
Jahre 1836 geleistet und erfahren, macht «a ibv zar trao-«
>1gen Pilicht, zuerst des Verlustes za gedenken ^ wel*
dien sie in diesem Zeitraum erfuhr, und yör Allem des
sciimcrzlichsten und gröfstlen, -— des Veriustea ihm nn-'
vergefslicLen und hochverdienten Direktors, welcher aie
vor länger denn einem Yierteljahrhundert gegründet ^ aie
«lurch seinen Geist zu beleben^ und ihr Gedeihen mit
wahrer Humanität ^ unablässigem Eifer, mit so viel Ein-
uiid Umsicht zu fordern wufste. Die organisclie Selbst-
ständigkeit, welche die Gesellschaft hierdurch erlangt,
verbürgt nicht blofs ihre Dauer ^ sondern lä(&t auch hof"
fen, dafs der von Ihm gelegte, gepflegte und zu Ei-
nem Ganzen entwickelte Keim vereinter wissenschaft-
licher I^estrebungen auch ferner wachsen und blUboi
werde! —
Die Gesellschaft verlor ferner in diesem Jahre durch
den Tod aioeii ihrer würdigsten Veteranen , Hrn. Gene-
— 109 .^
;4«»«Mtti|t iPilwwi iranMM» «NMiMer u beUncw,
. TMlih»xWitMiir«Afidefimf « jhiiM «AiAalWtti » Mv. ve-
.gm «irf«rw«iti09. Y^vUttaiM ui4!«^««bfiAe iiiab tar-
ivhifi*- Maa« Üieiki mos der Zibl te bMsM tUttJJm
IGl^l^pdar» thfj!i.::iii«B M* der Geiellpebeft a««niMil|4-
deii, MiBMaitKcli, d^n der Hrn. Geh. Iled. Rathe Jf«rffs
Ind GMfM*^ dei'firn* HoÜretb.lfiiil^, 'dee Hrnl lUf.
inta M«, der'^. Dr, Tftoer/ ntaa^ oad JEübrl.
ämtüm, dordk des Tod dee biaherigeii Dinktore 'ev-
M«t» Stelle, wurde der Vlee**Direktor der GeieÜiciMÄ
Hb PriMideii^ Aticf»». in Folge eHiet- seiioa froher roa den
'^nteiieni gebl^ Besohluste y. 10. Febniw 1830.
''(VeigL Geechicbäip&e Danitelliibf der Hafehndltehen Ge-
•^lehiift BQ ^ti^' 1833. S. 98) Jn der Sitsong y« 17.
S^Or» ab Pirekto Tj^ der GeseUiduift bestätigt^ — 1«
derMD^en Siteonc;;Sode{dibetdilotMn9.einea neoea Ykse«
Direktor^ nnd zwar Jedem»! avf drei Jahre , za wibleB>
'lud hlem lar'die jAchaliolgendi^a drei Jahre Hr« Pro«
jGsnor Osmm dibeh* Abetimmang emannU
lia der Sitnag ▼« 23. Decbn wurden : Hr. Regimenl«-
Ant br* ßinfiMmwh' Cenaor^ Hr. IVt>t Dr. Hecher^ ide
.Tie»-GQiuor i4 fiSeii Fonktionea bestätigt, — Hr. Geh«
Hofrath Kmusrnrnm, zom .Sekretair an die Stelle des we^
gen Krinküchkeit aosgescbiedenen Sekretain Hm. Med.
Rath Brem^y ao wie Hr. Prof. Dieffenbaeh zam aotwacr
tigen Sekretair an die Stelle des bisherigen, zum Yice-
Direklor ernannten Hrn. Prof. Osann ernannt; — und dnrch
A}>stiminnog nach den bestehenden Statuten die Yorste-*
her fnr das Jahr 1837 erwählt.
Nea angenommen wurden im Jahr 1836: ii) zoor'«^
denfiicfaen Mitgliedern der Gesellscbajfl: Hr. Dr. Liebin-'
ger iind Hr. Dr. Schüi^; -— h) zu äaswartigen oorrespondi-
lenden Mitgliedern: 22, nämUch: Hr. Hofrath Dr. £« W.
G, KoBtiur, Hr. Professor Fleischmann und Hr. Professor
^ Wfiffner zn Erlangen, Hm» Dr. Sandimann und Oppen^
heim za Haibboi^, Hr. Dr. Köhler zn Warschau, Hr.
Hofrath Marcus f Direktor des Jolios- Hospitals und Hr*
Hofrath Dr. O, Osmm za 'Wurzbnrg^ Hr. Gubernialrath
Dr. W. Stt^eihtz zu Linz, Hr. Dr. Kuer zu MÖgeÜo» Hr.
Badearzt A$^ining zu Hall in Oesterreich, Hr. Leibchirur-
gbs Dr. O, P, Holsf^ier za Hannover, Hr. Professor Dr«
1% Bia^ff za Heidelberg^ Hr. Dr. Cazenave zu Bor-
deamr^ flr. Dr. IWs^ater^ Arzt de THefpice de TAati*
— : ilO ~
qoaillft ood Hr« Dr. P. Martin, Bbrehprlndant da 80-
eiet£ de M^dedne m Lyon^ Hr. Dr. 4%ifiWfü sa Neud,<
Hr. Medicinal-Rath und Leibarst D>)r. ttoeur za Alb«,
Hr. Dr« Paul von Balogh za Peitti/ Hr. ModieiiNd-Kilb
Dr. Schneider za Offeaborg^ Hr. Dr. Sdiärma^er nwi Hb
Pbyiikai Dr. Bergt za Ettingen In Baden.
Unter der besondern and verdieiiiüicheii Leitang da
Hrn. Dr. Bürger erfreut sich dör bestebeiide Cütd im
in- and aasländiscben , mediciniscbeo nnd natärwilseii-
Bcbafilicben Journalen eines angestörten Fortgangs. Die
ZaLil der in diesem Cirkel amlaafenden Journale beCmg 37.
Die durch Sammlung dieser Joarnale nnd Schenkoa-
gen bereits zu einer nicht unbetrSchUichen Zahl too Bil-
den angewachsene Bibliothek der Gesellscbadfty wurde
auch im yerflossenen Jahre ansehnlich bereichert durek
Geschenke von hiesigen und Sendangen Ton aoBwSrti-
gen Mitgliedern nnd Freunden der Gesellschaft, — nif
inentlicli Ton Hrn., Präsident Rust, Hrn. Professor Onam^
Hrn. Professor Dieffenhachy Hrn. DK Fricke und Oppen-
heim ^ Hrn. Med. Rath Andreae, Hrn. Professor VUamer^
Hrn. Dr. Zimmermann , Hrn. Dr. Heinze, Hrn. Dr.
von Fahrenberg, Hrn. Dr. Krieg ^ Hrn. Dr. WeHenweber,
Hrn. Dr. A, Gauthier^ Hrn. Jlf. Gerdy, Bin. JL. F.
Oroquier, Hrn. Leroy d'EtioUe, Hrn. Jlfarftfi^ Hrn. PixH
fessor BelUngeri, Hrn. Griffa, Hrn. C. M. Tenortf Enu
j; £• Chevalley de Rioaz und Hrn. Dr. PammL
Arheiten der Hufelandiscken med^-chtrurgigehen Gfcicil-
schaft im Jahre 1836.
In den festgesetzten, alle Tierzebn Tage Statt fiii-
denden Versammlungen erfreuten sich die Arbeiten der Ge-
sellschaft eines ungestörten Fortganges. In jeder Sitzung
wurde , nach Mittheilung des Protokolls der letzten Sltiong,
in gewohnter Art^ nach den schriftlichen Berichten der
abwesenden^ so wie nach den mündlichen KrÖrterangen
der anwesenden Mitglieder, über die herrschende Krank-
heitsconstitution » die am häufigsten vorkommenden Krank-
heiten und die diesen entsprechenden Heilmetboden nnd
Heilmittel berathen, nnd yersoeht, den Charakter der
herrschenden Krankheitsconstitotion festzustellen^ — > ad*
tene and lehrreidie Krankheitsfälle worden yoi^eitellC) •—
. in ~
.._ ^.jOkdbtM ■niwaMiAfci WM» foqjiHgl, ••
iSiHWte Meffiebe MittMlaHvn ikw »iMwatMÜ
mwllitlii ■liriilinn n aiidani OitM, mti wtäme U»
»i»^jMiritiMwt!dfie KmBkfayito» r- «»I. mmbIi 4m
geMlsIkbai DiMtim«wifm i VtmfMhmnn^
$ mI die OifMÜMtioii smI LätaM te te*
_ ätumgcB erfrsote aidi die Gf iwlliduft dw B»>
tanAqfr KoBstoemMMi » wdoho foa MÜtfidw
Ciwllicinft dogdtliK m^ totgüMIt JüttilM.
So w«k «t Zdt und ünttiode geiitrtttto>, intfdo fai
kl« flfamf ein viiNiiieluifttieber Vortny vw eteaa
Wtfad» der GflttfiMbaft cehatten, ved sww Mfll der
fliaseliieB Ifit^iadm aelM gewilillw Belbe»«
I&
Iti der Silfiiilf t. 8. leiraar gab Hr. StaalMrtft Ai^
f^tmd 99mA eine ^mdUdbfNdk« ITcftcriidU.Mii ^dm wirM-
iMi d^ Oeuiattkgp im wrfoumm Jtkrt,W9 nie ¥0«
•des im YeüoMeiea Jahre iien «DlgenoniiiieiieB inrUkbea
«ad c^neepeadireiiden Mügtieten der GeaellMtefti «ad
Im daM Ifkaritmen Hh9$ freien Jrzte$.
Im der Siisnag t. ^ Januar Aeilte Hr. 1h» IVeadW
aarftfrflUfTfrlr B«ii«rliNifi^ mit Ober Krankheite»^ XHhmt^
«tf MtMMerwng m Präpmnften^ die GeedMie eimer eihr
edmOi veriwfeneniAingeMdiwindeudU, w6 die eine Longe
brandig bei der Obdoction gefonden worde^ einem Fatt
von JhUriwn tremene, in Folge einer leichten Yerletzang
und Seikbachifmge» von hartkien Wecheelfiehem, weloha
diirchadiwefelaaQres Chinin and Belladonna gebdtt wurden«
In der Sitzangv. 12. Febmar trag Hr« Dn^Rotnbeff
eine Abbandlang yör übet die chronisdken KrmMeiten dit
Oeticftfanmeii»
.la der Sitzung ▼. 26.' Febmar tbeilte Hr. ProfiMior
MSOer der Gesellscbaft die Resultate seiner Untereuchmnffen
iAer dh Struktur des fenie mit^ — Hr. Geh. Med. Rath
IMk Bemerkungen über Diarrhöen in e&dlichm, Klimaten.
la der Sitzung t. ^• Mira las Hr. Reg. Arzt Grofe^
hdm über den Äbdomintatffphue (Vgl. Journ. d. pr. Heüfc.
Bd» IXXXIL St. 4. S. 3} , welcher epidemisdi in zwd
Cempagflien des Regiments Kaiser Franz geherrscht
— 112 —
In der Sitznne: t* 25. März trog Hr. Me^« Ratfa Aifcft
ind)rere sehr interessante ßeobachtangen aus seiner ge-
bnrtsbilfüclien Praxis vor> — einen Fall von Verwm^
9ung des Muttermundes ^ welcher in Folge von UntzBn-
dong entstanden^ durcl) Operation glücklich beseitiget
wnrde, —^ die Geschichte einer tin dritten Monat schwim*
jjem Frau yvreXche anfänglich an heftigen epileptischen
Krämpfen, später, als erstere yerschwanden waren, an dem
heftigsten, darch nichts zn stillenden Erbrechen litt^ und
welche darch Anwendung des animalischen Magnetismns
in einigen "Tagen geheilt würde. — ^ Ferner legte der-
selbe der Gesellschaft mehrere nene yerbessertc Instm«
mente Tor^ und einige seltene pathologische Präparate.
In der Sitznng y. lö« April sprach Hr. Dr. Isensee
Über den Enlimtrf eines nc^icn Systems der KranTdieitslehre,
so wie über die Fortschritte in der Kenntnifs und ffeilunff
der örtlichen Nervenleiden in den letzten Decennien.
In der Sitznng v. 29. April las Hr. Dr. Burz Über
Zulftssunff des Lichtes hei grofser Reizbarheit der Au^
m AusscJdaffshrankheiten, '
In der Sitznng y. 20. Mai trog Hr. Dr. Fürst mi^
rere Krankheitsfälle vor von Scharlachfieber y sporadischer
Cholera und IVas^ersticJit nach Weohselfieber, mit Bemer-
bnngen über das Vorkommen yon Herzaflfektionen im
Scharlach, und die dem Scharlach ond dem Wechselfieber
häufig folgende Ischuria renalis« ^
Jn der Sitzung v. 3. Juni theilte Hr. Professor Hert-
mg Beobachtungen Über den Kreislauf des Bluts mit, and
interessante, zu diesem Zweck an Pferden angestellte Ver-
suche.
In der Sitznng y. 17. Juni sprach Hr. Professor Fro-^
riep über die Krankheiten der Hoden, besonders der Tn^-
nica yaginalis testis, und die nach der Verschiedenheit des
Sitzes dieser Krankheiten bedingten Formen derselben«
' In der Sitzung y. I. Juli las Hr. Dr. ItoXthoff über
die fadelnswerthe Anwendung von Pessarien bei Mutter--
vorfallen y und empfahl dagegen ein operatiyes Verfahren,
mittelst dessen er sicher und gliicklich Mutteryorfälle be-
seitiget hatte»
In der Sitzung y. 29. Juli machte Hr. Professor Dr.
Kranichfeld auf dte Wirksamkeit der mit unrecht yerget«
— 113 —
leioi Hetha Eitphratiae affieimiiU aiifmeiimm» und
pfidil die Form der^ aat dem friseben Safte dei Kraotee
ond Alkohol bereiteten Tinktor ond der Aqoa Hb. Eu-
phranae officinalis, beionders letztere bei katarrbaliiM^hea
AogenaffektioDeo.
In der Sitzong y. 19. Angnit unterhielt Hr. Dr. F.
X Biihrend^ die Gesellschaft mit Bemerkungen aber itte
tl^tßiioiogie' und Pathologie der Stimme,
In der Sitzung y. 17. Sept. sprach Hr. Geh. Med«
Roth Wagner über Gaetromalaeie und die Entstehung der«
selben in Folge einer sauren Veränderung des Misehungi-
Terhältnisses des Speichels bei Kindern , besonders in dem
Zeiträume der Dentition, und theilte zugleich, diese An-
sicht bestätigende, Ton ihm unternommene Versuche mit
Terdennter Salzsäure mit. «^ Schliefslich wurde ein wich-
tiges Präparat von einem Vorfall der Blase durch den of-
fen gebliebenen Ürachus Yorgezeigt und erläutert
In der Sitzung t. 30. Sept. theilte Hr. Geh^ Med,
Bath von Stosch seine Erfahrungen mit, ti^ die im FrÜk-
linge vnd- Sommer dieses Jahres herrschende stationäre
Krankheitsconstitution in Berlin.
In der Sitzung y. 14. Octbr. las Hr. Dr. Vefier fiber
das rctn Fhysikalische und seine Grenzen im Organismus^
(Vergl. S. t>5 dieses Journall)efts)«
In der Sitzung yom 28. Octbr. sprach Hr. Med.Rath
Sfaberoh über die Wirksamkeit des neu entdeckten PhlorhU'
zin gegen Wechselfieher, das Gentianiny Coffein und den
künstlichen Terpenthinkamphery und zeigte die dazu gehö-
rigen Präparate Tor.
In der Sitzung v. 11. NoTbr. trug Hr. Professor Osann
Bemerkungen yor, über mehrere Bäder des Taunus und
des Schwarzwaldes, nnmentUch über Ems^ Wiesbaden,
Schwalbach, Kronenberg und Baden,
In der Sitzung t. 25. Novbr. unterliielt Hr. Dr. Boehr
die Gesellschaft mit einer Vorlesung über Passio tltac«^
und mehrerer dabin gehörigen Beobachtungen.
In der Sitzung y. 9. Decbr. wurden yorgetragen, meh-
rere eingesandte Abhandlungen, yon Hrn. Keg. Med. Ratb
Meyer zu Minden über Magenkrebs , yon Hrn. Dr. Wen^
delstädt zu Hersfeld über die Behandlung der Prosopal-
gie dmf^ Strammonium,
. Jouxn.LXXXIKB.LSt. H
.T- 114 —
Zur Prufang der über die ton d6r 'Geielbchaft uf-
gestellte Preiifrage ober die Cholera eingegangenen sedii
Preii»cbnften war can Coni)it6 Ton secbs Mitgliedern er-
nannt worden. Alf Resultat derselben ergab sieb, daft
keine der Preisschriften den Sinn and Zweck der Prei»-
aufgabe vollkommen aafgefafst, aach nichts wie gefodertj
die vier aufgestellten Hauptfragen genügend beantwortet
babe, — eine in dieser Hinsiebt bereits im Journal der
praktischen Heilkunde abgedruckte Erklärung im Naraea
.der Gesellschaft als Bndresultat dieser Angelegenheit war
die letzte Arbeit dei unYergefslicben Direkton ' der Ge-
jelUcbaft«
Die Zahl der hiesigen ordentlichen Mitglieder der
Gesellschaft beträgt gegenwärtig: 106, die der seit Be-
gründung der Gesellschaft ernannten auswärtigen eoira-
spondirenden : 423.
Am Schlnls des Jahres 1836 zählte die Gesellschaft
#alser den auswärtigen correspondireuden Mitgliedern fol-
gende :
• I* Vorsteher und Beamte^ welche für da» Jahr 1837
gewählt wurden:
Hr. Geh. Med. Rath BarteU. Hr. Hofrath Bufeland.
i - Dr. Bürger, Bibliothekar. -^ Geh. Ob. Med. Ratb Khg,
-- Gen. Staabsarzt Büttner. - Geh« Med. Rath JBjMits-
* Med. Rath Busse, mann^ Secretair. '
- Prof. Dieffenhach^ corre- *- Geh. Med. Rath LküL
spond. Secretair. - Prof. J, MüU^r.
- Geh. Med. Rath V. Gräfe. » Prof-fi. Osann^ Yice^-Di-
- Reg. Arzt Dr. Grofsheinif rector.
Censor. *- Präsident Rust, Director«
- Prof. Becker^ Vice-Cen- - Med. Rath Staberoh.
sor* - Gen. Staabsarzt VtlTieM
2. Mitglieder:
Ur.Dr. Angelsfein. Hr. Dr. Bohr.
-Dr. Arndt, - Med. Rath Bremer.
- Dr. Aächerson» - Dr. Breyer*
- Dr. Behrendt, - Dr. Burtx,
- Leibarzt Berend^ - Med. Rath Bus^»
- Dr» Blömer» - Dr. Dann»
— 115 —
Hr.Dr, DieUtz.
- Ob. Thierarat IHeterU^.
- Geb. Med. Rath £db.
- Pn^ EJtrenherg.
- Staabsarzt Dr. Fest»
- Dr. Priedheim.
- Med. Ratb Froriep,
- Dn 'F^s9.
- Med. Rath Gräfe,
' - Dr. Haseloff.
- Dr. Mayn,
- Geb. Hofrath Heim.
" Dr. JEf^Itf.
- Dr. HentscheU
- Prof. HerHvig,
- Dr. Herzberg.
~. Hofratb Dr. Hesse,
- Dr. Hüdehrand»
- Dr. Hoffnumn,
- Dr. HoUhof.
" Geh. Med. Rath JETom.
- Dr. J«/f^.
- Dr. JoeL
- Dr. /fipef.
- Dr. Isensee,
- Prof. JüngJcen.
- Dr. Klaprofh,
" Geh. Med. Rath £7ti^e.
- Dr. Koner,
- Ob. Med. Rath Koihe.
- Prof. Kranichfeld,
- Dr. Krause,
- Dr. Kunde,
- Hofrath Dr. Lehwefs,
- Dr. Leo.
- Regimentsarzt Lesser,
- Geh. Med. R, Lichtenstein.
- Dr. Lieber.
Hr. Dr. Liebinger.
- Dr. I«^JU7»i(Aal.
- Dr. Mimgold.
- Dr. Mertins,
- Dr. Michaelis.
- Dr. Jlfif«eAer7icJI.
- Dr. Mül?^.
- PhysikDs Dr. iVcrfoi«.
- Med. Math i^Tico/ni.
- Hofrath Dr* Opperi.
- Dr. Prtttit.
- Dr. Phiibus.
- Prof. ÄwcÄ.
- Dr. Reisig.
- .Dr. Romberg.
- Dr. Äii«f.
- Dir. Scheibel,
- Dr. Schmidt.
- Dr. L. Schmidt
- Dr. Schönberg,
- Dr. ScÄttte.
- Prof. C. H, Schutts.
.- Gen. Div. Arzt Schulze.
- Dr. Schupke.
- Dr. Stannitis.
" Gen, Div. Arzt Starh
- Dr. SteinthaU
- Geh. Hofrath Steinrück,
- Geh. Med. Rath v. Stosch.
- Dr. Tesmer,
- Dr. TroÄCÄc?.
- Gch.0b.Med.R*3Vüi}f€df.
-Prof. r«He.
- Dr. Vetter,
- Geh. Med. Rath Wagner.
- Dr. Tf eigersheim,
- Dr. Westphal,
" Dr. Zimmermann.
H2
— ' 116 —
I
2.
Beobachtwig einer glücklieh geheilten Vergifhmg Mtl com
centrirter Schwefelsäure»
Von
Dr. L« A. fotf^
praktischem Arzte und Wundarzte zu Bibmts in
Mecklenburg»
Im Monate Janoar wurde ich von Hrn. Postmeiiter
H. aufgefordert) einer bei ihm in Arbeit stehenden T^«-
lÖbnerwittwe > welche einen WeinrÖmer Toll Yitrioloi»
welcb.es sie für Bier gebalten hatte , getrunken habe, Snh
liebe Hilfe zu leisten. Es mochten etwa drei Standes
von der Zeit, dafs das Gift yerschluckt worden, bis xa
meiner Ankunft verflossen seyn; in der Zwischenzeit hatte
der Apotheker des Ortes , an welchem sich kein Arzt oder
Wundarzt befindet > sehr zweckmäfsig anfänglich Kalicar-t
bonicum^ späterhin Magnesia carbonica, und zuletzt Baum-
Öl Terabreicbt , doch ohne dafs Krbrechen oder grofse Lin-
derung der Beschwerden eingetreten waren« Bei^ meinem
Besuche fand ich bei der Leidenden verhältnifsmäfsig nur
mäfsige Schmerzen in der Nabelgegend und DurdifiiU,
(letzterer war wohl Folge der genommenen Magnesia,
und yicarirte gewissermafsen fdr das ausgebliebene Er-
brechen. Folge der verschluckten Säure war er wohl ,
nicht, denn in diesem Falle pflegt er, nach Orjßlay blu-
tig, nach meinen Beobachtungen auch mit heftiger Kolik
oder den heftigsten Schmerzen bei der leisesten Berüh-
rung des Abdomens verbunden zu seyn. Auch hätte,
wenn er Folge des consumirten Giftes gewesen wlre^
unbedingt Entzündung im TJnterleibe Statt finden mnasen,
wovon aber jede Spur fehlte). Die Kranke litt ferner aa
einem hohen Grade von Dysphagie, und Zusammenschnn-
rnngen angeblich der Brust (wohl mehr des Magens und
Oesophagus); die ganze Mundhöhle war bedeutend ei-
coriirt, gewifs auch eben so die Fauces und>der Schlund;
dabei ein brennender, saurer Geschmack und Heiserkeit
Die übrigen von Orfila angeführten Symptome, welche
nach Verschlucken von Vitriolöl folgen sollen, als bei-
lsende Hitze im Gaumen und Magen, stechender Schmelz
im Schlünde (dieser war mehr drückend, spannend), stin-
kender Atbem, AnfstoDsen, Uebelkeiten^ ErbrecbeD| Sdünch-
— 117 —
zea, Kolik (es zeigte sich nur ein gelinder Grad Ton Leib-
idunerz in der Kfabelgegend , der wohl Symptom des-
florcfi die Magnesia erregten kunstlitben Darchfalls war);
Dyipnöe (der Atbem war bei geöffnetem Munde , um sich
Kihloog für die Mandböble ZQ versebaffen, gelinde scbnar-
dmd, ebne sonst beeinträchtigt zo seyn), Beängstigong,
j bfeniender Dorst (genossene Getränke erzeugten Schmerz
in Konde and Schlünde), häufiger, unregelmafsiger Pols
(war in diesem Falle zwar frequent, aber dabei schnell,
Ueis, gespannt, wie bei spastischen vZuständen) , Schmerz
beiBerubrang des Abdomens, Schaaderanfälle , Kälte der
Eitremitäten , kalte, kleberigte Schweifse, Harnbeschwer-
des, krampfhafte Bewegungen der Lippen, des Gesidi-
fes, der GliedmaOsen , Mattigkeit, Unmöglichkeit dieselbe
Lage za behalten, bleiche, erdfable Gesichts&rbe , Hu-
sten, Aaisscblag auf der Haut, gelbe Flecke, weifse oder
tdiwarze IfCrusten auf den Lippen, fehlten. Dafs die*
Tenchinckte Flüssigkeit wirklich Terkäullicbes Vitriolöl ge**
wetea war, versicherte der Postmeister H. , der als Kauf-
mano mit selbigem handelte, und die Flasche, aus wel-
cker'die Vergiftete getrunken zu haben versicherte, als
eine mit dieser Säure gerüUte und von ihm unvorsichtig
ii die Passagierstnbe gestellte erkannte« Nach ihrer Yer-'
lieheniog hatte die Kranke einen sogenannten alten Wein*
romer von der Säure getrunken, aber sogleich wieder
assgespieen. Das Aosspcien des gröisten Tbeiles der ge-
lossenen Säure, unmittelbar nachdem sie sie getrun-
ken, war ohne Zweifel der Grund der Gelindigkeit der
Symptome, und die Ursache, dafs die Wirkung derselben
groüitentheils auf die Mundhöhle und die Fauces be-
iclirankt worden war. Dennoch war ein Theil der Säure
verschluckt worden, wie dieses das gleich näher anzuge-
bende Erbrechen bewies«
Obgleich man hätte glauben sollen, dals die wirklich
verediluckte Säuro bereits neutralisirt worden wäre, so
liefs ich mich dennoch nicht abhalten, theils zur voUstän'-
digen Neutralisation des verscbhickten Giftes, theils um
Erbrechen zu bewirken, Magnesia carbonica in Verbin-
dung mit einer ans Chamillenwasser, Eigelb, Mimosen-
sdileim, Altliaeasyrup und Mandelöl bereiteten Emulsion,
alli* halbe Stunde zu einem Fiislötfel voll, nebenher aber
fleUsigen Genufs schleimiger Getränke, öftere Ausspülung
des blondes und Gurgeln mit lauwarmer Milch zu ver-
ordnen. Um die Reizung im Schlünde zu mindern, und
der Ausbildung einer Fbaryngiiis zuvorzukonunen, Uefs ick
— 118 —
/
clen Hals änfserlich mit in AUbaeawnnel-, MaWenUSt-
tet-, Malvenbluthen - and BiUenkrautaufgafs getaiicbtei
Flaneillappen fldCsig fomentiren.
Innerhalb vier und zwanzig Standen bewirkte dieM
Karart keine wesentliche Veranderong'; im Gegentheila
wurde mir gemeldet, dafs Patientin kaum mehr die An-
fiel hinunterschlingen könne, sonst aber Alles Doch 09-
Terändert geblieben sey. Um die anscheinende Halsent"
Zündung zu bekämpfen und Tod durch Bräune zu /ver-
hindern, liels ich zwölf Blutegel an den Hals setzen^ mit
den oben genannten erweichenden, beruhigenden Fomen-
tationen des Halses fortfahren, und rieth, wenigstens
stündlich einen Eislöffel toU ?on der ordinirten , niit Älag-
nesia yersetzten Oelemulsion zu nelimen \ denn noch im"
mer glaubte ich, dafs Säure im Magen sey. Doch auch
diese Verordnungen halfen wenig, i>nd es ward daher
mein Rath aufs Neue verlangt. Ich ordnete Reiteration
der mit Magnesia gemischten Oelemulsion, reizende Fnls-
bäder und Kinspritzungen in den Hals von einem De-
coctum Radicis Althaeae, Folioruni et Fiorum Malvae et
Seminis Lini an ; ehe jedoch diese Mittel noch in Anwen*
düng gesetzt wurden, erfolgte, als die letzte Portion de^
Emulsion eben verbraucht worden war^ Erbrechen einelr
braunen, sauren Flüssigkeit, der Farbe nach, der mit
Wasser verdünnten Schwefelsäure gleich, mit Magnesia
versetzt auflirausend , •'— und mit dieser Ausleerung trat
bedeutende Erleichterung im Schlucken wie in allen Be-
schwerden ein. Höchst walirscheinlicb war die Pseudo*
Pharyngitis nicht blofs Folge der örtliclien Excoriaticin der
verschluckten Säure ^ sondern wahrscheinlich auch noch
bedingt durch eine sympatliische Reizung der noch in
Magen befindlichen Säure, da Blutegel und Fomentatio«
nen so wenig geholfen, und wesentliche Besserung erst
nach dem Erbrechen erfolgte. Jedenfalls war die fortge-
setzte Anwendung der Magnesia and Emulsion von ent-
schiedenem Nutzen; denn wäre nicht Erbrechen, welches
Ich doch diesen Mitteln zuschreibe, erfolgt, so würden
sich die weitern Folgen der noch im Magen befiodiicbra
Säure bald gezeigt haben.
Ich liefs , trotz eingetretener Erleichterong , die zum
Einspritzen verordnete Flüssigkeit mit Milch versetzen und
als Mundwasser anwenden , der Sicherheit halber aber
noch ein Mal die oben erwähnte Emulsion mit einem schwä-*
oberen Zusätze Ton Magnesia nehmen. Erbrechen folgte
h
— 119 —
aber nicht zum zweiten Male, wenn gYolch< <tie Zufiiire
immer mehr »diwandeii ond Patientin- innerhalb acht Ta^
gen bis anf einige excoriirte Scellen im Munde ganz^ her^
gettellt war. Gegen diete znrückfrebliebenen läcoHatio^
nen rietb ich , da keine weitere Hülfe begehrt warde , da»
Mundwaaaer aus AUhaeawurzel , MalvenbIQiben , Malfen-
. blatter und Leinsamen mit Mildi gekocht unaosgeseezl
fortznsetieil, und schon acht Tage nachher hörte ich , dab
die Gerettete wieder ihren Geschäften als Tagelöhnerin
nachgehen zu wollen geau(sert habe« —
3.
'. /
MediciniMdie Bemerkungen des Herrn Baudouin auf sei-
ner Reise in den kleinen Alias und das Dattelland {Büed^
tU-Vferid)^ von Um, Guyun x-u Algier,
Herr Baudouin ward Im J* 1832 von den Araber»
gefangen und nahm den niuhamedanitichen Glauben an,
worauf er im Gelolge eines Marabuts die genannten Ge*
genden durchzog. •<-
Die Einwohner des Atlas sind GelenkgeichwiUften
unterworfen , welche in Abscessc übergehen und die Kno-»
eben bloCslegen; es sind dies Folgen der Scropholosis,
Eine nicht weniger allgemeine Krankheit in diesen
Gegenden ist die grolsbeerige Franibösia (Fr. h gros bou-
ton) des Hrn. Alibert ^ die hier Doonj heifst, von den*
jenigen Arabern aber, welche sie mit der Syphilis Tcr-
wechseln, grofse Krankheit genannt wird. Hr. GuyonhAt
sie mehrmals zu Bona gesehen , unter Andern bei einem Hei-»
ligen des Landes, d, h. bei einem Wahnsinnigen, denn hier
zu Lande wird jeder Narr für einen Heiligen angesehen« Dia
Behandlung besteht in einem vierzigtägigqii Fasten , ofifen-
bar in Erinnerung an den Kamadan oder die Fastenzeit der
Türken. Während dieser ganzen Zeit dürfen die wenigen
Nahrungsmittel, welche man den Kranken erlaubt ^ nicht
einen Gran Salz enthalten. Der Doctor Mardiy weldier
diese Kurart beobachtete I Ycrsichert, dafs sie Anfangs sehr
— 120 —
I
iritfcgam tchien, clafii aber die KnnklieU mit der Rode*
kebr zur alten Lebensart ^ederersobeine. — BemerketuK*
wefth bleibt es jedoch, da(s die Methode ^ deren udi die
Indianer gegen die Pians bedienen, gani dieselbe ist;- sie
tagen, da(s sie die Krankheit darch Hanger tödten.
Die Blatteraimpf Q ng scheint bei allen Bewob nern des uh
Bern Afrikas bekannt; man impft zwischen Zeige- und Mittel-
finger. Aach der Aderlafs ist hier gebraachlich and wird
am Kopfe oder an den Fafsen ausgeführt« Zam Aderlals
am Kopfe wird ein Strick am den Hals gelegt, nnd wena
die GesichtsTenen anschwellen, wird die Ader anter der
Nasenwurzel geöffnet Dies Verfahren ist an Hrn. Bmh
douin selbst aasgefuhrt worden. •*
Im Biled-nl-Djerid oder Dattellande finden licb an-
dere Krankheiten. Eine Aogenentzöndung ist daselbst so
Terbreitet, dafs fast alle Einwohner davon betallen sud;
ne verursacht oft Trichiasis,
Bei den Weibern zu Metelli und Onergnela bat Hr.
Baudouin viele Kröpfe gesehen. Der erste dieser Orte ist
ein schwarzer, anfserordentiich harter Fels; der zweite hat
eine morastige Lage.
' Die Geopbagie oder das Erdessen ist lo häufig, dafii
He wohlschmeckendsten Erden öffentlich verkauft werden;
es sind dies Kreide- und Thonarten, welche man ohne
Schwierigkeit gegen Salz oder Datteln austauscht , welche
letztere die Hauptnahrung der Bewohner ausmachen.
Das alte Tegort, heut zu Tage Tnggurt, besteht ans
einem Dutzend kleiner von Morästen umgebener Städte;
auch herrschen daselbst die Wechselfieber gewöhnlich vom
Mai bis zum October, und sie hinterlassen zumeist An*
Schwellungen der Unterleibseingeweide , dergleichen man
auch bei den , die dasigen Weiden besuchenden Tbieren
findet. Hr. Guyon erinnert hierbei daran « da(s die R&-
mer sehr vernünftiger Weise über« die Salubrität der Ge«
genden aui^ den Eingeweiden der Thiere urtheilten*
Die Therapie im Lande beschränkt sich fast ganz auf
Amalete.
Die Gebärenden setzen sich auf eine Art Stuhl nnd
ergreifen mit beiden Händen ein iierabhängendes Seil»
während eine hinter ihnen stehende alte Frau den Unter-
leib von. oben nach unten mit einem nach der Lange ge«
legten Handtache zusammendrückt»
-. 121 ~
SefcifrwmiJen werden mit geschmolieMr Botter be-
kiMy die man in diesdben tindngielst.
Gegea Knocbenbräcbe bedient man uA ciacr sdi'
mbthtü VorricbtaDg, bestehend in einer Art Ton Schie-
Mtins Rohr (Arando doaax), welche auf die Art mit
cbaider rerbmiden sind, wie bei dem, den Thierante«
Uta dem Namea Chapolet bekannten Instnamente. Flachs
nd Lappen werden zwischen das Glied nnd den Apparat
gehncfat nnd durch einige Bindengange befestigt. Bis-
weSen bedeckt man das Ganze mit einer ümUeidong tob
Tboaerde, die mit EiweÜs Termiscbt ist; was an den oa-
äbaefambarea Apparat des Hm. JLanrcy erinnert.
Hr. BmdoMJm bat aoieh einige Albinos angetroffen»
nd Hr. Gmyam erwähnt deren Drei am Schlosse seiner
Abbaadliiiic. {BitOetm de tAcuUm. n^t de Mededme,
4.
fUtstt . fnifrcnloM vewirieuiU
(Brirflich^ BCttbeOaBg des Herra Stadt . Phrsikot Dr. Ruk-
kaum ia Ratheaow am Htb. Dr« Bürger in Berlin.)
Der Pr. S. in G., dessen Sie sich noch erinnern
werden, ist nicht mehr nnter den Lebenden. Die einzi-
gen annlicb wahrnehmbaren Merkmale «einer Krankheit
waren eine Febris lenta mit nnregelmäßigen Ezacerbatio-
nea^ häufige, einen penetranten Geruch nach Scbwe-
felwasserstotfgas Terbrdtende Roctus, langsame Abmage-
rang bei gutem Appetit. Die Kxcretiones aln et ori«
aae boten nichts Abnormes dar; der Harn war immer klar
lad Ton gelber Farbe. Während eines, intercurrirenden
Wecbselfieber- Anfalles erfolgte emmtU ein heftiges Erbre-
chen, wodurch aofser den genossenen Speisen eine kä«
rige 9 flockige , in der Flossigkett schwimmende , dem Ei-
ter ähnliche Materie ausgeworfen wurde. Eirnnftl ereig-
nete es sich, dafs der Kranke ohne alle Beschwerden,
winlinrlir mit grolKf *frtf*^tffinij cinn nnsibnBcbc Mcn^
— 122 ~
flus^gen, «Innkeln ßluts beim Stabigang« Terlor/ Der
Unterleib war \iälirend der gar^zen Daaer der Krankheit
(vom Januar bis Juli^ immer weich ^ nirgends schmerzhaft
oder aufgetrieben, " * - *
Die. Section ergab eine nngebeare Taberkelbildang,
zwischen den Magenliänten , Tom obern concaven Jündf
bis. zbni Pförtner. Viele Tuberkeln befanden sieb itn Zu-
Stande der Erweichung, andere in dem der Cradität Aa
vielen Stellen des Magens zeigten sich knotige, iest^' fast
knorpelartige Verhärtungen. Die Tanica villosa war aa
den meisten Seilen mürbe und löste sich leicht Toa dea
übrigen zum Theil breiartig erweichten Häuten ab« Ja
der Gallenblase fanden sich 24 Steine, die erstere ganz
anfüllten • Alle übrigen Intestina Yon bester Beacbaf«
fenheit.
Wenn auch die in vorstehender Mittheilnng angege-
bene Tuberkelbildung zwischen den Häuten des Magens
nicht grade zu den grofsen Seltenheiten gehört, da wir
schon in Hnllers opusculis pathologicis, bei Morgagni
(de sedibus et causis morborum per anatomen indagatis,
Tom. 111.) und neuern Schriftstellern ähnliche Fälle fin-
den, so bleibt es doch auffallend , dafs eine so bedeu-
tende Destruction , wie die oben angegebene , nicht mehr
Zeichen , aus denen nian die Art des Leidens hatte muth'
inafsen können, als: Ekel, Öiteres Erbrechen, Schmerz
oder Druck in der Herzgrube, Aufgetriebenheit dersel-
ben^ Appetitlosigkeit^ belegte Zunge, Unregelmafsigkeit
in der Leibesöffnung u* s. w. dargeboten hat. Aber nur
ein einziges Mal trat ein heftiges Erbrechen ein^ wodprch
eine käsige^ ilockige^ dem Eiter ähnliche Materie aasge-
worfen ward , und diefs fand noch während eines inter-
currirenden Wechselfieber- Anfalles Statt, ohne den yiel-
leicht jenes Erbrechen gar nicht erregt worden wäre* Die
häufigen^ einen penetranten Geruch nach Schwefelwas-
serstoffgas verbreitenden Ructus konnten auch kein beson-
deres Zeichen abgeben , da wir sie bei den verschieden-
artigsten Leiden des Unterleibes wahrnehmen, der Kranke
dabei guten Appetit hatte, die Se •- und Excretionen in
Ordnung und der Unterleib nirgends schmerzhaft oder auf-
getrieben war. Eben so wenig Utk sich a«s dem ein-
maligen Abgange von dunkelem, fiüssigem Blute beim
Stuhlgänge auf ein Magenübel schliefsen« «^
— 123 — .
Der auszeichnete nnd erfahrene Arzt fiielt das. Lei«
ki fir eine venoso-gastrica lenta and bat durch diese
iotthme gewiÜB nicht geschadet« Dr B
4.
Id&natlicher Bericht
über
äenßenmäheitsswtand, Geburten und Todesfälle von Berlin^
Mitgetheilt
nu den Akten der Hufeland' sehen med, chirwrg, Gesellschaft.
Mit der dazu gehörigen Wittertmgs *• Tabelle.
Januar y
(rom SOsten December bis 3ten Februar.)
üeber die Witterung Yerweisen wir aofdie beigefügte Tafel,
Es wurden geboren: 456 Knaben,
414 Mädchen,
870 Kinder.
Es starben: 377 männlichen,
330 weibliclien Geschlechts uberi
und 434 Kinder unter 10 Jahren,
■ " ■ "
1141 Personen«
Mehr gestorben 271«
Im Janaar des vergangenen Jalires wurden
geboren: 378 Knaben,
336 Mädchen, '
714 Kinder.
Es starben: 189 männlichen,
137 weiblichen Geschlechts überj
ond 263 Kinder anter 10 Jahren«
589 Personen«
Mehr geboren 125«
I
\
Im VerliSItnifi znm Monat Januar de« Torigen Jahn»
trnrden im Januar dieses Jabm 158 nwtu geboieo, md
ilaibea 652-
Per rlienmatiiiA-gasIriiebe Charakter der KnnkheitM
der io den vergangenen Monaten der bemiJiende geweaea
war, nalim gleicli Anfang des Monats einen rhcumatiacb-
calarrhali sehen an, und zeigte in seinem Verlauf «IIa, Zv'
eben der Grippe, die lieb mit einer Schnelligkeit, nnd ia
Holchec Ausdehnung verbreitete, nie es bei friiberen Eft-
(tümien der Art, die hier herrschten, nie der Fall wan
Gegen Knde des Ktonata terminderte sich swar die ZaU
der Kranken, doch traten bäufig Longenentzündungen nnd
nervöse Fieber als Folge der nicht geJiorlg abgemrtelea
Grippe hervor. Uelirigena war der Verlauf der Krankheft
im Allgemeinen nicht gefährlich, doch warde siehaofii
tüdllicli für Kinder, Greise, Schnangere und Schiriad-,
süchtige. Andere Krankheiten und selbst Ausschlag -Krank'
heilen jeder Art kamen nur wenige zur fiehandlnng; Pok-
kon zeigten sich alter noch immer, nnd es staiben dam
t» Fenonen. unter denen 4 Erwacbsene.
8p,clelle Kr
•inkh»
t*n
£rw«l..
Kind«;
«j
Kraiikheiteii.
1
1
1
1
Am Kurrkrninpf.
a" Sti^"''ui'.'Jl' Keiciihiattn. '.
An ■li'n rucken
a
I
1
63
ii
18
47
S
1
11.)
41
it dir GcbimeiitiündunE.
*l 4d Limg«ienniindn>>e
An drr UBlirlpibjcnlliiBd.mi
ig der a.DdiTdti'iiUüiKlDiie.
kl 6a UditntzundunE (Brü
Li Hfr- Enlituidnng,
L. Hmheälelenliiknanng.
!■ Entiünänncsfiebel
In .Scb](i].iliF)>?r. .
In Flui - und FJfcJcfieb
h -wljiiuinii. . .
Au UiochicbndMi .
An KaucheneMchwurea
Am Krebi. . .
Au MutUrktEhi
Au Wititrkrebs.
An Bruid. . ..
An defwüi^Mtinriw.'
Aa G»hitBerwt->- —
am UÜgrwtbt
- m -
Ei.ch-
Krankheiten.
1
1
A
1
An MnpsnewlBliaiis. . . .
1
-
z
r
!
Siunm-
J77
s» „,
m
uu
Sie BUliolhti der prakl. Beithmdt, Jmmar 1S57 mUSI;
Hittoire de» tiuilndiet otterves h In grtrndt ortnA fra»-
fni*e jifndmit lei campagnes de RuMii* m 1812 •! de
rAUenuiyne en 1813; pnr le ChoMlUr J. B. L. dt
Kerihove dit de Kirckhoff.
Btoidbttch der »pceiellen Kraakheil*~ tmd Beüungalthrt,
mil beuHulerer Rüttsicht ituf die Fhfgtiohgit, wm Dr.
K. H. Baumgärtner.
Xnrse HtterHristhe AmelgeH.
Ideen über da* Weien und die Beilimgeari der BaBt*-,
gatlntehen mtd Neruenfieber , von Dr. Ed. Pmeltr.
Die freie Hnmecstndt Bremen mtd ihr OAiet , ' te tap*-
grophiuher, medicinwdher wid tiittarkiMloritAer Bkh-
ekht getchildert von _Ph. Heiueken.
KerstKA einer medicinisitien. Topogrophii WM KoHeu.
Von Dr. Jii (. Wegeier.
Veler schwammige Auiw^chse der weibliche» OetcMcdto-
organe. Von Fr. Ladw. JUeiftittr.
Akademische Sthrifte» der ünivertUät «•
Jlerltn.
C, F. Emmert, Ohservntiontt qaaedam wieroaeofkat
in pnrtihat animtdium pellucidit inrtitutae de iijbq»<
umfione.
Jtt> L, Oraeff, de tingulari fungi ff
JÄU&etan8eheB lotelligenzblat^
n
; No. l 1837.
Im Veriage der Bachhancnang O« P. Aäerkolz In Brtt-
laa Üt 10 eben encbienen und in allen Buchhand*
hingen «a haben :
Air GeidUcftto der Medicin in Schlesien. Bntea Heft:
Die TorliCeriritcben Anfänge. Von Dr. A, W, £1 n.
J^tnaiAeip ProfeMor a. d. Unif« Bretlan« Gr. & 8 Bo«
geo. Geh. 16 Gr.
JH$ *XraMeiien dH Poefni, ton Dr. J. OrHizery ana-
nbendem Arzte und Gebortabelfer. Gr. 8. 18 Bogen.
1 RtUr. 8 Gr.
In dem Verlageton F. J. Srocl^mu encheint and Sit
dofcb Alle Bndihandlnngen nnd Poitimter za be-
neben:
Jttgemeine m$diMM»ctu Zeittmg, In Gemeinschaft mit
Profeaaor Dr. J. B. Friidreich nnd OJ[>ermedicinalreth
Dr. C, Bohnhaum beraasgegeben von Dr. Knrl Palst,
Jahrgang 1837. Wöchentlich erscheinen 2 Nummern
Ton einem Bogen in gr. 4. Preis des Jahrgangs 6 Tbbr.
16 Gr.
Diese Zeitschrift 5 anf deren Redaction besondere
Sorgfalt verwendet werden boII» wird von diesem Jahre ab
wieder in meinem Verlage erscheinen und namentlich ent-
halten: Origiiuäahhandltinyen über irgend einen besonders
zeitgemafsen Gegenstand der theoretischen und praktischen
Medicin; Auszüge aus den hesteih uml neuesten Schriften
deutscher oder fremder Sprachen; Kritik der neu erschein
nenden media, Schriften, zu welchem Behofe die Herren
Verleger am l^sendong eines Freiexemplars an die Re-
daction gebeten werden ; Misa^Un tuul Correspondenznach-'
riehien*
Pfobenammem sind durch alle Bachhandlungen g r a t
za beknunmea«
— 2 —
^ Ift der Lanpp^Bdi^n Bnchhandluirg zu T&l
iMsbienen and in allen Bachbandlungen
AmaHen der StaaU- ArzneiTiunde , berausgeg
P, J. Schneider und Dr. J. JJ. Schürmaye
virkang der in- und ansländiscben Mitgl:
eins Grofsberzoglich Badiscber Medicinal
Befördcrong der Staats -Arzneikande.
Zweites Heft. gr. 8. br. Preis 2 FI.
Dies/e Annalen baben sieb gleich beiihr
scbeinen einer aofsergewÖbnlicben Tl^eilnabn
gehabt, and es gereicht ans zum besondere
anzeigen za können , dals ihr Fortbestehen i
gesichert^ ist«
Im Verlage der Buchhandlung des Wnisenhi
ist erschienen nnd durch alle Biichbi
In- .und Auslandes zn beziehen:
Eohl^ Dr, A. F., Die gehurtshülfliche Eü
Theile. gr. 8. ^ Rthir.
Ister Tb eil das Hören oder die ^ebnrtshul
tation, mit 1 Kupfertafel.
2ter Theil das expIoratiTe Sehen nnd Fiih
Ceber den Werth und die Br>auchbarke
benden Werks spricht sich die „Berliner
Central- Zeitung" folgendermafsen aus:
Der achtbare Verfasser dieser gebalsvolli
absicbtigte, in derselben die )L.ehre der gel
Gesammt- Exploration auf eine fiir den Lei
den Meister dieser Kanst gleich entsprechen«
zutragen, dem erstem einen Führer in die
ben f der ihn bei dem Lernen und dem U
.und leiten soll, dem letztern aber eine Ver
weitern Forschung nnd zur Mittheilung von 1
widerlegenden oder neuen Beobachtungen n
gen darzubieten. Diesen Zweck hat der '^
das Vollständigste erreicht, indem der Lehrli
Klarheit und Gründlichkeit der Darstellnng^,
Meister durch die tiefe, wissenschaftliche Fi
reichhaltige Angabe der Qnellen, yollkomm
werden durften. Oa der Raum dieses Bla
gestattet, in die Einzelnbeiten des Werkes i
gehen, so hemerkt Referent hlofs im Allge\
dies die vollständigste und beste Schrift sey^
diesen Qegensttind bis jetzt erschienen ist»
t'
1 '
^- 1
1|
i*
-i-j
afÄ
■J7
a-A
'j.'/
•"
J/
y.
i
\\\
V
i'
1,^
\
H
1
i::
ilj
1
i'l
';l
1
r
111
ii
i
1
Ni
i
j
fl
1
jji
;ij
~Y-
ii
ijH
■ '
\;
1
f
— t
\^
][
_ -J
m
i
■
■
■■
m
■
\
C^ W* Hüfeland's
Joor n al
det
practtechen Heilkunde.
Fortgeeetzt
TOD
Dr. E. Osann,
ordenü* Professor der Medidn an der üniyersitatnAd der med«
chimrg« Academie für das MilitaSr zu Berlin ^ Director des
ILPoliklni« Institats, Ritter des roth^n Adler* Ordens dritter
Kkne und Mitglied mehrerer gelehrten Gesdischaften.
Orau, freund, iai alle Theorie,
Dodi grün des Lebens goldner Baum*
Göthe.
n. stück. Februar. '
Berlin.
Gedruckt imd verlegt bei G. Reimen
. /
t
GlückUche Heilung
i psychischen Kranken
auf somatischem Wege«
Von
V
Dn August D r 0 s t e ^
in Osnabrack*
Mildem Entstehen ron GeistesTerarmnng gleich-
zeitig als objectire Erscheinungen eintretende Ve-
getationsyeränderungen, so wie in Leichen ron
Vcrriickten ^wahrgenommene Struktur- Ab wei-
choogen der Organe, Degenerationen und norm-«
widrige Eingeweide- Lagen weisen unzweideu-
tig auf den nahen Zusammenhang zwischen
Leib und Seele hin ; die in der Pubertät^ der
Menstruätionsperiode, der Schwangerschaft^dem
Wochenbette und dem Alter der Decreniditat.oft
vorkommende Gemüthsyerstimmuog und Ver-
standes Verwirrung zwingen zu der Annahme
eines körperlichen Grundes« Wenigstens sieht
man derartige Begleitungs-Zustäbde häufig wie-
der verschwinden^ wenn das Gleichgewicht der
in diesen Entwickelaogs ^Vorgängen iiberthäti*
A2
gen oder ventimmtefi ond in ibretfi harmoni*
sehen Zusammenwirken gestörten Systeme der
Irritabilität^ Sensibilität und Reproduktion nach
einem natnrgemäfsen Verlaufe oder dem Ein-
tritte eines aushelfenden Krankheitsprocessei
allmäblig wieder hergestellt ist. Mögen auch
absichtliche Uebertretungen der Gesetze der Mo«
ral und des Staates unter dem Scheine ron Wahn-
sinn unternonmien worden seyn^ so rerdientn
diese ^ den Organismus gewaltig erschnttemde,
Lebens-Stadien nichts destoweniger beiderBeop-
theiluDg einer synchronistischen Krankheit der
Psyche grofse Rücksichten. Wo aber aacb
in anders entstandenen Vernunftstorungen das
schärfst bewaffnete Auge keine somatische und-
physische Alien ation zu erblicken vermag, wird
doch nach den Regeln der Analogie und Induk-
tion eine dynamische Ursache zu erforschen
und nicht selten zu ermitteln se^n,
BuzoriTti, der in seinen Grpndzngen der
Pathologie und Therapie der psychisclfen Krank-
heiten den Satz aufstellt^ dafs die nächste Ur-
sache^ welche die krankhafte Veränderung der
psychischen Verrichtungen, das Delirium, ber-
Torrufe, in einem krankhaften Zustande dei
Nervensystems , der sich auch sicher < angeben
lasse, beruhe, dafs diese bei den acuten und
chronischen Delirien im Wesentlichen dieselbei
d* h. acute und chronische Neuropathie sey^
hat damit ein leicht zu Verinungen führendes^
aber mit Vorsicht zu bebauendes und dann hof-
fentlich seegensreiche Früchte bringendes Feld
betreten. Nasse und Jacobi nehmen ebenfalls
keinen essentiellen Unterschied zwischen chro-
nischen und acuten(Delirien an und suchen den
Sitz der Seelenstoiung in allea Syatemea und
Organen des menscbliclien KSrpen« Nmanann
bält alle sogenannte Geisteskrankheiten für io
dem gebundenen Zustande der einigenden Ver«
oonflt begründete Mirsverhältnisse zwischen Ver-
atand und Willen, die daraus herrorgeben, dafs
der richtige Standpunkt der Seele zum Welt-
gansen, der eine angemessene endliche Lebens-
form Toraossetze, yertchoben ist und nur im
Organismus aufgesucht werden kann. Eines
basonderen Seelenaitzes^ wie einst Cartesius als
aolcheo die Glandula pinealis bezeichnete, be-
darf es, um das Höhere im Menschen far im-
materiell und selbstständig zu halten, eben so
wenig, als die teleologisch unerfafsliche Er-
acheinungy dafs die nämliche Krallt, deren We-
sen Thäligkeit ist, in dem Verkehrten andera
^wirkt, zu einem Materialismus ftihren kann,
wenn man den Körper für ein begeistigtes Or-
gan der Seele hält, deren vorzüglichere, das
humane Leben bedingende, Aktionen in be-
stimmten, leicht verletzbaren Provinzen dessel*
ben Yollbracht werden , in denen die geringste
Veränderung eingetreten seyn und wonach das
ganze Räderwerk in seinem Laufe anders ge-
richtet werden kann. Plötzlich ausbrechende^
tief erschütternde Affekte -^ Schreck, Aerger,
Zorn, Freude — rerinögen , wie Beispiele da-
von Torliegen, augenblicklich das Leben auf-
zuheben oder die übereinstimmende Thätlgkeit
aller Seelenkräfte zu schwächen und in Unord-
nung zu bringen. Oeffentliche Beschimpfungen,
Ehre und Gefühl tief verletzende Kränkungen
können sowohl körperliche Krankheiten her-
vorrufen, wie Störungen des Geistes, Gleich«
gültigkeit, Ueberdrufs und Verachtung des Le-
bens bewirken , ja zum Selbstmord treiben ! —
Der lief eingreifende Einflufs des J^ifsbrauchs
^ ö —
der geistigen Getränke anf den somatiecb - psj-
cbischen SIenscben stellt sich häufig genug dar.
In den Leichen an der Trunksucht Verstorbe«
ner findet man zum Oefteren bedeutende De-
struktionen und Degenerationen des cbylopoeli«
sehen, wie des Blutgefafssjstems. Unter immer
sunebmenderReizbarkeitdesGemiitbs und derNer-
Ten litten sie wohl an der Wassersucht, Schwind-
sucht, an Anorexie, Dysphagie, an VerbärtUD^en
uodVerscbwärungen des Tubus alimentarius, det
Drüsen, des Mesenterii und Mesocoli, so wie des
Pankreas, an Apschoppuogen der Leber and
Milz, an Erweiterungen und Verknocherungen^
der Herzhöhlen und grofsen Gefäfse, an hef-
tigen Congestionen nach der Brust und dem
Kopfe« Die permanente Turgescenz der 6e-
fäfse, die ununterbrochene Beschleunigung des
Blutuinlaufes, die stete Spannung und Unnatur^
liehe Stimmung der Neryengeflechte des Bau-
ches, insonderheit des Plexus solaris, die sich
den übrigen Regionen des Nerrensystems und
dem Gehirne mittheilten, wiederholte Abwei*
chungen der geistigen Tbätigkeit, häufige Sch&>
pfungen einer kranken Einbildungskraft bilde«
ten bei Manchen rerVehrte Begriffe ond Ur-
tbeile, die den Willen zu unsinnigen und ge-
waltthätigen Handlungen hinrissen und später
wirkliche psychische Krankheiten zur roige
hatten. Wie die Cur oder Tielmehr Heilung
dieser in vielen Fällen nachgewiesen ist, so
zeigt es die Erfahrung überhaupt- wiederholent-
lich, dafs physische Arzneimittel der Intempe-
ratur der Reizbarkeit der Bumpf- und Gehirn*
nerven eine andere Bichtung zu geben, da-
durch Gleichgewicht und normales Kraftver*
hältnifs in den verschiedenen Seelenpotenzen
wieder herzustellen, Einklang und richtige Be-
-.7 -
aiehoiig d^nelban so elnaader, Hannoiue der
änfsem und ioDern Sione, die gehörige Stärke
der Phantasie ^' die äafsere und inoere Beson*-
beDheit, so wie die richtige VerknSpfaog der
Ideen unter sich nnd mit den Funktionen dei
Willens wieder henrorzabringen im Stande
sind« Das GeföhlsTermögen ist ron allen See«
lenyermogen dasjenige, sagt Reil^ aof welches
wir mit dem groüsten Vortheile wirken kün*
neo. Wir haben es in unserer Gewalt ^ ^das-
selbe direkt und auf eine bestimmte Art zn er-
regen. . Dies gilt wenigstens Ton den körper-
lichen Gefühlen, die wir gezwungen und in
einer Stärke hervorbringen können^ dafs sie
den Kranken nöthigen, sie zu beachten. Denn
es Yteht nicht mehr in unserer Willkühr, die
Gefühle abzuhalten, wenn der Zustand des
Körpers herrorgebracht ist^ in welchem sie
gegründet sind. Der Brechweiostein erregt uns
Ekel, .auch wenn wir es nicht wollen ; er macht
uos schmerzhafte Pusteln, wenn wir es nicht
wünschen. Gefühle wirken auf das Vorstel-
lungsvermögeo, nölhigen dasselbe, die Ursachen
derselben aufzusuchen; sie nehmen, wenn sie
stark sind, den ionern Sinn in Anspruch und
zwingen iho , sich selbst als das Subjekt des
Gefühls zu betrachten. Sie wecken also die
äufsere und die innere Besonnenheit. Sie fixi-
ren die Aufmerksamkeit, ziehen sie auf andere
Gegenstände und bewirken wenigstens eine zeit-
weilige Aufhebung der krankhaften Geistes-
Kicbtung. Sie bethätigen das Begehrungsyer-
mögen und durch dasselbe den Verstand , in-
sofern die erregten Begierden denselben an-
treibeoy die Objekte der Gefühle zu yervielfäl"
tigen^ die Blittel zur Erhaltung der aogeneh«
tuen nnd cur Entfernung der unangenehmen
r- 8 —
aufEasiielieB, Obwohl oicfat efne Heüinatliodla
fnr alle ptychiscbeD Krankheitsfälle pafst, nicht
TOD specificis die Rede seyn kann, vielmebr
6ine Tielfältige und^ rationelle Therapie^ die
einei wo möglich genau erkannte, indiyidbelle
pathognomonische Basis haben mufs, dabei eben
80 erforderlich, ist, als wenn der organische
Leib eomatische und dynamische Krankbeits-
formen darbietet, so haben sich doch einige
Mittel in frühem und spätem Zeiten zu dietfm
Ende besoodera bemerkUcb gemacht»
Plinius erwähnt In seiner bekannten Nalnr*
geschichte (VoLIV. lib, 22. Cap. 64.) Ae^HeU
leboH albi als gegen insania melaneholica hilf-*
reich» In ^uU Gellii noctium Atticarum Hb, 17«
Cap. 15. findet sich dasselbe Mitlei ad instani*
liam Tigoremque mentis servandans et contra
tnorbum comitialem utile angegeben« Persius
gedenkt desselben in seinen Satyren (4, 16)»
Horaz sagt Satyr. II, 3. t. 82 : Danda est eU
lebori multo pars inaxima ayaris^ npd r. 166 c*
Nayiget Anticyram (stultus et insanns scilicet)^
80 wie ad Pisones, 300 : Nanciscetnr enim prei^
tium nom'eoque poetae, si tribus Anticytis ca-
pnt insauabile numqoam Tonsori Licino com«
miserit« Ovid schreibt (Poot. i, 3, 53); i,
bibe, dixissem, purgantes pectora succos, et
qaidquid tota nascitur Anticyra, Die Alten
gebrauchten die weifse Nieswurz zu ihrem Hei«
leborismus gegen Geisteszerrüttungen , indem
sie nach gewissen Regeln im Frühjahre and
Herbste Erbrechen und Laxiren damit erregten,
wornach die schwarze Galle und das rohe zähe
Phlegma abgeführt werden sollte. Reä giebt
ihn in seiner Fieberlehre (Bd. 4. S. 529) uov-
etäodlicb 80 Qp^ wie 9r herTorgebracbC worden
IT
— 9 —
. nnä angewandt wpi- solL Aacb I^orry (tob
der BlelaDcboIie y a. d. Latein, 1770, Bd« IL
8. 403. 448)^ Hahnemann (difs. de Hellebo«
rismo Teterum. Lipt* 1812)^ Arnold (Beob«
üb. d. Natur^ Art, Ursacbe und YerbiitODg des
Wabnsinos und der Tollheit. A« d« Engt 1784.
Bd, 1. St 13). JUurray (Appar. medicamioum,
VoL V* P. 149) und Dierbach (die ArsneimiU
tel des HippocrateSf S. 107) führen ihn mit
seinen Cautelen ao. Nicht auf diese Weise,
aber gegen dieselbe Krankheit gebrauchten die
weifse Nieswnrz mit und ohne Erfolg: Mur«
ray (Appar* medic. Vol. V, P. 153), Greding
(Samml. med, Schriften. Bd. 1. S. 179. 229),
JVendt (Agassiz, diss* de tberapia moriae. Erl.
1785), jiuenbrugger (Experimentam nascent
de remed« specifiro sab sigoo specifico in ma-»
nie viror. Yienn. 1776), Hahnemann (Hufeland's
Jonrn. d, pr. H. Bd. 2. S. 55(>)# Rademache^
^ (Hufeland's Journ. d. pr. H. Bd. 4. S. 820),
Dr. J. Maclean ( S. Edinburgh med. and Sur«
gical Journal 1818 Juli. Conf. Hufdaod's Journ.
d. pr. H. Bd, 48. 3. P. 108),
Die Graüola soll sieb beilsam gegen Oei-
Steszerriittuogen , die aus erloschener JVeryen«
empfindlicbkeit im Uoterleibe, daher rührenden
Stockungen, passiven Cougestioneo, maogelhaf«
tem Biutumlaufe, entsprungen waren, bewährt
haben. IKostrzwsJcif Diss. de Gralioia. Vien-
oae 1775. Sommer^ de virtute et vi med. Gra-r
tiolne. ßigae 1794. Erhard, Diss* de Gratiola
e^nsque praeserlim in mania usu. Lips. 1818,
"Ltniin , Beiträge eur ansüb. Arzneiw. Bd. 2#
S. 155 und in Hi^eland^s Journ. d. pr. H.
1. Bd. S. 71. BuchJiolZj Beiträge z. gerichll.
Afxneigei. Bd. 4. S. 77 und in Hufeland^s Jouro«
— 10 —
d. pr. H. Bd. 2. S. 142. Fischer^ Yers^u. AdI;
z. med. Armeopr. Anhang Nro. .6. Hcwtmann
iu Hufelaod's Jouro« d. pr« H. Bd, 45, SU 4«
S. 115].
Die Colocynthides wurden gebrancht, wienn
es nothig schien^ nach den Gesetzen des Anta-
gonismus einen kräftigen Reiz in der niedern
Nervensphäre hervorzubringen, oder wenn sich
die Banchnerven in einem Zustande grober
Atonie befanden und Stockungen im Unterleibs
vermuthet werden mufsten. [Dalberg in der
SammU auserl* Abb. z. Gebr. f. pr« Aerxte»
Bd. 10. S. 729. Chrestien. JatroUptik, Ueberf«
von Bischüff. S. 104].
I
Das Scammonium war schon den gnidi-
schen Aerzten bekannt. Die Aerzte des Mittel^
»Uers benutzten es häufig unter dem Namen
Diagrydium. Die Aloe fand ihre Indication
bei Stockungen in den lymphatischen Geföfsen
und in den drüsigen Organen des Unter|eibeS|
wodurch Melancholie entstanden war«
<
Die Jalappa wandte Rademacher in gro-»
fsen, selbst Purgiren erregenden Gaben bei
Wahnsinn an. Sie sollte einen 6egenrei2 und
eine antagonistische Ableitung auf den Darm-
kaual erzeugen. Der Erfolg war erwünschte
S. Hufeiand's Journ. d. pr. H. Bd. 10. St. 2.
S. 65.
Durchdringende Reizungen der Nervenge«
flechte des Unterleibes mit drastischen Mitteln
haben sich durch ihre erspriefsliche Wirkung
überhaupt empfohlen und häufig eine bessere
Wirkung der gegen den Krankheltszustand di-
rekt gerichteten Arzneien veranlafst. Auf ähn-
liche Weise heben Ekelkuren, die vorxags-
— 11 —
^ebe mit Brecbweinstein, aber auch mit Zittk- ,
Qod Kupfer- Vitriol instituirt wareo uod idnii^ere
Zeit UDterhalten worden, eine uDgleichinäfsige
Vertbeiiuog der Nerventhätigkeit und machten
das Yorstelluogs vermögen für äufsere Eindrücke
Tvieder empraoglich, indem sie contrastimulirend
wirkten, das (jerebralsystem aus seinem tiefen
Torpor weckten, oder die exccssire Tbäligkeit
desselben berabstiinmteo. Besonders- sind sie
angewandt in den böbern Graden von Manie,
Mejancbolie und Nostalgie, die ein aicbtbares
Schwinden der kürperiichen und geistigen Kräfte
begründete. Gute Wirkungen haben da?on ge«
sehen: Fetriar (Bemerk, üb. Wassers., Wahn-
sinn, Wasserscheu, ansteck, und andere Krank-
heiten. A, d. Engl. 1793. S. 261), Voss (Hu- -
feland's Journ. d. pr. H. Bd. 5. S 912), Mul^
ler (Hufeland's Journ. d. pr. H. Bd. 20. St. 2.
S. 122 , Nasse's Zeitschrift f. Anthropologie.
1833. S. 197), Beust (Hufeland's Journ. d. pr.
H. Bd. 41. St 2. S. 131), Chrestien (De la
m^thode iatroliptique etc. 1801. Samml. aus-
erles. Abbandl. z. Gebr. f. pr. Aerzte. Bd. 22.
S. 57), Esquirol (Allg. n. spec. Pathologie und
Therapie der Seelenstörungen , bearb. y. Hille.
1827. S. 247), Chiarugi (Abb. üb. d. Wahn-
sinn. A. d. Ital 1795. Bd. 2. S. 399), Hom
(OefTentl. Rechenschaft üb. m. 12jähr. Dienst-
führ, u. s. w. S. 219), Neumann (Die Krank«-
beiten des Vorstellungsverm. 1822. S. 299),
Coa:e (Prakt. Bemerk, üb. Geisteszerr. u. s. w.
A. d. Engl. S. 131), Schneider (Entw. z. e.
Heilmittell. ge^en psych. Krankh. 1824) und
Barkhausen (Beobacht. üb. d. Säuferwahnsinn.
Bremen 1828).
Den grofsten Ruf haben sich die Narkotica
roo )eher in ihrer direkten und umstimmenden
- i2 —
Wirkang auf die höheren nenrSseii Organe nol
sämmtliche NenreDauftbreitangeo erworben* Dia
Belladonna rühmen : Evers (ScbmuckerV Term.
Schriften, Bd. 1. S, 173)^ Jahn (3IaU med.
Bd. 1. S. 449), Stark (Handb. Bd. 2. S/ 36^
Ludwig (Diss. de Bellad. Jenae 1780), Münch
(Obsery. pract. circa usum Bellad. P. 17), ü«-
mer (Hufeland's Journ. d. pr. H. Bd. 17. St. 2.
S. 125), Buchhave (Samml. auserl. Abh» snm
Cebr. f. pr. Aerzte. Bd 14. S. 617), Hufeland
in seinem Journ« d. pr. H. Bd* 9. St. 3. S. 100
nnii Schmucker in seilen yerm. Schriften* - Bd»l*
S. 60.
Wie Beil (Fieberlehre, Bd. 4. S. 437) und
Seiler (Horn's Archir f. med. Erf. IQ 15. Jan«
Febr. S. 89) durch Slrammonium entstandene
Geisteskrankheiten anfahren , so geben StÖrk^
Schmalz (Chirurg, und ined. Vorfalle. S. 178),.
Neubeck (Hufeland's Journ. d. pr. H. Bd. 36.
St. 2. S. 107) und Bernard (Gerson oqd Julius
Magazin. Bd. 6. S. 291) damit bewirkte Hei-
lungen derselben an.
Voo^ der Wirksamkeit des Opiums and den
liobpreisern desselben in Geisteskrankheiten han-»
delt Tralles (Usus opii salubris et noxiua, in
morborum medela^ solidis et certis principüa
superstructus, a D. Balth. Ludr. Tralles* Vra-
tislayiae 1762« Sectio c^uarta. p* 48 seqq.) *)m
*) Ubi in soperiorihos Sect. I. pbaenomena sedulo emuv
vabam^ quae opii assumtionem inseqauntur, patuit per
exiierientiam VI. elfectus buius pbarm^d non tenni-
nari in corpore, eiiisque solius lunctionei mätare di-
Tersimode, sed in totum bominem redandare, stqne
in animam ipsain cogitantcm corporis interventa ae
e^tendere» ciusque operationes mirum quantom va-
riarc« Igitar si morbose cogitat, ratiocinatur et toK
animai ofiiam dsstre porrectum quaadoque sanioia
^ 13 —
I
Ott SwtttOi lobt es lo der BlelaiicfioUe ooA
'mbSm0 (Coof. illint oommentaria in H. Boer«
fjogiiaia et ratiocinia reclacerey Toinntafisqne Inde pen«
dentes aegritodines corrigere, atqoe eapropter melan*
eboUae et mantae mederi posse , Tisum est *niedieia
darissimu, remm erenta subinde ipsonim molhuini-
Inm annaente. Non päad practicorum soriptoniin
nelaiicholiaai et manlain, com atraqae int deliriuin
ane febre^ com nna ab altera non nisi grado dUferat»
com uiia in alteram facilo transmntetur, non aeioa«
goDt a se inyicem» sed uno obtatu coniiderant.
Ferner: Id certnm eit per experientiam, opiam pa-*
care aoimam eamqae exbilarare et alacren» animo*
aomqae reddere, ita at gentes intcgrae mentis aerum-
.sas et faatidia deyorato iUo lenianty non secus ac
Germani carai Boas vioi baastubns delinire dicuntnr«
Nonne igitnr, n carii aterrimU, neqae sine gravi et
aointica cansa cor hominis exedentibus» silentiom ad
tempos imponerc^ sensamque noctcs atqoe dies pnn-
gentis acalei obtundere Talet vinain et opiam^ moera-
res etiam imaginarios . et tristitiara pbantasticam id
plaeare aptom erit? -« L. c. P, 60.
Alio antem looo perplexis et insanis cogitationibos
fatigatos melancbolicos diutarno opii nsü prorsom ex
misero reram stata caratos sese observasse refert
Thonuonug (Diss* de opio. Proposa Y* P. 124). —
L. c. P. 51.
Antiqno tempore lam Hifypocraies, qnem osas opii
latebat, mandragoraA melancbolicis laadaidt. Yid^
Sckulzii bist, med« P. 160. — L. d P. 51.
Keqae adeo illastr« Boerhatwius (Aph. 1050) alie-
uns fuit ab opio melancbolicis praescribendo , qaando
io morbi primis initiis post assiduam obiectorom ya-
riationem animo condliandam, diluentibos, demulcen-
tibos. paregoricis somnuin procarandam esse monet,
3uOy si placidas inde obtineri queat, omnino ideae
elirae obolitio ad tempos saltem optime impetretnr«
«- L« c. P. 51.
Ez papayere parata pharmaca, cam aliis andquiori^
Im» mediciSy aadacter apod maniacos adbibenda, a
qäbm aegci reüpiscant, iamcolkuidaTitwflelitff (Lib^YI»
— 14 r- '
faaave ^Vphorisinoft de <:ogDf>8C« et cnränclis mor-
bis. T. m. Hildburghusae 1754. P. 533. 534).
Sydenham Dennt das Opium ein medicaineDtnjh
ita Decessariam in maau bomiois periffi, ut sine
illo maoca sit ac claudicet mediciDa, und rätfa et
iö iosignioTibas spiritQom animalium äiFectiboi
ao (Opera eius rnedica. Generae 1736« P« 114.
185). G. TFolfg. Wedel spricht sich hierüber
in seiner Opiologia ad mentem academiae na*
tarae cnriosorum^ Jenae lö82« aus. ^) Galenm
Cap. 8). Tnter Neoterlcos non saltem nngiyen^QfDS
Paracelsus (Lib. de morb. Ament. T. II. C. 2. P. 301)
opiata tamqDam iigentia materiam peöeantein maltii
elogiis cobonestavit, sed graTiores Practid üidem p(a«
rimum detolemnt, neqae boni eyentaa deetie ezein-
pla y]icontar. Uildanus (Cent. IV. ob«. 9)» Thonenu
(Obseryat. P. 100. 256), WedeHus (OpiöL lib. H.
sect. II. C. 2. P. 107)^ Pifcamita (Eletfi. med. Ifb. 11.
C. 6), Wepfcrtis (ia obsery. de morb. cap. conf. 84
et de apopl. app. P. 687) u. Ridiinu» (in Line» toit
med. Anno 1700 mense Decembre obsenr.) heiltea
mania mit Opium und rühmen dagegen das8elb& ^
L. c. P. 59.
Addit Ridltnits fidociam snam in opiata declantii-
ms: vix qaisqDam etiam in bisce malis opinm noo
laodabit (mania et melancholia). Von ChiH (Lettere
mediche, P. 27) wird es ebenfalls gepriesen nnd in
T. II. P* 169 der Consaltations choisiei des pFo*
sienrs m^decins cel^bres de runiyer8it6 de Montpd'
lier empfohlen. •— L. c. P. 60.
Piso (de cogn. et cnrand. morb. c&p. de mania)
tind Willisius (de anim. Brutornm. P. U. C. XII.
P. 295) fanden es erwonscht, — L. c. P, 68
und 69«
*) Sunt qnoqne qnae faciant attos medicamina somnoSy
Victaqae lethaea lumina nocte premant.
Com excessns immoderatus omninm actionom ani-
malinm nrget: com hae diutius, ac per est, exercen-
tur., Tel inyito aegro> indicatio adest somnam pro«
f .,1 ■
I gehorlzwMzn den Widenachern des Opiiim^ doi*b
' mäf^fi er (nach Wedel h c. p. 152) seine Furcht vor
I demseJbeo dahin, dafs er sagt: QuoS opiumperse
potnm chcitiale sit, neminem latere existimo; siq
antem cum $iiiis nonooUis sit praeparatum, ae-
gmCos ita sohinde iurat, ut maxime salatiferam
Cmedicamentum esse yideatar* JFedel sagt
gen P« 155 : veneoam esse , communis -est
aoerciilaram consensus. . Morietar^ dicunt, quia
apiam accepit. Yiaticnm erit ad mortem. Sed
finot timor muliebris cordatum non terret me^
dicQiiii ex lege artis etmethodi medendi opiala
piaescribentem. Sennertus erinnert: Cum vi-
giliae in hoc malo (delirio sine febre) sunt per-
tinariisimaey ut aegros nonnnnquam per aliquot
■WDsea non dormiyisse obseryatum sit, somnua
tocandi: boc apprime expedit Opiam« Lib.II. Sa^. f.
Cap. U. P. 84.
Ezeinpla felidter adhibitomin opiatornm in mania
com eordialibus et homectantibus yideri possnnt apad
Eüdatu Cent. 4. obs. 9. P. 293 in melancbolia ad
maniam yergente Horst. 1. 10. obs. 3. aliasque.
Noi in iisdem casibus aliqaoties ntiliter in asam
▼ocatimns opiata^ praemittentes yel emetica, Tel pur«
gantia, et praeter alia appropriata interponentes modo
adda, modo orinosa^ in farore nterino Bezoardicum
etc. Lib, IL Sect. II. Cap. II. P. 106. 107.
Sacrae Titae anchora est opium (medioamantam di«
Tinam) bene et circamspecte agentibas, Cymba auteoi
Cbarontis in mann iinperiti et cea gladiui in mana
IbriosL CaTendam ergo, ne i^aq^ttTinei fiant ¥tnqiinixa*
Quaotamvis igitur opiata in infinitis morbis in^
^non et egregiam praestant usom, imprudens tarnen
et indiseriniinatas eomm usus mortem multis intolity
licet ezempla talia rarioa annotentar, exitus enim fe«
lices diligenter colGgimnii unorv/im autem et mor-
tes nee animadvertimas. Es iebit in dem Werke
nicht an berühmten Namen gegen dasselbe. Sieben
ToUe Qnartseiten enthalten im Cap« lY. Sect* III»
Iah. IL inTectirae in opiom» . %
— 16 —
oxnmno prorocandas* Monendaitf antem hie esl|
somniferoram con eandem esse Datoram« Qoae«
nam eoim licet somnnm indaoabt^ apiritua ta-
men magis turbaot, et ubi aegri eTigilanti longe
ioquietiores , quam antea evadant, ac malom
coratu difficiliuB reddant, qualia sunt Hyoseja«
muSy Solanum funosum, imo nee opiom ipunii
nisi corrigafur, ab hac DOxa immane (Med*
pract. Lib. L YoL IL C 15. P. 420. 421) and
Chiarugi (Abhandl. üb* den Wahnainn. Bd. 1.
S. 174. Bd. 2. S. 401 ) rühmt es fast io allea
Formen too Geisteskrankheiten« In der eigene
thümlicheDi sich durch grofse Nenrenannhe^
Schreckhaftigkeit , Gliederzittero , AobalteDde
Schlaflosigkeit/ und Sehen ron allerhand wob-
derlichen, beängstigenden Gestalten, widarlichaB
Thieren, namentlich Ratten und Mäaseo, aus-
zeichnenden Krankheit der TrunkanchtigeD, die
zuerst von Suüon beschrieben wurde (über das
Delirium tremens« A. d. Engl« Ton HeineckeD«
Mit Vorrede Ton Albers. 1820. Hofelaod's
Journ. d. pr. H. Bd. 38. St« 4. S. 92 und Arm-
atrong's practische Erläut« üb. den Typhua etc^
A. d. Engl« Ton Kühn« 1821) ist Opium das
Hauptmittel, was alle Beobachter emstimmilg
bestätigen. *)
f) S. Behry Eichetbergy Wolffy Heineckfn, Toepke»t
Kriehcly Andreae in HufelmuTs Joqrn. d. pr« H. Bd»
51. St. 3. S. Ö6. Bd. 63. St. 3. S.134. St 4/ S. 127.
Bd. 54. St« 4. S. 46. Bd. 55. St. 6. S. 69. B4. 58.
St. 4. S. 3. 9. 16. 43. 77. Siegmmm im ArchiT f.
med. Erf. Ton Hom. September und October 1824.
S. 189. Fahrenhorst in Rtut's Mag. Bd. 20. S.56&;
Btmoics aas Amer. med. Record. ia JFVoHcfM Notizen^
Bd. 5. 8. 137; Brown ans dem Amer. med. Reoord«
in Rusl^s Mag. Bd. 15. S. 389. Gbden, Ton dem
Delirium tremens. 1825. S. 150. Rodeck v. Rodedsv,
de Delirio tremente. Dorpat 1824, Lind, Diss* de
Delino trem. S. 83.
— 17 .—
Det Tieleffehrene, hippokratische und eh?-
würdige Hufeland neoDt das Opiam eio gro-
faea^ gebeinmilaYolIea, aufaerordentlichea, io aei-
neu Wirkuogea noch immer nnbegreiflichea
Mittel, dem die Natar aelbBt nicht ainaooat io
der VoUendaog aeinea regetatiren Lebeoa (io
dier Saameokapael) die Krone aafsetzta, deaseo
Kraft io das Innerste, io den Quell des Lebens,
eingreift, Leben und Tod in sich schlielst, in
dem entscheidenden Momente eben ao got das
Ld>en retten, ala, unrecht angewandt, den Tod
QDwiederbriöglich ^herbeiführen kann, in 6e-
miithskrankheiten jeu weilen aafTallend schnell
ood entscheidend wohlthätig, zaweilen aber nn-
wrksam und nicht aelten auch höchst verderb-
lich sich zeigt, überhaupt sehr relatiy und be^
dingt ist.
Der Apparatus medicaminnm konnte aehr
Tarrielfältigt angegeben werden, wollte man
VFeniger energiscbe, nur einzeln bewahrt ge-
fundene und sämmtliche Arzneien ahführeo, wo-
durch Heilungen psychisch Verirrter zu Wege
gebracht sind oder seyn sollen ; ich schreite da-
her sogleich zur Mittheilung nachstehender Krank-
heitsfälle,
1) C. S. zu V., ein Mann in den Fünfzi-
gern^ von mittelmäfsiger Architektur, straffer
Faser^ braunen Augen und braunen Haaren, ur-
apriinglich gesundem Körper und sauguinisch-
cbolerischem Temperamente, hatte über 20 Jahre
hinaus täglich viel Branntwein zu sich genom-
men, ohne gerade, was nur selten geschah, be-
trunken zu werden, bis der Trieb dazu Tor
einigen Jahren immer dringender und bald so
«- 18 —
nnwidenteblicB geworden war, dafi er Tag
und Nacht nicht ohne das Getränk exittireB
konnte, in steter Angetninkenbeit lebte and sieb
sehr häufig darch gänzliche 'Berauschung tod
Sinnen brachte« Die in njchthemero genossent
Quantität desselben sollte circa anderthalb Maab
im Durchschnitte betragen haben« Sein Schlaf
war davon nnregelmäfsig und annehmend ge-
ringer, seine Phantasie verkehrt , irrig and wild
geworden; seine Vorstellnngen', Begriffe ODil
Ürtheile hatten sich darnacb immer refworre-
ner, unstäter und haltnngsloser geseigt« Das
innere Triebwerk des Seelenlebens schien ab-
genutzt, das Ineinandergreifen, die wechselsei-
tige UnterstiitEupg und Haltung der SeelentkS-
tigkeiten, die Harmonie und Einheit derselbta
verloren gegangen, die Gesundheit des Gentes
durch die stets unterhaltene und imm«r gro-
Csere regelwidrige Action desselben untergrabeb
SU seyn. -~ Als ich den 6. Juli 1832 su ihm
gerufen war« plapperte er unaufhörlich von den
verschiedenartigsten Dingeui oft gans widersio*
nig und durchaus unzusammenhängend; er ver-
zog das Gesicht auf vieKache Weise, eteckte
die Zunge aus, lachte, weinte, sang, modrta
allerhand Sprünge, geberdete sich komisch in
den seltsamsten Stellungen, wollte auf einem
w'asserleeren Grasanger schwimmen, ezendrte
marschirend, 1, 2 rufend und komraiandirend,
stellte sich bisweilen auf den Kopf, beschmnfste
3ich Kleider und Gesicht, verrichtete seine Noth-
diirft im Angesichte Anderer und setzte aidi
mit seinen posterioribus darauf. Nahm er etwas
zu trinken an , so spie er es häufig wieder eAs
und nicht selten dem ihm nahe Stehenden ins
Angesicht, oder besudelte sich damit. Eben «o
machte er ee mit dem Essen« Das oft gerüluftls
— 19 —
oolran mit geistigem Uebergewichte wurde
D eich eben so gleichgüUig baben Torober
sn lassen, wie er eine Strafdrohung un-
htet liefs. Redete man ihn bestimmt und
tan, so konnte er oft Terniioftig antworten«
te man aber nicht diß eine Frage bei dem«
in Gegenstande auf die andere, so schweifte
leich 2u den albernsten Dingen ab und Ter-
augenblicklich V wovon die Rede gewesen
Verrieth er bei dem Eintreten oder Her*
mmen eines Menschen auch ^urch Nen-
; s^nes Namens, dafs er ihn kannte | so
rirte er bald dessen Anwesepheit wieder
wufste den Namen nur selten wieder aus*
rechen. Liefs man ihn ruhige gewähren und
mmerte man sich nicht um ihn i so schien
ich in seinem unablässigen, -wahnsinnigen
beb behaglich zu fühlen. Was ihm in irU"
r Zeit, wo er Selbstbewufstseyn gehabt und
wohl gefühlt hatte, begegnet war, wufste
'ohl ohne Nachfrage gut und genau anzu-
n, wenn es. mit einigen Worten geschehen
te, deutete es aber sonst blos an, indem
) Tagirenden Vorstellungen kein längeres
seilen dabei gestatteten* Seine immerwäh-
9 Unruhe 9 die ihn aber niobt ängstigte,
ern wobei er sehr vergnügt war, liefs ihn
des Nachts nicht im Bette. Gewohnlich
je er, horte ich, umher, und, wenn er
ite^ ans dem Hause, entfernte sich aber nie
von demselben* Er spräche wohl von
otwein und begehrte ihn auch, würde aber
ungehalten, w^nn er sßlbigen nicht be-
», da er ihn gleich darauf wieder vergafse
)twas Anderes ihn beschäftige. Seine Efslust
ungleich und im Ganzen «nicht grofs. Die
lem genpfs. er spiejbend und in ungezogener,
B 2
» 20 ~
Albemheit. Zittem iialim ich nicht wahr« And
-wollte seine UmgebaDg dies nur nach wieder-
bolten, sehr starken Beraaschiingen in dem Z«-
staode der grofsten Abspannnng, wo er dai
Bette bätte biiten mÜBseni und selbst dann noch
wenig geseben haben« Eben so fand ich die
den Saafern sonst eigene Venen -Anftreibong,
zumal im Gesichte^ an ihm nicht, die selbst in
den Zeiten der nngezugeltsten Tninksacht nicht
bemerkt worden war. Seine Verdanong war
in Ordnung, seine Darmyerrichtong gut beschaff
fen , sein Korper seinem Baue angemessen ge-
nährt, sein Gesiebt nicht gealtert, sondern jang
und kraftig, sein Auge lebhaft. Seine Fna
und s'ammtliche Hausbewohner mufsten mir ober
ihn die erforderliche Auskunft geben, da er aa-
suTerlässig antwortete und aller Besonnenheit
ermangelte. Lebhaft und unstät war er schon
seit langer Zeit gewesen , hatte in der Nacht
sehr wenig und des Nachmittags, wie froher
immer, gar nicht geschlafen, meistens mit sich
selbst und yor sich hin munter gesprochen, am
die Haus- und Landwirthschaft sich aber fe-
ttig oder gar nicht bekümmert. Gänzliche Schlaf-
losigkeit, unablässiges yerwirrtes Plappern yoa
unsinnigen Dingen, närrische Geberden und
ungereimte Handlungen waren erst in den leta-
ten 3 Wochen bemerkt worden. Vor dieser
Zeit, yielleicbt schon seit einem halben Jahii^
hatte man ihn auf jede erdenkliche Weise yor
jedem übermäfsigen Genüsse seines Lieblings-
getränkes gehütet, selbiges ihm aber in mäbi-
ger Quantität und deswegen gereicht, weil das
gänzUche Entziehen dieses, seinem Korper aar
Gewohnheit und zum Bedürfnisse gewordenen,
Reizes Schaden bringen mochte. Während sei-
ner geistigen Störung war ihm jedoch km
r- 21 -
Tropfen desselben gegeben. 80 weh hlnanf
und aar Seite in seiner Familie auch nachge-
forscht wurde ^ so fand sich kein Zostaod von
Verriicküieit 10 derselben auf. Aber sein Va-
ter war ebenfalls trunksüchtig und noch yiel
tninkfalliger gewesen, als er. — Es wurde eine
Yenaesectio am Arme instituirt , der Kopf kalt
fomentirt, dann geschoren und mit Ung. TarL
emet. bis aar copiösen Pastelbildung eingerieben.
Ich glaubte hier eine doppelte Indication für
den Gebrauch des Opiums za haben -— wegen
des anhaltenden Müsbrauchs des Branntweins
und der so lange Zeit bestandenen gänzlichen
Schlaflosigkeit -— und gab es erst zu gr. f mit
Calomel gr. j in 12 Dosen alle zwei Stun-
den, dann in einer Mixtur mit Sal. mir. Gl. und
Tart. emet. als Land. liq. Syd. zu scrup. ), wo-
Ton in demselben Zeitabschnitte 1 Efsl. voll
gebraucht werden sollte« «— Er nahm ruhig ein,
blieb aber in seinem Zustande derselbe« Eine
ähnliche, |edoch Tart. emet. gr. jj und Laud. liq.
Sjd. dr. ß enthaltende Mischung, eine derartige
fernere, die Tart. em. gr. )j) und Syr. Ilhamni catb.
unc. i enthielt, eine andere, zu der Tart. emet.
gr, jv und Laud. liq. Syd. scrup. jj gegeben,
und eine nochmalige, mit welcher Tart. emet.
gr. Y und Laud. liq. Syd. scrup. jjß yerbunden
-waren, hatten weder Schlaf, noch Vebelkeit
und Laxiren bewirkt« Seine Titalen und natür"
liehen Funktionen waren ungestört geblieben.
Nach keiner Seite bin yerspUrte man eine Wir-
kung der verabreichten Arznei. Der Zustand
blieb sich gleich. Ich hatle mir vorgenommen»
das Opium erst in kleinen und dann immer
steigenden Dosen zu geben. Um Congestionen
pach dem Kopfe und der Brust, «Aufregungen,
überhaupt Verschlimmerung darnach zu yerbii-
tieup baue Ich. aus deraelbao Vorsicht die ania«
febenoD Zaiätxe gemacht, Salis mir. 61., S]rr«
dornest, aa ooe. }, Laud, liq. Sji, dr. f , Extr. 6ra-
tiolae scrup. ), Tart einet, gr. y], Aquae M*-
lissae uoc, y« und sechs, Mercorii duicia gr. ff
opii puri gr, ß haltende PuiTer, woron alle 2
Sinoden 1 Efslöffel yoU, so wie darauf nach
derselben Vorschrift ein Stück genommen wer«
den sollte, und welche Mittel das li bestimmt
waren, eine günstig ableitende Wirkung aaf
den Darmkanal, nebeti der intendirten bmhi-
gendeo anf die Neryen, herTorznbringen , hat-
ten nicht den beabsichtigten Erfolg. Uebelkeit^
Laxiren, Schlaf zeigte sich so wenig darnach,
wie sonst eine Aenderoog an ihm» Er blieb
gerade sOf als wenn er blos Speise und Trank
SU sich nahm. Vier Blal des Tages Opii pnri
gr. j mit Nitri depnr., Sacch. lactia aa acrop./^
alle 3 Stunden gr. j, das erstere mit Sal. mir.
Gl. sicci, Elaeosacch. citri scrup. ) schien ^fnr sei-
nen 'Körper ein Hahnemannsches Pulyer tu
aejn, *- Am 3. August war noch immer kein
Schlaf eingetreten. Die Leute im Haute wa-
ren angewiesen, mir sogleich Bericht ««ge-
ben, wenn Schlaff Betäubung oder sonst etwas
Auffalleodes eintrete. SIehr, als alle 3 Stunden
gr. ), hatte ich yom Opium nicht gegebeui
diese Dosis aber längere- Zeit erat in obiger
Verbindung mit Salinis, dann für sich alleiB
nehmen lassen. Der erste wirkliehe Schlaf war
in der Nacht yom 3. auf den 4. 'August einge-
treten und von fünfstündiger Andauer gewesen.
Diese Nachricht schien mir von Hoffnung yer»
sprechender Güte «u seyn. Das Opium wurde
EU gr. j alle 3 Stunden fortgehraucht. Nach
einigen Tagen besuchte ich hiertiuf den Patien*
ten wieder« Mit einem treuherzigen ,> guten
^ 23 -
Tag'* kam er mb aatgegen und gab nur
Hand. Eine gluckliche and heiliaine VerandeniDg
muJbte ich um so mehr bei ihm yermutheo,
ab er gerade rahig war, yerDÜofdg sprach,
sein Gesicht nichts Unkluges wahrnehmen liels
und ich in mehreren Tagen nichts Ton ihm ge«
liort hatte« Wie grofs war aber mein Erstau-
nen, als ich bald inne wurde, dals er mich
nicht kannte, mit einem Hausgenossen Terwech-
selte^ denselben frühern Wahnsinn seigte, und
Ton seiner Frau horte , dafs er vom 4. August
an wieder kein Auge cum Schlafe geschlossen
habe, stets wieder unablässig plappere und sehe
unstät wäret S)»in Appetit war gut« Er trank we-
nig. Branntwein hatte er nicht einmal gesehen«
An seinem Körper war keine Veränderung be-
merklich. Die Verdauung bestand ganz in der
Norm und Sedes hatte er täglich einmal in der
Frühe« Es wurden ihm nun 3 Mal täglich Opii
puri gr« jj mit Zucker gereicht* Bei meinem
Besuche am 9« August fand ich ihn besinnlicher
und ruhiger. Die letzten IVächte hatte er zwei
Stunden in jeder geschlafen. Von hier an nahm
er einige Tage alle 3 Stunden Opü puri gr. jj
mit Liquir. coctae scrup./?^ dann eben so lange
Zeit dieselbe Dosis alle zwei Stunden. Sein
Darmkanal, sein Gehirn, seine Nerven nahmen
nicht die mindeste Notiz hiervon. Ueber zwei
Stunden konnte er des Nachts den Schlaf nicht
bringen , er sollte aber in seinem Plappern be-
deutend nachlassen und daher ganz still liegen.
Präcise eine Nacht um die andere bemerkte
man weiterhin weniger Schlaf und grofsere Un-
ruhe» Nach mehrihaliger Wiederholung dieser
Erscheinung wurde den Opium-Pulvern Ghini-
num s^phuricum beigegeben, wornach der Ty-
pus TerKhwandi aber sich sonst nichts Erheb-
-* 24 ^
liebet Tieraii88tellte* •— Am 22. Aagnit Mrardea
ihm Opii puri gr. jjj mit rad. AUbaeae gr. yj{
ordioirt in 12 Dosen genommen, yon denen er
alle 3 Standen eine nehmen sollte. ^— Den 2&.
ej* bekam ich den Bericht , dafs er schweigsa-
mer, nachdenklich werde, auf Anreden mehr
hSrte und folgsam sich bewiese, wenn man ihm
Ralh gäbe. Er schlafe mehr, als Tor einiger
Zeit, aber noch nicht hinreichend, und erwache
namentlich sehr friih des Morgens. Ohne eigenU
lieh müde zu seyn, gienge er Abends zur ge*
wohnlichen Schlafenszeit (um 9 Uhr) zu Bette»
Auch lege er sich Nachmittags , wie es da im
Hause Gebrauch und seine frühere Gewohnheit
sey, zum Schlafe hin, der dann aber so wenig
erscheine, als er überhaupt den Tag über nie-
mals die geringste Scbläfrigkeit verspüre. ' Mit
einer Verordnung yon gr.. jjj Opium alle zwei
Stunden waren die Leute angewiesen, auf das
geringste Zeichen einer eintretenden Narkosep
die ich ihnen angegeben hatte, genau za achten
und nicht nur in solchem Falle den Arznei-Ge*
brauch aufzugeben, sondern mir unverzüglich
darüber zu berichten. Sollte vollständiger Schlaf
des Tages und anhaltender des Nachts eintreten,
dann müsse ebenfalls nicht mehr eingenommen
und mir Nachricht gegeben werden. Ausgangs
August lautete die Kelation über ihn vorzüglich
günstig« Ich liefs nun das Opium bei Seite,
um ihn nicht zu sehr daran zu gewohnen, tr^
überhaupt keine anderweite medicamentose An-
ordnung, um zu sehen, ob die Naturheilkraft
nicht selbst thätig seyn würde, oder hinreichend
angeregt wäre. — Nach mehreren Tagen wurde
mir gemeldet, ^afs die verwirrten, ungereimten
Reden, das unstäte, alberne Wesen zwar nicht
wiederkehrten, aber der Schlaf von Macht za
25 —
Kacbt^ oadidein er niclil xnebr Medlclo ein-
oehm«, geringer geworden uod jetit »d gut wie
gar nicht mebr^Torbandeii sey. Die letzten 12
PiÜTer wurden daher wieder mitgenommen,
Bidi Verbrauche reiterirt, dann abermals geholt
aij Biin descendendo jedes Mal in jeder Gabe
umff.ß Opium vermindert , da ein gesunder
Zmlaod ernstlich wieder eintreten zu wollen
idiisD. Er bekümmerte sich zwar um Arbeit
iiidit Tiely wie er es auch in früherer Zeit
flicbt besonders gethan hatte, inzwischen war
er stiller , ordentlicher und fast ' ganz frei von
leiiieD wahnsinnigen Albernheiten, so dals Nie-
naad ihn für geisteskrank halten konnte, der
ei nicht wufste, wie er jüngst, Tor längerer
Zeit und in früheren gesunden Tagen gewesen
war« Als die früher Opü puri gr. xxxv) hal-
tiDden 12 Pulver bis auf sechs Gran Opium
nrockgeführt waren, wurde, nachdem auch diese
dir fortschreitend Teroünftiger und gesunder
werdende Fat. genommen hatte, jeder Arznei-
Gebranch eingestellt, der auch später nicht wie-
der oöthig geworden ist. Er wurde allmählig
nuuterer, bekümmerte sich mit Umsicht und
Interesse um Alles, was in seiner Haus- und
Ltfidwirthschaft vorfiel, schlief, afs und trank
oitürUch und üefs in keiner Korper- und Gei«
stes-Funktion die geringste Regelwidrigkeit fer-
■er erblicken. Dieser normale Stand ist geblie-
ben. Zwar trinkt er Branntwein noch gern und
spricht auch wohl davon. Indessen läfst er sich
durch Bitten und Vorstellungen dayon abhalten«
Nor wenn er nach, einer Schenke geräth und
sich allein überlassen ist, kann er sieb wohl
Tergessan nnd so viel trinken, dafs seine Frau
ihm anmerkt, die ihn dann yor fernerem
sicher stellt« Opium ma hercle seda«
— 26 —
Tit! — Nacb dem zweiten DrUtbeile des Sep«
temben war es nicht mehr DÖthig.
2) Frau V. zu R, 36 J. alt« s^hlanksD^
magern Körpers^ brünett, melaochollscbeD Tem-
peraments, früher nicht erheblich krank ^ Mat-
ter Ton einem 4 Jahr alten gesunden Mädchen,
wurde mir den 5« Juli 1834 sogefuhrt. Sie
litt seit 10 Wochen an steten Beängstigaogen
und Herzklopfen, konnte nicht arbeite^, bafte
auf keiner Stelle Ruhe, schlief nicht über eiQe,
höchstens 2 Stunden des Nachts und dann nur
vor Mittern acht, mochte nicht essen, hatte einen
scheuen Blick, einen Ausdruck im Gesicht, ab
^enn sie von Gewissensbissen über das ent-
setzlichste Verbrechen gefoltert würde. Stamm,
stieren Blickes und mit Thränen in den Ab*
gen da sitzend, rerfolgte sie stets in der tsn
zweiflungsvollsten Angst denselben Gedanken,
dafs Niemand sie leiden mochte, dafii sie sam
Aerger und Nachtheile für Andere lebe, dab
sie zu nichts nütze^ dafs sie nicht seelig werde,
dafs Gott sie zur Holle verdamme, dals sie
eine durchaus Terworfene Person, dafs sie eine
Hexe sey, Sie wagte es nicht, ihr Leben sa
yerwunschen, weil dann noch Aergeree über
sie yerhängt werden möchte, wiederholte aber
bis ins Unendliche händeringend und unter
einem Strome von Thränen den herczerreilsen-
den Ausruf; wäre ich doch nie geboren! Yor
etwa einem Vierteljahre hatte sie mit einer
Nachbarin wegen eines yermeii^lichen -Eigen«
tbums Wortwechsel gehabt« Sie war von der-
selben verklagt, mufste den Gegenstand ihr
überlassen und eine GeldbaÜM yon 10 fiiUrt
— 27
J
^ erleiden. Dafs sie Unrecht gebiill)t fcätte, be-
weiie die Strafe, die der gerechte Richter sonst
Dicht Terfägt haben ^ürde. Sie meine ^ sie
bibs za harte Worte gebraucht, die ihr too
jer Beleidigten nicht wieder verziehen and vom
Binmei angerechnet würden. Von dieser Zeit
ai könne sie nirgends Ruhe finden , oft nicht
'\ dimal weinen, was sie sonst gewöhnlich thue.
* Auf die fürchterlichste Weise beängstigt, wolle
fie immer beten, um yod ihren Sünden, wenn
Mch nicht ganz befreit, doch von deren Qua-
leo erleichtert zu werden , fühle aber ihre Un-
Würdigkeit und Verworfenheit so sehr, dafs sie
dato anfser Stande sey» Der Gedanke, nicht
l arbeiten zu können« wozu der Mensch doch
bestimmt wäre, und gesunde Glieder zu habend
. lervielfache ihre Leiden um ein. Bedeutendes.
f Eisen möge sie gar nicht. Um nicht zu Ter-
bsogern und ihre Sünden immer zu vermeh-
nn, zwinge sie sich dazu« Trinken könne sie
nehr. Das käme wohl Yon einem Urinleideo,
iidem sie. sehr oft harnen müsse. Diese na«
gsnden Vorstellungen, von welchen sie, wie
TOB ihrem Schatten, begleitet würde, könne ^ie
lelbst des Nachts nicht los. werden und deswe-
gen auch nicht schlafen« -^ Ihre noch lebendea
Eltern und Geschwister waren gesund an Leib
ssd Seele« In ihrer yerwandtschaftlicheo As-
ceodenz wofste sie nichts Bestimmtes anzuge-
ben. Auch war ihrem Manne Näheres darüber
■obekannt Von ihrem Pastor hörte ich, dafs
lie eine gute, rechtdenkende Frau wäre, die
derartige Leiden nie in früheren Zeiten gehabt
Utte.
Unter solchen Umständen suchte ich die
Leidende .toc Allem 20 ricbligec Ueberleguug
» 28 -«
und entschlossener Willenskraft cn befaUgen.
Sie ^urde am Arme zur Ader gelassen , wor-
oach sie sich gleich erträglicher fühlte, und er-
hielt: Bec, Sal. mir. GL sicci scrap. j, Opii pari
gr. ß, Sacch. lactis scrup. ß. M. f. Puly. D« dao-
decim. Alle 3 Stunden ein PnWer sa neh-
men. Vorsicht gebot mir dabei die Erinnerung
an den Ausspruch van SwUten's *) über den
Gebrauch des Opinms«
Den 9. Juli berichtete mir der Mann, dab
seine Frau ruhiger wäre, etwas arbeite und die
Nacht mehr schlafe. Der Appetit sejr nicht yeiu
mehrt» aber die Yerdi^nang gehörig and Sedes
erschienen täglich. Pat. bekam: Rp. Opii pari
gr. i, Sal. m. Gl» sicci tcrup, j, Elaeosacdi* Cs»
lami scrap. ß» M. f* PuIt* D. aededm. Alle
3 Stunden ein Pulver za nehmen. Den 13»
ej. wich die Relation von der leisten nicht
*) Anxietates et pervigilia opio dsto toOi quideoi sobift
pro tsmpore ; Teram in huias remedii exbibUioBe la-
men pradentia opas est etc. Seme! enim expeiti
melancbolid levamen hoc» illo carerfe nolunt potteiy
et Bommas illas anxietates» ipsa morte müms toten-
blies, repetitis anctisque opü dosibns peUere eoMa»
tnr. Yeram opium hoo habet, at aolits quantitss st-
Buetos non afüciat amplius, sed debeat aogeri, at de-
tideratum praestet effectnm : yidi sie melaacholicos ad
qnindecim grana opiom sumsiue uns Tice; quod and
exbiberetar^ sibi ipsb Yiolentaa intnÜBSeot inanas pne
intolerabili moerore et aiuüetate. Cum aatem sItss
in hoo morbo pertinadwime adatricta si^ et opii usus
alvam sUtere soleat, ob bane causam opiom niaos
tntam yidetur. Blanda emnlsa cum syrnpo papsTsns
{übi tiitias dantur, et saepe anzietates illaa, ao peni-
g;ilia minonnt; hiac Uia prias tentaii debent» Qas»-
doque tarnen tanta est horiim symptomatom moleitia»
ut cogantur medici Tespertino tempore opium tacht-
bere^ dum Interim illa, quae ad reMeranda» obstmctio-
nes laudata fuarunt, dlurnis bona aaimose " ^* " """
— Lt c T« III« Pag« &I7.
— 29 —
hebfich »b. Es wmtle orclioirl: Rp. Opü pari
gr. j, Sal« mir« GL sicci, Elaeotacch* FlaTediois
Citri scrop* )• M* f. Pulr. Disp« tales doses Nro«
-XYjm aa S. Alle 3 Standen 1 Pulver zu nebmen«
Deo 17. desselben lautete die Nacbricht in je-
der Beziehung günstiger. Fat. arbeite, horter
ich, den ganzen Tag, bekiimmere sich um das
Hauswoseo, spreche zur Verwunderung mit
einer Weberin, die sie gerade und schon einige
Wochen im Hanse hätten , was sie wohl in
scwei Monaten nicht getban hatte ^ über allein
band Sachen, esse mit gröfsem Appetite und
Bcblafe fast die ganze Nacht hindurch. Heiter-
keit schien wieder den lange Zeit verlassenen
Platz im GemSthe einnehmen zu wollen. Das
Opium obstmirte nicht und Terursachte keine
Anfregung, erzeugte aber sichtlich eine behag-
liche Ruhe» Ich rieth zu einer Reiteratur der
letzten Polrer und wünschte, nach Verbrauche
derselben, yon dem Zustande der Frau ferner
unterrichtet zo werden. Dann bekam sie nichts
weiter, weil sie sich wohl befand* Später
sagte mir der Mann, dafs sie sich wegen ihrer
frühem Albernheiten vor mir schäme und des-
wegen nicht zo mir kommen mögei um sich
mir gesund zu zeigen*
3) Br» zuH»! Fuhrbote^ ein robuster, sonst
immer gesunder, lebensfroher, lebenskräftiger,
arbeitsamer und häuslicher Mann von 35 Jah-
ren, war schon seit dem Frühjahre c. in seiner
Lebensart, seinem Wesen und Betragen ganz
anders, als früher, und dem an ihm sonst und
langjährig Gewohnten schnurstracks entgegen ge-
wesen. Seinis Fran und seine Stiefmutter hat-
— 30 ^
ten diese Veränderang^ allerdlngi uod mit Be-
trübDiri vFahrgeDommeo , abe^ nicht in ^ibnr
nackten WiderDatiirlichkeit erkannt« ' In dei
letzten -Tagen des Jani 1834 kommt er scbel»
teod und fluchend gegen Abend ins Haus, liort
auf keine tbeilnebmende Frage, wehrt jede Be-
schwichtigung mit Ungestüm ab, serschlägt eioii
Tiftch, einen Stuhl, eine Haasubr, einen Spie-
gel, so wie einige Fenster, will von Nieman-
den im Hause sich in seinen unsinnigen 6e-
walthapdlungen stören lassen und richtet eeioe
Wuth selbst gegen seine Hausgenossen, m^
dafs seine Frau, um nicht Alles zerstört jeu sc»
hen oder gar Unglück zu erleben, benachbarts
Leute zu Hülfe rufen | ihre Person aber gegei
tbätlichen Angriff durch die Flucht schütxea
mufs. An keine Geisteskrankheit denkend, soih
dern ihn für sehr betrunken haltend, bleibei
einige Männer bei ihm, die ihn halteh und qM^
ter, weil er immer tobender und wHthendsr
wird, binden« Aus seinem sinnwidrigen , foi^
währenden Sprechen, seinem heftigen Pluchee
und Schelten, seinen zwecklosen und gewalt-
samen Kraflanstrengnngen, ans seinen wildw
Blicken und wunderlichen GesichtsTerzemingeB'
haben die immer mehr .zur Hilfe kommendea
Nachbarn, wie die Hausbewohner,- mehrere
Stunden deswegen weiter "kein Arg, obgleich
er ihnen nicht ganz so vorkommt, wie sie Be-
trunkene, auch wenn sie ärgerlich und wothend
waren, zum Oefteren gesehen- haben. Nor ah
der Zustand unverändert derselbe bleibt Uni
weder die Nacht , noch am andern Morgen- dia
geringste Spur von Schlaf eintritt, schöpfen sii
Verdacht und schicken nach einem Wnndanta
hier in der Stadt, welcher im Hause seit langer
Zeit in allen Erkrankungsfalleii komtr BeiMiaid
— 31 —
geleistet bat« Eine compiete Maoie erkennend^
öffnet dieser bald die basilica, läfst reichlich
Btat fliefseD, scbeert den Scheitel, reibt Anti-
moDialsälbe darauf nod Terscbreibt Sal. mirab«
Gliiib. Nach 2 — 3 Tagen y^ird mit dem Ex-
teno und Interno noch fortgefahren, weil sich
die Umstände nicht Teräodern, und von Neuem
eine Vene geSffnet. Wie jedoch Fat« weder
ibt, ooch eigentlich trinkt, hartnäckige, anhal-
tende Obstructionen hat, gar 'nicht schläft und
schsoerweise fort und fort tobt, wird dem Amte
hier Anseige daTOn gemacht, das iruch in den
enten Tagen des Juli durch den Herrn Ober«
Togt F. auffordero liefs, den Kranken zu be-
lochen und ihm dann darüber zu berichten.
Hit dem ihn bisher behandelnden Wundarzte,
Herrn T/^., bei ihm anlangend, sah ich ihn im
Bette liegend, an den Händen mit einem Tuche
gebunden und von zwei nachbarlichen Bauern
gebalten. Sein Blick Terrieth Wildheit, seine
Geaichtsziige waren Terzerrt und entstellt; er
ksirachte mit den Zähnen, wollte sich die Binde
loibeifsen, stiefs mit den Füfsen, warf sieb nm-
ber, schrie, fluchte und plapperte viel, aber un-
lentändlich und ypn lauter Unsinn. Seine Ge-
daeken zeigten hierbei eine grofse Unstetigkeit
ud FlSchtigkeit So oft, so anhaltend und so
tielfach ich es auch yersuchen mochte, ihn au-
freden und ein Examen mit ihm anzustellen,
10 war es mir nicht möglich , auch nur eine
eiorige yernänfÜge Antwort von ihm zu be-
kommen. Liefs auch die Heftigkeit in seinen
iifsern Bewegungen, die zwecklose Gewaltthä-
tigkeit, der blinde Zerstorungstrieb nach eini«
ger Zeit etwas oder ganz nach, so fand ich bei
Üiogerem Verweilen alle intellectuellen Fakul-
täten ohne die mindeate Unterbrechung durch
^ 32 —
einen bellen Zwitclienraam in gaosKcher IX^
barmonie und seinei das Objekt Tom Sobjddi
Dicbt gehörig zu anterscheideD TermSgeMb*
Vorstellaogen so Tage und mitonter so fcomisffiii
dafs ich eioe wahnsinnige Narrheit annebiiMS
mofste. Von seiner Frau und den Leuten k
*seiDem Hause erfuhr ich, dab er immev eis
höchst ordentlicher, nüchterner » arbeitsameTf
erwerbfleifsiger, friedlicher und gntmiitbigiff
Slann, mit dem sich gut leben lasse und dal
namentlich mit seiner, seinem früheren Stiel*
Vater angeheiraiheten, Stiefmutter in vielen Jah-
ren niemals den geringsten Wortwechsel ge*
babt hatte, gewesen sey. Dasselbe bexeogti
das königliche Amt, das sich aus dem Gmode
für ihn interessirte. Dasselbe sagten alle Nach-
barn und mit ihm bekannte Menschen über ihn
aus. Er sollte immer sehr mäfsig, nicht ei»*
mal täglich, wie es bei Leuten seines Gewer-
bes doch meistens der Fall ist, Branntwein ge-
trunken und selten zu viel, nie in einem tob
Sinnen bringenden Uebermaafse genossen haben«
Gegen das Frühjahr habe er von einem be*
freundeten und benachbarten Colonisten H« «na
Pfeife geliehen, dfe ihm am andern Tage, ab
er, auf einer Transportfuhre begriffen, vor elneni
Schnapshause haltend, auf dem Pferde sitxend
und zufällig etwas betrunken, ans derselben ge-
rade rauchen wollend, von dem in demselben Au-
genblicke, vorbeigehenden Eigenthnmer dersel-
ben , nachdem er ihn um ihre sofortige Rüdk-
gabe hart angesprochen hat, stürmisch ans dem
Munde gerissen wird. Er ergreift sie wieder, Vfill
sie nicht gleich zurückgeben, nennt den Baaem
undankbar, da er ihm oft etwas geliehen hättSi
und schlägt ihn mit der Pfeife vor den Kopf,
dafs er hinten überfällt» Blutrünstig hiernach
— 33 --
gewovden und auch ^obl Schmerceo im Kopii
empfiodeod, läfst Letsterer gleich einen Wand-
arat aot der Stadt kommen^ der die Wood»
fiir fefahrlicby die Commotio Cerebri für be-
deDklich erklärt aod eeinem Befunde gemabe
rigorose Anordnungen trifft« Am andern Tage
begiebt sich Br», da er dies wieder erfahren
bat , voll Angst so dem Wundärzte, der ihn
darüber beruhigen solli was er weder intendirl,
ooch fib so erheblich gehalten bat^ und wird
TOD diesem bedeutet, dab er in einer ihm be*
veichneten runden Summe (20 oder 26 Rthir«)
die Kurkosten besahlen und ein Gleiches dend
Vnlneraten .geben mochte; er wärde dann
nicht yerklagt werden und die Verletsuog keine
fiblen Folgen weiter haben« Er geht den ärger*
liehen Vorschlag ein« Nichts destoweniger ist
dem KonigL Amte da|von Notiz gegeben, das
den Hrn. Landcbirnrgus B. berausschickt^ der
nichts Bedeutendes findet und selbst jede enge-
rathene Vorsicht fiir überflüssig hält« Weil
hier jedoch eine Schlägerei zu erwägen war,
wurde nach beendigter Untersuchung eine Ar*
rest-Strafe Ton 6 Wochen erkannt, die die Ju-
risten-Fakultät in Göttingen y wohin die frag-
lichen Acten verschickt waren, auf die Hälfte
der Zeit reducirte. Als er wieder auf freien
Fufs gesetzt ist, wird an ihni bald eine totale
Umändernng bemerklich. Er beobachtet .in sei-
nen Sachen nicht die früher gewohnte Ord-
nung^ ist übertrieben redselig , weitschweifig,
umständlich, spricht oft von Entehrung:, weil
er gesessen hätte, von schwierigem Wieder-
erwerb der yerausgabten und zum Theil gelie-
henen Summe Geldes, trinkt zu allen Tages-
zeiten Branntwein, ohne sich indessen zu be-
Joun. LXXXiy.B.2.St. C
^ 34 —
raofülira f ttil Wdnfgi oft^ naniMitlifeb Abettd%
gar oichu, schläft äobent wenige kommt n-
reg^lmäTsigt nicht telten sehr spät des Abendl
SQ Hause nnd fährt frnh am sndem Morgeii
ohse erst etwas su geniefssa, wieder ab. Da-
bei zeigt er sich nnstät, io Allem rasch, Tei^
räth immerfort Eile, fahrt leicht aaf nod wird
bei der geringsten, oft eiogebildeteo Veraalas-
SQDg, betonders aber auf jedeEia- and Wider-
rede ausnehmend jähzoroig« Jeder Nachfrage
nach seinem Teränderten Leben and Wassi
setzt er mit Heftigkeit die gröbsten Scbeltwntte
eotgegen. Wenn er sonst mit seiner Fraa nad
seiner Stieftnutter seine täglichen Arbeiten, sene
Fuhren, sein Acker« und Hauswesen stets genau
Hberlegte, so war in dieser 2«eit niemab die
Rede dsTon« Häufig war seiner Frau sein aeit-
weiliger Aufenthalt unbekannt* Oft ftihr er
aus, ohne einen Auftrag dazu bekommen so
haben, und bekSmmerte sich um eigene noth-
wendige Feldarbeiten nicht > Diese Erscheinan-.
gen füllten die . Zeit zwischen seinem Arreste
und dem Ausbruche seiner llanie aus« -^ In
seiner Familie war, so weit hinauf and zar
Seite darin deswegen nachgeforscht werdea
konnte, nie eine Geisteskrankheit und er, kii^
tig gesund überhaupt, bis dahin stets Drei da-
Ton gewesen. Geschwister hatte er nicht. Des
KonigU Amt liefs ihn fortan, wie ich aa fSr
gut fand, Yon zwei Personen, dieMorgaaa und
Abends um 6 Ubr abgelost wurden | vnansge-
setzt bewachen* Ich ordnete eine abermal^e
Tenaesectio (die Sie) an, da sein gerSthetes
Gesicht, seine kräftigen Züge, sein lebhaftes
Auge und seine Agilität Congestionea anm
Kopfe Teunathen lieben. Er wiuda ohnmidh*
— 35 —
m
ig daraaeh tmi bloterber robiger« thntk be-
idhlob icb eine Ekelkar and Terscbrieb: Rp.
Ttrt. em. gr* fr» Aq, Rubi tdaei a&c y« Syt. €jaa*
dem UDC. j. M. S. Alle Standen 1 Eblöffel voll
n nehmen. Am andern Tage wurde die flfis:*
lir reiterirt Odd am folgenden am gr. j} Brech«-
mnatein Termebrt Es trat keine Uebelkeit
ud, einet Klystieret nngeacbtat, keine Oeff->
Bing ein« Essen wollte and scblafen konntj»
er Bicht. Sein Geplapper bestand fott\ der eine
Uasion jagte den andern* ^ Es wurde so wenig
«■ Gedanke von ibm festgehalteiti als es mog*
lieh war, mit ibm das geringste Gespräch ta
fihren« Obgleich er nicht mehr so wStbend
«ari wie yor eioigsn Tagen^ so • mafste er doch
soch gehalten and gebunden werden i weil ar
estspringen wollte. Er bekam: Rp* Inf« Rad.
Lpecacoanbaa Pb. Han« onc. yj« Tart» em. gr. jxi
ffl. S. Alle halbe bis ganze Stande 1 EiUofiel
voll xa nehmen. Weni^ Uebelkett and Eibre^
dmi eintrete^ sollte er weniger oder yon der
torletclen schwächern Slischüng eioaehttieii#
Den 10. Jnli. Die non terbrauebta Brach-*
WURel-BrechweinsteiD^Mixtar yon lestern hat
mehrmaliges Erbrechen und noch bestehende
Uebelkeit bewirkt Seine Verwirrtheit ist die-
lelbsi seine Schlaflosigkeit besteht fort, die
Tobeacbt fehlt. Er liegt ruhiger und scheint
iicli behaglicher au fiiblen^ Die enorme Hitse
prebt ibm yielen Schweifs aas« Sein nasses
Hetnd will er aber nicht mit einem trockeneti
tertauschen. Nach wiederholten Kljreiieren be«*
kern er reichliche Sedes* Eine schwächere
Brecbweinsteia-ZkiBammeoaetauag schien^ aucb
>och so oft genommen $ die Uebelkeit ao£sahe*
C 2
— 36 —
hm» . Um iie ^eder »tärker cq erregen, nahm
er, je nach Erfordernifs, alle halbe bis ganze
Stunde und noch nach gröfsern InterFallea einen
EfslofiEel voll Ton: Rp. Inf. Rad. Ipecac. Ph.
Han« unc. y\, Tart. emeU gr« xjj. Der beabsich-
tigte Zweck wurde dadurch erfüllt und dasselbe
Mittel einige Male reiterirt. Das fortwahrende
Sprechen hörte nach der anhaltenden Uebelkeit,
die zuweilen in Erbrechen iibergieng, auf; er
wurde gelassener , lenksamer und reflectirts
schon über sich. Mitunter sprach er TeroÜDf-
tig 9 war aber weitschweifig , antwortete wohl
passend auf die vorgelegten Fragen, gab aber
immer mehr an, als man wissen wollte und
als nöthig war. Des Einnehmens war er über-
drüssig geworden, weil die Arznei ihm ekelhaft
werde und Uebelkeit yerursache. Durch Dro-
hung, dafs es demDoctor gesagt werden solle,
der dann dem Amte es anzeige, mufste er oft
dazu gebracht werden* Eine copiöse Pustelbii-
dung auf dem Kopfe wurde mit Ung. Tarl. em.
unterhalten.
Den 12. Juli berichtete seine Fräs, er be-
käme Appetit, gröfsere Ruhe und etwas Schlaf,
wäre in der Unterredung abschweifend, aber
grölsten Theils yernünftig und sonst gans ttill.
Mit dem Nauseans wurde continuirt«
Den 15. Juli gab die Stiefmutter Nachricht
über ihn. Er hat wenig Schlaf und nach dem
jedesmaligen Erwachen Beängstigungen. Er
giebt dies immer an und bemerkt dabei, dab
er nicht wisse, woTon dies komme. Er ist
aufgestanden f kann aber eben so wenig auf
einer Stelle lange TerharreD| wie er eineo, ob-
— 37 —
^ohl TmtnfdgeD, Gtdankeö IKogiiM'Zelt Ibtl«
zuhalten yermag. Oeffoung hat er ohne Kty«
8lier. Wo Pusteln auf dem Kopfe nicht her-
Torkonunen oder abheilen wollen, wird Spieft-
glanc - Salba eingerieben» Das^ Mauieosnm
wird fbrtgenommen«
■
Den 17. Juli. Sein geringer Schlaf nimmt
ah, seine Unruhe zu. Häuf g hat er betrübende
Gedanken — über Zurüokkommeni Kosten der
Krankheit^ UnVermSgen xu bezahlen etc. 'Ich
ordinirte: Rp. Opiipnrigr. /?, SaLmir, Gl. sicci
scrop. j, Sacch« albi gr. xr, M. f« Puly. D. in
Duodecoplo, S« Vier Mal täglich ein Pnlrer
zo nehmen. Der Hr. Chirurgas Th. gieng öf-
ter zu ihm nnd referirte mir dann auf das
Genaueste.
Den 19. Juli« Die yoryorige Nacht hatte
er nicht, aber die yorige zwei Stunden ruhig
geschlafen, war mit Beängstigungen erwacht
und heute sehr ruhig uod Ternüoftig. Seit 2
Tagen fehlten die Sedes. Die Opium -Polyet
wurden reiterirt, alle 3 Stunden eins zu neh-
men signirt und als deobstruens yerschrieb ich:
Rp. Inf« Sennae comp. unc. y» Syr. de Spina
Cervina unc. j. M; S. Alle Stunden 1 Efslöffel
voll| bis OefiEhung erfolgt«
Den 22. Juli. Wenig Schlaff stete Un«
ruhe, beängstigende Gedanken, wiederkehrende
Verwirrungen. Die Mixtur hatte bald gewirkt
und war ausgesetzt« Er klagte über Schmer-
zen auf dem Scheitel yon den Pusteln» Sein
Appetit war leidlich. Bp. Opii puri gr. j, Li-
qoir« coctae scrup* /?• M. f« Puly. D. tales do*
— 38 —
I
•M k0. 8. Tkr BU ta^ Ikb «b PsItot n
pabineau
Den 27, Jolt«^ Als bMood«n Abaormltil
bemerkt man an ihm, daf» er sohr lebendigi
reiebar, leicht xom Aerger gentigl ist, nicht lo
Tiel schläft, als in früheren gesnodan Tagen,
qod mit Beängstigungen erwarbt. Er spricht
ganas yernSnftig, ist auidauerndar in 4^r Uo*
terredung ond nicht ortsreränderlicb ohna be»
wufsten Zweck« Rp. Opii puri» Mercurii dolds
aa gr. j, Extr, Dulcamarae gr. r. Pnly, Rad. AI-
thaeae q, s« ad massam pilnlarem in partes
aeijaalas qi^inane» pulrere Cert, Anrant. adspsr-
gendas, ouoaecies dispensandas^ diTidendam.
S» Alle 3 Stunden 5 St&ck lu nehmen. *— '
Seine Rohe^ sein Schlaf, seine Vernunft kehr-
ten immer mehr und naturgemäber wieder.
Sein Appetit wurde stärker. Ueber seine he«
trübenden Gedanken konnte er mehr Meister
werden»
Dan 31. Juli war er in Begleitnnf seiner
Frao bei mir and seigte sich ruhig, gut im
Blicke und Ternünftig in der Rede. Sein Schlaf
wäre fest, wie sonst, meinte er, und er er»
wache mit geringeren Beängstigungen* Die
letzten Pillen wurden noch einmal angelratbeni
das Opium blieb überhaupt noch einige SSeit
im Gebrauche, weil es ihm grSfsere Ruhe gab,
ihm seine Aengstlichkeit benahm , ein bebag*
lieberes Befinden bereitete und weder Yersto«»
pfuog bewirkte I noch sonst inkommodirende
oder nachtheilige Folgen hatte» So gieng er
seiner gänslichen Genesung zusehends entgegen.
Bisweilen wollte er noch wo^i bis cur Betrüb*
.' a» «
I m^flUmWkh Vbtv & TtrmtfaUMKMi Ko-
I mimm Cur wwdMu WiaderiioIlM Ana*
M pai Bniatliifta wirktoa iaswiseliMi ait
hifl— iIm Zdt to «qf ihn, diJii «r ia d«r
i» fbt Avgottt ktiiM Spar oMlir tob enitr
rtluidMta Kn^U^il u tidi halt«, mnntar^
Itom war and aUäa Maotcbaa .woblgdKU
UkUk Bit jatal iit af gatuai u K&pat
Saala jaMiabattt
'^— **
• ■ r
i '
- »1
<
~ 40 •«
*;■
IL
B eiträge
S(tt
pharmakologischen Geschichte
der SarsapariUa»
Von
Dr. Dierbachy
Professor zn Heidelberg*
JLfie SarsapariUwurEel gebSrt heut sn Tage tm
den beliebtesteo uod gescbätztesten ArsneimiU
teln^ deren Heilkräfte, zumal gegen Syphilit^
TOD so vielen Aerzten bestätigt wurden , dab
darüber kaum ein zureicbend begründeter Zwei*
fei obwalten kann. So sebr man aber nun yon
dieser Seite her berubigt se7n darf« so berr-
scben dock noch höchst auffallende Wider«
Sprüche in Hinsicht der Abkunft, Auswahl, der
wirksamsten Form und Anwendungsart d«s
Mittels, dafs es immerhin an seinem Orte und
XU seiner Zeit seyn dürfte, das wahre Verhält»
nifs dieses Gegeostaodes uach dem gegenwärli«
• ,
4i ^
|M Zttitätti« der JPbarmak'ologl* ilarxiiBf eHeo, '
, dB, wie ee echviol, die Fortschritt» dieset Zwei«
gei der H^pdide weif weniger |ieachtet werdeiii
alt cie:'*ee wohl yerdiBoeo.
§. .1. Abstammung . un4. Be^imniM^ der
^jamaritt^Sort^, Von der Zeit der -entea,
^ EieRniaDf dieser tY^^^^i^ durch die Spaaier
. all hie aaf iioaere Tage gi|b. es mehrere Saiea*
pairill - iGk>rteii von verscbiedeDem Werthet 4i|
yenchiedeDen Preiseo, tod rerilcbiedeneQ Orten
kommrad; bhoe' dall deshalb die' Aerste aaf
ihres Arsneirorscbriflen genao begemerkt liat*
teo, wl»khe diisser Sorten sie eigeotUch so ha*
ben wSttschten^ und es somit d^'m Gutdünken
dee ApoÜietos überlasseni welche er za halfen
ond sa dfafeiwircB beliebt, wie denn anch die
neueren vnd neeeslen. PharmakopSen in dieser
Hinsieht keine- nälieren und festen Beslimmnn*'
gen tefhaiietttf * . • '
Die in Deutsehlaod verbreiteten SarsaparilU
Arten kommen lediglich aus dem wärmeren
Ameiilui *) und wenn sie gleich in verschiede-
nen Previnsen dieses Welttheiis eingesammelt
werdet ^ eö darf man doch annehmen » dals ee
SberaU Avten der Gattung Smilax sind, welche
flie^ li^ism. HDie nähere Bestimmung dieses 6e*
genstaedee' unterliegt jedoch noch manchem
Zweifel;;* Und man kann für jetzt , gestutzt auf
die Angaläto der Hikren v, Humboldt, v.Mar^'
tüis, Sdtiede, Pöppig o, s« w.^ nur Folgendes
als de^ Wabrscbeinlicbste anfahren :
^ AUerdings fiad in den JGngiten ^eltea anch Barit-
• eadUkSortan aus. Osttndien, ond sfdbst tut Sierra
f«eone nach ({qrops gebrsciit worden^ allein in dea
dentechen Ap^h^ep sind diMO osuea Proguea ItstM
— 4^ ^
!• ßmüax mediea Schieda , wlidiat am Otl*
abhänge der mexikaoischen Andeo «d^ aa dec
angreocendeo Küste» Die Eiowohner dar Doi^
fer PupantUy Tasplao, riautla, Miranda «•a«W«
5ammelQ die Wurzel» die über Vera Cms ia
dea europäischen Handel gelangt} sie ist dem-
oach höchst wahrscheinlich die Olutterplaaia
jener Sortei die man schon seit dea Zeitaa des
Monardes unter dem Nameo Saxiaparilla da
Vera Cruz kennt.
Der berühmte Drognist, Hr, Jobit in Statu
gart, hält diese Sorte für sjmonTm niit dar Sar*
saparilla della Costa oder Tampico« Er sagt,
sie wird ans Vera Qruz in grouea Päckaa Toa
circa 100-*löO Pfund, die blos mit Seilaa aai-
zogen, ohne weitere Emballirong ina Schiff ga«
laden werden, ausgeführt. Nebst den Faeara ent-
hält diese Sorte Wurzelatöcke vod Theila der
stark stachligen Stengel, oft aoi^h mit vieler
Erde yerunreinigt. Die rein gewascbanaa Faaera
sind mehr oder weniger gelblicby
Der gewandte und kenntnifsreicha DrogvIsL
Herr Baika in Prag, hält die Vera Cnut- naa
Costa-Sarsaparille für keine besondere Art» Baa-
dern blos für den Ausschufs der andern Soriaa
und überhaupt für eine schlechte Waaia» Er
erkannte darunter Blätter . tod Smilax f kmca
S, tamnoidas, S, lanrifolia und St acabrine«
cula. Dagegen sieht Herr Bai]ta die licfaU
braune und rStblicbe neue Sorte von TiimpiicOf
die ihm öfters unter dem Namen Vera Crna
Torkam, allerdings für eine eigene Art an» die
aus dünnen , magern^ aber gesunden Wnrsel-*
bündeln mit Köpfen besteht und sich durch übra
röthlicbe Farbe sehr der Jamaika -Sarsaparill
nähert} er fand darunter die sartan licht|raueB
— 43 —
iler SmlUs cDmanaotis Kantb, teUt
aller biDn, es «07 mSglich, dab tia nicht nur
Too dieser PflaoEe stamme, sondern euch too
Smilax medica SchlecbtondaL
2» Smilax officinalU Kunih. Sie machst
in Colombien am fttagdaleDenflutse ; ihre Wur«
sein werden als Sarsaparilla in grobetr Menge
TOO Carlhagena nach Jamaika nnd Ton da nach
Enropa gebracht. Demnach darf man wohl
annebnien, dafs die jamaikanische Sarsaparille
des Handels nicht ron einer auf dieser Insel
einheimischen Art, sondern Ton der S« officina«
lis abcoleiteo ist«
Herr Jcbsi halt die Jamaika-Sarsaparille, die
in England yonsogsweise gebraucht wird, für
eine geringe Sorte, sie sey porSs, leicht, dje
dickeren Warsein io der Mitte hohl, braun oder
duokelbrannrotb , mit ganc weifsem Mittelfelde
und komme ohne Wurzelstock in Ballen Tor«
Herr Batka sagt, die rothe und röiblichbraune
Jamaika-Sarsaparille komme aus Cayenne , vom
Orinoco-Flofs und aus Jamaika, ihre Epidermis
sey meistens gefurcht, glänzend» harzig und rotb
gefärbt, das Rindeomark weifs, zuweilen rStb-
lich , der Holzkern gelblich , wie bei der Hon»
duras- Sarsaparille; wie diese « komme sie in
mehrfach über einander gelegten Bündeln Tor,
nur mit dem Uoterscbiede, dafs die Rudimente
der meistens darin beüodlicheo Siengel rund
seyen, sonst werde sie gleichfalls meistens in
Seronen verpackt. Herr B. fand Blätter yon
Smilax hayannensis und too S* papjrracea Oicko
darunter»
An diese Sorte schliefst sich nnmiflelbar
die Honduras der OfGcioeni welche Hr. Buika
— 44 —
die brauorothe und graue nennt; tle ht^ WW
er sagt, amylumreicher, aU alle andere Sorten,
und zeichnet sich durch ihren gelben Holzkem
und ihre langen Wurzeln aus, die, über einaa-
cler gelegt^ oft 6 — 8 Fufs Länge erreichen und
dabei das Besondere haben , dafs sie gewShn-
lich gegen das Ende zu dicker sind, als beim
Auslaufen rom Wurzelstocke, welcher 4kantige
stachlige Stengel hat, aus welchen, so wie ans
den oft Yorhandeoen grofsen oyal lanzettiSnni»
gen, mit starken Nerven durchzogenen Blät-
tern, Herr B. schliefst, dab sie meiatena TOn
Sinilax ofücinalis komme. Sie kommt, wie er
hinzusetzt, gewohnlich in Sourona in mehrfach
über einander gelegten Bündeln mit den Wor*
zelküpfen im Handel vor. Auch die Caracas"
Sarsaparille, welche Herr fi« die gelbliche nennt,
5oll von Smilax officio aus kommen ; die amy«
lumreicheren Stücke derselben haben ein roth-
liches Cindenmark, einen meistens dunkel ge-
färbten Uolzkern und in den magern Wurzeln
besonders viele Luftporen«
Herr Jolst hält Honduras- und Caracas*
Sarsaparille nicht für wesentlich verschieden;
sie kommen, wie er sagt, in der Regel in vier«-
cckigen oder runden Packen oben und unten
mit Thierhäuten überzogen zu uns, und enthal-
ten länglich -runde Bündel von 4 — 8 Pfand
und darüber; diese Bündel bestehen aus meh-
reren ganzen "V^'urzeln, die schon in dem Lande
von den gröbsten erdigen Theilen gereinigt
worden zu seyo scheinen. Die Fasern sind
lang, schwärzlich grau oder helibräunlich mit
rüthlicbcn Erhabeuheiten , von der Dicke einet
Haben- bis zu der eines Gänsekiels,
— 46 — ..
D]«Aoonbme, dafs dieJarnaika* und Hon*
dBras-Senaparilleyon eioarlei Mutterpflanze kom-
neo, scheint noch durch den Umstand hesta*
tigt xa werden 9 dafs, wie Hr. Richard Baitley
ia London berichtet, die Jamaika-Sorte eigent-
lid Ton dem Tbeile der Honduras -Küste be-
m|Mi wird, welcher Moskito-Küste heifst«
S, Smilax syphilitica Humboldt, Ihrem Va-
lerhode und ihrer Verbreitung gemäfs, so weit
ioldie bekannt ist^ dürfte angenommen werden,
dsb Ton ihr die Lima- Sarsaparilla komme»
Kacb Herrn Job$t besteht sie aus lauter düo-
nen, bisweilen besenreisartigen Fasern von hell-
ksaoer Farbe mit weifser oder gelblicher Mark-
Substanz. Sie erscheint im Handel meistens in
kleinen cylindrischen Bündeln 1§ bis 2 Pfund
schwer, mit Papierstreifen und Bindfaden um-
wonden; man macht davon mehrere Sorten und
mkanft sie zu verschiedenen Preisen, und un«
ter willkührlichen Benennungen, was yiel dazu
beiingt, dafs die Kenntnifs der Sarsaparill-Sor-
tsD so schwierig ist. Herr Batka führt die
Lima-Sarsaparille nicht als eigene Sorte auf.
4« Smilax cordato-ovata Willdenow, Nach
dem, was besonders Hr. Poppig über die Ein-
sammlung der Sarsaparille miltheilt, wird man
aonebmen müssen^ dafs yon dieser Art, die
aadi in Cayenne wächst, wenigstens theilweisa
die Brasilianische, Para, oder JLissaboner Sar-
saparilla herrühre. *) Die Packe bilden nach
Jabst walzenförmige Bündel ron 4| Fufs Länge
and 8 — 12 Zoll Dicke, von 30 — 70 Pfund
Schwere^ welche ron unten bis oben mit Bei-
*} Nadi Hem tu MmÜus wird sie Ton Smilas vyifhU
üAm nad ofSwuüis geasmiBett.
— 46 —
f«n oder Ranken ömwattclen und darefi ' dbit
Verpackungsart ron allen andern Sorten Tei^
schieden «ind. Die Fasern find lichtrothlU
braun oder «cbwärzlichgran, ihre Marksabateni
ganz weifs. Hr. Batka nennt rie die s^wartf
lichbraune^ die hie und da harsig gefleckt, nkht
so reich an Amjrlum sey, ^ie die HondvfM^
ihre Wurzeln seyen dünn^ I^Qf t »üt Tielea
Saug-Fatern besetzt u. s« w.
Wenn man Herrn Hancock Glanbea bei^
messen darf, so kommt die beste Sarsaparille
Ton einer neuen, bis jetzt noch nicht hoschris«
benen Art Ton Smiiax,
§. 2* Vorherrschende Besiandihnle. IXe
Sarsaparilla ist vielfach chemisch untersucht
worden, so dafs man leicht eine lange histo-
rische Abhandlung über diesen Gegenstand schfei*
ben konnte. Das Neueste und Interessanteste
hat Herr Poggiale in Yal de Graca geliefert,
'Während dessen Paloita bereits im Jahre 1824
das wirksame Princip dieser Wurzel anlland
und es Parillin nannte* Fast zu derselben Zeit
glaubte Folohi einen neuen Stoff in derselben
Wurzel gefunden zu haben | den er mit dem
Namen Smüäcin bezeichnete; Thubeuf schrieb
im Jahre 1831 abermals Yon einem neuen ^ in
der Sarsaparilla enthaltenen Stoffe^ den er ab
Sarsaparin auffuhrt^ und ßttka glaubte 183S
eine eigene saure Materie entdeckt ca habtttf
der er den Namen ParilHnsäure beilegt; allaia
Poggiale bewies^ dafs diese Tier Stoffe idantisdi
sind; er zieht den Namen Sarsaparin vor ond
zeigt, dafs diese Substanz durch Krystallisiiett
aus Alkohol in kleinen strahlenförmigen Nadeln
erhalten werden kann* Die Krjrstalle aiad weUl
und schmecken^ in Wasser oder Alkohol «nfr
- 47 -
gdott', berb bitten Diese AuflosaDgen tcbüii-
men etarl: beim Umschütlelo. Ein scbwe«
felMom Sanaparin koante Dicht dargestellt
wwdeib — •
Baika fand In der Spidermis der Jamaika*
Saisaparill: ätherisches Oel, Färbestoff , essig-
saure Salsa, SchaumharZy Extraclirstoff, Eiweifs,
Bassorin, Chlorsalze, Stärke und Gummi; in
dem Mmdenmarke: Stärke, Gummi i FflauseD«*
leimi ExtractiTStoff, EiweiCi, harzigen Färbe-
ttoffy Scärkefaser und Tegameote ; in dem Holz^
kerne und dem Marke: gelbes Weichharz,
Starke, Gummi» gallertsaure Salze, Pflanzenleim,
Schaamhars, Spuren Toii Kreosot und Holzfaser.
Die Eigenschaften des Schaumharzes oder
der PariUinsäare sind schon oben angegeben;
sonst ist besonders nächst dem Amylum noch
das ütberische Oel interessant, welches durch
seinen scharfen kratzenden Geschmack und
durchdringenden Geruch, der dem des Ol. ae-
ther. Petroselini ähnelt, sich auszeichnet; es
kommt in Verbindung mit dem Weichharze
und Fatbestoff Tor«
$. 3. Welches Ut die heste Sarsaparille
Serie zum medicinischen Gebrauche? Seit Jahr-
hunderten schon werden diese Wurzeln als Arz-
neimittel Terordnet; man sollte also denken,
dafe in so langer Zeit den Aerzten Gelegenheit
genug geworden wäre, die besten Sorten ken-
nen zu «lernen. Dies ist aber kaum der Fall
und an auffallenden Widersprüchen in dieser
Hinsicht fehlt es ganz und gar nicht. Hr. Baika
sagt, er habe sich auf seinen Reisen besonders
daiSr interessirt, die Ansichten derAerzte über
diesen Gegenstand kennen zu lernen | allein er
— 48 —
mSssa gestehen X dars er nie dadardi beAIeAg)
'worden sey. Man verschreibe. Sarseparille der
Gewohnheit nach, allein welcher Ton den b^
kannten sechs Sorten man den Vorsag geben
solle, darüber scheine Niemand gründlich Aus-
kunft geben zu können. ^) Besonders auffal-
lend kann jedoch dieser Umstand nicht sejo,
"wenn man bedenkt, dafs iriele Aerzte beim
Verordnen der Sarsaparilla sich gar nicht darum
bekümmern, welclie Sorte sie erhielten, and
auf der andern Seite die Droguisten ihren Was-
ren oft ganz willkührliche Benennungen geben
und eine und eben dieselbe Sarsaparill- Sorte
ganz verschiedene Namen trägt. Das Erste,
was uns also Noth thut, ist eine sichere uod
feste Nomenklatur für dieses Arzneimittel, nicht
"wie bisher entlehnt von den ProTinsen odet
Städten, aus denen es angeblich gebracht wird|
sondern yielmebr entnommen Ton den phy-
sischen Eigenschaften der Drogne selbst» Schon
früher habe ich darauf aufmerksam gemacfal^^)i
dafs von dem Geschmacke dieser Wurzeln weit
besser, als von der Farbe derselben, auf ifaie
Güte und Brauchkarkeit geschlossen werden
könne, um so mehr, da der Geschmack weit
mehr als die Farbe mit den Bestandtheilen der
Vegelabilien übereinzustimmen pflegt. Man kann
nach diesem Grundsatze die Sarsaparill- Sorten
folgendermafsen eintheilen und benennen:
1. Sarsaparilla acris^ ausgezeichnet durch
den scharfen kratzenden Geschmack, der seinen
*) Man Tcrgleiche, was Ich darüber znsammeDgestdlt
habe in Brandes neoem Archi? iür Pharmade. Bd. 4i
Heft 1. p. 80 u. d. f. • i
**) Heidelberger klinische Annalen. Band 9» EMI 'S*
pag. 538;
tM «ORDKiwel^« iö der WnMdiiaä« Hat vii
b« 2w«iM TOD damOue^ö dw.kl&erkclwa
d« in YMnndiiD^ mit dem iVtichTiarvr nail
rtwatoS» ftbbSagt. Bs' gehSrao iAin dik Sar-
Miilla Toä Jamiika and di« Voa Hoadarai.
'..' 2.' S^amporilla sMaHemki, luigenithmt
tch dfin cleuilicli bervontechandka tltteillefaRn
»cbmacki der, ^vie el tcfaeiDt, TonogamiM
r Gegenwart jeaes kryaUUiuichttB :St(uia, dan
iggiaU Sarinparin oeDtit, liuaackraibwi tat.
ifalo gehören iagbesoodan Jana Soita* , dU .
I jetzt unter dem Namao Vara- Cnis-, Colt*«'
i Caracai-Sarsaparille in dso .Haadal kamao« '
S. StrtapKriUa fatua . iiafyrida. Laicht *ai
iliava^atdta .Ton den baidan TorisaD, daEtf
AtaKaiiMte'Wnnelrind« wedardar ach^fia»
teb dar billara Geschmack dauilicb herrbrtritt.
icM QaactuaaelLloai^ait faüngl aatwader idaron
^4ala daa AiajlnmTarhältnibinStBiK in piUmtt
eB|e Trabaadan iit, als die übrigen Baataod-
eiU und aomit dateo Geachniack alDbültt, wla
i dar BratütMchm SarMopariNe, dia man beaön^ .
« biafaar Mcbnan mub, oder aber dar acbatfll
iä Ullara Gaacbmack itt-dnrcb daa Alte^ var-
■«■ gegaagtn, wodorch dia Wonela tan
idäräuadien Gabtaacbe untaaglich werdaa< -
Schm dia älteren Pharmakolugen acbätztan
IT die (tau friacbe Sanaparille, und Baneoak
iBOflct, man müue iminer die friscti einga-
hrt« nnd nicht seit lacgar Zeit gefpallena an-
andea, dann aooBt bebe aia eile mre Witk-
imknt varloren. Die gul'e Sanaparilie, setzt
f binin^ hn\ eina.eigeDthümliche unaogenehma
ebirf«) und dies i>t dar baate Cbarakter, tim
• am fABmm. Anch Fordyce, ^ei ta ailnw
Jam.LZXIIF.A2J» D
-i^ 60 — •
Zeit wieder- von Nenem auf dies lUütel anf-
mefksam machte » Terlaogt aosdriickUch^ dab
die Wurzel so frisch als möglich sej. -—Auch
Herr Jobst sagt, zu den Keonieichen einer gu-
ten SarsapariUa gehöre, dafs sie beiia. Kaues
einen anfangs mehligen, etwas bitterlichen, spa-
ter einen, merklich zusammeasieheoden und
kratzenden Geschmack besitze«
Wenn man nun noch weifs^ dafs bereits
zu den Zeiten des Monardes die Honduras am
meisten geschätzt war und die jamaikanische
heut zu Tage Ton mehreren englischen Aerzten
für die beste gehalten wird, so mub man noth-
wendig zu dem Schlüsse und Wunsche kom-
men^ dafs in unsern Officinen nur die SarMar
pariüa acrü eine gesetzliche Stelle erhalt^ un-
ter welchem Namen sie auch immer in den
Handel gebracht worden sey«
In ganz frischem Zustande -soll iibrigeDS
manche Smilax- oder Sarsaparill- Art so scbarCs
Wurzeln haben, dafs Coxe nach dem Genosse
derselben Speichelflufs entstehen sah *); er
machte diese Beobachtung an dem Columbia
River/ wo die Sarsaparilla in Menge wtld wachst
Wenn aber Hr. C* dabei auf das homSiqpathi-
sche Princip yerweist und an den Mercur ab
Antisyphiliticum erinnert, so hat er Tergeasen,
dafs noch manche andere scharfe Vegetabilien
Speichelflufs erregen , ohne desb&ib aia Lust*
Seuche zu heilen. **)
§• 4. Primitive und einfache Anwendungi-
eni der Sarsaparilla als AniisyphüUieum* Die
*) Froriefm Notizen. 1834. p. 922.
^) The Oablin Journal of medical aad chamcal sdiaa-
Des. Sept. 1834." p» 149.
— 51 —
K«nBtmb 4!^^' Woneln als einet BCltek ge^
gea die Lnatieache, icheioen die Spanier von
den Mezikanerü erbalten 2tt haben. iNacb dem
Bericbie des Monatdes gebrauchten es die Me-
xikaner auf folgende Weise : Ein halbes Pfand
Sarsaparille wurde klein geschutlen» mit etwas
Wasser macerirt und dann in Maew Mörser so
fange gestofsen, bis die Wurzel gaos in einen
dicken Schleim -übergieng, den man durch ein
Tnch prefste« Von dieser Flüssigkeit mubte
der Patient Morgens früh ein Glas yoU trinken^
dann sich gut zudecken und zwei Stunden lang
achwitsen. Hatte er am Tage Durst ^ so be*
kam er nichta Anderes, als solchen Sarsapsrill-
achleim; Abende mubte er wieder ein (Sias roll
davon wann nehmen und abermals den Schweifs
abwarten. Dieses Verfahren wurdet drei Tage
lang fortgesetst, während welcher der Kranke
nichts Anderes lu essen oder tu trinken bekam,
als den gedachten Schleim. Und damit, sagt
M<marde8f habe er anfangs Viele und sicherer
geheilt, als mittelst der andern Anwendnngsart,
die später gebräuchlich geworden sey.
Diese bestand in Folgendem: Zwei Unzen
gerwascbene, gespaltene und klein geschnittene
Sarsaparille wurden in einem neuen Topfe mit 3
Sehoppen (sextarius> Wasser übergössen und
24 Stimden lang in dem gut yerschlossenen 6e«
fafse macerirt, dann auf gelindem Kohlenfeuer
bis zu 2 Schoppen eingekocht ^ .nach dem Er-
kalten duechgeseiht und in einem rerglasten
Topfe aufbewahrt* Die nämliche Sarsaparille
wurde nun in demselben Topfs wieder mit
Wasser Sbergossen, etwas gekocht, kalt colirt
und gleich dem Yoiigen aufbewahrt.
D 2
— 62 —
Der gehörig gereinigte Kränke mafeta eich
nun in eioem erwärmten Zimmer aufhalten and
Morgens 10 Unzen des ersten Sarsaparill-Was-
•ers trinken, swei Stunden lang schwitsen und
nach abgetrocknetem Schweilse Hemd ond* Bett-
wäsche wechseln. Acht Standen nach dem Es-
sen mufs dasselbe geschehen. Seine Speise be-
steht in Rosinen, Mandeln und Zwieback » und
Wasser zum Trinken« Diese Ordnung ist 15
Tage lang zu beobachten; sollten jedoch die
Kräfte des Kranken zu schwach seyn, so ist
ihm etwas gebratenes Hühnerfleisch zu erlaii-
ben. Wenigstens während der ersten 9 Tage
müfs er im Bette bleiben^ die übrige Zeit aber
sich im Zimmer aufhalten und Luft ond^ Kille
vermeiden« Am löten und 30sten Tage erliilt
der Patient ein leichtes AbfiihrnngsmitteL Aber
auch noch bis zum SOsten qnd 40steB Tage
soll er sich des Weins und der Weiber enU
halten. Dieses ist, setzt Moncrdes binmUf die
gemeine, lange geheim gehaltene und so be-
rühmt gewordene Gebrauchsart der Sarsa-
parille. —
Sehr ausführlich ist dieser alte Schrifkstel*
1er bei der Beschreibung der Wurzeln selbig
der Auswahl der besseren Sorten und bei den
Vorsichtsregeln der Zubereitung, wobei beson-
ders interessant ist, dals er öfters das Mark der
Wurzeln herausnehmen lieb und nur die Bin-
densubstanz als den wirksamsten Theil benutzte,
und dies ist, yne er sagt, die beste Methode.
Man soll dann 4 Unzen gewaschene Sarsaparill-
Rinde mit 4 Schoppen Wasser 24 Stunden lang
tnaceriren und dann bis zur Hälfte einkochen;
fürchte man , dafs dieses Dekokt den Kraakee
zu sehr erhitze | so könne i Unze Gente su-
— 63 —
geMist, oder etatt gemeinen Walters Aqua de-
etillata Cicborei angewendet werden.
Bisweilen gab Monardes auch die Sarsa-
parille in PiÜTerform, und zwar Morgens nüch-
tern und Abends eine Drachme^ wobei der Kranke
ein scliwacbes SarsapariU- Dekokt nachtrinken
miibte. Letzteres nennt er Aqua Sarsaparillae;
sie wurde bereitet, indem man eine halbe Unze
der Wurzel mit 4 Schoppen Wasser bis auf
eineo einkochen lieb.
bediente sich Monarcf et auch eines
einfacfaen Sarsaparill-Sjrrups, dessen Bereitungs-
art er amstMndlich angiebt; es wurden daron
Morgens und Abends 3 Unzen genommen und
ein schwaches Sarsaparill- Dekokt nacbgetrun-
ken, nnter Beobachtung einer strengen Diät« *)
Viele Aerzte des 16ten Jahrhunderts be-
stätigten schon die grofsen Heilkräfte der Sar-
saparille gegen die Lustseuche, tn denen na-
mentlich der berähmte Mathiolus gehört, der sie
besonders da noch nützlich fand, wo das da-
mals so berühmte Gnajacum fruchtlos gebraucht
worden war. Einer der gröfsten Lobredner des
Mittels in jener Zeit ist Julius Palmariu8\ er
▼erordnete sie auf ganz einfache Weise und
behauptet, dafs dieses Mittel die Eigenschaft
habe, die Keime der Terlarvten Syphilis zu zer--
stören, daher er es immer anwende, um den
Wieder- Ausbruch des Uebels sicher zu hin-
dern. **)
*) De umpKcibiii medicamentis ex occidentali India de>
Ulis. Antwerpiae 1574. p. 37 et fceq,
**) /iil« FnlfRArü C(Mi«/fftiftfti de morbis eontagioau Li-
bri isptsoi. Parisiis 1&78. p. 69.
— 64 —
Aber auch Aerzte spKiwpef uod selbst der
nenetten Zeiten bettgtigteo die lleilkraft des
Mittele gegen die Syphilis, was mit Tielep Zeog-
nisseo zu belegen ka^um nSthig ist.
Eine der ältesten qnd einfachsten Sanapa-
rill-Bereitungen ist das Decoctum Sarsapariliat
Simoniii weiches ai^fser der Sarsaparille blos Kn-
sinen und etwas Zimmt entbaU,
§f 5. Zweite Periode, ^nyjendung verschie*
dener Compositionen mit Sarsaparille. So sehr
auch der Gebrauch des einfachen Mittele alle
Heilzwecke erfüllte, ßo waren doch die Aerste
schon anfangs damit nicht tufkiedeiiy oder sie
glaubten Tielmehv, dafs die Kpnst darch pas*
sende Zusätze das einfache Jllittel noch, kräf-
tiger piachen kSnne ; und sie bandehep bieiio
ganz im Geiste ihres Zeitalters. Qqlen^s phar-
juakplogisches System stand {m sechzehnten
Jahrbundf^rte noch in dem gröfttei^ ilpse-
hen. Den Grundsätzen desselben gemäfs
mufste ancb die Sarsaparilla behandelt wer-
den, Pie Arzneipflanzen theilte man damals,
nach ihren sogenannten Qualitäten, in vier
Hauptklassen, in warme, trockene, feuchte qnd
kalte ^ die ihrerseits wieder nach dem Grade
ihrer Stärke ip Unterklassen zerfielen, and so
rechnete man die Sarsaparille za deo trockenen
und warmen Mitteln im zweitep Grade, BJo^
nardes sagt : Calida et sicca est in secpndo fere
gradu, :r- Die grofae {^unst bestand nun darin,
die Mittel so zusammenzusetzen, dafs nicht nur
irgend eine Qualität des Arzneimittels praedo-
minire und dadurch schädlich werde, soödem
auch die ganze Composition mit dem Tempe-
ramente des Kranken und des leidenden Organs
harmonire. Nach diesen Grundsätzen beurtheilte
— 66 —
man damab jedet Batammengotetsta Amai-
mittel I und jeoe Compositiopao , dia aich am
ungeswiing^DstaD nach ihnen erklären lieftan,
konnten auf ungetbailten Beifall zählen. Dahin
gehörte denn auch der Syrupu» Sarsaparülae
compasiiuB des SJonardes. Wir wollen die
Sache mit aaioen eigenen Worten mittbeilen. *)
mit der geborigen Menge Zacker konnte
man daraus leicht einen Syrup bereiten, und
wer nur mit dieser uralten Vorschrift, die Com*
{»osilionen des noch beut za Tage gebrauch«
ichen Roob de Laffecteur, Syrop de Cuisiniec
u. a« m. Tergleichen will, der wird ibr^nwab«
ren Ursprung nicht Terkennen, und den wie*
aanscbafUicben Werth, der diesen Zusammen-
setzungen sämmtlich zukommt, richtig zu baur-
theilen wissen.
Dasselbe gilt auch von den noch immer so
geschätzten und beliebten antisypbilitiscben De-
kokten, deren Ursprung gar kein anderer ist;
eine der ältesten Cornposilionen theilte der be-
rühmte Botaniker Ca^salpin mit. Auch sie
mag hier wortlich stehen. ^^)
*) Ism annas est quintns flecimas^ qnbd Sjrupam con«
fed, Bon 1BOH0 in liac urbe, sed tota Hispania lau-
dstiirimom, ad morbam Gallicuin, aliosqne proftigan-
dot, nam neqoe calefacit, neque inflaminat^ Goajaci
Tidelicet sicdtate temperata, et Sarsaeparillae calore
mitiaato hoc modo. Kp. Sarsaparillae Cnc. duas,
Ligni Gaajaci Unc. qnatuor, ZiziphorNo. xvjjj, Pran.
paas. No. xxj?. utraqae ossiculis purgat*, Floriim Bo-
raginu, Flornm Violarom aa Unc. dimidiam, Hordei
mondi aliqaot grana. In tribu& aqaae sextariis lento
igne coquunCur ad duoram sextariornm consnmptto-
nem, et decem buios decocti unciis una Syrapi vio-
lati admbcetur.
*^ 'Quoniam tsio saepe fit, ut propter aegrotantiuiii tem-
~ 86 —
Man sUht , dab dia Voracfarift das Cataal'
pin fast gaojB mit der des Monardes überein-
stimmt^ so me, dafs alle io baiden Vorschrif-
tSD vorkommeedeD Drogaen in mehreren an*
dern Compositiocen sich er.balten haben, noc
sind an die Stelle der Flores' Violarum groben-
ifaeils die Flores Rosarum getraten.
§. 6. Dritte Pviode, Verbindung der Sar^
ßaparille mit Abfuhr ungsmitteln» Schon war
durch die Verordnung der Sarsaparille in Ver^
bindnng mit Guajacum^ Borago u. s. w», denea
bald noch mehrere andere nach gleichen Grund-
sätzen folgten 9 der erste Schritt gethan, aber
die wahre Wirkungsart der Sarsaparille Irrthn-
xner herbeisufBhreo und sie am Ende am allen
Credit zu bringen, wie dieses in der That auch
geschah , so dafs es auch jetzt noch Aerzte
giebt, die ihr überall Leine Heilkräfte zutraoen,
aber man ging bald noch weiter, indem man
sie zugleich mit Furgirmitteln verordoeto»
peramentam calidios, non sine pefieolo ßampsnns
exhibeatar, escogitatae sant a xnedicis Tariae cosipo-
sitiones, quibus contemperetur medicamenti Tis: com-
pertnm autem experientia est Sarzaeparillae teoipera-
mentum pauIo calidius, ligni Guajaci aatem panlo aic-
cioB esse; idcirco ntramqne commiaceat , et Gaajaci
•iccitatem bomectantibus contemperant : Sarzaeparillae
autem caliditatem refrigerantibos, in bonc modam:
assumant: Sarzaeparillae Unc dnaa, Ligni Gnajact
Cnc. quataor, Jajubaruni demtis ossibas No. xvxvj,
Prunoram [lassonun demtia o«aibns No. xxjv, Flo-
rum Violarum, Floram Boraginis aa Une. dimidiamy
Hordei mundi pagillum nnum, Aqoae libras duode-
ciiB. Coquuntor donec redeant lil>fae qnaCuor« Hains
deeacti exbibent mane et Tesperi andas decem^ ad-
dftntes Syrupi Tiolati Unciam unam. (Da plantis libri
XVI. Flgreotiaa 1683, p. 220.)
— 57 —
Von wem diese Neuerang eigentKch her-
lärtf bebe ich bis jetzt nicht mit Sicberheit
Msmilteln können,, aUein eo yiel iet gewifi,
lUb dies sa Anfang des 17ten Jahrhunderts
geiehah. Man nannte diese Methode« die Lust-
iMche zu heilen, die Diaeta sudorißco^cathar-»
ära; sie bestand wesentlich in der Verbindung
lud dem Gebrauch der sogenannten vier scbweifs-
timbeoden Holzer, Guajacum, Sassafras, Sarsa«
pifille, Radix Chinae ^) mit milderen pderstär«
koeo Laxantien in der Beobachtung einer stren«
gta Diät.
Peter Morelü giebt hierüber nähere Aus«
ioaft**^) Die Abfübrungsmittel, welche er an-* •
(ewendet wissen will, sind; Senna , Polypo«
dionif Rheum, Agaricus und mehrere andere
jelst yeraltete. ***)
%
Diese Methode hat sich nun bis auf unsere
Tage ToUkommen erhalten ; so ^nthält der noch
*) Anflallend ist es , dafs in den Jüngsten Zeiten Sar-*
irat den gedachten Yegetabilien , so wie noch meh-
reren andern, alle achweii'streibenden Kräfte ganz ab-*>
sprach«
**) Diaeta sadorifero-catbartica est decootnm sndores
fflOTena et per al? am simul eTacoans, medicornm ma-
xime recentium inventum est, et ante paacos annos
Tiz ositatuin, neque tarnen sine spe fructns nberrimi
excogitatnm; ciim huius o^e bumorum partibus te-
Buioribus resolotis per sndores , reii()aae crassiores,
qaae alias solent pertinaciter restagnare in alvo et
aliis partibus, bac ratione simul ntiiiter eradicantur
u. s. w. Am Ende setzt er noch hinzu : Ctilissima
autem maxime omniura est, et usitatissima in lue ve-
nerea curanda, tractanda,
***) Methoduf praescribendi formulas* BasiL 1627« p. 117.
— 68 —
immer beliebte Trank tod Vigaroux towoU
Polypodium als Ja läppe, das Roob de Läfibctenr
eotbait Senneablätter u. e, w. Aach Tergfeiche
man, was Dr, Strunze von der Behandlang der
Syphilis ohne Qaecksilber io dem Charit4-KraiH
keohause zvl Berlin sagt (Vereiot^Zeituog 183&
No, 39), Aber diese Sitte bat auch ihre ent^
schiedenep Gegner^ unter denen man besonders
Naumann nennen mufs; er behauptet unter ao«
dern, dafs Alles, was die Ansdüostuog schwäche,
mithin anch die Laxantia, der Wirkung der
Sarsaparilla als Antisyphiliticnm durchaus hio-
derlich sey»
^. 7» Vierte Periode^ Das Umhängen m»-
neralischer, zumal metallischer Stoffe .in die an»
tisyphilitischen Dekokte. Diese Sitte ist spatem
Ursprungs und scheint keinesweges auf irgend
einer pharmakologischen oder therapeotischea
Theorie zu beruhen, wie die bis jetxt beriilir-
ien Zusätze, alle Umstände deuten vielmehr
darauf hin, dafs sie nur ein Kunstgriff der Char«
latans war, um ihren Präparaten- den Anstrich
Yon Neuheit zu geben und ihren Gewinn lo
vermehren. Darum mochte es auch gleicbgnl-
tig seyn, welche unlösliche Stoffe man wäh-
rend des Kochens hineinhing. Der Eine be-
nutzt dazu Antimonium crudum, ein Andeier
Zinnober, der Dritte laufendes Quecksilbert der
Vierte Mercnrius dulcis , der Fünfte Eisenfeile^
noch Andere Gold, BimssCeia u. s. w^. Schon
dieser Umstand hätte mifstrauisch machen soIleD*
Eines der ältesten Beiü^piele der Art fuhrt
Horstius in seiner 1651 gedruckten Pharmaco-
poea catholica an; ein gewisser Charlatan, Na-
mens Henricus van Siran, besafs nämlich als
— 69 -
Gebeimmittel ein Decoctum sudorißcum confra
luem veneream\ er rerkaufte es aaf der Prank-
fttrter Messe, ^o er io einem WeiokeUer ein
FaCs roll davoo yorräihigp hatte. Das Mittel
, machte damals grofses Aufsehen und Horstius
hatte die Gewandtheit, sich die Vorschrift dazu
ZQ verschaffen 9 aus welcher man sieht, dafs
rinige Pfund Eisen und Stahlstürke wahrend
des Kochens der vegetabilischen Ingredienzien
eingehängt worden. Denselben Zusatz findet
man auch in dem Decoctum sudorificnm con-
tra Inem veneream M^lii.
Das noch jetzt sehr gebräuchliche EinhHo-i
geo wön Antimoniom scheint besonders durch
das Decoctum Musitani verbreitet worden zu
sfjTD, Dieser Musitanus soll in Neapel wirk-
' lieh Medicin ttudirt haben und wufste sich auch
Pnzis sa verschaffen^ aliein er war seines Am-
tsi elgentUch «ein Priester* Im Jahre 1698 gab
er eio Weik fiber Syphilis herauf ^ was ich
leider nicht gesehen habe und worin sich wahr-
, uheiolich die primitire Formel zu seinem De^
coct finden mag, das nach andern Angaben An-
timonium nnd Bimsstein enthält. Allein schon
der beriihmte Astnic ist diesen Einhängsein
nicht günstig; er führt die zu seiner Zeit be-
liebteste Formel zur Bereitung des antisyphili-
tischen Decocts an, setzt aber bei dem Zusatz
des Antimonium hinzu; ^,Si ita Tideatur^% Auch
gedenkt er mit hartem Tadel zweier Charla-
tans, wovon der eine {Calat) vorgab, sein
Dekokt durch einen hineingehängten Goldkalk
sehr wirksam machen zu können, und der an-
dere ( Vinache ) dasselbe Von einem Antimo-
nial-Präparale behauplele«
— 60 ~
I
Paul Herrmann gedenkt ^) eioer Vor-
schrift, wo 10 das Dekokt ein halbes Pfund
Antimoniam cradom uod eben so viel laufendes
Quecksilber eingehängt wird« Froher schon
scheint man den Zinnober auf diese Art be-
nutzt zu haben, indem bereits Horstiiis eine
solche Composilion mitl heilt, dagegen das Ein-
hängen des Mercurius dulcis ofiEenbar eioor nene«
ren Zeit angehört.
Es ist zwar bekannt genngi dafs diese mit
dem heutigen Zustande der Pharmakologie and
Pharmacie schwer zu yereinigenden Zuberei-
tungen ihre Freunde und Yertheidiger auch an-
ter den neueren Aerzten gefunden haheo, alleia
bedenkt man , dafs es überall angewib ist, ob
und was von jenen metallischen Präparaten in
das Dekokt übergehen kSnne; bedenkt man,
dafs andere Compositionen , die diese EinhSng-
sel nicht enthalten» eben so wirksam hnfunden
wurden, und vergifst man insbesondere nichti
dafs die Sarsaparille, lediglich für sieb gebrauchtp
zu einer Zelt die Lustseuche heilte, wo diese
Krankheit noch meistens viel bartnickiger tvar,
als sie es heut zu Tage zu seyn pflegt; ruft
man endlich dem Gedächtnisse den wahren Ur-
sprung aller dieser Compositionen snriick^ die
auf Grundsätzen beruhen, die man länget als
irrig Terliefs: so mnfs man wohl so dem
Schlüsse kommen, dafs Präparate, wie das De«
coctum Zittmanni und ähnhche, unsere gegen-
wärtigen Zeitalters unwürdig sind, dafs es an
der Zeit sey, sie zu yerlassen und zu der allen
hippokratiscben Einfachheit zuröckzukehreo.
*) CynosuraMsteriae medicse. Argentorat» 1710- p* 42»
-* 61 —
mm
HL
üeber
die HeflqaeUen zu Meinberg,
namentlich
die dortigen llineral- Schlammbäder und die
Denen KinrichUiBgen zur Benutzuog des kohlen-
tanren Gases*
Von
Dr. Gerliard von dem Busch,
praktiichem Arzte zu Bremen»
Der im Farstenthume Lippe-Detmold^ 1 Meile
Ton Detmold und 3 Meilen yoq Pyrmont bele-
gene Kurort Meinberg stand in früheren Jahren
wegen seiner überaus grofsen Wirksamkeit in
einem so hohen Rufe^ dals er häufig auch von
Kranken ans fremden Ländern zur Wiederher-
stellang ihrer Gesundheit besucht wurde. Durch
die Zeitrerhältnisse und andere ungünstige Um-
stände gerieth derselbe leider fast ganz in Ver-
gessenheit^ ward wenigstens Ton Kranken aus
weiterer Entfemnng wenig benutxt^ obgleich
— 62 —
er TOD seiner froheren WlfisamlMit nidilil
eiogebiifst halte.
Die Fürstlich Lippesche Regierang fieb «
sich immer besonders angelegen saja^ doitk
zweckmäfsige, auf die liberalste Weise getrof-
fene Einrichtungen, die HeilsphStce, wekhi
Meinherg darbietet, zur Anwendong geeignet
zu machen, und so "wurden die Schlaminbädor
und die in neuerer Zeit getroffenen Binrichtai-
gen zur Benutzung des kohlensauren Gaset ini
Leben gerufen*
Durch yerschiedene Schriften *) mä die
Aerzte freilich wiederholt auf diesen Kurort
aufmerksam gemacht worden, jedoch scheint
es, als wenn sie denselben bisher nicht so wür-
digten, wie er es mit Recht Terdient.
Da ich Meinberg im Sommer 1836 Mar
Kur besuchte, so habe ich mich während eioM
*) J. ß. Trampd, Besohreibang der Bf elnbei|« Iflee*
ralqaellen. 177S. — J. E. F. Scherfy Brieib ibec die
Gesandhdtswasser zu Meinberg. 1794. — — Pm F, QiiU^
haus, Bemerkungen über die Mioeralqnellen
berg. 1820. In dieser Schrift wird al»ar ^ 4srtiges
Schlammbäder besonders gehandelt ^ JL Bnmin,
die Mineralquellen und SchwefelsohlanrnbUBT SU
Mdnberg, nebst Betragen snr KmelaUs' dsr Ts|Sla-
tion und der klimatischeir und minerslogiseb-fpQgM**
•tischen Beschaffenheit des Furstenthams Iiims* .1831»
Ein voluminöses Werk , das nicht allein iar dea Aa^
sondern besonders tnr den Chemiker Qnd
Ton Interesse ist — - K, Piderii, die
Gasquellen zu Meinberg , deren medidaisohe
zung und Wirksamkeit. 1836. Bine höchst
»ante nnd lehrreiche Schrift, die sehr sosföhHidl wkß$
die in Mdnberg in den letzten Jahren fsftpoffaess
Einrichtungen zur Benutzung des Itohlennneni 6e*
ses und der Wirksamkeit desselbee hsmdalt (YmI
Jon», d. pr. B. £d, LXXXUk«!^ 4 & Uft> . . . .
_ 63 —
rbrTrÖchenllichen AurenthallB d«MH»t'TOa dta
naocherlei HeiUchätzeo, die e» darbittot, aoA
Jen überaus zwedLinnfsigen ElarichtiiDgen mat
^enulzuQg derselben hiorsichend üban«U|(, ood
nüchle durch nachfulguade MitlhailsaiSB aaf
Jiesen leider, aber g.ewih mit groCiam Unnchl,
tu sehr Ternacbläuiglea Karott TOS Nnsm
lufmerktatn machen und ihn xiir ttuntsaDg
unpfebleo.
XtbAerg Todltat anHre Aofmn'kMmkfljt
iMMvden wagsn mimf SchufftUohlmmmbadtr
■mI <iagM MiflM ihtraua gro/Mtn Rtiohihitm»
■n, dnn Seboobe der Eide enlströmeodeB, kok^
pie lÜBanL- Sehlemmbädor ui ,lldnberg
und blchi ■■••cell Urspniogt. Sie wiüden »«cb
Schtiff X|b4* Mf Betrieb dea Dr. GtUhm»
oingericbteL; scboit im Jnbre 1820 wurden, Mi-
DMnül-ScU^qiiBbüdei in Heioberg gegeben. Ab-
im |<Mfe . d«r Zeit die grorie VFirkHinkeit
bmelbea aicb immer mshr beatäligtsj ,wnr-
d«n' «n den beiden grobes Logirbäiueni Ao-
bant^n «jargefSlut , die geganiröriig gröJe-
Ifvtffffi^ aUeia xa dieaen Badera benntxl
vrerdm. Vtv cn diesen benntite BUnaml-
ScUanuiL ftodet aicb gans in dar'Nübn.Uein-
bcrge auf einet groben Wiese, den aoge-
Bnntiten Btook, woaelbat. et eine weiche, torf-
Bbnlicbe phaae bildet. Denelbe ist in äberens
poikar Hange rorbanden , und in neuerer Zeit
Vt rä.ao bedeutenden Üineral- SchlammUger
ia dar Rabe der Schwefelquelle entdeckt, daJ«
Hvaberg fQr die Folge binreicbend damit rar-,
Hrgt »I. MTs acheint. Aaf der .Wiese »elbst
Vnd der Uueral-Scblamm von tUea gröberen
TbiiUp «QVifiiltic -ganinigt nitd dum täglich
~ 61 —
io die bei den Badehäasern befiodlichen Reser-
Toire gefahren. Aus diesen "wieder in aafRot
len stehende und mit Nummern rersehena Ka;
Bten gefüllt, von denen jeder Badende fSr die
Zeit der Kur seine eigene Nammer behilt la
diesem Kasten wird der Mineral-Schlammi oon
jeden Morgen in einem sehr geräamigen Locale
durch Schwefelwasserdämpfe, unter sorgsamem
Umrühren, bis zur Temperatur yon 28 — SO.GiC
R. erhitzt. So wie' der Badeode in die Bad-
atube tritt y wird der Kasten aus der Erwäi-
mungsanstalt in den zu seiner Aufoahipe be*
Btimmten Baum im Fufsboden des Zimmerf
geschoben und dann mit einem festschlieJseDdea
Rahmen, der an den Seiten mit Leder gepol-
stert und mit den nöthigen Handhaben und Trit-
ten Tersehen ist, geschlossen. So wi* der Ba-
dende die Badstube yerläfst, "Wird der Kasten
heraufgezogen y mit einem Deckel Yerschlossen
und bis zum folgenden Tage bei Seite gesetit.
Die Einrichtung, dafs der Schlamm in traosp^
table Kasten gefüllt und in einem besondisreo
Räume erhitzt wird, scheint mir, besonden
sweckmäfsig und verdient gewifs Tor der, ai
anderen Kurörtern üblichen Einrichtung', nach
\7elcher der Mineral- Schlamm in" feststehende
Wannen gefüllt und in den Badstoben selbst
erhitzt wird, den Vorzug. In manchen aoIcheB
an und für sich schon kleinen Badstuben findet
man 4 bis 5 mit Mineral - Schlamm gefüllte
Wannen, die, wenn der Mineral- Scblanun in
ihnen erhitzt ist, einen Dunst im Zimmer ver-
breiten, der den Badenden höchst lästig wird
und für Manchen gewifs nicht zuträglich aeyn
kann. Es liefse sich vielleicht gegen die io
Meinberg getroffene Einrichtung der Einwarf
machen y daA bei nicht durchaus featechlieftea*
— C5 —
\A«m Babman am den Badekasten, dav Badende
dnrch die ans der Erwärinungsanstalt eindrin-
gende Luft sieb im Bade erkälten Trird; allein
icb kann Teraichern, dafr ich niemaU im Bade
irgend eine Spor von Zoglaft empfunden, noch
Ton andern Badenden irgend eine Klage Gber
aolche gebort habe. Sehr empfehlen »ich die
sn den Schlammbädern in Meinberg bestimmten
Zimmer darch ihre Gröfse und Hohe, die Laft
in denselben ist dabei möglichst rein. In der
Begel gebraacbt der Badende den einmal ge-
lallten Kastea fSnf , seltener sieben Mal snm
Baden, -dann ^rird neuer Mineral-Schlamm ein«
gefiillL Da in Meinberg ein grofser UeberflnCi
an Mineral -Schlamm ist, so fvird der einmal
gebraacbte den Landleuten sofort iiberliefert|
die ihn som Dangen benutzen, nicht aber, wie
an andern, an Mineral-Schlamm minder reiche-
ren Kurortern, in besondern Reservoirs aufge-
hoben, um ihn nach Jahr und Tag nochmals
benutzen so kSnnen, Ob ein solches Aufbe-
wahren des einmal gebrauchten Schlamms und
spätere Wiederbeoutzung desselben überhaupt
xweckmäfsig sey, kann ich nicht bestimmen;
indessen scheint es mir, dafs ein solcher Mine-
ral-Schlamm, wenn er auch eine geraume Zeit,
wie dieses üblich ist, mit Schwefelwasser über-
gössen steht, unmöglich die Wirkung mehr ha-
ben kann, als der frisch gegrabene, da die-
ser noihwendig an flüchtigen wirksamen Be-
standtheilen reicher seyn mufs, als jener, der
durch frühere öftere Erhitzungen bereits seiner
flüchtigen Bestandtbeile beraubt, letztere durch
Uebergiefsen mit Schwefelwasser schwerlich
wieder erbalten dürfte* — Der Meioberger M.
Schlamm hat manches EigenthSmliche , wo-
durch er sich namentlich ron dem Eilsener
Joum. LXXXJV. B.2.8U E
- 66 -^
Schlamm antencheldet. Er ist weit dünner ab
dieser^ tod bräuolic her Farbe, and eothält nach
Brandts (a, a. O.) Untersuch angen keinen freiei
Schwefel und nur Spuren von Hydrothiontaare,
ist dagegen überaus reich an schwefelsaorei
Salzen, namentlich an schwefelsaurem Kalk,
Natron und Kali, so wie an kohlenaaarea Sal-
sen, besonders an kohlensaurer Kalk,- und Talk-
erde, so dafs die DI. Schlammbäder nach Brwh
des mit Recht zu den salinischen Schwefel-
Schlammbädern zu zählen sind, wie ans der
achon erwähnten Schrift Ton Brande» hemw-
gebt, in welcher sich eine sehr iatereaaante nad
gründliche Vergleichung des M«. Schlamms too
Bfeinberg, Elisen^ Driburg und Fiestel bandet.
Der Meinberger U. Schlamm entwickelt. nach
mehrmaligem Gebrauche immer mehr Schwe-
felwasserstoff, welcher sich durch den stärken
Geruch zu erkennen giebt« Diese Entwickehog
scheint beim 3ten und 4ten Bade am stärkitcii
isEU seyn« Brandes erklärt diese Tbatsache da-
durchj dafs eine Zersetzung der schwefelsanreo
Salze durch Einwirkung der organiachea Be-
standtheile und unter dein Einflüsse der Wänns
erfolge, indem sich aus den Sulphaten Sdlphü-
ren bildeten, und dafs aus diesen i wahrselieiB-
lich unter Begünstigung der Hnmussäore, • der
Schwefelwasserstoff sich in steigender Menge
ausscheide. Nach den Untersuchungen .dieses
Chemikers enthielt ein Pfund des einmal er-
hitzten Meinberger SL Schlamms 4614 Grao
Scbwefelnatrium, ein Pfund aber aae einem
Bade, das fünfmal erhitzt worden war, enthielt
15,082 Gran. Wenn fiian die Analyse des Mein-
berger M. Schlamms Ton Brandes mit der Ana-
lyse des Eilsener Schlamms von du Menü rtr-
gleichti so ergiebt sich eine grofse VeiechiedeB-
— «7 —
beit iD dem Gebalte ihrer Bettandtheile, da-
her aatih beide in ihrer Wirkaog verschieden
•ind. Die Meiobi BI. Schlammbäder scheinen io
ihren Wirktingeö milder zu sejn^ werden bes-
ser ireiirAgetoy als die an substanäellem Schwe-
fel reicheren M* Schlammbäder^ und die Mein-»
berger Aerste schreiben diesen Umstand beson-
dert dem grofserett Gebalte an Salzeik fea^^Sie
dürften sich daher besser fdr Personen , die an
Congestioaeiiy besonders nach edleren Org<^nen
leiden, so wie fat mehr reizbare IndiTidaen
eignen als jene, welche für solche Kranke oft
tu erhitzend und anfregend zu wirken scheinen.
Beim Gebrauche der Meinberger dchlammbflder
tottteht oft Trägheit des Stuhlgangs oder Ytus-
atopfnug, die Urinsecretion wird dagegen Yer-
-itlenrt; aU^ das Hantorgan wirken sie sehr er-
regend ^ Teranlassen häufig den sogenannten
fiadefrietkefy tnweileil sehr ptofusd^ säuerlich
riechende, kritische Scb weifsei wie ich in eini-
gen Fällen selbst beobachtete* Während des
Schlammbades wird der Puls rollet, jedoch nicht
Ireqnenter » wie dieses beim Gebraothe der
Schlammbäder in Nenndorf ^) immef def Fall
eejril scdli Die dortigen Aerzte tersicbeHeb in-
dessen, dafs der Puls bei einigen Personen al-
lerdings ftequentet, bei andern aber anch lang-
samer wurde. Ferner entsteht ein Prickeln Und
Jucken in jäei Haut, ein angenehmes Gefühl
ToH Warme, die Haut wird geröthet, die Haut-
wärtfcheil geräthen in Turgescen^ Und bald
bricht ein reichlicher Schweifs, besonders am
Kopfe, aus« Nach dem Bade wird in der Regel
*) Die Schwefeiwasserqaellen za Nenndorf, cbemisrh-
^jfikfllitCh and meHicinisch dargestellt, Toa Dr^ U.
tCaitm and Dr. F. Wöhler, 183^. p. 139.
E 2
• — 68 —
•id stärket Drang com Urinlassen TerspSrt ui
Tial Urio ausgeleert, et entsteht ein Gefahl ^m
Erraattang und Abspannung und grobe NeigOBf
xum Schlaf. Der bereits im Bade aoagebro-
chene Schweifs wird reichlicher, nnd hält Im
gehöriger Abwartung eine Stande lind oft noch
länger an, worauf sich dann das Gefühl fos
Ermattung rerliert, «^ Die Krankheiten, gegss
welche die Meinbjerger Schlammbäder aich heL
sam erweisen, sind dieselben, gegen welche a»
dere Schlammbäder mit Nutien gebraucht ws^
den* Da es sich aber wohl mit Recht annel^
men läfst, dafs der Schlamm, dessen Bestaad-
theile nicht überall dieselben siadf nicht fibersil,
gleiche Wirkungen haben wird, so wäre es an
wünscbeo» daüs genau angestdlte BeohnehbiBp
gen uns lehren mochten, in wiefern die SrhlaiuMr
bäder zu Meinberg den Schlammbädern andenc
Kurorter Torzuziehen oder denselben neffhi»
setzen sind*
Die überaus grofse. Menge Ton Aoftlcniee-
rem Gas^f die zu Meinberg ausströmt, verdieat
Torzüglich die Beachtung der Aerste und Na*
turfprscher. Hufeland *) machte anf dj^sei
Reichthum an kohlensaurem Gase bereits autr
merksam, und äufserte den Wunsch, datt, df^
selbe in Meinberg gehörig benutzt weriea
mochte* Dieser Wunsch ist nun seit einigsn
Jahren in Erfüllung gegangen, da die FfintKch
Lippesche Regierung keine Kosten gescheut l|Bt|
um Einrichtungen mannigfacher Art zur B^
Dutzuog dieses Gasreichthums zu treffen* lieber
diese Einrichtungen bat der um Meinbeff äehr
") Deberfticht der Torziiglichiten HeÜqoeDee '
Uods. 3(» AntU S. 107.
— 69 — ,
YerdienUi Herr Hofralh Piderii in seiner schon
erwähnten Scbrifl aasfiihrliche Nachricht ge-
geben.
Dia Ausströmung des kohlensauren Gases
erfolgt aus dem sogenannten Alt- ondNeubrun-
nen^ und ist so reichhaltig^ dafsiiach eiuer ge-
oaa angestellten Berechnung in der Minute 20
Cub. Fnfs, iq der Stunde 1200 Cub. Fufs und
in 24 Stunden 28800 Cub. Fufs Gas ausströ-
men. Der sogenannte Polterbrunnen fu Fran-
zensbad kann in Hinsicht dieset reichhaltigen
Gasausstromung einigermafsen mitBürinberg ver-
giicben werden, alle andere bekannten HeilqueU
Tan halten aber eine solche Vergleichuog nicht,
ans« Aber auch der Polterbrunnen steht in
Hinsicht des Gasreicbtbums Meinberg bei wei**
fem nach 9 denn nach der Angabe von Osann
und Tromm^dorj^strömen daselbst in der Minuta
nur 4| and in 24 Stunden nur 5760 Cub. Fufs
Gas, also 23,040 Cub. Fufs weniger als in
Uieinberg aus. Auch die Heftigkeit, mit der
das Gas cu Meinberg dem SchooCse der Erda
entströmt, iBt überaus grofs* AI» im Jahre 1801
Bohrrarsuche zur Auffindung einer reichhaltig ^
garen Mineralquelle gemacht wurden, denen der
fatciga Neubrunnen sein Entstehen yerdankt,
entstand, als der Bohrer bis zu 45 Fufs Tiefe
gedrungen war, plötzlich unter einem donner«
ähnlichen Getöse eine furchtbare Explosion von
Wasser und Gas. Der ganze Brunnenplatz
ward so mit Gas angefüllt, dafs ein Arbeitec
betanbt hinstürzte, die übrigen flüchten mufsten ;
Faustgrofse Steine wurden in die Luft geschlen«
dert, und der hervorbrechende Wasserstrahl
hatte, vom Grunde des Bohrlochs an gerechnet,
«ioe H8ba ton 72 Fnis. Nur nach yieiar Mühe
- 70 -
gelang es, ein hBkernes Rohr io das Bohrlodt
eiof qlpsseD, worauf die Heftigkeit der WasHN
ausströmupg qachliefs. Das Gas drang ajNi
nach wie vor mit splcl^er Heftigkeit her?prp
dafs es fortwährend den gaosi^Q Br||Daeii{ilatf
aofUUte und die Bewobaer der ao demselbeo bet
legeneo WoboMDgeo durch dasselbe sehr hell
stigt wurdeoj weshalb der Brunoen bedeckt^
und sein Gasreichthum gegenwärlig in den
Badebause benuUt wird. Wenn man das Gu
durch ein Gasrohr ausströmen ]Hfst| so bemerkt,
man den Strom noch deutlich auf 2Q Fnls
Weite, und er ist noch so stark, dab er auf
16 Fufs Weite ein l<icbt aussublasen rermag^
Durch Seitenleilqngen in das ungefähr 100 Fub
entfernte Badehaus geführt, und durch eigjM.
Ton diesem abgebende und mit fpineo Oeffnua*
gen yersebene ßöbren in die Padewannen gelei«
tetji überwindet das aqs diesen Oeffnnngen her-
Torströmepde Gas den nicht qnbedeutenden Druck
des in den Wannen befindlichen Wassers, nnd
darchströmt mehrere gleichseitig leum Gehraqdi
benutste Bäder iq gleicher Menge, •«-* ein sprs«
chender Beweis von der Heftigkeit und fieich-
haliigkeii , mit der das Gas aus der Erde dangt
Die chemische Untersuchung bat ergaben,
dafs das üleinberger Gaa reines koblensanres
Gas, mit höchstens t Procent atmosphärischer
Luft gemischt^ aber sonst keine Spur Toq 3cbwe«
fei - Wasserstoffgas enthält, |n den oberen
Dnnstschichten des Altbrqnnens ist indessen ein
gröfserer Gehalt yoq atiuospbäriscber Lqft Tor?
banden. Die Temperatur des Gases ist yu ak
len Jahreszeiten dieselbe, nämlich 7^ R,
Die Einrichtungen sqr medicinitcben Ad«
wendupg des Gas^s, welche beinah sämmtlicb
neueren (Jrsprqngs »iod j bestebeq io folgeqdea;
— 71 —
1« DU sogenannten Sprudelbäder. Efa«
holsemo oder steinerDe Waooe, angafSbr ei»
D«n halben Fufs hoch über deo Boden dee
Kimmen berTorrageod und mit Tritten cum
Biniteigen TerseheOf hat einen doppeUen Bq«
deoj Ton denen der obere von Hole und an
rielen Stellen durchbohrt, der notere aber Ton
Stein ist* Zwischen diesen beiden Boden liegt
ein kupfernes y spiralförmig gewundenes, mit
vielen kleinen Löchern rersehenes Gasrohr.
Dasselbe geht an der Seite der Wanne hinab, \
ist durch einen Hahn yerscbliefsbar , and sieht
mit einer der Leitungsrohren, durch welche
dae Gas aus den beiden Brunnen in das Bade*
haus geführt wird, in Verbindung, Die Wanne
wird auf gewöhnliche Weise entweder mit
Meinberger M« wasser, oder mit dem SaUwas»
ser aus der Quelle von Schieder gefüllt« So
wie der Badende in das Bad tritt, öffnet er
den Hahn des Bohrs, worauf das Gas unter
einem stark polternden Geräusche aus den Oeff-
Dungen des zwischen den Böden liegenden Rohrs
und dem durchlöcherten oberen Boden heryor-
dringt, und auf die Oberfläche des Wassere
unsählige Bläschen wirft. Ein solches sprudeln-
des Bad bat die gröfste Aehulichkeit mit einem
Gefäfse mit Wasser, das zu kochen anfängt«
Ein Theil'des Gases wird vom Wasser aufge-
nommen, ein anderer legt sich iri Gestalt fei-
ner Bläscbsn, besonders wenn der Badende ru-
hig sitzt, am Körper desselben an, oder aber
zerplatzt in Bläschen auf der Oberfläche des
Wassers, und bildet, wenn das Gas eine län-
gere Zeit durch das Wasser geströmt ist, eine
deutlich wahrzunehmende Schicht auf der Ober-
fläche desselben. Es dringt sich hierbei nolh-
wendig die Frage auf, ob diese Gasschicht dem
— 72. —
Badeadeo^ äer 8ich mit dtm KopCa dicht ihm
denelbeo befindet^ nicht sachthttlig werdat
könne? Ich aelbtt legta diaai Fraga dan Hai»-
berger Bronneoörzten vor,, nachdaai mir da
Predigetr arzäblt hatte, dab ihm ini Sprodalbada
sehr unwohl geworden aej. Später habe idi
mich indefa beim eignen Gebrancha daa SpA-
delbadea und durch Befragung vieler Badagaita
überzeugt^ dafa diese Gasachicht keine iiblan Za-
falie erregen kann , wenn man nämlich im Bade
Yortichtig und nach Vorschrifl Teifiihrt.' Dar
Prediger hatte, wie er hinterher aelhat einge-
atand , des Guten zu viel gethan, und .dnivier*
tel Stunden lang das Gasrohr bei mhigam Silzaa
im Bade offen , und das Gaa dnrchatrSman ga*
lassen. Dafs sich bei einem so widarainnigaa
Verfahren eine sehr bedeutende Gasachicht aaf
dam Wasser ansammeln mubta^ dio dam ra-
hig Sitzenden den Kopf einnahm ond dia Ba»
apiration beengte , läJat sich leicht bagreifaD.
Da die Wannen hoher als dar Fafabodea
und die Wasserfläche sind, auf welche daa Gas
seiner Schwere wegen niedersinkt, ao ragt dai
Kopf des Badenden an und für sich hedaatead
über den Rand der Wanne herror, ao dab.dia
G.asschicht dem Badenden nicht leicht lästig fsl-
len kann. Findet er sich dennoch durch die-
selbe belästigt^ so kann er, ohne Gefshr der
Erkältung^ die Schultern aua dem Bade her-
vorheben , und wird, da dieselben mit dar Gas-
schiebt in Berührung bleiben, keine Kälte var*
spüren. Für Personen kleiner Statur sind Saa*
sei vorhanden « die in das Bad gestellt werdeOf
auch bedienen sich die Badenden wohl einea
blätterreicben Strauchs, mit dem sie die Gas-
scbicht wegfächeln» Niemala wird aich aber
— 78 —
Ai% Gas in to bedeutender Menge aiif dem
Wnuer antammeln können, daft es gefahrli-
che Folgen herbeiführte I wenn der Badeode
Dor die Yonchrifty den Hahn de» Rohrs mit-
unter m schlieben, befolgt. In jedes BaJ
strömt bei Nrollig geöffnetem Hahne ungefähr
1^ Cub. Fafs Gas in der Mioute, ein überaus
grober Reichthum dieser Bäder an kohlensau-
rem Gase, wodurch sie sich vor allen bekann-
ten Bädern der Art auszeichnen. — Bei eini-
gen der zu den Sprudelbädern bestimmten Wan-
nen findet man Gasdouchen , um den Gasstrom
auf eincelno Theile des Körpers zu leiten. Die-
selben bestehen ans einem beweglichen Schlauch
von dicht geflochtenem Garn, der an das Gas-
rohr, ehe OS in die Tiefe der Waone hina)«-
steigt, angebracht ist, und an dessen Ende sich
eine hörnerne Spitze, die abgescbroben werden
kanny befindet An diesen Schläuchen ist das
Orlaterial, ans dem sie angefertigt sind, zu ta-
deln. Sie werden bei öfterer Befeuchtung und
wiederholtem Trockeowerden am Ende hart,
onbiegsam, nnd lassen sich dann nicht gut hand-
haben. Schläuche von elastischem Gummi
wären wohl zvieckmäbiger.
2. Das Gasdampjbadf in der Absicht ein-
gerichtet, um Wasserdämpfe nnd Gas auf den
ganzen Körper, mit Ausnahme des Kopfs, ein-
wirken lassen zu können, da die Erfahrung
gelehrt bat, dafs bei trockner, untbätiger Haut
die Anwendung von Wasserdämpfen die Auf-
nahme und Wirksamkeit des Gases uugemein
erhöht. Der Apparat zu diesem Gaadampf-
bade besteht aus einem gut geformten , hölzer-
nen, möglichst luftdichten Kasten, in welchem
ein Sitzbrett von veränderlicher Höhe so aoge-
— 7i: — - ..
Dracbt iftt| dar« der Kopf des Baden'deo danh'
eineo Ausschnitt im Deckbrette* desselbeD heiw'
vorragt. Aö diesem AQsschoitt befindet sieh
ein Leder, welches dicht um den Hals anliegt|
und das AqsslrBmen des Gases yerfaiiidert. Der
Kasten hat eioen doppelten Boden, too denen
der obere d(irchlÖ<'hert ist« Zwiscbeq diese»
Boden liegt ein Dampfrohr , inittelat dessen
der Kasten schnell mitDäinpfen angefüIU ^ird*
Das Gasrohr öiTnet sich ^Fufs über dem ober«'
sten Boden im ionern Räumendes Kastens, und
beide Röhrep sind aufserhalb durch Hähno ver-
«chliefsbar; Die vordere ]Bek|eidung des Ka-
stens dient als Thür nnd T^ird geschlossen^ so«
bald sich der Badende niedergesetzt and sein
K<'pf durch den Ausschnitt iq dem Deckel
ausgeschlossen ist. Wenn männliche Kranke
das Gasdampfbad gebrauchen, so ist immec der
Bademeister, bei Tveibtichep Kranken eine Ba-
defrau gegenwärtig, yondeneQ das Dampf«
robr und dann das Gasrohr geoffaet, Uttd-sodei
Kasten gleichveifig oder wechselsweue niijt
Wasserdampf und Gas angefüllt wird, Für den
Uogewobntea hat dieses Einsperren in den- KaN
sten, in welchem er sich selbst nicht belfeif
kanP) etwas Peinliches, was sich aber baldiger-
liert, wenn er mit der Wirkung nn^ eCwas
Tertraoter wird^ und sich durch die gegenwär-
tige Bedienung picht yerlassen fühUt
Dieses Gasdampfbad scheint vor den durch
das Kochen von Säuerlingen an einigep Knr-
Srtern eingerichteten Gasdampfbädern den Vor-
zug zu haben, daf§ bei dem Gasdampfbade in
IVJeinher^ Gas und Wasserdampf nicht; wie
dietf9 bei deq Gasdampf hadern , die durch
- 75 -
Kocfaeo TOD Säuerlingen bereitet werden, der
Fall üt, an eine oder, gebunden sind, und man
daber nacb Belieben bald d«s eine, bald das
andere Agent einwirken lassen kann, und dafs
das Meinbergier Gasdampfbad durch seinen rei-
chern Gasgebalt ^eit kralliger wirkt,
3. Das sogenannte trockne Gasbad i die
älteste Art der Anwendung des kohlensauren
Gases ?u Meinberg, besteht darin, dafs sich
der Kranke den Ausdünstungen der Gntquelle
des Altbrunnens aussetzt, AJan steht Entweder
auf dem Fufsboden der Brunnenbäder, oder
setzt sich aqf die um die Quelle terrassenfor-r
mig angebrachten Bänke. Das Gas afficirt hiev
seiner Schwere wegen besonders die unteren
Tbeile des Korpers, daher hier Vorsicht niWhii;
ist ; denn wenn man sich zu weit in die Tiefe
wagen oder gar auf den Boden - niederbücken
wollte, SQ könnten leirht die gefährlichslen Zu^
fälle, ja der augenblickliche Tod erfolgen. Der
Stand des Gases ist in dem Brunnenbade nicht
immer derselbe; am Morgen und Abend ist er
gewohnlich höh^r als um Blidag, eben so soll
er bei Gewitterluft mitunter über die gewöhn-
lichen Sitze emporsteigen, Dnher ist der Alt-
brunnen unter heslöndige Aufsicht eines War-*
ters gestellt, und nur zu gewissen Stunden des
Tages zur Benutzung geöi^^net. Gewöhnlich
findet man in diesen S(ündeo eioe grufse Menge
Yon Landleuteju nn diescfn Orte versninmelt,
die von deu Ausströmungen des Gases die Wie-
derkehr ihrer Gesundheit hoil'cu. Wer dieseq
Baum nicht besuchen will, kann das trockne
Gasbad in dem zum Gasdampl'bade bestiininten
Apparat, oder dadurch erhallen ;, dafs er svcb ia
— 76 —
eine sam Sprndelbade dlenencle was«erleen
WaoDe %eM, and das bei derselben befindliche
Gairohr ofFoet.
4 Qod 5. Die Gasdouche nnd Gasdampf"
doüche sind in dem Zimmer, in welchem das
GasJampfbad sich befindet. Jene besteht ans
einem ledernen , mit dem Gasrohre in Yerbio«
düng stehenden Schlauche, mit einer messioge-'
nen Spitze und einem Terschllefsbaren Hahn«
Daneben befindet sich ein eben so construirles
Rohr für Wasserdämpfe. Nach der ärxtUchen
Verordnung "wird nun bald der Strom des Ga«
f;es allein, bald dieser wechselsweise mit den
Dämpfen yon dem Bademeister oder der Bade«
frau auf einzelne besonders leidende Tbeib
geleitet
6. Um das koblensamre Gas auch sam
Rinathmen in Krankheiten der Respirationsor«
gane benutzen cn können, hat man in Mein-
berg ein sogenanntes pneumafisc/^«^ Äaftinef eia«
gerichtet. Dasselbe besteht aus einem 14 Fab
langen, 11| Fufs breiten und 13 Fafs hohen
Zimmer mit doppelten Fenstern und Thüreo.
An einer der Seitenwände desselben läuft ein
Gasrohr bis zur Mitte der Decke in die Höhe;
hier krümmt sich dasselbe etwas and ist an
seinem Ende offen. Einige Fuls über dem
Fufiboden befindet sich ein Hahn com Ver-
schliefsen des Rohrs , das an seiner AusmSn»
düng Too einem aus Eisenblech bestehenden
hohlen Kranze umgeben ist, der mit einem
Wasserrohre, welches das Wasser aus einem
höber belegenen Reierroir in denselben leitet,
in Verbindung steht Wird das Wasserrohr
geöffnet^ so dringt das Wasser durch die im
— 77 —
der tinteni Fläche des Kranzes lich befinden*
den feinen Oeffnungen in Gestalt eines feinen
Regeos berfor, und fäilt in ein in der Dlitte
des Zimmers stehendes steinernes Bassin* An-
Xserdem befindet sich in dem Zimmer noch ein
Dampfrohr y durch welches Wasserdämpfe in
dasselbe eingeführt werden. Diese Vorricbiun-
gen dienen dazu» die Luft im Zimmer feucht
so erhalten und so das Gas respirabler und we-
niger reizend für die Lungen zn machen. Das
Gasrohr hat seine Oeffnung deshalb an der
Decke des Zimmers erhalten ^ damit sich das
Gas in demselben allgemeiner ausbreiten k^nn*.
Da dasselbe sich vermöge seiner Schwere in
dem untern Baume des Zimmers allmälig an-
sammelt I so sind für Kranke, die eine weniger
gasreiche Lufl einathmen wollen, erhöhte Sitze
angebracht In Zeit Ton 15 Minuten kann das
Zimmer mit einem Gasgehalte ron 2 Procent
angefüllt werden, und wird derselbe immer ge->
oaa dnrch den Gebrauch eines Gasometers be-
stimmt« Das Zimmer hat aufserdem noch ein
Vorzimmer, in welches die Kranken, um das
Gas dicht anhaltend einzuathmen, sich von Zeit
XU Zeit begeben.
Dieses waren die höchst zweckmäfsigeti
Eiiirichtuugen, welche man zur Anwendung des
kohlensauren Gases in neuerer Zeit in Meinberg
getroffen hat.
lieber die Wirkungen des kohlensauren
Gases im Allgemeinen hat Hr. Hofratb Piderü
in seiner Schrift sehr ansführlicb gehandelt^
and glaube ich mich auf das daselbst Gesagte
basieben so ~
— .78 —
•
AeDfierlith ange'vfeodefy icbeint das lob-M
leoiaure Gas erregend auf die peripherisch« h
Nefren, das Blut und die übrigen Säfle daiw
Körpers einzuwirken und eine* gröfsere Tbä- p
tigkeit in den Secretionen so Teranlasseo« Dab
dasselbe durch 'die Haut absorbirt wird^ erlei-
det wohl keinen Zweifel, indessen erfolgt diese
Absorption rascher und starker, wenn das Gfti
mit Wassjer Terbiinden auf die Ha^t einwirkt
Dieser Erfahrung verdanken das SprUddhai^
das Gasdampf bad Und die Gasdampf doUett
ihr Entstehen; diese Ein rieht angen^ sind dabtr
weit wichtiger^ als die^ welche Atir die Aa-
wendüng des Gases in eine^ mehr trockenea
BeschaiTenheit zulassen« Beide Arten der Aa^
Wendung sind in ihren Wirkungen TerschiedeH
•^ Das Sprudelbad ^ welches ich yerachiedaile
Male delbst genommen haba> wird nnr küUi
2ü 23 --25 Gr. R., angewandt Beim Binlrilt
in das Bad fühlt man gewohnlicli eib FtoatilB,
welches sich aber sofort Verliert ^ sobald | nach
Oeffnung des Gasrohrs , das Gas das Bad n
durchsprudeln beginnt. Es scheibt dann dem
Gefühle nach um einige Grade wärmer ta
seyn^ wahrdcheinlich in Folge- dei^ Reiznnf der
aensitiven Hautnerven durch das Gas« Oafs
das Gaä das Wasser erwärme^ ist durchaus
flicht der Fall| wie ich mich davdti durch soff»
fältig angestellte Messungen mit dem Tfaermo*
meter iibei'zeügt habe* Die Temperatnr des
Wassers blieb wahrend der Dufchstromong dal
Gases tind gleich nach derselben gant dieselbe^
die es nach dem Anlasseti des Bades gehabt
hatte, und hatte auch nach | Stünden^ dei^Zeit
der Beendigung des Bades ^ weder kq- nocli
abgenommen, obgleich in • dieser Z^il diAs fiM
wiederholt aod reichlich das T/V asser durch*
— 79 —
>int hatte, so dab sich höchstens annehmen
.t, dafs das Gas die Temperatur des Whs-
s eine geraume Zeit hindurch crhiilt. Kbeii
W^nig war die Temperatur meines Korpers,
ich beim Einsteigen in das Bad mit dem
die Achsefhöhle gehaltenen Tliermomeler
rS| im Bade^ wo ich die Afeüsung wieder-
Itei Yermindert worden, so daTn ich nicht
übe, dafs das im Bade bemerkte erhöhte
ärmegefühl auf Rechnung einer schnelleren
ttiehung der körperlichen Wärme vermilleUt
I GAses gebracht werden kaiwi. Dieses Wiir-
•gefuhl äufsert sich besonders an den mit
er £arten Haut bedeckten Körperstellen, na-
Dtiicb an den Genitalien^ woselbst es oft in
firennen und Prickeln ausartet. Im Bade
: man das Gefiihl .von ungemeiner Erfri«
UDg Und Belebang^ welches auch nach dem-
beo fortdauert. Die Haut wird gerlSthet^
ih{ die Hautwär2chen gerathen in Ereclion;
Haut dünstet im Bade nicht aus, jedoch er-
§t in der Regel nach demselben ein gelinder
bweiis. Ein heftiger Drang zum Uriniren
rd schon im Bade verKp'drt und nach dem-
beo eine reichliche Menge Urin gelassen.
9 Respiration leidet beim vernünftigen Ge-
luche des Sprudelbades nicbt, jedoch ver-
irt ma&i besonders nach längerer Durchstro-
mg des Gases, einen eigenthümlichen säuer*
^-metallischen Geruch und Geschmack. Der
la wird in dbr Regel toII^ aber nicht be-
ileilnigt« Werden die Gasdurchströmungen
ht übertrieben, so bleibt das Gefübl von Be-
UDg noch lauge Zeit nach dem Bade; im
tgegengesetzten Falle erfolgt aber Erjiialtung.
ät am Abend ein Sprudelbad zu nehmen,
ichte Ich nicht anratben^ da ich gefunden
^ 80 —
habe, dnfs es zu sehr aufregt nnd dann Sch1at>
losigkeit Yerursacht.
Die Wirkungen des ans der Quelle aoi-'
strömenden Gases sind : Erregung eines lebhsf-
ten Wärmegefübls, rerbunden mit Stechen nnd
«Prickeln in der Haut, besonders an der unten
Körperbälfte , und Schweifs. Dasselbe* erregt
immer Slattigkeit und Abspannung; die Be*
schairenbeit der Haut^. der Puls und die Urio-
secrelion Tverden durch dasselbe nicht afißdrt^
und die Wirkungen gehen schneller TorBbert
Die Sprudelbäder g^ebören nach dem Urlheils
Aller, die solche genommen, zu den angenehm-
sten, erfrischendsten und belebendsten Bädero.
-^ Sehr wirksam sollen diejenigen seyn, la
denen man das Salzwasser aus der Quelle Toa
Schieder nimmt. Dieselben regen die Hant
kräftig an, wodurch denn die Aufnahme der
im Wasser befindlichen Salze sehr befordert
wird. Die Aerzte Meinbergs haben Ton diesen
Sprudelsalzbädern treffliche Wirkungen in re-
DÖsen Stockungen gesehen, und dürften sie ia
Fällen der Art gewifs alle Anfmerksamkislt Ter-
dienen.
Welche Heilwirkungen lassen sich Ton der
Kohlensäure im Bade erwarten? Diese Frage
läfst sich, glaube ich, am besten mit dem be-
antworten, was Kreyssig ^) über die an Koh-
lensäure reichen Wasser zu Marienbad anführt.
„Die an Kohlensäure reichen Bäder, *' sagt er,
,^8ind als belebend und stärkend anzusehen,
und besonders da anzuwenden, wo man ent-
weder die Folgen Ton nach Innen gelagerten
*) üeber den Gebraach der Minenlwasser. Ste AuiL
kl
— 81 —
SraoLbeiUpriDcipieo aufheben oder dureb Star-
cong (und, mocbte ich hinzufSgao, durch £r-
"egung) der Haut| die FaoktioDen derselben auf
line höhere Slufa der Yollkominenbeit erheben
and dadurch das gestörte Gleichgewicht .init
3en innern Organen herstellen will« — Sie sind
Dicht nur bei UnterleibskrankeUi um die Circu»
lation des Blutes gleichiorxniger cu machen, so
wie Blutstockungen cu heben uud verhaltene
BluCansscbeidungen wieder hervorzurufen, heil-
lam, sondern sie sind auch bei solchen Uebel»^
Sie anfDyskrasieen des Blutes und derLympho
bernhen, von Nutzen« So empfehlen sie sich
namentlich bei der Gichtanlage, weil sie das
Organ y welches die kritische Ausscheidung zu
ibernehmen bat, stärken und zu gröfserer Tbä-
jgkeit anregen, was bei atonischcr Gicht be-
londers wichtig ist, und weil sie zugleich dazu
beitragen, die Anlage dazu zu verbessern. End-
lich •mpfehlen sie sich in -manchen Nerven*
Übeln,* die entweder durch allgemeine Dyskra*
lieen bedingt werden, wo diese feindlich auf
das Nervenleben einwirken, oder wo letzteres
Rn und für sich geschwächt ist," Hieraus wür-
den sich also die allgemeinen Anzeigen für die
Anwendung mancher der Einrichtungen zur Be-
nutzung des kohlensauren Gases zu Bleinberg,
namentlich aber für die Anwendung der Spru-
delbäder ergeben.
Die Krankheiten, in welchen sich diese
verschiedenen Einrichtungen den bisherigen Er-
fahrungen zu Folge nützlich erwiesen haben,
oder bei denen man Nutzen von ihnen erwar-
ten darf, hat Piderit in seiner Schrift ausführ-
lich angegeben, . Ich will daher hier nur das
anführen, was ich über die Wirksamkeit dieser
Jooni.LXXXiy.B.2.St« F
— 82 —
Eiorichtangen selbst beobachtet, odef durch Mtt-
theiluogen von den Meinberger BruDoenänteo,
dem Hrn. Hofrath Du Piderit ond dein Hern
Physicas Dr. Ktmper, in Erfahrung gebracht
habe.
Das Gasdampfbad vrhi mitunter da ge-
braucht, wo eine grofse Untbatigkeit der Haut
Torhanden ist, die man beseitigen mufs, weas
die Schlammbäder wirksam seyn sollen. Bei
Terscbiedenen Kranken , die die Schlammbäder
gebrauchten, wollten keine Schweifse entstehen;
nachdem aber durch ein oder cwei Gasdampf-
bäder die Haut kräftig angeregt war, fingen sie
nach jedem Scblammbade an, in einen gebori-
gen Schweifs zu kommen. Die Sprudeibädtr
sind dagegen zur Nachkur nach den Schlamm-
bädern sehr zu empfehlen, und passen beton-
ders in den Fällen^ wo der Gebrauch der
Schlammbäder eine grofse Abspannung, Schwä-
che in der Haut und beständige Neigung za
Schweifsen zurückläfst. Sie sind überhaupt da,
wo man nach dem Gebrauche Ton Schwefel-
und Schlammbädern die Haut zu stärken wünscht,
den eisenhaltigen kohlensauren Bädern bei wei-
tem vorzuziehen, da diese nach Hufeland durch
ihren chemischen Gegensatz und ihre contrihi-
rende Wirkung , die durch Schwefel - oder
Schlammbäder hervorgebrachten Hautkrisen stö-
ren, was die Sprudelbäder durchaus nicht thao,
indem diese der Haut den gehörigen Tonus
verleihen, ohne die Ausdünstung derselben cn
unterbrechen.
Eine besondere Beachtung, glaube ich, ver-
dient die Anwendung des kohlensauren Gases
in Fällen von Lähmungen ^ da ich mich wäh-
vead meinet Aufenthalts in Meinberf voa der
I
— 83 —
l/Virksamkeit dieses Mittels io eioigen FäHen
der Art oberseugt habe. Der eioe Fall war der
eines Borschen tod 17 Jahreo , der, nach dem
Berichte seines Arstes , Tor 2 Jahren ein Ner^
Tenfieber gehabt haben sollte , nach dem eine
Läfamnng des Rückens» der Beine, Arme und
■ogar der Augenlider curiickgeblieben war. Nach
Tergeblicher -Anwendung aller nur irgend gegen
Peralj^sis empfohlenen Mittel hatte der Kranke
am: Sommer 1835 ohne Nutzen auch Schwefel-
und Schlammbäder in Meinberg gebraucht. ,Im
SoBuner 1836 war er wieder nach Meinberg
gekommen« Die Paralyse der Augenlider war
gehoben 9 aber ein starkes Schielen Torhanden,
Der Kranke konnte nur liegen^ sich nicht nach
Tom oder den Seiten bewegen« Die Hände
waren nach innen cu gebogen , die Finger la-
gen in den -Händen, die Handwurzeln standen
weit herror, und die Hände konnten nnv durch
aubere Gewalt ausgestreckt werden^ was dem
Kranken- immer schmerzhaft war. Mit den
Ellbogen nnd Schultergelenken konnte keinerlei,
auch nicht die geringste Bewegung ausgeführt
werden* Die untern Extremitäten waren eben-
falls in demselben Grade gelähmt, und nur un»
ter den heftigsten Anstrengungen gelang ei
dem Kranken, ein kaum merkliches Anziehen
derselben cu Stande in bringem Das Gefühl
war in den gelähmten Theilen vorhanden; der
Appetit und die Verdauung waren gut, die
Slublansleemng und der Urinabgang gingen ge»
hörig Tor sich und die übrigen Functionen un-
gestört Hr. Physikus Dr» Kemper hatte diesem
Kranken, da er die Lähmung als rom Rücken-*
marke ausgehend ansah, zuerst längs der Wir-
belsäule blutige Schröpf köpfe setzen lassen,
deoo aber den Gebrauch des Gasdampfbadea
F 2
,— 84 -^
I
Yarordoet. Nach 14tagig«in G^brAncbe deaiil'*'
beo war der Kranke so weil gebeMert^ dab«
sich im Bette aufi-ichten nod den Körper naA
den Seiten hin wenden konnte. Naeh weitetMi
Gebrauche fing die Bewegung in den Schall«» j
gelenken an wiederzukehren, so dafa der Kraa*
ke, obschon mit Anstrengung, die Arme auf dii
Brust zu werfen anfing und Ton da aue aock
wieder zurückzog. Diese Bewegungen ^ hattit
etwas höchst Linkisches, ähnlich denm bei im
Chorea. Gleichzeitig trat eine grolaere Knft
in den Beinen ein, und* er Termochte dieselbei
kräftiger anzuziehen. In der letzten Zeit seia« .
Aufenthalts in Meinberg sah ich diesen Barschsi
einige Male, in einem Wagen ' aitsend| !■
Freien nmberfahren. Durch dUe UnhemitlellhMl
der Eltern mnfste die so viel yersprechendeK»
leider zu fräb unterbrochen werden, nnd dsr
Kranke kehrte, nachdem er 24 Bäder genom-
men, in seine Heimath zurück. Hr« Dr. JCmh-
pcr ertbeilte ihm den Rath, ein fliegendes Ys-
aicatorinm auf das Riickgrath anzuwenden, and
später erfohr ich Ton demselben, dab sich die
Paralyse der Arme bei dem Kranken so sskr
verloren habe , dafs der Kranke seine fiäods
wieder zum Munde bringen könne*
Während der letzten Zeit meines Anfont-
balts in Meinberg kam ein anderer Kranker da-
selbst an, der ein Seitenstück zu dem Tongss
abgab« Derselbe war ein 19jähriger, woUgs-
bauter und ziemlich muskulöser Mensch, tos
Profession ein Schneider. Seiner - Erzählong
nach, hatte er Tor einem Jahre an einem hef-
tigen, 4 bis 6 Wochen Janganhaltenden Schmos
im Nacken n^d obern Theile des Rückens ge-
Utten, fegen den das flüehtif e Linirnsnl, Sat
— 85 —
ben und Blaieopflaster aogeweDcl«! worden
ren and der sich beim Gebrauche denelbe^
auch Torlor. Wahrend der Aboahme der Schmer*
«an bemerkte der Kranke bereits xam öfteren,
dafs er beim Gehen mit der Spitze des linken
Fo/ses anstiefs und dafs sich eine gewisse
Schwäche im linken Arme eingestellt hatte.
Gans allmalig hatte sich nicht aliein eine Tol-
lige Paralyse, der Extremitäten der linken Seite
entwickelt, sondern es waren anch die der rech-
leii Seite gelähmt worden. In das Hospital ei-
ner nicht sehr entfernten Stadt aufgenommen,
batte der Kracke daselbst 7 Wochen lang Ter-
geblicb Leberthran gebraucht und war dann
nach Meinberg gesandt worden. Der Kranke,
den ich am Tage seiner Ankunft mit den dor-
tigen Aorsten besuchte, lag wiü ein Klotx im
Bette, hatte durchaus keinen Schmerz, ver-
mocbte aber die Beine und den linken Arm
gar nicht I den rechten Arm nur wenig zu be-
wegen«. Den Kopf bewegte er ziemlich frei
nach vorn und hinten, so wie nach den Seiten
hin, Yermochte es aber nicht, sich aufzurichten
oder sich auf die Seite zu legen. Bei der Auf-
forderung, die Beine anzuziehen oder die Hand
zu geben, strengte er sich gewaltig an, um der
Aufforderung zu genügen, — aber vergeblich.
Eine genaue Untersuchung der Wirbelsäule mit«
telst Aufschiagens mit den Fingern und Ueber-
binfahrens. mit einem heifsen Schwamm, liefe
Keine besonders empfindliche Stelle entdecken,
auch war die Gegend , wo der Schmerz ur-
sprünglich vorhanden gewesen war, nicht em-
pfindlicher, als andere Tbelle des Rückgralhs«
Die Respiration und Uautwarme Waren natür-
lich, der Puls normal, das Gefühl war in den
gelähmten Theilen Torhanden, jedoch schwä-
— 86 —
eher all früher, der Appetit war gal, SlnU-
und HaroansleeraDg gingen gehörig vor sieb.
Die Krankheit ward als eine in Folge eiaci
Torangegangenen Entsündung des Rückenmarki
oder seiner Häute entstandene Paraplegie dis-
gnoslicirt und beschlossen, dein Kranken -caenK
blutige Schröpfköpfe längs der Wirbelsäule sei-
sen, ihn einige Tage mit Calomel und Jalappt
purgiren ubd dann das Gasdampfbad gebran
eben SU lassen. Am Tage vor meiner AbrsiN
hatte der Kranke etwa acht solcher Bäder gt-
Dommen , durch die er sich bedeutend gestarit
fühlte. Den rechten Arm , der noch etwas be-
weglich gewesen war, konnte er bereits Hl
sur Scbulier hinbringen, und war auch du'
rechte Bein etwas beweglich geworden, so Üb
die Besserung in den zuletzt befallenen Thrilw
zuerst wieder eintrat. Der Kranke hatte aoch
mehr an Kraft im Rücken gewonnen und tsi^
mochte es, sich im Bette etwas hin und her la
wenden. Ob bei diesem Kranken noch eist
grofsere Besserung eingetreten ist, kann ich
nicht sagen, nach dem aber, was er in so ksN
zer Zeit durch den Gebrauch des Gasdampibt*
des gewonnen hatte , läfst sich wohl auf eias
weitere Besserung schliefsen*
Man hat freilich mitunter beobachtet, dab
Paralysen, welche in Folge ron Fiebern mitAf-
fectionen des Gehirns oder Rückenmarkes za-
rückblieben, im Laufe der Zeit, ohne Zuthoa
der Kunst, gebessert werden, wenn nämlicb,
wie dieses wahrscheinlich ist, irgend ein ent-
standenes Exsudat resorbirt wird. Ich glaube
indessen, dafs die in den eben erwähnten Fal-
len erfolgte Besserung wohl nicht füglich auf
Rechnunn; eines solchen Vorgangs gebracht, sob-
. — 87' —
dero allein Jer EIo'mrkoDg des Gases c«ge»
schrieben werden miifs. Daft das* kohlensaare
Gas ein gewifs sehr za beachtendes Heilmittel
in Fällen von Paralyse tej, dafür sprechen nicht
allein einige Ton Piderit in seiner Schrift er*
sähhe Fälle , sondern auch die vielen Heiinn«
gen Ton Paralysen, die in^ Marienbad erfolgt
sind. Manenbad verdankt einen grofsen Theil
seines wohlbegrüodeten Bufeis gerade seiner
Heilkräftigkeit in Läbmuogen , und ist es Ibier
doch wohl die Kohlensäure, der wir diese HeiU
kraft Kuschreiben müssen, da diese in dem Me*
rienbader Wasser überaus reichlich Torbandea
ist, fixe Bestandtheile hingegen nicht vible in
demselben gefunden werden« Fernere Brfah«
mngen müssen freilich erst feststellen 9 in wel*
eben Arten der Lähmung das kohlensaure Gas
sich nützlich erweisen kann , denn dafs es in
allen Arten derselben heilsam seyn sollte, dürlte
wohl mit Becht bezweifelt werden müssen«
Aach in Neuralgieen verdient das kohlen-
eaare Gas beachtet zn werden. Mir ward in
Meioberg eine Frau von 52 Jahren bekannt,
die seit einigen Jahren an einer rein nervösen
Prosopalgie der rechten Hälfte des Gesichts^ die
sich in der letzten Zeit zur unerträglichsten
Heftigkeit gesteigert hatte, litt. Der Schmerz
stellte sich oft bis zu 18 Ual in einer Stunde
•in, dauerte einige Miouten, mitunter auch wohl
eine Viertelstunde, und folgte dem Laufe des
Nerv« communicans faciei. Während des Schla-
fes stellten sich selten Schmerzanfälle ein« Merk«
ifvürdig war es, dafs der Schmerz sich auch
anf die Zunge und zwar nur auf die rechte
Balfle derselben erstreckte und hier gerade am
ynerträ|licbsten war« Die kranke Hälfte der
^ öß -
Zunge tfvar weifslich belegt, die linke Seite
aber reio» Wahrend der Anfalle war dieZuirge
gelähmt, unbeweglich und das Sprechen aebr
erschwert. Die kranke Hälfle des Gesichts war
verzogen. Diese Kranke trank Salzbrunnen uod
nahm Schlammbäder; gleichzeitig wurde aber
auch die Gasdouche in den Bland und auf die
leidende Seite des Gesichts und hier abwech-
selnd mit der Dampfdouche in Anwendung ge-
bracht. Der Erfolg dieser Behandlung war
iiberaus günstig; die Anfälle Terloren an Häu-
figkeit und Hefligkeit und blieben' in der letzr
teo Zeit völlig aus, so dafs die Kranke hoeh
erfreut in ihre Heimath zurückreiste. "— Eben
•o verschwand ein rein nervöser Zahnschinere,
an dem eine Frau seit einem halben Jahre ge-
litten halte, und gegen den vielerlei Mittel ver-
geblich gebraucht worden waren, bei dem an*
l^altenden Gebrauche der Sprudelbäder»
Eine besondere Beachtung verdient die Ad«
Wendung des kohlensauren Gases in verschie-
denen Krankheilen des weiblichen GeschLechte.
Ob man die Sprudelbäder in der ChlorosU deo
Eisenbädern, die zugleich kohlensaures' Gas ent-
halten, wie z* B. Pyrmont, hinsichtlich ihrer
Wirksamkeit gleichstellen darf, wage ich nicht
tu bestimmen, und mufs hierüber die fernere
Erfahrung entscheiden. Meines Dafürhaltens
nach , beruht die Wirksamkeit der genannten
Eisenbäder allerdings mit auf ihrem Eisengebalt,
da die Erfahrung den Nutzen der reinen Lima-
tura ferri in der Chlorose ja hinlänglich nach-
gewiesen hat. Zu leugnen ist indessen wohl
nicht, dafs diese Bäder einen grofsen Theil ih-
rer Wirksamkeit gerade ihrem Gehalte an koh-
lensaurem Gase verdanken , indem dieses ü^^
t -t^XL. '» .
- 89 —
Haut kräftig anregt, cur sfärkeren Abiarption
de» EUens geneigt macht und die Tbäligkeit
des Capillargefiifsftyfltems überhaupt fördert. Es
Jäfat sich freilich nicht nach weiften, dab daa im
Wasfter enthaltene Eisen wirklich von der Haut
aufgenommen und in das Blut übergeführt wird ;
alleio wahrscheinlich ist diese Annahme, beson-
ders wenn man nicht in Abrede stellt, dafs das
Gas die Haut besonders geschickt macht, Saixe
und andere im Wasser befindliche Bestandlbeile
aufsanehmen und in die Blutmasse überzuiub-
reo. Die grofse Wirksamkeit der kohlensauren
fiisenbäder in der Chlurosis mufs daher den bei-
den Hauptagentien derselben, dem Eisen und
dam kohlensauren Gase, zugeschrieben werden«
lo manchen Fällen von Chlorons , haben die
Sprudelbäder, nach den Versicherungen der
Meinbarger Brunnenärzte, trelTllche Wirkan^n
gehabt, jedoch mochte ich bezweifeln, dafs sie
im Allgemeinen das zu leisten Termügeo, was
die kohlensauren Eiseubäder leisten, glaube
aber, dafs sie den an kohlensaur<^m Gase ar-
men Eisenbädern Torgezogen werden müssen.
Das trockne Gasbad und Sprudelbad haben
sich den JVIeinberger Brunnenärztea in man-
cherlei Anomalien der Menstruation äusserst
heilsam erwiesen. Mehrere Beobachtungen von
Fällen zu sparsam fiicjsender oder zu spät er"
scheinender 31enses ^ so wie Yon Fällen allmä-'
lig unterdrückten Monaisßusses, durch verscbie-
deoarfige Ur^nchen yeraolafst, die durch die
Anwendung des kohlensauren Gases iu Meio-
berg geheilt wurden, sind mir von den durligen
Brunnenärzten initgelheilt worden. Ganz Tor«
treiTUche Dienste leisten die Sprudelbiider in
Fällen schmerzhafter Menstruation, und mir
~ 90 —
selbst siod zwei Kranke iet/Ltt bekannt g&vm*
den, die tod diesem Leiden in Meinberg h%»
freit wurden. Die Frauencimmer, beide in d«a
zwanziger Jahren, hatten von der Zeit des Er-
scheinens des MonaUfluftses an, während jeder
Periode die heftigsten Schmerzen, mit Erbre«
eben und andern heftigen Zufallen begleitet, ge-
habt. Beide gebrauchten die Sprudelbäder ond
tranken das mit. kohlensaurem Gase geschwän-
gerte Salzwasser Ton Schieder. Bei
stellte sich der Monatsflnfs nach einem
chentlichen Gebrauche der Bäder ohne alle Be«
schwerden ein. Ob diese anscheinei^den Hei-
lungen, in beiden Fällen Ton Daner gewesen
sind^ Terroag ich nicht zu sagen, allein deo
Meinberger Aerzten sind nicht allein Terschie-
dene Beispiele von dauernden Heilungen der
Art bekannt geworden, sondern ihrer Versi-
cherung nach ist kein Krankheitsz ästend dieser
Art Torgekommen, der nicht wesenlKch gebes-
sert wurde» Einige Fälle worden Ton ihnen
auch beobachtet y wo durch schmerahafle Men-
struation und gestörte Function des Genitalner-
Tensystems Sterilität veranlafst wurde, die nach
Hebung des Krankheitszustandes darch dae
Sprudelbad ebenfalls gehoben wurde. — Bei
zu reichlicher und häufiger Menstruation erfor-
dert die Anwendung des kohlensauren Gases
gewifs Vorsicht, und ist es bei manchen Fraaen-
zimmern, welche die Sprudelbäder gebrauchen,
nicht selten , dafs der Monatsflafs Tor der .be-
stimmten Periode erscheint. In der Leukorrhoe^
die auf einer Schwäche der Schleimhaut der
Sexualorgane beruht, hat man das Sprudelbad
mit gleichzeitiger Anwendung der Gatdouche
im Bade heilsam befunden. — > lieber den Muz-
sen des kohlensauren Gases in verschiedenen
— 91 —
KrftDkheil0D der SiDneswerkzeuge hat ^sich JPi*
derit in seiner Schrift aosgesprocheo. Mir ist
our folgendler Fall besonders deshalb interes«*
sant gewesen, weil Fälle der Art oft sehr
sciiwer zu heilen sind, iind hier eine völlige
und schnelle Heilnng durch die Anwendung
des kohlensauren Gases zu Stande kam. Eine
Frau von 47 Jahren* litt seit 2 Jahren an hef-
tigen Schmerzen in dem linken Sinua frontalis,
wobei ein gelblicher übelriechender Ausflufs aus
der Nase Torhaudeo war. Der Ausflufs er-
folgte meist aus dem Nasenloche, mitunter auch
aus der Choana. Die Schleimhaut der Nase War
to Verschwärung übergeganj^eu« Mehrere Aerzte
hatten Terschiedenartige Mittel und zum Theil
sehr angreifende Kuren vergeblich versncht*
Auf Aortthea des Hrn. Hofraths Cansbruch in
Bielefeld war die Kranke nach Meinberg ge-^
kommea, um daselbst die Gasdouche zu ver«
suchen. Die Kranke führte das halbgeöffnet«
Gasrohr in das linke Nasenloch und liefs das
Gas so lange einstHJmen^ als sie den Athem
•Dhalten konnte. Nachdem dieses drei Tage
lang wiederholt geschehen war, fing der Aus-»
flafs an abzunehmen, ward geruchlos und horte
nach dreiwöchentlicher Anwendung völlig auf.
Dar Schmerz in der Stirnhöhle nahm, so, wia
der Ausflufs geringer wurde ^ ebenfalls ab, und
versicherte mir die Frau vor ihrer Abreise^ dafs
derselbe völlig aufgehört habe. In diesem Falle
war die krankhaft ergriffene S^chleioihaut der
Stirnhöhle allen andern örtlichen Mitteln unzu-
gänglich gewesen, daher das Mifsliogen der Be-
mühungen verschiedener Aerzte; nur das Gas
wirkte topisch ein und brachte die Heilung zu
Stande. — Ich glaube, dafs das Gas überhaupt
im Stockschnupfen, herpetiacheitf Ausschlage ia
•- 92 —
der Nase, so wie im ObrenfloiM alle Anfmerk*
f^amkeit yerdieot, und dafs dio durch letzteren
bedingte Schwerhörigkeit ia manchea Fäliea
sehr durch dasselbe gebessert werdep kann.
lieber den Nutzen der Einathmung des
kohlensauren Gases in dem oben beschriebetoea
pneumatischen üabinet habe ich keine Erfah«»
rungen sammeln können^ Da dasselbe erst im
Jahre 1835 eingerichtet worden ist, so ist es
auch wenig benutzt worden, und es fdhlt dea
Ueipberger Aerzfen daher auch noch an Erfah*
rungen über diese Anwendungsart des Gases.
Wenn sich die Anwendung dea koUensao«
ren Gases für die Folge so bewähren sollte^
wie sie sich in Meinberg im Allgemeinen be»
währt hat , so wird dieser Kurort gewib sehr
bald , seiner trefflichen Einrichtungen wegen,
seine frühere Celebriiät wieder erhalten. Recht
▼iele Erfahrungen müssen aber erst gesammeU
, werden y um bestimmen zu können, wo das
Mittel nützen kann und wo nicht, und steht su
hoffen, dafs die Mein berger Bruonenärzle recht
häufig den Aerzten die von ihnen gemachten
Erfahrungen mittheilen werden, um dieselben
in den Stand zu setzen , selbst bestimmen eu
können, io welchen Fällen sie von den Mein«
berger Einrichtungen Nutzen für ihre Kranken
erwarten dürfen oder nicht« Dafs dieselben in
yielen Krankheiten äufserst wohlthatig seyn
werden , davon bin ich überzeugt, und war es
diese Ueberzeugung, die mich zu der obigen
Mittheilung yeraniafste.
Sehr zu bedauern ist es, dafs es Meinberg
an einer kräftigen Mineralquelle gebricht« Das
eigentliche Meinberger Wasser, das aus dem.
-^ 93 —
JIU*. tni NeobrüDneD entipringt ,* ist ein erdige
saiiniscber Säuerling^ ^er dem Herster Wasser
Dabe kommen soll. Derselbe "wird vorzüglich
EQ Bädern benut;ßt. -— Eine Viertels4uDde too
Meioberg befindet sieb eine Scbwefelquelle, di^
hinsichtlich ihrer festep Bestand theile nach
Brandes mit den Scbwefelwassern von Eilsen
und Neondorf viele Aebnlichkeit haben soll, an
Schwefel wasserstoflPgas abe^ .weit ärmer als
diese ist* Am nächsten soll das ^Wasser dem
Ton Fistel kommen. Man benutzt dasselbe sa
Bädern und Erbitzung der Schlammbäder.
Andertbalb Stunden yon Meioberg be6ndet sieh'
in dar Nähe ron Scbieder eine Salzquelle, die
in ihren Bestandtheilen , besonders ihrem Ge-
halte an salzsaorem und scbwefelsaurem Natron
und salzsaurar Bittererde nach Brandes viel
Aehnlicbkeit mit der muria tisch « salinischen
Quelle zu Pyrmont und dem Kissinger Ragotu
haben, aber weniger Kohlensäure als diese
'Wasser entbalten soll« Um diesem Mangel ab-
sabelfen , wird das angefahrene Wasser in ein
steinernes Reservoir gebracht, und aus diesem
iD einen im Altbrunnen befindlichen Trinkstein
geleitet* In diesen Trinkstein mündet ein Gas-
rohr so ein, dafs es den Boden desselben durch-
bohrt und durch einen Brausekopf das Gas durch
das in dem Steine enthaltene Wasser durch-
eprudeln iäfst. Durch diesen Vorgang soll das
Wasser gleiche Volumina an Kohlensaure auf-
nehmen und so den genannten Wassern
gleich gemacht werden. Im Winter soll das
Wasser besonders reichlich Kohlensäure auf»
pehmen, und wird es dann auf Flaschen gefüllt
Qod zum Gebrauche aufgehoben. Das ron
Schieder angefahrene Wasser wird viel zu Bä-
4«rii| BamentUch zu Spmdelbäder0| benatzt;
I •
I
fördernd«
1
— 96 -i
IV.
Medizinisch-praktische Beidräge.
Von
Dr. Carl August Tott,
fnktudieiii Ante und Wnndarzte zu Ribnitz im Groüi;-
berzogthopie MecMeobarg-Sobwenn.
BinigM Falte von Durchlöcherung des Magene
(Gastrobrosis) *).
1. Gastrobrosis spontanea und zwar uZce-
rasm. Im J. 1816 sah ach einoD 36jähr. Tagelöh-
ner ärztlich behandeln^ welcher seit laDgerZeit
an dytpeptischeii Beichwerden^ AofstofteD, Uebel«
keit, Erbrechen I öftern Durchfällen, Drack im
Megea nach aem Genuste tod Speisen und
**) VgL „Sehneller Tod darcb spontane DardilÖcheniiig
des Ifsgens herbeigeföhrT^ too Dr. S, B. Becker \m
Jeoni. d. f»r. Heilk« Bd. LXIY. 8t 3« S. 3. -* 8t, 4.
S» §7. — ^ 8i. & & 13»
I •
— 9G —
GetrHokeo, Edterodyoe, ja formlichei' Kolik, »1
\?ie sugleicb an einem bald bohrendeD, bali]
stecbenden^ breoDeDden Schmerze im Kopfi^
unter dem Scheitelbeine rechter Seite, gelitin
hatte. Von der Idee ausgehend, dafs dieQaellt
dieser Beschwerden in anomaler Gicht zu lO"
eben sey, hatte man dem Kranken Antarthrtlkt
mancherlei Art Terabreicht, ohne auch nur im
geringsten eine Aenderung in dem Kopfabd
bewirken zu könoen. Das AbdominalieideD
hatte den ihm entgegengesetzten krampfstiUen-
den und bittern Mitteln eben so getrQtzt, «ris
das Kopfübel der spätem^ wiederholtep AppU-
cation Ton Blutegeln, w^elche aO' die achohef*.
zende Stelle gesetzt wurden. Eine syphilitische
scabiose Dyskrasie oder sonstige Ursachep «rei-
che das- eine oder andere Uebel oder beide IQ-
gleich hätte erzeugen könfaen, wä)r darchaos j
nicht zu ermitteln, und es gingen Jahr und Tag ^
unter der Behandlung ohne allefti Notsen ni^
nur dahin ^ sondern das Unterleibsübel Ter-
schlimmerte sich sogar und setzte fast gar nicht
mehr aus. Am Kopfe, da wo der Schmers ei»-'
pfunden wurde, zeigte, sich aber nur ein« W^
senartig anzufühlende Geschwulst, als wenn,
ein Eiterdepot zwischen den Kopfint egnmenten
und dem Scheitelbeine sich gebildet hätte ;^ ein
Druck mit dem Finger drängte die Geachnvolst
in die KopfhShle hinein, so dafs eine forralicb
runde Vertiefung, über welche die nmgebendea
Theile hervorragten, zu sehen und ab SOntL
gleichsam dieser runden Vertiefung ein harter,
unebener Rand zu fühlen war. ' DaCs' diäter
Rand und die Möglichkeit , die Geschwidst in
die Tiefe zu drücken, so dafs eine flachrttnde
Grube ron der GrÖfse eines yiergroach^aptncfcs
entstand | auf eine Oeffnnng ibtScbädel »dttito-
— 97 —
feni lag klar am Tage und wardo noch deoN
licher dadurch^ dafs der Kranke, wenn man
etwas stark druckte, schläfrig wurde und gelinde
flickte y der za dem Drucke benutzte Finger
aach ein Pulsiren, ein Klopfen der Hirngefafse^
'foder die anf- und absteigende Bewegung des
Gehirns) wahrnahm. Es wurde beschlossen, in
die Geschwulst einen Kreuzschnitt zu machen
und dann zu überlegen, was weiter zu thun sej*
Der Schnitt wurde^ ohne Störung, für den
Leidenden, vollzogen und ein Eiterdepot ent-
deckt. Nach behutsamer Entfernung desselben
seigte sich im Scheitelbeine, wie vermuthet,
eine cariöse runde OeiTanng Ton der Grofse
eines Preufs. Viergroschenstücks, mit unebenem,
ausgezacktem, angefressenem, cariüsem Rande^
die harte Hirnhaut aber noch unverletzt. Eine
Entfernung dieses Knochenrnndes mittelst Ope-
ration, um dadurch eine runde Wunde, wie bei
der Trepanation, zu erhalten , wollte sich der
Kranke nicht gefallen lassen, und es wurde der
cariosa Knochenraud daher mit Phosphorsäure
und Sabinaaufgufs verbunden , die OeiToung
ganz. einfach und lose mitCharpie bedeckt, um
sie gegen Luft, Druck und Schmutz zu schützen,
und der Kranke zugleich höchst antiphlogistisch
behandelt, ihm dabei aber sehr nährende Kost
gereicht. Der Kopfschmerz war seit Entfer-
Dung des Eiterdepols verschwunden. Ehe aber
noch in dem Rande der Schädelöirnung eine
bedeutende Veränderung herbeigeführt werden
konnte, starb der Kranke plötzlich unter hefti-
gem Erbrechen und allen Zeichen einer durch
nichts zu lindernden und in Brand übergegan-
genen Gastritis«
,louro. LXXXiy.B.2.St. G
— 98 —
Die Leicbefiodroaog ergab TSIlige lotegrU
der Schädel« bi» auf die carioee Slelle, so im
auch völlig normale Beftchaffenheit des Gehirn^
seiner Häute und Gefafse; der Beinfrafs kaüi
die oberste Lamelle des Scheitelheios ergriffisii
die innere dem Gehirne zugewandte Fläche die*
868 Knochens war ganz gesopd; in der Bms^
höhle keine Abnormität zu finden. In der Baach-
hohle zeigte sich die Ursache des Todee« iiäni-
lieh eine Ansammlung Ton Speiseresten, wd*
che durch eine Oeffnung im Magen in das C%-
Tum abdominis entleert worden waren' nnd Hit
Entzündung und Brand, deren Spuren in be>
deutendem Grade in die Augen fielen, eneogt
hatten. Diese Oeffnung befand /sich jän* der
vordem Seite des Magens, in der Mitte desssl-
ben, hatte die Grobe eines PrenOs. AcbtgttMche^
Stücks, einen zerrissenisn , nicht glatten ead
scharfen Rand und war von eineni etwas schwie-
lig anzufühlenden, sonst nicht abnorm gefarfaMh
Saume umgeben. Uebiigens war der Miges
ganz natürlich beschaffen, so auch die Gedmi*
und übrigen Baucheingeweide. Auf jeden Fall
war der Tod durch eine Zerreibnng der Titf»
dern Wand des Magens und durch EntleMMg'
seines Inhalts in die Bauchhohle, wodurch En^
zündung und Brand entstanden, erfolgt.
Es fragt sich nun, ob dieee in Rede a!»'
bende MagendurchVocherung , ausgegangen' wm
aufgehobener Göntinuität der Magenhänte« doch
das heftige, vielleicht krampfhafte Eibieckee,
also durch eine mechanische Ursache eDtstaal-'
den war — ob wir es also mit einer RuMDa
a causa mechaniea zu thnn hatten, oder ob «A
Perforation durch innere djrnamische, im Ch^
ganismus gegründete Kienkheitssosliiilde tik-
— 99 —
I
aolafst worden war. Ich fit meineo Theil
glaub« mehr ao die zuletzt genantste Eotste-
buDgsart des Uebels und zwar durch eipe. un-
erkannte Dyakrasie, weil eines TheiU auf sol-
che Art nur die Genesis des zugleich bestehen*
deo Beinfrafses im Schädel zu erklären ist, und
andern Theils, weil sich im Ui^fange der Oeff-
nung im Magen eine schwielige Härte wahr-
nehmen liefs/die sich allmälig in die natürlich
beschaffenen Magenhäute verlor. Höchst wahr-
scheinlich war durch Ablagerung irgend eines
Krankheitsstoifes^ vielleicht eines syphilitischen
oder tcabiosen, auf die nachher durchlSohiten
Stelleo ein chronischer localer Entzündungsztt-
tland hervorgerufen worden und in Folge des-
••D Garies im Schädel , Verhärtung und Exul-
ceration iqi Magen, wodurch die Oeffnung im
Schädel, so wie die Zerreifsung der schwären«.
den Stelle im Magen herbeigeführt wurde. So
lange der Entzüodunga-p, Verfaärtungs- und Ex-
olcerations-Procefs im Magen bestand^ hatte der
ILranke an dyspeptisch/en Beschwerden aller
Art gelitten; mit ZerreiTsong der desorganisir-«
ten Stelle erfolgte Ergufs des Mageninhalte in
die Baochhohle^ Entzündung und Brand«
■ —
2. Gastrobrosis per accidenB nach Beckerm
a) Gastrobrosis traumatica. Eine Tagelöhner-
fran, hoch in den dreifsiger Jahren, stach sich
(es blieb unausgemittelt^ aus welcher Ursache?
TieUeicht, da sie Trunkenhold war, im Zorne)
ein ]|anges Brod^ies^er in die Herzgrube, so
dafs dasselbe, wie die von einem Wundarzte
meines damaligen Wohnorts vorgenommene Un-
tersnchung mit der Sonde lehrte, die vordere
Magenwand durchbohrt hatte unid in die* Ma* .
MAhöbid gedrungen war, ,Der Blutverlust war
G\2
— 100 ^
nicht sehr hedeatend, da dta Verlotsmig lii
Mitte delr vordem Magenwand gatroSen' hatti,
welche our mit feinen Aasten dar artaria coro*
naria yarsahen ist. WiedieWanda bahanddt
warde, darüber habe ich nichts ar£ahran; atr
so viel ist zu meiner Kenntnifs gekommen, dab
die Verwundete, obgleich die Speisen aas d«
WundolFnung heraastratan ^ dennoch mehrai
'Monate, freilich in einem höchst kläglichen Za-
staode, lebte und zuletxt an völliger AostelK
ruog starb. Die Section nnterbliab, würde absr
wohl weiter nichts, als eine Oeffnnng im He-
gen, vielleicht mit Extravasaten in der Baock
höhle , Entziindang im Umfange der Oei&Nng
und andere Zufalle der Verwandang nacbgs»
wiesen haben. Au NervensufäUen oder ent-
ztindlichen Affectionen battd die Yarlatila ksi
Lebzeiten nicht gelitten.
V) GasIroWosis venenaia a* foxieom Eis
Dienstmadehen , welches beim Reinigen ' eiasi
Kanfmannsladens aus einer mit Oleum VitiioS
gefüllten Flasche, in der sie Branntwein vsr-
muthetei einen guten Schluck genommen haHs^
zeigte alle Symptome einer acuten Gastritis
und wurde dem gemäfs auch behandelt* Die
Symptome der Entzündung schwanden swaTf
aber es entstand eine Oeffnung nach aaÜMn im
Magen, welche sich, unter fürchterlichen Qos-
len der Vergifteten, immer mehr ond mehr
vergröfserte und in sechs Wochen dem Laben
derselben ein Ende machte. Leider vmrda die
Section nicht gestattet.
2. Erfahrungen über den Kettemourm (Tae*
mia cucurhitima)^ Bereits in Ca$per*s lyocbaa-
aehrift für die geiammte Hailkttiida» Jahrg aag
- 101 -
1834. Haft i, liabe Ich den Fall ^d«* Illäd-
cfaens nitgetheilt, io vrelchem es mir felaog,
durch daa Extractnm Filicia maris aetheream
einen Kaltenffurm abzutreibeo. Dieaes Miltbl
bewies lich nua aber aacfa zur Ablreibaeg einea
Bweileo Exemplars dieses Wurmes bei demsel-
ben jnogen Mädcheo , das ich drei Vierteljahre
nach EntfernuDg des ersten Wurmes wieder in
die Kar bekam, nicht nur nirksam, uod es hat
■ich nie nieder eioe Spur von Ba&dwunnsglie-
dera bis jetzt gezeigt, sondern befreite auch
noch eine kraoke Frau tod tyrti Ezemplareo
der Taenia cucurbitiaa. Diese, einige Ewanaig
Jahre alte Frau, welche wegen einer Menge
Krampfbeschwerden , die man beim Abgänge
TDD Bandwurmsgliedern toh diesen ableitete,
tnit vielen Antheluiinlicis ( Compositionen der
alten Scbule, dem JVw^erscben, Htrrmschwand-
echen nnd andern Jlliileln) Ton zvi-eien Aerzten
behandelt worden war, ohne dafs, was doch
auber der Zeit der Kur geschah, wahrend der
Behandlung des einen Arztes auch nur ein Frag-
ment -Ton Bandwurm abging, bei der Verord-
snag des andern Arztes mehr als unbedeutende
Glnder entleert wurden, und ohne dafs die Be-
aehwerdea auch nni im geringsten Grade ab-
I
Ich gab Abenda am 9 Uhr , nacbdem ich
«ine karge Mittagsmablzeit hallen und gar nicht»
bslle geniersen lassen : Rec. Extracli FiUcis mar.
B«lberei gr. xxx, Pulrer. Kadic, Filic. maris q.
I. ut r. pilalae Nro. xxx, consp. PnWere Cin-
tikmami, D. s. Abends um 9 Uhr 15 und eben
M viel nm Üj Ubr nehmen zu lassen. Um 8
CAr da» darauf folgenden ftlorgens liefs ich drei
all* halbe Stunde eine Uuze Infus. Seo-
— 102 —
vae compositain verbranchefa^ tid4 iiin |0 übr
Vormittags war schon ,eioe grobe Qlooge Bafei-
warmglieder abgegaogen«
Nach ^ dreien Tagen antersuchte idh dii
Bandwurmgliedert konnte aber^ trbts der loif-
« fältigsten Nachforschung mit eine»^ Loupe» dsi^
noch nicht das Kopfende d$s Wurmea aufli»-
den , obgleich das Halsende dentlicb Tor Angei
lag. Ich setzte dieserhalb zwei Tage lang Je»
des Arzneimittel 'bei Seite, g|ib darauf abeiv
um das etwa noch zurSckgebliebene Kopfenda
abzutreiben, Abends 6 Efsloffel toU Öleqm Bi>
cini und Tags darauf ein Decoctum CorücisBa-
dicis Punicae Granati (unc. jj. Wurxelrinde nSt
Pfd. jjr Wasser bis auf Pfd. j. Colatur), woToa
ich jede halbe Stunde den dritten Theilneb-
men liefe. Dessen ungeachtet zeigte sieb keia
Wurmstück mehr.
■
Da ich jetzt annehme^ zu miisseD gTanlitSi'
dafs die fortdauernden Abdominalkrampfe dar
Frau ihren Grund nur in erhoheter EiDpSad«
liebkeit der Unterleibsnerren hätten, und dieie,
trotz entfernten Causalmoments , des Bandwnv*
mes, wohl nur als habituell gewordene Nerreo-
Terstimmung, wie dies so oft bei Krämpfen tod
materiellen Ursachen der Fall ist, fortdaaeifeni
so gab icby um diesen auf die AbdominalneireD
gemachten Bindruck zu erlSscheo vnd zugleich
die Digestionsorgane zu stärken^ Antisj|»asoH>Aei
in Verbindung mit bittern und wurmtreibendei
Mitteln , so dafs dieselbe ein halbes Jahr bog
Aicht klagte.
Doch allmälig stellten sich die alten Be-
schwerden wieder ein, und die Frau rerlor is
Terschied^nen Zeiten wieder Bandwuimj
^ 103 —
Eid etwa dre! Vierteljahre oacli der ersteh Kur
wiederholter Gebrauch der oben genanDten Mi«-
»chuDgen (der Farrnkrauteittract- Pillen und des
laxirenden Infusums) hatte abermals Abgang
eines Kettenwurmes Ton 4 Eilen Länge zur
Folge (der erste, war etwas kurzer) ; doch trotz
der sorgfältigsten Untersuchung konnte ich auch
jetzt das Kopfende des Wurmes nidbt finden.
Der Name Taenia sollum gebührt dem Kelten-
warme also nicht mit Recht ; denn in dem Falle
des früher behandelten Mädchens war ron mir
ein Wurm mit dem Kopfende abgetrieben wor«
den, und deAnoch entfernte ich drei Vierteljahre
später noch einen zweiten Wurm derselben'
Art Ton mehreren Eilen Länge ^ die auch der
erste hatte* Alan wird hier einwenden: der
sweite Wurm habe mit dem ersten nicht zu-*
gleich existirt, sondern sey nur nach Entfer-
nung des ersten entstanden, weil die Disposi-
tioD zur Wiedererzeugung eines zweiten Wur-
mes nicht gehoben worden sey. Dagegen er«,
widere ich , dafs zur Hervorbildung eines zwei-
ten Wurmes aus derDiathesis helmintica wobt
ein längerer Zeitraum , als der von drei Vier-*
teljahren, erforderlich gewesen wäre, weil sonst
der Wurm 9 wenn ihn Leute , die nuir wenige
Glieder desselben Terlieren, Jahre lang bei sich
trogen , Wohl länger seyn mäfste , als er ge«
wohnlich ist, -<- ein Beweis, dafs viele Zeit
dazu gehöre, ehe er zu mehreren Ellen wieder
anwächst Die Kurregel, unbedingt das Kopf-
ende des Wurmes abzutreiben^ um die Reprb-
doction desselben zu verhüten, ist wohl, wie
aoch schon ändere Aerzte bemerkt haben, nicht
so streng zu nehmen^ denn bei dem in Rede
stehenden jungen Mädchen trieb ich den zwei-
ten Wurm ohne Kopfende ab, und dennoch hat
^ 104 —
sich me wieder eine Spar von BandwarmgUe"
dem oder irgend eine auf den Wurm hinde«-
tende Beschwerde gezeigt. Ob nach Eotfer-
nnng des zweiten Wurmes bei der letxtes
Kranken, der, wie der erste, ohne Kopfende
abging , keine Glieder mehr abgehen werdeD,
wird die Zeit lehren. ' — Bleibt die Fran toi
Beschwerden frei, und gehen keine Wnrmglte«
der mehr ab, so ist es ausgemacht, dals der
zweite Wurm nur durch Reprodnction das nicbC
ganz abgetriebenen ersten entstanden, oder aoch
wirklich ein zweiter Wurm vorhanden gewe«
sen sey. Sicherer bleibt es also hnmer, mit
jedem Wurme auch den Kopf abzutreiben« weil
man dann gewifs sicher ist, dafs derselbe Worm |
sich nicht wieder erzeuge, sondern ein xweittr \
Wurm, wenn ein solcher sich ankündigt, enU j
weder neben dem ersten bestand, oder sich die
Glieder an das Kopfende wieder ansetzten, was
nach meiner Meinung aber immer erst in län»
gerer Zeit geschehen kann.
3. Ueher die Wirkung der Radfsc . CaÜH
cae als Hydragogum. Den ersten Versuch mit
dieser Wurzel machte ich bei einer Schiffer-
frau, welche an Hautwassersucht litt. Das aua
unc. jj. Radix Gaiucae und unc. XTJjj. Wasier
zu unc. }x. Colatur bereitete Dekokt, dem ich
*noch unc. j. Syrupus Flor. Aurantii zusetzte^
bewies sich nicht nur in Bezug auf die Haut-
Wassersucht, sondern auch in Bezugs auf sa-
gleich bestehende hysterische Beschwerden, bei
welchen ich die Wurzel übrigens nur . für ein
Nebenmittel halte, höchst hülfreich, indem die
Wassersucht ganz dadurch beseitigt wurde« die
hysterischen Beschwerden aber sehr an Inlen«
^ 105 —
8it3tt Bboabmeo , seitdem das Mittel die Harn*
excretioa sa yerstärken anfing.
Bei einem 'Fischersohne , der spüterhin an
Langenscbwindsucht starbt bewirkte die in obi^
ger Form gegen Haut- und Bauch Wassersucht
angewandte Cainca würzet eine starke Diuresa
(Abgang Ton wohl 10 Berliner Quart Harn);
doch war hier der Gewinn nur ein temporä-
rer: denn schon nach einigen Monaten war al-
les Wasser wieder angesammelt^ und kein Mit-
tel Termochte den Tod abzuwenden, der durch
Schwind- und Wassersucht zugleich erfolgte.
Auch nicht einmal temporären Nutzen sah
ich TOD dem Caincawurzel - Dekokt hei einem
achtjährigen Mädchen, welches an Hydrops as-
cites in Folge organischer Leberfehler a causa
acrophnlosa litt; doch hier hätte auch kein an-
deres Mitlei geholfen, und die Kranke starb«
In yielen anderen Fällen von Haut- und
Brustwassersucht leistete mir das Dacoctum Ra-
dicis Caincae zwar auch nur Toriibergehenden,
aber noch immer gröfseren Nutzen , als jedes
andere Actihydropicum ; nur bei Uydrothorax
tbat die Digitalis mehr« Oft wirkte das3iittel^
statt auf die Harnorgane^ was auch ^pitta in
Rostock bemerkt haben will, auf den Darm-
kanäl, in welchem es, mit oder ohne Nutzen
für den Kranken , gelinde die Absonderungen
vermehrt; Schweifs habe ich auf den Gebrauch
dieses Mittels nie erfolgen sehen •
Radikale Hülfe schaffte das Mittel bei einer
Bauerfrau, welche in Folge eines lange bestan«
denen und von mir endlich geheilten Wechsel-
fiebers Oedem der Füfse bekam, weldies all-
mäUg in allgemeine Uautwassersucht überging«
— 106 —
Da die Fraa seit JaIikd mil Djfpooe and
Scbleimhoaten zu kämpfeD gehabt halte , gab
ich ein CaiocawurseU Dekokt too nac. jz mit
dr« }jj Tartarus boraxatus, am, Yreap das Was-
ser blos in Folge des lange bestandenen Wecb-
selfiebers sich in der Haot angesammelt hätte,
radikal 9 wenn es aber auch in der Brusthöhle^
in Folge ihres längern Brustleidens , Torhanden
wäre, durch Verstärkung der Diurese wenig«
stens pallialir zu wirken. Erst nach einem
halben Jahre, als ich zu der Frau wegen Aath-
ina spastico-pituitosum geholt wurde, erfahr
ich, dafs die hydropischen Anschwellungen dent
dreimaligen Gebrauch der ojben genannten, mit
Tartarus boraxatus yersetzten CaincawnrzeI*Ab-
kochung (alle 3 Stunden zu 1 ElsiSffel toU)
gewichen wären, und sich nie wieder eine
Spur Ton Wassersucht gezeigt habe* Die Fraa
wurde durch mich auch yon dem Asthma .be«
freit, und ist, ihre alte Engbrüstigkeit abgerech-
net, an die sie aber schon gewohnt ist» wohl*
Das 2 Jahr alte Kind eines Kuhpäcbten
war in Folge eines lange bestandenen , auch '
nicht erkannten Wechselfiebers hjdropisch an-
geschwollen. Ein Decoctum Radicis Caincae
(unc. jx), in welchem ich gr. jx Chinii sulphnrici
aufloste, hob das Fieber und, unter rerstärkter
Diurese, auch den Hydrops. -^ Dasselbe 'war
der Fall bei einem Baoernknechte , der bereite
drei Vierteljahre lang von einer Febr, intermit-
tens quartana geplagt, von einem Apotheker
tergeblich mit Cbininpulvern bebandelt worden
nnd an einem hoben Grad von Wassersucht er-
krankt war. Ein Decoctum Badicis Caincae
(unc. jx) mit unc, j Tinctura Chinioidinae be-
seitigte das Wechselfieber und, ohne sichtbar
— 107 —
auf e!ad Excretloo zu ivirkeD| 0ac1i deD'Hj«
lirops^ to dafs der Kranke, der mich späterhin
öfter and aach nüch vor kurzem gefahreo^ bat,
seit 2 Jahren ganz gesund geblieben ist.
Eine hier privatisirende Fächterwittwe, die
früher, als sie noch in der Nähe Rostocks
wohnte, Ton einem Arzte einen Thee aus Ra-
dix Levistici, Baccae Juniperi und Semen Pe«
troselini erbalten und Nutzen davon gesehen
hatte, gebrauchte y da dieser Thee am Ende
nichts mehr leisten wollte, Caincawurzel-Ab«
kochungeo mit Tartarus boraxatus, und ihre
hydropischen Anschwellungen, die auch den Un-^
terieib ergriiFen hatten ^ so dafs ein beateliör-
miger Sack an demselben zu fühlen \?ar, so
wie die dadurch bedingte Dyspnoe schwanden ,
temporär; dafs dies aber yon wirklicher Dauer
•eyn werde, mofste ich bezweifeln, da die
Kranke Seit zwei Jahren nacli einer gehabten
Langenentzündung fortwährend hustet, und ihr
Lungenorgan seit jener Zeit ernstlich zu leiden^
scheint. Es kann wohl am Ende Hydrothorax
folgen. Aber welches 3Iittel vermag eine An*
eammloDg von Wasser in der Brust^ wenn die«
•elbe als Consecutiyübel ^aus organischen Fehlern
oder Organverletzungen herTorgegangen ist, fiijr
die Dauer zu heben? Die Frau lebt gegenwär«*
lig wieder in der Nahe Rostocks, soll jetzt ein
lofusum Juniperi trinken und sich dadurch die
Wassergeschwulst temporär vertreiben, was
liier durch dieses Mittel nicht gelingen wollte,
4. Ein Fall von '■■ glücklich geheillem Ge^
sichtsschmerze (IVeuralgia facialis). Ein junges
Jndenmädchen, höchst nervöser Constitution^
litt seit drei Monaten am Gesichtsschmerze,
— 108 — '
weichet jedoch sieht Tfle in dem io Benm^
mann*s Beiträgen Meckl« Aerste sar Medida
und Chirargie 1. Bd. 2. H. p. 83 a« bescbiie-
beoen und bei einem Fräulein beobachteten
Falle, Ton der AWeole det unteren yerletstet
Backsebnes, 'sondern von dem ersten Badusahne
des Unterkiefers linker Seite ausging, ohne alle
Vorboten und ohne besondere Veranlaasnn||
bei dem Yerscbiedenartigsten Baro«, Thermo-«
Hygro- und Aräometerstande, atypisch eintraf
reiftender Art, mit Nadelstichen ähnlichen Em-
pfindungen Termiscbt war, sich von der Vt^ .
Sprungsstelle aus über die ganze linke Backe
und Koletzt fast über die ganM linke KopfhaliW
Terbreitete, und wenn letzteres geschehen war,
allmälig in dem Grade, in welchem er ange-
fangen hatte, an In- und Extensität, nach atua« ~
denlanger Dauer, wieder abnahm« Anachwet
Inng der Backe, aboormea Colorit denelbeo,
Blasenbildung an den Lippen, an der Nase, wie
ich dies Alles früher in meinem Falle bei flen-
nemann beobachtete, oder sonst eine AbnormiF-
tät der Haut oder Muskeln habe ich nicht be-
merkt. . Neben diesem Gesichtsachmerse be*
stand eine vorübergehende Abgespanntheit, ao
wie eine öftere eintretende Cephalalgiei wdche
beiden Zufälle aber schon Jahre lang ror Eio-
tritt des Gesichtsschmerzes Statt gefanden hat^
tea, und gegen welche ich , ohne data ich ir-
gend einen Causaloexua mit dem GesichtaDer«
Yenleiden aulTmden konnte, mit Nutzen einaa
Ton mir bei chronischen Nervenbeach werden
erprobten Thee aus Radix Valerianae, Herba
Blillefolii, Chenopodii ambrosioidis und Folia
Auraotii mit Erfolg schon früher anwandte und
der dadurch auch gehoben worden war. Nadi-
dem Tinctura Strammonii, die in dem Falle dM
— 109 —
Hennemann Heilnng bewirkte | 6 Wochen lang
aogewandt worden , aber eben so wenig gelei»
stet hatte , wie die ron eioe'ln Zahnarzte i ror
der Consultation mit mir, in Gebrauch gezoge-
nen Zahnopiate , oder der oben angegebene
Tbee, durch, welchen ich nicht nur dem Kor^
per die allgemeine neryöse Stimmung ' zu be^
nehmen^ sondern durch welchen ich auch rot^
tbeilhaft auf das ortliche Leiden des Facialner-
Ten einzuwirken glaubte, machte ich einen Var-
sacfa mit dem Ferrum carbonicum, welches roa
dem Kranken in dem Torerwnhnten Fälle bei
Hennemann nicht ertragen wurde« Der acht»
^wöchentliche Gebrauch dieses Mittels, anfangs
taglich dreimal zu gr. x mit gr. ▼ Pulvis Gin«
samomi, nach einigen Wochen nur zweimal in
derselben Gabe, bewirkte, dafs der peinliche
Gesicbtsschmerz ganz schwand, und es hat sich
aoch seit fast drei Jahren keine Spur desselben
Xffieder -gezeigt, während er sonst wöchentlich
eintrat, nar höchst selten einmal in einer Woche
aasblieb, und obgleich die allgemeine nerTÖse
Stimmung trotz zweimaliger Seebadekur, wenn
auch gegen früher bedeutend, so doch immer
noch nicht ganz beseitigt ist« Der Gesichts«
schmerz war hier also ein für sich bestehendes^
TOD der allgemeinen Nervosität, yon der er öf-
ters wohl Symptom seyn kann, wie ich dies
manchmal beobachtet habe, unabhängiges Uebel,
wich daher nicht den gegen krankhaft erhöhete
Narren -Empfindlichkeit überhaupt gerichteten
Mitteln, sondern einem Specificum — dem Fer-
rum carbonicum« Dafs das Seebad aber auch
▼arbessernd auf die nervöse Stimmung der beim
Gasichtsschmerze leidenden Nerven gewirkt, da-
bar anch die Neigung dieser Nerven zu Pertnr-
batioaen ^aDd Sensibilitäts-Excassen beseitigt.
— .110 —
midiiD Recidire irerhiitet habe^ ist wohl nUt
in Abrede su stelleaJ Zum Nachlesen fiberG^
sichUsctiinerz erlaube ich mir auf den Yon nir
rerfafilen Artikel y^Prosopalgia" in Mastis Ea-
cjclopädie der niedic. chirurg« Praxis. *2. Bd.
S. 413; aufmerksam su machen, den ich theib
nach den besten vorhandenen Quellen, ÜMib
nach eigener Erfahrung bearbeitet habe, mit
einer Nachschrift yon dem Herrn Heransgebd
der gedachten Encyclopädie, Dr. Mostm
5. Kurze ZusammensteUung deB Winm»*
werthesten über die Erweichring der Liagaif
nebst drei Fällen dieser Krankhmt* Die Eiw
vpeichung der Lungen (Malacosis polmnoui^
Pneumonomalacia, yon Laennec fälschiieh Gsa*
graena pulmonum genannt) ist , yon dlMem (ii
der Schrift : ,,Die mittelbare Ansknltatfon. Bach
deip Franz. im Auszuge. Weimar 1822. EflM '
Theil. S. 100. ) 9 Ton Basedow (Jonrn.d. pr#
Heilk. Bd. LXVU. St. 6. S. 82.), ao wie m
Balling (Hecker*s liter. Annalen d. ges. Heflb
1830. März. S. 257.) beschrieben wordsii
Symptome dieser Krankheit sind; plottlichst
allgemeiner Coliapsus yirinm, hoher Grad fon
Hinfälligkeit, Ohnmacht, schy^acher Pali, An^
falle Von kraftlosem Husten mit donnen, ffva
gefärbten^ sehr stinkenden (brandig riechnndaa)
ziemlich copiosen Sputis, die aber» utar lo-
chelnder Respiration, bald stocken, yforaafiü^
focatorlscher Tod folgt. In der Leicha fipte
sich: Brand der Longen anf eine weite StMcka^
yon nicht umschriebener Form, yon rrtifwiüa
(1.- c. 8. 101. ) Gaogrene de ponmoB aon cit-
conscrite genannt. Von dieser Art toü IfHft»
geoerweicbung trennt Laenneo eine sweila FonB|
die Gangräne' da poumon circonscrito^ .wdchp
— 111 -*
BdyU mft dam Namen „Phthisii nlceros«*' be-
legt. ' Diese Art ron LuDgenerweichuDg Ter*
läait langsamer, giebt sich zuerst durch Syrap-^
kome der PleuropDeamonie, grofse Angst, -be-
deatende Hinfälligkeit, dünne, stinkende, grün-
lich gelbe Spata, unbedeoteodes Fieber^ blasses
Geaicht, starken Brustschmerz, Ton Zeit zu Zeit
eintretenden filathosten, dnrch später (nach 2 —
3 Wochen) eintretendes Fieber mit Colliques-
cenz und unerträglich stinkendem Athein za
erkennen» Das Stethosop giebt Pectoraloquie^
und wenn die erweichten Partien mit der Pleura
und den Luftrohrenästen in Verbindung stehen,
eiach einen metallischen Klang an. Der Tod
tritt auch hei dieser Form durch SuiFocation ein.
Pradisposition znr Lungen -> Erweichung geben
neb wache Constitution^ das vorgerückte Alter,
icachektischer Znstand. Zu den Gelegenheits*
uAacben des Hebels gehören dagegen : schwä-
chende Einflüsse aller Art, schlechte Kost, de^
primirende Leidenschaften, grofser Säftererlust,
falsch behandelte Febr. iotermittens , scropbu*
loee^ syphilitische Dyakrasie^ zumal wenn Lun«-
gentuberkeln Torhanden siod^ oder typhose
Poenmonie, Schleimschwindsucbt der Lungen
Statt finden, und vielleicht erregen auch die
Brnstwassersucht, die rheumatische Pneumonie
und Seelenstorungen Lungenerweichung, wohin
wenigstens die Angaben StolVs und PoigtePi
deuten, daüs sie bei den an diesem *Uebel Ver-
storbenen welke, schlaffe, leichtere Lungen ge-?
fanden haben wollen. Die Lungenerweichung
ist nicht gleichbedeutend mit Anthrax, pustnla
maligna, Pestkarbonkel, wie Laenneo und Bayl&
annehmen; sie ist nioht Ausgang des höchsten
Grades der Lungenentzündung, welcher eiotre-
Im soU^ wenn der Ausgang in Eiterung oder
— 112 —
Ansscbwitmog aasbleibt (Baef'hatfe, O. jL JT^
gel, Berends^ Nicot, Biight): denki nie faai
lieh in dea Luogen an solcher PnaümooM Ya^
storbener vrahre Gaogräa^ aondern granaliili
Härte; jene waren hellstrohfarbeo^ beim Ei»-
schDeidea in dieselben kam eine gelbe, eitei^
ahnlicbe, mit blutigem Seram rermiachte 3li^
terie beryor. Ich glaube ^ dah die LuDg^n-Bi^.
weicbong in dem Gewebe der Lungen auf diir
selbe Art wie die Malacose in andern OrgaMt
Bu Stande komme, halte also diese Kraokbeit
Ton den oben namhaft gemachten Uebelo, iJBs
auf keiner Erweichung des Gewebes bemlMk
ganz' verschieden. Für die wirkliche Enrsir
chung des Lungengewebes sprechen, aniser 'dai
Gelegenbeitsursachen, das Fehlen einer 'Voifesi^
gehenden Pneumonie, der plötzliche Collapsw
\irium, das Vorkommen der Krankheit hm
flchwäcblicben, cacbektischen Subjekten a. a.w.
Die Heilung der Lungen -Erweichung ist sehr
problematisch, bei der umschriebenen Form da-
gegen allein nur möglich, wenn die Hülfe froh
eintritt» Zu Anfange der Krankheit^ beiSrnp-
tomfen Ton Pleuropneumonie ist eine EUas.
Venäsection zu yeranstalten , jedoch mit Voi^
sieht; sind Schwäche und die oben beschriebe-
nen Sputa Torhanden, dann excitirende JUittsls
Arnica, Kampher ^ China, aber anch ScbweSsl-
säure, Vesicantien n. &• w« ,
Als Beläge folgende Fälle ans dem Krsiie
meiner eigenen Erfahrung:
1) Im Jahre 1823 wurde ich von der Orts-
behörde zu P. aufgefordert, einem Schlosser-
gesellen Hülfe zu leisten, dem auf Anordnnag
des damaligen Apothekers, durch einen Bader
(wegen vermutheter Lungenentsündang) mr
— 113 -
Aiet g^rAMea' wordteo war und iDneriich eine
Milram-EmuViiQn erhalten hatte. Bei der ton
mir Torgenommenen Untersochang fand iich,
dab der Kranke wirklich alle Zeichen derPneo^
mönie habe, und der Aderlab wenigstens ganz
•B seiner Stelle gewesen sey ; dafs aber gegen-
wärtig alle Zeichen der Pnennionomalacie yor-
handtn waren, als : Oppression, Athemnotb, bo-
bar Grad ron Schwache, suweilen intermilti-
nendil Respiration , starker Husten mit grün-
achwteaen, atinkendeni der Brandjauche ahn-
Heben 9 copiSsen Spntis, dabei lifide Färbung
dea Gesiclita (in Folge gehemmten Blntumtrie«
bea^n der Brosts gehemmten Decarbonisations-
PfOCQiaee des; Blutes und Anhäufung des Blutes
im Kopfe) > schwacher Puls, Betäubung^ vSlIip*
ger Coliapsus ririum ; Zeichen eines Fiebers
fehlten. Ich gab eia Decocto - infusum Chinae
et Florum Amicae , legte ein Vesicator auf die
Brust, gabf da der Auswurf stockte und diö Re«
spiration erschwerte, alternirend mit der obigen
lUtschung , Moschus mit Goldschwefel; doch
Alles yergeblicb, •— es erfolgte Tod unter suf-
focatorischen Zufällen schon nach dreitägiger
Behandlung Ton meiner Seite und am sechsten
Tage der Krankheit-, ohne dafs der Apotheker
einer Kunstwidrigkoit hätte beschuldigt werden
können:* denn die Anamnese lehrte, dafs der
Znstand primär wirklich entzündlich gewesen
sej, wie^ das öfters im Anfange der Lungen-
erweichung der Fall ist; und dnfs auch hin
länglich Blut entleert worden sey, dafür sprach
das mir Torgezeigte Quantum Blut und der von
mir Torgefundene Zustand. Ob mehr Ton mei-
ner Seite für Rettung des Kranken, dessen Tod
mich übereilte, hätte geschiehen können, über-
lasse ich SacbTersländigen.
l<Mirm LXXXIV. a Z St U
— 114 —
3) Im WiDter 1825 bebandelte ich maes
Schäfer in der Nähe tod Ribnitx, ao Bmstb»
•chwerden, Eogbriistigkeit mit flachtigen SticheD,
starkem Hasten, mit SpatiS| welche Stückes
eines yerfaalteo festen Breies ähnlich sahen,
und die der Kranke immer mit Hähnerköpfen
rerglichi remittirendem Fieber, mit yoliem, frv-
quentemPabei hohem Grade ron plötzlich ein-
getretener Schwäche and Erstickun^szofälleD,
welche innerhalb eines Tages dem. Leben' des
Kranken ein Ende machten. Reizmittel und
ein Vesicans nutzten nichts. Data hier Lttogew»»
erweichang Statt gefunden habe, erleidet kev-
nen Zweifel. Zu bedauern ist| dats io diesem
wie in dem ersten Falle die Sectioat inidit e»>
laubt wurde*
••• ?
^ m ^
V.
Inrse Nftcb richten
und
A n s z u g e.
1.
Fl«»
•l^er allgemein ansgesprocbene Wontcli nn^ das wirklich
drfi^goide BediirfniU einer Wittwen-UnterstützungB-Kasse
für Aerzte im Preofs. Staate hat den Stifter dea ärztlicbea
Holfiverdna bewogen , ebenfalls eine Anstalt zar Unter--
Btützong der von Preuis. Aerzten hinterlassenen dürftigen
Vfittwen zq begründen^ und dazn den Ertrag eines neue»
rten WeriLeSy bestehend in einem Kapital von Dreitausend
Tbal«ra y- Sit bestimmen. I>ie Grandsätze, nach welchen
gedachtes Institat einzurichten und zu verwalten wäre«
dürüten folgende seyn.
$.1.
. Mit der frufet^iTschen Stiftung fenr Unterstützung
n^tbleidender Aerzte im Prenfs. Staate Wird ^ine Wittwen-
Dnt^rsCetzungB - Ka9se verbunden^ aus der so viel^. notor
tiscb' d&HUge WIttwen von MitgUeitern des ärztlichen
HilfiHrcrtitti w«lehe t»&fiit|iob und ununtei-brochen zu tets-
H2
— llü -^
m
terem beigetcagea Iiabes » eine CsfaitiiCiiuig eAattca, di
es die Mittel der Autalt gestattea«
$. 2.
Die Cntentutzongy weldie dne Wittwe atis der ge-
dachten Kasse erhält, wird Yorlaufig aaf den Ertrag der
Zinsen eines Kapitals Yon Eintausend Thalern jäbrliä
festgestellt^ gleichviel, ob es die Wittwe dnes promoTirten
Arztes, oder Wandarztes I. Klasse, oder eines als Kreia-
Chirnrgen angestellten Wundarztes 11. Klasse ist, ond wird
in halbjährigen Raten so lange gezahlt, als die Wittwe
sich nicht wieder yerheirathet, oder ihre Umstände sich
nicht gunstiger gestaltet haben, -oder sie nicht durch ihre
moralische Fahrang sich der Unterstatzang nn^ordig
macht. Hier&ber mofii die Wittwo jahriidi eia &egiiHi
der Ortsobrigkdt beibringen.
§.3.
Die Einnahmen der Wittwen-Untarstatzangt-KaMe
bilden die frdwiUigen Beiträge der Mitglieder des Snt-
liehen HülfsYerdns, deren Höhe von dem frden Willen
d6r Contriboenten abhängt^ aber nicht unter Einem Tha-
1er jährlich betragen darf. Die Bdtrage sammdn die Her-
ren Kreis -Physiker im Janaar jeden Jahres gldchzdtig
mit denen zam ärztlichen HülfisTerein dn^ übersenden die^
selben an den Herrn Regierangs-Medidnal-Rath ibraaDe-
partements^ welcher sie an das Direktorium der Hofdand^
sehen Stiftung gelangen läfst»
Um den Wittwen die ihnen bewüligie Unterstüteng
so Tid als möglich zu sichern, wird festgestellt^ daÄniolit
die jährlidi eingdienden Bdträge Terthttlt, sondern dafe
dieselben zu einem Grund - Kapital angdegt werden^ ana
dessen Zinsen die Wittwen ihre Unterstützung be^akaM^
dergestalt, dals so viele .Wittwen eine jahrliche Catnstiar
sang erhalten , als* Kapitalien von 1000 Thir. foibaa-
den sind« . .,
» ■ «1
§.5.
Dasjenige Mitglied des ärztlichen Hulfsverdni . .wd-
ebes seinen Bdtritt zur Wittwen-Unterstotanngs-J^Mia er-
klärt hat^ ist gehdten, dl jährlich seinen Beitrag püakllidi
so Idsten. Unterläfst er dies, wenn auch nur dnaMlf. la
variiert die' Von ihm hinterlassene Wit^e alla nad* jede
« ^..1^^ ^^£ Uotentiitzung^ mag auch der Bako^^jikae
— 117 —
reHs Bodi lo lange geleistet leyn. Treten * FSlle ^ em
welche eine Ansnabme hierton al^ tiillig erscheinen latr-
seO} so bebalt sieb das Direktorium die Entscheidung vor,
f 6.
Dasjenige Mitglied, welches seine Beiträge znm lirzt-
Heben HQlfsYjsrein nicht pünktlich entrichtet» verliert sein
AiireclU an die Wittwen-Unterstiitzungs -'Kasse, wenn es
ancb in Betreff der letztem sich keiner Unpiinktlichkeit im
Zahlen der Beiträge schuldig gemacht bat.
'. . 5. 7, .
Die Wittwen derjenigen Aerzte, welche der Wittwen-
UnCerstützungs-Kasse ein Kapital von mindestens 100 Thlr.
schenken 9 sollen bei übrigens gleichen Coiständen eine
Torzüglichere Berücksichtigung finden«
$. 8.
Die Aufsicht iiber die Wittwen -ünterstützungs- Kassa
übernimmt das Direktorium der Hofeland'scben Stiftung.
Dasselbe untersucht die Ansprüche der angemeldeten Witt-
wen und bestimmt, ob dieselben zum Genufs einer Pen-
sion gelangen können, so wie gleiciiermafsen nach seinem
alleinigen Urtheile die Wiedereinziehung der Pension in
den im §. 2. bezeichneten Fällen erfolgt Jährlich giebt
das Direktorium Öffentlich einen kurzen Bericht über den
Zoatand der Anstalt.
§. 9.
Die Verwaltung der Kasse, so wie überhaupt dieLeit
tang des Geschäftsganges , findet nach den Principien,
welche in dieser Hinsiiät bei der Hofeland'schen Stiftang
obwalten 9 statt«
§.10-
Die Wittwen , welche Ansprüche auf eine Unterstüz«
znng machen zu können glauben, wenden 'sich an das
Direktorium der Hufeland'scben Sdftung unter genauem,
amtlich zu bescheinigenden Ausweis iiirerVerroögens-Ver*
biUnisse, ihrer sonstigen Umstände, der GrÖfse ihrer Fa-
milie, des Todestages des Mannes, ihrer moralischen Füb«
mng, nnd gewärtigen den Bescheid des genannten Direkt
(orinnuk
§. 11.
Das Durektoriom hält ein genaues Verzeichni£i der
WHtweo» welche snr Perception einer Unterstüuoog be-
^ 118 —
rMlidgt tin3, und toll daiMlba «■! Aagibe taMni
taget des Mannes, dea Datomi der AameUaag, d« Tr
niögenf-VerlialtniMe o* •. w.^ aoe weldiea MoMiteii
Prioritatireobt lienorgebt, Teneben weju»
VorBtehender Stiftangs*PIan wird wmt de« Gmlli,
in beglaubigter AbBcbrift beigebeftetea AUerbodiilvli'l
binetf -Ordre Yom 22. d. M, in «llea MHieB Pn
luit genebmigt und bestätigt.
Berlin, den 30. September 183&
(L. 8.)
Mlnlttcriam der GtUtliehen^ Untenidili- nd
AngelegenbeiteBt
(gez.) Jitmtt9ku
mt
Königliche BfMfätiffnnff^
Auf Ihren Bericht Yom 12. d. M, Qsd
Antrage genehmige loh die in dem snrficlc
Kntworf des Plans einer Stiftung des Terewigteo
ratli« Dr. BufeUtntl zur Unterstützung der dfirfdgea m^
wen Inlfindisober Aerzte in Verbindung, mit Mncr wm lii
No?« 1830 Yon Mir genehmigten Stiftung sar Unimfir
zaog nothleidender Aerzte, and bewillig« | dab di« dm
ausgesetzten Dreitausend Thaler zum Fonda dieier ttfP
tung angenommen werden, indem Ich Uwea dig
erforderlichen Verfügungen Oberlasse,
Berlin, den 22, September 1836,
(gez.) Friedrich WiHelm
*
Ao
dtn Staats- Minister, Freiberm
«• Mtintt9in.
— 119 —
•r
t$fi0ht
der
KlMglf BchutzimpfmffS^AnttdH zu Birtln.
r<nm
Vanteher dwteXbtn^ Medtc. Hath Vr* Brtm^r.
mm
In den Jahren 1835 and 1836 worden In der biesignn K*
Scbntzimpfungs-Anattdt mit Erfolg nnentgeltlicb geimpft,
mit üüssiger Lymphe von Arm zu Arm^ 6538 Personen*
Unter diesen befanden sich 160 Kinder aus den nahe ge-*
legenen Dorfscbaften und 361, meistens Krwachsene, y^el-*
che reyaccinirt wurden. Die Total -Summe aller in 'der
Anstalt^ seit ihrer Gründung im Dec. 1802, yerrichteten
Impfungen belauft sichi bis zum Schlufs des vorigen Jab-
lee, auf 84,860, Die Anzahl der Versendungen echten
Imp&toffs betrug in den beiden Jahren 992 ; theiU in trok-
kener Form, auf 6633 elfenbeinernen Nadeln, 2 feinen Haar-«
pinseln, 8 Paar Glasplatten $ tbeils flüssig in 39 Haarröhr-
chen. 806 dieser Versendungen gingen in die verschie-;
denen Regierangs- Bezirke des Inlandes, namentlich er-^
hielten die R. B, Oppeln nnd Liegnitz je 2, Trier and.
Düsseldorf je 3, Breslau 4, Arensberg 6, Bromberg 7,
Stralsund 10, Magdeburg und Danzig ie 14, Posen 16^
Gambinnen 17, Erfurt und Königsberg je 20, Minden 22,
Marienwerder 37, Cöslin 60, Stettin 60, Merseburg 65,
Frankfurt 83, Potsdam 361 (davon 116 für Berlin). AugIi
mehrere Aerzte des Auslandes benutzten den in der An»
•talt fortgepüanzten Impfstoff, daher geUingten 187 dieser
Veraendiingen ins Ausland, nnd zwar nach Hannoyer,
Schweden und Schwarzburg- Kudolstadt je 2, den Nieder«
landen 3, der Wallachei (Bukarest) 4, Anhalt -Köthen 6»
' Anhalt'Bernburg 6, Polen 7, Sadisen-Weimar 9, K. Sach-
sen 14, Galizien 16, Anhalt -Dessau 28, Mecklenb. Stre*
litz 36, Mecklenb, Schwerin 66. — Der zu obigen Im-
pfungen und Versendungen erforderliche Impfstoff wurde,
nue den vollkommensten Pusteln von 612 gesunden, noch
mcbt entwöhnten Kindern eotnommeOi stets in dtmselben
— 120 —
Stadiom der Krankheit » nie Irubcr odar •pSfer» •!§ tm
7ten Tage nacli der ImpfDogi aeit 36 Jabren, jeden Sonn-
tag; von 12 bU "Z Uhr.
3.
JTittenmffS' und Krnnkheii»- ConMiUuium in Käin am BMm
mnd dessen Umgeaend, vom tfintersolstüiMm (22. JDfe.)rl836
hi» sum FruhlrngMoeifuinoctium (20* März tndtf^
sive) 1837«
Nach
den Beohachtwnffen de» Dr, und MMeUud^tUdhß
itüntker in Kölm,
m\
Am 22. December, diesem ersten Tage dea Winter^TH-
mesters^ var die Witterung nelugtigt, und spSt Abende
trat etwas Regen ein, bei herrschendem Westwinde und
einer Temperatur iron + 7® R. Der 23ste war ein ätn^
mischer, regnerischer Tag, mit Wasser-Schnee verbandeni
bei eingetretenem NNW. Am 24. 'sank die Tem|iefatur^
und täglich mehr, so dafs am 29. , wegen dea Eisgangei
im Rheine^ die hiesiga, über denselben (uhrende stehende
BrQcke abgenommen wurde, welche Witternng unter hSa-^
figem Flocken-Schneefall bis Knde December fortdanerte*
— Der höcbste Stand des Thermometers während dieser
lOtä'gigen Periode war (wie gesagt) -f 7® R. Abende
(Nachmittags) 1 Ühr^ der tiefste — 7^ R. Morgena 7 Uhr
beobachtet; die mittlere Wärme war — 2,2 <> R. — Der
höchste Barometerstand war 28'^ 2"' , der niedrigste 27"
ö'"; der Regen bringenden Tage iiatten wir 2, der Sehten
bringenden 6; Nord war yorherrschender Wind. — Der ^
erste Tag des Jahres (1837) war trüb bei Nordwinde^
am 2, trat Thauwetter ein, mit etwas Regen, so aoofa nm
3. und 4., mit etwas Schnee vermischt; bei dem übrigem
hohen Barometerstande Yon 28'' 3'^' und herrschendem
Westwinde; am 6., einem heitern Tage, sank die Tempe>-
ratnr wieder, die aber schon am 6. wieder za steigen an-.
fing, bei eingetretenem Regenwetter und stürmischem West*
winde; der 7, war ein regnerischer, stürmischer Tag; der
8.| 9« und 10, waren theils heiter, theib trüb» und mil^
^121 —
unter etwas refnerisdi, bei SW. qnd dlner, der ZeH ge-
tsäfs hoben Temperatar, welche aber am II. wieder bi«
auf — 1® R. herabsank; der 12. war ein trüber Tag; am
IB. Regen nnd Schnee, bei dem niedem Barometerstande
von 21" A"*y eben so am 14.^ einem sehr atürmiachea
Tage» bei berrscbendem Westwinde und einer Temperatur
von 4" 2^ ^* uiid starkem Flocken - Schneefall in der
Nacht anf den 15*^ wo Morgens die Temperatnr wieder
bis auf — 2^ R. herabgesunken war; am 17; trat Mor-
gens, unter starkem Nebel, wieder Thauwetter ein, und
vben so am 18. und 19. • Am 20. hatten wir deit ganzen
Tag hindurch starken Flocken - Schneefall, so wie auch
am 21.; am 22. und 23. Regen; am 24.» einem trübea
Tage, £ind sich Morgens 7 Uhr das Thermometer sogar
anf dem Stande Ton -|- 7<^ R.; am* 25. Morgens in der
Frühe etwas Regen, bei SO.; der 26. war theils trüb»
theils heiter, bei einer Temperatur Ton sogar -f Qo R.;
. am 27. etwis Regen, und in der Nacht auf «len 28. Was*
Kerscboee mit Flockenschnee yermiscbt, :nnd eben so am
28- selbst t wo die Temperatur wieder bis auf -4- 2 * R.
herabgesunken war, bei eingetretenem NO. ; am 29. Mor*
gens in der Frühe Schneefall; am 30. heiter » bei einer
Temperatur Yon — 2^ R. Morgens 7 Uhr und schneiden-
dem Süiostwinde, später trüb; der 31. war ebenfalls ein
heiterer Tag, bei einer Temperatur von -f 3^ R. — Der
höcfaite Stand des Thermometers wahrend dieses Monats
war (wie gesagt) 4* d^ ^ Abends (Nachmittags) 1 Ubr,
der tieCite — 4^ R. Morgens 7 Uhr beobachtet; diemtft-
\\are Warme war -f 1^5^ R- I^er höchste Barometerstand
war 28" 3"% der niedrigste 27'' 4'". Der Regen brin-
genden Tage hatten wir 12, Schnee bringende 11. Weed
war in der ersten und 80. in der letzten Hälfte des Mo-
nats vorberrscbender Wind. — Der ereie Februar war eis
regnerischer Tag bei Südwinde nnd einer Temperatur Yon
-)- 2,5^ R. Morgens 7 Uhr; am 2. und 3. hatten wir
Morgens starke Nebel bei SO,, später war die Witterung
heiter; der 4. .und 6. waren theils trübe, theils heitere
Tage; der 6., 7. und 8. waren sehr heitere Tage, b^
iorCwährendem SO. und bei hobem Barometerstande von
28'' 4,6"' und einer Temperatur von — 4^ R* Morgens
7 Uhr; am 9. war die Witterung trübe, mit etwas Regen
verbunden und wieder steigender Temperatur, bei herr-
schendem Südwinde ; der 10. theils heiter, theils trüb; am
11. war die Temperatur, selbstMorgens 7 Uhr, bis «f S^R*
' gestiegen, ht\ eiogetretenem Regenwetter; der 12.| 13»
— 122 —
nn^ 14. wiren efienfalla etwu rtgnoriMht Tafa; m Üb'
Morgeni itarker Nebel; am 16. tlieili heiter ^ tbeUs trib;
am 17« Morgeni etwas Regen, bei äebr wechselnder Tea-
(leratiir, welche Abendi (Nachmittagi) ■ 1 Uhr aogmr + 9'
U» erreichte; eben so am 18., wo Morgens starker NtM
und später der Himmel heiter war and sich Abendi 7^ Uhr
ein prachtiges Nordlicht in NNO. zeigte , anterhalb des
grofaen ond Meinen Bären. Gegen 8 Uhr log sich dan
selbe tbeils Jiacb Osten , theils nach Westen bin , bewa-'
ders nach dein Stern a im Cepheus, woranf dasselbe laa-
Jiientan gänzlich zn verschwinden schien » bald nacfabi^
aber wieder im bedeutenden Glänze herrortrat» Ristasch
halb 12 Uhr verzog sich die Rötbe nach Osten hin bis sa
den Forderfüfsen der Zwillinge ^ so, dals nm 12 Uhr atf
noch «ine seur schwache örtliche Brhdlong swischan dqa
ZaiUifKjett und dem kleineii Hunde merkbar war« DjeMf
Erscheinung: ging ein schneller Wechsel der TampenM
{vi'ie gesagt) am 17. und 18. selbst vorher, oad ab Bs-
gleiter derselben zeigten sich mehrere Feuerwtdkmtj die^
M'ie Howard, Forster und Brandes annehmen , als eisi
Kette von Niederschlägen, durch Einwirkung 4et Laft*
ICIektricität, zn betracliten sind, was sich an die eWMrt-
magnetiscke Theorie zur Erklärung jenea Meteors sa«
schlieikt. -^ Am 19. Regen und in der Nacht aaf dea Ml
sehr regnerisch und sturmisch aus Westen, so wie aodl
die Witterung am 20« selbst, sehr stürmisch -and regsa«
riscb, mit Hagel verbunden war, bei dem sehr niedrigM
ßarometeratande von 27'' 3"', auch der 21» war aia leg*
nenscher, stürmischer Tag, und Abends 7 Uhr hattaa vir
starken Uagelfall; eben so der 22. und 23.; die Naekt
auf den 24. war äutse^st stürmisch bei Westwinde,' aslsr
Regen und Srhnep, wo sich Morgens 7 Uhr der BifO«a-
ter bis zu 27'' 2'^' herabgesunken fond, so wie an %L
selbst die Witterung sehr stürmisch , mit starkem Schaaa»
fall verbunden war ; der 26. war tJieils heiter, theili tiiib^
unter Graupen- und Schneefall, bei herrsollendem Nord»
west und einer Temperatur von 0^ JX, Morgens 7 Uhr;
der 20. Morgens heiter, später Schneefall; aoi 27« slaiksK
Schneefall; am 28. theils heiter, tlieils trüb, bei eiac^
Temperatur von — 2** R, Morgens 7 Uhr und eingetreta-
neui NO, ~ Der höchste Stand des Thermometers wah-
rf«fid dieses Monnts war (wie gesagt) «)• 9* R Abends
(Nachmittags )1 \jhv, der tiefste •— 4^ R. Morgeaa 7 Cbr
h«ohaohtat) die mittlere Wärme war «f* 2^<^ iL -^ Der
höcUsta Barometerstand, war 26" 4,6'''» der niodrigata
— 123 —
27^' S'i'; Set Regin bringenden Tage hatten wir IS, der
Schnee bringenden 5; 80. war in der ersten und W. oml«
NW. in der letzten Hälfte des Monat» vorherncliender-
Wind. — Der erste März war Morgens trüb bei NNW«<
lind der niederen Temperatur Ton — * S^ R.y der Abends
Schnee folgte; am 2. hatten wir Wasserschnee bei West^'
winde; am 3. war die Witterung theils trüb, tlieils heiter^
und am 4. erfolgte wieder Schnee&ll, so anch am 5.; der
6. trüb mit etwas Schneegestöber» später* heiter; am ?•
Morgens heiter, bei der wieder , der Zeit gemäfs; einge*
tretenen . niederen Temperatur von -— 3 <> R«, bei berr*
sehendem NNW., die aln^r schon Abends 6 Uhr wieder
mit Regenwetter abwechselte; den 8L Morgens trüb, ne*
beligtt bei NW. and einer Temperatur von 4* 2^ R. ; der
Ol eben so; der 10. Morgens in der Frühe trüb, spater
sehr heiter, bei einer Temperatur Ton -(* ^^^ ^« Abends
(Nachmittags) 1 Uhr$ am 11. fand sich Morgans bei NW«
der Barometer bis zu 27'' 6''' herabgesunken ^ dem ein
etwas stürmischer Tag und Abends 7 Uhr starker Regen
folgte; der 12« war etwas re^rneriscb, bei dem niederen
Barometerstande ?on '27'' 6"'; der 13. sehr regnerisch
bei NW«, der spater in Nordwind überging^ der 14. Alor^
gens trüb, nebeligt, später heiter bei Ostwinde; der 15,
sehr heiter bei NO. und einer Temperatur von + 12<* R«
Abends (Nachmittags) 1 Uhr; der 16, war ein trüber, ne»
beugter Tag bei NW. und einer bis zu -f* ^ R. Abends
(Nachmittags) 1 Uhr wieder herabgesnnken«fn Tempera«
tttr;.derl7> trüb, mit etwas Regen bei NW. ; der IS*
Morgens trüb bei NNO, , wobei sich der Thermometer
auf dem Eispunkte fand^ s|)iiter heiter, welche heitere Wil^
terung Abends (Nachmittags) wieder mit trüber Luft ab«
wechselte ; der 19. sehr heiter bei NO. und N. und der
niederen Temperatar von — 2^5 ® R^ Morgens 7 Uhtf
Abends spSt trübte sich der Himmel, und am 20., diesem
letzten Tage des Wintettrimesters, hatten wir wieder star»
ken Flocken- Sc!) neefüU bei NW, und -einer Temperatur
(Morgens 7 Uhr) von «^ 2^ R« — Der höchste Stand des
Thermometers wahrend seiner 20tägigen Periode war (wi9
gesagt) + 12^ R. Abends (Nachmittags) 1 Uhr, der nie*
drigsta — 3® R. Morgens 7 Uhr beobachtet; die fii«^f/ers
Temperatur war «f» 2,9*^ R. Der höchste Barometerstand
war 28" 1'", der tiefste 27" 5'". Der mehr oder weni,
ger Regen bringenden Tage hatten wir 6, Schnee bringend«
i; NW. and NNO. waren vorherrschende Winde«
— 124 —
Anfangs dieses Trimesters war , bei cf emllch bedeo«
tenifem Kältegrade, die eiitzündliche Constitittion (als am-
siitntio annua) vorherrschend^ die sich namentlich dareh
Seitenstechen nnd selbst mitunter durch wirkliche Bru^
aitzümlungen aussprach. Bei der sehr wechselnden Wit-
terung im Monate Januar litten mehr wie gewöhnlich in
Jicflitjen Katarrhen und gichtischen AnfaUen, und unter deo
Kindern herrschte hin und wieder der Ketichhusteny so wie
bei Erwachsenen Halsentzündungen^ Im letzten Dritte
dieser Monate erschien mit einem Male die Infnensä,
und zwar sehr frecjuent. Die Kranken, plötzlich ergriffeflf
litten an heftigen Kopfschmerzen in der Stimgegend, mit
Husten und Schnupfen yerbunden» mit Schmersen uad
Hnuhigl'eit im Halse und einem drückendefi Gefühle in dtr
Magengegend^ bei gänzlichem Mangel an Efslust and Nei-
gung zum Erbrechen^ wobei die Funktionen des Dann-
kanals sehr trage vor sich gingen und die Kranken mei-
stens an hartnäckiger Verstopfung litten. Ueberdies litten
alle an grofser Jbgeschlagenheit und Ermüdung in alle»
Gliedern^ bei gänzlicher Mifsstimmnng des GemiJths, mit
fieberhaften Anfällen nnd grofser Neigung zum Schwitzen
verbunden. Bei der Mehrzahl war das Uebel rein rhen-
matischy bei Andern, deren Constitution sehr irritabel war,
nahm es einen entzündlichen Charakter an, welcher sich
dnrch einen hrennenden Schmerz in der Brost, gehinderte
freie Resjnration, starlen, schnellen Puls, Schwindel und
Höihe des Gesichts deutlich aussprach, so wie bei Indivi-
duen von schwächlicher Constitution, und bei alten Per*
sonen sich ein nervöser Charakter entwickelte; diese, so
wie diejenigen , welche von schwindsiichtiger Anlage aar
Ten, starben häutig an den Folgen dieser Krankheit, so
Viie überhaupt die Sterblichkeit während des letzten DriU
tele des Monats Januar bis zum letzten Drittel des Fe-
bruar bedeutend zugenommen hatte. Nach dem Eintritts
der stürmischen, mitunter regnerischen nnd mit vielem
Schneefall verbundenen Witterung, vom 19. Febrnar bis
zu Ende dieses Monats, schien dieses in der Atmosphäre
liegende Miasma an Intensität abzunehmen und selbst sU^
iiiälig zu verschwinden, indem die Anzahl der Kranken
dieser Art sich sehr verminderte^ doch litten diejenigen,
welche die Inüuenza überstanden , noch lange an allge"
meiner KÖrpersch wache nnd einem quälenden Husten, wie
sich dieses bei allen Kpidemieen dieser Art gezeigt hat,
wo sich mir, gegen letzteren, die Anwendung der Elix,
anticatarrhaH. Hufelandi als sehr wirksam erwies« —
^ 125 —
Ret äem iteten Wedisd der Witterang: in den ertten Ta-
^en det Monate März war, als intercarrirende Constito-
äon, die rhewnatM^ Torberrschend , nnd (wie gesagt)
nach fast ganslicbem Vencbwondenseyn der Ini]iienza lit-
ten jetzt Viele an einfachem Katarrh nod andern rJieitma-
iUehen Affectionent die sich durch reifsende Schmerzen in
den Maskeln der aa(seren Glieder, der Schultern j' Anne,
Schenkel etc. zeigten; hin nnd wieder herrschte der Ty^
pkiu nervosHSy eine Erscheinung, die der Ton anderen
miasmatischen Krankheiten, namentlich auch der Influenza,
häufig folgt, wie ich mich durch, eigene , lange Erfahrung
fiberzengt habe. »— Im zweiten Drittel dieses Monats, ge*
gea das - Ende des Wintertrimesters , zeigten sich diese
^beamatischen Schleimbanta£feetionen mehr als Angina cn-
imrhdlis, wobei namentlich das Zäpfchen und die Alan-
de litten, die sich aber naeh wenigen Tagen, bei gehö-
riger Diät und Warmhalten, doreh rdehlicheB Aosworfj
ohne alle wettere Arzneii entschied»
4.
Monailicher Bericht
über
denOemmdhiitisUitaniy Oehurten und Todeefatle von Berlin*
Milgetlieilt
mu» den Akten der Hyfeland^schen med*'cUrurg. OeeeUsdiafi.
Mit der dazu g^Mgen Wittervng$ -- taheUe.
Januar^
(vom 4ten Februar bis Sien März.)
Ceber die Witterung rerweisen wir auf die beigefdgte TafeL
Es worden gelteren: 402 Knaben^
392 Mädchen,
794 Kinder.
— 126 —
I
£• ttarbeo: 220 männfichieir,
172 weiblichen Gesdüecfeti ttbeCi
und 285 Kinder anter 10 Jahren.
- 677 Personen*
Mehr geboren 117«
Im Febrnar des tergangenen Iahtet wurde»
* gebogen: 452 Knaben,
381 Madchen,
*»^»— ■Ulf
853 Kinder. .
Ba ttaibeor; 170 männlichen,
134 weiblichen Gesdileehta ^her,'
. «nd 302 Kinder tmter 10 Jabrtn.
■ ' ■ ' > ' " ■ ■ '
.606 Personen.. . .
Meht gebosoati 227.
Im Verhältnifs zam Monat Febrnar "des vorigen Iah«
res wurden im Febrnar dieses Jahres weniger gebofen 30
und starben mehr 71«
Mit diesem Monat Verschwand die im vergangenen
Monat geherrscbte Grippe, 'doch mehrten sich die Kran«
ken, so an den Fpigen derselben litten; namentlich wa-r
ren Leiden der Btöhchien , Pneäinonien nnd Con-
gestions - Zustände tfiicht selten, so wie nervöse Fieber,
Gegen jBnde des Monats nahmen die Knnk&diten 'tonn
'gastrisch - rheumatischen Charakter an« von Aossohlags-
Krankheiten zeigten sich nur Urticarien^ nnd zwar sehr
Jianfig, noch Pocken waren nicht sekerr, ca starben darab
8'Personeni unter denen 2 JSrwadbfeng» .
« ^
w 127 —
Spttit'tle Krankkttian.
AnEnt]
:d«T-id
te^Ä'. ......
Ma Skrophcfn und DrÜiaiiknnUitil
Ab Sdiwüinmen.
Ab 6p|uniw»SFniiclit .
Am WiorrLopf
Ad HluikliiuteD. . ,
An dsn Pockaa .
An dpr hnitigeb Bräune C'
An di^F t^elüjriiaBtEimdiiHE
An (tu LanuenfiitiiiDdoni-
An der llnlerl>'ih>«nliiüidii..„.
Ab drr RalicBlzundunc (AiaunsJ
An d« Brnilenteiuiiliing.
A« EatziindoBaiSsb» .
An der liiinpn , ,
Ah NsrrenAtbei', ■
AiB Sobli-ioüiibn. .
Am KindbEltficb«. . .
Am abHliRDden s. gcbleicbFi
Aa oniiisiiiA>n F >hl«ii
A. or|.n. Feldern iin C „ .
An oTB«ni<iheii Fehlem dei Ueneni.
Ata BnicIiBahadeB , - . .
tm Xrebl. . .
ui Mn^enLreba
Am MuTlirk..»
Am Bnitkieb«
Am Bntd
I>wjtr]i.
KM...
Krantheiten.
1
1
1
^^
An K..cE>>i<i»irki<l>[re. ' . . .
i
=
=
_
,
z
7
ä
s.™
K»
m
ISJ
lU
677
Jahf-bücW Jm BrMtlkhen Fereim tm UimAm. II, •Mr-
gang.
Kurze litteräriicht Ahiäitgelt.
Jt. Kütlmer, Mediciniiche Ptiatnonu%eJogie, 2. Bd,
Iiäwenhardt, Oiagnaitüch-praktüctte MlumiBuiifftn
aa» il«fn Gtbiete der Medicin wui CMrviyic. 1. TA.
XiR«rnIirunnefl.
O. C. L. SigwitTt, Ueherttda itr m> KhiiffrfiiA
WSrtrmlerg und i» den ri»grtn»tndtm Oegendm lt~ ■
■ pniUichm Ümentlurnner.
Fr. J.'Rtrgt, Die Sthaxfel^u^m luid Bäder s«
LaagenWäcitn im Grofgheraoglhum Baden.
J. M. A. Prohtt, Die ZaüeiAaiuer SAwefttifudten. .
Aicdemisc
Berti*
J. Bruener, dt Msiculitnm mmgiM» Mhm cbter-
Schriften der ünivertiiät zu
« mtcraftopicae.
IJI"-
[ffl
^l*i
-h
H
ii I'
tiiP
C.W. Hufeiao d's
Journal
deir
practischen Heilkunde.
FortgeseUl
von
Drt Et Osanu;
ordentl* Professor der Medidn an derUniTerritatnnd der med»
diirurg/Academie für das Militair za Berlin, ptrector des
Mi. Foliklin. Institats y Ritter des rothen Adler- Ordens drittel
Klasse und Mitglied mehrerer geldbxten Geselisciiafleiv»
€frau, Freund, ist alle Theorie,
Jhdi ffrim dee Lehen» goldner Bauntm
Qöihe.
III. Stück. März.
Berlin.
Citdrackt und rerlegt b^ G. Retmer«
I
' I
üeber
die Qaarantame-Änstfilteirza
Marseille«
Vom
Geheimen Medicinalrath Dr. Link
zu Bertin*
(Vorgetragen 4. 17. Febr. 18.^7 in der Hafe1anä.med« chirnrf^
Gesiillscbait za Berlin.)
A.U ich im Jahre 1833 eine 'VVooha in Att
Quarantaine auf der Insel Zantbe und nachher
14 Tage in der Quarantaine zu Triesl gesesseo
hatte, las ich bald darauf in dieser GeselUchaft
einen Aufsatz über die Quaraixfäine- Anstalten
gegen die Pest überhaupt vor. *) Ich suchte be-
sonders einige Vorurlbeile über Desiofection za
berichtigen, unter andern über den Nutzen des
Wassers und des Waschens, den man in der
Ferne sehr hoch anschlägt und der in allen
Quarantaine- Anstalten sehr gering geachtet
wird. Man sej, yermutbete ich, auf den ge-
ringen Nutzen des Wassers gar leicht durch
*} Jonni» d. pr; Heilk. Bd, LXXVIIL- $(• 3. 8. 10.
AS -
^ 4
die BeraerkbBg gekommeD, Jab unter deDTv-li
keo, die sich oft baden nnd waschen, die Peäl«
deDDoch am meisten wiithet. Ich zeigte, dafall
die DesinfectioD in jenen Anstalten in eioali
Oxydation bestehe, die al]#r fast allein dorck |t
Lüftung und nur in wenigen Fällen dorchye^
sengen und Verbrennen ausgeführt werde«
Als ich im Vorigen Herbst in Marseilli
war, yersäumte ich nicht die Quarantaine-Aa*
stalten, so Tiel es erlaubt ist, sa beanchen asd
mich nach allen Umständen zn erkundigen«, Idi
that dieses um so geflissentlicher, da man is
allen Häfen des mittelländischen Meeres ubA
Marseille verwiesen wird, als dem SeehafeB|-
wo die besten Quarantaine- Anstalten sich be-
finden. — - Und das ist allerdings richtig, Sis
haben einen gröfseren Umfang, als in irgend
einem andern Seehafen^ auch sind sie, so ^M
sich Ton aufsen sehen läfst, f^undlicher nad
bequemer, als man sie sonst sieht« — Das«
kommt noch ein Umstand: Marseille läfsC al-
lein SchiiFe zu, welche Pestkranke am Boid
haben, da man sonst Schiffe, auf denen dis
Pest wirklich ausgebrochen ist, überall, sogar
zu Triest, abweiset. Darum steuert jedes Sdn^j
sobald die Pest darauf aosbiicbt, sogleich naä
Marseille«
Ich begab mich zur Cons!gne in Miaiaeille;
um zu fragen, ob es nicht erlaubt sej, mit den
gehörigen Wächtern, die ich sehr gern Jieiah-
len wolle, in die Anstalt selbst hereinsageben«*
Man Terneinte dieses, wtnn ich nicht einer
Quarantaine mich willig nnterwerf«! wolllt.
Dazu konnte ich mich nun nicht entecUielseBi
aue dem Hauptgnmde^ wtil dieWicbter diem
. — 6 —
für eioen strüflicbeb Vorvrit half 90, vri^ icii
aus den Unterredungen mit diesen Leuten sh
Marseille und anderwärts tcfaliefien mufs. Dar-
aus folgt dann ^eine ungewöhnliche^ neckende
Behandlung. Ich erzählte den Herren in der
Consigne, dafs man zn Triest einigen Bankiers
erlaubt habe, zu dem damaligen Finanz-Direk-«
tot des KcSnigreichs Hellas in sein Zimmer in
der Quarantaine zu gehen , worin ich mich
auch befunden 9 allerdings mit Wächtern toq
beiden Seiten, um jede Berührung der Klei-
dungsstücke zu Terhindern. Man würde dieses
nicht anders erlauben können, meinte ^man^ als
wenn der Marine-Minister es befehle^ auch %^j
eine grofsere Strenge nöthig, weil man wirk.-*
liehe Pestkranke aufnehme. — Die Consigne zu
Marseille liegt am Eingange des Hafens, da wo
mt in die Stadt tritt, an einer Ecke auf' der
Nordseite und ist übrigens so eingerichtet ^ wie
ich sie an vielen Orten gesehen habe. Da man
wegen des sehr vermehrten Verbrauchs der
Baumwolle in unsern Manufakturen hier und
da Besorgnisse hegt, als ob man in den Häfen
des mittelländischen Meeres nicht streng genug
sey, da auch vielleicht Viele nicht Gelegen-»
beit gehabt haben, das Verfahren zu sehen; so
will ich die Strenge beschreiben^ mit der man
hier und anderwärts verfährt.
Jedes Schiff, welches auf der Rhede tob
Marseille ankommt, mufs unter der Insel Po-
megue, etwa eine Stunde von der Stadt, vor
Anker gehen. Es fährt ihm dann ein Boot ent-»
gegen und erkundigt sich, woher das Schiff
komme und was es für einen Pafs (patent)
habe. Ist nun die Antwort, der Paus sey rei*"
Coet)i so erlaubt man dem Schiffi-Capitain, in
Wächtern nach der Consigne zn fahren; aoälii
kommt ein Wächter an Bord, um allen Ve^lta
kehr mit andern SchiiTeD zu verhindern. Du ISi
i'onsigne ist ein eckiges Gehäude; um zwcle
Seiten desselben läui't ein bedeckter Gang, aoflc
ivelchen man durch einige Stufen sogleich Tomli
Boote aus kobimen kann« Er ist wohl Ter-
schlossen und von dem übrigen Gebäude ge-
sondert« Gegen das Geschäftszimmer befiodet
sich auFserhalb ein Gitter, so dafs man aui
einem Feniter des Zimmers nach dem Gittar
sehen k<inn. Vor dem Gitter breitet nun i«
Schiffs -Capitain seinen Pafs aus, welcher voa
dem Geschäftszimmer aus gelesen wird* Aach
mufs der Schiffs- Capitain auf manche Fragen
antworten; er mnfs die Zahl seiner Matroaei
angeben y ferner Namen, Stand und Geburtsort
der Passagiere auf dem Schiffe, und nun wirl
entweder der Verkehr ganz freigegeben (prati-
c|ue libre) , oder es wird eine Quarantaine tob
8, 14 bis 30 Tagen ausgesprochen. Die Scbilfft'
leute ])allen ihre Quarantaine auf dem Schiffe,
weil sie beim Anniaden derWaaren seyn miia*
sen, und das Schiff bleibt bei der Insel Poine-
gue liegen , bis die Quarantaine beinahe To^
über ist; in den letzten Tagen darf es in dea
Hafen einlaufen , mufs aber beim Eingange auf
der Südseile liegen bleiben« Der auf dem
Schiffe angestellte Wächter mufs die Quaran-
taine luidtiachen und wird Terhaltnifsmälsig
Ton dem Schiffer bezahlt. — So sah ich es io
i^Iarseille und so ist es auch, nur mit Lokal-
Acnderungen, überall in den Häfen des mittei-
len Ji^cheu Meeres« Jedes Schiff wird auf diese
Weise empfangen, es komme woher es wolle,
und der Schiffer mufs immer nach der Con-
^i^ue fahren, die nach der überall im mittellan-
SicIieB Mter» henrtcbendeD itaIieDffdb«u Spmdie
'4miio di s&oita oder ka» la saoita beiftt. Die
Sacbe ist, 'wie xnao sieht » sagleich eine Poli*
lei'-Malsregel geworden. Nur die Kriegsschiffe
i^nelben Nation machen eine Ausnahme; der
Capilain giebt auf sein Ehrenwort an, woher
»r komme und wie die Gesundheit der Oerter
beschaffen gewesen, wo er Verkehr gehabt*
Alles dieses ist aber nur der Fall, wenn
ias Schiff von einem reinen oder Terdächtigen
Otim kommt. Ist es aber, wenn auch nurkurse
TMtp an einem Orte gewesen, wo die Pest
wirklich ausgebrochen ist, wie jetzt zu Con«
BtaotiDopel, oder sind gar Festkranke am Bord,
■o wird der Schiffer nicht zur Consigne gelas-
eeby eondern er muls sogleich zum Lazareth
fobren, um dort seine* Angaben zu idachen«
Auch die Peelkrauken werden ins Lazareth ge«
bracht. Die Waaren behandelt man rerschie*
den, die giftfangenden kommen nach dem La-
saretb, die weniger oder gar nicht giftfangen«
den kommen in das Magazin auf Pomegue.
Das Lazareth liegt an der Nordseite der
Stadt, -und zwar an der Bay, Ton welcher der
Hafen ein Arm ist. Es nimmt einen grofsen
Umfang ein und ist überall Ton einer hohen
IVJaoer umgeben. Wenn man durch das grofse
Thor binebgegangen ist, so sieht mav rechts
und links die bedeckten Gänge mit den Fen-
stern, aus denen man sich mit den im Laza-
reth eingeschlossenen Personen unterhalten
kann. Ein zweites Thor trennt die beiden be-
deckten^ Gänge ^ damit nicht die eiogeschlosse-
oen Personen mit den aufserhalb befindlichen
in Berührung kommen« Ein grofser freier Platz
r- 8 -
nimmt den ionern Raum eio; dort sielit man
das Haus des Kommandaoten , der ein ausgor
dienter See- Offizier ist, so wie die Häuser an-
derer Beamten, auch einige Restaurateara u. dgL,
ferner die Wohnungen für diejenigen, -welche
eine strenge Quarantaine halten müssen, uod
diejenigen , welche eine gelinde zu halten ha-
ben; beide gehörig getrennt« In Triest hat
man zwei Quarantaine-Anstalten, die eine stren-
gere auf der .Nordseite der Bay oder der soge-
nannten deutschen Seite, die andere gelindere
auf der Süd- oder istrischen Seite. Ein langer
Tisch trennt nur die Eingeschlossenen Ton den
aufserhalb Befindlichen, und oft ist ea ao Toll,
dafs man nicht ankommen kann, besonders
wenn die Speisen gebracht werden, welche
man aus der Stadt holen läfst* Der Prior, so
faeifst der Kommandai/, kommt dea Morgens
ins Geschäftszimmer, weil er nicht in der Qua«
rantaine wohnt, welches mancherlei Unbequem-
lichkeiten veranlassen kann. Die Plätze zum
Spazierengehen sind viel kleiner, 'ala zu Mar-
seille. Allerdings ist die Aussicht auf den Molo
zu Triest, der zum Spaziergange zuweilen er^
laubt istj aufserordentlich schon, aber der Molo
ist klein, und wenn die Borra weht, gehen die
Wellen oft darüber weg. Im Anfange wird
der Eingeschlossene immer von einem Guardian
begleitet) zuletzt aber läfst man ihn gehen,
weil er sich selbst schon in Acht nehmen wird,
Jemanden zu bei^ühren, der länger eiogescblos-
sen bleiben mufs«
tJebrigens gelten in der Quarantaine za
Marseille dieselben Grundsätze über die Desin-'
fection, wie an Triest und in andern Häfen des
— Ö —
I
knittellSnjIiscIieii Meeres. Der erste Grondiatx
ist: das Pestgift if?ird durchaus nicht, auch
nicht auf die geringste Weite, durch die Luft
übergetragen; dieses geschieht allein durch Be-»
rührung. Ferner: das Pestgifl haftet nur an
Sachen von rauher Oberfläche, besonders an
Wolle, Baumwolle, Papier» doch auch an Seide
und Leder, wenig an Holz, Matten, Brot und
andern Efswaaren, gar nicht an Metali, wenn
nämlich die Oberfläche rein ist. Endlich das
sicherste Desiofectionsmittel ist Aussetzen an
die freie Luft« Die Marseiller Qaarantaine hat
et nicht gewagt , Ton dem alten Desinfections-
Verfahren abzugehen; sie wendet nur in einem
einzigen Falle die Bäucherungen mit Chlor an^
nämlich bei der Desinfection der Briefe. Aller-
dings ist es eine grofse TJDbec|uemlichkeit zu
Triest, dafs man alle Briefe mufs erbrechen
nnd sie mit Schwefel räuchern lassen , worun«
ter man Kolophonium ii. dgl. mengt, um eine
gprolsere Plamme zu machen* Das ist nun hier
nicht der Fall, und man hat eine einfache Vor«
aichtung zum Räuchern der Briefe mit Chlor
in der Consigne zu Marseille.
Es ist eine gewohnliche Yorscbrift id allen
Qoarantainen, dafs die Ankömmlinge in Gegen-
iFfart des Arztes sich mit der Faust unter die
Achseln und in die Weichen klopfen müsseuj^
om zu zeigen, dafs sie keinen Schmerz empfin-
den. Die Sache scheint thöricht , denn , meint
man, wer geschwollene Achsei« und Leisten«»
drüsen von der Pest hat, wird nicht mehr um-
her gehen. Aber dem ist nicht so. Es giebt
in der Pest-Epidemie Personen, die, ohne ir««
geed eine Veränderung oder eine Störung unjF
I
— 10 —
VerletsoDf in ihren Verrieb tob gen su erteideBi
Bubonen und KArbuokelo an sich iiaben, die
«ich allmalig erbeben und leicht in Eitemgi
li hergehen, auch zuweilen sldrrlo» werden, sei«
tener aber unmerkbar und ohne alle weiten
Folgen verschvvinden« Zur Zeit der grofaea
Pest zu Marseille im Jahre 1720—21 rechnete
man die Zahl solcher Patienten auf fanffeha
bis zwanzig taMsend , und hätte die Pest nicht
sehr oft diese Wendung genommen , eo würde
Marseille mehr als drei Theile seiner Einwoh-
ner verloren haben. Kranke dieser Art gingea
auf Sirafsen und öffentlichen Plätzen nmhei^
verbanden sich selbst^ oder Terlangten bloe Mit-
tel zur Heilung solcher eiternden oder akirrkiH
sen Geschwülste* .
Ein vortreffliches Gemälde von Crenonit
welches eine Scene dieser schrecklichen Pest
darstellt, hängt in der Consigne zu Marseille^
wohl geeignet, um die Beamten za waroeBf
dafs sie ihre Pflicht nicht aus den Augen sei«
zen» Auch hat jene Pest erst den jetzigen Qua-
rantaine-Anstalten ihre strenge Form gegeben*
Qoarantaiae-r Anstalten hatte man aehon in
der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts. In der
Pest-Ordnung, welche der berühmte Wienerische
Arzt Managhetta als Manuscript 1665 hinter-
lassen und welche nachher ein ebenfalls be-
rühmter Wienerischer Arzt Paul de SorbaÜ
1679 herausgegeben hat, heifst es (Aasgabe
1729 S. 38): ^^Da aber einer von* einem pest-
süchtigen Ort abreisend , wichtiger Geschäft
halber , in die Seuchbefreyte Stadt und deren
Borgfried oder Vorstadt »ich einsulassen biH
- 11 —
felirle^ soll ihm die EJokehrung ehender nicht
rergüottiget und zogelasteo werdeo, er habe
daoD den anschuldigen Verdacht des anstecken-
den Giftes dorqh StiUIigen an einer gewissen
iiod ausgezeichneten Walbtadt eine geraume
Zeit erwiesen. Hierzu erfordert die Wienneri-
scbe Ordnung nur 14 Tag, die vorsichtige Stadt
Venedig aber ganzer 40 Tag, uud solches ganz
billig y weil die Erfahrung in Sterbens** LäuiFen
genugsam bezeiiget, dafs mancher wohl 3, 4^
5 oder mehr Wochen das anklebende Festgift
in oder am Leib mit sich herum getragen, ehe
es ihn krank gemacht oder ins Betb geworfen."
'Venedig hatte also, das bestätigen anch andere
Nachrichten^ die ersten Quarantaine- Anstalten,
«— Die 40 Tage^ die man anch in neuem Zei-
ten beibehalten hat, rühren ohne Zweifel von
einem Aberglauben her ; es sind die 40 Fakten-
tage. Erfahrungen über die Dauer des Gifts
jsn und in Körpern hatte wohl der gute Ma^
nagketta nicht, noch weniger die Venetianer,
welche 40 Tage wählten. Aber allen diesen
Anstalten fehlte es gewifs an den gehörigen
Einrichtungen ; dies beweiset das Eindringen
der Pest durch die Quarantaine- Anstalten am
£nde des 17ten und im Anfange des 18ten
Jahrhunderts« Noch im Jahre 1730 hagiKeyfs^
1er in seinen Reisen von den Anstalten zu Ve-
nedig, man müsse sich in Acht nehmen , wenn
man die Anstalten besehe, dafs man nicht un-
ter diejenigen gerathe, welche Quarantaine hal-
ten müssen« Ein Hauptgrund dieser Vernach-
lässigung war, dafs die Aerzte selbst nicht an
ihren Nutzen glaubten, dafs sie die Pest Toiri
Wetter, Nahrungsmitteln, Ausdünstungen u. dgU
entstehen Uefsen, besonders aber, dals sie mein-
^ 12 •*
ten» Bia stecke clarcb die Laft an« ESo« foldit
Vernacblätsigaog brachte auch die oben erwähnt»
Pest nach Marseille. Ee war im Januar 1720^
als ein Kauffahrteischiff, CapU Cbatand, Toa
Sldon in Syrien abreiste, wo bald nachher dis
Pest ausbrach« Chataud war Tom Sturm ge-
zwungen, in Tripolis einzulaufen und sein Schiff
'auszubessern , so dafs er erst im Alai sa Mu-
eeille ankam. Er hatte einige Todesialle aa
Bord und Termuthete selbst, dafs es die Pest
sey, denn er schlofs sich in seine Kajüte eia
und gab von dort seine Befehle. Chataud s^igte
bei seiner Ankunft die Sache den Ober-Sani*
Ints* Aufsehern aä, mit dem Bericht des Schifiih
chirurgus, der an den Gestorbenen etwa» Pest-
artiges entdeckt habe. Ablsr man achtete nicht
darauf; man behauptete , die Krankheiten wä-
ren von schlechten Nahrungsmitteln entstanden^
so dafs sich Chataud dagegen Tertbeidigea
mufste. Die Waaren wurden ausgeladen^ die
Kranken Tom Schiffsvolk in die gewohnlidieB
Krankenhäuser gebracht und das Schiff nicht
nach der Insel Jarr^ yerwiesen, wo damala die
Quaraotaine war. Die Krankhext ging offenbar
ganz von den Schiffsleuten und Ton den Waa-
ren ans und Terbreitete sich. De^ Ruf Ton An-
steckung wurde allgemein, nur ein WondarzI
Cevard, der die Todten besichtigte, behauptete
immer y es wäre nicht die Pest, bia er selbst
angesteckt wurde. Die Mafsregeln, welche nan
ergriffen wurden, kamen zu spät, die Pest stieg
zu einer schrecklichen Höhe« und. die Erzäh-
lungen TOn dem damaligen Zustande in Mar-
seille sind Schauder erregend« In dieser Stadt,
die 90,000 Einwohner zählte, starben Tom 10.
JuH 1720, wo die grofse Sterblichkeit anfing,
— 13 —
bis emn 28. Mai 1728» wo die Pest gXnzItch
aufborte, 39,134 Menschen, und ia der ganzen
Prorence, welche 247,869 Einwohner zählte,
starben in derselben Zeit 87,666 MenscHeo*
Han bilde sich aber nicht ein» dafs die Mehr^
heit der Aerzte die Pest fiir ansteckend gehal-
ten hätte. Keinesweges. Als die Pest za
Marseille ausbrach, wurden yon der hochbe-
riihmten medicioischen Fakultät za Montpellier
drei Aerzte: Chicoyneau, Vtrney und Didier^
dahin geschickt, Duvtrnty und Boyer Ton Pa«*
TIS und uiatruc von Toulouse. Die ersten drei
leugneten alle Ansteckung und behaupteten, die
Pest sey ein Produkt einheimischer Ursachen
gewesen und Chataud's SchiiT am Uebel ganz
unschuldig* Sie gaben gemeiDSchaflUch 1721
sa Lyon and Paris heraus: Observatioos et re«
flexions- toachant la natura, les ^t^nemens |et'
le Iraitement Ae la peste de Marseille. Man
widersprach und so erschien Ton einem der-
selben, Ton Chicoyneau, eine Lettre pour prou-»
Ter ce qu*il a avanc^ dans les obseryations a
Lyon 1721 und das Jahr darauf Ton demselben
eine Oratio de contagio pestilenti 1722 Mons-
pelii,* auch französisch« Man mufs indessen tob
Chicoyneau loben, dafs er 24 Jahr nachher mit
der gröfslen TJnpartheilichkeit die Sammlung
?ron Schriften über die Pest zu Alarseille auf
Befehl des Königs herausgab, die den Titel
führt: Trail6 des causes, des accidens et de la
eure de la peste. Par. 1744* An der Spitze der
Contagionisten stand der berühmte Astruo. Er
schrieb zuerst : Sur l'origine desmaladies epid^-
miques principalement de la peste, Montp. 1721*
Dann die Dissertation sur la contagion de la
peste oü Ton proare^ que cette maladie est re-
— 14 —
Atablement cootagietise. Tonloose 1724. bbI
2le Aufl. 1729. Diese Meinuiig wurde die alige-
meioe, sie faatte das Volk für sich, und die
Strenge der Quarantpine warde too dieser Zeä
an zuerst in Marseille^ dann io allen Häfen dai
mitteliändischen Meeres die Reg^«
~ 16 —
IL
Erfahrangen
über
den NotKen des kohleniaiireii
Eisens.
Voo
Dr. E. Münchmeyer
■Q Lüneborg,
In* wie Uftn das Eisen in die Reihe unserer
kräftigsten Heilmittel zn rechnen sey, bedarf
wohl kaum einer Erwähnung« Ueberall» wo
der Arst den. Tonus des ganzen Organismus
vermehren, die Maskelkräfte heben, dem arte-
riellen Blate eine kraftigere Mischung geben
und städuind auf die Nertensphäre einwirken
will» wird er unter richtigen Verhältnissen in
dem Bisen stets eins der wirksamsten Heilmit-
tel finden« Abgesehen rondem aufseren Ge-
brauche, kommt es jedoch bef der inneren An-
wendong desselben auüierordentUch darauf an,
in weldbei AUnge und Bereitung es gegeben
— 10 —
wird. Wird^es in se groher nnd anbalteiiAer
Dosis gegebeoi so entsteheo leicht Blutvrallaag,
BeäogsliguDg, BlutuDgeo aus Nase, Langen and
anderen Theilen und Neigung su wahrhaft ar-
terielien Eotzünduugen« Nicht minder kann dii
Wahl unpassender Präparate die erzielte Wir-
kuog leicht verhindern. Die roheren Fornüa
belästigen die Verdauung und Temraachea
Bchneü Aufstofsen und Flatus .TOn SchweiU-
^wasserstoifgas« Dabei führen sie nur we^ '
Eisen in den Organismus ein, sondern gehsa
grofstentheils mit dem Stuhle tvieder ab , wes-
halb sie selten die gehörige Wirkung harrop*
bringen« Ganz anders dagegen Terbält es sidi|
wenn das Eisen in flüchtiger, für Jen Orgaais*
xnus leicht zugänglicher Form angewandt wild»
Wird es so unter richtigen Indikationen beige»
bracht, so wird nie die erwünschte Wirkaog
fehlen. — Am schwersten werden' ionerlieh dii
Limatura martis, das Ferrum snipharicam, da
Ferrum oxydulatum nigrum Tertragen; xn des
leichteren Formen gehören die Terschiedenei
Tinkturen, die Flores salis ammoniaci xnartia-
les, das blausaure und yorzüglich das kohlear
saure Eisen. Bei den Tinkturen, widche eiae^
seits so leicht sind , dafs sie selbst io grS&em
und lange fortgesetzter Dosis die Yerdanimg
nicht angreifen^ ist andererseits doch sn bemer-
ken, dafs sie wegen ihrer Schwäche oft dea
Zweck verfehlen und nicht immer di^ er-
wünschte Heilung hinterlassen* Einige der an-
deren Präparate sind zwar kräftiger^ wirken
aber auf die Dauer feindlich auf die Verdaoang
ein. Das Eisen in Verbindung mit .der Koh»
lensäure vereinigt in sich die . erwünsehtasta
Eigenschaften. ' Es durchdringt in dieser flfieh^
tigen Form rasch den Organisoiaa vnd ontfidieC
— 17 —
krÜftig seine ipedflscho WIrkddg auf dat Nei^
yensjalem und das arterielle GefSfssjitera ; et
belästigt^ selbst in gröfserer Dosis, durcbao»
nicht die Verdaauogsörgaoe. Das beste Zeug«-
nifs hierfür liefern die natorlicheo Eisen- oder
Stahlwässef, io welchen sich das Eisen iikVer^
bindong mit der Kohlensäure TorGodet. Jähr-
lich kehren Taulende aus diesen Bädern cnriick^
Tfelche sich Ton den schwersten und hartnäk»
liigil^n Uebeln iheils TÖllig genesen, theils he*
deatend gebessert fühlen. Wenn aber aach
diese natürlichen Wässer am höchsten stehen
und weder Ton deo künstlichen Eisen wässemy
noch Ton irgend einem Präparate der Officinen
jemals erreicht worden sind, so läfst sich doch
nicht leugnen, dafs das durch Kunst gewonnene
kohlensaure feisen sich ebenfalls heilsam genug
erweisen kann und da, wo der Gebrauch der
eisenhaltigen Heilquellen unmöglich ist, sur
Anwendung aufforciert. Zur ferneren Beetäti«
gong dieser gewifs schon vielfach von Anderen
gemachten Erfahrung möge Nachfolgendes die-
nen. Bevor X ich jedoch etwas Weiteres über'
die Wirkung anführe, glaube ich noch Einiges
über die Art und Weise der Anwendung deH
koblensanren Eisens andeuten za müssen.
Statt das Präparat 20 wählen, welches sich
in den meisten Apotheken als Ferrum oxyda*
tnm' siibcarbonicum oder Subcarbonas Ferri Tor»
findet, ziehe ich eft Tor, es gleichsam von den
Kranken selbst 'verfertigen zu lassen. Denn
jenes Präparat der Apotheken enthält bald nach
seiner Bereitung wenig Kohlensäure ; *es wird
an der Luft schnell zersetzt und unter Einbufse
seiner Kohlensäure in ein Eisen -Oxyd -Hydrat
mit niir getingiem' RütkstAhde von ' Kohlensäaxe
Jmsm.'LXXXir. B. S. 8L B
-> 18 —
T^rwaadelt« äh wirklich koblensanret EiM
dagegen gelaogt et in den KSrner^ wenn mia
es nach der Vorschrift des Dr. Meurwr in Drt»
den ^) auf folgende 'Weite Terordoet : Baci
Ferr. solphuric. cryst, gr» jj (jjj)» Sarchar. alk
Setup, ß, M.f. p. Disp. taL dos« No. XII. D.&
No. 1. «^ Rec, Natr. carbonic« acidnl« gr« jj
(jjj), Sacchar« alb. tcrop. ß^ M« L p* Diap. ttL
dos. IVo. XIL D. & No. 2. Ana jedem Pack-
eben läfat man znr Zeit ein PnWer far aiäi
mit Wasser anrühren, dann beide suaammant
giefsen und ao nehmen. Durch dieae Zntem*
meomischnng bildet sich kohlenaanree Pitia
und schwefelsaures Natron. Dea letsteren Yfitm
kung neben der des Eisens ist, obgleich nidü
stark i doch gewils in den meisten Fällen gav
erwUoscht« Die Dosia dea Eisena m dtotsr
Form mag Tielleicht etwaa gering eracheiati^
da man meistens die Vorschrift findet, eiasn
halben bia gaoxen Skrupel pro Doai aod aethsl
darüber an geben« Die Engländer gehaa
noch weiter und geben ea bis an mehrenn
Drachmen zwei- bis dreimal täglich. **) A*
IMson gab es selbst zu einer halben Uoae alla
swei Stunden und Blacktii liela acht Ubub ja
einem Tage ohne« Nachtheil Terbrancheik In«
dessen spricht die Erfahrung dafür, dafa in obi»
ger Form daa Mittel bei weitem kräftiger ist
und eben so Tiel kohlensaures Eiaen enthS^
alt eine, rielfach Tergrollserte Gabe dea tiocfc*
neu Präparats« Ich habe mich noch nicht fe»
zwungen gesehen, die Doaia mm Teratärkaa,
») SOmUtes Jahrb. ISSd. M. CC. Pag. II. «• TiHil.
Biichof Haadbodk te ArmsiaitttlUiei U. ffi
p« 723.
^ NeDe Sand, awml, AUaadL U Xm» K 111^
— 19 —
den erwHoschteB Errol^ so bewlrkao, obgleich
ich sie stets nui^ ein- bis sweimal, höchst teU
ten dreimal aa einem Tage Dehmeo liefs. «^
Ich werde )etst einige Fälle , ia denen ich die
gote Wifkang des kohlensaaren Eisens besoo»
äers heryortreten sahi anreihen»
Gewisse amenorrhoische Zustande , bsi
denen alle krankhaften Erscheinungen die toni»
•irenden Heilmittel erheischeni passen sich to^'
BÜglich f&r den Gebrauch des kohlensauren Ei»
MOS. Ausgeschlossen miissen hier diejenigen
Amenorrhoeo werden , welche durch orgaoi*
sehe Verbildungea der äufseren oder innereo
Geschlechtstheile^ so wie durch bedeutende De«
Btmktionen der Abdominal -Eingeweide bedingt
eiod, eben so diejenigen, welche zwar aus det
allgemeinen Gonstituiion entspringen^ aber mehr
den sthenischen Charakter haben und bei Sub«>
jekten Torkommen, bei welchen sich eine übef»
wiegende Thätigkeit des arteriellen Sjstemi
seigt. Ich rechne hier dagegen besonders die
Fälle her, wo eine wirkliche Asthenie als Hin«
dernifs der Menstruation auftritt Wir finden
dies bei aarten, gracil gebauten Subjekten, mit
blasser Gesichtsfarbe, bei denen die voUstän*
dige Ausbildung des ganxen Korpers durchaus
noch nicht zu Stande gekommen ist, bei deaen
das arterielle Gefafssystem mehr in den Hinter-
grand tritt und das Nerrensyslem sich sehr
reizbar zeigt. Daher pflegen hier krampfhafte
Beschwerden den höchsten Grad zu erreichen
and am Ende doch gar keinen oder nur einen
geringen blafs gefärbten, schleimigen Ausflufs
aas den Geschlechtstheilen zu bewirken. Es
•lad dies solche Zustände, welche wir liber-
banpt natar dem Namen der Chlorosis begrei*
B 2
«» 20 «-
fen. In diesen Fällen, ist das Eisen ein gi-
rühmtes und allbeksDotes Mittel; es Tennehrt
den Graor des Bluts nod giebt dadurch dem
ganzen Organismas mehr Tonus« Die Blatge-
fäfse bekommen mehr Energie, ihr Conteotooi
fortzutreiben, und die Nerren mehr ThätigkeiL
allen ihren Funktionen kräftiger TorzusteheD.*)
So sehr sich diese Wirkung des Eisens über-
haupt bestätigt, so ge^ifs ist es doch anch^ wis
ich schon oben bemerkt habe, dafa Tiele Pii-
parate desselben theils zu schwach wirken^
theils wegen schädlicher Einwirkung auf die '■
Verdauung nicht lange genug fortgehraacht wer» \
den können. Den gröfsten Ruhm in diesen Za<r
ständen haben die Heilquellen Pyrmont , D»*
bürg, Brückenao, Bocklet n. m. ••
m
Nicht minder aber habe ich die knftigp
Wirkung des kohlensauren Eisens in oben er-
wähnter Form zu rühmen, da es sehr ras(Ä
diese Zustände hebt und nie, wenn' nicht wirk«
lieh organische Veränderungen rorhanden sin^
üble Folgen nach sich zieht. Wenn der Zweck
der Kur in so fern nicht immer Tollständig er-
reicht wurde, dafs die Menses sich einsteUtSBi
so hatte dies seinen Grund im Mangel der gas«
zen körperlichen Ausbildung. Das Verschwin-
den der übrigen krankhaften Beschwerden b#-
*) Wendt fuhrt bei seiner BiatbcDoBg der Cblsraii
tine Art an , die sehr zo unterscheiden iit. Sie ssB
iliren alleinigen Grand in einer erhöhten En^fiad-
lichkeit des NerTensystems ^ darcbaas niefat in eizon
primären Gesnnkenseyn des irritabeln Lebena Üea
ond grofse Tendens zer Zebrform «eigen. Hier sol-
len statt des Eisens ond der anderen Tonica nnr die*
ienigen Mittel passend seyn » weloh^ den B
besehranken, ohne die Gegfstbiti^wtt an
Um« Mogax. Bd« 4S. H. d»
^ 21 —
stStIgfe inclelii gtim^am ien berrllcbeD Eioflub
des Heilmittelt» Ohne Tielo Fälle hier aozu-
fuhren, "werde ich nur zwei erzäbIeD, die mir
besoDder» herrorstecbend «cbeioeD«
1) Sophie K., 20 Jabre alt, Ton leoko-
Ifhlegmatitcbem Habitus, bekam im fanfzehoteo
ahre zuerst ihre MenslrualioD« Diese kehrte
mehrere Male unter bedeutenden Beschwerden
wieder; jedoch war der Ausfluft jedes Mal sehr
gering und hielt nur ein bis zwei Tage an«
Darauf blieben die Menses allmälig fort» wie
die Umgebung meinte» in Folge einer Erkal-
tung« Jedoch schienen mir besonders die Ver-
hältnisse» in denen das Mädchen lebte» Schuld
daran zu seyn. Sie gehört einer sehr armen
Familie an, bat stets nur schlechte Nahrung ge«
habt» dagegen sich oft schweren Arbeilen un-
terziehen miusen. Von der Zeit her fing sie
an zu kränkeln» bekam eine blasse Gesichts-
farbe» litt hin und wieder an Ohnmächten und
krampfhaften Beschwerden. Diese Zufalle hat-
ten in diesen yier Jahren beständig zugenoin«
men» In der letzten Zeit hatten die Kranke
die Krafte wollig Terlassen, so dafs sie mei-
stens im Bette bleiben raulste* Häufig litt sie
an Ohnmächten» die mit starkem Herzklopfen
anfingen; diese wechselten mit förmlichen epi-
leptischen Anfällen ab* Sie war beständig müde,
wurde aber während des Schlafs» besonders in
der IVacbt» yon schweren Träumen gequält.
Kopfschmerzen rerliefsen sie fast nie ; ihre Ge-
müthsstimmung war sehr trübe» so dafs sie häu-
fig weinte^ ohne den Grund davon angeben zu
können. Ihr Appetit war sehr mäfsig» die
Darmansleerungen kamen regelmäfsig» enthiel-
ten aber Tiel Scldeim« Wegen der äufseren
^ Sit --
I
Verhältnisse 4er -KranXeo^ welche nlchl gebeii
sert vrerden konnten^ schien die Prognose niclil
hasoodiirs giiostig gestellt werden' cu konneik
Um desto mehr mufste der Erfolg Hberrascbei.
Nachdem ich die Diät^ so weit et eich thm
liefs, geregelt hatte, verordnete ich ihr 12 6s-
beo des kohlensauren Eisens in ohiger. Formt
Ton denen sie täglich eine nehmen sollte. Ab
diese Terbraucht waren t war der Erfolg schal
sehr bedeutend. Die Kranke lählte eich bei
weitem stärker, konnte den ganzen Tag aeÜMi
dem Bette seyn, hatte nur hin und wieder Ai"
Wandlungen Ton Ohnmächten ; die epileptiKhca
Anfalle waren ganz ausgeblieben^ der Ko|ifr
schmerz hatte sieh sehr gemäfsigt, Bia sdilisl
ruhiger, der Appetit wnrde besser, die Dar»^
Ausleerungen waren dunkler, nicht mehr nü
Schleim gemischt* Während dee jSobraochs
der zweiten Verordnung Ton 12 DoseOj welds
ich jetzt machte, war der Erfolg noch spre-
chender. Die allgemeine Besserung nahm wäL
jedem Tage zu, und am achtzehnten Tage im
Kur stellten sich unter Kreazschmercea die
Menses ein, obgleich nur eine unbedaateadt
Menge Bluts sich entleerte und sie schon am a»
dern Tage ausblieben. Während dee Gebraochs
der andern sechs Dosen der zweiten Tcvoid*
nung verschwanden die übrigen Krankbeil»"
Symptome gänzlich, so dafs eine dritte Ver-
ordnung nicht nothig wurde» Die Kranke war
jetzt wieder heiter gestimmt, ihr Gesieht ceigle
mehr Farbe; der Appetit und die Verdanaag
waren gut; Kopfschmerzen stellten sich nicht
mehr ein, Sie hatte ordentliche Kräfte wieder
erlangt, so dafs sie ihre gewohnlichen Arbeiten,
selbst schwerere^ jetzt gut verrichten konalei
Ton Ohnmächten ond kr^^mpfliaAeit AniaUiB
— 23 •»
hMe sla Dlctift mebr bemerkt. Ifacfa swei Bfii-
taateo sab ich die Kranke zufällig wieder. Sie
tabmte ihr Befiodea aufserordeotlich, halte
nicht eiDmal eioe Aowandluog too Ohnmacht
oder Hersklopfeo wieder gehabt« Ihr gutea
Ansaeheo bestätigte diese Aussage TÖliig.
2) Elise P.f Tiersebo Jahr alt, ist aus- einer
Familie, in welcher die Chlorosis förmlich erb«
Höh sa seyn scheint, indem swei ihrer Schfre«
Stern diese Krankheit im höchsten Grade ge*
habt haben. Bis in ihr dreisehntes Jahr halle
•i« sich immer wohl befunden. Dann fing sie
an SU kränkeln, verlor die Kräfte, bekam ein
bleiches Aussehen« Als dieser Znstand nach
einem halben Jahre immer bedeutender wurde,,
nahmen die Eltern meine Hülfe in Anspruch.
Ich fand in der Kranken ein cartgebautes,
•chwäcbliohes Mädchen, mit dem ausgeprägte«
eten Bilde der Bleichsucht. Sie war sehr ma-
ger, die Farbe ihrer Haut war- nicht allein blab,
aondero spielte, wie man es bei den höheren
Graden dieser Krankheit findet, etwas insGelb-
griine. Sie besafs kaum so viel Kräfte, um
sich auf dem Stuhle sitsend au erhallen ; be-
wegte sie sich, so trat Hersklopfen ein; stand
sie auf, so wurde sie ohomächlig. Heftige
Kopfschmersen, 'vollige Appetitlosigkeit, leerer,
trequenter Puls begleiteten diesen Zustand« Sie
erhielt das kohlensaure Eisen täglich in zwei
Dosen xu nwei Gran« Als sie zwei Wochen
hindurch dies Mittel gebraucht halte, trat der
erwünschte Erfolg schon ein. Sie bekam wie-
der bessere Farbe ^ hatte so weit ihre Kräfte
wieder, daCs sie kleine Spaziergänge im Freien
«nternehmen konnte; selten trat Herzklopfen
(ün^ nie wurde sie ohnmächtig« Der Appetit
— 24 —
batle sich bedeutend eingestellt NAch Vetlsrf
der sweiten vierzehn Tage fiiblte ^ch Palien-
tin Tollig wohl, hatte eine gute Gesichlsfarbei
war ganz frei von Kopfschmerzen und Hers*
klopfen. Der Puls 'ging kraftiger und voller»
Die Mutter erhielt nun den Auftrag, das koh«
lensaure Eisen so lange als möglich fortzuge-
ben. Nach abermals viei^ebn Tagen horte sie
indefs auf^ durch das Wohlbefinden der Tech*
ter dazu veranlafst. Dies schien zu fKib n
aeyn. Denn nach Verlauf einiger Wochen ver»
lor die Kranke wieder ihren Appetit, ohne dies
durch irgend einen Diätfehler veranlafst za ha-
ben, die Gesichtsfarbe wurde bleicher und -die
Kräfte fingen an zu schwinden« Es wurde so-
gleich wieder zu dem vorigen Heilmittel ge»
schritten und schon nach drei bis vier Tagen
kehrte der Appetit und mit ihm sehr 'bald das
ganze Wohlbefinden zurück. Jetzt ist wieder
ein Monat verflossen, die Kranke hat bestand^
das kohlensaure Eisen genommen und ueh ver-
trefflich dabei befunden, so dafs sie Sbef nichts
zu klagen weifs. In der letzten Zeit haben
sich öfier Kreuzschmerzen eingestellt, Was
wohl auf baldiges Erscheinen der Menatmation
hindeutet«
Der Nutzen des kohlensauren Eisene in
rbeuiDatalgischen und neuralgischen Zuständen
ist längst beobachtet und durch die Erfahrnng
berühmter Gewährsmänner bestätigt. Vorzug-
lieh rühmen Einige den Nutzen desselben ge«
gen den Gesichtsschmerz. ^^ Jedoch scheint es
gegen den eigentlichen FothergiÜM^ibtn Geaichti-
*) Nene Samml. auserles. Abband!« XYIL Mr. 115:
Vü. psg. 3ie,
^ 25 —
•ebnen keine Kraft su haben, sondern bat sich
bis jetst noch immer ohne Erfolg gegen dieses
furchtbare Leiden gezeigt. "*) In nacbfolgendem
Falle Tertrieb es gleichwohl vollkommen den
Gesicbtsscbmerz, der sich jedoch nicht als Pro-
sopalgia FothergUIi zeigte«
Die Frau des Kaufmanns T. in Bf der
Periode der Gessalion nahe, seit einer langen
Reihe Ton Jahren an ausgeprägter Hysterie lei-
dend, wurde schon seit längerer Zeit Ton Ge-
sichtsschmerzen geplagt, welche Ton der linken
Snpraorbitalgegend ausgingen und sich über die
linke Gesichtshälite verbreiteten« Seit drei bis
Txer Monaten waren diese Schmerzen sehr bef«
tig geworden. Der dortige Arzt halte dagegen
Mervina, AntiarCKritica und das Chinin verord-
netp aber keinen Erfolg gesehen. Als das Allge«
meinbefinden sich immer schlechter zeigte, Wurde
mein Vater, der lUedicinalrath iU«, als zweiter
Arzt hinzugerufen. Er fand die Kranke in einem
sehr aufgeregten, febrilischen Zustande. Der
Gesichtsschmerz peinigte sie fast beständig, wo-
durch der Mundwinkel und die übrige Gesichts-
hälfie^ welche befallen war, nach unten hän-
gend erschien. Nachdem durch ruhiges Ver-
halten und kühlende Arzneimittel die Torban-«
dene Aufregung beseitigt war, trat jetzt ein sehr
kraftloser Zustand hervor, bei dem der Ge-
sichtsschmerz in geringerer Heftigkeit fortdauerte.
Neben einer gehörigen Diät und dem Gebrau-
che von Malzbädern nahm die Kranke hier-
gegen das kohlensaure Eisen. In Flolge dieses
kehrten die Kräfte sehr bald wieder | die An-
*) Vcrgl. 8acK$ und Dtdh HandwÖrterb. d. prakt. Arz«
nsimitUUebre. Tb. U. Abtiu U. S. 642,
— 2» —
fälle der Prosopalgia worden sellenrnr, bamn
ders de» Nachts, uod raubten Dicht mehr, wie
früher^ den nächtlichen Schlaf. JNach änem
Monate wer der Gesichtaschmers TÖlIig Ter»
scb wunden, die Kranke fahlte sich kräftig and
klagte über nichts , als einselne nnbedeuteBde
Symptome des Hjsterismusi welche sie wohl
nie ganz Terlassen werden, -— Dals der 6e-
sichttschmerz in diesem Falle nicht piStiÜch
durch den Gebrauch des kohlensaurea Eisens
gehoben wurde, wie es Ton anderen Aerzten
beobachtet ist, mag. theils in der IndiTidaalilit
des Falles begründet gewesen seTo, theils lag
es vielleicht an der geringeren Gabe des Mit-
tels. Was in Bezug auf die Dauer der Hei-
iung bei solchen Gesichtsschmerzen TortbeUha^
1er sey, ob die plötzliche, oder die allniiligp
Vertreibung, will ich dahingestellt lasscfn« Ge-
nügend ist es wohl, dafs die Kranke sehr bald
Linderung erhielt, bis jetzt, nach Terlaof yfvk
fast einem ganzen Jahre, keioeo Biekfall ge-
spürt hat und während der Kur dqrchans
keijoe schädliche Nebeowirknog dea Eiaeoa be-
merkte«
Bei jungen Männern, welche aich aagt*
strengt längere Zeit hindurch geistigen ArbeiteB
hingeben, ohne in gehöriger Bewagang aad
Aufheiterung den nothigen Wechsel sa eaebea,
tritt nicht selten ein Zustand -von wolliger Ab-
spannung des Geistes und KSrpere ein, dar
eines langen Zeitraums bedarf, um wieder ge-
hoben zu werden* Das Nerrensjratem , fiber-
reizt theils durch die Arbeiten, theils dmk
künstliche Reizmittel, Terliert zuletzt seine Eaei^
gie, um allen Funktionen richtig Torsnatahea.
Von Seiten der Vardauungsorgana liar biUst
— 27 —
•icb ebenfallt tio Krankheicskelm tfu , iodem
wegen der aitseoden Lebeoswebe die Ver*
danuog nicht mit gehöriger Thätigkeil Tor *ich
flieht. Die Chylifikatioo und Sanguifikation wer*
den feblerbafl. — Das Resaltat Ton allem die«
eem ist jener Zustand Ton Schlaffheit aller gei*
stigen und körperlichen Funktionen. Die erste
Aufgabe des Arztes wird hier seyn, etwa Tor-
bandene Stockungen in den Abdominalorganea
KU heben, dann aber überall den gehörigen To«
DOS wiederherzustellen« Das Eisen ist auch hier
an seinem Platze* Da indefs die Verdauung
leidet, wird es besonders der Vorsicht bedär«
fen, dafs man dasjenige Präparat wähle, wel-
ches leicht den Organismus durchdringt, am
wenigsten genannte Funktion belästigt, beson«
dera nicht durch seine adstringirende Eigen -
jschaft Obstruktionen herrorbringt, flieine Er
fahrung, die freilich bis jetzt nur aus einem
Falle hergenommen ist, spricht auch hier für
den Nutsea dea kohlensauren Eisens,
Ein junger Gelehrter, ron nicht gerade
kräftiger Constitution, wurde durch Umstände
genöthigt, mehrere Monate sich sehr eifrig mit
den Wissenschaften zu beschäftigen, Während"'
dieser Zeit waren den ganzen Tag über die Bii-*
eher fast seine einzige GesellscbafI« Oft arbei-
^ tete er bis tief in die Nacht hinein und suchte
sich den nahenden Schlaf durch Kaife und ahn-'
liehe Reizmittel zu vertreiben. Körperliche Be-
wegungen nahm er nur selten Tor, So lange
er dies fortsetzte, glaubte er sich ziemlich wohl
KU befinden ; als er aber in diesen Arbeiten nach-
liefs, trat als Folge die gröfste Abspannung ein.
Die fräheren körperlichen Kräfte fehlten ihm,
•o dafs er auf den Spaaiergängen, welche ejr zu
n . ^
•^ 28 ^
■einer Erbohng nnteroaliin, leicht ermüdete« Er
euchte sich durch kräftige Nahmbg Wieder n
stärken^ f^nd aber nicht den erwnnscbten E14
folg; auch fehlte ihm der gehörig« Appetit.
Seine GesichUfarbe war blasser, tvie gewohif*
lieh. Nachts schlief er fest, hatte aber hänlig«^
saweilen in einer Nacht 2*— -3 Mal eich wie«
derholende Pollutionen. Statt sich am Bfoigen
gehörig erquickt zu fühlen , war er bestand^
echläfrig^ so dafs er schon nach einigen, filoar
den, wenn er sich einen Augenblick luhig hin?
setzte, wieder einschlafen konnte« Zu elis^
geistigen Arbeiten war er gänzlich mitaiigUch.
— Viele Bewegungen im Freien, soDstige Ad:
heiterungen, Unterlassung aller geistigen Arbsi?-
ten und der Gebrauch gelind eröffnender Mill|l
veränderten den Zustand nur wenig. Bau-
schien etwas Besserung einzutreten, bald TW'
lor sich diese wieder. Am bedenklieheten scUs«
uen die häufigen Pollutionen zu sejn, die bei
ihm ganz unbemerkt eintraten, dorchane niAt
in Folge Ton äppigen Traumbildern. Eine se
bedeutende Ausleerung dieses edlen Secreü
war schon an and für sich hinreichend, nm dsa
Schwächezustand nicht allein zu nntierhalteo,
sondern auch' noch zu rermehren. «— Gegen
dieses Uebel gab ich dem Kranken das kohlea«
saure Eisen, liefs ihn aber die friihera Diät zo-
gleich noch beibehalten. Dadurch wurde in
Verlauf *?on drei Wochen der Zustand gebe«
ben. Der Kranke ftihlte sich nach dieser Zeit
irollkommen gekräftigt^ besonders da die Polio-
tionen sehr bald seltener wurden, und jetzt nur
noch in solchen Zwischenräumen, wie es frBber
geschehen war, eintraten. Sein Schlaf war nihig
und erquickend; sein Geist hatte die friihere.
Thätigkeit mid Regsamkeit wieder erlangt
— 29 —
Aebnlicbe ZastanSe lonnen rielfach Tor«
kommen und zwar durch yerschiedeoe Ursachea
herbeigeführt* Dergleichen entsteheil nach häu-
figen und profusen Blutungen, dem Verluste an-
derer' für den Organismus nothwendiger Saft«,
überhaupt nach den meisten Proflurien. Hier
wird ebenfalls das kohlensaure Eisen bald bIs
wirkliches Heilmittel dienen, hald wenigstens
die Kur kräftig unterstützen.
Was den Nutzen des kohlensauren Eisens
gegen krebsartige Leiden anbetrifft^, gegen wel-
che es besonders Ton Carmichael und If^opp er*
probt wurde, so lann ich hierüber aus eigener
Erfahrung nicht firtheilen. Eben so kann ich
weder über seine Tor kurzem empfohlene Heil-
kraft hei der Tussis convulsiva^ noch über dea
▼on Vanderburgh und Elliotson *) gerübmtea
Hntzen desselben gegen die Chorea StiViti bis
jetzt etwas Bestimpites anführen.
*) Nene Samml, anseil« AUi* IX« S. 482«
— 30 -*
UI.
-praktisclie
Adversarien,
mitgetheilt
▼ 00
Dr. P. J. Schneider,
GroIsherzogL Bädisehem Mediciimlrttht lud Pl^rilni iM
Oberamts Ofienborg,
^
tm Von Jer Kran1chintS''Constiiution und dm
herrschenden Krankheiten im Jahre 183S*
Piach mtinen Beobachtaogen glticht das Jahf
1835 io seinen meteorologischen VerhäUoisiM
und in Bezug auf die anhaltende Trocktn)!«!
und den fast unerträglichen Grad von Bitso sehr
dem Jahre 1834« Wir hatten nämlich in Ar
•em Jahre 124 ganz heitere find moe, 117
Schnee» und Regen- und 124 T6riiad«ilickl
Tage.
Der höchste Barometerstand fand am 2. Ja*
ttoar mit 28^' 3^^'^ der niediigsla dagegen m
— 31 —
. October mit 26^' 9^ »taU. BeHa Ex-
me gehören in meinem PbysikaU-Bezirke so
a sehr teltenen.
Die> sjärkste Hitse zeigte das Thermometer
I 16. Juli Nachmittage 2 Uhr im Schalten
t -4* 29^ R., die etreogate Külie dagegen am
. Morember Morgens 7 Uhr mit — 7^ R,
Die herrschenden Winde waren SW«^ NOi^
and SO»
Das Jahr 1835, wie das Ton 1834, gebSrte
den sehr tro€kenen\ der Entwicklung der
tterge wachse, Gemüse und tbeil weise auch
m Obste war es sehr nachtheilig. Kleine
che, Quellen und ^iele Brunnen trockneten
t ganz anSf und manche Brunnen in Ort*
laflen mnfsten zwei und drei Mal tiefer ge->
iben werden» nm Wassermangel Torzubeugen.
Eine so stabile, durch keine sehr grelle
I plötzlich eintretende Veränderungen unter-
»chene Witterungs-Constitution , wie die von
34 und 1835, konnte daher im Ganzen nur
chst utrohlthätig auf den allgemeinen Gesund«
itszustand einwirken, und diesen in derThat
Allgemeinen so befestigen, wie es seit zwei
ic^nien kaum je der Fall war; zum wenig-
m darf ich keck behaupten, dafs mir seit
14 noch kein solches Jahr Torkam, welches
h so sehr durch einen so auffallend und an-
Itond geringen Krankenstand ausgezeichnet
tte. Denn nicht nur fanden während dessel-
II weder Epidemieen^ noch Epizootien in mei-
n Amtsbezirke statt, sondern selbst die chro-
.chen Krankheiten verliefen in der Regel weit
li^er und erträglicher^ als in andern Jahren^
i manchem Sitcheo ward sein iuriinkelndes
^' 33 —
Pebeo weit langer gefristeli als et" unter entg»
gepgesetzten meteorologiacben VerbältDieMn Ü
Fall geweseu seyn würde. Es scheint dahd$
dafs eine beständige, warme; trockene und seUicl!
beifse Witterungs • Constitution dem animahl'
Lebensprocesfte weniger nachtheilJg is^ als eni|
dieser enigegengesetste« ' . .'A
Die Krankbeiten Tom Januar bis Endl
März bestanden in leicbten galHcbten , Sabitf^
ral-, rbeuroatiscben und katarrbalischen Fiebsn^
in ächten und falschen Lungenentzündongep, n
WechseKiebern und Rosen. Nur sehr seil«
traten heftige topiscbe EntzSndungen anf^ wil«
rend der sporadische Typhus sich hier nnd d^
blicken liefs. — Von den chronischen Kraal'
beiten waren Lungen - und Wassersdeht eil
veraltete Hautautschläge dl« gewohnliehsteD. —
In therapeutischer Beziehung bewahrte uch die
antigastriscbe Methode ^ auf welche gelind dia-
phoretische Mittel folgten. Gegen heftige, Is-i
pische Phlogosen blieben allgemeine and Silr
liehe Blutentziebnngen in Yerbindnog mit itas»
ken Dosen Salpeters nie ohne achnelieii aal'
erfreulichen Erfolg.
Vom Anfange Aprll's bis Ende * Joah
herrschten yorziiglich Sabnrral« imd 6alleafls>
her, rheumatische Brustfell- Bntsiindangen, La*
her- und Unterleibs - Entzündungen nnd ^«fi*
discher Typhus als prädominirende UehalsejapM
formen bei Erwachsenen, bei Kindern dagsgfll
Gehirn -Entzündungen. — Zn Ende Joni's ka^
xnen mir fast gleichzeitig mehrere Fälle Toa
Morbus haemorrhagicus maculosns H^erlheß
iror, welche mit wirklich gefSbrlichen^nnd kaeii
zu stillenden Blutungen aus ])Iund mid HaiS'
Verbunden wallen. Eben so lEeigtva aidi Ve*
— 33 •—
rioloiden sporadisch und ron Sofserst gubarti-^
gern Verlaufe, so wie Influenza Ton sehr ge-
linder ArL Sanft ausleerende Mittel, {e nach
der Turgescenz der angehäuften Gruditalen ge^
wählt, strenge Diät, zweckmäbiges Regimeh
und Beförderung der Krisen durch diaph'oreti^.
sehe Mittel mit mehr oder weniger örtlichen
Blutausleerungen entsprachen vollkommen dem.
Heilzwecke. Bei dem Morbus JFerlhqfii wur-»
den zuerst säuerliche und kühlende Pqrganzen,
nachher Styplica, namentlich das uicidum pyro-'.
lignosum mit einem concentrirten Ghinadekokto
mit erwünschtem Erfolge inqc^rlich angewandt«.
Nur sehr langsam schritt jecjoch die Genesung
bei diesen Mitteln Toran , weil durch die Tor*
ausgegangenen höchst beträchtlichen Blutungen
die Reproductionskraft zu feindlich niedergedrücfcjt
worden war.
Vom Juli bis Ende Septembers herrschten
Torzüglich Gallenßeber, Cholerine, Wurmfieber»
Diarrhöen und sporadischer Keuchhusten unter
den Kindern, von welchem selbst einige Er-
wachsene durch Ansteckung ergrüTen wurden«
Dagegen entwickelte sich der sporadische Ty* ,
phus immer mehr und deutlicher und mehr proto*
pathischf denn als ansteckende Krankheit, •— Ebeji
SO beobachtete ich mehrere deuliich entwickelte
und ausgesprochene Gastro - Enteritides nach
Sroussais, Auch hier zeigten die ausleerenden
lüttel gegen gallichte und Saburralßeber ihre
entschieden treffliche Wirkung, namentlich wenn
sie mit säuerlichen Getränken unterstützt wur-
den, während sich gegen habituelle Diarrhöen
nachfolgende Mischung überaus heilkräftig be-
währte: Rec. Aquae Foeniculi Unc* quatuor^
Polr« Cretae ppt vel Concb« ppt« G« arab.,
Jou». LXXXIV. B. 3. St C
- 34 -
TiBct« Calom* arom. aa Drachra. daas, Syrm.
cort. Aur. Udc. ud. M. D. & Täglich 1 EtüWA
voll so nehmen.
Gegen den Keuchhusten befolgt« ich
Ton mir (Aonalen für die gesammte Heilkunda
unter der Redaction der Mitgl. d. Grofsh. Bad,
Sanitäts-Commission 1. Jahrg. 1824. II. H. S. 6Q
angegebene Methode, namentlich folgendes Pnl-
Ter: Rec. Pnlr. Rad. Ipecacnanh., Palr. Rad.
Belladonn. an gr. }j, Flor. Sulphur. lot. gr« xzzgi
Sacch. alb. Drachm. duas. M. f. PuIt, et din-
datur in Tjjj partes aequales. S. Täglich 3 hii
4 Pulver zu nehmen. — Hierbei fahle ich mich
jedoch SU der Bemerkung Terpflichtet^ dafs iA
Yon dieser Mischung diesmal im DuriAiscbnitte
keine so ausgezeichnet günstige Wirkang als
früher beobachtete, der Keuchhusten sich nichts
desto weniger in die Länge zog, und die kl««
nen Kranken höchst elend und abgemattet wor-
den. Ich eröffoete daher späterhin, nach Tour-
touaVs Rathe *)^ die Kur mit einem Brechmit-
tel, welches ich zuweilen wiederholte ^ und
Setzte überdies obiger Mischung noch eiaei
halben bis ganzen Gran Opium- Extrakt hinan,
nach welchem Ach erst eine rorzüglich gnla
Wirkung beobachtete. Das ron Dr. Fäisditfi
empfohlene Pulver aus Herb» Nicotianae und
Tartarus emeticus war nur dann Ton «ioem er-
freulichen Erfolge, wenn es noch mit einem
Gran Opium-Extrakt rerbunden wurde, wobei
jedoch die Brechmittel nicht aufser Acht gela^
sen werden durften. Auch kann ich hier nicht
anberührt lassen | dafs sich bei mehreren nü
*) Praktiiehe Beitrage zar Therapie d« KindailBaBl'
heitsn. Monsler 1829| S. 100 o« s» £1
- 35 —
Kaachbustto behafteten Kindern plStcKch wt
Metaschematismani theils Langen- theils ue-
hirn-Entzündangen Ton meist sehr bedenklicher
Art einstellten, mit deren Eintritte der Keuch-
basten wie weggezaubert war, nach deren Be-
kämpfun'g aber sich urplötzlich und in demsel*
ben Grade, wie vor dem Ausbruche der letzt-
genannten Krankheiten, wieder einstellte. Mit
Keuchhusten befallene Erwachsene erfuhren we-
nig oder gar keine Linderung nach dem Ge-
brauch obiger, obgleich verstärkter Pulrer, da-
gegen bewährte sich sehr hilfreich folgende Mi»
■chung, die ich auch als das Torzügiichite So«
lernen Phthisicorum et Tabescentium aus riel-
jäbriger Erfahrung empfehlen kann , nämlich :
Reo. Morphii acet. gr. duo, Acid, acetic* gutt.
duas, Aqu» Yalerian. Unc. tres, Syrup Ciroci
Unc un. M. D. S. Alle 3 Stunden einen star-
ken Kaffeelöffel Toll zu nehmen. *)
Vom September bis zu Ende des Jähret
grassirten noch immer Gallenfieber, Diarrhoen,
katarrhalische und rheumatische Affectionen und
nur äufserst selten rein entzündliche Krank-
heitsEustände. Ganz besonders griff aber der
(fporadischt Typhus in mehreren Ortschaften
am eich , ohne dafs jedoch dadurch eine form-
liche Epidemie yeranlafst worden wäre* Vom
Monate Jali herrschte dieser nämlich als proto-
paihische üebelseynsform in mehreren Ortschaf-
ten meines Amtsbezirks und wurde ^ wie ich
*) Je fiadidem ich besondere Heilzwecke 2n errciclien
heal>sicLt]ge 9 steigere ich die Dosis des Morpbintnff^
nod verbinde damit bald Tartarus emeticns zn gr. j,
bald Bxtract* Myrrbae^ Syrap. baisam., Tinct. Digi-
tal, a. b. w»» — rnois aber bemerken, daOi das Mor-*
phiam nicht selten StraDguiie und Iscbo deerreg^t!
C2
— 36 -
mich ganz surerlässig überzeugte^ durch An^
steckung immer vreiter Terbreitet, obgleich
gleichzeitig nie mehr als sechs bis acht Kranke
in einem und demselben Orte davon ergriiFen
waren ^ welche dadurch anfänglich in ein sehr
langes Siechthum versetzt worden waren und
sich deshalb kaum wieder vollkommen erholen
konnten. Denn in der Regel hielt dieser omi-
nöse Krankheitszustand bei den meisten Kran-
ken 31 bis 40 Tage an, wahrend welcher Zeit
sie meist sich in fast völlig bewolstlosem Zu-
stande befanden.
Dieser hSchst gefährliche Krankhaitszusland
charakterisirte sich gleich anfangs durch folgende
pathognomonische Zufälle : Schwere des Kopfe«'
und der Glieder, Eiogenommenhelt desselben,
dumpfes und drückendes Kopfweh, Ohrenbrau-'
sen. Schläfrigkeit, Unlust zur Thätigkeit der
Arbeit, verstimmtes, äufserst reizbares Gsmiith,
starker Durst, Ekel vor Speisen, bilterer Mund
bei meist unbelegter und stark gerolheler, fast
spiegelglatter Zunge, Brechreiz, Magendrücken»
Aufstofsen, wässeriger, mehr oder weniger mit
starkem Kollern im Unterljeibe verbundener
Durchfall, oder auch Verstopfung. Unter die-
sen Zufällen, mit welchen sich die Kranken
einige Tage herumschleppten, schritt das Uebel
immer mehr vorwärts, und die Kranken wu^-
den jetzt von heftigem Schwindel und einer so
starken Fieberhitze befallen, dafs sie brennend
heifs anzufühlen waren und gleich delirirten.
Meist trat unter diesen Erscheinungen gleich
eine wässerige Diarrhoe ein, die sich in 24
Stunden 6 bis 20 Mal einstellte und dadurch
einen so raschen Zerfall der Lebenskräfte her-
beifohrte-, dafs die Kranken schon nach Vex^
- 37 -
lauf TOD 10 bi« 12 Tagen gana daa AnseeliM
der an Marasmus seDÜis Leiaenden batteD« Jetxt
-war die Zuoge rauh, trocken^ rufsigt, oder
schwarzbraun^ Haut und Muskeln des Korpers
v?elk^ eingeschrumpft, kühl und pergamentar-
li^y das Auge glänzend, gläsern und stier, das
Gehör fast ga^z aufgehoben, das Atbmen bei,^
den meisten Kranken äufserst beschleanigt, kurz,
mühsam und ron einem mehr oder wenig hef-
tig anstrengenden und trockenen, in der Regel
gegen ' den siebenten Tag sich einstellenden,
Husten mit heiserer Stimme unterbrochen ; im
Verlanfe .der Krankheit häufig Sehnenhüpfen,
Flockenlesen, oder ein rastloses Streben, aus
dem Bette zu fliehen, sich anzukleiden und
Zimmer und Wohnung zu rerlassen« Bei Vie-
len waren die Delirien ganz still und sanft, bei
Andern heftig und tobend, und viele Kranke
waren mit einer förmlichen Typhomanie befal-
len. Jedesmal am dritten Tage bemerkte maa
eine deutliche Exacerbation der Krankheit, ohne
dafs sie jedoch vor dem 31« oder 40« Tagel
eine Tollige Remission hätte erkennen lassen.
Der Puls war aufserordentlich schnell, klein,
härtlich und fadenarti^; der specifische Geruch
der Ausdünstung solcher Kranken glich sehr
jenem der Pockenkranken. Endlich hatten fast
alle Kranke ein unbeschreibliches - Verlangen
nach dem Genüsse des Weins. und weiogeisti-
ger Getränke. Nie trat Schweifs oder kriti-
scher Auswurf freiwillig ein , nicht einmal ein-
xelne duftende Stellen der Haut wurden bei die-
sen Kranken wahrgenommen, namentlich wenn
sie sich selbst überlassen blieben. Mit dem
Durchfall, welcher den Tod wesentlich beschleu-
nigte, wurde ein sehr dünner, grau oder gelb-
lich gefäibter Schleim mit wenigen Faecalmas-
.- 38 —
I
ien iitiBgeleert, der Uno war entweder gm
wasfierhell, oder blafsgelb and zeigte meiat eiM
gaDE oben auf schwimmende leichte wei&i
Wolke.
Das Stadium der ReconTaleacens daneria
anfänglich bei den meisten Kranken 4^-8 Vf o-
chen, erst daon fühlten sie sich stark genog^
ihre gewohnten Geschäfte wieder yerricbten n
können. Mehrere bekamen Furnnkeln ondAb-
scesse an verschiedenen Theilen des Korpen^
andere einen Frieselausschlag mit offenharer Er«
leichteruDg und baldiger, glücklicher Entschei-
dung der Krankheit; doch nur ausnahmsweiiSi
Bei andern Kranken erfolgte Nasenbluten snU
weder zu Anfange oder gegen die Mitte der
Krankheit, nnd in der Regel mit einiger Er-
leichterung. Alle aber waren in den erstes
acht Tagen so hinfällig und kraftlos , dals sis
schlechterdings nicht im Stande waren , sich
freiwillig im Bette aufsurichteni noch das ibneo
dargereichte Getränk selbst zu sich zu nehmaiii
da das ununterbrochen anhaltende und sehr
starke Zittern ihrer Hände ihnen dieses uninSg-
lieh machte. Endlich war das Bewnfstseyn ba
den meisten Kranken so sehr getrübt^ dab sis
nur selten lichte Zwischenräume hatten.
Thatsache ist es, dafs, sobald einmal dar
T3rphus in einem Hanse eingekehrt war^ in der
Folge die meisten Familienglieder davon nach
und nach ergriffen wurden, nnd in dem Grads^
dafs zuweilen nur ein oder zwei Indiridoen sis
der Familie davon rerschont blieben« BesoiK
ders rasch entwickelte sich der Typhus im Mo*
nat September beim Eintritte des RegenweltefS
in einigen Ortschaften, Wer im steten Ver-
kehr mit diesen Kranken stand , wurde suTi^
- 39 -
USssIg bald früher , bald später daTon befalleii^
so dars keiD Alter und Geschlecht davon Ter«,
schont blieb, ja sogar eine Schv^angere daroD
ergriffed wurde und abortirte. Doch srbiea'
das jugendliche Alter und das von 16 — 24 Jah-
ren am häufigsten Tom Typhus befallen zu
vrerdeui wiewohl auch Greise und Kinder von
7 Jahren nicht verschont blieben^ ohne dafs je-
doch, die heifse Temperatur des Sommers und
die starken und unausgesetzten körperlichen An-'
strengungen der Landbewohner in dieser Jafa-
resseit abgerechnet, eine weitere Veranlassung.
dazu Ton mir hätte ermittelt werden können.
In prognostischer Beziehung fand ich Fol-
gendes durchgängig bestättigt:
Baldiger Eintritt und fortdauernde Diarrhoe
bedingte eine baldige und höchst lebensgefahr«
liehe Neuroparalyse des Gangliensystems, sojmit
den sicheren Tod des Kranken, wenn sie picht
bald beseitigt wurde. Wehe dem Kr^nken^.
der sich zu Abführmitteln verleiten liefs; er
Tivar dem Tode verfallen, oder ihm wenigstens
ftehr nahe gebracht! «— Je später eine ratio-
nelle Knnsthilfe nachgesucht, und je mehr dea
sonderbaren Gelüsten des Kranken nachgegeben
und gefröhnt wurde^ desto sicherer war er ver-
loren« Dies gilt namentlich vom Weioe^ nacn
Trelchem die Kranken, wie bei dem Typhus
io den Jahren 1813 und 1814, ein in der Thai
unersättliches Verlangen bezeigten. -*— Die
Schwerhörigkeit war dagegen , wie ich dieses
schon so oft erfahren habe, kein ungünstiges
Zeichen ; die meisten Kranken , welche lange
fast ohne Gehör waren, wurden gerettet. -^
Plötzlich eintretendes Sinken der Kräfte, mu-
mienartige Metamorphose des Körpers^ Sehnen-
— 40 —
bSpten, Flockenlesen, Siogaltns und BTttfcknngi«
zufalle waren stela höchst bedenkliche Erschei«
auogen, und oft Vorläufer des Todes«
In Betreff der Therapeutik galt anch lieri
wie früher, die Regel, da/s gegen keine Kranke
heitsform einfacher^ und gegen keine tuemger
tjumultuarisch verfahren werden dürfe, als ge»
gen den Typhus, — eine so grofse und onifi»
dersprechliche Wahrheit, Ton so grofser YTidk
tigkeit für die Behandlung und die Rettang
solcher Kranken^ dafs sie wahrlich oiGht ulk
genug "wiederholt werden kann. •
Getreu meinen früher ausgesprochenen An-
richten nnd Gruodflätzen über das Wesen du
sporadischen Typhus *) , welche ich seilkei
durch fortgesetztes Studium und durch ssU-
reiche Beobachtungen am Krankenbette nidiK
nur wiederholt in der Natur bestätigt, soodAi
auch noch mehr oder weniger mit andern fl^<v<f
ien in verschiedenen seither über Typhtts
nenen Schriften achtungswürdiger jiutoren
dergegehen fand, dafs nämlich das Wesen As
Typhus in einer specifischen Entzündung 'in
Gangliensystems fresfe^e, 'befolgte ich meioe dort
amitäDdlich angegebene Kurmethode, und io
der Regel mit einem so erfreulichen Erfolgs^
dafs ich dadurch in meiner seitherigen AnsicU
nur noch mehr bestärkt werden mafste.
Und dennoch erschien mir diese Karmethodt
in der jüngsten Zeit nicht einfach genug, und
ich kam dabei oft in den sehr anangenehmes
*) Meine med. prakt. Adrersarien, 3te Liefbrnng; s. &
d. T.: Ueber den »poradiscliai Tt/phus und das Tfied-
sclfiehcrp als Kraoklieitsfonnen des GangUensritenft
Tübingen 1826.
— 41 --.
FflII, die fatale Diarrhoe , als Symptom der ty-
phösen Lähmung der Ganglien , nicht schnell
und wirksam genug beseitigen- za können f ab-
gesehen davon, dafs manche Kranke oft die
>fviderlich schmeckende Arznei Ton Valeriantiy
Amica, Angellca, Kampher u* s. w. im Ver-
laufe der Krankheit nicht standhaft und unun-
terbrochen genug fortnehmen konnten, insbe-
sondere jugendliche Kranke und Kinder«
Ich erinnerte mich, früher die ^qtia oxy-»
muriaiica gegen den sporadischen Typhus zwar
versucht I aber wAiger benutzt zu haben, da
sie nicht gleich eine entschieden erfreuliche
Wirkung gezeigt halte. Wenn auch neuerdings
die jiqua oxy muriaiica , von Burdach ^) mit
iprofsem Unrecht zii den entbehrlichen Slitteln,
die höchstens nur äufserlicli zu gebrauchen wä-
ren, gezählt wird, so gedachte ich der glück-
lichen Versuche Spangenher g's^ welcher sie als
das einzige und vorzUglicbste Mittel gegen eine
znit Leberleiden complicirte Typhus -Epidemie
in jedem Zeiträume der Krankheit« nur nicht
bei heftigem Durchfall, starkem Husten und
beständigen^ Erbrechen anwandte ^*); ich er-
innerte mich ferner der wiederholten Empfeh-
lungen dieses mittels gegen contagiosa^ exan-
thematische nnd faulige Fieber, mit starkem
Orgasmus des Blutes, grofser Hitze, Eingenom-
ineofaeit des Kopfes, gegen ansteckenden Ty-
phus u. s. w* ^^^), und entschlüfs mich daher^
**} System der Arzneiinittellelire. 1S09. 3. X\i\ S. 417.
*'^) In 7/on/« und Kasse'a Archiv. Bd. X* Stw 1. S. 51
o. «• f.
^^) ITandbucIi der speciellen Ileilmittellehre, von C. Sun»
delitu 2. Bd. 1^'8, b, 20G. m^ VoiijC$ Lttbrbuth der
~ 42 ~
duMdbe auch hier gegen 4«d epondisdieo T^
phas sn yersucheii.
Wurde ich nämlich gleich in den enICi
Tagen der Krankheit gerufeui so Terordoele ick
Erwachsenen, ohne alle Rücksicht^ ob die Zuigi
rein oder belegt war, folgendes Brechmittel;
Rec. Tartar. emet« gr. j/9, PuIt. Rad. Ipecacnaoki.
Drachm. dimid., Aqn. destill., OxjmelL sqslL
aa Drachm. sex. , AmyL opt. Drachm. dinu vi
un. M. D. S. Alle Viertel-Stunden 1 ""■"•'
voll 2u nehmen, bis einigemal Erbrechen «fr
folgt, welches durch schwiphen ChamillenAii
unterstützt wurde. — Meist wurde hierauf vi
Galle und zäher Schleim ausgeleert^ eine geUail
Transpiration und Remission des Fiebers bs"
wirkt. Zuweilen versetzten mich aber . ascl
die Klagen der Kranken über Bitterkeit o. s« Wi
bei reiner Zunge in die Noth wendigkeit, dil
Brechmittel im Verlaufe der Krankheit ein kü
zwei Mal^ und zwar mit sehr gutem Erfolge
zu wiederholen.
Nahm die Krankheit nichts deato
zu, trat bei genauer Untersuchung des I^nls^
leibs, namentlich an der Stella zwischen die
Magengrube und dem Nabel, hei stärkaiSH
Drucke ein dumpfes Wehegefiihl ein, oder war
der Unterleib hart, gespannt und normwidrig
aufgetrieben, so liefe ich 18 bis 28 Blntegll
Pharmakodynamik. 2. Bd. 1831. 8. 47. — IKaiscik
die neaesten Entdeckungen in der Materia raed. Itt
8( 585 n. 8. {.--^Dr^ RinHav,8arenbiich^9tLopüdanuk
der Torzüglicbiten Kararten, Heilmittel a. s. w, 1833>
2. Bd. S. 445. — • Desselben KUnisches Jahrbach da
laufenden JabrzelinU. 1835. S. 343. — P. MmI«^
Speoiello ürKtUche Reieptirkiuist u. s. w« Bsriia IUI
9*47.
— 43 —
•
auf einmal an diese Stelle appHcireo, bteraaf
eine reichliche Nachblatnog unterhalten, and
nachher den ganzen Unterleib mehrere Tage
und Nächte lang und nnunterbrochen mit Brei-
umscblägen aus Speciebns emollieot. c. Herb.
Hyotcyami et Cicutae in Seifen watser gekocht
bedecken, \¥ährend innerlich blos folgende eio-
Tache Arsnei gegeben wurde : Rec. Emuls« Olei
Amygdal, dulc. Unc. sex, Syrup. ejusd. Uno. an»
M. D. S. Alle Stunden 1 Ebloffel toU xu
nehmen.
Liefe bieranf die typhSse Diarrhoe nicht
nach, steigerte sich Tielmehr das Fieber, blieb
die Haut trocken und nahmen die Delirien su,
so verordnete ich alsdann unverweill : Rec.
Aqu. oxymuriat. Unc. nn. ^), Arju. destill. Uno«
8eZ| S}rrup. Althaeae Unc. an. M. D. in Vilr.
Charta nigra color. involut, S. Alle Stunden^
oder nach Umständen alle anderthalb Stundea
1 EfsloiFel voll zu nehmen. -— Das Glas lieCs
ich stets nicht blos sorgfältig mit schwarzem
Papier überziehen^ sondern auch jedesmal an
einem ganz dunklen Orte aufbewnhren, um eine
Zersetzung des Chlors zu verhüten. Zugleich
5PVurde diese i^rznei vor dem Gebrauche stark
umgeschüttelt und nach demselben gleich wie-
der und gut verstopft. Und mit dieser so ein»
fachen Medizin, welche häufig G bis 10 Blal
oacheioander repefirt und von alten und jungen
Kranken stets gleich willig genommen ward^
Vfurde nun einzig und allein bis zur Genesung
des Kranken fortgefahren^
*) Die Jr/fm onjmuritttica wurde in den hiesigen Offi-
einen nach Gcigcr*a Handbuch der Pbamiacio. 4le
Aull 1833. I. Bd. S. 'i2ö bereiUt.
-e 44 —
I
Die AnvrenclaDg dieses Milteb trar b fa
That TOD dam ausgesseichDeUten Erfolge , uid
auch dann, weoD schon eiaige Zeit lang lofiUL
lud. ValeriaDae, Angelicae, Flor. Amic. aaÜ
ähnliche Olittel ohne Besserang gereicht won
den waren; in der Regel fand ich achoa am
isweiteo oder am dritten Tage nach dem 6e*
brauche der Aqua oxymur. eine äofserst wohl-
tbätige YeraoderoDg, und wie -der köhlendi
Regen an einem schwülen, Allee niederdrücksip
den und sengenden Gewittertage die Natur plSll*
lieh neu helebt, erfrischt und erquickt,' so bei
den Typhnskranken : denn nach dieser Zeit fsnd
ich stets eine neuerwachte kräftige ReaktioB
der Natur, einen über den ganzen Organitiiini
^oa dem Centralheerde des Lebens Dach seises •
Peripherie bin gleichzeitig ausströmenden Tor-
gor Tif alis, lebendigere Farbe des GesichtSi Falls
der eingesunkenen und wie ausgetrodnetsi
weichen Theile, gleichmäfsige Wärmei sehr^be-
deutend Terminderte Hitze « weiche, carte, bUf
mälig duftende Haut, und bei schneller Vemiia*
derung der Durchfälle und der sich gleichseitig
immer mehr Termindernden Delirien^ die Er-
scheinung Ton nicht selten sehr reichlichen nsd
über den ganzen Körper verbreiteten und er*
8 nickenden, später regelmäfsig ,^ besonders sur
iachtzeit eintretenden Schweüsen; die Za^gs
verlor ihre Härte, Trockenheit und Sprodigksk
und der quälende Fieberdurst verminderte sich
bedeutend. Ich kann unbedingt versichern, dsk
sich Kranke, deren Bettung kaum zu erwartse
stand, am zweiten und dritten Tage nach dem
pünktlichen Gebrauche der Aqua oxymnriat
nicht nur aulTaKend besserten, sondern dafs ihre
Genesung von diesem Augenblicke an scboell
«* 45 -^
ortschritt ubd manche- schon nach Verlauf von
ehn TageQ keiner Arznei mehr bedarften»
»elbst Kindern von 7 und 9 Jahren verordnete
3h dieselbe Arznei, nur in geringerer Dosis,
;nd tnii demselben höchst erfreulichen Erfolge«
Zur Unterstiitzung der Kur wurden über-
lies fleifsig Senfteige auf die Fufssohlen und
Wadeoi und kalte Umschläge auf die Stirn ap-
plicirt; bei heftigem und anstrengendem Husten
ein Blasenpflaster auf die Brust gelegt und
einige Zeit in Eiterung erbalten ; bei sehr star-
ken Congestionen der Safiemasse* nach dem
Kopfe, namentlich bei Typbomania und Deli-
rium furiosnm ein, auch zweimal 6 bis 10 Stück
Biotegel an die Schlafe gesetzt, und in Fällen
endlich^ wo die Haut kalt, welk und wie ein-
getrocknet,, der Puls äufserst kleln^ zitternd und
fadenförmige Flockenlesen und starkes Se&oen-
hnpfeo mit Zittern der Hände und comatosen
AiFektionen zugegen waren, liefs ich aufser der
Aqua oxymur. noch einen Gran Kampher mit
Zucker abgerieben alle 3 Stunden reichen, und
habe- auf diese Weise einige Kranke gerettet,
dereo Wiedergenesung fast unmöglich schien.
In diätetischer Hinnchi gestattete ich wah-
rend der ganzen Krankheit nichts als schwachen
Kaffee (ohne Cichorien) mit Milch, Anis- oder
Gersteuscbleim mit Hammelfleisch-Bouillon ge^
kocht und gut ausgekochten dünnen Mehlbrei
oder Mehlsuppen. Alle Bouillons von Rind-
und Kalbfleiscby alle säuerlichen Früchte, Sauer-
und Buttermilch, so wie alles Fleisch wurde
streng untersagt, weil ich in dieser Beziehung
schon zu oft erfahren hatte, dafs das Genannte
— 46 -i-
die typhSse Diarrhoe, anterhielt nnd die Krank-
heit yerschliminerte. Weio wurde ebenfaUi
Terboten ; leider starben Olehrere io dei^ Reron-
ralescenzy die mein Verbot nicht beachtet hat-
ten. Zum Getränke empfahl ich dBone Mao-
delmilch, oder gekochte siifte Milch mit Wif-
8er« oder kühles, aber nicht ganz friacbes Wat-
aer, was den Meisten am liebsten war« *)
Das Krankenzimmer wurde aorgfallig kSU
gehalten , Leibwäsche and Bettseug moglidiiK
oft gewechselt y die Stuben fieifaig gelüftet aad
mit Essig nud Wachholderbeeren , TorEugKch
aber mit Chlor aasgeräuchert, die Leibstnbls
schnell ausgeleert und gereinigt und endlich
alle überflüssigen Besuche streng untersagt
Nur zweimal beobachtete ich In dem Sfi-
dium* der Reconvalescenz während dea Portgs-
brauchs der Aq. oxymuriat. in der achon w»
wähnten Form und Gabe, bo furchtbare Gluder^
schmerzen f dafs das laute und iinausgesetils
Jammern und Schreien der Kranken Ton dsa
Nachbarn vernommen wurde, ähnlich den Er-
fahrungen von Kopp, ^^) Nach dem acblenai-
gen Gebrauch des Älorphii acetici in der obsa
mifgetheilten Form wurden jedoch die genanB*
*) Alle Salze müssen im sporadischea Tjphas
ihrer nacbtheiligen Wirknng auf den Darmknnal
mieden werden ; me aber , namentlich Ton Baglas*-
f dern, starke nnd drastische Abföhrangen in dicscf
Krankheit empfohlen werden können ^ iit mir nnba-
greiflieb !
**} Dierhach neueste BntdeekongeJk ia der Uatvia aisi
1828. S. 68a
m. 417 ^
ten Beschwerden schon nach swei Tagen faift
Tollkummen beseitigt.
•
Vom Monate Janaar bis December 183d
behaudelte ich in verschiedenen und sich gans
entgegengesetzten Ortschaften meines Amtsbe-
sirks achtzig Kranke am sporadischen Typhus^
Ton welchen 70 genasen nnd 10 starben; un* '
ter den letzteren waren wenigstens 6, zu wel-
chen ich erst nach dem vierzehnten Tage
der Krankheit 9 ja sogar anderthalb Tage Tor
ihrem Tode gerufen wurde, zwei andere Kranke
hatten ihren Tod während der Reconvalescenz
selbst durch grobe Diätfehler verschuldet; die
frofste Anzahl der Typhuskranken fiel in den
ommer und Herbst,
Nach meinen Erfahrungen fühle ich mich
Tersucht zu behaupten^ dafs die Aqua oxymu»
riatica als ein specifisches Heilmittel gegen den
sporadischen Typhus, wenn es überhautot Spe->
cifica giebt, betrachtet werden kblinK^z Auch
kenne ich keine Methode, welcfapec:}^ld£acher
und so sicher diese gefährliche Krankheit za
bekämpfen im Stande wäre, kein Büttel, wel-
ches so schnell und andauernd die gefährliche
Diarrhoe beseitigt, das gesunkene Leben iet
Gangliensjrstems hebt, und Lysen oder Krisen
besonders durch Schweifs herbeiführt, als die-
ses. ^) Die complicirtesten Fälle von sporadi*
schem Typhus gewährten keine Contraindika-
tion , ich gab vielmehr in allen Stadien der
*) Ich behandelte seit 24 Jahren Sber 500 Kranke am
■poradiicben Typhus, man wird mir daher wohl das
Recht zagesteben^ Uerin meine Sdmme abzugeben,
and beziehe mich daher anf meine oben angegebene
Sehrift ület den sporadiicken T^phui Und das Wech*
setfUher.
«> 48 -^
Krankheit die Aq. oxjraciQriatp mit aicblbar gu-
ter WirkuDfT, — aber das Mittel mub fr^lich
mit Beharriicbkeit und piinktlich forlgeaeCit
werden;
2.
Oleum Terelinthinae gegen Neuralgien.
Bekanntlich wur^e das Oleum TerebintKi«
nae nach Recamiers Empfehlung gegen JV^mrat
gieen aller ^rt gerühmt and in der Mehrzahl
der bekannt gewordenen Fälle mit Nutzen an-
gewendet. Auch ich gebrauchte dasselbe seit
einigen Jahren in vielen sowohl frbch entstan-
denen , als veralteten Fällen von Ischias und
Coxalgia mit meist ausgezeichnetem und zu-
' weilen wirklich überraschend schnellem und
glücklicbttui Erfolge, Die beste Form ist nach
meiner Erführung folgende: Rec. Ol. Terebiatki
6. aräbiaaadDrachm. duas^ Sacch. alb. Unc. di-
mid«y Aqü. Menth, crisp. Unc, quatuofi Syrnp.
Menth, pip« Unc. unam. M. D«^S. Taglich 3
Mal zwei starke EfsIolFel toU so, nebmea»
Gleichzeitig lasse ich das Terpendunol, mit 2
Theilen Liniment, volat. campb. Termisdil^
täglich einigemal in den leidenden Theil eio-
reiben»
In frisch entstandeneti Fällen weicht das
Uebel in der Regel nach einer dreimaligen Ae-
petition dieser Arznei^ bei mehr eingewurzeltsB
und veralteten Neuralgieen mufs es aber öfter
wiederholt und längere Zeit fortgesetzt werden.
Gegen mehr chronische Rheumatismen und
Gicht f besonders mit Infarcten und Stockoiigen
— 49 —
in don UnterleibsorgaDeo bei mebf ^pipbatK
sehen und Tenosen Coostitationeo bewährte da^
gegen keine Mischung sich hilfreicher , als fol*
gendes Ton Stark *) mit Recht gepriesene PälyeTy
nämlich : Rec Pulr. 6. Gnajaci Drachm« dnai^
Flor. Solphur. Drachm. ün., Calbmel. Scrnp. nn«,
Pulr. Rad. Ireos florent., Pnlr. Semin, PoenicuU
aa Drachm. un« et dimid.| Laudan. pnr« gr. fl,
Sacch, alb. Unc. dimid. M. f. Punr« exactis-
aime. D. S. Morgens und Abends ein ElafTea-
loffelchen toU in Wasser geruht! zu nehmen.
Um kühlender oder abiiihrender cu Wirken^
labt sich dieses Pulrer mit Nitrum oder^^ol.
Sennae verbinden*
3.
r
SübUmat gegen $yphi1itisch9 Itnöch^oHnifficen
mü rheumatischen oder gicMischen
Complicationen.
Nach Burdach ^) soll der Sublimat elb
wahres Specificum gegen rheumaüsche Oicht iji
folgender Form seyn: Rec. Mercur. sublinli
corros. gr. }}, Aq. Cinndniom. e. V.ITnd. Hn. et
dimid«, Yin. Semin. Colchici Unc. dimid. 91.
D. S. Alle 2 Stunden 30 bis 50 Tropfen 20
nehmen«
*) Dr. J. Chr. Stark*t t^andbncli snt KenntsKs qdcI
HeUoBg innerer Krankheiten. Jena 1799. * 1. Bd.
8. 662.
**) Ote$ Zeitschrift der prsUiBcben lledida» Gbinurgie
uad Gebnrtsh'dlfe. 1831. 1. Bd. 4 Heft« S. 344.
Jem.LXXXlV.B,3.St D
— 50 —
I
• • • • ■ ■ ■ .
lo wiedarbolten FSIlen hat sich mir &
aosgezeichnet schoelle und andauernd günitigi
Wirkung dieser Mischung bewährt, und iwv
in den verschiedensten i^en von syphiUtinAa
Knochensehmerzen mit rheumatischer oder giA
tischer Complication , so MTie bei chronisdui^
oft schnell sehr heftig sich steigernden rheafl»
tischen AfEectionen; — und so bestätigt awk
dieser Erfolg die Ton Boerhave, van Sunetm
und Friedrich Hqffmann mit Recht schon gh
priasene Heilkrfifl des Sublimats in gti^^f^Af^
oft TesBwriMteo Fallen.
4.
Bydrargyrum iodimcunt gegen kartnaeUgt
syphilitische Ges^wÜre,
Zuweilen widerstehen syphiiitistAe Gt
schwüre, namentlich wenn sie^ schon- alt sia^
oder einen bedeutenden Umfang gewönheli hi-
ben^ oft lange der rationellsten Heihnitikili^
namentlich den von Wedekind und DzoHÄ Ol-
pfohlenen Terschiedsnen Formen, den SiibGflMt
anzuwenden, selbst bei pünktlich and mitAm-
dauer fortgesetztem Gebrauch. Gegen dieke fi-
stige und zuweilen ungemein hartnäckige FoiB
der Syphilis fand ich durchgängig^ das Hjint-
gyrum iodioicnm von einer so sicheren nai
schnellen Wirkung, dsJs es bis jetstin allei
Fällen mich nie tauchte. Ich Terordnete f Rec
Bydrargyr.iodinici Drachm, dimid., AznngieeDaei
un. et cUmid«, Essent Bergamott. gatt irr. IL
— 51 —
i; ^zactSsatme« 8. Salbe, *) Sforgen« und Abends
^Verden die sjrphilitischeo Geichwüre gaoc ein-
fach damJt Terbandeo, bis die HeUang^ die io
manchen Fallen unglaablich schnell erfolgt, toH-
bracht isU Dafs es bei grofser Geschwiirsfläche
ofl aehr heftige Schmersen errei^^ braucht eben
so wenig erwähnt za werden, als dals auch
gleichzeitig damit noch eine geregelte innere
Sublimatkur yerbanden werden müsse. Gans
Tortrefflich bewährte sich diese Salbe gecen
syphflitische Geschwüre im Gesichte, «n den
Kopfluiochen und den Extremitäten.
6.
ArgenMn nttricum gegen krampßtq/te ^fftk^
tionen des Herzens.
In den letzten Jahren kamen mir mehrere
Fälle Ton Krampfsucht des Herzens, HerzzH»
fem und Herzklopfen yot, welche ich in auf-
fallend kurzer 2^it durch folgendes einfache
mittel hei strenger Diät heilte: Rec. Argenti
nitrid fnsi gr. j, Aqu. aromat. Unc. dnas. M. D.
S. Tä^ch 2 bis 4 Mal, jedes Mal zuvor wohl
«mgeechattell, 1 Kaffeelöffel Toll zu nehmen.
^'KoMS Femnilsv- etidReospi-TuchaAech ete. Nsob
SL de Ifoirfmalboei tob Dr. J. 8. Wsber. Tübiflgsa
1838^ S.3M.
D2
- 52 —
6.
I
Seoale eormäam gegen BluffliUse amgewuniL
In der neoeiteh Zeit vurde dai Secdi
corDutum als ausgezeichoetes Mittel bei fifttf-
ßiissen . angewendet* Folgende Fälle halte icb
6elegenheit zu beobachten und Ea behanddo:
1) Im Jali 1833 worde ich ca leinem 18
Jahre alten ^ kraftig und rüstig gebauten nai
vorher stets gesund gewesenen Landmäddisi
gerufen, welches 6 Tage zuvor ihre Menses ii
sehr starkem Grade wie immer gehabt hitb^
wobei sie sich jedoch sehr erkältete, gIsU
hierauf erkrankte und nun in der letsten NsdA
▼on einem so heftigen Nasenblaten und Bbrt-
brechen befallen wurde, dafs man ihren Toi
jeden Augenblick befürchtete. Bei meiner Ai-
kuDft um 7 Uhr Morgens blntete die Kraab
noch immer sehr stark aus dem rechten Ns-
senloche; das Blut war sehr dünn, die Kranb
ganz wachsgelb ron Farbe ^ der ^ Puls httdiik
und ungemein beschleunigt*
Eine Arznei ans Aqu. Cinnam., llnctGa'
nam., Tinct. Thebaic. und Spirit* VitrioL add.
half eben so wenige als unausgesetzte kalte Rr
mentationen des Kopfes , des Nackens ond im
Brust und Sinapiamen auf den Fufssohlea. ll
diesem verzweifelten Zustande Terordnete iA:
Bec. Pulv. Secal. cornut. gr. Tjjj, Sacchar. alk
gr. X. M« D. ad chart. cerat. S» AU^ Vis^
telstunden ein Pulver mit Wasser zu nehmesb
Kaum hatte die Kranke einige PnlTer genoB-
ftnen, so mufste sie Sich wiederholt iiefiig «-
brechen I wodurch vi^l coaguUrtea Blzt «ii||e-
-* Ö3 ~
feeit wurde I }edoch «tand di^ Blutong auf dbt
ianfte Fairer still , t? eiche aber nichts desto
sreniger noch fortgebraucht Trurden» — - Die
ELranke Terfiel hierauf wegen gro&er Eotkraf-
:ang in einen Typhus mitior und zuletzt in eio
IVechselfieber, wovon sie Jedoch ToUkoquneo
IxergesteUt wurde«
2) Am 14. Juli Abends erschien ein Land«
mann mit der Anzeige bei mir, dafs seine 33
Jahre alte Ehefrau schon seit fünf Wochen an«
aufgesetzt an Mutterblutflnfs leide, welcher mit
ihrer Menstruation eingetreten wäre und seit
]aoer Zeit ungeachtet ärztlicher Hülfe nicht onr
nicht nachgelassen, sondern sogar meist heftiger
geworden wärei ohne dafs seine Ehefrau schwan^
ger sey.
Ohne dl» Kranke selbst sehen zu kSnnen,
verordnete ich daher obige PuWer und empfahl,
wie in allen diesen und ähnlichen Fällen, ho«
rizontale Lage des Körpers, Ruhe und Vermei-
dung aller erhitzenden Nahrungsmittel und Ge«
tränke« "*<- Die Blutung stand ebenfalls auf das
fünfte Pulver und kehrte nicht wieder, aber die
Kranke fählte sich unglaublich erschöpft und
angegriffen. ■ Mit dem Stillstände der JBiutung
wurden auch die Pulver ausgesetzt.
Als ich am andern Morgen die Kranke
selbst sah, fand ich sie ruhig, heiter und ohne
Blutung. Da die Kranke sich vollkommen her-
gestellt glaubte» stand sie gegen Mittag auf und
"veranlafste dadurch augenblicklich einen neuen
Blniflufs, welcher aber eben so schnell durch
die sogleich eingenommenen Pulver wieder ge-
stillt wurde, jedoch beim Aussetzen derselben
gleich wiederkehrte^ in Folge des wahrhaft un-
— 64 —
TeroHnMgeii BeoehmeDS der Kraoken. «^ Am ti.
erbielt die Kranke noch einige PaWer^ wonach
sich mehrmaliges Erbrechen und hefÜger IVt
derwille gegen die Polrer einstellten, so dab m
ausgesetzt werden mafsten und dagegen folgend!
Arznei rerordnct wnrde: Rec, SecaL oomnl
Drachm. un., coqu. c. Aqo» fönt. s. q, , Cab^
Unc. sepL adm.^ Opii pnr« gr. jji Syrop. Cin«
nam« Unc. un. M. D. S. Alle 1 — 2 Standst
einen EfslofEel roll. Gleichzeitig wurde dm
Unterleib mit kaltem Branntwein fornentirC; —
Nach dem Gebrauche dieser Arznei wurde dii
Kranke in wenigen Tagen ToUkommen lls^
gestellt
S) Eine aufserst schwächliche and lelir ssnr
sible Frau^ welche schon seit einem gamss
Jahre, so oft ihre Katamenien eintraten | ves
den heftigsten MatterbluifliisseD 12 — 14 Tsgi
lang ununterbrochen befallen wnrde, und tim
Menge Heilmittel fruchtlos dagegen g^brandl
hatte, erhielt am 18. Juli 1833 Ton mir objgl
Fulrer, Auf das fünfte Pulrer trat indeb su
aufserst heftiges Erbrechen mit Delirita siii
ohne dafs der Blutflub aufgehört hatte; <i
Pulver wurden ausgesetzt und das adiOB «•
wäbote Dekokt, doch ohne Erfolg, gereidi
Nun wurde das Seeale cornutnm wieder in Fat
rerform zu 6 Gran alle Viertelstunden gerodt
und dieses in einer anderen Officin beMiWi
worauf sich beim zehnten Pulver heftiges LsBh
weh^ Erbrechen, Schwindel und OhnrnnchCaa
einstellten und ein yiel stärkerer Blatflob ver-
anlalst wurde, der nur dem schwefelsaaren Ei-
sen mit Opium wich , durch daa Motterinfft
aber stets TenchUmmiBrt und TWftSrht V9*
den war»
r- 55 —
4} Eioe 23 Jahre alte Frao tod kleber
«nd schwächlicher Statur^ erst seil einem Jahre
verheirathet, früher aber stets gesund .und re-
gelmälsig menstrairt, abortirte Tor vier Wochen
izn dritten Seh wangerschafls - Monate und litt
seit dieser Zeit an einem so anhaltenden and
entkräftenden Mutterblutflusse ^ daCs sie kaum
mehr gehen konnte. Sie besorgte gleichwohl
noch fortwährend unter der grolsten Anstren-
guBg ihre häuslichen Geschäfte, h^tte Appetit^
^esiinden und ruhigen Schlaf qnd geregelten
Stuhlgang.
Am 15. August 1833 erhielt sie Yon nur
obige Pulver aus Mutterkorn zu 6 Gran pro
Dosi, Ton welchen sie alle Viertelstunden bei
gehürigem Regimen ein Stück nehmen mufste»
Am 17« erschien die Kranke bei mir mit der
Versicherung^ dals sie den Blutflufs bei dem'
zweiten Pulver verloren hätte und sich seither,
ungeachtet sie eine Stunde Wegs zurückgelegt
hatte« sehr wohl befände. Sie erhielt nun noch
-einmal 24 Pulver in derselben Dosis, um da-
von alle halbe Ständen ein Stück zu nehmen.
Durch diese wurde Pat* vollkommen hergestellt
und blieb auch später von ähnlichen Blutflüs-
sen bis auf diesen AugenbUck verschont«
fi) Eine 30 Jahre alte Frau , Mutter meh-
rerer gesunder und kräftig entwickelter Kinder,
gesund, robust und nie von Krankheiten früher
befallen, erlitt zu Anfange Octobers 1833 einen
sehr bedenklichen Mutterblutsturz, ohne dafs
Schwangerschaft zugegen gewesen wäre. Nach-
dem von der Hebamme die Kranke in eine ho-
rizontale Lage im Bette gebracht, kalte Bähun-
gen des Unterleibs aus Essig, Branntwein und
«* 55 ^
Wateer wlederboll gemacht und die Itnct« Cb-
oamoin. Ihr rergebeos gereicht wordeo ware^
wurde ich Ahends gerufen und fand bei meiMi
Apkonft eiueo achnelleo, Ideioeo Puls, dieH^ol
eiskalt, "virechsgelb upd dabei so sehr eqikraffaBC,
dafs ich nur die nogÜDstigste Prognose stellM
konnte, — )ch Terschrleb sogleich eechiebi
Pulrer Ton Secale cornntpm «nd liefe alle Vi•^
telstupden 7 Gran Secal. cornat, nehmen. Schoi
liach dem sechsten Pulter stand der Blotatmt»
Der Vorsicht wegen wurden jedoch die geoans»
ten Pulver noch einmal wiederholt ond in finp
{eren Pausen genommen , worauf die Kraoki
isher von Hämgrrbagiey^ dieier Art yoüSf
Tersphont blieb,
Seil 1833 yersucbte ich dieses ansgeielek
Qete Heilmittel noch in vielen anderen Art«
▼on Hämorrbagien I und ich kann der Wsb*
heit gemäfs versichern, dafs f derselben jedsiv
mal schnell geheilt wurden , « aber vBUig u-
geheilt blieb und mit andern Mitteln bekanipft
werden mufste. Das Secale cornntam, bei Bi»
wachsenen unter ö Gran pro Dosi alle Viertst
stunden gereicht, blieb meist völlig erfolgliii^
-find veranlafste, über 8 Gran gegeben, nehc
oder weniger heftige narkotische Wirkongesi
das Pulver war wirksamer^ als der Anfgafti
Mntterkorni welebee ttber ein Jahr alt ist; seigts
bei weitem m^^bt jeoe fioiU»gft| ils daa ftisaki^
rnnrnm
— 57 w
7,
MÜt^ gegen entzun^etf Bnuiwarxmu
Trotz der üpsabl gepriesener Hittel gegen
wunde Brustwarzen bediene ich mich fait aas«
Bchliefslich folgender einfacher und unschäd-
licher Verfaturangsari meist mit dem besten
Erfolge.
Ich lasse camlich «iDeo WarzendecLel in
Form eines Fingerhuts aus einem Stück Kreide
verfertigen and so aashohlen, dafs dieser .die
ganze Warze genao bedeckt und umschliefit^
ohne einen Druck auf dieselbe berTorzubringen»
Damit dieser Deckel nicht so leicht zerbricht,'
-müssen seine Wände wenigstens .eine Linie
^ck reyn» Nun wird dieser Warzendeckel aoe
Kreide inwendig mit Kirschengei^t stark be«
netzt und dann über die Warzd^ gestürzt, auf
welcher er pnunterbrocheo so lange bleibt, bie
die wunde Warze geheilt ist, was oft schon
nach wenigen Tagen, längstens na(^ Verlauf
einer Woche der Fall zu seyn pflegt« So oft
daa Kind zum Trinken an die Brust engelegl
wird 5 wird der Deckel abgenommen und nach
Beendigung des Trinkens mit Kirschengeiste
?on neuem befeuchtet und wieder aufgelegt^
was so oft geschehen mufs, als der Warzenv
deckel trocken ist. Dafs die Säugende Acht ba<p
beq miisse, den Deckel nicht «n icerbr^cben^
Tersteht ^cb top nelbst.
Bei Frauen 4 die gleichsam habituell an
wunden Brustwarzen wahrend des Stillens zu
leiden pflegen, lasse ich mit dem besten Erfolge
et#u Ü Tfig« lof ilmr Enitdndung di« nu^b
— 58 —
ganfli gesandea BruBtwarzeo tSglkb swm Kai
mit Kirschengeiste waschen, wodurch ea in -rie-
len Fällen gelang , das Wundwerden der War«
zen glücklkb su varhüten«
8.
Pomade gegen Calvities*
Gegen Calvities, welche ao häafig gen nadi
Typhus, Kindbettfieber, Sjphilia, EntxiiiidiiDg^
Krankheiten und starken Blutflüsaeo za entsts-
hen pflegt und auch leider das acbSne Ga»
schlecht nicht verschont, fand ich folgend«^
wiewohl kostspielige , Haarpomade in der B^
gel sehr wirksam: Bec« Succi Citri recesM
ezpressi Drachm. un«^ Extract. Chinae frigidi
?arat. Drachm. duas, Medull. oaainin Unc deai^
'inet. Cantharid.. Drachm. an., Olei de Cedit
Scrup. an., Olei Ber^amott. gnttx. M» Tan
exactissime. D. S, Haarpomade.
Vor ihrer Anwendung wird 'der ganze ba*
haarte Kopflheil mit Seifeowasaer, ^rekbaa
einige KalFeelöiFel Kirschen- oder Kollnisch«
Wasser zugemischt werden, rein abgeweachea
und abgetrocknet. Am anderen Ü^Iorgen wild
alsdann eine starke Messerspitze toU der Po-
made eingerieben und damit täglich Ibrtgaiah-
ren. Nach 4 — 6 Wochen iat meist die Kor
beendigt und der Kopf mit schönem, kräfligiM
und üppigem Haare reichlich bedeckt;
— 59 —
9.
Delirium tremens»
Ein OfanD von 50 Jahren aas der gebildet
ten Klasse trank mit rinem guten Freunde auf
dem Lande ein Maafs 1825r Weins Ton yot"
;vuglicher Qualität« Beide fuhren froh und Ter«
gnägt nach Hause | ohne acch nur im gering-
sten berauscht zu seyn; imGegentheil besorgte
dieser noch Abends seine gewöhnlicheil Ge^
Schäfte in gröfster Ordnung und Pünktlichkeit»
Als er aber Abends 8 Uhr mit seiner Famülei
zo Tische safs^ um su Abend zumessen, verfiel
er piötzHch und tvie auf einen Zaüberachlag
unter den heftigsten ionischen und elonischen
Kräm-pfen und bei fast gänzlicher Bewu/stlo-^
sigkeii in jenen entsetzlichen Grad von Trun^
JcenheU, der sich bei so Vielen durch eine Al-
les um sie her zerstörende Manie ausspricht»
Kaum konnte er Ton 3 bis 4 Personen in einem
solchen 8 — 14 Minuten lang andauernden tob«
snchtigen Paroxysmns gebändigt werden^ vor«
auf alsdann eine eben so lange anhaltende Le*
tbargie eintrat , in welcher der Puls nur sehr
'wenig frequent , die Respiration änderst lang-
sam ond schnarchend und das Gesicht auffal-
lend blals war. Allein plötzlich fingen die ent-
setzlichen couTulsiviscben Erschütterungen in
den Extremitäten wieder an, und so stieg es
wieder stufenweise bis zur heftigsten RasereL
Im Zustande der Relaxation trat regelmä&ig
einiges Bewurstteyn, jedoch nur Ton äuberat
flüchtiger Daner^ ein:,
So hatte dieser sonderbare Vorfall schön
sek I Stunden oimntsrfaroshep angÄritaa^ alt
1« 00 ^
tob barbdgerafeD ward^» Ich gestehe^ dak U
mich bei dem Kranken im cnteo AagenblkM
in der wirklich peinigendsten Verle^nheil k*
fand. Ich Teriuchte sogleich kalte Umschliii
auf den Kopf, mit momentaner , aber dnrehaii
flicht eigentlich reeller Betaernng; ionerlich liib
ich den Ton Dierbach *) gegen BeraatcbaM
als Specificum empfohlenen Spiritus Mindern
zu einem Kaffeelöffel unTormiacht Dehmen nal
kältet Wasser nachtrinken« Nach Verlauf «si-
ger Minuten trat Erbrechen einer säuerlich lii»
chenden Flüssigkeit mit etwas Erleichlenuf
ein. Nach einer Viertelstunde wurde ihm dtf
zweite Kalleelöifel voll gegeben, und da sich
abermals hierauf die Zufalle yerminderten , lo
wurde nach der dritten Viertelstunde der dnUs
Kaffeelöffel voll gegeben, worauf alle ZofiiUs
gänzlich verschwunden waren. Der Kraaks
verfiel hierauf alsbald in einen ruhigen ul
sehr erquickenden Schlaf, aus welchem er nid
einigen Stunden ganz geheilt erwachte , dii
übrige Zeit in der Nacht wieder ruhig fiiiii
schlief und am andern Tage nicht die gerimito
UobequemUchkeit yerspurt^*
Nachher erfuhr ich, dafs äef Kranka ab
ein Jüngling von 16 ^17 Jahren denselben Aa-
fall zum erstenmale nach dem Genüsse einsi
Bouteilla guten Rheinweins einen gaosen Tsf
lang in einem so furchtbaren Grade gehabt
l^ät^e, dafs er von 4 starken Männern 12 Sto»
den lang festgehalten werden mulste, und da*
mals kein Heilqaittel bei ihm geholfen bitte.
Späterhin erlitt er einen Anfall fast ganz vps
d^rf§ll>9P Dauer, und der letzte Anfall, den ich
*. *) Dia afmtt Eotdecb io 4« Mstai med, 8. SIL
— Ol —
so beoBacIiteO Gelegenheü hMe^ war d«r dnit«.
Nacb diesem trateo später nach dem Geaaue
des Weins io sehr maCri^er Do«a wiedef ähn-
liche Pamx]rsmeo eio^ die abery wie OMa mir
aagte, durch den schleoDigen Gebraeeh de« Spt-
ritas JUindereri auffallend schnell bekäcr|»ft wor-
den waren. Schliefslich mafs ich noch bemer-
ken» daCs der Kranke von periodiKh wiedi^r-
kehrendem Podagra in leichtem Grade befallen
^fird, eine aufserst geiegeke Lefaensweife fährt,
atark arbeitet und sich Tor allea FTfssfle» in
der Diät batet, auch keioeewtgea tu der&Iaasa
dar Trinker gehört.—
Innerhalb 24 Jahren sind mir za\U
TOB Detirium tremens Tcrzekr.znsr.«»?! n.id
■war nor bei anagezeichoetea alten and jin^ea
Bacchanten, bei denen ich nie in den Fai: kam,
Blatentziehnngeo Tomehmeo m mmmem, samal
aie dorch ihre Trankfalli^keit auf eine tieft
Stufe Ton fast paralytischer Schwäche herab'
gekommen waren. Die constanfe^tem und ha«s-
iigsten Hallncinationen bei deoseiöen bestanden
in Täaschun;?en des Gesicbtsslnoes ; die meieten
sahen entweder Fiedermäose, lliuse and Kr'>-
ten, oder TenfeL -^ Erst in dem letzten -Som-
mer behandeile ich znm djiktea31aieeioea b4e-
chanten, der, wo er einen danklea Flecket: oder
Schatten erblickte, diesen &t einen Tenfe» hielt.
Als ich des ?iacbts 12 Uhr za ihm rercfen
wurde, stand er halb angekleidet mitrea in sei-
nem hellbeleuchteten Zinuner, ein Krozi^z ia
deo Händen haltend, stürzte, wo er eine» donk«
len Fleck erblickte, aDgenhlickiicb auf densel-
ben los, und bedeckte diesen mit dem Kruzi-
fixe mit den Worten: „da Teufei^ kost etns.
— Ich gebe stets cu Anfange der Km einige
— 62 —
LaxaDsen, die nicht aelten eine Meng« itiBl»|fa
der Faeces and lofarcteo eotfenien^ später Ovnilin
in folgender Form : Rec« Opii pnr» gr» P'lk
Pulr. rad. Ipecacaanhae gr. ^, Sacch. alb. gr.i^»
M. F. Polr« D. tal. Dos. q. s. S. AUe 2-^IIe
Stunden ein Pulver^ bis Rabe and Schlde»!!
tritt, was in der Regel bald erfolgt, wora!dii|ii
Pulyer in längeren Zwiacbenräamen bb n>|l
gänzHcben Wiederberstellung des Kranluii (tk |l
schon in 8 bis 12 Tagen) forlgegeben Wite
Anderweitiger Mittel bedorfte ich nicht
10.
' f •
Pem§ EisenspKtter im jtug9k
Drei Mal kamen mir Schlosser und Schmiaii
snr Bebliodlung Tor, denen bei ihrer Arbeit /int
Eisensplitter in das jiuge gedrungen w
Durch die Applikation des Magnets in Foim<
Hufeisens, hart an das affizurte Aoge geblaßt
nnd daran mehrere Minuten lang festgehallBib
gelang es, schnell die Eisensplitt^r su entfems,
ohne dafs dem Auge der geringste Nnrhftri
durcjd diese Verletzung rerarsacht wurde.
11.
Im Habe stecken gMiebene Fischgräiem wd
kleine Knöchern.
Fischgräten lind kleine Knochen vom G^
flügel, die im.Halse stecken blieben and sn deM
— 63 —
^ BntferotiDg oft eine Meoge Mittel TergcUkb
* J^^ucht worden waren, entfernte ich tebr ein-
^ Mch qod schnell dadurch, deh ich lietb, so
^'^■^nell als möglich nach einander einige starke
* ^^bela voll rohen Sauerkrauts (Saoerkohit) rm
^_ ^^n, wodurch die augenblickliche Entfemvog
^^ ^^ fremden Körpers im Halse bewirkt wind«.
* ^5^^ ™^ letzten Sommer sind mir zwei FSUe
'^ dieser Art mit augenblickluh gatcm Erlöse tot-
(tkommeo.
12.
Epilepsitm
1) Bn Knabe Ton 12 Jahren, einziges Kind
eines Chirurgen , litt schon sek fast zwei Jnb-
ren an Anfallen von Epilepsie, welche bei Tag
nnd Nacht erschienen uod den Kranken lebr
geschwächt halten« Viele Aerzte und eine
SIenge gepriesener nnd nicht gepiiesenet Ueil-
miltel waren vergeblich yersuchl worden. Keine
Ursache konnte aasgemittelt werden. Ich he-
rdrchtete Onanie^ bei genauer Untersuchung
entdeckte endlich der Vater Terdächtige Flecke
iia Hemde seines Kindes, nnd nach einigen Ta-
gen gestand Patient unter Thränen, dals er schon
seit bald zwei Jahren durch böse Camerad-
schaft zu diesem Laster rerleitet worden sej.
Nachdem das Kind hierüber gehörig belehrt
worden und der Vater seine Aufmerksamkeit
verdoppelt hatte, blieb auch die Epilepsie unter
dem Gebrauche der Tinctora Ferri pomati c.
Tinct. aromatica mehrere Monate gänzlich ans.
• 64 -.
UobewacTil fei^fM Jedoch de? Knfd>Q Ton oeaM
in dieses Laster^ und nait demselben ttellte sid
ancb wieder Epilepsie ein. Der Fortgebrsnck
obiger Tinktar, so wie einet Palrers ausKan^
£ber vor dem Scblafengeheo, das Waschen te
>euzes mit Essig und aas Unterlasten der Oos*
nie hoben die Epilepsie , die sich aber f^wl^
wieder einstellen wird^ wenn Patient der SelbU
befleckung nicht auf immer entsagt.
2) Im Jahre 1834 behandelte ich tun sek
Jahr altes, zwar sehr sensibles, aber doch nictl
schwächlich zu nennendes. Fräulein an Krawh'.
j)fen, welche das Mittel zwischen Epilepsie wd
Catalepsie hielten, auf die geringste psychisciw
Veranlassung, Schreck , Zorn^ Freude n. s« Wt
jedesmal fast augenblicklich hervorgerufen ws»
den und von einer halben bb 2a zwei Standes
anhielten. Ursachen waren nicht aassnmittelo;
auch hier besorgte ich Onanie, obgleich die Bt*
weise fehlten und die Kranke sehr aorgfaUg
beobachtet und beaufsichtigt wurde» Alle lEtr
tel blieben nicht nur erfolglos, tondem schitoet
togar das Nervenleiden noch an TertchlimmerSi
Da nun ihre Eltern hierBber tehr bettünt ws-
ren und die vollige Entwickelung und Aosbil-
dung der Epilepsie befHrchteten , so entschloß
ich mich zur Anwendung des animaliacheo Msp
gnetismus.
Ich setzte mich mit ihr in magnetisclitfi
Rapport und schickte ihr alle zwei Tage, dt
sie 2| Stunden entfernt von mir wohnte, eioe
Glasplatte^ welche ich zuvor einen halben Tag
auf der Herzgrube getragen hatte und weicht
sie ebenfalls auf der Herzgrube tragen nuistt.
Ich besuchte sie von vierzehn zu vierzehn Ta-
gen^ verstärkte den magnetischen Rapport, nad
— 65 ^
war so glficUich, diese Kleine nacb ond iMidi
■Tollkommen za heilen, wobei ich bemeriLen
mafs, dals die Krämpfe fast angenbllcUich nacl^
lielseoi wenn sie die toq mir erhaltene frisch
magnetisirte Glasplatte auf ihre Herzgnibe legte.
Merkwürdig ist es, dals die Kranke schnell
ihre Krämpfe Terlor, so oft ich sie besuchte
und in ihre Nähe kam. Einmal rergals ich die
Platte zu magnetisiren, nnd da der Bote sie «i
holen schon bereit war, mir aber keine Zeit
mehr übrig blieb, sie gehörig za magnetisifeDp
eo schickte ich die alte, von mir nicht frisch
magnetisirte Platte der Kranken znrBcky wor«
auf sie so heftige Krämpfe bekam, dab mao
fSr ihr Leben besorgt worde. Die inzwischen
Ton mir dnrch das Tragen anf der Herzgnibe
magnetisirte und ihr alsbald zugeschickte Glas-
platte beschwichtigte jedoch den Anfall fast an*
genblicklich« Diese Kur dauerte nngefahr seche
Monate; Patientin ist ToUkommen gesund ge»
blieben und schreitet in ihrer somatischen und
psjchischen Entwickelung sehr yortheilhaft
Torwärtt.
13.
Krätze*
Gegen üe Krätze habe ich sowohl in dem
hiesigen Krankeohause ^ als in meiner Privat-
praxis, eine Menge Heilrersuche mit neuerlich
gepriesenen Blittelo gröfsteotbeils ohne Erfolg
gemacht Die englische Methode half nichts,
und Ffeufer^B Schmierknr erwies sich nur in
Jonra. LXUIV. B. 9. Sl. E
— 66 — /
•inigeo PHIlon frisch enUtandener Kriitze UIIA*
reich. Meine Methode, die ich in Tielen bnfikf
dert Fällen stets mit dem besten Erfolgs «
Hülfe nehme^ besteht in Folgendem:
Bei der Aufnahme des Kriltskranken in im
hiesige Krankenhaus erhält er sogleich ein mh
mes Seifenbad und als Abführung eine Dodi||
PiluL laxant mercur. offic Am andern Tap
reibt er sich Morgens und Abends in die Kiils-
stellen folgende Salbe ein, welche nach eise
halben Stunde ^wieder mit Seifenwasser a^
gewaschen wird: Rec. Flor» Sulphur.^ Um
sulphur«, Ol. Lauri aa Drachm« duas, Azas^
Porci Unc. duas« M^ f. S. Einiga KaffeeloU
roll daron Morgens und Abends einsureibeib'
Innerlich erhält der Kranke ein Pnlver av
Flor. Sulphur., Cremor Tartari, Sacch. alb. sa
Unc. dimid., Pnlv. rad. rhei. Drach. duas. K
S. Morgens und Abends einen Ka£Eselo£Eel' ToD^
nebst einem Thee aus den Spec. pro Decoct.
Lign. Einen Tag um den andern wird ein Sii-
feobai genommen, Kleider, Leibwäsche und
Bettzeug fleifsig gewechselt und so forlgefsJi-
ren, bis der Kranke geheilt ist, was bei nicfat
JEU yeralteter Krätze und bei nicht sa sehr es-
chektischen Subjekten innerhalb 10 bis 14 Tagfl^
in bartnäckigeren Fällen aber längstens Snoer-
halb 4 Wochen gelingt. Ich habe noch nis
Rückfalle, noch nachtheilige Wirknngaa hisr»
durch entstehen sehen , aber öfters Fälla' baoh-
achtet, wo ich dennoch mit diäter Mathodi
nicht ausreichte und die Heilung der KiSas
sich in die Länge zog, besonders bat aiiaaiy
cachektischen , schlecht genährten Laoten , bei
denen grofse Uoreinlichkeit herrscht, und A
sufser Stande sind, Leibwäsche Aeibig ms
— 67 ^
sein. Hier half mir türerTinüg fotgefrfa Wft-
schuDgi Ret* Flor. Salphun Uoo. tres, SaLam-
moDiaei Unc. ud.^ Rad. Bnulae Vtic^ daas, coqne
c. Aqu« Calcis rir. libr, quinqde ad rematieiitk
lib« trei^ colat. add., Mercar. Sublimat, corrosb
io Aquae Calcis beAö solat gr, xx, asqne ^ad
gr. x£s« D. S. Abends die Krätzstellen damit
EU waschen^
In der Priratpra^ds Ist letzteres Mittel ro^
soziehen. Bei bemittelten Kranken liasse iph
täglich 9 oder aach einen Tag um den andern^
Bäder ron Schwefelleber nehmen«
Mit dieser WaSchdng habe ich Dicht selten
weit Terbreitete und Teraltete Krätze innerhalb
14 Tage yollständig geheilt«.
Unerläfslich ist strenge Diät^ grofse Rein-,
lichkeit, fleifsigef Wechsel der gereinigten Kie»* '
der ood frischer Leib- und Bettwäsche.
14.
Tinea oapiiii.
Gegen den i^rfr- oder Kopfgrind habe ich
nachstehende, yon TMursinna und Schock em»
pfohlene Jb^^er^sche Salbe mit dem besten und
schnellsten Erfolge angewandt: Rec, Sulphnr*
purificat«, Vitriol, alb. aa Une. dnaS| Axung.
porci recent Unc« sex. HL L unguent« S. Hier-
mit "wird zuerst eine Stelle des Grindkopfs ein-
gerieben, worauf nach einigen Tagen Risse im
Schorfe entstehen und dieser alsdanb abblät-
tert. Alle Hebt Tage wird ein Laadmf alilr dM
•1
. 68 —
PiloL mercarb öff. laxant« genommen und m|a
Thee ans den Spec. pro Decoct. Lign. getnt-lg,
ken, worauf diesem Üebel meiet nach Vediill|
ToA 4—5 Wochen geheilt i/in 1,
SpMhelßi^ß nach QuteksiJberm
Gegen MerkuriahpeicheJflufs gebrauche ink
schon seit Jahren folgendes Gargelwasser nA
grofsem Nutzen : Rec, Decoct. Gort. Qaercni ex
Unc. duab« parat.^ colat« libr. duab. add., Acidi
'pyrolignos* Drachm. tres usqne ad sex, Tinctt
Bfjrrrh* Unc* un.^ SIell. rosat« Unc. dnas« M.D.
S» Anfänglich wird hierTon ein halbes Triok-
glas ToU mit eben so viel Thee aus Salbcj
▼ermischt ^ und einige Minuten lang im Monde
behalten^ nach und nach weniger Terdiinnt nsl
zuletst ganz rein genommen, worauf der Spew
ebelflufs längstens innerhalb acht Tage ToUig
beseitigt ist. -^ Gleichzeitig verordne ich mn
innerlichen Gebrauche das Pnlvia Dowen vä
einigen Gran Kampher vermischt.
16.
Skrophülost Liehlseheu und sltrophulSst
jiussehWge»
Gegen skrophulSse Lichtscheu und slrf^hur
Jose JluSMMäge im Gesichte der Kinder bf-
- 69 -
m
^^tthriß sieb mir in der MebrcaU der Falle am
Wspriefalicbsteo, nachdem Antbelmiotica aoge»
Sendet "worden waren, falls Warmer sich rer»
inathen liefsen, folgende Bllscbnng nach Jim»
mon: Rec. Tinct. Ghinae Unc. nn«, Barjt. ma«
riat, Drachm. un. M. D. S. Morgens nnd Abends
iO bis 20 Tropfen zu nebmen, •— In der Re«
gel verlieren ticb obige Uebel innerhalb 14 Tage
gänzlich y doch fordert es die Vorsicht , obigs
Mischung in geringerer Gabe noch einige Zeil
fbrtgebraachen nnd alles Saure^ Fette and stark
Gesalzene sorgfaltig Termeiden zu lassen.
17.
Tripper und allgemeine Syphüis.
Gegen den Tripper^ wenn er noch Irisch
ist, leistete mir ein Pulrer aus Pnlr, Cabebar;
und Sacchar. alb. aa, täglich 2 bis 3 Kaffeelöf-
fel Tolly bei einer strengen Diät und zweckmä-
fsigem YerhaUen, nebst einem Thee aus Rad«
AUhaeae, Liquirit. Herb. MaWae und Semin*
Cannabis, in der Mehrzahl der Falle die beste
und schnellste Hilfe. War er dagegen schon
mehr ioTeterirt, so half meist FaWs Tinktur:
Rec. Balsam« Canadens. Unc. dimid. , G. Gua-
jaci Drachm. duas, Spirit. vlni rectificat. libr;
dimid. ^ Digere leni calore, dein faecibus subsi-
dentibus tiocturam limpidam cola et Colat. add.,
Olei destill. Menth, pip. Drachm. uu. M. D*
S, Täglich dreimal 40 bis 60 Tropfen zu nehmen.
In den hartnäckigsten Fällen, ivo der Trip-
per schon einige Jahre angehalten hatte und
T- 70 r*
mh •loer Menge ron Bfittelo fraohdot beliu»
delt worden war, erprobte sieb mir WakK%
treJHiche Fillenmasse ; Rec» Ferri salphur. oj*
stal., Ij^DO pulvff aaDracbm» an. et aimid,,Te"
rebiDtnl laricinae, Extract» Geotian, mbr. aa
Dracbxn. tres. M. f» Piliil. e, vvlr^ rad. Liqoi»
rit. et fiaot pilql. ]V, 270. Coosp. pulr, rad.
Ireos flor. o» Täglich vier Mal 10 Stück, n
nebmen. Gleichzeitig werden lojecüoneii top
einer AoflSsung des salpeteraanren Silbers, mit
Opium versetzt, gemacht, eine strenge Diät pni
sweckmäfa^ges Regimen beobachtet.
_ *
Gegen allgemeine Syphilis Ist nach meiiMS
Beobachtungen und Erfahrungen das Decoctui
JSittmanni das erste, beste qud sicherst« Hcib
mittel, nächst diesem die Pzondisch^ Methods
und in leichteren Fällen die v« WedeküiiPteb§
Heilart. IVpr fin wahrhaft desparater Fall tob
allgemeiner und weit yorgeschritteoer Sjrphilii
kam mir Tor, der vergeblich mit obigen BeS'
methoden und «war wiederholt bebandelt wvidi^
Alle Erscheinungen eines bennruhigMide& ton»
tescirepden Fiebers mit bösartigen nod Jiail^
nackigen Geschwüren liefsen kaum mehr evasn
Strahl von Hoffnung zur Wiedergenesnng das
Kranken aufkommeUf Doch ward erdwKbdia
mit aller Vorsicht und Sorgfalt Yorgenonuneps
strenge Busfiche Schmierkur wieder voUkOBH
men hergestellt. Diese Heilmethode gehBrt ge»
wifs zu den wichtigsten und segenvollsteo, de-
ren sieb die praktische Medicin erfreut, und sie
kann gegen die verzweifeltsten intrikatsten Falle
der Lues nicht genug gerühmt werden»
Die übrigen gepriesenen Merkurialpräparate^
oeioientlich das Hyarargjrum oxydatom robma
— 71 —
praeclphatoiD, kaoo kh in dar Thal, troti
1er Versudiei nicht rübmeD,
Natron carhonieunr.
Zq den werthyollsten Beitragen der prak^
tischen Medicin in neuester Zeit gehört, meiner
Ansicht und Erfahroog oach^ die FiscAer'sche
Schrift ^), worin das kohlensaure Natron als
eins der kräftigsten and mächtigsten riicX:6iM€ii-
den Mittel gegen die verzweifeltsten Unterleib»-
Sbel mit Recht angerühmt und zur Prüfung an-
empfohlen wird. Vorzüglich hilfreich bewährt
eich dieses in der That treffliche Heilmittel in
der Ton Fischer Torgeschriebenen Verbindong
mit andern höchst zweckmäfsig unterstützenden
Heilmitteln und der überaus strengen Diät ge-»
gen Gicht, hartnäckige Drüsenrerhärtungcn, be-
sonders der weiblichen Brüste» der Bauchspei-
cheldrüse, des Gekröses, der Leber, der IlilZf
der OTarien, Gebärmutter, Hoden, der Schild-
dräse u. s. w.
Ich habe eine, allen Mitteln viele Jahr%
lang trotzende bedeutende Verhärtung des lin-
ken Eierstocks , der ganz höckerigt und yon
monströser Grösse durch die magere Bauch-
wand zu fühlen war, so wie eine so höchst
§
*) Bekanntmachang eines überaus m'aclüigcn Hoilmit-
tek gegen Gicht, gegen clie hartnäckigsten Drüsen-
verhärtungen ond cbionischtt Untcrleibsübel u« •• w«
Toa Dr, AnU Friedr. Fischer, Meisscn 1835.
~ 72 —
bedeutende und metastatlscb entstandeDe Spioa
yentosa an dem Schieo- und Wadenbeine einer
jungen Frau geheilt , gegen welche, nach der
einstimmigen ErkFärung sehr geachteter und
kenntnifsToUer Aerzte, die Amputation des Fu-
üses als das einzige Rettungsmittel yorgescbla^
gen worden war.
Singeklemmti Briichem
Gegen eingeJdemmU Brückt bediente ich
micb in den meisten Fällen des von Stark schon
empfohlenen Oels ^) mit dem herrlichsten Br*
&]ge, wenn gleichzeitig innerlich^ je nach Um*
standen, Emulsionen mit oder ohne Opium,
oder Oleum Biciai mit Syrup. mannat. Ter«
mischt, oder Calomel» oder Oleum Crotonia,
der oft kaum zu bezwingenden Verstopfung
wegen, stark mit Butter versetzte Buttermilch,
erweichende Umschläge u. s. w. gegeben
werden. Ich babe Fälle gebeilt, wo die Kunst
bereits alle ihre Schatze yergebens erschöpft
hatte und nur von der Herniotomie Bettung er*
wartet wurde. Und zwar erfolgte in den mei<«
sten Fällen die Rettung des Kranken auf die
Anwendung des Oels aufserordentlich schnelL
Erst dieses Spätjabr wurde ich a^u einer
40 ^abre alten Frau gerufen, die an einem ein*
e\ Joh, Chr» StarVs Handbuch znr Kenntnifii vmd Hd*
long innerer Kranktieiten des menscblicteü Körpers»
Jena 1799^ i» Bi, Sf. 607.
-. 73 ^ —
geklemmteD Leistenbrache rechteneiti füofTaga
Tergebens mit Aderlässen, Blategelo, erweicbenr
den Breiamscblägen, eröffoendeo Klystiereo, Ca«
lomel, Emalsionen u. s. w. tod einem Ober-
Wundarzte bebandelt worden war. Zaletst
wurde noch die Hilfe eines Homöopathen an»
gesprochen y jedoch Tergebens« So ward ich
gerufen, Irh fand die Kranke in einem sehr
aufgeregten Zustande, den Pols klein, hart, fre*
guent| die Temperatur der Haut heifs, die Ver-
stopfung seit fünf Tagen anhaltend; der Durst
war unerträglich, Schlaflosigkeit und Unruhe
im höchsten Grade , Neigung zum Erbrechen,
und wirkliches Erbrechen nach genossenen Ge-
tränken ; der Unterleib war aufserordentlicb auf^
getrieben und gegen BerühruDg schmerzhaft.
Der Bruch hatte die Gröfse eines HüliDereies,
war brannroth und durch die vergeblich rorge* r
Dommene und oft wiederholte Taxis brennend
beifs* Ich trug auf die Operation an : sie ward
Jedoch Ton der Kranken standhaft verweigert»
So wenig Rettung zu hoffen war, verordnete
ich gleichwohl Oleum Ricini mit Sjrup, man«
sat. vermischt, Klystiere aas einem Infus. Fo-
lior« Senn, mit Sal. mirabiL Glauberi und Tar-
tar, emet. versetzt, und. äufserlich das von'
Stark empfohlene Oel, nämlich: RecOlei Per-
fol., Olei Pini, Olei Juniperi aa Drachm. tres«
m. D. S, Alle Stunden einen Kaifeelöfiel voU
in die Bruchstelle und deren Umfang einz»*'
reiben.
Der Erfolg war bewundernswürdig; denn
der Bruch wurde nach einigen Standen kleiner,
minder schmerzhaft, und war nach 12 Stunden
-völlig verschwunden. OelFnnng trat reichlich
ein^ die Kranke war gerettet und ift )etst volL*
— 74 ^
kommen gaaimd und wobi, obgleich eie tplM
TOD einer Enteritis befallen, aber ToIIkommei
gebeilt wnrde« leb babe Fälle von eingeklem»»
ten Brüchen geheilt, die bäufig nach 4—6 Sten-,
den nach dieser Einreibung gewichen waic%
nnd mit dem grofsten Danke gegen Stark wi
aus voller Ueberzeugnng nnterschreibe ich im
L'>b, welches dieser ausgeseicbnete Arzt (& 66Z
ia dem angeführten Werke) diesem Oele cott»
20.
JFeohsel/iebefm
Dafs die nächste Ursache des TFtohM^^
hers in einem Krämpfe des Gangliensysimm
bestehe, habe ich in meiner schon erwähnto
Schrift über den sporadischen Typhus and im
WechselGeber ausführlich nachsaweis^n iw-
suchty und es freut mich^ dafs diese Anslcbl k
der jüngsten Zeit von anerkannt gelehrten Sil
gefeierten Blänoern mehr oder weniger aasgi-
sprochen wurde«
Es giebt fast keine Form Ton Waehsells-
ber, die irh nicht zu beobachten und sa babaa-
deln Gelegenheit gehabt lätte, nanoentlieh vide
Fälle Ton insidiüsem verlarvtem Jfechs^fi/Aer*
Das Chioinum sulpburicum erwies skk
auch mir sehr hilfreich und namentlich in fol-
gender Art : Zuerst erhält der Kranke in dar
Apyrexie ein Voniilir, oder ein kräftig erregen-
des Laxans, je nachdem die Turgescenx der an* '
gesammelten Crudiläten das eine oder das aa-
— 7» —
dere gebietet; doch siebe icfa das VomitiT sei»
Der oberaos wobltbäfig erscbüUemdea und um*
sthnmeDdeo ^ebeowirkon^ Tregeo dem f.axans
vor, — dann am andern Ta^ in der Aprrexie
Folgendes: Rec« Cbinin« salpbor« gr. xxxxTiJj,
Tartar. emat. gr. j in Aqaa Laoroeeras q. a»
solot., Opii pur, gr« ifj, ExtraeL Vatertan. q. a.'
ut £» piloL If. xxxTJ, Coosp. polr. Cinnaiii.
D. S. Alle 2 bis 2y Standen ein Stuck so neb*
inen, nebst folgendem Tbee: Rec* Sommitat.
Uillefoi«, Siunmitat. Centaor. min., Flor. Cba«*
momilL Talg. , Rad. CaiyopbjlL aa Uno; ob«
C. M. D. S. Tbee, ^oron täglicb einige Tas»
aen getronken werden.
Die Pillen müssen Tag und Nacbt cur be»
stimmten 2^it in der Apyrexie gegeben, in der
Pjrrejde aber, so wie der Tbee, ganz ausge&etsi
werden. Die Diät mafs streng seyn , nament-
lieb alles Fette, Ssore, Bläbende, Obst, Käse
u» s. w* gemieden werden» Zotn Getränke er*
laabe ich gern Kranken, die scbon längere Zeit
an Wecbselfieber leiden, entweder gutes Bier,
oder oocb lieber guten alten Wein mit. Was*
ser Termischt. — Der Kranke imifs sieb warm
kleiden, feucbte Luft Termeideu und sich im
warmen Zimmer aufhalten, sieb for Diätfeh-
lero und Erkältungen auf das sorgfaltigste bSten.
meinen Erfahrungen zufolge y wird der
iiacbste Anfall entweder auiTdllend stärker, oder
gelinder, der zweite Paroxyftmus bleibt dage-
gen in der Regel ganz aus, und der Kranke
ist geheilt» Zur Vorsicht lasse ich obige Pil-
lenmasse, wenn sie aufgebraucht i3t, noch ein-
mal repetiren und daron alle 3--^4 Stunden ein
Stück nebst obigem Thee geben, bis sie eben-
falls aufgebraucht ist, worauf der Kranke bei
— 76 —
I
guter ond erknifdgender Diät wich 6 — 10 Tt-
gen wieder so rollkommen hergeftlellt ist. dab V
er sich seinen gewoboten BescbäftigungeD bis» 1-
geben kann. \\
Bei strenger Anwendung dieser Metbodi,
vorgsamer Vermeidung aller Excesae in der Diät
und dem Regimen, rubigem Verbalteo in den
ersten acbt bis zeboTagen, sah ich keine Rodt
fälle entsteben; der Kranke bleibt irollkommoD
wobL — Gleichwohl sind Recidive bei Land-
leuien keine Seltenheit. Denn kaum fübleo lit
sich von den ersten zwei Anfällen befreit ool
sehen ihre Kräfle wiederkehren , so setzen lia
nicht nur die erste Dosis der Pillenmasse aiu^
sondern überlassen sich auch wieder ihren Be«
rufsgeschäften und fehlen in der Diät. So hil^
reich das Chinin, sulpburic. sich auch dann be-
weiset, giebt es doch Falle, wo dasselbe we-
gen Idiosynkrasie nicht yertragen wrird, oder
für unbemittelte Kranke zu kostbar ist. h
dergleichen Fällen von sehr hartnäckigen Reci-
diven wendete ich das schon in meiner erwähn*
ten Schrift (S. 308) empfohlene Kali carboni-
cum mit gutem Erfolge an , entweder : Rec.
Kali carbon. Drachm. duas, Solr. in Aqu. Rub.
Idaei Unc. sex, add. Syrup. ejusd. Unc. ud.
M. D. S. Alle Stunden einen LöiTei voll in der
fieberfreien Zeit zu nehmen, -— oder yerstärkt
mit einem Zusatz von einem Skrupel Tinct
Opii. — Auch mehrere meiner Herren Kollegen
haben diese Mischung mit grofsein Nutzen an-
gewendet.
Zwei Fälle yon Wechselfieber kamen mir
innerhalb 24 Jahre zur Behandlung Tor, die
durch die seither genannten Mittel zwar gemil-
dert uud etwas beschwichtigt , nie aber TÖUig
-P. 77 —
gebetlt werden konnteo, and allen übrigen Heil-
mitteln trotzig vriderstaoden, ohne dafs es mir
(egltickt wäre, biervon die Ursache auszaniit-
leln 9 und diese wurden allein durch den Ge*
brauch der bitteren Mandeln schnell , gründlich
and bleibend geheilt» Ich liefs nämlich diese
b«iden Kranken eine Viertelstunde vor dem
anfalle, das erste Mal 7, das zweite Mal 9 Stück
bittere . Mandeln kauen und Terschlncken , letz-
tere Zahl mehrere Tage nach einander um dier
Belbe Zeit fortgebraucben und obige Diät und
BL^^imen beobachte o* Der nächste Apfall ward
hierauf schon geringer, der zweite, noch schwä-
cher» und der dritte blieb gänzlich aus^ obne
dafa ein Recidir gefolgt wäre. — Zur Nachkur
verordnete ich die Tinct. Ghinae composita kaf-
Feelofielweise zu nehmen.
m^
— 78 —
IV.
Fortgesetzte Erfalirongen
ü b « r
die Epilepsie
and
die grobe Kraft des Zinks zur HeÜang derselben.
durch
mehrere Fälle glücklicher Heflung dieses Uebds
dargestellt,
▼ on
Dfi Siedler
zn SchSnebeck*
(Fortsetzung« S« dieses Jonmal Bd« LXXYIII. St. 5. 8. 3.)
12-
j&.ndreaB K., Schiffer , 19| Jahre alt^ grobair
Figur» dankelbraanen Haaren^ gemischten Tem-
SeramentSy an den Masern im 6ten und am
charlachfieber im lOten Jahre bedeutend krank,
mit Erfolg vaccioirt, war als Kind sehr ner*
▼enschwach^ bekam, wie die Mutter bebaaptat^
leicht Ohnmächten und Krämpfe^ und soll an
letzteren einmal 22 Wochen gelitten haben.
Vor ungefähr anderthalb Jahren bemerkten
~ 79 ^
»eine Eltero^zor Nachtzeit die ersten epilepti-
schen Anfälle, die eich dann auch »ehr bald
iKuweilen am Tage zeigten» Dabei verrichtete
Patient, weil er aaf seines Vaters Kahne fuhr
itnd immer beobachtet werden konnte, seine
A.rbeit ungestört^ bis er endlich am 8. Novemt^
ber 1833 itt der Nacht \on einem so heftigen
Unfall ergriffen wnrde, dafs sein Vater giaubtei
er "^vUrde sofort sterben. Diesem folgten am 0.
und in der Nacht auf den 10« noch sieben eben
Ho starke epileptische Anfälle, so dafs Patient
in dieser Zeit gar nicht zur Besinnung kam
und mehrere Tage nachher nicht arbeiten konnte.
Da er sich auf der Reise befand und zur Zeit
dieser Anfälle kein Arzt in der Nähe wlEir^ so
muf&te er sich auf den Gebrauch yon Chamil-*
lenthee beschränken. Am 20. November kam
er hier an und yrurde mir sofort in die Be^
handlung durch seine Mutter übergeben; die
noch berichtete, dafs er seit dem 10. zwar
nichts Yon epileptischen Zufällen gehabt, wohl
aber zuweilen über Schwindel geklagt habe.
Ich fand den epileptischen Blick ToUkommen
ausf^ebildet, den Puls klein und träge, die Zunge
nach hinten wenig belegt, den Körper wohl ge*
nährt und die Gesichtsfarbe munter. Patient
klagte über Mangel an Appetit, Drücken in der
Nabelgegend und hatte in den letzten 10 Tagen
nur 4 Mal Stuhlgang gehabt. Ich verordnete:
Rec. Magnesiae sulphur. unciam, solve in Aquae
Blenthae piperitae unciis tribus, admisce : Tinc-
turae ämarae, Syrupi corticum Aurantiorum
aoa UDciam dimidiam« D. S. Omni bihorio
cochlear.
In der Nacht auf den 21. ^hatte Patient
einen epileptischen Anfall; aber Xtoiz diesem
II
— 80 -..
erlanb^e ilim sein Vater erst am QS», nachdflm Ij
sein Schiff Ton der Ladung geleert und gegM Ig;
Morgen dieses Tages ein neuer epileptisch« L
Anfall eingetreten war, yon der obigen Medino Ij
Gebrauch zu machen* Diese bewirkte Hat
Darmausleerungen und Verschwinden deeDmt
kes in der Nabelgegend. V . |i
Am 27« klagte Patient nber krampfhafte Zn-
sammenschniirung .der Brust, Mangel an* Schlaf
und periodische Zuckungen in den Muskeln dsif
rechten Armes« Ich verordnete: Kec. Ziaci
oxydati grana sex, Extracti Hjoseyami graDom,
Pulyeris Badicis Paeoniae grana decemi H.
Dispens, tales doses Nr. duodeciaii D.S* UsM
et vespere pulvis.
Den 4. December berichtete der ELranks^
dafs noch kein epileptischer Anfall wieder da
gewesen sey und die übrigen Krampfbeachw«^
den sich seltener und schwächer einstelllaai
Er bekam eine Stunde nach jedem PnlFer tTebet
keiten^ aber zum Erbrechen kam es nicht Dil
Gabe des Zinks wurde um 2 Gran erhöht*
Am 10. berichtete Patient^ dab er gar kons
Zuckungen gehabt und nur ganz geringe üebel-
keiten auf die Pulver bemerkt habe. Er be-
kommt : Rec. Zinci oxydati grana decem. Ex-
tracti Hyoscyam« grannm, Pulveris RadicitPaMK
mae grana sedecim, BI. Dispens* taies doeii
Vr« duodecim^ D. S, Slorgeos und Abesdsen
Pulver.
Den 17. erschien die Mutter des Kranial
und zeigte an, dafs ibr Sohn am 13., hlonisdie
Krämpfe in dem rechten Vorderarme und dar
Hand, aber keine Uebelkeiten gehabt habe^ sich
auch sonst stets wohl fühle. Er nimmt: Bau
— 81 — •
Ziöd azjdaä grasa doodadm, Bxincli Bjoft«
cTami granmn» Polrais Radids PaeoDiae tcnK
Ealam, M. Dispant. lales dotes Nr, dvodadiiii
K S. Morgens und Abends ein Pidrer.
Am 25. fand sich id wieder ein und be»
ricbtete, dals er am 20. Abends switchen (^
und 7 Uhr wiederholt Zncknogen in der ledw
ten Schulter gehabt habe^ aber sonst sich gaw
wohl befinde. Er bekommt Morgens and Abends
15 Gran Zink mit den Zusätzen yom 17.
Da sich hierauf bis zum 2« Januar 1834
auch nicbt die geringste Spur Ton Krämpfen
hei dem Patienten eioie;e8tellt'9 dieser viehnehr,
trotz der ungünstigen Jahreszeit, schon mehrere
Tage im Freien bei dem, eine gute halbe
Stunde Yon hier gelegenen und durch den
Sturm am 18. t. M. eingestürzten Gradirwerke
sa Elmen gearbeitet hatte und nur am Morgen
und Abend warme Getränke und Speisen in
sich nehmen konntCi so liels ich nur )edett
Abend 1 Ton den erneuerten, obigen Pulvern
nehmen/
Am 16«' Januar« K^ spurte nichts Ton sei-
nem epileptischen Leiden und erfreut sich einer
Tollkommenen Gesundheit, Er nimmt atle i
Abende ein Pulver nach der Formel tom 2«
Januar*
Den 10. Februar erschien K, mit blühen-
der Gesichtsfarbe und erklärte, dafs er sich ganz
wohl fühle und auch schon Tor 10 Tagen das
sogenannte Fastoachtsfest, welches die Schiflisr
ia* der Regel f wegen der frühzeitigen Abreise
mancher Kameraden, schon Ausgangs Januar
feiern, und wobei sie gew5hnlicb zwei Tage
ud Nächte in jeder Alt fegen dU Cw— üfciH
Jem.I«XXXnr.&I.9fc t
— 82 —
•iiiicljgeti^ mitgemacht habe* Ich fand weiter
nichts an ihm, als den epileptischen Blick noch
nicht ganz yerschwunden « yerordnete i daher
noch 6 Stück der letzteren Pulyer und lieüs alle
4 Abende eins davon nehmen»
Im Sommer 1834 war K., in Folge der
anhaltenden grofsen Hitze und ungewöhnlichen '.
Anstrengung bei der Schiffahrt i wiederholt an
einem leichten nervösen Fieber krank, wobei
sich zwar leise Zuckungen in den Extremitä-
ten zeigten^ aber seine epileptischen Leiden tra-
ten nicht wieder ein, '
Im Monat Februar 1835 bekaüi JT. die
Varioloiden in einem bedeutenden Grade, die
zwar mit epileptischen Krämpfen eintraten,
dann aber ohne dergleichen regelmäfsig Yerlie-
fen und keine antiepileptischen Büttel erfor-
derten.
Seit einem Jahre istÄ. Soldat und bat nie
wieder die geringste Spur von Epilepsie bemerkt»
13.
Der 12}jähTige Sohn des Victualienhand-
lers Christian L. in Salze ^ Ton kräftiger Kor-
per-Constitution, wurde mit Erfolg raccinirt
und überstand die Kinderkrankheiten leicht, litt
seit seiner zarten Kindheit häufig an Nasen-
bluten, welches aber seit obngefahr einem Jahre
nicht mehr eintrat. Etwa 10 Tage nach dem
letzten , ziemlich bedeutenden Nasenbluten be-
kaln er Abends gegen 8 Uhr den ersten epi-
leptischen Anfall und hat seit dieser Zeit noch
fünf starke Anfalle^ hiervon dep letzten em g«»
_ 83 —
sh*igen Vormittage am 11 Uhr and den Yor*
letzten vor 14 Tagen zu derselben Stande gehabt«
Die Eltern dee Kranken hatten schon meh«
rere Haasmittel versucht and auch wiederholt
Blutegel an die Stirn und Nase appUcirt^ aber
ohne Erfolg«
Ich fand, als mir der Kranke am 21. Rb-
Tember 1833 in ärztliche Behandlung überge;-
ben wurde, deo epileptischen Blick yollkommen
ausgebildet, die Pupille bedeutend erweitert/ die
Zunge belegt und einen kleinen unterdruckten
Puls* Verordnet wurde ein Brechmittel aus
Brechweinstein und Ipecacuanha*
Am 23. November. Patient berichtet, dafs
er gestern in 6 Blalen eine Masse zähen Schleims
und Galle ausgebrochen habe und sich nun ganz
'Wohl fühle. Die Zunge fand ich rein und den
Puls normal. Er nimmt jeden Abend ein hal-
bes Quentchen Rad. Artemisiae vulgär* mit war«
tnem Biere.
Den 2. December ^berichtete £#•>' dafs er
nach jedem Pulver etwas Schweifs und noch
keinen epileptischen Anfall wieder gehabt habe»
Die Gabe der Artemisia vulgaris wird auf zwei
Skrupel erhöht.
Hierauf erfolgte kein Schweifs i and oacli«
dem Patient dieses, schon in mehreren Fällen
mit sehr gutem Erfolge von mir angewendete
antiepiieptische Mittel bis zum 16. December
pünktlich fortgebraucht hatte^ trat in der Nacht
auf den 17. ein starker epileptischer Anfall ein^
dem grobe Unruhe eine halbe Stunde vorher-
gingi wobei die Mutter des Kranken bemerkte,
dafa die Krämpfe in den Füüsen anfingen.| aieh
trat nach einer Minute über den gauMii KSff»
F2
•^ 84 — '
per TerBreiteteb und dann GefKhl ond BewnbU
seyn aufborte. Patient erhielt: Rec. Zinci 0x7-
dati grana tria, Extracti Hyoscyami granom di-
midiamy Pulreris Radidt Paeoniae grana odo^
M. Dispens* tales doses Nr. octo« D. S. Mim
et Tespere pulvis.
Am 21. la. blieb bis dahin gaas frei tw
seinen Beschwerden, Terspurte nur etwas üebel*
keilen nach den Pulvern und bekommt ditM
nun mit "vier Gran Zinkblumen und sehn Gm
PäonienTTurzel. Den 24* wurden dieae repeliit
Den 29. klagte Patient fibet periodisdw
Kopfschmerzen in der Stirngegend, die sichseft
swei Tagen, TorzSglich Nachmittags, einsfellteiii
und am Morgen zeigten sich Udbelkeiten oach
den Pulverii, aber sonst fdhlte er aich giac
wohl und frei von epileptischen Anfallen. Er
bekommt: Rec. Zinci oxydati grana quinqae,
Extracti Hyoscyami granum dimidium, Folvs-
ris Radicis Paeoniae grana decem, M« Dispeoii
talea doses Nr. octo* D. S* Abends ein Palnr.
Am 6* Januar 1834. Patient hatte gar kei-
nen epileptischen Anfall, aber seine Matkr
sfiiirte bei ihm seit einigen Tagen jeden Aben^
so wie er im Bette eingeschlafen war, Zuckno-'
gen in den Armen und Schenkeln, die sich ent
nach 12 Uhr langsam Terloren. Uebrigens bst-
ten sich die Kopfschmerzen verloren, der Knab
fiihlt sich wohl , und nur das Auge zeigt dsi
noch nicht gehobene epileptische Leiden; is-
inentlich ist die Pupille sehr erweitert. Er bs-
kommt nun wieder Alorgens und Abends ds
Pulver Yon folgender Mischung: Hec. Zinci oty-
dati grana sex, Extracti Hyosrjami granum di-
midium, Pulveris Radicis Paeoniae grana dno-
decimi ÖL Dispens, tales doses Nr* daodecim. D.
— 85 —
Am 14. zetglQ die Mutter des Kranken ao,
däb die nachtlicheo Zuckaogeo fortdaaorten^
sonst aber vreitpr keine Veränderungen einge-
treten wären , als dafs seit zwei Morgen . daa
Palrer eine halbe Stunde nach dem Einnehmeii
wieder weggebrochen werde ^ wobei sich ihr
Sohn aber ganz wohl fühle. Die letzten Pul>-
Ter wurden erneuert.
Den 20. berichtete Patient, dafs die Zak-
kongen bedeutend nachgelassen hätten und we^
der Erbrechen noch Uebelkeiten auf die Pulrer
eingetreten wären. Die Pnlyer werden noch-
pials erneuert.
Am 27. Die nächtlichen Zuckungen haben
noch mehr nachgelassen ; da «ie aber noch
nicht ganz verschwunden sind^ so wird die Zink-
gabe um 2 Gran erhöht.
Den 31, zeigte jL. an^ dafs die Zuckungen
immer geringer und yon kürzerer Dauer wür-
den. Er sieht sehr blühend aus, alle Verrich-
tungen seines Körpers geben normal von Stat-
ten und der epileptische Blick verliert sich.
Die am 27. verordneten acht Pulyet werden
erneuert.
Den 5. Februar berichtete Patient, daftf die
Zuckungen in der Nacht auf den 1. d. M. von
seinen Eltern kaum bemerkt, seit dieser Zeit
aber ganz ausgeblieben wären. Patient be-
merkte zwar nach jedem Pulver Uebelkeiten^
aber sonst befindet er sich wohl. Er bekommt:
Reo. Zinci oxydati grana octo, Extracti Hyo-
scyami granum dimidiura, Pulveris Radicis Paeo-
Diae grana decem^M. Dispens, tales'doses Nr.octo.
D. S. Abends ein Pulver.
— 86 — '
Am 14. berichtete Patient, da Fe eeine Mb
ßafmerkBame Mutter in den ereten Näcbteo nach
seinem letzten Hierseyn wieder leise Zockas-
§^n, aber seit dieser Zeit keine weiter bemsikt
Jbätte* Er nimmt nur alle 2 Abende ein.Fri-
▼er nach der Formel vom 5* d« M«
Vom 3« März an nahm L«, da sich nA
nicht die geringste Spur ron Krämpfen cdgli
und auch der epileptische Blick beinahe gSBi
Terschwunden war, nnr alle rier Abdnde w
Pulyer nach der letzten Verordnung,
Am 3. April wurde L/ aus cter Kur .«oU
lassen und ihm statt der Bezahlung die ▼«•
pflichtung aufgelegt^ sich mindestens alle Yic^
teljahre bei mir persönlich zu melden und üb«
sein ferneres Befinden genaue Nacbricbt n
geben«
Diesem kam er pünktlich nach and sds
Gesundheitszustand liefs zehn Monate lang iiiclili
zu wünschen übrig. Allein am 4. Februar 1835
erschien L.'s Schwester und zeigte an, dais ikr
Bruder in Terwichener r^acht — um 12 oad
um 4 Uhr — - zwei starke epileptische AnfiDib
wahrscheinlich 5n Folge einer bedeutenden E^
kältuDg, gehabt habe. Da Patient, welchen ich
gegen Mittag noch im Bette und äafserst ss-
fegriffen fand, über Uebelkeiten klagte und db
runge stark belegt war, so verordnete ich A
Brechmittel^ nach welchem L. eine Masse Schlcini
und Galle ausbrach*
Am 7« Februar kam der Kranke wisdir
selbst zu mir und berichtete, dafs er sich s^
gestern ganz wohl fühle und weder Zacknngss,
noch einen epileptischen Anfall bemerkt habe.
Er bekommt aber dennoch ^ Rec^ Zinci ozydstit
- 87 -
Pulverlt Radlcls PaeoDiaet Folioram Aurantii
ana grana quiuqae, Extracti Hyoscyami graoum
dimidium, Jtl« DiApens. tales doiei Nr» octo«
J). S. Abends ein Pulver*
Den 11, Der Kranke batte io der rergan«
genen Nacht — abermals um 12 und 4Uhr-^
swei epileptische Anfälle. £r nimmt täglich
drei Stück von den. am 7* yerordneten Pnlrero^
die, "wenn sie rerbrajiicbt sind, erneuert werden«
■
Am 18. erschien Patient mit seiner Mutter;
letztere erzählte , dafs am 11.^ dem Tage, wo
Lt, am Morgen bei mir gewesen war, fünf epi«
leptische Anfälle eingetreten wären, ein Anfall
war immer in den andern übergegangen > so
dafs ihr Sohn erst am andern Morgen zur Be-
sinnung gekommen sey. Nachher habe er meh«
rere Tage laof; über Flimmern vor den Augen
qnd grofse Blödigkeit derselben geklagt; dabei
war sein Gesicht aulTallend blafs'und das Auge
sehr matt« Jetzt ist von diesem nur noch der,
minder stark ausgebildete epileptische Blick
sichtbar. Der Kranke fiihlt sich wohl und bat
dringend, ihn Ton heute an' täglich nur zwei
Pulver nehmen zu lassen. Diesemnach yerord-
jpete ich: llec. Zinci oxydciti grana sex, PoWe«
ris Kadicis Paeoniae, Folioruia Aurantii ana
grana Septem^ Extracti Hyoscyami granum se-<
iiils, M. Oispeos. tales doses Nr. duodocim. D.
S. Mane et yespere pulris.
«
Den 28. erschien L, wieder und berich-
tete, dafs er zwar noch keinen epileptischen
Aufall wieder, wohl aber in jeder Nacht bedeu-
tende Zuckungen in deu Ober- und Unter-Ex-
tremitäten gehabt habe , sich sonst wohl fühle
und Ton den zuletzt verordnelen Pulvern die
^ 88 —
Hälfle Yor 4 Tagen babe enieueni lassen. Er
bekommt: Rec. Zinci oxydati grana octo. Ex*
tracti Hyoicjami granam, Polyeris Radids Paeo«
iiiae, Foliorum Aurantii aoa grana decem, H.
I)ispeDt. tales doses Nr. daodecim» D. S, Mob»
gßüB und Abends ein Palyer.
Am 6« jUärz. Die nächtlichen Zacknngen
vermiodern sich an Stärke nnd Dauer ^ Patient
iShlt sich übrigens wohl und die letzten PoItw
TFerden erneuert.
Den 13. hatten sich die Zuckungen so be^
deutend vermindert, dafs sie in mancher Nacbt
kaum zu spüren waren. Patient nimmt nor
jeden Abena ein Pulyer nach der abermals er?*
säuerten letzten Verordnung.
Slit dem 17. borten die Zuckungen gans
nur, und der epileptische BHck verschwand mit
Jedem Tage mehr; ich liefs daher den L» vom
20. Olärz an nur alle zwei, und rom 2* bis zum
18» April alle vier Abende ein Pulver nach dev
Verordnung vom 28. Februar nehmen und ent«
liefs dann denselben als geheilt ans der Be»
bandlung.
Seit dieser Zeit sind nun über anderthalb
Jahre verflossen^ L, erfreut sich eiuer vollkom-
menen Gesundheit und hat nie wieder, die ge»
ringste Spur seiner Krampfleiden bemerkt.
14.
Die Tochter eines armen , kränklichen Ta-
Ihnertfe Dorothea T.,16| Jahre alt^ vor drei
Vito0 lUiile menstruirt^ briinet^
— 80 ^
TOD 8eTir 8cbtiR8chI!cbem Körperbau, bleicbexn,
aufgedunsenem Gesiebt mit matten | kummer«
Tollen Augen, deren Blick nicht nur das ept-
> leptiscbe Leiden deutlicb zeigt, sondern drin«
gender um Hilfe als ihre Worte bittet, war mit'
Erfolg Taccinirt worden ; ihre Mutter weifs nicht
genau, ob die Leidende sonstige Kinderkrant-
beiten gehabt bat, berichtet aber, dafs Fat, ^eit
ihrer zarten Kindheit an krampfhaften Be-*
seh werden verschiedener Art gelitten hat, diö
jmehr und mehr zunahmen, bis sie endlich yoc
etwa einem halben Jahre in formliche Epilep-^
sie übergingen«
Am 8. Januar 1834, Morgens gegen ^ Uhr;
trat ein so bedeutender epileptischer Anfall ein,
dafs die Mutter fürchtete, ihre Tochter in dem-^
selben zu rerlieren, und endlich um 8 Uhr
jnelne arztliche Hilfe verlangte. — Ich fand die
Leidende im Bette in einem bewufstlosen Zu*
Stande, mit bleichem Gesicht, Schaum vor dem
Munde, fest yerschlossenen Augen, kleinem,
krampfhaftem und langsamem Pulse, kurzer,
schwerer Respiration, zwar ohne klonische,
aber noch nicht frei von tonischen Krämpfen*
Erst gegen Mittag kam sie so weit wieder zub
Besinnung, dafs sie nur die stark belegte Zunge
Beigen und dann Yon folgender Mixtur einneh-
men konnte: Rec. Magnesiae sülphuricae un-
ciam, solye ' in Infusi Florum Chamomillae ex
Qocia parati unciis tribus , admisce : Tincturae
amarae, Syrupi simplicis ana unciam dimidiam»
D« S. Alle drei Stunden einen £fslöiFel yoU zu
nehmen« •
Am 10. Patientin hatte hierauf 7 bis 8
bmartige Darmausleerungen ; keine Krämpfe
«nd^ anlseir dem Gefühle grofs^i Schwache^
— ÖO —
keine Klagen* Ich verordnete eine nabrluili
Diät , starken ChamilleDthoe and folgende Pnl-
.yer: Rec* Zinci oxydati graqa tria, Eztnrf
Hyosc} ami grantua dimidiam , Pulrerii fiadkii
Paeoniae grana decem^ M. Dispens, tales doM
Nr. octO| D. S» Mane et yespere pulvist
Den 12. meldete die Kranke^ daCi ihe
grofse Mattigkeit noch nicht abgenommen «W
^ie nach jedem Pulrer Uebelkeiten gehabt ImImi
Am 14« berichtete sie, dafs tich am geifai-
gen Mittage zwar bedeutende krampfhafte Be*
-weguDgeu im Unterleibe gezeigt hätten; skl
ein von ihr befürchteter Anfall nicht eingetnta
sey. Heute fühlt sie sich wieder ganz wohl
und erhält: Rec. Zinci oxydati grana qaatoor,
Extracti Hyoscyami granum semis^ PulTerisBft-
dicis Paeoniae grana decem^ M. Dispenst taki
düses Nr. octo, D. S. Morgens und Abendi (M
Pulver.
Den 18« hatte Patientin 'weiter nicfati n
erinnern, als dafs- sie nach dem Polrer UeM*
keiten verspürt habe» Die Verordnnng vot
14. wurde dahin erneuert^ dals nie 12 Stück
Pulver erhielt.
Am 24. erschien dieSLranke mit derBol-
Duog baldiger Genesung in ihrem Gesichte« Dia
bleiche Gesichtsfarbe schwindet« alle kSrpsili'
eben Verrichtungen gehen normal von Staltei
, vnd auf die Pulver bekam sie nar laweiki
schnell vorübergehende Uebelkeiten* Die ktsit
Verordnung wird . erneuert und Morgens huI
Abends starker Chamülenthee fortgetrunkeo«
Vom 30. bekam die Kranke Mdrgene ui
Abends fünf Gran Zinkblomen.
— Ol -.
Deo 3. Pebraar erzahlte Patlentia, iat$ ^le
gestern Mittag gegen 1^ Uhr das Herannahea
eines Anfalles Terspiirt, sich aber bemäht habe,
diesen, wie sie sich eusdriicktei zu Terlaufen^
dafs er sie gleich wohr übermannt, and dafs sie
auf der Hausflur, wo sie sich^ doch ohne eft
eich nachher zu erinnern , niedergesetzt,
schwache Zuckungen bekommen^ habe« Wäh-
rend dieser wurde sie Ton ihren Angehörigen
sofort in die Stube getragen und auf ein Bett
gelegt« Nach einigen Sekunden waren dieZnk-
kungen yerschwunden , das Bewufstseyn toII-
kommen zurückgekehrt, nnd die Kranke fühlte
sich nicht nur nicht angegriffen, sondern fing
fleich an zu arbeiten und verlangte zu essen«
>ie nimmt yon den am 30. t. M. Terordneteo
Pulvern täglich drei Stück«
Am 5. meldete die Kranke^ dafs sie gestern
Abend am 5 Uhr krampfhaftes Ziehen im Un-
terleibe vier Minuten lang bemerkt, welches
eich heute Morgen zwischen 7 und 8 Uhr auf
sehr kurze Zeit wiederholt habe. Die Puher
werden in der obigen Art .fortgebraucht and
ieifsig starker Chamillenthee getrunken»
Den 11. Patientin bemerkte in den lets-
len sechs Tagen nichts . von Krämpfen« Die
Pulver wurden unverändert fortgetiommen« Am
Uittage dieses Tages trat ihre Regel ohne die
geringste Spur von Krämpfen ein und dauerte
bis zum 14« y wobei sie sich ganz wohl fühlte
und auch nicht die geringste Uebelkeit oder ein
sonstiges Unwohlseyn nach den wahrend der
Menstruation -pünktlich gebrauchten Pulvern be-
merkte; allein schon einige iStunden nach dem
Aulhören derselben, Mittags gegen 12 Uhr, trat
ein epileptischer Anfall ein. Dieser kündigte
B
I
— 92 —
sieb einige Minuten vorher durch Schwindel,
Angst und leise Zuckungen in den ExlrenailäteB
an, 80 dafft sie sich uiedersetzen und ihren Koi^ 1 r
per in Sicherheit briogeo konnte. Das Stadiom 1 j
conyuIsiTum dauerte 5 bis 6 Olinnten^ das St
Boporosum bis 3 Uhr Nachmittags , und aa
Abend klagte die Kranke noch über grobe
Zerschlagenheit der Glieder und Kopf8chme^
zen« Sie bekommt: Rec« Zinci oxydali graoa
octo, Extracti Hyoscyami granum, PulyerisRa-
dicis Paeouiae grana duodecim, SI. Dispens, ta-
les doses Nr. duodecim, D. S. Morgens nol
Abends ein Pulver.
Am 22. Morgens gegen 8 Uhr meldete Pa-
tientin, dafs heute Morgen nach 5 Uhr ein epi-
leptischer Anfall erschienen sey, dessen Sta-
dium convulsivum vier Slinuten angebalte0|
doch ohne dafs ein Stadium sopörosum erfolgt
sey. Als muthmafsliche Ursache dieses Anfalb
ist Erkältung anzunehmen; die Kranke batte
nämlich ihren einzigen wollenen Unterrock as
ihre Schwester, welche gestern einen Dienst
als Kindermädchen antrat, abtreten und seil
dieser Zeit, bei der jetzigen kalten Witterunf,
in einem dünnen Kattunkleide gehen miisieo.
Patientin erhält : Rec. Zinci oxydati grana de-
cem, Extracti Hyoscyami granum, Pulreris Ba-
dicis Paeoniae grana quindecim, M. DispeDi.
tales doses Nr. duodecim^ D. S« Ter in dis
pulTis.
Den 27. Februar und 5. Mä'rz berichtete
die Kranke, dafs sie keine Spur von ihrem
Krainpfleiden bemerkt habe und sich ganz wohl
fühle. Die zuletzt verordneten Pulver wurden
beide Blale erneuert und Abends und Morgens
genoumien«
-- 93 -P
Am 14. Mans meldete Patientio, daft sie
einen epileptischeD Anfall, wohl aber ihre
lenstruatlon Tom 9» bis 13. gehabt habe und
ich TollkommeD wohl fühle. Sie nimmt dqd
eden Abeod ein Pulyer nach der letxten Yer«
»rdnuog»
f a
Patientin blieb nun frei Ton Jedem korper-
lidben Leiden und ihre Menstruation stellte sich
pünktlich alle Tier Wochen ein. Die Pulyer
Vf nrden am 27. März und 23. April erneuert,
and Ton jenem Tage alle zwei und Ton diesem
alle Tier Abende ein Stück genommen.
Am 25« Mai 1835 wurde Dorothea T. aus
der Kur als geheilt entlassen und hat nie wie*
der etwas Tonibrem epileptischen Uebel bemerkt.
15.
Johanne M,^ 20 Jahre alt, Tochter eines
Schiffs - Steuermanns in Barby, Ton gesundem
Aeulsern, kleiner Figur, braunen Haaren und
mit einem ausgebildeten epileptischen Blicke,
deren Eltern nie an Krämpfen gelitten haben,
' seit ihrem 16ten Jahre und bis jetzt regelmäfsisr
aber schwach menstruirt| leidet seit anderthalo
Jahren an Epilepsie,
Diese trat die beiden ersten Male mit einer
Zwischenzeit Ton zwei Monaten ein; aber dem
2ten Anfalle folgte schon nach 4 Tagen der 3te
und diesem nach 2 Tagen .der 4te Anfall« Nun
trat wieder eine Pause Ton 2 Monaten ein,
worauf in einer Woche 3 Anfälle folgten , und
seit dieser Zeit, ohngefähr einem Jat>re^ gebt
- Ö4 -
selten eine Wocbe ohne Anfall TorSber, and
nicht selten tritt drei bis vier Tage hinter ein-
ander jeden Morgen ein solcher ein* Die An-
falle erscheinen entweder gleich beim Erwachen^
oder während des Aafstebens aus dem Bette.
Sie kam heute, den 21. October 1834| in
meine ärztliche Behandlung, nnd da ich, anfser
dem obigen Leiden, alle Verrichtungen normal
nnd besonders die ersten Wege rein, die Assi-
milation gut fand, so verordnete ich gleich:
Rec. Zinci oxydati grana quinque, Extracti
Hyoscyami granum, Polveris fiadicis Paeoniae,
Foliorum Aurantii aoa grana sex, M. Dispens«
tales doses Nr« duodecimi D. S* Mane et yes-*
pere pulrii.
Am 26. October berichtete die Mutter yon
der Leidenden, dafs diese den 22* Morgens öj
Uhr eine kleine epileptische Anwandlung gehabt
habe, dafs sich , während sie Bewufstseyn und
Empfindung behielt, unbedeutende Zuckungen
in den Extremitäten eingestellt und daCs Fat.
Eber Schwindel geklagt habe. Nach dem 2ten
der obigen Pulyer erfolgte Erbrechen und auf
die übrigen nur unbedeutende Uebelkeit. ^Sie
bekommt einen Gran Zink in jeder Gabe mehr.
' Den 2. November meldete die Mutter gans
freudig, dafs sich ihre Tochter ganz yrohl be-
finde und in den letzten 11 Tagen nicht die
leiseste Spur von ihrem epileptischen Leiden
und auch keine (Jebelkeiten naeh dem Pulver
wieder bemerkt habe. Sie bekommt in einem
jeden der heute verordneten vierzehn Pulver 7
Gran Zinkblumen mit den obigen Zusäteen*
Am 9. brachte die Mutter dieselbe freudige
Nachricht, Johanne M. nimmt jeden Molken
-^ 95 —
eioe halbe Stunde vor dem Aufstehen 8 Gran
Zink mit den früheren Beimischungen^
Vom 16. bekam die M., da \]ch keine
Krämpfe zeigten, nur alle zwei Morgen ein
Pulver der letzteren Verordnung.
Mit dem 30. November fing Patientin an,
alle yier Morgen^ ein solches PuWer zu neh-
men, wurde» da sich keine Spur von ihrer Epi-
lepsie wieder gezeigt hatte, am 28. December
aus der Kur als geheilt entlassen und ist bis
jetzt, beinahe zwei Jahre, stets gesund geblieben»
(Fortsetzung folgt.)
- ' . •
i
— 9G ^
V.
Geschichte
'einer
glacklich geheilten Mania eroiiciu
Fon
Dr. X W. Gittermanil.
Der Kranke fm rorliegenden Falle waf ein
Mann Ton 36 Jahren^ seines Handwerks ein
Zimmermann, und von ganz gesuxideB Eltern
geboren* Seit ohngefahr 13 Jahren aber litt
derselbe an Epilepsie^ und zwar in einem nicht
geringen Grade, so dafs wöchentlich öfters 5
bis 6 Anfälle erfolgten» TJeber die erste Ver-
anlassung zu dieser Epilepsie war nichts wei-
ter ausfindig zu machen , als dafs der Kranke
öfteren GemüthsalFekten ausgesetzt gewesen
war, und darauf die epileptischen Anfalle an-
fänglich selten^ nachher aber häufiger bekom-
men hatte. In den 13 Jahren, die er an dieser
Krankheit litt, war er sonst von andern Krank-
heiten ganz verschont geblieben» Der Korper-
bau des Kranken war schlank, aber hager; der
Hals lang und die Gesichtsfarbe blafs; seine
Physiognomie war ganz die, welche man bei
— 97 —
der babltaellen Epilepsie gewöhnlich bemeilit,
und die eich leichter wahrnehmen und fühlen,
als beschreiben läfst ^) Vor etwa drei Jahren
hatte sich Patient Terheirathet, schien aber mit
seiner Fraa nicht in dem besten Verhältnife zu
stehen, nnd mochte nach Aassage der letzteren
TTohl auch «aafser der Ehe der Liebe opfern.
Seit einigen Wochen war der Kranke mehr
ivie gewöhnlich still nnd in «sich gekehrt^, hatte
des Nachts wenig geschlafen nnd auch weniger
-wie sonst gegesseni da Appetit nnd Verdannng
sonst immer sehr gut gewesen waren. Die
.Verwandten des Kranken glaubten, diese Ter-*
änderte Stimmung seines Gemüths rühre da-»
Ton her , dafs er ron einem Bekannten noch
eine Summe Geldes haben müsse , die er aber
sieht bekommen könne, obschon er lange dar»
auf gewartet Kabe« Er habe sich dies so sehr
so Herzen gezogen nnd darüber nachgedacht,
dafs er immer mehr in sich gekehrt geworden,
zaweilen still yor sich hin gemurmelt . und
aach mitunter die an ihn gerichteten Fragen
unrichtig beantwortet habe; niemals aber sej
er dabei heftig und böse geworden. In diesein
Zustande blieb der Kranke ron der Mitte Ja*
onars. bis zuni eiiften Februar, an welchem
Tage er gleich nach dem Mittagsessen , wobei
er aber nur wenig gegessen hatte , in die hef-
tigste Raserei rerfiel , und sowohl seiner Frau,
ala auch seinen übrigen dabei gegenwärtigen
Verwandten nach dem Leben trachtete, so dafs
diese mehrere Personen zu Hilfe rufen mulsteni
^ Das am meisten Charakteristische derselben scheint
in den Augen und im Mande za liegen, was Tiel-
leicht die Folge der heftigen MasknlarbewegiiDg wäh-
lend der epileptischea Parojjsmsn ist
Jeun«L3UÜUy.B.3.St. G
— 98 —
am ihm alle Instramente ood sdmeideode Werk-
. sauge BQ Debmen, was nur. mit grohtr Mube
gelangt da der vorher nur aGb^aGbe Mensoh
jetzt mehreren sonst stärkeren Menschen sehr
an körperlichen Kräften überlegen war. Aller
Werkzeage beraubt, fing er nun an, sich die
. Haare aus dem Kopfe zu raufen und dann wie-
der seine Geschlechtstheile zu zerren and xa
reifsen, wobei er mit der gröfsten YTutb aos-
rieft dafs man. ihn in dieselben mit Nadeln
steche und ihn morden wolle« Die Umstehen-
den fiel er mitunter wuthend an« und bemühte
sich, auch dieseq nach den Gescblechtstheilen
SU greifen, so dafs pan sich endlich genSthigt
sah| ihn so zu - binden, dab er weder Arme
noch Beine rubren konnte. In dieseni Zustande
traf ich ihn am 12. Februar Nachmittags an,
nachdem er seit gestern Mittag anunteitiiochMi
gerasei hatte«
Ich trat isu ihiü an das Bett, in welcheni
er mit Stricken gebunden und an der Maner
befestigt lag« Er beantwortete mir alle an iha
mit Ruhe und Ernst gerichtete Fragen Terkebrt
und überliels sich nach einigen kurzen rubigeq
Augeoblickeo plötzlich wieder den Ausbriichfia
der beftigsteq Tobsucht, redete unsinnig and
Terfiel voo dem Einen gleich wieder ins Andere»
In allen Beden aber behauptete er^ dab man
ihn in die Genitalien mit Nadeln steche und
mit Zangen an denselben reifse, wobei er sich
alle mögliche Blühe gab, die Häode von den
Stricken zu befreien; dies gelang ihm auch
einmal und er fuhr gleich damit unter die Bett-
decke. Die Augen rollten bei diesen Anstren-
gungen umher; die sonst schwache Sprache
war jetzt heftig und gebietend; der Urii^ floia
— 9» —
iiowillkurllch ab, oder wenlgstent obne dafSi clet
Kranke etwas dayon sagte, und war Too waa»
serheller Farbe; aa^h die Baachmuskeln wareo
io einer ähnUcheo Beweguogi als ob Sldblgang
erfolgen sollte, doch ohne dah es geschab«
Alles, auch ein sehr ernstesZnreden schien auf
den Kranken nicht den geringsten Eindruck sn
machen, wenigstens liefs er sich dadorch io
seinen Reden nicht stören , die mit den an iho
gerichteten Fragen in gar keiner Verbindang
standen und oft sehr lasciy waren. Ich erwar*
tete eichen rollen und harten Pub, fand aber
ganc das Gegentheil; derselbe war nämlich, so
riel ich ihn bei der heftigen Muskglarbeweguog
gehörig unterscheiden und würdigen konnte^
häufig, dabei klein, schnell, ungleich, leicht zu
comprimiren, und iotermittirend. Die Halsadero
pulsirten nur schwach ; das Gesicht war nach
Aussage der Verwandten nicht röther. wie
sonst, ohne Schweifs, und hatte eine nathrlicb«
Temperatur» Auch Hände und FiÜse Warett^
mehr kalt, als warm. Das dargereichte Trio«
ken weigerte der Kranke zu sich zu nehmen^
ohne jedoch Abscheu dagegen zu zei|ep« Stuhl*
gang war gestern Morgen in gehöriger Meugtt
erfolgt.
' Ich gestehe, dafs ich anfänglich zweifelhaft
und sorgenvoll am Bette des Kranken stand,
und erst nach mehrerer Ueberlegung die Dia-
gnose der Krankheit zu bestimmen wagte.
Nach reifer Wiirdigung der hier gegenwärtigen
Symptome konnte ich die Krankheit, für nicht«
Anderes , als einen Anfall von Manie halten,
und danach meine Knrmethode einrichten ^ die
auch Yoo dem glücklichsten Erfolge war«
02
— 100 —
So oft aach sonst die Manie eipen fttbeni«
sehen Charakter annimmt, so Tranig war dies
doch hier derFalL Die ganze Constitution des
Kranken , die Temperatur, der Puls und der
Urin mit noch mehreren anderen Symptomen
sprachen deutlich für das Gegentheil^ so dafs
ich mich zu einer schwächenden Hellmethode
in diesem Falle nicht entschlielsen konnt^.
Eine Unthätigkelt und Verstopfung in den
Unterleibsorganen war eben so wenig anzuneh-
men, so sehr ich es auch in Hinsicht meiner
Prognose wünschte, um dann durch MuzePs
Methode den 'Kranken desto leichter zu heilen»
Derselbe hatte sich aber nie über Beschwerden
dieser Art heklagt, und zudem als Zimmer-
mann eine Lebensart geführt, die nicht leicht
zu diesem Uebel hätte Veranlassung geben kon«
nen. — Auch yon Gewaltthätigkeiten, die äu«^
fserlich auf den Kranken gewirkt haben konn-
ten, war nichts in Erfahrung zu bringen. —
Hitzigen Getränken war er nie . sehr ergeben
gewesen, und noch weniger schien die Krank-
heit einer zu grofsen Geistesanstrengung, Fröm-
melei oder Bleditation zugeschrieben werden
zu können. Das Einzige , was als Ursache in
Betrachtung kam, war der Aerger über die
Geldsumme» die der Kranke zu fordern halte
und nicht bekommen konnte ; ich wenigstens
nahm dies als eine Veranlassung und entfernte
Ursache der Krankheit an.
Ferner aber schien mir der gegenwartige
Fall von der Art zu seyn, dafs man denselben
eine Erotomanie oder Satyriasia hätte nennen
können. Schon der Habitus des Kranken, und
Alles, was ich von den AnVer wandten über
-r 101 —
Mitkb Mher geführte Lebensart und sein vor-
berigea Beoebmen erfahren konnte, schien mir
za beweisen y dtth das gegenwärtige Leiden
durch eine hier vorhandene krankhaft erhShete
Sensibilität überhaupt , and insbesondere durch
eine abnorm gesteigerte Reizbarkeit der Ge-
schlechtsorgane bedingt werde, nnd dafs über-
haupt die Krankheit als ein Analogon der bei
Weibern Yorkommendenl^^mpT^omaTiie betrach-
tet werden müfste. Zwar hatten hier, so viel
ich erfahren konnte, keine unmittelbar auf die
Geacblechlstheile einwirkenden Ursachen Statt
gefunden, wodurch der Geschlechtstrieb zu sehr
hätte hervorgerufen werden können ; allein die
AeoCserungen des Kranken, die mitunter obscS-
nen Reden nnd das Greifen nach den Ge-
schlechtstbeilen schienen hinlänglich für die er-
höhte Vitalität dieser Organe zu sprechen. Die
Erscheinung I welche Auenhrugger bei diesem
Zustande beobachtete, nämlich ein Zurückzie-
hen des Penis uod der Hoden , war hier- nicht
zu bemerket, dagegen litt der Kranke während
der heftigsten Rasereien an öfteren Erectlonen,
doch dhne wirkliebe Saamenergiefsung, ^was
niich in meiner Annahme von Satyriasis be-
stärkte*
Bei der Behandlung war gewifs auf psy-
chischem Wege nicht -viel zu erwarten,, doch
vernachlässigte ich denselben nicht ganz. Nach-
dem für eine bessere und zweckmäfsigere Be-
festigung des Kranken geborgt war, da man
ihn nur mit dünnen Stricken gebunden hatte
und durch diese an Armen und Beinen eiue
starke Geschwulst veranlafst worden war, em-
pfahl ich das Zimmer so viel als möglich dun-
kel zu halten^ Frauen daraus zu entfernen, wäh-
~ 102 —
nnd der beftigeran Paroxjsmeo lyenlg mit ävm
Kracken za sprechen, in den ruhigeren Zvri-
•chenzeiten aber ihm TerDunltig und isrnatbaft
Ton ganz andern GegenständeUi s. B. über leio
Bandwerk ala Zimmermann^ zu reden*
Iffeine gröfste Hoffnung tetzte ich auf die
cweckmäfsige Anwendung kräniger innerer Qod-
aufserer Arzneimittel. Da in gegenwärtigem
Falle indefs ein sthenischer Charakter der Krank»
beit ganz fehlte, hielt ich eine schwächende Be-
handlung für unpassend. Die Organe der Re-
produktion des Kranken waren weder jetzt noch
iriiher gestört gewesen, und Ton materiellen
Krankheitsstoffen Im Unterleibe waren keine
Zeichen Torhanden^ so dafs ich Tom sogenäon«
ten Helleboritmus ebenfalls wenig Nutzen er*
wartete. Ich will hiermit nichtf gesagt banen,
ab ob gerade viele Unreinigkeiten und Anbau«
fungen in dem Darmkanal zugegen aeyn miia«
•en^ wenn die ausleerende Methode Nutzen etif«
ten soll, da alle gegen die Manie ej^pfoblenen
Laxirmittel neben der darmausleerenden Wir*
kuog gleichzeitig noch eine so ausgezeichnete
"Wirkung auf das Abdominaloerrensystem be«
sitzen. Wie liefse es sich sonst erklären^ dafs
einige Drastica in solchen Fällen sich so sehr
hilfreich erwiesen haben ^ z, B« die Gratiola
nach Leniin ^), da die Darmausleerungen auch
durch andere Mittel eben so stark bewirkt wer-
den können, ohne dafs gerade die Krankheit
dadurch geheilt wird. Ich beziehe mich «tatt
*^ Dessen BeitrSge znr ansübencf. AnuMiwisseosebafta
Leipzig 17d8. 2r Bd. S. l^ iL
— 4W -
aller ancleni onr auf das /was Bufitanä dar-
ober sagt« *)
Da bei meioaiii KraDkea keine besonders
sa berockiichtigenden maferiellen Stoffe yor-
handen waren ^ im Gegentheil das Uebel für
rein djmamisch aod für die Folge einer abnorm
erhöhten Sensibilität des OrganiAnins Sberhanpt
und desGescbtecbtsaystems insbesondere gehal-
len werden mufste, so gründete ich hierauf
ineine Indikationen und meine Heilmethode.
Bekanntlich empfahlen Locher ond Auenbrug"
ger ^^) den Kampher gegen die Maniei nnd die
Er&hning hat gezeigt, dafs derselbe in den Fäl-
len dieser Krankheit , wo die SensibiUtät des
Gescblechtasystems dsngleich krankhaft erhöht
ist, von ausgezeichneter Wirksamkeit ist, na-
znentlichy wenn kein athenischer Charakter vor«
banden ist.' Mehrere hierher gehörende Bei-
spiele liest man schon bei Murray. *^^) Auch
neuere Aerzte empfehlen für diese Fälle den
Kampher , sowohl bei dem männlichen f) als
vreibUcben ff) Geschlecht, und es fehlt nicht an
neaeren Beobachtungen ^ wo durch denselben
eine völlige Heilung bewirkt wurde, Ton wel-
*) Joam. d. prakt. Arzneik. XlV. Bd. 1. Se. S. 184 ff.
**) Experiinentum nascens de remedio specifico sub
signo Bpeciüco in martia Tirorutn. Yiennae 1776.
***) Apparat. Medicaminam* Goetting, 1787. Tom. Vf.
pag. 449 ü.
i) F. Jahn, Klinik der cliron. Krankti. Erfurt 1815.
S. 148 IT. — Dessen IVIateria medica. li)riuit 1807.
1. Bd. S. 246 ir.
•J-f) E, V. Sieholdy Handb. zur Krkenntn. n. Heilung der
FAoeBzimmerkrankb. 1. Bd. BYankf. 1811. S. 317.
— 104 -
ihen ich nur an d«D in dleiam Joaraal mltM«
theilten Fall erioDdre« ^) Ich enUchlofi.iiucIi.
also, dieses Mittel , mit Estif yerbancleii| aadi
in dem gegenwärtigea Falle anzQ wenden , und
gab es in folgender Form: Rec Camphorae
Dracbm. ß, Gammi arab« Drachou j, Aceti rioi
Unc» ], Aquae destili. Unc« TJ j« SL S« Alle 2 Standen'
einen Eftlöffel voll sa nehmen« Fernetr wark»<
den Sinapismen an die Füfse gelegt (yoq Can^
tbariden wollte ich wegen des besonderen Lei«
dens der Geschlechtsorgane keinen Gebrauch
machen) und die Geschlechtstheile mit einer
Mischung ron Kampheressig g. Bleiwastfer und
Aqua Lauro carasi gewaschen, und mit den da»
mit benetzten Tüchern bedeckt, um hierdurch
auch orlUcb di^ «rböbta Sensibilität herabmfer
aümmen, . >
Am folgenden Tage (13. Febmar) fand Ich
den Zustand des Kranken nicht sehr verändert
Er hatte die Nacht wenig geschlafen, allein din
Anfalle der heftigen Tobsucht hatten in Hin«
sieht der Dauer etwas abgenommen, da die*ra«
higen Interralle länger gewährt hatten, in yr^U
chen jedoch der Kranke auch immerfort deli»
rirte und mehr das Bild einer Mania mussitana
darstellte» Die Frequens des Pulses aber yvBx
Termiodert und die Xntermission desselben gann
verschwunden. Mit den Arzneien wurde fort-
gefahren«
Am 14« Februar war der Zustand des Kran-
ken augenscheinlich besser, da er in der vori-
gen Nacht mehrere Stunden ganz ruhig geacbia-
<^) Htiner 10 H«£glamr# Joaro^ d. prakt« Ar^encik XIY.BdL'
3. SU S. 99 #^
-^ 106 -*-
fett • und die fibrige Zeit ohii6f h^Igor Ilasare!
auigebracht hatte. Einige Fragen beantwortete
der Kranke ganz natürlich^ auf andere erfolgte
aber gar keine Antwort; Stuhlgang war sowohl
gestern als heute von selbst erfolgt. Gegessen
hatte der Kranke nichts, wohl aber etwas kal-
tes Wasser^ das ich verordnet hatte, getrunken»
Die erfolgte Besserung war ein 'Beweggrund
mehri um mit deo yorigen Arsneiea fortzu-
fahren. '
t
: Den 15. Februar konnte ich den Elranken
erat Nachmittags besuchen ond fand ihn jetst
fMt ganz wieder in demselben Zustande ^ wie
Vor drei Tagen, als ich ihn zuerst sah. Die
Slacht hindurch war er unruhig gewesen, hatte
fast gar nicht geschlafen, und darauf diesen
Horgen wieder die^ heftigste Raserei bekommen,
welche bis Nachmittags anhielt. Die Mittel
vriuden fortgesetzt.
iBei meinem Besuch am 16. Februar traf
ich den Kranken wieder in einem sehr guten.
Zustande; er war gestern gegen Abend txxYAfi;
geworden, hatte die Nacht einige Stunden ru-
hig geschlafen und ziemlich stark geschwitzt.
Diesen Morgen war er ganz ohne Delirium ge*
Wesen. Die Arzneien wurden fortgesetzt«
Am folgenden Tage befand sich der Kranke
soch besser und war von selbst aus dem Bette
aufgestanden. Er schien etwas tiefsinnig zu
%ejn und hatte etwas Unstätes und Rollendes
in seinem Blicke. Die Nacht hatte er sehr ru-
hig geschlafen und geschwitzt. Alle Fragen
beantwortete er jetzt gut. Diesen Morgen hatte
er zuerst wieder etwas gegessen; Stuhlgang
war gestera und beute von selbst erfolgt. Der
— 106 ~
Pol» war jetzt gaos Dormal. — Ich Ueh nodi
mit den Arzneieo fortfahren, minderte aber ÜB
Dose des Kamphers and Esiige etwas»
Die darauf folgenden Tage befand eich der
Kranke immer besser und näherte eich det
ToUkommenen Heilung. Sein Schlaf war dub
ganz natürlich I der Appetit gut^ so wie auch
der Puls, und von dem Delirium war keine Spar
mehr übrig. Er wufste sich Ton seinem. knui-
ken Zustande nicht das geringste zu erinnern^
hatte nur noch etwas Sohwibdel, weicher je-
doch nach dem fortgesetzten Gebrauch der to*-
rigen Arzneien mit einem schwachen Aufgtib
der Valeriana ganz verschwand, so dafs kh
mit dem Arzneigebrauch am 27« Februar gaos
aufhören liefe und den Kranken als geheiit be«
trachten konnte. BemeriLenswerth ist der Um-
stand, dafs die früheren Anfälle von Epilepsie
.wegblieben 9 um so mehr^ da Simniims sonst
nach dem Gebrauch des Kamphers in dar Ma«
nie epileptische Anfalle als Folge daron bemerkt
haben will, womit sich die Manie glücklich
entschied. *) Vielleicht wurden dieselben aber
wohl durch eine gar zu dreiste und reichlicfaa
Anwendung des Kamphers heryorgebracht, wo-
nach man sowohl bei Tbieren ^^) als Bfen^
sehen *^^) ahnliche Zufälle erfolgen sah. '
So hilfreich in Yorliegendem Falle der Kam-
pher sich erwies , so bin ich gleichwohl weil
♦) nichier'B cbirarg:. BibL 7. Bd. S. 772.
**) Menghini Comraent Bononieof. Tom. IV« pag. 201
seq.
***) Akxandcr'd mediz. Versache nnd Erfahr. A. d. Bnffl.
Leipzig 1773. 6« 96 if«
— 107 —
entfernt, die Wirkang desselben tn (iberschäz-
zen and ihn unbedingt in FäMen von Mania
erotica als ein specifisches Mittel zu betrs^ch-
ten; allein unter gevvissen Umständen und in
bestimmten Fällen dürfte doch wohl derselbe
zu den sehr wirksamen Slitt^ln gegen Satyria«
•is zu* rechnen und dann allerdings speciiisch
zu nennen seyn^
Es fragt sich nun^ in welchen Fällen der
SatyriasisderKamphery sowohl bei dem mann-
lieben als weiblichen GeschlecHte, indicirt ist?
Müller sagt ziemlich dllgemein ^) , der
Kampher Terhiodere die Gongestionen der Säfte
nach den Geschlechtsorganen und schwäche
wohl dadurch die Zeugungskraft. Ersleres ipag
wahr seyn^ insofern bei der im System der Ge«
8(!hlechtsorgnne erhöhten Vitalität auch Con-
eestionen nach diesen Theilen Statt finden kön-
nen; letzteres möchte jedoch nur sehr bedingt
anzunehmen seyn.
In den Arten ron Mania erotica oder Sa-
tynasiSy wo dieselbe einen wahrhaft sthenischea
Charakter zeigt, ist Kampher gewifs unpassend.
Ja contraindicirty da die Erfahrung die kühlende
"lYirkung, die man demselben früher zuschrieb,
hinlänglich widerlegt hat« Dagegen wird in
^ÖD Fällen y die dem von mir hier beschriebe«*
len Beispiel ähnlich sind, wo die Krankheit
len entgegengesetzten Charakter der Astbeni^^
»der wohl gar der Paralysis zeigt, der Kam-
iber gewifs mit grofsem Nutzen gegeben wer-
^^en, wobei jedoch die Gröfse der Dosis den
B ^desmaligen Umständen nach zu bestimmen ist
*) iu a. O. S. 101.
~ 106 —
VI.
Kurze Nachrichten
and
Auszüge.
1.
n i i c Je
auf den gegemcUrligcn Zustand der Medkin in En^anä^
(AoB Lee, Coup d'oeil sor les hdpüaax de Londret eCC|
Paris 1837.)
Aeit der Beseitigung der Hindernisse i welche sich dem
Studium der Anatomie in England entgegenstellten, Yi'ud
die pathologische Anatomie ganz besonders fleilsig in den
Hospitälern cultivirt. Da die Engländer kräftigere Medi-
kamente und gröfsere Dosen als die Franzosen geben, eo
wird viel Aufmerksamkeit auf die Grad -Wirkungen der
Mittel verwendet und das praktisch Er^irobte ohne Knck«
sieht auf Theorieen beibehalten. Dies ist z. B.- der Fall
mit dem 9 auf dem Continente wenig gebräuchlichen (?)
Colchicum , während man Ptisanen, Theeaufgüsse, Synipe
D. dgl. meist nur als Vehikel anwendet Auch bedient
man sich gern znsammeugesetzter Mittel , welche die Er-
fahrung bewährt hat, wie s. B« des Dovecschen PolTera.
p« 109 ^
•
Alteemeioe nncl SrÜiche BIntentziebiingea wtTdcn ia
den Pariser lioBpitalern weit öfter Torgenommen und wic^
dlerbolt^ als in den Londoner; haB^tsachlich wohl, weil
man ihre Wirkung in England mehr durch ausleerende u.
m, Mittel unterstützt. Hier gebranclit man Tielfadi Dia*
ßoretica^.Vesikatorien, Torzüglich aber Purganzen und
ixanzen, die nicht allein direkt antiphlogistisch, sondern
auch revulsorisch wirken und durch Ausleerung dcsDarm-
luinals die örtliche Reizung Terhnten oder mindern. Man
ist hierbei weit entfernt von den unbegründeten Befürch-
tungen der Franzosen und bebandelt selbst den Durchfall
oft mit Krfolg durch Abführmittel allein, oder mit andern
Medikamenten, indem man einsieht, dafs dieses Symptom
toft nur durch materielle Intestinalreize unterhalten wird.
Am häufigsten wendet man die schwefelsaure Magnesia,
Ricinus -Oel^ Senna im Aufguüi, Rhabarber^ Kalomei und
Koloquinthen-Kxtrakt an.
Ueberhaupt aber sucht man die Krankheiten hier nicht
durch ausschiie(sliche Anwendung dieser oder jener Klasse
Ton Mitteln ^ sondern durch eine Verbindung derselben
nach den Heilanzeigen zu behandeln. Die Aerzte der
Hospitäler Londons haben keine unwandelbaren Methoden
und behandeln dieselbe Krankheit je nach dem Stadium
und dem Individuum, hier etwa mit Blutentziebungen,
Purganzen, Diaphoreticis und strenger Diät, dort vielleicht^
mit gelinden Abführmitteln, Gegenreizen^ ja selbst Reiz*'
und Stärkungsmitteln mit passender Lebensweise. Nach
dem Auiliören der entzündlichen Symptome ycrlangert
man in Kngland die schmale Diät nicht so sehr, als in
Frankreich , und denkt eher an Stärkungsmittel. Dabei
muIJi man freilich mehr Acht geben und wenn Verstopfung
droht, mit Abführmitteln einschreiten«
Die meisten englischen Praktiker betrachten die ty-
phösen Fieber als essentielle (idiopathische) Krankheiten^
deren Natur in einer^ oft yon miasmatischen und'endemi-
•chen Einflüssen herrührenden Verändernng des Blutes zu
bestehen scheine* Die durch das Fieber erregten Con-
gestionen bringen wohl oft entzündliche Complicationen,
bald im Gehirn^ bald in den Brnst- und Unterleibs -Ein-
geweiden hervor, aber keiner der Engländer^ welche den
Continent besucht haben, ist zu der Meinung bekehrt wor-
den, dafs diese Krankheiten von einer Entzündnng eines
Theils des^ Nahrungskanals abhängen. Mit mehr Recht
Uelfle sich ihr Biiz, wie CluHerhudt anmduni iio Gehirne
— 110 -^
andien, desMn Mhergriflenseyn weit ^entlfdier TorifegU
Za Paris sieht man freilieb AlTekdonen des Darmkanalt
veriiältnifsmäfsig weit häufiger, aber mir scheint, als ob
llieiec Umstand Ton der seit einigen Jahren herrschenden
Kurmethode herrühre ; da man heine Sorge für Entleerung
der Fäcal -Materien in den oberen Darmfmrtieen so tra-
gen und gewöhnlich nur darch Klystiere den Leib in er-
öffnen pllegt. Und dennoch giebt es Faile offenbar ty-
phöser Fieber^ wo anch hier diese Symptome ganz felilen*
8eit man in den Hospitälern Ton Paris wieder zq den
ausleerenden Mitteln zurückgekehrt ist^ hat die Steirblicb*
keit sich Termindert.
Als Üauptindikationen betrachtet man In England die
Mäfsigung der Gefälstbätigkeit in der ersten Periode^ die
Verhütung von Congestionen und die Unterstützung der
Kräfte in der späteren Zeit, Ein Aderlals am Arme be~
ginnt oft die Kur, ^ber er wird nicht wiederholt^ wenn
nicht dringende Anzeigen da sind. Oft besdirenkt man
lieh auf Blutegel am Kopf, niemals TernaGhlassigt man die
Beinigung des Unterleibes. Alle 4—6 Stunden giebt man
einige Löffel eines diaphoretischen Mittels, am beliebteaten
sind die Antimonial-Pra|>arate , wie das JamespnlTer, oder
Yinnm Antimonii tartarisati der Pharm. Nur bei Zeichen
wirklicher Entzündung wendet man BIntegel auf Bnitt
oder Unterleib an. Die Empfindlichkeit des letzteren bdm
Drucke verschwindet oft -nach dem Gebranciie einei Ab-
iührmittehi.
Später richtet man sich nach den Symptomen und
dem Zustande des Kranken und benutzt die Lazanzen,
Vesikatorien , die China und das Chininsnlphat, die aro-
matische Mischung der Pharm., Bouillon, Portwein oder
weifsen span. Wein u; dgl. Die sogenannten Specifica,
wie Chlor, Moschus n. dgl.^ werden nicht angewendet»
Bei akuten Entzündungen der serösen Haute and BSIb»
geweide entzieht man kräftig Blut. Kalomel und Opiam
in kleinen, oft wiederholten Gaben werden häufig angewen-
det« Letzteres wirkt sehr wohlthätig nach reichliobea
Aderlässen, indem es die fieberhafte Keaction hindert«
Bei Schleimhaut -Entzündungen läfst man sparsamer
xnr Ader, gegen Kheuniatismus wendet man allgemeine
und örtliche Blutentziebungen, Purganzen, Diapboreticl^
Opium und Colchicum an, auch wohl, wo Fieber und Cra-
strieumos geiing «ind« China in greisen Gaben oad^ jffny*
-> 111 —
garfh. Bei cfaronischeni Rhennia(!«nQB t!nd.5rfllclie Blot^
entziehangen , Zugpflaster, Laxanzen^ Doyerspulve^, Cpl*
cbiom, Gaajaki Chinaj laue und Dampf- Bäder am ge^
braocblicbsten.
Die endermatisclie Methode, so wie die neoeren Mit-?
(d, ausgepommen Chinia, Jod^ Morphium and Blausäare,
Mild kl England wenig gebräacblich» Eben £0.die revul*
aoriscben Methoden, obgleich sie oft sehr zweckniälsig
sind. Brechmittel, Klystiere nnd Bäder brancht man in
Bngland gleichfalls selten*
Auskultation und Perkassion werden in einigen Hos-
pitalern Londons gelehrt, sonst aber wenig benutzt^ bfr*
sonders wegen der Vorurtbeile der Kranken; Mineralwas-
ser und -Bäder werden bei chronischen Krankheiten nicht
haofig genug angiewendet. Man bedient sich bei diesen
ganz besonders der Merkurial-Präparate^ die man oft sehr
stark mifsbraucht* Kalomel ist HaoptmUtel bei Kinder«
kcankheiten»
Bei. den iQ^sten aolserlichen Leiden gebrancht man
sogleich innere Mittel, trägt Sorge für Regnlimng der
Verdaoangsthätigkeit, wendet AntiphlogistiGa^ Sedativa^
Tonics^ Alterantia, Alkalien und üuecksilber an, letzteres,
besonders Kalomel, welches zu 3—5 Gran p. Dosi in akn*
leo, in kleineren, öfter wiederholten Gaben and mit Opiiim
Teibanden in chronischen Krankheiten gegeben wird»
Anch die Pilulae Hydrargyri nnd die PÜul. Hydrarg.
sabmurlatis werden sehr oft bei chronischen Krankheiten
-g^bfancht.
Die englischen Praktiker versnehen fast immer dit
nnmittelbare Vereinigung der Wunden. Nack Ampntatio«
Ben hält man die Wandränder durch Klebpflait^rstreifen
xosammen, die , mit einer leichten Compresse mit kaltem
Wasser nnd einer Bandage > den ganzen Verband bilden.
I>«r Apparat wird oft mit kaltem Wasser n. Hgl. benetzt
g Paris scheinen viele Unglücksfalle yon der enormen
enge Cbarpie und Compressen herzurfihren ^ womit man
den Stumpf bedeckt
Die Unterbindung der Arterien wird in England, wie
ia Frankreich ausgeführt ; am liebsten mit einem einzigen
Faden. Für das Aneurysma Popliteae dient mit geringen
Abänderungen Hunten Methode» Die Tonion ist in Eng-
ItBd sieht eipgeiahrt.
^ 112 —
Der Seftenschnftt ist fast cHe efndg:e In Engend ge-
braoclilidie Methode der Litliotomie; zum Einschndden
des Blasenbalses gebrancbt man meist das schneidende
Gorgeret, bisweilen auch ein yerstecktes oder ein • breitei
geknöpflea Bistouri, besonders bei Kindern«
«
Die mit der Lithotritie in den Londoner HospitSIem
angestellten Versuche haben keinen gunstigen Erfolg ge-
habt* Dieses Mittel erfordert grolse Sorgfalt in Aniinihl
der tauglichen Subjekte , und der blinde Eifer teiner Ai"
bänger schadet seiner allgemeinen Verbreitung«
Gegen Harnrohren - Verengerungen bedient man sld
der Kerzen too gewichster Leinwand und Gummi elasti-
cum^ oder der krummen Metallsonden ; selten kauterisirt
man. Bei Harnverhaltungen ruft man Aderlässe» Bäder^t
Sedativa, z. B. Opium und Fomentationen zu Hilfe, Nie-
mals habe ich in London einen Fall gesehen , der Pane^
tion nöthig gemacht hatte. Ist durchaus eine Operatiott
erforderlich, was jedoch selten vorkommt, so ueht man
die Boutonniere {Thevenins Methode der Spaltung des Blft-
seohalses) vor«
Die Krankheiten des Uterus kennt man In Frankreidi
besser, ahi in England^ wo das Speculnmi selten angewen-
det wird. Bei Polypen zieht man die Ligatur der Bzd-
sion vor« Die Amputatio CoUi Uteri vnrdia London
nicht ausgeführt.
Hydrocele behandelt man mit Einspritzungen von
Portwein, ohne diese jedoch^' wie in Paris, mehrmals w&b-
rend der Operation zu wiederholen^ was auch nup Aus-
weichen der Canüle und Eintritt der Flüssigkeit ins Zell-
gewebe zur Folge haben kann. Nach Hodenezstbrpation
Tersocht man immer die erste Vereinigung.
Hämorrhoidalknoten und Mastdarmfisteln heilt man
oft durch innere, erfahrungsmäfsig heilsam wirkende Mit-
tel, wie die Confectio Piperis nigri* Hämorrhoiden wer-
den öfter unterbunden, als ausgeschnitten« Nach letzterer
Operation gebraucht man niemals das Glüheisen gegen
die Blutung , wie überhaupt dieses Mittel wenig oder gar
nicht gebräuchlich ist.
Bei eingeklemmten Brüchen wird die Reduction mit
Hilfe .von Aderlässen, Badern, Eis u. s. w« oft zn lange
versucht. Nach der Operation giebt man g6m Magn«
sulpli« oder Ricinus -Oel in kleinen Dosen i de Entzun-
— 113 —
dofigtsyniptome werden mit geeignete« Mitteln beUmpfil;
der Qb!e Erfolg dieser Operation in Frankreich und Ita**
Ken scheint mir besonders nnf YernacblasBigung der Ab"
iührmittel zn bernben*
Seit einigen Jahren ist die schwierige Diagnostik der
Krankheiten der Gelenke sehr erweitert worden nnd die
Behandlung durch allgemeine and örtliche Mittel ist jetzt
so TeryoUkonimnet^ dafs Amputationen in Folge solcher
Krankheiten jetzt in England weit seltener als anderwärts
sind. Selten hört man den Ausdruck Tumor albus ^ Tiel-
mehr unterscheidet man, ob die Krankheit von einer Ent**
ziindang der Synovialhäote, Strukturveränderungen, Knor-«
pelverschwärung, Skrophulosis n. s. w. abhängt. Ruhe^
Blntentziehungen, schweifstreibende Mittel^ Purganzen, Re«
Tnlsiva, kalte -Waschungen; Reibungen, Druck, Colchicum,
Kilomel^ Zink und Opium, so wjle Quecksilber bis zu leich«
tem Speichelflusse werden angewendet; letzteres jedodi
nichts wo skrpphüIÖse Afiektion der Knochenenden ^ oder
Tollständige Entartung der Gelenke vorhanden ist
. Ge^hwure an den Beinen werden zn London oft
durch Einwickelung nnd Klebpflaster, nach Bttyntor(s Me«
thode^ geheilt; giebt man zugleich geeignete innere Mit-*
tel, so kann der Kranke seinen Geschäften nachgehen«
Bei entzündlichen Zuständen oder Neignng znm Brande
sind Jlinhe, geeignete Medikamente nnd Diät^ Umschläge^
einfoche Salben oder kalte Waschungen die gewöhnlichen
Mittel. Bei schwer einzurichtenden Verrenkungen errej|t
man durch Blutentziehungen und heifse Bäder einen Zu-
stand der Erschlafl'ung.
Die Syphilitischen werden fast immer mit Merkur be*
bandelt, Einreibungen, Kalomel nnd die Pil. hydr. braucht
man bei den primären ^jniptomen^ bei den secondären
ancb Räncherungen und Sublimat mit Sarsaparillen- De-
fekt. Seitdem jedoch Hr. üo^e und andere Wundärzte ge-^
zeigt haben ^ dafs alle Geschwüre der Geschlecbtstheife
aoch ohne diese Mittel heilbar sind und secundäre Symp-
tome dann weder so häufig , noch so' heftig eintreten , als
nach dem Gebrauche des Quecksilbers bis zum Speichel-
flüsse ^ gebrauchen viele Praktiker dieses nur ausnahmst
ireise in kleinen Gaben als Alterans mit Sarsaparillen-Ab«
kochnng n* s. w.
Kooehenbriiche behandelt man in England nach der-'
•dben Methode, wie in Frankreich«
loiini.L3i;XXiy.B.3.St. H
- 114 -
Blfll^Kfiiillieiteii der Uilnwege wefdea adhr orlblc-
filflb dnreh innere Büttel behandelt, wie die BlennorrhSei
■lit Cobeben« Sehr wirksam xeigen nch anoh bei Biaien'
leiden Opium^ Alkalien, Mineraliauren, erweichende Tranke
and die Abkochung der Pareira brara; letztere beeonden
bd sehr reichlichen ■chleimig^eitrigen Absonderangf n am
der Blaae, die ticb, eben so wie die Reizbarkeit
Organsi in Folge dieses Mittels bald inindeni«
2.
B€$iäUfft§ Wifhumg
der
Bfltodenatf^Klysttor» Im IKnii»
Fofi
Mir kam Im October des Torigea Jahres felgeqder
anggezeichneter Fall Ton Ileos Tor, in welchem die toa
JHaniui gerühmten Belladonna -Klystiere (Joorn« d. prakC
Heilk. Bd. LXXXII. St. 2. S. 3.) sich gleichftlli dueh
ihre schnelle und gunstige Wirkung bewahrten«
S», über SO Jahre alt, unlängst verheiratheif torSaer
Constitution, wulste sich aus ihrer Kindheit keiner Krank-
heit zu erinnern, nur dafs ihr im dritten ond dann im
sechsten Lebensjahre von ihrem eigenen Vater« der aelbst
ein Chirurg war, zur Ader gehissen worden wafi ohne je- *
doch die dabei gehabte Krankheit angeben sn können.
Im neunzehnten Jahre menstruirt, hatte sie ihre Regehi'
immer stark, früher alle drei Wochen, dann alle TieraBehi^
Tage, weshalb sie mediciniren mu&te, seit mehreren Jah- •
ren jedoch im regelmäfsigen Typus stark wiederkehrende
Dabei liU sie stets an Digestionsfehlern mancherlei Art;
Neigung zum Durch&ll, zeitweise Appetidosigkeit und ela
binnges, leeres Anfstolsen waren die haofigsten Beachwer-
deni an Kranpfeo hatte ü» jedoch nie gefittelk
— 115 —
Am 5. Octobcr 1836 wurde leb za ihr gertfen. Ohn«
bekannte Veranlassung Jiatte sie heftige Schmerzen anter^
balb des Nabeis, die, beinahe nicht aussetzend, sich zeit«
weise zum Magen zogen, und alsdann Ohnmächten mit
peinigendem Aufstofsen und fruchtlosem Würgen vemr-i-.
sachten. Der Unterleib war übrigens weich, die Zungt
mit weifsem Schleim dick belegt, der Kopf frei, keia
Durst Torhanden , der Puls fieberlos , Iiartlich » die regel-
mäfsigen Menstrua waren gerade vorüber. Umschläge»
Einreibungen » Emulsionen » krampfstillende Mixturen mit
Opium, häufig applicirte Klystiere änderten im Verlaufe
des Tages in nichts die qualvollen Leiden der Kranken«
Die Verstopfung blieb hartnäckig , das häufige AafstoOieii
war furchtbar, alles Genommene^ selbst in kleinen Quan-«
titäten, reizte zum Erbrechen, und da Patientin seit zwei
Tagen nichts genossen hatte, wnrde nnr wenig Schleim
mit Anstrengung ausgebrochen ; am Abend wurde der Puls
■chnell» voll nnd hart^ und es stellte sieh Druck auf der
Brost ein. Nach dem Ausdrucke der Kranken lag an der
Stelle unterhalb des Nabels , von wo der Schmerz unaus-
gesetzt ausging, etwas, so schwer wie Blei, von welcher
Last sie sehnlichst befreit sejn wollte. Die Nacht Ter-
ging ohne alle Erleichterung.
Am 6. Morgens waren, bd fortdauernder bartnäcki«
ger Verstopfung und häufigem Erbrechen, dfe Schmerzen
wothend. Ich entschloTs mich nun, angeregt durch d^
Hrn. Dr. Haniua Vorschlag, Belladonna im Klystier zOt*
geben, liefs gleichfalls nur von der schwächeren Herb«.
Belladonn. Drachm. jjj auf Unc. vj infnndiren , nnd davon
am 7 ühr Morgens den vierten Theil mit etwas laovrar«
mem Cbamillenthee im Klystier beibringen. Um 10 Uhr
bestimmte ich das zweite Klystier«
um 9J- Uhr wurde ich gerufen. Unmittelbar nach
dem Klystier war wieder ein heftiger Anfall von Schmer-
xen eingetreten , der aber bald nachgelassen hatte, alle
Sbrigen Schmerzen , sanimt dem Erbrechen und dem
Dr&cken auf der Brost, waren ganzlidi verschwanden;
des iraber häufige, ängstliche Aufstofsen war seltener vrie«
dergekehrtf nur befand sich die Kranke in einer bedeuten-
den Narkose* Sie safs im Bette aufrecht, mit terwirrtemi
amubigem Blick, die Pupillen vrören erweitert, der ganze
Körper mit einer tiefen ' Scharlacbröthe übergössen , der
Pole Solserst achneU nnd klein ; die Kranke sprach ver*
wirrt und li4atig tom Sterben* leb beruhigte die UjMte-
H2
ym^t% m ^MiA k&aaitt ead Idii ndOM alt
euüft» Scctt'ien: g^^^a Al'*^'! £^*frC* ^-t Kljitiere ■■!
«was Dir*. «'-•-- ab: :a d-rr Ni^^ eT::!rt«i «oefc zwei
starke S:*/*'fir?», iinea natc. cer: G±£«-cise tob Riö-
lifsiA '■^tA V .'.skt ^',%Q•s\'■JZltl s:l;0^ua iLrea reidüicbca
Fortgar.g cr.i die Kn&ke gtc^. —
A7i H. NoTeTsher beging IL 5. Au«ii<!s einea gro*
Uen D.iiiehltr, uni d:es«Lte Scer.e wi«^eiiioice sich, jedocb
in einem milderen Grade. Aal' der alteo Steüe dieselben
ScLsierzen: nachdem am Torigen Tage Boch zweimal
Slabigang erfolg war. trat Verstopfung dn, kioflges Auf-
stofieo, jedoch diesmal chae Ohnmächten, nor mit üebel-
keiten begleitet | und kaofiget Erbrechen von au wenig
GzUe.
hh Terschrieb sogleich ein Brechmittel ans fpecn-
cuanha, worauf den ganzen Tag liindurch eine ttedentende
Menge scharfer Galle aasgebrochen warde. Die üebel-
keiten hörten hiernach zwar aof , das Anfstofsen blieb ie«
doch, so wie die Verstopfung, und periodisch, aber bai^
traten heftige Schmerzen ein. Eine Opiatmisctnr wurde weg-
gebrochen , nnd Klistiere mit Tinctara Opii finderten nur
auf karze Zeit die Schmerzen. Da die Kranke kein B^
ladonnaitljstier wieder nehmen wollte , nm nicht, nach ifah-
rem Aiisdrocke, wieder närrisch za werden, liefs Ich din
Herb. Beilad« mit Spec. aromat. fleilsig als Umschlag
brauchen, und aaiser diesem, Polrer ans Calomel mit
Opium nehmen. Der heftige Schmerzanfall erschien hier«
nnf kurze Zeit nur dreimal am Tage » die Kljstiere gin-
gen jedesmal mit sehr lielem nnd scharfem Schleime nnd
einer befleutenden Menge Ton Winden mit grofser Er-
leichterung ab ; die Nacht Tergjng im ruhigen Schlafe. »-
Den Tag darauf fühlte sich Patientin sehr matt» jedoch
schmi^rzcnlos ; es stellte sich blos Schneiden Tor jedem
Schleiniabgang durch den Stuhl ein; die Regeln enehie-
ncn wieder stark, wenn auch nur aof kurze Zeit — nnd
milde Kcftoifcntia in VerbindoDg mit Nerrinis ToUendeten
bald die Kur.
In dem letzten Falle bewirkte die Herb. Belladonnan
in Form von Umschlägen schon unverkennbar grofse Be*
ruhigungf und in Verbindong mh Opinm Nadäad der
hnnpflialUn Jkmkwmäm und in Fotgn dlcMi teen be«
— 117 —
^enlwfe« ■chleiroibgaiig mh Brlekktoraiigw -r Saht
AeufaleiiiwerUi for die Anwendang der Belltdoniift in
■teticben Fällen «olieint mir die schnelle Wirkung der
*B>lhiUiiine i aber eucb lagleicb die heftige durch eie ?er«
4nlft(ite £(aii»M in der Form der Kljstiere«
3.
\ige AneHik'' TerpifHmg.
m
fH*. Cramer tsm KaamX^
Durch die Untorsichtigkeit lelncr Eltern bekommt eh
•ehoner, gesander, 5 Jahre alter Knabe grob gepalvefftea
Anenik, mit Krumen von Weifsbrod Termiicht, als Ter-*
meintUches Zuckerwerk zu essen. Um 9 Uhr Abends war
diesei geschehen, und gegen 11, wo die Kitern, durch
nelirmiiiiges Krbrechen des Kleinen aufmerksam gemacht,
xnerst auf den furchtbaren Gedanken, ihr Kind TergifteC
za haben, kommen, werde ich geholt. Kin anderer Arzt
Latte schon einige Dosen Schwefelleber reichen lassen,
wonach sich das Erbrechen vermehrte.
Der arme Kleine befand sich in einem mir auflallen-
den günstigen Zustande, was mich anfangs auf den Ge-
danken brachte, daüi nur wenig der verderblichen Mi-
schung genommen worden sey, indem die unglückliche
Mutter so ergrÜfen war, dafs sie sich des Herganges der
Sache nicht genau erinnern konnte; erst am andern Tage
.erfuhr ich, da(s er es theelöllelweise zu sich genommen
habe. Anf vnederhoUes Fragen versicherte er jedesmal,
dafs ihn nirgends etwas schmerze; keine Klagen über un-
angenehme Gefühle im Halse, keine Schmerzen in der
Magengegend; der Unterleib hatte die gewöhnliche Wei-
che, war weder krampfhaft nach innen gezogen, noch
aulgetrieben, selbst für einen starken Druck der Hand
nicht emplindlicii; Athmen war frei, Gesichtszuge unver-
ändert; die einzige Erscheinung, wenn man eine um we-
nig Schläge vermeiirte Pulsfrequenz und das höher gerö-
thete Geiici^t ausnimmt, was bcidta aber such auf Uech^
-- 118 —
arni^ dei hefUgen Brlyradieni koimneii konntr» mät Am
dieses Krbrecben, das ich, darch hSafig gereichte Mildi
mit Seifen wasser Termiscbt^ möglichst enthielt. — In
Verlaafe einiger Standen Snderte sich der Zattänd dv
niolits , und der Knabe , dorch das hiafige Erbredien •!•«
gegrifren, verweigerte jetzt hartnäckig die fernere Anmhme
Ton irgend einer Flüssigkeit, die mir^ wieder aiisgewor*
fen, in der letzten Zelt auch keine Arseniktheilchen mehr
zu enthalten schienen« Ich liefs ihm deshalb eine halbe
Stunde Ruhe, dann aber Haferschleim abwechselnd mit
einer Kmulsion, worunter efwäs Ricinusöl war, so viel als
Bitten und Drohungen Termochten, reichen» nnd begab
mich mit der- üeberzengung eines glacklichen Ausganges
nach Hause* Den Rest der Nacht über dasselbe gute Be-
finden, so dafs Patient sogar aufzustehen yerlangt hatte
und in der Stube nmhergegangen war. Einige Stühle
und noch mehrmaliges Erbrechen waren erfolgt. Morgeaa
7^ ühr klagt er auf einmal über Enge im Hälfte; dieser
•chwillt etwas auf, einige Zockungen stellen eich tiß^ and
mit ihnen der rasche Tod«
Am 3ten Tage nach dem Tode zeigte der KSrper
noch keine übermälsig lifide Färbung 9 sondern nar die
gewöhnlichen Todtenflecken , wohl aber eine merkliche
Steifheit aller Gelenke. Der Oesophagus bot nichts Beson-
deres dar, eben so das aufsere Ansehen der Gedärme; da-
gegen fand sich im aufgeschnittenen Magen eine dorch
Bluttheilchen rötblich gefärbte Flüssigkeit, die, gleich einer
Art Gallerte^ sehr fest an den Magen wandongen adharirta
und es zweifelhatit liefs, ob sie aus if eränderter , von dem
Blute abgeschiedener Fibrine, oder aus einer Secretion der
Magen - mucosa bestehe und noch eine bedeutende Menge
ArsenikkÖrnchen enthielt. — Die herTorragenden Falten
des Magens waren vorzugsweise dunkelroth gefärbt , weU
che Färbung an einzelnen Stellen so scbarf begrenzt wari
dafs man im ersten Augenblick nicht sagen konnte 9 ob es
Ton Blut strotzende Venen seyen. Die Schleimhaat selbst
war keinesweges erodirt oder mürbe, das Duodenum nicht
Terandert, nur durch Galle stark gefärbt.
Merkwürdig bleibt das Nichtvorhandenseyn der sonst
so stürmischen Symptome bei Intoxication durch scharfe
Gifte, namentlich durch arsenige SSure, welcher Tod, so
oft ihn auch, sonderbar genug, das Verbrechen oder der
Selbstmörder zur Erreichung seines Zweckes wählt (Tiel«
leicht wegen der Bekanntschaft mit dem weilsen Anenik
— 119 —
nmd der leiehtonii Aatchaffaiig dattdbaa alt Rattett-
cift eCo.)» doch alt einer der fbrditbarsten and scbmers»
Mfteiten lelbtt den Laien bekannt ist Orfila (Ceber*
■elsnn^ Ton EÜkn 8, 324) theilt ans den Beobaehtangeo
Anderar drei analoge Falle mit, ohne eine KrUamng die-
ses nngewobnlicben Yerlaofet hinsuzufagen. AutbUend
iet mir die bedeutende Menge Gi/It, die in allen diesen
FSIlen verscblnckt worden war) ob bierdurch Tielleicht
aihe rasdie Labmang des Nerms Tsgos stattfiind, ähnlich
wie andere Nerren ihre Rm(>fangliGbkeit für änlsere Reiza
sinböÜsten^ unbeschadet der Muskeltbätigkeit, der Bewe-
gnng, des Tbeils, — hier des Krbreobens^ — in dem sis
sieb aosbreitsten ¥ — So konnte man es sich allenfalls er-
klären, wie einmal der Magen selbst, als das zunächst an«
gefeindete Organ, frei Ton Schmerz blieb^ und sodann die
Leitung der Reizung längs des Verlaufes des NerTus Ta-
gis, die bei den meisten Vergiftungen mit ätzenden, schar*
n Dingen so ausgezeichnet ist^ in der Brust als Beäng-
stigung, Herzklopfen, im Halse als zusammenschnürendes
Gefühl in der Kehle^ bei Auftreibung desselben^ im Hirne
als Schwinden der Sinne^ Convulsionen , Ohnmächten sich
darstellt, nicht statthaben kann. Die Analogie läfst sich
bei Yielea Neurosen nachweisen , z. B. bei dem Gesicbts-
sebmoze; schneidet man zwischen der schmerzhaften Ner-
^enpartie nnd der Fortsetzung des Stammes, der zum Ge-
birne geht, ein Stück heraus^ so ist hiermit der Schmerz
lor einige Zeit gehoben, wenn gleich er später durch neu
erzeugte Zwiscbensubstanz zwischen den beiden Nerven-
enden^ oder durch üeberspringen auf andere Nervenpar-
licen idch wieder erzeugen kann. Eben so bei der Hy«
sterie, wo die Reizung^ Tom Uterus ausgebend, sich bis
aom Magen erstreckt, hier vom N, vagus aufgenommen
wird, und durch dessen Ausbreitung in Magen, Brust,
Herz, Half bis zum Hirne strömt. Wird entweder in der
-Involntionsperiode die Thätigkeit und Function des Ute-
rus aufgehoben, oder durch die häufig hysterische Car-
dialgie, die Nervenpartie des Magens für solchen Reiz
gaaz abgestumpft, so hören hiermit auch die Brnstkrämpfeetc.
auf, iadem in der Nervenkette ein IsoUr' Punkt sich be-
findet.
Die an den meisten Stellen des Magens nur auf die
bervorragenden Falten desselben, als diejenigen Theile,
die am meisten und zunächst mit dem Gifte in Berührung
kameoj beschrankte dunkle Röthe bestätigt die aiigemei-
I
MM MeMinngf da(i der Aneniktod und di« bti Om.iUb
lindende Färbang det Magens in sehr • YSelen FSQea lUI
Folge dner Kntziindung lej, sondern letztem mr vosiM
Rindiingen des Blutes in ^e Hatrgelalse absaleitei li
Denn abgesehen TOn den noth wendigen Synptomei dw
akuten Gastritis im Leben , bfitte die rotbe Farboe| «dl
gleicbmäfsiger über die Magenbäota verbreitet Msh rm
finden müssen»
Za beachten ist aacb die trotx des heftigen naä Uh
figen Erbrechens durch den der Magenschleimhut iM*
rirenden gelatinöien Stoff Temiittelte Znrn^halCniff M
Arseniktlieilcben. Ob hier nicht yieOeidit ConsfaleMli
als Milch, z. B. Brei, geeigaeter gewesen «ixe^ bdhl
yogldch jberaufZQwerien?
mm
4.
$mson 1836 des Kuroriei Miioaaaer 1» SdHUßt^
Von
Dr, Aue»
KMgh Kreisphysikut und Badeani ae
Mit immer gleicher Ergiebigkeit spenien Ibitwftnii
die hiesigen Mineralquellen ihr heükriltigea WasMr ■
günstigen Wirkungen, und die mit aaseren QaeUei |Hi
vertrauten Aerzte senden immer mehr Kranke cor Kor ■
denselben. Selbst drei bejahrte Aerzte (von deneq einer seit II
Jahren ausschliefslich nnr der Homoopatliie siigewaedt |S*
iresen ist) sind in der vorigen Saison zum eigeaei Kir*
gebrauch hergekommen und haben sidi dadnlrah Tea dV
belebenden, das Gesundbeits - Wohl fordernden IHifcHB*
keit hiesiger Brunnen genügend überzeugen können»
Die mannicbfaltigen und yerscliiedenen KranklMb*
ialle, welche im Jahre 1836 hier yorkamen« dl^ wlM
wahrgenommenen Genesungen und Gesnndbeits-Veitan^
Hingen maditen es immer gewisser 9 dafs alle KraaUicii*
Gefühle , welche dusch elsenhakig-alkadisdi-cidigo Wmt
— 121 —
/
' I
ftfim irgendwo baieltigt wurden » anch hier doördli Hde^
bang dd^ Nerven^ Tennittelst des leicht assimiKrbaren kolv
lenMuren ßiseÖB, durch Losung, Neatralisirung , Zerth«^
loDgf Ausscheidung mittelst der Alkalien, Erden und Salze^
io wie Termöge der innigen Verschmelzung dieses Ve*
liikelt haben entfernt werden ]i:Önnen und so zur Tonisi««
rang der Muskelfiebern und erhÖhcten organischen Kraft
|g;ebracht worden sind* Diese Heil -Resultate treten am
fo zuverlässiger ein, als die drei Badehäuser durch vier
Terschiederie Quellen Tersorgt werden, wodurch selbige
gar oft die Anwendung nach individuellen Erfordernissen
gestatten. Nicht selten haben selbst Krankheiten, deren '
Sitz und Ursache unbekannt geblieben war, oder zum
Theil einem nicht afücirten Organe zugeschrieben wur-^
den, durch diese Quellen, worin die Vis medicatrix natu- ■
rae individui et mineralium sich zu gleichen Heilzwecken
verbinden, hier gehoben werden können. Bei manchen
Individuen sind noch kleine Abhilfen, Vorbereitungen, Ent-,
Haltungen, Auflösungen etc. nÖthig geworden, bevor der
Erfolg den Erwartungen ganz entsprechen konnte. Die
friiheren gunstigen Wirkungen haben schon den ImpuU
für Aerzte und Kranke gegeben, da|s in der vorigen Sai-
ten 449 Familien, aus deren Mitte 511 die Kur hier
turauchten, hergesandt worden sind-, mithin weit mebr alt
1b irgend einer iriiheren Saison und fast um die Hälfta
nelir, als irgend ein scblesisches eisenhaltiges Bad au^
zofubren vermag. Ein Viertel dieser Kurgäste hat zui
Verbindung gemeinschaftlicher Heilzwecke und Familien-
Verhältnisse wegen in Salzbrunn gewohnt und von dort
aus die hiesigen Bäder benutzt Hinsichtlich der erwähn-',
ten Zahl der Kurgäste sind darin nur Erwachsene und 27
notorisch Arme, aber keine Kinder, vielmehr nur solch»
Individuen mitgezählt worden, welche einer besonderen
"Wanne benöthigt waren. Ein Theil der Kranken bediente
sich der hiesigen Bäder und Brunnen gegen Erscblaifun*.
gen, Vorfalle, Chlorosis, Amennorrhoe, Sterilität, Bläh-
tuchten , gegen Mattigbeitsgefulile atonischer Art, um dit
Schwachen des Alters zu mäfsigen und sodann mit erhöh-
ten Kraftgefublen den tellurischen und kosmischen Ein«*
flüisen kräftiger widerstehen zu können.
Von den günstigen Heilwirkungen ist ein Mehreret
in den Jahrbüchern über sämmtliche Heilquellen Deutsch-
lands (welche in diesem Monat erschienen sind) von Alt-
Wtimcx getagt worden« Patelbtt tiod aber durch eioo
— 122 —
Zililfendireilniiig im Manoteript ttatt BUer te'
Klatie 4918 nur 4118 angegeben worden, woAmh dhi
Kedartion die Additions-4Samme zu TerSndem sieb l&r ym»
anlaliit gehalten bat, to daft diMlbpt^ ak Ton mir an«
^geben, nar 11,406 Bader aufgeführt stehen. Ki find
aber mit den Kiir-, Kegen-, Probe- nnd hemehaftliehcr
Seite bewilligten Bädern: 409 gratüp in S Terychiedeaea
Klassen wirklich: 12,206 Bäder veiabraicht worden»
Da Ton der Herrschaft kraftig gesorgt wird, Altwasser
in allen Verhältnissen immer gunstiger zu gestalten, so
baben sich aacli in den letzten Jahren schon Mehrere bei
zunehmender Frequenz bereit gezeigt, nene Haoaer n
bauen und lur angemessene Wohnungen immer mehr u
sorgen. Geeignet ist übrigens die von der Natur sa
freundlich mit vielen Reizen und Heilkräften reichlicb be^
gabte Gegend^ da(s hier, wie in einzelnen Östreichisehea
Kurorten , sich Begüterte zum Anbau kleiner Villen bereit
finden mochten. Manche kommen überdies scbon Tialo.
Jahre hinter einander her, um durch Wieder|iolnng den
Kurgebrauchs ihrem Körper Ersatz der aus mannichibcheK
Lebensverhältnissen Terlorenen Kraft zu geben, so wia
Erheiterung und Belebung des Geistes bervorznrnfen.
Ein Kurgast bat seinem individoellen Ermessen nach
aogar 19 Jahre ununterbrochen die Wiederkehr emenert
nnd will dadurch allein die jedesmalige fieftttigong nnd
Bekräitigung seiner Gesundheit bewahrt gninnden babcuu
Gelbsucht
hei
ftnem nevgehomen Kinde mit tödtlickem ÄMegmige,
mitgetheiit
von '
Dr. Bennewitz,
in Berlin.
Seit mehreren Jahren habe ich die Gelbsucht nntnr
Auk Naogebornen als eine nicht ganz ungewöhnliche Br-
^ 133 ^
wdvAmtig zd' beoUditen GeleganMt fcihii't« gawetha
nah ich sie nach dem Venchwindcii der Rötho swiicbeB
dem 5ten bis 8ten Tag entstehen, wo nlsdann d^e Htn^
beVof sie weifs worde, diese gelbliche Färbaog annahm«
Aber nur selten war damit wirkliche Gefahr Terbandeo»
«nd in der Regel yerlief sie, Ton Arzt und Eitern iasi
gleich unbeachtet. Ich setzte ihr Erscheinen in dieses
Fallen aof Rechnung der erst nach und nach sich ordnen^
den Thätigkeit der Leber und des Gallensystems, in Folga
dessen , wie ich mir dachte , die gallichten Theile • dem
Blute niddt TÖllig entzogen , und somit auf die Haut um}
die anderweitigen Gebilde des Körpers abgelagert wor-^
den. . Wenigstens wurde es mir wahrscbeinUcb^ dals dler
ser gewöhnlichen Gelbsi:cht der Neugebornen keine andere
Ursache weiter . zum Grunde liegen möchte , da ihre Er^
scbeinung auch ohne alles Hinzuthun der Kunst und oi|(
recht bald wieder yerscbwand.
•
In andern Fällen war jedoch die Gelbsucht nicht im-^
Hier eine so gefahrlose Krankheit» Es gesellten sich als-
dann entweder gleich anfangs, oder im Verlaufe derselben,
Krämpfe und Conyulsionen hinzu, und machten den Aus« ^
gang oft tÖdtlich. Hier waren meist immer andere Ursar* '
eben daran Schuld^ die manchmal entdeckt wurden, noch
öfter aber ganz unentdeckt blieben, und zu mancherld
Vermutbungen Anlals gaben» Wie mir, so erging es ge-
ifÜs auch anderen Beobachtern^ und scheinen die Tielen
Hypothesen, welche wir über das Patbogeniscbe dieser
Krankheit besitzen, dies zur Genüge zu beweisen»
Ohne indessen mich hier auf die Erörterung der ein«
seinen Hypothesen weiter einzulassen, will ich nur der
von Chambon "*) erwähnen, welche auf meinen sogleich
naher mitzutheilenden Fall die schickliebste Anwendung
XU finden scheint. Nacli Chambon entstände nämlich die
Gelbsucht bei den Neugebornen consensuell, durch den
Druck des Gehirns, welchem der Kopf des Kindes wäh-
rend der Entbindung ausgesetzt ist. — Diese Chambon^
«che Theorie scheint mir sehr plausibel, und dürfte die
Richtigkeit derselben in gewissen Fällen nicht zu bestreik-
ten seyn. Wenigstens leuchtet mir ein, dafs^ Termöge
des Consensus, welcher zwischen dem Gehirn und der Le-
ber besteht, Verletzungen des ersteren gerade hier um so
•) N, Chambon* Hb. d. Krankheiten d, Kinder. A« d« Franz.
ttbtit. Ton /. A Beckir. fiesliA I8üi» 8. 252.
aachthelHser whlen, alt dia LebertblÜiMt in
aen noch nicht geordnet und wege« detveriadartwiBtal-
wnlaafB nnd der beginnen Jen nenen Verriobtoag det
Darmkanalg Storangen nm ao leiehtar «oageaetat iat. Abar
»iefat allein wahrend der Bntbindnng» aondaro aiieh wmdk
denelhen besteht dieser Consensoa noch fort oad wUk
nit ziir Krzeiigung der Gelb8tlch^, wanigataoa ao hagi^
bis erst im Naugebornen die Leberthäügfc«t yöUig gooid«
net ist. Ceberall, wo daher die Gelbsucht mit coBTnlai-
iriachen Bewegungen, die ihre Entatebong meiat immer
den gestörten Verriebtangen dea Gehima Todankea^ tof-
banden ist» können and uiGssen wir auf etae aolcba Vai^
anlassiing scbUefsen» -* Vielleicht durfte folgender FaD
dazu dienen, das Gesagte anacbaalichcr za machen.
Eine junge gesunde Frau, Anfiinga der Zwanziger,
belebe schon vor zwei Jahren geboren halte» wurde aber«
mals von einem Knaben entbanden. Derselbe kam aebr
achwer^ und leblos zur Welt. Erst mit Mühe gelang ea» ibft
ins Leben zurückzurufen. Der Knabe, dem Anscliein aach
Tollkommen ausgetragen und woblgebildet, war nicht allsn
atark 9 hatte einen kleinen mit dichten ichwaraen Haaren
bedeckten Kopf nnd blaue Augen. — Nachdem er meh-
rere Stunden geschlafen hatte, reichte ihm die Mutter die
Bruit; er sog kräftig, und bald darauf .erfolgte die Ent-
leernng des Meconiunis. Schlaf und ErnShrang weebael«-
ien in den nächstfolgenden Stunden des Lebens ragebsS«
Ölig ab, und es war alle Hoffnung für das Gedeihen nnd
das Wachsthum des Kindes vorhanden, ala mit dem 6t6D
Tage sich plötzlich die Sceae änderte. Das Kind fing mit
einem Male jämmerlich an zu schreien, übergab aiä in
einem fort und zurktc an Händchen und Füfsen, so dalb
niclits es zu bemhigen vermochte. Doch da die Mntter
aich der Veranlassung hierzu bewufst war und sich erin-
nerte, fiafs das Kind Abends beim Anlegen an die Bmat^
als es sich mit dem Köpfeben unversehenda anrückwarf,
etwas unsanft auf ihren Arm gefallen war^ so war aio
durchaus nicht besorgt, hoffend, dafs es sich mit der Zeit
wieder bessern sollte. — Am andern Morgen war jedoch
der Zustand noch eben so; das Kind blieb In länem
Sclireien, verweigerte die Brust, und jeder Versnob^ ihm «
etwas Thee einzuUöfscn^ wurde von Erbrechen b^^leitet»
Ge<j;cn Abend liels man mich rufen.
'Als ich ankam , üel mir* zuerst die über dem ganzen
Körper verbreitete dunkelgelbe Fficbung der. Baut« din
— 125 —
T^i Totberooeh totenrodi Wiftr^ auf. X>n» Sdiralte m
periodisch heftiger und wurde von Kraoipfen und Con-
Tulsionen begleitet« Der Herz- und Pulsiclilag w^ren Ter*
bältniüsinäfsjg langsam (70 Schlage i«i der Minute). Stuhl«
gang fehlte seit 24 Stunden. — - Ich liefs demnach, sogleich
ein mit Zucker yersetztes Chamillenklystier, welches einen
gelben Stuhlgang bewirkte» und innerlich, weil jede Flüs-
sigkeit^ selbst der Rhabarbersyrup » ausgebrochen wurden
eine Potio Kiveri cum Aq. Flor. Aurant« et Sjtupo Pap«
albi reichen.
Nach dem pünktlichen Gebrauche dieser MUtel Ter-
ging die Nacht etwas ruhiger. Das Erbrechen liefs nach|
allein die Krämpfe kehrten zwar seltener, aber desto hef-
tiger wieder. Das Kind verweigerte noch jetzt jede Nähr
rung, und zum Saugen an der Mutterbrust schien es za
matt zu sejn, — Da der Stuhlgang wieder ausgeblieben
var, so verordnete ich nunmehr Rhabarber mit kleinen
Gaben Calomel^ und liefs nebenher ein Chamillenbad be-
reiten« Doch" trotz aller Vorkehrungen und. ungeachtet des
noch erzielten offenen Leihes> starb das Kind unter Con«
Tidsionen am achten Tage.
Bei der äufsern Besichtigung der Leiche^ deren Oeff»
nung leider nicht gestattet wurde ^ fiel wieder die gelbe
Farbe auf. Auch fand sich aufserdem eine auffallende . feh-
lerhafte Bildung des Kopfes vor. Alle Knochen desselben
waren nämlich nur sehr unvollkommen entwickelt, und taut
nirigend fand eine Verbindung unter ihnen statt. Alle
Nähte waren noch offen: die Kranznaht > die Stirn- und
die schuppige Naht. Die Scheitelbeine standen mit ihren
obern Rändern so weit von einander, dafs ein freier Zwi-
schenraum von zwei Fingern Breite zu fühlen war. Fast
eben solche Forche war auch an der Stelle der Lambda-
nalit. — Cebrigens war an der kleinen Leiche nichts Norm-
widriges weiter wahrzuTkebmen. Der Unterleib war ein-
gelallen und die Lebergegend weich.
Bisher habe ich diesen merkwürdigen Krankheitsfall
getreu so, wie ich ihn in meinem Tagebuche aufootirt
habe^ wiedergegeben. Schliefslich mag es mm erlaubt
seyn^ Einiges über die Entstehung desselben in Beziehung
aof die oben aufgestellte Behauptung hinzuzufügen. Ein
ansehnlicher Theil des greisen und fast des ganzen klei-
nen Gehirns entbehrten der sie schützenden knöchernen
Kopfbedeckung fast ganz. Jeder aufsere Insult wirkte da«
lier fast unmittelbar auf das Gehirn selbst ein« Schon das
Uolte Liegen auf dem Hinterkopf brachte Erscheinuiigen
— 126 ~
von Diti^, wohin namentlich der langnme Polt geilbtt
KU werden TerdienC, hervor} um wie viel naobtheiliger elao
mafste erst hier ein ziemlich heftiger Stofi aof den Kopf
einwirken. Krämpfe und Convnliionen bekundeten die ge«
•törte Verrichtung des Gehirns nur zu deutlich^ Und es
nimmt wohl nicht Wunder, wenn wir sehen, dsis, nach*
dem das Gehirn bereits so alienirt worden , auch ein ndt
ihm in enger Mitleidenschaft stehendes Organ, wie die
Leber, secundar — - per sympathiam — in seinen Fnnk«
tionen gestört wurde* Wenigstens die liier hat nmnittet-
iMir auf die Verletzung des Gehirns erfolgte Grelbsücht Ter-
häit sich zu jener, wie Wirkung zur Urmch. Somit leoeh»
tet also der Einünfs, welchen das Gehirn anf die Entste-
hung der Gelbsucht bei den Neugebomen hat, wenigstem
in diesem Falle, zur Ejidenz ein ; nur möcbto es achwcc
eeynj ihn überall so Uar nachzuweisen*
6.
MonatluJier Bericht
aber
ien Oesttnäheifisustand, Geburten und TodeifStttvonBetiyik
Mitgfttheilt
am den Akten der Hufeland stehen med» Mmrg. OeMeOwKafU
Mit der dazu gehörigen H'ittenmj/M - TäbdUm
März^
Ueber die Witterung verweisen wir aof die beigefügte TaleL
Bi wurden geboren: 471 Knaben,
406 Mädchen,
877 Kinder.
Es starben: 181 männlichen,
150 weiblichen Gesdileehts Sber^
und 270 Kinder unter 10 Jahren^
601 Personen«
Mehr geboren 276.
Im März des Tergangenen Jalires worden
geboren: 458 Knaben,
448 Mädchen,
906 Kinder.
Et starben: 236 männlichen,
173 weiblichen Gesehledits fiber^
und 343 Kinder unter 10 fahren.
752 PeEsonen« . .
Mehr geboren 15|*
tm TeAinntlii zun Monat Witt d«i Tot^gen Jahra
mrjen im USa di«Mi Jkliref weniger geboren 2(t, und
Marben weniger 161.
Der Theomtliti^-kaUrTbBlische Cliarakter der Krank-
Üdten blieb drä bsrncbende; havGg gingen ilie Krank-
lieileB in Entaündung, beiondera der Langen, nber; KSf
naä da fanden (ich audi gaitrisclie. Fieber. Von Üxäu^
tlnnien fand aicb ein roienaniger AnssehJag häo&g. Pok-
ften kamen leltener vor, docb (tarben dann ö Ptrtaam,
■inUf denen Ein Erwwibiener.
8p»*l»ll0 Kr«nkkttt»n
Enruh-I
.e„.. ;
Kindei. j
J.
a|
Kriakhelten.
:|
1
1
i
Au Scbwicb. e.ld n«eh d?r lieb«
IT
36
Vnwiiig und lodi EFbar«
A» 8urrkru.pt. : . .
■Vau, Kriünpfen. . . .
Ab Sluopticln. . . i ,
;
Amw«,«k,Dpf . : :
An den Pocken , , .
3
im d<rr l.iiüligea Biui».
A«derHcMef ....
1
1
An er Leberentiüiidiing. ,
An rr Hnltentiimdiinc . ,
Ad BückeniDArkiPnriiuidang .
"in NerrenfiebS^" .* '.
Au Selileiinfieber. , .
:b*r Hl
33
S4
St
Ab der DarerlcibauliwEndmthl
t
l
n
0
t
-
-
H
J,ZplIge»^Kr«i.ifr(Bo(, . .
an oiol'il hMni'iTi'lpn KnullLlii
DoiOll Ungliuikirtlla
Die BUtUoAA ila- pnAl. HeiUimät
Jtaimituit, J. N. mbilis ae, i
'iTifrtipiiit ^icäala mtdicae, i
taoitiitH. Tom. I. et II.
Larreji, D. J., fleoitriAftipSM
vertehiedMe «mene mtd fWsn
I-yim^. von Dr. Ametung.
KNfae lillfrUritch^ Ansei
Leu, F.fitrin, Otisi'maliofie an
wsliltithrtsniuljnrmikt ufFriai
J,t>c, Eilwi», Coiiji lioeit.eiiT
ilrcs et »a* l'Hitt aatutl dt tq.
rnr'jie cii J?ijr(e(«Te. ^
J'Hlfntiii, <i-, Revcrfurivm fi
luijic. isifn Siwtlea 1, unil-
Herr, A., Ifcber Ji.'r Eüi^^
ilelmnii ilcr Sraiikheilai,
vtid AiusrhlnjitficbfT.
Akademischt Sckrifte
Berlin.
Ocf«oit,Jac.|WTiCTv-w
ti
EronkhelteiD
1
i
der.
1
An dpr T.d>''rT-rl.üitiing. .
£8-sa„.» : : : :
An der llHnbeuteliratieriucliI.
Au Ut.,>.l..r.
its'siii^'-"';;d-s«ddj.,f.. : :
An d>'r -I'^nk....-!,!. . . .
SsSix-Ji^eJ;:. : : : :
AntenirtisiLPiv. ." ; : :
An Z<-l1gri"-bev^rJiarIulig.
3
10
Im.
1
lüT
73
.S„>,o.,«
lai
601
Sie BailotAd der prakl. Heiihmde, Mürz 1837 MiAAttl
JtnitiinHn, J. AT. IfobilU de, Principia Faliologm mc
'UifTitpiae tjieciali» mtdicae, umi acnäemum <nfcn»> .
moilitla. Toni. 1. el II.
liBTrr<j, D. J., BeobacIiUirigen und ETfahnmge» 9ier
vcrsehieilenc innere ufuj üi^scre £neii£Aeit«i. A.'ä,
hViinz. voll Dr. Amelang.
KHr=c (i[r.T(ir/iicÄe Anzeigen.
hee, Eilitl«, Vbtenatimn on tht principaf nteJIcnl
inflH iit Ions and jiraelke of France, Jlahj and Qfnaai^
l.ee, Edwin, Coup doeil sur let Itipitaux de Lait-
thc» et »ur l'elat aclHtt de la meäecine «t ie ia dM<
rnri/ie «i Angteferre.
Tülentin, O., Repcrtiirium für Annlomie und fl^rf»-
lo!fic. igten Sandes l. und 2. Heft.
Bert, A., ütber den Einftuß der SäfX» auf die £tat-
ste/atnii der Krankheiten, tntiesünilera der Kardinäl-
twd Atiurhlagtficber.
Alademische Schriften der VntvertHat XU-
Berlin.
O e r « 0 w 1 Jaty experiinenta de ekymifiuilioM artlfciattt
«
C. W. Hufeland's
Journal
der
practischen Heükimde.
Fortgesetzt ,
Ton
Dr. E. Osann,
mäeoXL. Professor der Medicin an der üniTeraitSt ond der med,
dumrg, Academie für das MiUtair zn Berlin , Director des
K* Poliklin. Institats , Ritter des rothen Adler - Ordens dritter
Klasse und Mitglied mehrerer gelehrten Gesdlscfaaften«
Orauy Freund y ist atte Theorie,
Doch grün des Lehens goldner Baum*
Göihe.
IV. Stück. April.
Berlin.
Gedmckt und verlegt bei G. Reimer«
\
*
iM«l
I.
Geschichte
e i n. e r
inveterirten und larvirtenSyphiliie^.
welche ' ^
Apoplexie und halbseitige Lähmuog cur Fo^
halte. *)
Von '
Dr. Fr. Busse,
KönigL Medldnalrathe und Hofin^dicut Kn Berlin.
(Yorgetragen in der Versamml. der Hafeland. med. cKrf*
rurg. GeieUscb. d. 17."März 1837.)
Ixegeostand der hier zu erzählenden Krank-
heitsgeschicbte ist ein junger Mann von schlan-
kem Körperbau ) blähender Gesichtsfarbe utid
kräftiger Constitutiou. Er war, als er im Jahre
1833 zuerst syphilitisch angesteckt wurde, nicht
ToH 24 Jahre alt, hatte sich bis dahin stets
einer guten Gesundheit zu erfreuen gehabt und
seine Schul« und Unirersitäts-S Indien, auch das
*) Des Falles ist bereits in C7<tsper'« Wochenschrift 18M
Nq. 4. mit einigen Worten erwähnt worden, nach
einer mündlichen Alittheiiang, die ich einigen ärzt-
lichen Freunden damals gemacht hatte. B*
A2
— 4 —
sweiM jaridkclie Examen gloiUich absolriit
Er gehört einer hiesigen hSchtt achtbaren Fa-
milie an, deren Haaiarzt ich seit etwa acht Jab»
ren bin nnd cwar gemeinsch^fllich mit dem
TerdieostTolIen Veteran der hiesigen Stadt-
wundärzte , Hrn. Mohr. Dies hier an erwab*
nen, fühle ich mich besonders Terpflichtet, w«l
Hr. Mohr dem langwierigen nnd hartnackigen
Krankheitsfall grofse Aufmerksamkeit nnd nn*
ermüdete Sorgfalt gewidmet hat nnd ihm da-
.her mit Recht die Anerkeontnib gebnhrt, smr
Herbeifiihniog eines möglichst giinstigen Resnl-
tats unserer Knr wesentlich mitgewirkt sn
haben« — -
Es war in den ersten Tagen des Monats
März 1833, als ich gelegentlich der Familie des
Fat. einen Besuch machte und erfuhr, derselbe
sey seit etwa 8 Tagen unpäfslich nnd leide an
fieberhaft - gastrischen Beschwerden , wogegen
Hr. M. auch bereits Arznei Terordnet hätte«
Der Kranke ward mir vorgestellt. Der sehr
dicke Beleg der Zunge, so wie das aufgelok*
karte Zahnfleisch fielen mir auf; ich näherte
mich dem Munde des Kranken und ein nicht
SU Terkennender penetranter Merkurial-Gernch
kam mir entgegen. Ich nahm den Fat. hei
Seite^ und auf meine Frage: weshalb er Mer-
kur gebraucht hätte? gestand er nach einigem
Zögern, dafs er seit etwa 4 Monaten an einem
Chanker leide und Pillen, welche ihm ein hie-
siger Arzt Terordnet, gebraucht hatte. Falacha
Scbaam hatte ihn abgehalten, sich an Hrn« Jlf.
oder an mich zu wenden ; übrigens rersicherta
er aof das feierlichste, Ton syphilitischen Uebeln
früher nie befallen gewesen zu sejn.
— 5 —
Die Lokal -Uoteribchuogergalb •in' sehr
speckiges Vlcas syphiliticom aa derEicheV Tt»«
der Grofse eines Fingernagels« Es bestand Mt
December 1832 und Pat. hatte bisher dagegen
Sublimat ununterbrochen, aber ohne Erfolg ge«
braucht, hatte indefs auch während der ganzen
Zeit, aus Furcht sich seiner Familie zu Terra«
then, gar kein geregeltes diätetisches Verhalten
befolgt. Er hatte vielmehr seine Berufsgeschäfta
als angehender Jurist fortgesetzt, war täglich
in der' nngiinstigsten Jahreszeit ausgegangen and*
hatte überdies an Familienfesten und Ta'nizpar-*
tieen thätigen Antbeil genommen, wobei man-
cherlei Excesse, Erhitzung und Erkältung nicht
hatten können t ermieden werden.
•
Es ward nun zunächst das erforderliche
Heilrerfahren gegen den gastrischen Zustand
eingeleitet und die Genesung erfolgte bald. Un-
geachtet aber Fat. hierbei eine sparsame, anti-
fhlogistische Diät geführt, das Bett gehütet und
ühlend abführende Mittel gebraucht hatte, ao
^ar dennoch das Geschwür in- und extensiT
bedeutend gewachsen, und es blieb demnach
nichts weiter übrig, als zum Gebrauche dea
Quecksilbers zurückzukehren* Dies geschab^-
H&d zwar ward wieder Sublimat gereicht ; aber
Pat. mufste dabei eine schmale Kost führen,
das Zimmer hüten und sich warm halten. Der
Erfolg war sehr günstig. Der Ghanker reinigte
aich und vernarbte allmälig, ohne dafs irgend
•twasBemerkenswerthes dabei vorgefallen wäre^-
Die Mittel wurden noch einige Zeit nach dem-
Schwinden der örtlichen Symptome als Nach-^
knr in verminderter Dosis fortgebrancht , Fat,*
achien gesund und ging wiederum seinen Ge-^
acbäflen nach*
— • — '
Dies dauert« vngdSlir 7 bis 8 WoAm;
Ja saigta sich nil eiDem Mala ew iiauaa Ga*
achwSr an der Vorhaiit. Dia ünmS^lidikdb
aioer arDenleD Aosteckuog beechwor Pat, hod
ond theuer^ aber der sjphilidache Charakter
des Ulcus war aicbt so Terkenaen und wir
kehrten daher snm Gebraoch des Snblimata so-
rock. — Dieser war jedoch diesmal gans ar-
folglof. Das GeschwBr TergroÜBerte sich mit
jedem Tage, und es blieb meines EraditaBa
nichts iibrig, als an einer kräftigen lannctiona*
knr SQ schreiten. Ich war jedoch gerada im
BegrüF, eine Reise sa ontemehmen, nnd Hr.
Mohr wünschte, dab noch ein anderer Arzt
während meiner Abwesenheit den Kranken be^
obacbten mochte« Dies ward den Eltern des
Pat. Yorgettrilt und ihre Wahl fiel auf den Hrn.
Geh. Ober-IHed.-Rath Klug, ihren Tiel jährigen
Hansarzt und Freund. Dieser sah den Kran«
ken und mit seiner Zustimmung ward am 17.
August 1833 eine kräftige Inunctionakar begon*
nen und während 4 Wochen forlgesetat» Ea
erfolgte starke Saliration, sonst aber keine nn*
gewohnliche Erscheinung. Man liefs nachhat
den Kranken noch einige Wochen Zittmann«
sches Dekokt trinken, aber das LocaUibel| weit
entfernt zu heilen, richtete ytelmehr die grola«
tan Zerstörungen an.
Nach einer Abwesenheit Ton 11 Wochen
aah. ich den Kranken wieder. Der Znstand aai«
nes Penis erschreckte mich. - Die ganze obere
oder Tordere Wand der Vorhaut war von den
Gaichwiiren durchfressen , so dab das Präpu»
tinm zu beiden Seiten der ganz entblobten Ei*
ehel wie ein dicker Fleischkluropen herabhing«
Dia irulstigen Bänder boten eine groise ^ecfcig^
•TP.. 7. —
•dualerige Getchwonfiäcbe dar, Too.wdcber,
•«8 oaeh pb6ii sich mehrere Fiitelgänge 1—2.
Zoll tief zwisoben den «ubern HautdeckeD des
Gliedes aod den Corporibps caTsrnoais gebildet
hattea^ die. bald die Hfiutgebilde tbeils durch
schlechte Eiterung, tbeils durch Verwaodlttog
derselben in eine schmierig» käsige Masse , wi«
beim 'Hospitalbrande y gäoslicb zerstörten, der-
gestalt, dab das Glied wie abpräparirt da lag
und blofs nach unten, wie gesagt, Ton dem an«
fSrmlicben Fragmente des Praeputii noch eini-
germaisen bedeckt wurde. — Das Allgemein-«
befinden des Kranken war dabei, wie leicht
SU erachten , sehr traurig. Er war im höch-
sten Grade abgelnagert, konnte das Bett nicht
▼erlassen ond litt an einer Febris lenta con-
linna»
Es. kam nun darauf an, sn bestimmen, was
für ein Heilrerfabren einzuschlagen sey. Der
Habitas der Eiterfläche schien mir unbedingt
für das Fortbestehen der syphilitischen Dyskra-
•ie zu sprechen, hingegen die grobe Schwäche ^
ond Abmagerung des Kranken, so wie die zer-^
störende Verjauchung der Hautgebilde, jedeMer-
knrialknr eben so absolut zu Terbieten« Dies
yeranlabfe mich, eine Berathung mit einem
Arzte zu verlangen, dem eine reiche jErfabrung
in der Syphilis und besonders in solchen Ter**
zweifelten Fällen durch seine Stellung zu Ge-
bote stände. Dies war der Direktor des Cha*
rit^Krankenbauses, Hr. Geb. Med. Ratb Kluge^
mein Tieljähriger Freund. Er hatte die Gefäl-
ligkeit, den Kranken zu besuchen und erklärte
■kh dahin: „dafs die bedeutende Zerstörung
der Haulgebilde offenbar und lediglich durch
Hospitalbrand bewirkt vordeq ^äre| dab er
r
^ 8 ^
daliar die Sjpbilis for exstiiigiilrl balte^'kam^'
•eioer Tieljährigen Brfahning nach , SyphiHt
und Hospicalbrand oiemals beisammen in #in«m
DodiTiduum beitändeD, sondero jene, bei ihiem
Uebergaoge in lelzlereDi gleichaam erioeche ood
ibreo Tod fände."
Dieser Aussprach war mir sehr erfreoUch;
ich kooote ihm aus Erfabrang nichts entgegen-
setzen und mit dem Tom Hrn. Geb. Med. Rath
Kiuge Torgescblagenen Heilyerfabren war ich
ToUkommen einverstanden. Es wurden inner-
lich China mit Mineralsänren und nährende
Diät, äufserlicb antiseptiscbe Ueberschläge ver-
ordnet und wegen einer zu fürchtenden Blu-
tung Pat. unter specielle chirurgische Aofsicht
gestellt.
Diese Kur wurde während des Herbstes
1833 mit dem besten Succefs fortgesetzt. Eine
Blutung erfolgie nicht, das schleichende Fieber
verschwand, die Kräfle des Kranken kehrten
wieder und die örtlichen Zerstörungen sistirten
sich und kamen zur Vernarbung. -^ HVährend
aber die kräftigste Granulation zum lYiednr-
ersatz der verlorenen Uautpartieen am Penia
sich zeigte und das wirkliche endliche Erlo'^
schenseyn der Syphilis zu dokumentiren schieD4
traten ganz neue und drohende Symptome anf^
die wiederum jene Ansicht gänzlich zerstorlea»
Es kamen nämlich bedeutende KnochenauftrH^
hungen an mehreren Stellen zum Vorschein
und zwar namentlich am Processus orbitalis
des Stirnbeins rechter Ssits, am linken Ol#-
craoon, am linken Schlüsselbein und am rech-
ten Schienbein. In der rechten Augenbraae
bildete sich eine dicke Kruste von der GroCsa
eines halben Silbergro8cbenS| die bald aufbrach
-- 0 —
irild skh iB ^io^-tleftt specLigtfi: Gescbwär rw*
.^trandelle. .£odlich gefeilten sich datu aucb
jwch ächte, kopferfarbeDe Maculae renereae in
grpfferZabl, jih ^anseD Gesicht^ < auf denSchul-
torn und an den ExtrainitätQn«
In diesem Zustande ward Fat. dem Hro^
Geb. Med. Bath £/i/^e wieder TorgesteHt. Der-
■elbe erkannte die INothwendigkeit einer aber-
maligen durchdringenden Merkurialkur an und
tiatb, da Fat sich im Allgemeinen sehr gut er-
Ikolt hatte, cur innern Anwendung des reihen
Qutcknlheroscj'ds nach der Bergschen Methodem
Dias Slittel brauchte nun unser Kranker, nach-
dem er in den letzten yier Monaten gar kein
Quecksilber genommen hatte, ^om 21. Decbr.
1833 bis zum 8. Februar 1834 genau nach der
Vorschrift *) in Verbindung mit einem Deco-
ctnm Lignornm* Er ertrag es ohne alle Be«
•ch werde; Salivation stellte sich nicht ein, das
Geschwür beihe, die Flecken und die Knochen*
aultreibnngen schwanden langsam, aber toU«
kommen. Fat. hatte während der ganzen Zeit
nie über irgend einen Schmerz, noch sonstiges
Unwohlseyn geklagt und erholte sich nach dem
Cessiren des Merkurialgebrauchs bald so gut,
dafs er seine frühere blühende Gesichtsfarbe
wieder bekam und überhaupt yollkommen ge-*
bellt zu seyn schien« Er trug yon dem über*
atandenen schweren Uebel nur noch ein Resi-
duum an sich, nämlich das an der hinteren
Fläche des Fenis herabhängende noförmliche
Fragment der Vorhaut. Um dieses legten wir
einen Faden und erwarteten die Absiofsung«
*) 8. HttfeUndTs Journal Bd. XXYU. St. 4. S. 149 und
Bd. 2UUX, tiU 2. S. 113.
— 10 —
■
Aas Vorsicht* bebielten wir iodeb den Patrnich
etwa 8 Wochen unter specieller Aufsiebt, and
er durfte das Zimmer nicht rerlassen. Da
gisubte ich, nach abermaliger Beratbang mit
den HU. Kluge und Mohr^ den Pat. für ge-
aand erklären zu könneä und gestattete ihm,
EU seinen Berufsgeschäften suräckcukebren» was
er langst sehnlich wünschte und was die begid-
sende milde Witterung (Anfange April) auch
xuliefs.
Der Genesene fühlte sieb überglacklich,
endlich von seinem 14 Monate langen Leiden
befreit zu seyn. Er arbeitete fletlüg, um das
Versäumte nachzuholen«
Etwa 6 Wochen yerstrichen so im er*
wünschten Woblseyn, da bekam Fat. einige
Tage Zahnschmerzen und eine rosenartige Ge-
schwulst der linken Backe, Dazu gesellten sich
noch gastrische Beschwerden, übler Geschmack,
eine dick^weifsbelegte Zunge und Neigung zum
Erbrechen. Es war am 18. Juni 1834» Ich
verordnete ein Brechmittel, welches Pat« gegen
Mittag nahm und reichlich Schleim und Galle
ausleerte, wonach er sich besser fohlte. Gegen
Abend erfolgten mehrere fnculente Stühle. Bei
der dritten oder vierten derartigen Ausleerang
Terweilt Pat. ungewöhnlich lange; man wird
unruhig, eilt nach ihm zu sehen und findet ibn
neben dem Nachtsluhl herabgesunken ohne Bt«
wufstseyn und ohne Bewegung. Hr. Mohr
ward sogleich gerufen, erkannte einen yollstän«
digen losultus apoplecticus ^ und verfuhr dem-
eemäfs. Pat. kam wieder zu sich, aber die
Zunge und die ganze rechte Körperseite waren
gelähmt Es wurden Blutegel an den Kopf
gesetzt, kalte Umschläge gemacht, SenAeige au
^- II —
I
die Wadeo upplicirl' and «ine kShlende Bnxtor
Terordnet, Etwa eine Stunde später sah ich
den Kränken and mufste dem eingeschlagenen*'
KurTerfahreo TollkomoieD beistimmen, wenig-
etens indicirte der kleine scbwacbe Puls yoü
etlicben und sechzig Schlägen einen Aderlafs
niohU
Am folgenden Morgen (den 19. Juni 1834)
ward ich schon vor 4 Uhr gerufen. Ein neuer
apoplektischer Anfall war erfolgt, oder vielmehr
Fat* schieil im Sterben zu liegen. Der Pula
war kaum zu fühlen und schlug etwa dreifsig
Schläge in der Minute; die Extremitäten waren
kalt, das Gesicht coUabirt, der Athem schwach
und fast nicht zu hören« -— Nur ein kräftiger
und schnell wirkender Reiz auf das Sensorium
konnte hier noch nützen. Ich entscblofs mich
daher kurz, schnitt dem Kranken die Haare
Tom Wirbel und applicirte ' auf die entblöfste
Stalle einen grofsen eisernen Hammer, den ich
in siedendem Wasser stark erhitzt hatte» Es
entstand augenblicklich eine starke Brandblase;
Fat« fahr mit einem dumpfen, unartikulirten
Schrei aus seiner Betäubung auf und Kopf und
Stirn bedeckten sich mit dicken Schweifs«
Iropfen« Der Puls hob sich sogleich , stieg in
tioigen Minuten auf yierzig Schläge und kehrte
bald zur normalen Frequenz zurück. Die Läh«
moog der Zunge und der Extremitäten blieb
aber unverändert. — Ein erregend belebendes
Heilrerfahren, bei sorgfältig erhaltener Eiterung
der Brandwunde durch Reiz* und Aetzmittel,
Ifihrte eine zwar langsame, aber doch mit Con«
tinnität fortschreitende Besserung herbei, so daf$
Pat« den Gebrauch seiner Sinnesorgane wieder
tehidt, wieder geheoj unroUkommen sprechen^
~ 12 —
Hand nnd Arm dar rächten Saita aber nicht ba-
wegen koonte. Wäbreod deaten dorchachoitt
der umgelegte Faden das entartete Präpatiam,
es fiel ab und die Schnittfläche Ternarbt« faat
ohne alle weitere Behandlung« Die Brand-
wunde auf dem Kopfe eiterte Tortrefllich nod
graoulirte so lebhaft ^ dafs man beständig Aets-
mittel appliciren mufste, am sie offen ca #r^
ballen. Zuletfct vernarbte sie YoUkommen in
wenigen Tagen, als man einen hloa bedecken-
den Verband anwandte«
Es entstand nun die grofse Frage : waa fer-
ner zur Hebung der Lähmung geschehen aollte?
-— Die Beantwortung derselben kannte aich
nur ergeben ans einer sichern Erforschung der
etwa noch fortwirkenden entfernten Ursachen^
denen man die Entstehung der Apoplexie sn^
zuschreiben hatte, so wie der organischen nnd
materiellen Veränderungen in der SchädeIhSblei
die entweder schon Tor dem apoplektischen
Anfalle bestanden hatten , oder etwa ala Folga
desselben zurückgeblieben waren.
Disposition zur Apoplexie durch Alter, Co^-
atitütion oder erbliche Anlage war bei dem PaL
auf keine Weise anzunehmen. Die einzigen
schädlichen Momente^ die auf ihn eingewirkt
hatten^ waren: SyphilU und der iange Gt*
brauch des Quecksilbers. Das Eine wie dai
Andere konnte die Apoplexie erzeugt haben.
Dafs Syphilis^ besonders wenn, wie in ua«
sermFalle^ eine so vollständige und inveterirte^
immer in neuen Formen, hervorbrechende Sät*
tiguDg des Organismus mit der Seuche enge*
nommen werden mufs, durch feindliche, gifliga
Heizung, des Hirn'^ und Rückenmarks aUeiii
— 13 —
tichoii mae Apoplexie herbeifahren konnex ist a
Jriori oicht abzuleugnen und aus der Erfahrung
ann ich Beispiele aufstellen, welche eine solche
lYirkung des Teuerischen Giftes auf das be-
stimmteste beweisen. Es sind mir swei Fälle
bekannt, wo nach unrollkommen geheilter Sy-
philis wiederholte Anfälle von Apoplexie ein-
traten und erst gebeilt wurden und nicht wie«
derkehrten, als man durch eine kräftige anti-
syphilitische Behandlung das Lnesgift in der
.Wurzel Ternichtet hatte* Mehr - secundär und
indirekt kann die Syphilis zu einer entfernten
Ursach der Apoplexie werden, durch die orga-
nischen Veränderungen, welche sie in den Häu-
ten und Knochen der Schädel- und vielleicht
aoch der RHckenmarks- Höhle erzeugt, Aus«
achwltzungen, Yerdickungen und Enostosen.
Dafs Syphilis, in unserm Falle, dieHanpf«
Ursache der Apoplexie wäre, daron war ich
überzeugt. Ob sie aber mehr dynamisch und
primär eingewirkt und eine rein nerröse Apo-
plexie oder einen Blutschlag durch Gongestion
und Hirnblutung erzeugt habe, oder aber ob sie
mehr materiell und secundär durch die Ton ihr
bewirkten, das Hirn und seine Häute verletzen-
den Desorganisationen das Uebel herbeigeführt
habe, das wagte ich nicht zu entscheiden, Sym-
ptome, die auf eine zu fürchtende Apoplexie
und nicht weniger solche, die vor dem Anfalle
auf ein organisches Kopfleiden hätten schUefsen
lassen, fehlten gänziicb« Nie hatte Fat. über
Kopf' oder sonstige Schmerzen (Dolores osteo-
copi nocturni), noch über Sinnestäuschungen
oder Schlaflosigkeit geklagt. Er hatte vielmehr
seine Geschäfte ganz gut verrichtet, und nur
•tat später erfahr ich, dafs er schpn mehrere
— 14 ««
Wochen Tor dem apoplektifcben* ABfall«-, ' k
Betreff einer ihm übertragenen Arbeit, eiaem
seiner Vorgesetzten schrifüich eina Fnga toiw
gelegt hätte 9 welche gaac notinnig yi^aean
seyn soll« ,Die Insultus apoplectici aelbit mit
ihren Folgen waren von der Art, dafs aia so-
wohl die eine als die andere Deatung niliabaB^
schienen aber doch mehr für eine Affectio ner-
Tosa als für die Anwesenheit -aines ExtraTSsats
tu sprechen y und wenn organische Verände-
rungen im Innern der Schädelbohle obwalteten,
so war kaum mehr an eine Kur so danken«
Alan konnte dies am Ende auf sich berahan
lassen»
Viel wichtiger war dagegen die Frage : ob
die Lues als solche noch fortbestehe oder nicht?
IVluhte man diese Frage bejahen, so war die
Kur auf das bestimmteste Yorgeseichnet und
jedwede antisyphilitische Behandlung werde sn-
gleich das Zweckmäfsigste gewesen seyn, waa '
man den etwaigen Desorganisationen hafte anN
gegen stellen können« Gegen das Fortbestahan
der Syphilis sprachen indefs die oben angefShih»
tan Erscheinungen: dafs die eiternde Stallaf
so wie die Schnittwunde des abgebundanaa
Präputii keinen bösen Charakter annahmen,
vielmehr rasch und kräftig vernarbten, dann
die seit' Monaten bestehende Abwesenheit aller
syphilitischen Symptome. Mit .apodiktischer
Gewifsheit durfte jedoch hierüber nicht abge-
sprochen werden; das hartnäckige Uebel hatta
cu oft unsere Prognose zu Schanden gemachU
Es kam nun noch das zweite pathologischo
Moment zu erwägen : der lange und starke Ge^
hrauch des Quecksilbers ^ gleichsam eine chro*
nische Vergiftung durch Merkur. Man hätt«
— 15 —
bebaupten können and swar anscber«
neod nicht ganz ohne Grund ^dafs die Apople-
xie in unserm Falle lediglich einer solchen In-
tozication durch Quecksilber zuzuschreiben wäre^
•«-• eine eolche Behauptang bliebe jedoch rein
hypothetisch, da wir zwar wohl wissen, dafs
Merkur auf das Nervensystem einwirkt , Tre-
mor artunm und Delirien erzeugt, nicht aber»
dafe man jemals eine Apoplexie oder Paralyse
daoUch hätte entstehen sehen, und abgeseheo
'daroD, fehlten in unserem Falle die gewöhn-
lichen allgemeinen Erscheinungen der Merka*
lialTergiftang gänzlich«
In diesem Zostande der Ungewifsheit war
'M indefs jedenfalls Pflicht , sich einstweilen
mehr expectando za verhalten , und ich be«-
schränkte mich somit auf ein gelind excitirend
balehendes Verfahren, durch Nerrina, Robo«
rantia^ leichte Nutrientia, Bäder,' Einreibungen,
Elektricität und Galyanismus. Hierbei gedieh
der Kranke sehr gut; die Kräfte der gelähmten
Tbeile nahmen allmälig zu und die Sprache
besserte sich. So ging es während drei Monate
fort, ohne dafs irgend etwai vorgefallen wäre,
"Was mich hätte veranlassen können, den ein-
geschlagenen Kurplan zu ändern, als ganz un-
Termuthet, wenigstens ohne dafs Pat. vorher
Sber irgend ein Uebelseyn geklagt hätte, ich
mochte beinahe sagen plötzlich (es war gegen
die Mitte des Monats October 1834) nicht zu
Verkennende Maculae venereae von neuem ans-
prachen und sich bald über den ganzen Korper
Isebr zahlreich verbreiteten»
Es ward der Kranke demnächst dem Hrn.
Ceb. Med. Rath jK/i/^e vorgestellt, welcher sich
ifer Mator dmr vorhandenen Symptome über-
— 16 -i^
cengte «od dem intendirteD HeilreAiilirai ' (aUft
Inunctionskur und zwar der sweiteD| dia Pat
machte ) beistimmte. Diese Ward am 23. Oa-
tober 1834 begonnen and während Tier Wi^
eben anter hefligem Speicheln, aber ohna an-
dere Zufälle fortgesetzt. Die Flackao Schwan^
den und Pat. ging zwar schwach, aber anschei-
nend ganz gesund ans der Kar herTor« Dar
paralytische Zustand hatte sich jedoch nicht
Bonderlich gebessert. Es wurden noch laaga
Zeit danach Decocta Lignornm getrunken^ aUa
Arten Bäder und abermals Elektricität angawaa«
det. In Bezng auf die Lähmung schien die Zeit
das Beste zu thun« insofern der Gang, des Kran*
ken fester und die Sprache deutlicher wnrde^
die Geisteskräfte desselben aber nur in aebr. g^
ringem Maafse zunahmen«
So vergiog der Winter 1834 und das FrSh-
jabr 1835. Pat. sah blühend ans und War wohl
genährt; ich glaubte, den bösen Feind endlich
ganz aus dem Felde geschlagen zu haben. Aber
-— dem war nicht so. Im Anfange det Jon^
nachdem ich den Pat. seit 10 — 12 Tagen nidjt
gesehen hatte, ward ich nicht wenig überrascht^
wiederum einzelne Maculae yenereae auibrechen
cu sehen, die in wenigen Tagen sich so ge-
waltig Yermehrteui dafs das Gesicht ganz hnat
aussah und Jeder, der in seinem Leben der-
gleichen Flecken nur einmal gesehen , sie aaf
zehn Schritte als solche hätte erkennen müssen«
Ich hatte es mir zur strengsten Pflicht gemacht^
nicht allein und eigenmächtig zu yerfahren^
stellte daher den Kranken wiederum erst dem
Brn. Geh. Med. Bath Kluge vor und wir ka«
xnen iiberein, die dritte Inunctionskur zu' instl-
tuiren. Zu dieser Zeit sah auch Hr. VtolL lud
-r 17 ^
Med, Bath Dr« Betschier aua Bmim den KraiHC
ken, slimmte ganz fiir die Wiederholaog der
Schmierkar and hegte die Hoffnang^ die ich lei-
der nicht theilen konnte, dafe durch dieselbe
auch eina bededtende Besserong der Paraljee
endelt werden würde,
Diete dritte Innnctionskur war denti end-«
lieh auch die letzte.^ Sie begann am 12« Juni
1835 und Terlief gan^ wie die früheren, Pat,
Seichelte stark und dieFleckeq rergingen« Der
■folg ist aber ein dauernder gewesen, denn
•eit jener Zeit bis jetzt, also wahrend fünfzehn
Blonate^ blieb Fat. Ton allen syphilitiachea
Symptomen befreit, dSrfte aber auch überhaupt
wohl in Bezug auf sein übriges Leiden dem
Grad der Wiederherstellung erreicht haben,
welchen die. Kunst in diesem Falle sa bewu^
ken rermag.
. Schliefslich erlaube ich mir noch Yon deat
Geisteszustände unsers Kranken eine kurze Schil-«
derung zu geben. Die Wirkung der Apoplexie
ftitf seine intellektuellen Fähigkeiten war eine
hSchst zerstörende. Nachdem er aus dem zwei-
ten apoplektischen Anfalle zum Leben zurück-
gekehrt war, zeigte sich bald, dafs Fat. das Be«
wufstseyn und den ungetrübten Gebrauch sei*
ser Sinne, des Gehörs und Gesichts, wieder er-
langt hatte. Die rechte Seite des Körpers, so-
wohl die Extremitäten als auch die Gesichts*
snoskeln waren paralysirt, letztere jedoch nur
VDTollkommen, und Fat. konnte die Zunge Tor-
•trecken, so zwar, dafs sie etwas zitterte nnd
«Chief herrorkam. In wenigen Wochen bes-
serte sich der Lähmungszustand. Das Gesicht
"war weniger verzogen, Fat. schien mit der
2unge jede Bewegung machen zu können. Audi
Joufik I4CXXiy.B.4, SL * B -
~ lÖ ■•>
/
lenito €t witder gehen | anbogt mit Untor-
stiitcnog« dann mit Hilfe eines StDekes, endlich
•Hein« Während dessen aber war nnd blieb
er der Sprache Yollfttändig beraobt, nogeachlet
er durch Gebehrden und unartikulirte T5ae
deutlich zji erkennen gab, dafa er höre nnd
Teratehe^ was man ihm sagte« Das erste Wort,
.welches er beryorbrachte , war ein selbstge*
achaffenes. Allen nnyerständliches : ,^Mantihii^.
Uonate lang hörte man Ton ihm kein andereS|
aber an den rerschiedenen Modulationen der
Stimme I mit welchen er es aussprach nnd oft,
weil man ihn nicht teratand, 10 bis 12 Mal
wiederholte^ konnte man deutlich erkennen,
dafs es ihm nur an den Worten fehlte, aeine
Gedanken kund zu geben« Er schien also des
Innern geistigen Vermögena der Sprache ca er-
mangeln, während andere GeiateathätigkeiteUi
Einbildungskraft, Gedächtnifa und richtige Ur-
thlBilakraft nach und nach auftanchten nnd sich
auf mannigfache Weise zu erkennen gaben. So
war es höchst merk^^iirdig, dafs Fat* schon da-
mals, wo sein ganzer Sprachschatz in dem ein-
sigen selbstgeschaiTenen Worte Maniihn be-
stand, Dame und Schach spielen konnte, die
Regeln dieser Spiele ganz gut wufste nnd sie
richtig und zweckmäfsig, wenn auch nicht nach
einem weit angelegten Plane, anzuwenden Ter-
ataadf so dafs er manche Partie gewann« Kar*
tenspiele wurden ihm schwerer, doch zeigte es
aich, dafs er auch das Whist- und Bostonspiel
keinesweges ganz verlernt hatte, wobei ich nor
bemerken wHI, dafs er in gesunden Tagen we^
4er ein guter, noch ein leidenschaftlicher Spie-
ler gewesen sejn solK
In allen übrigen Dingen war sein Gedächt-
AiCs -f* Tabula rasai -« Allmälig lernte er
^ id
> •
Worte sprechen , zuerst ja i^id neifi^
die' er aber oft verwechselte , daQn^ ipr^di er
Bachstabeo nach. Die Zuogenbuchstaben macth
ten ihm die gröfste Schwierigkeit und Zisch^^
laute kann er auch jetzt noch nicht faeraa^brIn-<
gen. Seine Rede besteht in einem Aneinan-^
derreihen einzelner Worte ohoe VerbindutigJ
er vermag nicht einen ordentlichen Satz zu hiU
den und fangt in der Regel mit dem If amen
desjenigen an, zu dem er spricht, höchst seltea
sagt er: ich. Als er sich einigermafsen Ter«
ständlich machen und das Vorgesprochene gnt
«ad deutlich nachsprechen konnte, legte man'
ihm ein Buch vor u^d et fand sich, dafs ev
weder lesen, schreiben noch rechnen konnte^'
ja er kannte keinen Buchstaben, Seit Jah^
und Tag hat man unterm Pat. einen sorgfälti«
gen systematischen Unterribht in diesen Gegen^
ständen gegeben , aber die Früchte desselben
•ind sehr gering. Er hat nicht so viel gelernt,
als ein 4jährige8 Kind in eipigen Monaten er-
lerat haben würde. Sein Schreiben (mit der
Iioken Hand ) besteht in einem blofsen Nach*
qsalen des Vorgeschriebenen. Er kennt die
Buchstaben und weiCs in seinem Lesebuchci
einen Gonsonanten mit einem Doppellauter; zdi
einer Sylbe zu vereinigen, wobei er aber oft
Fehler macht und z. B. l^ au: aul ausspricht.
Im Rechnen ist es eine schwere Aufgabe für
ihn: 6 und 7 zusammen zu zählen. Er sagt
7, macht dann sechs Striche und zählt 8, 9
a. s, w. bis 13. Das Facit richtig anfzuschrei'^
ben ward ihm schwer, er schrieb 5 statt 3 und
man mufste ihn mehrmals aufmerksam machen^
ehe er das richtige faad. Nach vielem und
Hfiederholtem Vorsprechen hat er einen kleinen
Glückwunsch in Versen und das Vaterunser ge*
B 2
— 20 -^
lernf. DIeft ist dai Stärkste ^ was man Mioem
Gedächtnifs bat zamuthen konneD. Letxteiei
recitirte er mir kürzlich unaufgefordert ; all et
aber einen Fehler machte und ich ihm eiohel-
fea %YoIlte, kam er ganz heraus und mulite
von vorn anfangen. Auch einer Partie Schach
wohnte ich bei^ die Fat. spielte. Man suchte
ihn in eine Falle zu rerlocken uod machte dei
sogenannten Schaferzug (Echec du Berger), er
merkte es aber und wuTste durch passende Zage
den Plan zu yereiteln«
Schmerzlich ist es^ deü blUhencI und woU
aussehenden jungen Dlanui der so schone Hoff-
nungen erweckte^ in einem solchen Zustande
der Imbecillilät zu erblicken. Er ist freundlich,
heiter, dienstfertig und zuvorkommend, sod
verrichtet kleine häusliche Geschäfte ; fiir Allel
aber^ was auch nur eine unbedeutende Geiites-
Operation nötbig macht, aufser jene Spiele, ilt
er vollkommen unbrauchbar pnd das Traurigete
ist, dafs er seine unglückliche Lage^ wenigstsni
momentan, tief zu ^hlen scheint und inTlui-
neu ausbricht, wenn zufällig in seinem Bsisds
von seiner Zukunft did Kede ist^
21 »
MM
Ueber einige
endemische Krankheiten
im Fünteothaiiitt HohenzoUenii
«amciitHeh
Gallensteine ond Cretinitxnnt;
Vom
Medicinalratlie Dr. Heyfelder.
JLo dermecliciDlscheo Zeitung, heraaegegeben tob
dem Verein fiir Heilkunde in Preufsen , (Jahrg.
1836. Nr. 5.) habe ichheteiiB über Harnsteine f als
•ine in diesem Lande endemische Krankheit ge*
-eprochen, und erlaube mir hier, mit Beeiehung anf
die an diesem Orte mitgetheilten allgemeinen
Bemerkungen über diese Krankheit hier einige
Noiizen über zwei andere endemische Krank-
heiten dieser Gegend, das Gallensteiniibel und
'den Cretinismus , folgen zu lassen»
Die Gallensteine
kommen hier, wie wahrscheinlich überalli Tor-
zugsweise beim weiblichen Geschlechte im Tor-
gerückten Alter vor. Ich besitze die Gallen-
eteine Ton yierzig yerscbiedanen Indifiduen» die
— 22 ^
cogefäbr im Verlaufe der letzten zAn Jahte
hier gesammelt und , mit Ausnahme tod zweieDi
erst bei der Section gefunden Tvurdeo« Uoler
diesen rühren nur drei Ton Männern (toii ei-
nem 35)ährigen^ einem IGjährigen und eioem
22jährigen , welcher letEte sich vergiftete), alle
übrigen von Weibern in dem Alter zwischen
32 — 70 Jabren her. Einige dieser Individoeo
waren aufiallend dick und fettleibig, andere da-
gegen sebr mager. Das Klima und die Le-
bensweise in hiesigem Fiirstenthume , wie io
ganzem Oberschwaben^ worüber ich mich aocbii
Schfnidt^s Jahrbüchern derMedicin 1835, Kr. 10.
S. 99 geäufsert, dürfte die Galle nsteinerzenguog
nicht wenig begünstigen. Vor Allem gilt dies
Yon dem bäuGgen und starken Genufsdes Braao-
biers^ der schwerverdaulichen Mehlspeisen und
des Schweinefleisches. Hierzu kommt die seht
mangelh^rie Pflege und Ernährung der neuge-
bornen Kinder , wodurch schon die DispoaitioB
zu Stockungen im Pfortadersvatein , zu Lebe^
krankbeiten und Hämorrboidalübeln gelegt wird,
welche hier auffallend häufig beobachtet werden.
In den Fällen « wo die Gallensteiae enl
bei der Leicbenöfl*nung gefunden wurden, wa-
ren im Leben dieser Individuen fast nie Zufälle
wahrgenommen worden, die die Gegenwart
der Gallensteine angedeutet hätten , und dock
seigten diese oft eine ungewöhnliche Grofoi
oder waren in gröfserer Anzahl vorhanden. Bei
einer GOjährigen Frau bahnte sich ein taubeoei-
grofser Gallenstein einen Weg durch die Baucb-
wand, luid binterliefs mehrere bis jetzt oodi
nicht Tollkommen geheilte Fisteln,
Manche Kranken jedoch klagten über fixi
Scbmerzeu iux i^cUUd Hy^ochondrium^ über
\
-i^ 23 —
*
CarAialgl^ nnd Erbrechen , trelche ZofaOd lo«
Sonderheit nach jeder, wenn auch leichten^
Mahlzeit herrorzatreten pflegten* Ihr Stuhl»
gang war träge und zeigte nicht die natürliche
Farbe. Die Dauer der erwähnten Zufälle war
zuweilen kurz, oft aber auch anhaltend, so dafe-
sie selbst den Verdacht einer Hepatitis er«
weckten.
Zwei der Individuen ^ bei welchen nach
dem Tode Gallentteiqe gefunden wurden^ hat-^
ten Ton Fett durchdrungene Lebern und tuber^
kulos entartete Lungen. Zwei andere waren
an Ruhr, zwei an Lungenschwindsucht, zwei
an Scirrhus Ventriculi, zwei an Bjdrops Ova^
r\\, vier an allgemeioer Bauchwassersucht, eins,
an Scirrhu^ Hepatis gestorben, zwei waren ge-
miithskrank, drei hysterisch gewesen. Zwei
batten in ihren ersten Lebensjahren kleine Harn-
stein» mit dem Urin ausgeleert. Verschiedene
Mal wurden Gallensteine bei gerichtlichen Sectio«
npn, besonders von Selbstmordern, angetroffen«
Die im Fürsten thume gesammelten Chole-
lithen bieten in Bezug auf Grofse, Form, 6e«
stalt. Gewicht, Farbe, Consistenz und Anzahl
manche Verschiedenheit dar. Sie waren von'
dem Umfang und der Gestalt eines Taubeneies
bis zu dem einer Erbse herab, oral, kirsch-
vond, würfelähnlich, drei-, vier-, sechs- und
achteckig, platt gedrückt, drei Gran bis drei
Drachmen schwer. Zuweilen enthielt die Gal-
lenblase nur einen Gallenstein Von mehr oder
weniger bedeutender Gi^ofse, in zwei Fällen
swei, die auf ihrer Berührungsfläche gleichsam
eine Art Gelenk bildeten , hier in einander ge-
schoben waren und eins zu sejn schienen^
oft aber auch zwanzig^ vierzig bis fanüsig
Ueine«
^ u ^
RSckilcbtUcb ihrer Farbe fancleo sicbgiCnef
und zwar pUtacieDgrUnef oder ans dem GriU
jieo ins Braune oder ins Gelbe spielende; fer-
ner branne, and zwar rothbranne, oder aas dem
Braunen ins Grüne und Gelbe spielend; aach
glänzend schwarze, oder malt schwarze , ond
in diesem Falle bald brüchige, bald feste. Ei«
nige sind orange , andere blafsgelb, gräugelfar
und haben diese Farbe entweder gleichfSrmig,
oder gefleckt, andere grau, mattweifs^ oder mit
Wachsglanz I oder selbst glänzend wie Katzen«
ailberf
Der Kern und überhaupt das Innere der
Cholelilhen entspricht selten ihrer Oberfläche
in Bezug auf Farbe und Coasistenz, Oft fin-
den sich in denselben mehrere, Von einander
in dieser Beziehung durchaus yerschiedene La*
gen» Die gröfsern haben in der Regel, nicht
immer , einen lockern , die kleinen einen festero
Bau* Ich sage nicht immer, denn der erwähnte
taubeDeigrofse Gallenstein, der einen Weg durch
die Gallenblase und die Bauch wand sich gebahnt
hatte, zeichnete sich durch eine seltene Festig-
keit und eine rauhe Oberfläche aus. Die gro-
fsern haben in der Regel einen lockern , die
kleinen einen festern Bau,
Die Oberfläche ist bald glatt, bald hocke^
rig und iaub| bald wie mit einem ataubigea
Anflug.
Der Creiinismuf
findet sich auf dem nördlichen Abhänge der
schwäbischen Alp, vorzugsweise in einem Toa
Westen nach Osten verlaufenden Seitenthale
des Neckar y obgleich auch in einigen benach-
barten Ortschaftea Spuren Yon dieser Itteoicben-
•^ 25 -^
witef tong (wie Troocler und Andere im Cred-
iBennut neoneo) aogetroffen werdeo. Jeoet SeW
liaihal des Neckar ^ io welcfaem der CrelioiM
in einem hohen | Grade endemitofa ror*
imt, itt'.#Bg, Ton einem sur Hokflöfserei*
Montstan Flfibchen^ Namena Glatt, dnrchitrSmV
■M enthält einen Ton ungefähr 4d0 Seelen be^
jputnten Ort, ebenfalls Glatt genannt |* der aofi
pMSchailenseile dieses Thaies Hegt Das Trinkt
fnaeer iet hier schlecht, die Luft schwül, dumftf ■ '
itod druckend , ijier Boden feucht , der Begräbt
idl^ilatn bis ror Kurzem neben der Kirche mit«
itfso im Ort und den Ueberschwemmnngen dev
Vergwasser ausgesetzt. Der Boden ist Muschel-
fenik, das Wasser gypshaltig, sehr hart, undr
?nch der Versicherung der Bewohner selbst zum*
Vascfien nicht tauglich , mithin hier eine Be».
aÄStigung Schonlein'sj welcher den Cretinismns,'
^ie den Kropf, an Kalkgebirge und gjpshaW
ttge Wasser gebunden betrachtet* Die Woh^
Snngen sind ärmlich, eng, feucht und fipster,
die Lebensweile und die Kleidung der Bewoh-«
ifer die des übrigen Oberscbwaben und in so^
fern nicht frei you MobieDten , welche einer
gesuodheitsgemäfsen Entwickelung der psjchi«'^
sehen und somalischen Kräfte entgegentreten. -
Bekanntlich unterscheidet Troxler vier For«
neu oder Stufen yoo Cretinismus; den Alpen.'*
ttropf, die Leucäihiopie , die Taubstummheit^^
den vollkommenen Idiotismus, welche letzte Form
er als eine Mole der schaffenden Natur, als
eihe blinde und taube Frucht, ohne Gemüth^
ohne Gefühl, ohne Trieb, ohne Verstand, ohne
Willen bezeichnet/ Die erste, die dritte und
die yierte Form finden ihre Repräsentanten im
Glatter Thale, die zweite (die Leucathiopie)
iM^b« ich bifthec oocb nicht au£&oden können»
— 26 —
KrKpfe werden hier Tielfalllg und ron tel-
teoem Umfaog, Dicht allein bei Fraueq und
MädcbeD, soodern auch bei Knaben, Jänglin«;
gen und Mäonern geseben, und selbst an an-
dern gesund und hoch gelegenen Orten Gehörne
"^erden nach eioem läogern oder kiirsern Auf-
enthalt in diesem Tbale kropfig, wie Tielei
Beispiele beweisen. Diese erste Stufe des Cre«^
tinisinusi nicht selten yerbunden mit einenf-
aicbtiichen Zurückbleiben der physischen und
iotellectuellen Entwickelung, findet sich hier
und in einem andern , auf einem sumpfigen
Plateau gelegenen Dorfe, Empfingen, auffallend
häufig, so dafs ich zu glauben geneigt bin, dafi
nur wenige Bewohner hier eine vollkommen
normale BeschalTeöbeit der Schilddrüse haben»
In diesem letzten von ungefähr 1900 Seelen
bewohnten Orte, wo der Boden ebenfalls Kalk
und das Wasser gypshaltig ist, stofsl man über-
diefs oft genug auf ^lenschengestalteny die ih->
xer geistigen und körperlichen Entwickelung
nach einer höhern Stufe des Gretinismus enge«
hören.
Die Ansicht Haller's und Troxler*s , dafe
in. Gegenden, wo der Gretinismus einheimisch
ist, auch die gesündesten, körperlich und gei-
stig kräftigsten Menschen angetroffen werden,
findet hier keine Bestätigung» Es ist in dec
That beacbtuogswerth, wie wenige von der
männlichen Jugend aus beiden Ortschaften zum
Kriegsdienste sich eignen , wie die zwanzi^^
jährigen Jünglinge von Glatt und Empfingen
neben andere aus ganz nahe gelegenen Dörfern
gestellt, gleichsam als Aftergewächse der Men*
echenrace erscheinen. Nur die im Jahre 181S
Gehörnen zeichnetea sich durch eine etwas edf
— 27 —
»
lere pijrcbische und tomatische EntwIckeluDg.
aus 9 und - nicht ohne Binflufs dürfte hier der*:
mehrmonatlicbe Aufenthalt österreicbischar Kern-
truppen im Spätjahr 1814 in diesen auch jno^.
ralisch deprayirten Ortien gewesen seyn.
Zwischen der ersten Stufe des Cretinisikia«,
der Kropf bildungf und •derjenigen, als deren
Wesen Troor/er die Taubstummheit nennt, so-
t?ie zwischen dieser und der höchsten Form
dieser Menschenentartung , fehlt es nicht an Ue-*
bergängen^ die sich eben sowohl in'-der soikiä«
tischen, wie in der psychischen Sph'är^ kuni
thon. Alle sind kleine yerkrüppelte GesHalteit
mit einer tbieräbnlichen Korperbildung, mi(
difformem Sobädel, schielenden Augen, mit
scbeufslicben Gesichtern, häfslicben Lippen nnd
Zähnen I struppigen, borstenähnlichen Haaren,
mit einer mifsfarbigen, rauhen und faltigen Haat|
mit Schwerfälligkeit in der Sprache, Unsicher«»
beit im Gange, mit einer klauenartigen Foria
der Hände und Füfse; aber der Grad dieser
Mibstaltungen ist verschieden , welcher indes-
een stets eine in ihrem Innersten zerrüttete Or*
^anisation erkennen läfst«
Bei einigen gestattet der Grad ihrer intel-
lectuellen und körperlichen Yerkrüppelung noch,
dafs sie zu leichten häuslichen Arbeiten benutzt
werden. Andere dagegen können nicht gehen,
nicht stehen, nicht reden* Die Speise mufs
ihnen in den Mund gestopft , dann auch noch
Sorge getragen werden , dafs sie in den Magen
gelange. Nicht alle schliefsen den Mund, nicht
alle verstehen zu kauen. Affenartig zusammen-
gekauert sitzen sie in einer dunkeln Ecke des
Zimmers auf dem Boden oder in einem Ses-
sd/ zupfen und zerren mit ibreo klaueoarti«
* 28 •-
gßn Häoden an den wenig eotvnckelten» tuX
gänzlich haarlosen GeschlechUtheilen«
Die Gröfse der hiesigen Cretin's rariirt
zwischen 3 und 4^ Fufs. Die Difibrmiläl des
Schädels spricht sich theili in der niedrigen,
gleichsam nach hinten hin gedrückten Stirn,
theils in dem platten oder eigentlich fehlenden
Hinterhaupte aus. Die hiesigen männlichen Cre?
tin's haben nur wenige , einzeln stehende Bari-
baare unter dem Kinn, indeb die Oberlippe
und der übrige Theil des Gesichts davon frei
ist. Die Augenbraunen sind znweilen tehf
echwach, zu vf eilen str ^^pig, wie das Kopf»
haar, und, wie die Augen selbst, in der Art
schief gerichtet, dafs der äufsere .Augenwinkel
büher, als der innere steht.
Bei keinem Crelin und keinem der Cretin«
bildun? sich annabernden Individaum bemerkte
ich eine dunkelbraune oder schonblane, son«
dern immer eine widrige graugrüne, oder eine
gcl!)?rüne Regenbogenhaut, bei allen eine dicke,
vnlürmlirbe, oft schcalzende Zunge, unform«
liehe, schmutzige Zähne, nicht selten die An-
geiiziihne fehlend« einen hafslicheo kurzen^
kropfigeu Hals, die Brust von allen Korper-
iheileu noch am -natürlichsten geformt, dea
Unterleib dick und aufgetrieben, die männlichen
Geschlecbtslbeile oft mif^sestaltet, schlaff und
wenig behaart, die weiblichen weit, schlaff
und auch gering mit Haaren besetzt, den Mo«
natsilufs träge, schmierig und unregelmäfsig»
Spur von Scbamhafligkeit entdeckte ich hei den
weiblichen Cretins nicht, und die Zeichen von
alark getriebener Onanie fehlten weder bei den
' lieO| noch bei den weiblichen, und wur-
jjjida Vec wandten sugegeben. Nur
— 29 —
"bel'^cleii auf der höchsten Stofls des Idiotismus
stehenden blieb es zweifelhaft^ ob sie der Selbst-
befleckang frShnteo«
Manches EigenthSmliche bieten ihre obern
und untern Extremitäteti dar, welche schwach,
dann, kurz und ohne Matkulator zu sejn pfle-
gen* Die Patella ist klein und nach innen ge-
driingt| die Wade unbedeutend, der Fufs klump-
fafsartig, Finger dünn, Nägel klein^ Bände af-
fenartig.
Der Cretin zeigt sich unempfindlich gegen
Hitze und Kälte, und es bedarf einer harten
Behandlung, um ihm ein thierisches Heulen
oder nur Grunzen zu eutlocken, denn in der
bochsten Form des CretiDismus mangelt Lachen
und Weinen. Der ganze Körper eines Cretin
kann mit Fliegen und andern Ungezieferarten
bedeckt se^rn, die ihn fast verzehren, der im«
iner offeii stehende Mund und das Innere der
Ifasa kann yon ihnen belästigt werden , der
BInnd bleibt geöffnet; keine Bewegung mit der
Handj nichts geschieht, um die Fliegen zu rer-'
fageo. Das schielende Auge, ohne menscbli«
cfaen Ausdruck, bleibt nach oben gerichtet, die
Hornhaut zum grofsten Theil vom obern wul-
tilgen Augenliede bedeckt, die Pupille reagirt
•ebwach gegen das hellste Licht, und die Be«
wegung einer fremden Hand gegen das Auge
bringt kein unwillkürliches Zucken oder Schlie«
Isen der Augenlieder zu Wege, Dieselbe Un-
«mpfindlichkeit gegen Gerüche , eine unbedingte
Gleichgültigkeit gegen die ihm in den Mund
gesteckten Speisen« Die Harn^ und Stuhlent-
leerong erfolgt unbewnfst und unregelmäfsig,
der Schlaf ist unbedeutend , kurz, ron einem
Ewfcea ißi AugeaUeder nn4 Ton gronzendea
I ■
-^ 30 —
TSnen anterbrocfaen f to d«It •elbsl Sim bSgIh
iteD Umstehenden nicht mit Gewibheit iiber
die Wirklichkeit nnd die Daaer des ScUafiit
sich aussprechen können« —
Dieses Bild des Greünismns seigt uns «ina
geistige ond körperliche Verkrappelnng des
Menschen. Die gesunden gebtigen und körper-
lichen Anlagen , mit denen der Mensch geboren
isty sind unter dem Eioflufs friedlicheri an den
Boden geketteter Momente zq keiner natorg»*
mäfsen Entwickeluog gekommen, sie sind rer-
kömmert, und das Individuum ist sn einem
Aftergewächse zusammengeschrumpft , gleich ei-
ner Pflancei die von dem Hauch eines rerdeib-
liehen Thau*s berührt ward«
Gegen diese feindlichen Machte , unter de-
ren Einflufs der Menich zu einer Mola entartet
und yerkümmert, ist jeder Kampf fruchtlos«
Nur eine Kreuzung der Geschlechter und die
Flucht von einem solchen Orto Vermag einer
solchen Entartung entgegenzutreten« Ton ei-
nem Orte, dessen Luft, dessen Boden^ dessen
Wasser die Elemente in sich tragen , die das
geistige und körperliche Leben in seinem Keime
angreifen und yernichten.
Irgend ein Schriftsteller hat die Behauptnng
•ausgesprochen, dafs Gretin's selten das swanr
sigste Jahr erreichen. Dies kann aber nicht
einmal von der höchsten Form des Cretiois-
mus zugegeben werden. Von drei Gretin's io
Glatt, die dieser Stufe des Cretinismus enge*-
boren I war einer 21, der zweite 23, und der
dritte 27 Jahr alt. Fünf, welche der zweiten
Form angehörten, hatten ein Alter von 39 bis
60 Jahren erreicht. Der eine von den drMea,
deren Alter wir so eben angegeben » starb im
3t «*
I
-Twrflotbetmi Jahre, und ich tbeile bierdat R#-
^oltat der Leichenöffoung mit, we^reo d^ren
'UoToUkommenbeit ia mehr als einer Beziehung,
ich die Nachsicht der Leser in Ansprach neh-
men maus«
; Maria Agathe K. , den 26sten Mai 1812,
* f\tD Ausgapg des Glatter -Thaies, in Neckarhau-
^ien Ton gesunden, aus dem Orte Glatt stam-
"menden,. Aeltern geboren, zeigte noch als zwei«
'|abriges Kind, wie die Aeltern and Andere be-
^xeagen, keine Spar von Gretinismus. Ein On-
']K.el Ton Täterlicher Seite und ein Bruder diesei
, Mädchens, sind simpelartig, erster noch aufser«
dem stumm, ein anderer Bruder, 27 Jahr alt,
iit in demselben Grade Gretin , als die hier in
ttede stehende Maria Ag. K. Als sie das zweite
'Jahr erreicht hatte, kam sie nach Glatt, und
[num zeigten sich bald die Merkmale des Greti-
nisrous, der sich bis zur höchsten Form ent-
wickelte, und sich durch Taubheit, Sprach -
und Gefühllosigkeit, Mifsbildung des Gesichte
und des Kopfes , der -obern und der untern Ex-
tremitäten aussprach. Zuletzt konnte sie we-
der gehen noch stehen, sal^ affenartig zusam-
mengekauert, die klauenartigen Hände auf dem
dicken Leibe, oder an den äufserlich wenig
entwickelten Gescblecbtstbeilen« Die Speisen
worden ihr von fremder Hand in den stets ge-
* öffneten und mit garstigen Zähnen schlecht gar-
flirten Mund gesteckt, wobei es dann noch zwei-
felhaft war, ob sie den Mund schliefsen und
die Speisen verschlucken oder wieder aus dem
Monde fallen lassen würde. Die Augen waren
-Bach oben gekehrt, und Yon den aufgewulste-
^ teo obern Augenliedern in der Art bedeckt, dafs
man nur den untern Rand der Irie iah, die
•* 32 —
infsare Haut tcfamatzlg, raah| fällig^ 1«demu
ti^, der Kopf mit wenigen schwarsen bor-
«ttDartigen Haaren und mit Grind bedeckt;
Plötzlich starb sie ohne Tordngegangene
besondere Zufalle. Die Obduction ergab: die
Gröfie der Leiche 3' 6", der Umfang des Ko*
pfes V 8", der Umfang der Brust 2' 8^^ nichts
UngewöbnJicfaes an den fveichen Kopfbedek-
kungen aufser der schon erwähnten Tinea fa-
Tosa c.f harte und dicke Kopfknochen ^ starke
Blutanhäufung in den Gefäfsen der harten ond
weichen Hirnhaut, so wie auf der Oberfläche
des grofsen und kleinen Gehirns ^ auf dem Ce-
rebellum an einigen Stellen Blutaustretangeui
die Arachnoidea über den beiden Hämisphären
milchig trübe und dicker, als im natürlichen
Zustande« Der Umfang des groben Gehimt
schien Tom normalen nicht abznweichep, da«
gegen das Cerebellum aber bedeutend kleiner
SU seyn. Die Circonsubstanz war überall tehc
blutreicl , die Adergeflechte aufgetrieben ^ die
Substanz der Hirnmasse sehr weich und so sa
sagen breiartig, die Hirnhohlen durch Wasser
ausgedehnt, die Zirbeldrüse sehr weich» Die
Schilddrüse war nach allen Richtungen, etark
entwickelt, blutreich und stellenweise rerhär«
tet^ die Carotiden, die Schilddrüsenschlagadem
und die Jugularyenen Toluminos^ die Zunge
widernatürlich dick und grofs, die Zähne lanh^
wie ohne Glasur, ungleich gestellt, aber nir-
gends carios, im Uebrigen die Mundhohle und
der Kehlkopf Yom Natürlichen nicht abwei-
chend.
Die Brusthöhle war geräumig, die Lungen
blutreich, nach allen Seiten frei, der Herzbeu-
tel äufserlich und innerlich geröthet und unge-
- 33 -
JShr eine Unse einer rothlichen FISsngkeit ent-
kältend, d|e Tier Herzhöhlen mit coägulirtem
Blote angefSUty sämmtliche Unterleibseingeweide
Wn normaler Beschaffenheit, die Gallenfalase
'Strotxte Ton einer dunkeln dickflntsigen Galle.
Das Becken war in allen seinen Dirnen«
nonen yom Natürlichen abweichend und auffal-
lend eng, Namentlich war der Beckeneingang
Wegen des stark nach innen tretenden Promon«
toriums auffallend eng, der Schaamberg schwach
nh Haaren besetzt, die grofsen Schaamlefzeo
lang gezogen , Nymphen und Gh'töris sehr klein^
Symen fehlend, die Scheide so weit, als weno
geborten Statt gefunden hätten, die Gebärmut-
Sv mit ihren Anhängen klein, aber normal, die
rnste wenig entwickelt.
' Als einen grofsen Mangel bei -dieser
Äenoffnung mufs ich selbst die unterbliebene
jiSbere Untersuchung der Knochen bezeichnen»
Hatte diese aber auf eine genügende Weise
Torgenommen werden sollen, so wäre eine Prii«
fang des Skelets im Ganzen und in seinen Ein«
selnheiten dazu erforderlich gewesen ^ was nicht
ausführbar war.
Der 27jährige Bruder der Maria Ag. K.V
Martin, hat dieselbe Körperbescbaffenheit, und
seigt dieselbe körperliche und intellectuelle
Verkümmerung. Ihm fehlen die obern und un«
lern Augenzähne, und scheinen nie da gewe«
•en zu seyn, die übrigen glänz- und schmela^»
losen Zähne stehen Tereinzelt, die von borsti-
gen Augenbraunen beschatteten Augen sind
schief, und aus seiner bekropften Kehle kom«;
men nur thierisch grunzende Tone*
ioiini.LXXXiy.B.4..St. G
— 34 —
In eine vreitere Beschreibung diesei, wi
der übrigen Gretin's mag ich nicht eiogehi,
da ich nur das wiederholen müfste , ^as kl
über die Maria Agatha K. and bei der Sdnl-
derung dei Cretiaiunu« im AllgembioeB p-
sagt habe. .
3^
«. .36 «>
' \
m.
■ j
Ueber den Begrilf
11 od
pathologische Bedeutung der
Hautkrankheiten.
Von
Dr. V e 1 1 e ir,
zo Berlin.
Patbologeo siod im Allgemeinen dariiber
ttanden, gewisse Krao^beittformeD, wtl«
af de^ Oberfläche des Körpers erscheinen,
lern Namen yon Hautkrankheiten, morbi
li n. cutis 9 efflorescentiae^ exaotbemata o«'
Sil bezeichnen. Man findet diese Benen«
mit weniger Consequenz, in medicini»
Systemen j, welche anderweitig durchane
umfassende Rücksicht auf den Sitz def,
;heit nehmen^ neben Fiebern , Entzündun'«
Kachexieen u. s. w« zur Bezeichnung ei*
»sondern Gruppe Ton Leiden benutzt, noch
itSfstman anfeine Trennung dieser Gruppe
Ji^dem Verlaufe und der WesentlicbiLeit
Bgldteoden Fiebei^, wobei jedoch immec
C2
— 36 —
der Aascirack Haatubel , Haatleiden n. s. w. alt
gemeinschaftliche BeneDDUDg für beide gebraucht
vrird.
Wie es scheint, hat man diese Gruppe tod
jeher für eine sehr natürliche angesehen, da
selbst die bedeutendsten Blonographieea über
diesen Gegenstand es nicht der Mühe werth
halten, den Charakter derselben näher so be-
zeichnen. Im Allgemeinen ergibt sich jedoch,
dafs man unter Hautkrankheiten abnorme Zu-
stände der Haut in Bezug auf Färbung und
Structur versteht; und dafs demnächst aolche
Erscheinungen mit Rücksicht auf ihre entfern-
teren Ursachen betrachtet \?erden, dergestalt,
dafs, wenn die Letzteren selbst eine natürliche
Krankheitsfamilie bilden, man die derselben
zugehörigen Hautleiden bald zu dieseri bald sa
jener Gruppe zu zählen pflegte*
Der Ausdruck Hautkrankheiten erscheint
sehr leicht verständlich , sobald man alle ahnor»
men Zustände , als deren Sitz uns das Auge
oder die anatomische Untersuchung die Cotie
und Epidermis kennen lehrt, unter diesem Na-
men begreift. Es gehört nur eine geringe
Kenntnifs der Beschaffenheit der allgemeinen
Bedeutungen dazu , um zu entscheiden, ob eine
wahrnehmbare Veränderung der Oberfläche ih*
reu Sitz dies- oder jenseits des Maschengewe-
bes der Cutis habe, und die Diagnose der Fa^
milie : Hautkrankheiten wäre somit offenbar eine
der leichtesten im gesammteu Gebiete der Pa-
thologie. Das allen gemeinschaftliche, sichere
und sichtbare Kennzeichen würde den Anspra-
chen nachkommen, welche, der Naturforscher
an einen „Charakter" macht, und wir hätten
somit das seltene Glück , eine natürliche Eami-
^ 37 ~
lie der Krankbeitßil au besitzen , iveldhe io je«,
dem' Systeme gebieterisch AnerkennuDg . fordern.
kooDte.
Wie es seil ein t^ gab sich der treiFlicha
Willati dieser MeiouDg bin^ als er, Tor Dua
fast-. Tierzig Jabreo , seio beriibmtes Werk :
De^fiription and treaiment qf cuianeous diseases
bieraoBgab. Io dem Bewufstseya^ dafs ein Pria-
dp der Zweckmafsigkeit für die Einsicht in die.
EracheiDUDgeo der Natyr und die. Behapdlung^
der Kraokbeiten bei dem damaligen, wie bei
dem jetzigen Zustande der Wissenschaft das
Einzige sei, worauf man beider Anordnung pa-.
thologischer Materien Rücksicht nebmen dürfe»,
und dafs nur ein solches den Arzt befähigen
kpnne, auf dem eingeschlagenen Wege fort-
•cbreiteod Beides: seine Erfahrungen zu erwei-
tern und seine Kranken möglichst gut zu be*
bandeln I suchte Willan dieses Frincip bei Ab-
fassung seiner Monographie in der Aufstellung
•charfer, auf die sichtbaren Formen bezügU«
eher, diagnostischer DiiTerenzen.
Es erschien diesem Schriftsteller durchaus
nicht nÖthig^ darüber zu sprechen, was hv ei^
gentlich unter Hautkrankheit verstehe, denn es
ergab sich von selbst ^ dafs er unter diesem
Begriffe die Papulae, Sipamne, Bxanthemata,
Pullae, Pustulae 9 Vesiculae, Tubercula und Ma-
culae — gehörig festgestellte und beschriebene
Formen — verband , und dafs, was nicht in
einer Feriode seines Verlaufs eine dieser acht
Formen angcnoiniueu hatte, auch keine Haut-
krankheit sein konnte. Die Zwcckinäfsigkoit
dieser Anordnung aber wäre um so grüfser, als
sich von diesen acht Ordnungen aus sehr leicht
die Diagnose der einzelnen Genera und S|>eciei
- 3» -
feststellen Mte 9 und man daher nnr jedeemal
die erprobte BehaDdlongsmetbode beizofSgen
babe, um den Praktiker über jeden mogliobea*
Zweifel zu erbeben.
Wir Terdanken dieser Aniicbt eine mit mn«
sterhaftem Fleifse und nicht gemeiner Erfahmng
ausgearbeitete Darstellung der VerschiedeBeii
eichlbaren Abnormitäten der Haut, zum Theif
unmittelbar aus den Händen ihres ersten, Urbe^
bers, zum Theil aus den nicht weniger gis*
schickten seines Schülers und Freundes Thoma»
Bateman. Man kann diesem letzteren Arzte
nicht vorwerfen , dafs er ohne Critik^ den An«
Weisungen seines Lehrers gefolgt seL Viel-
mehr spricht er sich ausdrücklich darüber ansg,
dars wir hier ein künstliches System Tor uns
haben , dafs es „nicht ganz frei sei ron; we«
sentlichen Unvollkommenbeiten » dafs es aber
durch die Schärfe seiner Ißezeichnungen und
die Genauigkeit seiner Nomenclatur das Blittel
zur Unterscheidung der hierher gehSrigen For*
men abgebe" und also praktisch brauchbar m\
nach dem Grundsatze: q^i bene distinguit^ faene
medebitur.
Aber die Güte der Unterscheidung beruht
nicht sowohl auf der Trennung der Versclue*
denheiten der Form, als auf der Erkenntniüi
des abweichenden Wesens, welches sich so oft
hinter ähnlichen Formen verbirgt. Das Princip
der Zweckmäfsigkeit für die klinische Medicin
beruht nicht auf der Befähigung, die Benen-
nungen für die äufserlichen Unterschiede leicht
aufzufinden, sondern weit mehr auf der, ein
Gesammtbild der kraoken Individualität anfzn«
fassen , um daraus den Plan zu einer Torsich-
tigen und doch entschiedenen Uandhabong all-
— 39 —
gemeiner oder apecifisdier Metboden sn ent«
werfen« Mit einem Worte , der Aixt m>11 tof«
nämlich aus den Erscheinungen auf das Wesen
xuröckschliefsen lercen^ und dazu bedarf er et-^
was mehr, als die membra disjecta des Sicht«^
baren« Wenige Gebiete in der Pathologie sei«
gen so oflE'enbar die Unzulänglichkeit aller Ver^
suche 2u einer sogenannten naturhistoriscbeik
Anordnung der Krankheiten, als eben dieses;
Die Schwierigkeit, äufserliche charakteristische
Merkmale zu finden, waltet hier durchaus nicht
ob, es ist leichter als bei jedem anderen pa-
thologischen Prozesse möglich i das Bild der
Krankheit mit Worten und Farben wiederzu«
geben, hier, und fast allein hier, können wir
die physikalischen Veränderungen der Materie
am Lebenden durch alle ihre Phasen yerfolgen,
und Aehnlicbkeiten wie Uoähnlichkeiten liegen
eicht- und tastbar zu Tage. Aber das bedeu«*
tendste Hinderoifs richtiger Würdigung liegt in
der Verfatorgenheit des Zusammenhanges zwi-
schen den äufserlich erkennbaren Formen und
ihren yitalen Bedingungen. Es ist nur ein lee-
rer Dogmatismus, auszusprechen, dafs die Form
in einem nothwendigen Zusammenhange durch
das Wesen bestimmt werde, und dafs also eine
gehörige Sonderung der Formen schon an und
for sich eine richtige Unterscheidung des We-
sens mit sich bringe. Denn zuvörderst werden
wir bei der Beschreibung der Form immer wie-
der nur an die Ausdrücke für gewisse charak-
teristische Einzelheiten , niemals an das Ge-
sammtbild verwiesen — wir erbalten nicht die
Forma, sondern die Formula, höchstens eine
Skizze der Form; sodann aber lehrt uns auch
die tägliche Erfahrung, wie die ideelle Rich-
tigkeit jeoet Schlusses scheitere an der realen
— 40 —
Beaclira'nktlicit unseres unDlichen Walineli- 1 h
tiiuugSYerinögenB^ und dafs die Werkzeuge, wd« Ib
che uns für unsere Messungen und UDten€lMi*|l{i
düngen zu Gebote stehen, fiir die EDtdeckoi{|iL
sichtbarer Reflexe unendlich feiner Ab^anJe-li'
lungen ^iel zu grob und materiell sind. ^M^
Vireit T^ir hier in unseren Anspriicbeo an fa Is
menschliche Perfectibilität gehen können , lalä |i
sich schwerlich genau festsetzen ; der Arzt kI
und iiiufs, um ein guter Arzt zu seyn, eise
grofse Schärfe der Sinne besitzen ; aber die Ex«
treine feinen Wahrnehmungsvermügens koosn
Dicht als Regel dienen , und wenn Heim in
Scharlach am Geruch erkannte, den ein BUnin
vielleicht durch das Gefühl mit Sicherhrnt &*
gnosticiren könnte, so darf man doch in sot
eben, nur für wenige Personen YorbandeMi
Zeichen kein BJittel zur Unterscheidung sucbei
— Daher ist es trügerisch und unzuYerläbi|
sich für die Diagnostik der Krankheiten «
ein Zeichen oder eine einzige Reihe Ton Ze
eben zu stützen; gerade wie wenn der Chen
ker nur auf die Bestaodlheile oder nur auf i
Krystallisationen der Körper Rücksicht nehm
wollte. Je mehr wir uns dem Gebiete desC
gauischen nahern, desto öfter finden wir i
Isomerismus bei verschiedenen Gestalten, i
Isomorphismus bei heteromeren Korpern. Seil
aus dieser Erfahrung liefse sich durch IndudJ
schliefsen , dafs die Aufsenseite der Erscheint
gen des Lebens nicht immer die Verschied
heit der wirkenden Ursachen in deutlich ab.
grenzten Bildern zurückspiegele.
Hiergegen wendet man zum Vortheile i
ser formellen Charakteristik allerdings ein, c
die Ur&achen dunkel sind | und das Kachspü
~ 4i —
derselben leicht in das Gebiet hjrpotlietiscber
Toraussetsungen ableite. Die Form aber sei
beständig: ,.80 lange das Menschengeschlecht
existirt, zeigen Lepra, Herpes ,• Favus , Zoster
II« s. w.^' immer dieselben Charaktere ; diese sind
unTeränderlich geblieben in jedet Familie wie
in jeder Gruppe^ {Alih^rt Monographie des der«
matoses. Paris 1832; introd. pag. XL).
Diese Behauptung ist aber nur sehr theil-
weise richtig« Allerdings gibt es Krankheiten^
die sich in ihrer Form immer gleichzubleibea
pflegen, und eben diese Beständigkeit läfstuns
im Allgemeinen auf die Identität der wirkenden
Ursache und ihres Wesens schliefsen ; ein Schlufs,
der nur selten irre führt. Dann besitzen wir in
der Pathologie Dasjenige, was der Naturforschet
immer hat: die äuEserlich erkennbare Species«
Aber findet nicht das Gegentheil in der Patho«
logie weit öfter Statt? Werden nicht unend«
lieh verschiedene Formen aus einer und dersel«
ben Ursache hergeleitet, durch dieselbe Methode
geheilt ? Bestimmt dann nicht die Ursache alle
jene rerschiedenen Formen nur als Varietäten
einer und derselben Species? Wie yielerlei
Formen entstehen aus der Einwirkung -der fixen
Contagien, aus chronischen Vergiftungen , na-
mentlich der Metalle! Seit das Menschenge«
schlecht existirt, haben diese Ursachen sich in
verschiedenen Folgen geäufsert, bald Nerven«
suialle, bald die mannicbfachsten Krankheiten
der Ernährung hervorgerufen u. s. w., aber
wenn man von Species reden will; gibt es im-
mer nur eine: die Bleivergiftung , die Syphi-
lis n« s. w. — Hier also werden die Species
nach der Ursache gebildet Aber in noch an*
decen Fällen besüzen wif wedw dne «rgctib
i- 42 —
bare Ursache , noch eine ohjektire Sjrmptomn- 1 ^
reihe; wir können dann die Krankheit beinah p
ausschlierslich nur nach subjektifen PhäDOiB»-|F
nen speciiiciren.
Und dies ist der Unterschied; welcher fil
Auffassung des Pathologen von der des KatoN
forschers trennt. Der organische Leib istdtB
schailende Erde, aus welcher die Krankheites
im Wechselverhältnifs mit den äufseren Eindiii-
sen , zwar gesetzmäfsi^, aber modificirt duick
die Individualität selbstständig und immer sob-
jectiv primär erzeugt werden ; er prodacirt nick
allen Sphären seiner Thätigkeit, nicht blofs nach
dem bestimmten Bildungsgesetze der ZeugiiB|i
Vivum ex ovo — morbus ex vivo.
Ueber die Species der organischen "Weiei
kann nur ausnahmsweise in Fällen, welcb«
der Beobachtung nicht ganz zugänglich siol,
ein , durch die Kenntnifs der Thatsachen sichei
zu beseiligender Zweifel entstehen ^ in den mit
eten Fällen ist es über jeden Zweifel erhabeo
zu welcher Species ein Individuum zu recboei
sei. Sobald mau es nicht mit Geschöpfen «
thun hat, deren Beobachtung noch nicht toU
endet werden konnte , verständigen sich all
Maturforscher leicht und sicher über die Keoo
zeichen der Art, und nur bei Unzulänglicbkei
der Beobachtungen kann der Fall vorkominec
dais zwei Wesen aus derselben Species getreool
zwei verschiedene zusammengestellt würdeo*
Sehen wir uns dagegen um, wie es ini
den Species der Pathologen steht, so finden wii
dafs sie nur fast eben so ausnahmsweise über
ein»tijninen , als jene verschieden betrachte
worden. Im Folgenden wird man die scbla
gendsten Beispiele üudeni wie sv?ei Autoien
— 43 —
welche sich ^ in gleicher Weise der naf urhistö««
lischen Behandlong rühmeo, io derselben Gruppe-
ganz yerschiedene Arien annehmen, deren eine-
immer* eine Jkuswahl von Individuen aas dea
Arten des Anderen nanfarst Denn die Natur
l^at für die-physiologischen Differenzen der We-«
Sn eine feste Grenze ^ ein unwandelbares. Ein-
eilungfprincip aufgestellt — es ist die Zeu-
gung! Aber ein ähnliches durchgreifendes Prin-
cip für die Yerschiedenheit der normalen und
abnormen Lebensprocesse lälst sich nicht ent*.
decken.
Die Natnrforschung hat ihr Princip erkannt,
die Pathologie ist noch kaum so weit, das ih-
rige auch nur zu ahnen. Jene wird nicht mehr
aacheto , an die Stelle der natürlichen Verwandt-
achaft der Individuen irgend einen formellea
Unterschied zu setzen, wie bequem er aucb
erscheinen möge; sie wird nicht versuchen, ihre
Arten etwa auf die Färbung oder den Aufent-
haltsort oder sonst ein unwesentliches Princip
A gründen und Individuen für gleichartig ca
erklären, etwa weil sie weifs von Farbe, oder
kraushaarig, öder schuppig sind, oder einea
Backel haben, oder im Meere leben«
Ton der Species, welche in der Natur ge-
geben ist, zum Genus, zur Familie, Ordnung
und Klasse heraufdringend lernte man in jeuer
Wissenschaft, dafs, wie die Zeugung die we-
aentlichste aller Uebereinstimmungen bedinge,
und dennoch oft sehr auff'allcnde äufsere Ver-
schiedenheiten zurücklasse, auch die Aehnlich-
keit der Arten, Geschlechter und Familien in
der Verwandtschaft ihrer inneren Organisation
gesucht werden müsse« lUan kam davon so«
ruck , die Tbiere nach der Zahl der Bewagangi«
-. 44 ^
glieder; nach clem' AafentbalUorta oder denall'
gemeinea Bedeckangeo zu untencheideDp odA
das Croco^il, weil Yierföfag, mit dem Lovrea^
den Wallfiach, weil achwimmend, mit den Fin
sehen in eine Reibe su setzen*
Die Pathologie der Hantkrankheiten gibt
ein schlagendes Beispiel, wie anders' man au|f
diesem Gebiete verfuhr. Ein willkührlich ft'i^f-
gestelltes Eintheilungspriocip diente zur Aujß-
nähme eben so willkübrlich nnterschiedenerUii-*'
ierordouDgeny nnd schon dreifsig Jahre lanc'
rechnet die Mehrzahl der Aerzte den Carbunkbl*
nnd die Warze zn derselben Gruppe, weil sn-
lallig in Beiden die Oberhaut sich in knotigdt*
Form erhebt. Seit dreifsig Jahren betet mao
jenem Systeme nach, welches die Variola toi%
der Varicella nnd Vaccinia, und wiederum allA;
drei von den meisten übrigen fieberhaften Aoa-^
Schlagskrankheiten trennt, jene Erste mit loh^
petigo und. Scabies, die. Zweiten mit Herpes.
(Willan), Miliaria und Aphthe zusammenstelll^*
hlofs wegen des sonderbaren Grundes , dafa di^.
Materie in jenen Bläschen puriform, in dieeeo^.
lymphatisch sei» Nicht umsonst spottete J)io^'
ffenes der platonischen Definition des Menschen^
Das zweibeinige, ungefiederte Wesen macht
diese nicht, die Vesicula oder Pustula bildet
nicht das Bezeichnende jener Formen.
Der Gesichtspunkt, unter welchem man
Ton Krankheiten der Haut spricht, istderselbe,
unter welchem man überhaupt die Krankheiten
den Organsystemen nach Ton einander unter-
scheidet. Dieser Gesichtspunkt ist einer der
beiden einzig möglichen in der Pathologie^ daCl
man nämlich entweder den locus aiFectus, oder
die INatur des Krankheitsprocessea zur Gfand-
I
» 45 —
■ I
läge der ITDtersdieiduDgen maclie« Da unr in
einigen Fällen den Sitx der Krankheit entwe»
der gar nicht, oder doch nicht genügend ange*
ben können., in anderen Leine zureichenden Be«
,griSe von der JVatar ihres Processes haben, so
ist eine Combination beider Gesichtspunkte al-
lerdings Tielleicht eben so nützlich, als sie ge-
zwungen ist, und man sich ihr nicht entziehen
kann. Da man jedoch beide Eintheilungsweir
«en einander unmöglich coordiniren kann, so
fragt sich, welcher der Vorzug zu gewähren
Mey, und ob man also in unserem speciellen Falle
lieber die Hauthrankheiten als eine besondere
Abtheilung wieder in; Entzündungen, Abnor-
mitäten der Vegetation u. s. w« zerlegen, oder
die letzteren Formen unter den entsprechenden
Abtheilungen der Entzündungsformen , der lym-
phatischen ond venösen Hyper- und Anä-
inieen, oder wie man etwa sonst wolltq, ein-
veihen' soll. Diese Frage ist nicht müfsig, selbst
wenn man ganz von dem Vortheile absehen
sollte, welchen der richtige unter beiden We-
gen für die Einsicht in die Natur des Gegen-
standes gewähren mufs. Denn die praktische
Brauchbarkeit einer jeden beider Methoden be-
sieht sich auf zwei ganz verschiedene Seiten
der hier betrachteten Krankheitsformen* Die
«rstere weiset nämlich sogleich im Allgemeinen
auf den Charakter des Leidens hin, und be-
dingt somit auch die Grundsätze der allgemei-
nen Behandlung ; die Letztere dagegen fafst zu-
erst Alles zusammen, was sich in Bezug auf
den gemeinschaftlichen Ort und die durch ihn
bedingten Abweichungen und Besonderheiten in
der Behandlung der sich dort zeigenden Er«
ncbcinuDgen Generelles tagen läDst»
— 46 —
YTir haben bereits erwähnt ^ dabMlbstdw
beiden aasgeseichneUten Monographen sich aber
das Gemeinschaftliche in der Natur der Haut-
krankkeiten nicht ausgesprochen haben; deig»-
stalt, dafs man nicht einmal entscheiden kano^
wie weit dieser Ausdruck sich Ton einem aehr
Tei wandten, swar eben ao formellen , abet
doch an sich weniger Tagen i roa dem Begrub
des Geschwürs — in allen Fällen, wo die Hattl
•rgriffen ist, besondere. Rust nennt in ^ineiB
meisterhaften Aufsatze über Jenes (Uandb. cL
Chir. Art. Ulcus) das Geschwor: «yeine durch
Abnormität des Vegetationsprocesses herbeig»»
führte Absonderung Ton Eiter oder Jauche ana
einer zur secernirenden Fläche sich rerwandela«
den* Organstelle." Indem dieser Scbriflatallac
mit deutlichem Bewufstsejn : dab er nur tm
einer Form spreche, auf die durch daa Waaatf
derselben begründeten Differenzen surSckgehtf
. atöfst er natürlich auch auf alle GeschwonfiM««
men, denen Hautausschläge Torhergehen, So
werden Ulcus und Effiiorescentia ab fortbofeadia
Glieder eines gemeinsamen Processea ^,aboov»
mer Vegetation" erkannt« Ja, dorn GeschwSr^
welches an der Haut zum Yorscheia kommt^
geht im weitesten Sinne immer eine Hautkrank-
heit vorher, wobei die Haut allerdings bald
idiopathisch^ bald nur sjmpathisch ergrüEBii
wird.
Eine andere Form der Hautkrankheiten itaht
der des Geschwürs sehr nahe; es ist diejenijie^
^o der abnorme Yegetationsprocefs sich dorck
widernatürlich gesteigerte Absonderung dee Ma<^
forlichen Secrets der Cutis — • der Epidermb •-«
zu erkennen gibt« In gewissen acuten Fonaa»
hat man diesen Proceb dem des Manaeni dar
-^ 47 - ,
Togel änd Häatens der Schlangen ri^rglicheb
{Hoffmann Idealpatbologie) , hier erscheint er
mehr als Folge eines Absterbens der äufsersten
Schicht auf den Ausgang der oberflächlicheo
EntsUndnogsprocesse — in seinen chronischeb
dagegen, wo wir es nicht sowohl mit Hyper«
amie, als mit H3rperl7mpho8e (sit renia yerbo)
so than haben, gibt sich die Verwandschait
mit der Geschwörsform unverkennbar knnd«
ITon dem Standpunkte der vergleichenden Pa-
thologie angesehen , finden wir die normale Haut
in den verschiedenen Thierklassen fast normal
tjpisch fSr die meisten Formen der Hautkrank-
lieiteo, von der Schwiele bis zu der Absonde*
ruDg scharfer, specifischer Säfte aus eignen Se«
cretioDsfläcben» Der fortwährende Secretions«
fnrocefs, wodurch die Epidermis sich aus dem
seeernireBdeD Fapillargewebe der Cutis heraus-
bildet, kann sich, wie jeder andere normale
Proceb steigern , vermindern , umändern , die
Vriacheb dieser Erscheinung können mehr oder
weniger entschieden in allgemeinen Abweichun-
gen der Thätigkeit der Gefafse und des N%r-
Teoeinflusses begründet seyn, oder mehr auf
lein örtlichen Verhältnissen beruhen« Sie kön-
nen endlich vorübergehend oder anhaltend wir-
ken, im ersteren Falle ein pathologisches Pro-
duct Burücklassen , oder nicht ; im letzleren die
Abnormität nur innerhalb bestimmter Grenzen
* unterhalten I oder ihre Verbreitung bedingen*
Das Secret, welches den Namen Epidermis^
und in pathologischem Auftreten der Verschie«
denheit der Form nach den Namen Hornmasse,
Schwiele, Kleie oder Schuppe führt, dasjenige,
Welches an der Luft zum Schorfe erhärtet, und
dasjenige, welches dieser Fähigkeit ermangelnd,
TOA der FKche feucht abläuft «— dütfen um w
— 48 -
weoiger itreog too eiDander gesondert Wod^iJ
aU sie ihrem Wesen nach innig Terwändt^ auch
in der Form nicht entschieden aaseinandei»»
hen und sehr oft alle neben- und miteiaapdsr
TOrgefunden werden.
Eine Veräoderung in der Fnnction od«
^Struct-ur der Haut erscheint als wesentlicher Be-
gleiter, wenn nicht aller, doch der meisten
Krankheiten I welche mit miasmatischen . oder
cootagiösen Bediogungen im Zusammeahange
stehen. Sie ist in allen diesen Fällen nur all
Symptom der specifischen Krankheit ta be-
trachten , wobei es gar nicht -darauf ankommt
ob wir es blofs mit Störungen der Hautpeiapi-
t'ation (wie bei der Cholera), mit HTperämieen
des Papillargewebes, Entzündungen, .£cchTB^
men, oder mit Entartungen einielner Tbeile
durch den directen Eingriff des spepifladüi
StoiFes (Hautmasche heim Carbunkel^ hjmflh^
gefäfsenduog (?) beim Ghanker- u. a. w«).Jn'
thun haben, oder ob der letxtere sich auch ii
ganz eigenthümlichen Bildern auf der Haut ür .
fiectirt, über deren Natur uns die biaherigei
Erfahrungen noch nicht zureichend belehrt. h^F« ;
ben. Von jepem einseitigen Gesichtfliptinkte.dü .,
befallenen Organen Systems aus wiirden abfC ,
nicht allein diese Symptome, sondern auch dar
colliquatiTe, der scharfe oder der gefaiMe
Schweifs, wie gegenseitig die trockene , ina^
Xnorglatte oder rauhe Haut (cutis anserina) •»•
eben sowohl die Absonderung eigenthiimlidief
Säfte (z. B. Slilch bei Milchmetastasen, iodef
aus der Haut des Scrotums und Diapedeaen aln
1er Art), so wie jede durch die Haut sichtban. j
Veränderung in der Mischung des Inhalte. di|V
Gefafse (Icterus i Chlorose u« dgL) io das Gtf>
biet der Hautkrankheiten n rechnen aein^ .
— 49 -^
sen Schwierigkeiten der ISTStemadk ist
cb eine "wilikürliche Beschränkung des
;ischen Begrub auszuweichen; indem
iser letzteren , ganz im Gegensatze mit
\ Yon dem Sitze und affidrten Organe
mmene Leiden nicht auf die reinep
isstörungen anwendet, sondern auf die
Jen Vera n der ungjen beschrankt«
s ist der Gesichtspunkt, welchen man
}i Pathologen zuschreiben ^mufs^ d^ren
der Hautkrankheiten wir jetxt yerglei«
etrachten wollen*
' mhmwnrdige Verfasser des Werkes;
ndis hominum morbis, bezeichnet mit
neinschaftliGhen Benennung Exantheme
Blmehr efflorescentiae cutaneae) zwei co-
> Gruppen seines Systems, die Exan«
im engeren Sinne (acuten Exantheme)
;hronischen Haulausschläge (Impetigines)^;
le Hautausschläge im Allgemeinen Ihk ,
o definirt er dieselben -^als ^^Symptome
nkheit oder Krankheiten, welche eine.
:enz auf der Oberfläche der Haut bil«
ie erscheinen theils flach gestaltet and
rmig verbreitet, theils erhaben , als Flecke,
le» Pusteln, Phlyctänen, Blasen/ oder
a kleine Knotehen (tubercula) und Rau-
n auf der Haut, wo sie während eines
iten oder durchaus nicht begrenzten Zeit«
verweilen. Meist treten sie in Beglei-
nes jeden Fiebers, öfters jedoch ohne
»auf, oder kommen bisweilen erst dann,
las Fieber sich schon ausgebildet oder
ganz nachgelassen hat, oder endlich erst
im Tode zum Vorschein. Eben so Ter«
len sie ganz unmerklich ," ohne Haut«
LXXXlV.B.4.St« D
"• ao —
TfritnderoDgeD cnrUdbralaMen) oder endigen sich
mit DeflqnamatioD ^ SeppoiatfoD oder Eznbe*
ration.^
Wenn mau yon dieser Definition alle : ^enV
weder ^^ oder'', welche tich gegenseitig anfr
heben ^ absieht^ so bleiben qds dieselben fbr-
melleo Unterschiede, worauf JFiUän auae
acht Klassen gegriindet bat, allein übrig. Wir
können demnach die Meinung unserer Autoren
(denn AUb^rt spricht sieb nicht anders aus)
darüber einverstandeo erklären» dalii die Hantp-
krankbeiten : »ysicbtbare Yerändemngen in Fonü
und rärbong der Oberhaut (unter der G^rtall
Ton Flecken^ Pusteln, Blasen | Knoten u.a,w.)
sind* Wie wenig ein solches Princip einen
pathologischen Begriff abgebe^ ist bereite inü
vorigen geieigt worden ; wir wollen noQ se-
hen f welche anderen Yortbeile es gewahrti
Betrachten wir nun das GemeinschafUidik
des Krankheitsbildes und der Bebandlnngame«
thode# welches ans demselben henrorgehen
mochte* Da die Rücksicht auf den ergriffenen
Ort hier Vorwaltet | so werden wir allguneine
Ansichten cwar Torzugsweise in Besog auf dk-
^n cu erwarten haben, aber es ist die F^gtf
ob nicht gewisse natürliche Verbindnngen be-,
stehen zwischen dem localen JPbänomen des
Bautleidens und. einer oder der anderen krank-
haften Erscheinung oder krankmachenden Ui^
Sache u» s* w.
Peter Frank, det sich wiederum vorzugs-
weise auf diesen Gegenstand einlafst^ lehrt uns
aber in seinen Untersuchungen über die Phäno-
mene, Quellen und Ursachen der Efflorescen-
cen das grade GegentheiL Er zeigt, wie die
Haut eine eigenthnmlicbe Vitalität besitzei y#r«i
— 51 —
mittelst der«D fla ao den krankhaftoo ZosA^
den dea Organbrnus Theil nehme; aber eben
in sofern das Letztere der Fall ist^ bildet das
Phäooinen auf der Haat nur ein Symptom. Anf
die Quellen der Exantheme zurückgebend, zeigt
dieser Schriftsteller sodann^ \?ie sowohl chro-
nische als acate |.bald sympathisch, bald ans
iBiner eigenen , krankhaften Beschaffenheit die^
ises (Hant) Organs , so wie endlich durch Ein«
Wirkung eines besonderen Contagiums" berror-
gebracht werden* Diejenigen, welche keinen
generischen , specifischen Charakter und keioe ^
Art von Fortpflanzungsvermögen besitzen« sind
nicht selten mehr ein Fiebersymptom , als die
Sjrankheit selbst. «— Es gibt kritische Symp»
tome; beinahe endemisch sind sie in feuchten,
liefen , heifsen Gegenden ; ihre Ursachen ruhen
oft in abdominellen Störungen, oft klagt man
ttne gewisse Schwächung der Hant, oft eia
ifenrenleiden , oft eine specifische Ursache ai^
Alle diese Unteischiede f mit deren weit*
länftigerer Au£zählnng den Leser zu ermüden
yiix Anstand nehmen, werden als richtjg an*«
erkannt; aber sie geben eben deshalb der Frage s
^orin nun wohl der gemeinsame Charakter der
Eiflorescenzen (nicht ihre Form) bestehe, nur
Vm eo grofsere Bedeutung* P* Frank geht von
den ,,Exanthemen im Allgemeinen*' direkt anf
die „Exantheme im engeren Sinne über^ ohne
ctafB er im Stande gewesen wäre, einen Geist
4er Einheit in diese: ,,Pusteln^ Rauhigkeiten u*
n. w." auszugiefsen. — • Aliberti welcher mehc
nie unser grofser Landsmann entschiedenen Be*
vuf hatte, seinen Stoff zu sondern und htt^
Torzuheben^ konnte .doch ebenfalls nicht Ter*
kennen, dafs eine gemeinschaftliche essenyelle
D 2
— Ö2 —
Charakteristik der Hautkrankheiten nicht mog^
lieh sey. j,Die Haut", sagt er, ^^dient aö man«
nigfaltigen Zwecken , ihre Structur ist ao Ter*
wickelt, dafs man sich nicht wundern darf,
wenn sie einer grofsen Anzahl Ton Yerände«
rnngen unterworfen erscheint und gleichkam
einen Auszug aller Krankheilen des Menschen
darstellt. In der Tbat wird man schwerlich
ein zweites Organ finden^ weichet mehr pa«
thologische Erscheinungen yereinigte, und s»-
gleich inniger an den Leiden aller anderen Theil
nähme."
Wenn nun demohngeachtet Alles, was nur
irgend als eine Veränderung der Haut gelten
kann, Ton jilibert unter dem Mamen Derma-
tose, als Glied einer Klasse aufgefafst ist, wenn
dieser Schriftsteller sich rühmt: Torti a äerd
l'arbre des fleTres, je cherche K ^leTer celni des
Dermatoses -— je me suis attach^ a decrire TbA«
pitai St. Louis , comme les botanistes d^diTent
un pays on un jardin; — so läfst sich achwer
begreifen , wie man Ton einem und demselbeil
pathologischen Standpunkte aus die Fonctions«
Störung im Gefäfssystem , deren Ausdruck das
Fieber ist, mit den FormTeranderungen der all«
gemeinen Bedeckung, welche ,^pr^sente en .qoel*
que Sorte un abrege de toutes les maladies da
Corps humain*' zusammenstellen -— coordiniren
könne! Wer das Beispiel Linnis und die IM«
'thode des natnralistes anruft, mufs sieb TOr
Allem daran erinnern, dafs man fiinselnea nU^t
syslematisiren kann , ohne Rücksicht auf daa
Ganze, und dafs es daher Tor Allem nSthig
war, zu zeigen, dafs die Dermatosen eine na-
türliche Abtheilung in der pathologischen Welt
bilden, aU z. B. die Moose in der phyaiologi«
sehen ; ein Beweis , der darum nicht angeführt
~ 53 —
tf erden kano^ weil weder der qualitaÜTe noch
der quantitatire Charakter dertelben in wesent-
Heben Zogen fibereiDstimmt Der Ort, wo eine
Krankheit zu Tage tritt, begründet allerdinge
Verschiedenheiten in ihrer äufseren ErscheinuDgi
aber das Wesen der allgemeinen wirkenden Ur-
sache ist aufserhalb dieser gelegen , und reilectirt
•ich nor anders, ohne sich deshalb zu ändern.
Gehen wir nun ron der allgemeinen Ein<«
tbeOong auf die besondere über. Ein Irrthum
in der Zusammenstellung yerschiedener Grupr
peo ^zu einer Klasse zieht nicht nothwendig
•uch eine falsche Auffassung dieser Letzteren
nach sich. Die erste der beigefügten Tafeln
lehrt zwar, wie wenig unsere drei Autoren in
Bezug auf die Unterabtbeilungen , Ordnungen
und Geschlechter übereinstimmen. Wir sehen
das, alle möglichen Krankheitsformen umfas*
sende System Aliberts sich mit Rücksicht auf
die im Uebrigen gültigen pathologischen Einthei-
langen, oft mit beifallswerther Bestimmtheit,
ordnen; wir sehen P. Frank nur diejenigen
Baotaasschläge beachten , welche mehr oder we-
niger entschieden als idiopathische gelten könn-
ten, nnd diese theils nach dem begleitenden
Fieber, theils nach der Form abtheilen ; ^- wir
sehen endlich die zerrissenen Glieder einer Kette
von pathologischen Erscheioungen in dem Wm
Bm- Systeme zerstreut, und demnächst finden
wir eine Yerschiedenbeit der drei Nomenclatu«
Ten unserer Schriftsteller, welche uns zu einem
Commentar über diese Tafel nothigen würde^
wenn sich nicht in der folgenden Tbfel das We-
sentliche der Unterschiede von selbst ausführli-
cher entwickelte.
Aber durch Klasse , Ordnung und Geschlecht
liiiidurch etuiüit man endlich auf~^die Art 9 «nd
«
— Ö4 «..
dSete ist e§ , welche , nach der BehanptoDg der
satorbistorlschen Schule anch in der Pathologie
i^beständig'* ist. Um hierüber so eioem ge-
saQeo Urtheile zu gelangeo, haben wir j^Uherti
Sfstem als das umfasseodste xum Grunde ge*
legt, um die ron ihm aufgestellten Arten mit
ihren Syoonjmen bei den beiden anderen Schrift»
atellero zusammenzustellen. Vielleicht ist die^
ies Unternehmen auch schon in der Rückiiclil
nicht ganz nutzlos, daüi es einigermaben zur
Versöhnung der Widerspruche in der neoereo
Komenclatur beitragen kann.
Der fluchtigste Blick auf die Colämnen der
zweiten Tafel lehrt uns, dafs die Systeme no^
serer drei Noaologen selbst in Beziehung ax^
die Arten incommensurabel sind: zum dentb- ,
eben Beweise, dafs Ton dem allgemeinen aa« .
beren Charakter oder der speciellen Form hei^
genommene Unterschiede nicht noth wendig
mit einander iibereiostiuimen *-* eben so wenigi
als die Arten der Vogel bei Schriftstellern iiber«
einstimmen würden , duren Einer seinen Begiift
der Species in der Bekleidung nnd Bedeckugf
der Fiibei der Andere in Zahl nnd Stellung^
der Steuer- und Rnderfedem suchen wfirdejp
während ein Dritter sich bemühte, den Com«^
plex der Aehnlichkeiten und das Criteiium ÜT
Zeugung auf die Art anzuwenden.
Wo wir in der Pathologie das Ci|terinm
der Zeugung besitzen, haben wir den festen
BegrüF der Art (Species). Alle Formen , wek"^
che aus demselben Gontagium öder einer ande-
ren specjCschen Ursache herTorgeben^ sie mö-
gen nun äufserlich noch so Terschieden auftre*
ten, sind vom Standpunkte der äufseren UrssK
che sowohl, als des Wesens^ nur rerschiedene
ladividueo oder Kutwiskelungszufttäiidp oiper
— öd «-
erselbeo oaturhbtorhcheD-Speciaflb Seliiea
xiehrere 8pecie8 unter eehr äboIicbeD Em
tungeD rerlaufen,' so ist es erlaubt ^ sie
imentastelleii ea dem, was bereits eio kiinsU
f Tom MeoscheD, nicht Ton^der Natur
ndenes Gefoge ist^ zum Genus»
Lber das Criterium dtsr Zeugung existlrl
:e Mehrzahl der Krankheiten gar oichti für
ist es nur zweifelhaft vorhanden. In sein«
tritt zunächst die Identität der veranlas-
I und prädisponirenden Ursachen ^ der
, des Verlaufs und des locus afFectus; wel-
isammengenommen unzweifelhafte Identi-
18 Wesens begründet« Es ist klar, daüs
im Mangel an Kenntnifs von den Erste-
e Letzteren entscheiden « dafs es sich aber
licht um einen willkürlich herrorgehobe-
''heilf sondern um die Gesammtheit der
tnene bändelt» Auch ist die Ueberein-
ung des Verlaufs unter gleichen Umstän-
jchtiger zur Bestimmung der Art, als die
Qtane Uebereinstimmung der Form, — «
itz dient bei genereller Aehnlichkeit der
und des Verlaufs zur Unterscheidung der
venn die Verschiedenheiten der Erschein
II ^ welche durch Ihn bedingt werden, eine
hinlänglich begründen und erfordern*
aber die Ueliereinstimmung der specifl-
Ursache hinreichend nachgewiesen ist,
die Verschiedenheit von Form, Verlauf
3rt durchaus keine eigene Art, sondern
ne Abart begründen. Die Verwandschaft
ten in Geschlecht und Ordnung wird aber
;lich durch den gemeinsamen Charakter
imt, der aus der Verwandschaft der in-
Ursachen hervorgeht, *)
,0 tüer ausgesprochenen GrondsatM dndwonSgsteas
— 00 —
'Wenden ^ir diese GroDdeatce aaf die TOffi^
Begeodeo Krankheiten an, so bemerken wir
SuvSrderst eine Anzahl tod durch Zeugang
feststehenden Arten* Dahin gehören die an-
•teckenden acuten Hantauaschläge, welche, mit
einigen andern Yermischt, hei jilibert und Frank
den Kern der Gruppe Exantbemata bilden, ei-
nige Arten yon Pyropblyctis und Carbunculos,
die Siphiloiden und die Scabies Alib., demnSchst
Doch möglicher "W eise einzelne Formen ans den
Gruppen der Tineae, Herpetes und Leprae, wel-
che als Typen der ihnen nahe stehenden Arten
dienen können»
Die Exantbemata , welche mit dem Namen
Variola, Rubeola (DIorbilli) und Scarlatina be-
seichnet werden , und zwischen sich noch A'
nige andere , dem einen oder andern .derselben
näher verwandte » ächte oder Bastard - Foris
(Letzteres c. B. die Variola Diitigata Alib., die'
Varioloide) haben , bilden zusammen ein n^
iHrlicbes Geschlecht, dessen Charaktere sich >o
angeben lassen: Hautentzündungen anstein^
apecifischen (miasmat. contag.) Ursache^ in A^
die einzigen^ welcbe man natorhistoiisch nenP^
kann. Pathologisch lafst sich wohl Manches dageg^
einwenden^ in sofern die Formen aus identiacbf^*
epedüscher Ursache doch oft so bedentend Yon et^
ander abweichen^ dafs es scheint^ als seien diePfS^
cipien der physiologischen Zeagung auf die Eintb^^
lung der Krankheiten gar nicht anwendbar. IndeiM^
miifs man die notbwendig im Fortbildnngsprooesse ^^
ner Krankheit begrüTenen FormTeränderungen ni^.^
als Arten bezeichnen wollen (z. B. bei der sjfphili^*
Pafs der locas affect. bei gleicher Ursache keine V^^
•chiedenheit der Art begründe, lehrt die einfädle Ttf^^
' wnndong. — Wnnde, vulnns, ist gewils kein Geni^
sondern nur eine Spedes morbi^ mit Abarten Je na^^
Ort nnd Uuifang, sonst eber wescptUdl SUfib io Wof ^
und Verlauf ideotisdii
^ 67 -
$cliDppi]Dg , Bortcenbildang oder vorlier earSck«
lassende Verscbwärung ausgehend^ entsteheod
bei einer 6ifi;entbumlicbeQ Anlage , welcbe durch
den Verlauf der Krankheit saspendirt oder ge«
tilgt wird, — Dieses Gescblecht behält am be«
•ten deo Namen Exantbemata; es ist der Fa«
inilie der Hautentzündungen beizureiben, wel-
ches: actiye Hyperämieen der allgemeinen Be-
deckungen sind, und die unter die allgemeine
pathologische Ordnung der activen Hyperämieo^a
gehören. -^
Die Exantheme bilden eines der am besten
bestimmten pathologischen Geschlechter, und es
iäfst dch kaum begreifen, wie JFillan darauf
kommen konnte, sie auseinanderzureifsen. Sie
haben nicht allein das gemeihschaftliche der spe-
dfischen, die eigenthiimliche Anlage voraus-
•atzenden Ursache , sondern sie treten auch alle
als Epidemieen , unter der deutlichen Herrschaft
des atmosphärischen Genius auf, und der Gha«*
jrakter des begleitenden Fiebers wird bei allen
gleichmäfsig durch diesen Letzteren bestimmt«
Aach die Methode der Behandlung bleibt im-
mer wesentlich dieselbe; sie ist, was die Srt-
Hcbe Krankheit betrifft, wesentlich antiphlogi-
stisch, jedoch mit Rücksicht auf die gestörte
Function des Organs, so wie auf die respecti-
▼en Idipsynkrasieen des Gontagiums und den
Charakter der allgemeinen Constitution.
Das Erythem, Erysipel und die übrigen
TOD Alihert den Dermatoses ^cz^mateuses zu-
gerechneten Formen haben ebenfalls einen über-
einstimmenden Gharakter, in sofern sie alle als
Hautentzündungen gelten. Diese beruhen zum
Theil auf einer specifischen Ursache , ja bei ei-*
nlgeo derselben ist diese Ursache ein wahret
Cwtagioui^ welche» abei yon jenem der Eac*'
— 58 —
aothema dadurcb anterschledeo kl, ^afs et miK
sehen einea eotscbiedeo epidemischen Cbarak<«
ter aonimint ^-« uod zwar nur in dem Falles
wo es mit einem typhosen Fieber in Verhin-
dang Bteht — « und dafs et die Anlage durch
seinen Verlauf nicht tilgt
Wir haben hier eine Reihe voninflamma«
torischen Zuständen der Haut und des Zell-
gewebes derselben , welche je nach der
Schicht^ die sie ergreifen , und nach der sie
das geiammte Gewebe, oder nur einzelne Tez-
tortheiie desselben befallen, endlich nach dem
Grade ihrer Heftigkeit verschiedenen Verlauf
und neben den Ausgängen in Abschuppong, Bor*
kenbildung oder Narben zaräcklassende Ye^p
ischwärung noch diejenigen in Verhärtung, Ei-
terung und Brand zeigen. P. Frank, hat diese
Beihe in so' weit getrennt, dafs er einige For-
men , denen der Charakler des Chronischen mehr
Euznkommen schien, unter die Impetigioes warf;
aber schon beim Pemphigus zeigt sich das Ud«
thunliche der Begründung einer Eintheilung der
Eczemata auf das wesentlich begleitende Fie-
ber, oder die Schnelligkeit des Verlaufs. Wich-
tiger ist der Unterschied, welcher die Form
der Dermatitis verwischt, oder nur als Reflex
einer tiefer gelegenen Adenitis, der acuten Zell-
gewebs- Entzündung und jedes Apestems er-
scheinen läfst. Diese Verbaltoisse entfernen deo
Anthrax und das Pseudoerysipel ans der Reihe
der Hautentzündungen, eben so wie dies etwa
beim sypbilit. u. s. w. Bubo und dem Pestcar-/
bunkel (^denilis inetastatica) der Fall ist. So
wyesentliche DÜl'erenzen , wie sie Rust Yon deQ
Erysipel und den Pseudoplhegmonen nachge-
wiesen hat, die sich insbesondere auf Verlauf
uod Behandlung beziehen, erfordern ^ auch eb^
— 69 —
geteheo toq der VerscbiedeBhelt def Sitzes^
eine Treobung als Arten. Dies Ut auch .bei
der ron; Hubert unter den Denn, b^t^romorpb«
aufgeführten Onygosis zu berücksichtigen.
Indessen sind die Uebergänge zwischen die*
aen Formen und den Exanthemen, so wie den
folgenden abnormen Vegetationsprocessen der
Oberhaut mannigfaltig, einerseits durch Variola^
Furunkel, und dessen fälschlicherweise als Car-
bunkel bezeichnete^ höchste Entwickeln ngsstufe»
andererseits zwischen Miliaria idiopathica, zur
Olophljctis bidroica u. s» w» hiedurch bis an
die herpetischen Ausschläge <sind vielfach rer-^
naittelt; so wie endlich Aphtha den Uebergang
zu den Eoktzünduagsprocessen macht, deren Sita
die Schleimhaut mit ihrem Epithelium ist.
Den activen Hyperämieen der Cutis stehea
die passiven gegenüber« <*- Es gehören hier-
ber die Derm. bömatenses uiliberts (^Franks Pe»
ticulae und Eccbymomata) zugleich aber auch
das Geschlecht Pannus desselben Schriftstellers
(Ephelis und Chloasma P. F.) und die Telian«
giectasieen (Naevns, Kelis?). Es erbellet leicht,
^amm alle diese Formen keinen wesentlichen
Einflufs auf das Allgemeinbefinden üben kön-
nen. Bisweilen sind sie s/mptomatitch und er-
acheinen als Reflexe mehr oder minder bedeu-
tender, acuter oder chronischer Leiden, bis-
\reilen erscheinen sie rein ortlich. Wie die
Exantheme und Erytheme zusammen neben die
Gruppen der wahren Catarrhe, der Pleuresieea,
Fneumonieen , Hepatitis u, s. w. treten, so wer-
den diese Ecchymome sich den passiven Blutaber-
füllungen und Congestivzuständen nähern und
jener Ordnung beizuzählen sejn, welche als
allgemeinen Charakter den dor venösen Hyper»
aoup zeigtt
— ao —
I
Man kann es Dicht Terkenoeo , dafa dh ;
Grappen der den», teigneusea, dartreoaea und j
lepreuses AliberVs weseotUcb auf einem getturten j
Vegetationsprocesse beraheo, dessen Vraaclia I
TTir tiefer, als blofs.ia der Haut zu Sachen ha* \
ben« Wo diese Formen kritisch und actir eN,
acbeineui nähern sie sich den activen Hjper-
amieen, unterscheiden sich aber immer von ih-
nen durch den Slaogel des Typus im Verlaufe,
"welcher selbst den verwandten Formen Olo«
phljctisy Cnidosis u« s. w. zukommt« Diese
^^Hyperlymphatosen der Haut" sind entweder
nur „gesteigerte normale Secretion'' — welche
den Herpes furfurareus jilib.^ Yarus, Poriigo
und Leuce, Ichthyosis, Verruca und Tylosis
umfafst; oder sie sind von Anfang an abnona
aecernirende, und hier haben wir die, mit Kro-
aten-und Borkenbildung, Achoren, FavaS| icho«
rosen Absonderungen u. s« w« begleiteten übii«
gen Tineae, Herpetes und Leprae mit ihren som
Theil milderen, zum Theil wahrhaft destructi'
Ten Secreten. Die erstere Form gehört io ditf
Kategorie der reinen Hypertrophieen , deren ei''
genthiimlicher Charakter sich durch folgende
Merkmale bezeichnen läfst: Störung der Ver^
richtungen des befallenen Organs r^ mangel-^
bafte Ernährung anderer Theile in Folge der
gesteigerten AlBnilat des kranken Gewehes £ut
ErnähruDgftfliissigkeit — mechanische Einwir-
kungen durch Veränderung des Volumena und
Gewichts.
Die zweite Form bildet die Heterotrophieen
«— und hierher haben wir denn noch diejeni-
gen Formen zu zählen, deren Producte ihr«
Art fortpflanzen — die Scabies; welcher die
Prorigo nahe kommt, jedoch irielleicht mit Aaa»
nähme der P« lateua, die man eben ao gut ab ^
— 61 —
» reine Nearosc der Haut betracbfen konnte.'
r werden hier die reih lympbalifichen von
TenÖB - lymphatischen Beteirotrophieen za
arschieden haben, in welchem Unterschiede
ptsäcblich die Trennung der Tineae als ei->
tbümlichen Krankheiten der jugendlichen Pe-
te von den impeüginösen Leiden (im äIte->
f engeren Sinne) begründet seyn wSrde;
lebe letztere im Grunde Eigenthum der h&-
en Lebensalter und mit allen der erhöhten
Qosität entsprechenden Dyskrasieen eng Ter-
ndt sind.
Die Syphilis, das Carcinom, and ähnliche
einem specifischen Gontagium, oder einea
lern specifischen , sich nicht fortpflanzenden
idnkte der Vegetation beruhende Heterotro-
seo worden zur Seite dieser ihre Stelle fin««
, freilich mit Rücicsicht auf das allgemei-
s und zugleich specifischere Leiden der Er-
rang unter anderen Gruppen. Alrophieen
Haut sind selten« Die Achroma ^lib. ge-
t hierher; Tielleicht auch die Dermatolysis^.
che als höchste Form der rugae erscbeinea
te. —
Ich bin weit entfernt, diesen Entwarf ei«
Einreihung der Hautkrankheiten unter die
emeineren Äbtheilungen der Pathologie fSr
endet anzusehen« aber gewifs enthält er
richtigen Weg, uns zu dem speciellen
Dkheitsgebilde allgemeine Beziehungen za
ähren *)• Es kommt dann noch darauf an^
Anderweitige Versuche derselben Art sind schon
TielOach angestellt worden, und insbesondere hat JRnj/^r
Bioh um diesen Gegenstand unverkennbare Verdienste
erworben, obgleich man ihm yorwirft, da(s er In zn
hohem Grade dogmatisch za Werke gegangen sey.
Ein wichtigerer Vorwurf ist wohl der, daüi R» den
Begriff der Entzündung zu weit ansgedthnt hat»
— ft2 —
genaue Untenucfaungeo über eolcbe Poirnfer*
Bchiedenbeiten anzustellen^ welcbe in einer eot-
Bchiedeoen Beziebung zu diesen allgemeineiii
wesentlichen DifTerenzen stehen»
Die EintbeiluDg der auf solche Weise fest-
gestellten Arten in Unter- nnd Spielarten wird
allerdings immer willkürlich bleiben. Die For-
men irermischen sich, wandeln sich um; die
Ursachen verschwimmen und werden andeof»
lieh , die Zahl der Bastarde ist Legion. Uobe«
dingte Gesetze und Normen hier anfstelleo zu
wollen, würde höchst unzweckmäfsig sejn und
die Freiheit nicht beschränken , welche sich Je-
dermann nimmt: Arten dieser Art nach Belie«
ben aufzustellen. Was unsere Autoren betriffk^
so stehen auch in dieser Beidebung jilihert und
P. Frank über Willan^ der theils niemals an«
erkennen will, wie Verschiedenheit der For»
men nicht unmittelbar zu Abtheilungen herech«
tige, theils sehr weit von einander abstehende
Arten (namentlich in den letzten, allerdings
weniger sorgfältig bearbeiteten und beobachte-
ten) Klassen, leicht wegen äufserlicben Aehn-
lichkeiten als identische annimmt; Ich wKrde
näher auf diesen Punkt eingehen, wenn, ich
nicht fürchten müfste, bei der Beschränktheit
des Raumes, welcher einer Mittheilung in die-
sen Blättern gewidmet seyn darf, und den ich
bereits überschritten zu haben furchten mufs,
die YerwirruDg, welche ich zu vermindern
wünsche , bei oberflächlicher Behandlung eher
noch zu vermehren^ und ich verspare also diese
Untersuchungen auf eine passendere Gelegenheit«
(Hier folgt die TsbeOe.)
«.
(ZaScÜeC}
TaM 11111011111
fYillaa
1
i
i
F. Wilim» et MmUm^mm
1. CCtfOrd. I.) Pafülafc
«X Lkbca*
3. PAficBu
Cid. C^. '- Upfa.
^ ^ Psfirüuu»
d. Pitynatis»
4b IcbChjoau.
Gl
(Ord« m.) EzasllieBatm»
Geiu 1- Rubeola.
2. SciriadM.
3. Urticaria.
4. Roseola«
5- PoTpara»
6. BryihcBöU
7. Erjüpeias,
(Ord. IV.) Bollae.
Geo. 1. Pemphi«»
2. PMiipMjs»
F. Pranfh
I. 1. ErytMi. 1. Erythems,
endemicil
intertrigfl|rtrigo,
paratrir
Tar.
• .••'■> t
• i
pernio }iio.
per adai
S. Brysipal 1. Erysipelag, ' Vliyls.altenu^^* '
exqaisiM)lex — — «— / pastalosum.
phlegmrfgmonodea — —7- I pblegmono^iefl*
oederaatdematosam •» — ' / gangraenosum^ ,
var, i jliabituale,
\oedemat0sam4
3t pemphiu. 4. Pemphigas.
acQtas llior ifebriüs.
chronical- (apyredcus (bysttidcus}«
4; Zoster« j. 1. Erysipelas» \^
acQtas 1
cbronicor *
5, Pblysaof
6. Cnldosiij. 3. Urticaria. *
acata Iculosa — toberosa — - yesicalaris*
cbronica
II. 3« Hydroa.
Inyctis«
7« Epinyclji
acuta
chronica I
8. Olophly
II. 2. Herpes.
miliaris iaris — pblyctaenodes.
Tolatica
prolabiali «
progenia
hyriroica '^''* sndamen — febril« — nervosum*
0. Ophlyct II- ^» Aphthae.
acuta iopatlucae.
chronica niptouiaticae.
10. Pyropli
sporadi<^
endemicaj
11. Carba
>.•*
F. PrmnK
Ex. II. 3. Varlolt«;
dbcretae — corymboMie f dinpL «— laiy,
oohaerentes — eonflutatest i^itr. — «om«
^ pliaiteew.
La — ve-
ine area).
n .^ varioli« oiaxime a£ßnis, bomiaeB ooa ingVldleM)»
— £x. IL 4. Pemphigai.
- '»«-o«""-- tfSZJ-
ta — in-
— Ex. II. 3. MorbillL
simpK — gastric -^ nenros. — - compticaC»
— Ex. I. % S Carlatina«
— eimplex.
— cynancbico gangraenosa — - maltgna (uflunnu»
gastr.^ complicat, neryoB.)*
— Ex. II. 1. Miliaria.
(crystall. — alb. — rabr» »— pomleat« —
lenticul.)
— Imp. II. 6* Tinea^
•— faciei.
— Imp. II. 1. Porrigo« — L 6. Alopeeia.
— Imp, 1. 6. Alopecia?
^ Imp. II. 6. Tinea.
P. Frani*
i ■
• ^ U, 1. Porrigo — II, 2. Herpes -
i^ I; 4. Vitiligo. II, 7« Lepra«
|pec. gen. Porrigo et Herp. farinosui.
\\h, et nSgr. — -Lep. sqaamos. ^ nibr*
^ ypigo.
2. V
nferantur Spec gen. P^draeHu
speo« ^en. Psydrada (Prurigo),
• gntta rosacea 8» Taricodet.
l meniagra«
3* l^jll. 2. Herpes» spec non distincta.
4« Bin. 2. H. phagedaenicas«
V. i
2J
VI. ^IL 7. Lepra.
Jba«
2, Sl II> 7. Lepra.
0||lephantiasis.
4. R^
VU.
^. Frank*
— Imp« II. i, P»ora«
— « Imp. IL 1. PoRigo <— IL 5. PsjdracU»
i8cri[)t* 8pec.
-^ /Pfl.yenerea — scorbiit« — bypocbondrUot ««i
I critica — period. — opificum *-* tb immaii--
— iirC' j ditie pleüiorica — - Infant« -^ neogamor« *•
nulieb. ( genilis — thermarum -«• ab acri etc.
•* /Bx. !• 4« Peticoiae — > Imp. 1. 3. Eocbjmoinai
P. cbronicae — • -^ E. spontaaeum.
•— — — — B. tcaamatiomn*
Kt, I. 4« Pedcolae.
cbronicae..
acutae«
f f , Iinp. J. 1. Bpbelis. I. 2. Cbloaima. 1. 4. ?itUi(of
— K. (PeÜCQlar. ipec.) lentigio^ umbrbMy apniuu
-^ Cb. pseodoporrigo — , gravidar« ««
rboiconu
•* Inp. I. 5« VitUigo.
primaria (et äcaltia).
•« Imp. t S. Bacfcr«»* — "P*^ »Mtifc
— 63 ^
.^»^„mmmtmmmmmmmmmmammmmmtmmmmm
IV.
Darstellung
der
asiatischen Cholera in Eger
im Jahre 1836. .
Von
Dr. Franz Lantner^
Stadt- nnd Kriminal -Gerichtsarzte in EgeUp piaktitcli^
Arzte zo Franaentbad»
JLf er Aasbrach der Cholera io Eger hat (ur das
aogrebzende Baiern und Sachsen eine so wich*
fige Bedeutang gehabt, dafs es nicht ohne In«
teresse seyn dürfte, einige Notizen über diese
xäthselbafte Krankheit, wie sie sich in Eger
seigte , in dieser allgemein gelesenen Zeitschrift
2u finden, um so mehr, als ansere amtlichen
Berichte nicht zar öiTenllichen Kenntfiifs ge-
langten, und in auswärtigen Zeilungsblättern,
oft unzuverlässige Priralnachrichten, Teroffent-
licht wurden, auch mehrere Aerzte, besondere
aus dem benachbarten Ober- Mainkreise hieher
liamen, um die Cholera hier zu beobachten«
Io der Tbat sind zuletzt mehr Aerzte als Cho«
lerakraoke io Eger gewesen. «*»
— 64 —
Woher und ynle die auatische Plage n
uns gekommen ist, läfst sich mit BeatimmdÜBil
nicht nachweisen« So viel ist gewib, dafa die
almoAphäriftch - klimatischen andtellürischen Vcr«
hältnisse die Herrschaft dieser Krankheit nicht
hegiinsligten ; daher sie auch nicht lange bei
uns verweilte« Ihre Verbreitung blieh nur auf
eine einzige Vorstadt und einen abgelegenen,
kleinen Theil der Stadt beschränkt, ond da
suchte die Seuche nur unter einer einsigea
Volksklasse 9 der ärmsten, ihre Opfer. Die ao
rasch und so leicht yoriibergehende Encho-
nung derselben in Eger, mochte daher mit äan
Kamen einer Epidemie, d. i. einer in Folge et«
inosphärischer Verhältnisse allgemein herrschen*
den und weit yerbreiteten Volksluankheit inil
Unrecht bezeichnet werden«
Ich erlaube mir in dieser Hinaicht snrSv^
derst einige medicinisch- topographische Bemei^
kungen über Eger«
Eger liegt unter dem 50® if 58|^' nördli-
cher Breite, und dem 30® 2' 6}"' ostlicheK
Länge; 1359 Wiener Fufs über der See bei
Hainbur^;; 64^ hoher als der Wasserspiegel des
Egerflusses am Briickenthore der Stadt, 78^ ho-
her als Franzensbad, 27' hoher aU Mariehbad^
267' höber als Karlsbad, 792' hoher ala Prag «>
Die Stadt selbst liegt auf einer Anhohe Ton
Tbonscbieferlager, welche vom Oberthore übet
den Markt herab durch die Steingas^ gegen
das Briickenthor, so wie hinter den Schalen
gegen das Schiffthor, und durch den sogenano«
ten Graben gegen das Miihlthor einen *nierk«
*) Astronomische Ortsbestimmang des EgerlaadM fon
Alois David ^ k. k. Astronomen nnd Voitteher do9
Prager k, Stemwarta, Eger 1824 8. 42. Sflb
— 66 —
Kcjieo Abbang bildet An diesem flteftt de? Bgei^
flaby vom MHhltbore bis zum Briickentbore diu
Stadtmauer nnmiltelbar berührend, so dafs man
aas der Stadt in die am linken (nordlichen)
Ufer des Flusses gelegene Bruckentborvorstadt
Sber eine hölzerne Brücke gebt^ während die
Schifftborrorstadt 9 meistens nur ans einer un-
mittelbar am rechten Ufer der Eger liegenden
Häuser «Reihe bestehend , in der am tiefstea
gelegenen , der Ueberschwemmung durch dea
Egerflufs häufig ausgesetzten Niederung im feuch«
ten Wiesenthaie sich fortzieht. Die Häuser der
ObertborTorstadt sind theils auf der hohem
Ebene, theils auf verschiedenen Difiederungen'
Earstreut« Die beiden Ufer der Eger werdenr
Ton dem erwähnten Thonscbiefer gebildet, wel««
eher am linken Ufer, wo der Kammerberg ei-«
nen steilen Abfall gegen den Egerflufs bildet|
in grotesken Felsen ansteht, an der Brücken«
tborvorstadt , wo die Strafse nach Franzensba^
führt, sich zu einem bedeutenden Hügel erhebt^
und vom südwestlichen Theile der Stadt an^
in einer allmähligen Steigerung gegen Westea
den hohen St. Aunenberg uud den noch hohem
Grünberg bildet. Diese sind gegen den Eger«
flub herab bis in die Nähe der Stadt mit Na*
clelholz bewachsen, und yerbioden sich mit dem
Gebirgsrücken , welcher bei Schirnding im Bai-^
tenthischen gegen das Fichtelgebirge fortläuft;
So ist die Stadt Eger Ton allen Seilen mit be-
deutenden Anhöhen und Gebirgen umgeben,
flqrch das Egerthal den rauhen Ost-, und Tom
^igtländischen Kapellenberge her den kalteo
Nordwinden ausgesetzt.
Das Klima ist zu den gemafsigten zu rech-«
&16B1 iedodi wegen der Nähe des Fichtel* und
loiifft.LXXXIV.B.4.Si; E
1
c
•^ 00 ^
EfsgebirgM elo auffallandar und otk pUUilidifK
Temperaturwechsely so wie eine nostata Wb-
tamiig Bicbt UD^awohnlicb; dahar eine TOfaidi*
tiga^ warroa Bakleidang baiaaba dan gaaaaB.
Sommar bindarch nicbt aaltan nothwaBdig^ lud
ein gater Pels im Wiotar aahr notBÜch iit
Dia mitllera BarometarbSba iit 20'' S''' Paii-
aer FahmalBes, ond dia mitdara Wanna C^
Raaumuri letztara also beioaba 2® garingar all,
iö Frag« Docb iat bier dia Vegatation fijprigi*
Li dan Vorstädten finden sich Tiale Gamma-
und Obstgärten, und in der Nähe dar Stadt
achüna Wiesen and selbst aaf den A'^hShf
fruchtbare Kornfelder.
Das Wasser des Egerflassea ist bei dam
aandigan Boden des FluCBbettaa rein and Uar^
wird aber in der Stadt doch nar in dem aalte«
Ben Falle, wean das Quell wassar inden Waar:
aarleitttogen friert^ cum Kochen und Tiiokea^-
gebraucht. Dia Bewegung dea Flnsaaa iai be^
dam geringen Gefälle dea Wassere kaum merk-
bar, wie auch achoo sehr wahr MSÜMt
nart ♦)
Bei dieser langsamen BawaguDg und ^m6^^
Umstände , dafs der Fiufs Tom Bruckenthore an^ ^
alle Kanäle und hiermit fielen Unrath ena der
Stadt aufnimmt, und auf diese Art mit mite
in Fäulnifs übergebenden, thieriscl^eta nud Te^
Setabiliichen Substanzen rerunreinigt gegen dil^
cbiUtborTorstadt herabfliebt, wird daa Waaa^
für die Bewohner dieser Vorstadt, obschon ilil
meistens nur darauf beschränkt sind, rorsogliflb
bei sehr niederem Wasserstande, weniger ge^
niefsbar und für die Gesundheit derselben eben
*) Der EgerfloCs in W* Mütter*M ^pgrammatiscbatt Bal-
lea. Leipcig bei Vois 1827*
— 67 —
sehr Yorlbeilhaft. Uehrigeiis irM gotefl
-> and Trinkwasser aos eigeoeB, aof dea
i;enden Bergen befindlichen, som . Theil
sh entfernten Quellen in die Stadt oad
orstädte, mit Aasnahme der Scbifihoir«
clt^ in hölzernen .und auch in tfaSflcmen
n geleitet y wobei der Uebelstand nicht
rmeiden ist, dafs das Wafser zur heiCsen
erzeit durch den langen Laaf nicht etwas
werde« Nur in sehr wenigen HÄaieni
es Brunnen mit gutem , frischem Onell-
*• Es wird anch das ganze Jahr hindnrdi,
3er Jahreszeit Tief FranzensqoeUe , am
iten in der gegen Franzensbad geleireosa
enthorvorstadt als gewöhnliches Getränk
len, und es ist merkwürdig, dafs in di^
srstadt, wo zwar auch riele arme Lenfa
;en Hütten beisammen wohnen, ein ei»«
Cholerafall Torgekommen ist Ich mocfct»
ese Thatsache den Erklärang^gnod nur
suchen, dafs diese Leute durch den bei«
ununterbrochenen Genafs des alkalisch«
eben Stahlwassers das re^Hiüre Lebeo
nem solchen Grade too Energis erhailett,
elchem dasselbe den anbera, die Cbolen»
:enden oder dazu disponirendeo Eiai3»»
inreicfaende Reaction entgegensetz— wmi
n Entstehen dieser bösen Krankheit mr
;sten widerstehen kann« Das gewohnfi-
etränk der Bemittelten ist Bier, wdcliee
!r Ton Torzaglicher Qualität gebraof wird«
len Wohlhabenden wird tägticfa ein Glne^
eine ganze Flasche Wein getivake«*
twein geniefst in der Regel nur die ge^
;e. Klasse, und diese ziemlifJi mafsig.
j» gotea jind gesunden Nahrnngemiilela
Art eiebt es £sine9 MangeL Qu Bev*
62
- «. - , I
h^bAtttuu TOB gMandem Brode, Flsbd» mal
GvinÜHB o, •. L wird tob d«r FoliMibahSidi
lorgMm überwacht. Dm Obat üt allardiap
nicht Ton der bmten Qualität, weijM iMMtw
ioM d«m Saatur nod Leitmenbiw Kimm hl»*
her getchafft ond dort gröfttttalbell« aanif ab- -
(«DomraeD wird ; wobei dar Naehtb«il nkbt H
T0rkeDD«o üt, dab Sommerobit, wricbM mt
in «ioem dumpfen Gewölbe «dar Keller auf dh
aem Strohlager die oölhige Reife amichia
innia, der GeiaodheiL nicht anlrÜglichaejrakisi*
Bemerkeaswerth iit der Umataad, däfa milM
de» Borgern dar aonderbare Gabranch bana^
dal Fleiich, iubeavndare das Rindfleiicb» bde
am SoDDSbetid zu holen, ond in Teiachleaw'
Den irdenen Gefallen für die ganze Wocb« im
Kaller anfznbewabreo , wodurch ea' allaidiagl
mürber wird, aber im Sommer, weil .si kfline Eiä>
kalter giebt, leicht Verdirbt Der gemoB« Hau^
ao wie di« ariieiteode Klaue der TagdShaaiv
leboo meiiteot tob KaitoffelB, nnd tß ^Vt
nicht wenige Familien, welche aaUiit dkaa ma*
fachs Nahrong &ar der WoUtfaXti^flit Aalt*
rer TerdankaB. Die Zahl der Amun in BgN
iat grob, sie sind achlecbt bekleidet, «ad bii
dea wenigen KleidnogHtiickea, die aie liaiiUw,
wird oft die aötbige Reinlichkeit Tfliaachlähiib'
Dafa aber naler des Einwohnern tob Bgarut
Allgemeinen doch lehr viel Sinn fär RoaUebf
keit, nnd eine rühmlichs Sorge för dis Koltatf
d^r Haot herrscht, mochte darana sn «laalM»
•«jn, dafi ein während diese* Somnian W
dem Müblthore nen angelegtea Badabaaai iv'
welchem man nicht nnr kalte und wann« Bfiv-
dcr Tom £gerilurtvra»er. sondern anch aUa '
Arten TOD kÜDstlicben Bädern b
tial Zuqirucb (
*. 60 -^
Df« StnrMo tlod im GaostD rfgdmlfii^era
•U inan es in eioer so alten Stadt ^ wie Egel
ist, erwarteD sollte, iSr ofleotliche Reiolichkeit
derselben ist durch Haapt» uod Haos-Canäle
gesorgt. Die Haupt-^Straben sind ziemliefa breit
ond gestatten überall einen freien Durchzog der
Lafty so wie den Zutritt erwärmender Sonnen-
strahlen. Die Hänser sind meistens zwei Stock-
werke hoch und bieten den Wohlhabenden ge*
yämnige und gesunde Wohnungen; doch giebt
ce in den Seitengassen und in den Vorstädten
Tiele schlechte, feuchte und dumpfige Wohann-
E, wo 6 bis 8 Menschen in einer einaigen^
nen und niedrigen Stube, die sie bei ran-
bor Jahreszeit oft wochenlang gar nicht Inflen,
wie eingepfropft beisammenwohnen, darin ko-
cben, essen, schlafen, schmutzige Wäsche wa-
schen und trocknen, ond wenn sie Kinder ha-
ben, noch die Luft mit andern Ausdunstungen
Teranfeinigen« Die Ancahl der sammtlicbea
Einwohner, ohne das Uilitair, beträgt 10,000;
Um Hanseransahl in der Stadt nnd den Vor-
ntSdten 800. Dicht an der Fahrstrafse, welchn
dnrcb die Oberthorrorstadt nber Waldsassen
nach Regensbnrg nnd nber Schimding nach Bay-
lenth führt, nur 280 SchriUe Tom Stadtthore
entfernt, liegt zwischen der'Stadtund derOber-
Torstadt der Leicbeohof. in einem thonigeo, nae-
aen Boden, so dafs bei der Torschriftsraäfsigea
Tide der Gräber, die meisten Särge io's Was-
ser eingesenkt werden miissen« Bei den sehr
rifamlichen Bau- und Verschonernngsplänen,
Weiche man in der neuesten Zeit in der Stadt
ihrer näcbsten Umgebung anszoflibreo bs-
it ist, wäre es für das Gesundbeitsw ohl dsr
Bewohner sebr «f iinschenswerth, einen entlegne-
■B Ort snc Begräbnüselädle sa
- 7Ö -
Endemische Krankheiten gi^bt ei hier ei-
gentlich nicht, wenn man nicht die katarrhali-
echea und rheumatischen , welche allerdiogs
durch den, Ton LokalTerhältniesen abhängenden
•chnellen Temperaturwechsel bedingt werdeoi
darunter rechnen will. Epidemieen werden an«
Iser den gewöhDlicbenKinaerkrank.heiten : Schar«
lach, Slasern, Keuchhusten, in derneuetten Zeit
Menschenblattern u. 8. f» keine beobachtet. Ich
habe in meinem sechs und zwanzigjährigen Wir*
kungskreise nur die Typhusepidemie erlebti
welche in den Kriegs) ahren 1813 und 1814 io
Folge der häufigen Truppen -Durchmärsche hier
geherrscht hatte. Nervöse Schleim- und Gsl«
lenfieber, so wie Wechselfieber konunen mü*
steiis nur sporadisch Tor. Die stationäre Kraek^
heitskoDstitution ist durchaus gutartig und die
Sterblichkeit zeigt kein ungewöhnliches Yerhilt'
nifs. Mehrere Einwohner erreichen da« seltsne
Aller Yoo 80 bis 96 Jahren. Im Jahre 1836 sindia
der Stadt und den Vorstädten 397 Individuen gS"
Blorben , worunter 43 Cholerakranke, 27 Indivi-
duen zwischen dem 70sten undSOsten, and 17
zwischen dem SOatep bis 96sten LebensjahiSf
unter den letztern 4 ron 82, 4 von 84, nndeis^
zeloe von 86» 88, 91, 92 und 96 Jahren, daf
unter 8 Männer 9 Weiber, wovon 1 BeamteTi
4 bürgerlichen Standes, und die übrigen atf
der arbeitenden Klasse der Tagelöhner sind«
Die Wilternngs- und KrankheitskonstitB-
tion^ war im Jahre 1836 vor dem Erscheinaa
der Cholera folgende:
Der BaromeUrstand war im
Januar t Höchster: 27''2'''0 am 2(en.
Niedrigster: 26 4 0 am dOsten.
Mittlerer ; 2« 3 0 iuq &*" w niediig.
— 71 —
tt, fi5cbater: 26'' 11''' 6 •m 14to.
Kiedrigittr : 25 9 f am 26tteB.
BUtderer: 26 4 4 za niedrig.
» Hochiter: 27" 0 6 am Idteo«
Niedrigster: 25 9 6 am 258ten.
. Bfitflerer: 26 5 1 dtmgewöhnlidieoamiilchaCio«
Der Thermometersiand war im
r, HSchster: +4<> 5 den 24tteiu
Niedrigster: —10^ am Isten.
Mittlerer: —3^ zo gelind.
r, Hodister: +i^ 6 den 28stea.
Niedrigster: — 8^ den 2lBten«
Mittlerer : — 1,9 gewöhnlich.
Höchster: +li^ den 22sten.
Niedrigster: —0,4 den Uten.
Mittlerer: ' -f 6* 8 zn warm.
)ie herrschenden Winde waren im Januar
febraar Nordwest, im März West Im Ja-
Tiele Sturmwinde bei häufigem Schnee-
)er; nnr 0 ganz heilere^ 6 halb heitere,
.1 znm Theil heitere Tage. Gegen Ende
r trat schon 'Thaawetter ein, obscbon der
hrttag der kälteste des ganzen Winters war.
m Februar trat wieder Kälte ein , und am
I fortdauerndes Thauweter. Der März war
rärmer als gewöhnlich; am 22sten hatten
choD die ungewöhnliche Wärme yon 14^
ganze y 5 halbe, und 10 zum Theil re*
>che Tage. Der Torherrschende Krank-
barakter, das Dynamische in der stehen*
üdemiscben Constitution, war rheumatisch-
haiisch, sehr zum nervösen sich neigend;
artige Entzündungen der Sufseren Haut*
mng, rheumatische Hals- und Brustent-
Qgen, und entzündlich- katarrhalische Fie-
lt Husten und Schnupfen wurden bei In-
en jedes Alters und Geschlechts beobach«
-Ta-
tet« Im Janaar kamen noeh •loielii^ Fille tob
Varioloidea und Menschenblattern TOTf weicht
im Torigeo Vierteljahre faäafii^ herrschten, and
initaDter todtUch abliefen. Zwei Fälle too Croopi
bei einem 3 and einem 4 jährigen Kinde waiw
den im Februar mit Blutegeln and Calomd
gläcklich gebeilt. .
Der Barometerstand war im
Jfrii, Höchster: W V 4 am 20Bten.
Niedrigster: 25 10 5 ;iiii 2teii.
Mittlerer; 26 2 0 tchr niedrig.
Jfol, Höchster: 26'MO"' 6 am I7tmi.
Niedrigster: 25 11 6 am 2teB.
Hittlerer: 26 6 1 niedrig.
JiHefiit» Hodifter: 26^' 0'" 8 am 27ttei|.
Niedrigster: 26 2 8 am SOsten.
Mittlerer: 26 6 5 beinahe gewSholUL
Der Thermometerstand war im «
Jinil, Höchster s +15* 6 am 24itaii.
Niedrigster; ^-0,4 am 5ten.
Mittlerer: +7^ gewöhnlidlu
JITelj Höchster? «f 17^2 am 23ata0»
Niedrigster; + 1 am lltto^
Mittlerer: 4* 9*1 regelmü^g»
Jwms^ Höchster: 4-21*2 am 17te||.
Niedrigster: 4* 9 am Isten.
Mittlerer: -h^^V zu hoch.
Der April war schon nngewShnlich warm^
wir halten 2 gance, 5 halbe, 12 com Theil reg^^
nerische Tage; im Mai und Junias nnr i Re^i^
genfagi 4 cum Theil regnerisch; anhaltend*
l/Värme nnd Dürre bei Nordwest und WeaU
winden. Der Krankeits- Genius blieb noch' im«
tner der katarrhalisch -rheumatische; die pleo*
ritischen BrustalTectionen erforderten selten eünt
bhitenUiehung. Sierfenfieber neigten aicb apo^
— 73 —
Ii ; so' aach WecbfieTfieber und Terttanty«
letztere wichen bald. Darb eiDem Brech-
r, der anilöseo^eo Methode mit Saliiiiak,
nach 8 bis 12 Gran Cfaioio solphorici,
•Q und Scharlach seigteo eich aalteii und
)er Barometerstand war im
» Höchster: 26" 8^^' 6 am 28sten.
Niedrigster: 26 0 8 am 20sCen,
Mittlerer: 26 4 7 niedrig.
t Höchster: 26^' 8'" 4 am Isten«
Niedrigster: 25 3 0 am 23sten.
Mittlerer! 26 ö 7 niedrig.
>, Höchster: 26" 8'" 4 am 23stem
Niedrigster: 25 11 8 am SOsten.
Mittlerer: 26 4 1 Her niedrigste in diese«
Yierteljabre«
)er Thermomeierstand war im
Höchster: +22^2 am 29steiu
Niedjigster: +7,6 am 28sten«
Mittlerers +14^9 gewÖbnUclu
y Höchster: 4-20<'6 am 14ten.
Niedrigsten 4-8 am 3Isten.
Mittlerer: +14^ etwas za niedrig.
», Höchster: *("21<* am 5ten.
Niedrigster: +4 am 23sten.
Mittlerer: +12J^ gevföhnÜdb»
[)i6 Sommermonate zeichneten sich durch
9 Wärme und aobaltende Dürre aus. Ein
tter war eine höchst seltene Erscheinung;
[orgeu meistens ktihl; die Kächte durch-
alt, bei Mord west- und Westwinden« Im
k hatten wir nicht einen einzigen Kegeo»
m August so wie im September nur ei-
§anC| 2 halb^ 7 cum Theii regnerische |
ms, 6 halb, 9 zum Theil heitere Tage,
lerrschende iLraukheits* Genius war Uioili
i
J;
— 74 —
entzuDdlicb'-rheumatiscIii tbtilt gaitrlicli-bilSi
mit beftoiidererNeigaog zum erretbi8ch-oenii>
sen. 'VVecbselüeher kamen selten, 3Iasero oi
Scharlach sehr gutartig vor; bei einem eioiign
robusten , erwachsenen SaharlacbkrankeD wi
ein Aderlafs noth wendig^ um die InteDiitätfa
firteriellen Erregung in der sensiblen Sphit
herabzusliinnien ; ein dreijähriges Kiol süi
an einer Scharlachmetastase nach den Faioii'
den. Die im Julius und August jährlich \k
Yorkoinmende einheimische Brechrahr irufl
dielsniai gar nicht beobachtet; statt denelba
©ber hiiuli^e Diarrhöe mit kongestiv- emtl»'
scher Kinplindlichkeit und Reaktion derDad*
Schleimhäute. Es ist bemerkenswertb, dalsW
den Kurgästen in Franzensbad UDge^üboU
Ivleine Gaben der Salzquelle, und selbst der s*
«enhaltigen Franzensquelle beträchtliche Slnlii' 1 ^
cntUerungen bewirkten, und in Folge der lo»
desten Erkaltung oder sonst eines unbedeclCB'
den Diiitrehlers sogleich Diarrhoe eintrat, &
r.bcr keinen biliösen, sondern mehr erretbudh
nervösen Charakter zeigte. Ich bin nicht ab*
geneigt zu glauben , dafs die Furcht vor 1b
Cholera den Unterleib zum Centralheerd b
Ileüexes jedes diätischen Krankheitsreizesmadilii
indem täglich Kachrichten einliefen, dats &
i:ei'ürchlete Krankheit seit den letzten Tagen to
Juuius in Wien grofse Verheerungen anrichtA
und gegen Ende des Augustmonats auch ii
Trag schon ihren ganzen Ingrimm zeigte. ||
der zweiten Hälfte des Augustmonates fiogli*
Xiuhr an zu herrschen und entwickelte v*
unge^YÜhDliche Bösartigkeit. Ipecacuanha, &■
lomel mit Opium, Kux vomicai schleimig -oli^
und zuleisit schleimig -bittere und tonischsSli^
— 75 ~
tel 2eigleii sich hilfreich; doch »iod yod 29
Krank'en 7 gestorben.
Der Barometeraiand war im
Oetoher, Höchster: 26^' 9''^ 8 am 22sten«
Niedrigster: 25 10 8 am 29sten»
Mittlerer: 26 5 6 zu niedrig* - ^
Novhr., Höchster: 26'^ 8''' 5 am 9ten.
Niedrigster: 25 6 5 am ftten. '
Mittlerer: 26 15 sehr niedrig.
Dechr^ , Höchster : 26^' 8''^ 8 am 18ten nod 2Uten,
Niedrigster: 25 5 2 am lOten.
Mittlerer: 26 1 0 der niedrigste im Jahre«
Der Thermometerstand ysrar im
Ocioler, Höchster: -f*16<>y2 am 6ten uBgewöhnlidi warm*
Niedrigster: ,3^2 am 3Isten.
Mittlerer: +6®5 zu warm. ^
Nüvhr.i Höchster: + 8^3 am 28sten.
Niedrigster: — 4,5 am 2teii.
Mittlerer: +1)9 gewöhnlich.
Declr»f Höchster: +7^ am 4ten angewöbnllch warm«
Niedrigster: — 9"5 am 31steo.
Mittlerer: +l°2 zu warm«
Die WitleruDgsbeschaiFenheit war, wie es
ia deo HerbstmoDaten hier gewöbDlicb der Fall
ist, vorzüglich gut ; ungewöbolicbe Wärme, an-
faalteod schöne, heitere Tage bei herrscbeoden
Nordwest- und Westwinden. Wir hatten im
Oktober 10 ganz, 6 halb, 7 zum Theil heilere
Tage; im November 4 ganz, 8 halb, 6 zum
Theil trüb und regnerisch mit Schneegestöber;
xiur die ersten zwei Tage im November waren
kalt, am 3ten trat schon wieder Regen ein, bei
einer Temperatur von +2° R. , am 4teD war
die Temperatur zu Blittage ^-6°, am 28stea
sogar ^Ü^ R, Die Kraukheitskonstilution blieb
«Di^iiiidlicb-l^atarrbaliBcb igll^J^W'^'^S ^^^ ?'**
— 76 —
riscIi-DeiTctsea Charnkter» Keine Maiara meliri
kein Scbarlach| keine Wechsel- und keine oeN
YOten Fieber« Anfangs Oktober hatte ich nock
3 Ruhrkranke und einzelne Diarrhoen su behan«
dein. — In der Nacht yom Isten Oktober starb
Antonia W. von 45 Jahren, in der Stadt, an-
geblich an einer Gedärmentsiindung (?), nach
einem 488tündigen Krankenlager unter Erbre*
chen, Durchfall^ eigen thiimlich veränderter^ gaai
heiserer Stimme^ nachdem sie an einer DiarrAof
leidend, am 4ten Oktober von Prag snräckgs-
kommen war, wo die Cholera eben noch be-
deutend wiitbete. Da ich die Kranke nicht ge-
sehen habe, kann ich meine Meinung darBbsr
nicht äufsern, ob dieser Krankheitsfall nicht
der erste Cholerafall in Eger gewesen sei. *— Am
.8ten Oktober wurde der hiesige Stadtwandarst
Hr. Büherl Bu einigen armen Kranken in dir
SchüTthorrorstadt gerufen, welche theils an
Diarrhöe, theils an Brechdurchfall litten. Nach«
dem am 12ten von diesen Kranken 6 geslo:-
ben waren , machte Hr. Büberl^ als Terpflich^
teter Todtenbeschauer hieron die amtliche An^
leeige. Durch die Ton mir als Stadtphysikuir
gepflogene Unterauchung ergab sich, dafs dier
engezeigte Krankheit die wahre asiatische Cho«
lera sei, deren wirkliches Dasein durch die
nachfolgende k. kreisamliiche Untersuchung be*
stäligt , das nothige Vorhauungs - und HeilTer-
fahren festgesetzt und die zweckmäfsigen poU-
seilichen Maafsregeln ohne Verzug eingeleitet
worden sind. Auf diese Art war de> asiatische
Gast bei uns eingekehrt, ohne dafs sich durch
die bisherige Wilteruugsbeschaffenheit, oder die
bisher beobachtete epidemische Krankbeitskon"-
stitution die Entwjckelung dieser bosea Plage
genügend nacbweiien liefse.
ina Dimtolinnir äe» tUglicfacB TTTHernDgab
tniufli iD Vergleich des löglicben Kran-
ndei wahrend dar Dauer der Cholera vom
Octobar bis . 12 Pforember 1836 möchte
icht am nnrechten Orte leia, *)
ttiode.
Bwomet
Tiier-
momet.
rung.
1
i
1
J.frÖh
r.Mttt
J.Ah.
26" 2"'4
_ —8
— .T"0
+ 6<»,2
+10
+ 8.5
Trnb,
10
1
5
4
26" 3"'2
- 2"'6
— S"'8
+ 5»
+11,3
+ 93
Hell.
Siehein
17
]
7
ft
26" 5"'0
— _ 8
— 6'"*
+ «»,5
+13.6
+12
Stebein
.5
»
12
10
26" 6"'6
— 08
+ 7V
■-12
+11.8
Schein
33
3
12
18
26" 7"'8
-80
+ 7»
+14,5
+11,8
&cheii.
4&
4
17
U
26" S"'3
2
+ 7'',6
+12;i
+u
Trüb.
Siebein
Trüb.
55
5
20
30
26" 8'"5
6
+ fi'
+1IJJ
+10
Trüb.
Ol
9
21
91
26" S"-?
6
+ 8»,6
+11,2
+10,2
■^
«
18
22
25
B meteorologiscben ßeobaehtangen veidanke ich den
ÜKen Apotheker Herrn £«rf KMtr, äer dieselben
die Pnger pairiotiicb-ökeDOiiiiKlie GeieUMh*ft
t JahiM aul»icline(t
T»E.
S[iinda. DMomet. Thei^
■nomeL
roog.
.1
U
1
f
1
20.'
7U.(mU
lU.Miil.
5 1-'. All.
20" 8"'3 + 8"^
2 + »
+ 7.5
Tr5,b.
Sflcbein
68
28
23
XI
'^l.
26" 7"'5 + 5»
_ 8 0 -H 8
1+6
Keßen.
Uell.
Regen.
73
34
25
u
•£i.
2ti" Ü"'8 + i°.ö
+ 8,5
5+8
Trüij.
Hell.
76
36
27
13
23.
2b" 8"'e + 2"
4 + 7,2
_ 7'" 8 + 7
Sädieio
Hell.
77
40
27
10
24,
2b" J"'5 + 5",5
6 + 7
+7.2
l-.ük
Rrgen.
78
40
29
g
25.
20" 7"'8 + 7'*,5
6+10
+ 8.4
T/Üb.
SEchein
Hall.
70
43
29
7
20.
26" ti"'8 + 7»,8
6 + 0,8
0 + 8.5
Hegen.
Hell.
Trüb.
79
43
29
7
27.
26" 4"'6 + 7«,4
— 2 8 + 7,5
-14+7
Trüb.
90
43
43
33
34
li
28.
26" Vi + 2"
+ 3,5
-1"'6 +1
Hell.
Schnee
m.Ucg.
Hell.
90
13
2B.
26" 0'" 0
25 11 +2,5
— 10 8 +1
Sachein
Hell.
TtiJh.
92
43
35
14
30.
25"ll'-'6 — 0,5
8 + 2
26 0 3 — 0,8
Scb^ee.
S.=hein
Schnee.
92
43
38
H
äiT
26" 2'"6 — 3'2
-36 0
— SO — J
Sscüein
92
47
38
3
Tif.
Stn'ndc
Ther-
momet.
Witte-
rung.
1
i
1
1
1
¥
Kot.
1.
7 Ü. früh
10.Mitt.
5 D. Ab.
26" 6"'0
i
6
-30.6
+ 0,2
-i,a
Hell.
Schnee.
!Sscli<.'in
92
49
38
2.
2Ö" 6"'6
— 5'" 8
-o>
Sscliein
TrÜt,.
93
51
38
3.
2&' 3'"8
— — 4
0
-0.5
+ 2,
+ 1.2
Sclinee.
■I'iiili.
94
51
40
4.
2Ö" 1"'8
2
+ 2'',6
+ ü,5
+ 4
Keyeri,
Heil.
Ü7
0,
41
*
6,
2&"ll"'0 + 2"
— 7"'4 + 4
-65+ 4.r>
Rege«.
97
51
42
fi.
■i'yiv'i
2ß" 0 0
+ 3
Sicliein
Hell.
Sscbdn
97
51
42
7.
■
5
— I"'0
+ 0,5
+ 2,5
+ 1.&
Schnee.
Sicheifi
98
52
«
4
e.
26" 5"'0
8
-08
+ 0.0
+ 2
+ 1,8
Hell.
SjcUein
Sclinee.
98
52
«
0.
26" 8"M
0
Trüb.
Sscbeln
Trül..
98
55
42
n.
26" 7"'2
— 6 6
i
— 2"
+ 1
^Sicllein
Uell.
Triil,.
98
55
42
26" 4"'8
0
— 3"' 8
+ 0,5
+ 1
Hell. 1
S.cbein<98
Hell. 1
55
42
26" 3"'0
4
6
+ M
Ttüb.
98
55
4J
0
— 80 ~
Dtetef Vebenicht isa Folge ist die -Chokim
bei einer ungewöhnlich warmen und gaostigeo .
Herbstwitterung ausgebrochen, hat bei anhoU'
tend schönen und heitern Tagen ihren Kolmi«
nationspunkt erreicht, und ist bei einer feuch-^
ten, mit einigen, schnell dazwischen tretendep'
und eben so bald yerschwundenen Froitlagen
vermischten, regnerischen Witlerungbescbaffen«
heit, und bei sehr niedrigem beinahe dem pief'
drigsten Barometerstande des gansen Jahres er^
loschen. Eben so bemerkt Herr Doktor und.
Professor Krombholz^ zu jener Zeit Direktor
der Cholerahotpitäler in Prag, dafs daselbst in
den Jahren 1831 und 1832 die Cholera in.ih«*
rem Steigen und Fallen, mit den YeräDdenin«
gen des Barometers, Thermometers, Hjgrome«
ters, mit der Stärke und Richtung der Winde,
und der übrigen WitternngsbeschaflEenheit in
keinem VerhJiltnisse stand, dafs bei der an«
günstigsten Witterung wenige Indiriduen in
den Krankenstand zugewachsen sind, und bei
günstiger WitterungsbescbaiFenheit die Zahl der
Erkrankungsfalle sich täglich mehrte, und ab^
gar ihren höchten Punkt erreichte.*) Anch
Ton den Aerzten auf dem flachen Lande Ton
Oestreich unter der Ems wird angefahrt, daCs
die WitterungftbeschaiTenfaeit wenig Einflulii auf.
die Ausbrüche der Cholera zeigte, da dieselbe
sowohl während der kalten, stürmischen nncl
nassen, als während der heitersten warme^^
oder kalten Tage theils stattfanden, tbeils tucht
erfolgten; und die einmal Torhandene Epidemie .
öfters während der heitersten trocknen nnd
*) S. dessen General -Rapport über die asiatische C8io*.
ledi sn Prag im Jahre 1831 tu 183% G^ 14 tf; '
-- »l —
%artneo pder katten Witterung noch fer&erZo«
Qjibme oder in ihrer Hohe fortbestand. *)
Mehr Einflufs als die Jahreszeit and Wit-
teroDgsheschafTeoheit dürfte die Lage des Toa
der Cholera befallenen StadUheils auf die Eni«
etehaeg der Verbreitung der Terheerenden Seü'-
che dem . Anscheine nach haben. Die Schiff-
thorTorstadt, Vfo sich die Cholera zuerst und
beinahe einzig und allein zeigte, liegt, iwie
oben erwähnt worden^ unmittelbar am siidli-i
chen Ufer des EgerflusseSi in der gröfstea der
Veberschwemmung ausgesetzten Niederung^ ia
einem feuchten Wiesenthaie, grofstentheils roa
der ärmsten Klasse der Tagelöhner und Hand«
arbeiter bewohnt, welche in niedrigen, feuchten
und bib und wieder schmutzig gehaltenen Hut«
ten gedrängt beisammen leben, und meistens
Ton Kindern überhäuft, sowohl gegen Nahrungs*
sorgen als niederdrückende Gemüthsbewegun-
gen anzukämpfen^ haben. Dazu kommt der Man-
gel, an nahrhafter gesunder Kost, so wie an
Eweckmäfsiger warmer Bekleidung; der iia
Herbst häufige Genufs von Schwämmen (Pilzen),
.und schlechtem unreifen Obste; endÜch der
Gebrauch des zum Kochen und Trinken bei
niederem Wasserstande, wie 6s bei der ^nbal«
fanden Dürre des letzten Sommers der Fall
war, weniger geniefsbaren Egerfiufswassers,
worauf die Bewohner dieser Vorstadt meistens
beschränkt sind. Alle diese Schädlichkeiten und
nachtheiligen Lokalverhältnisse sind aber nicht
neu^ sind seit undenklichen Zeiten Torhanden
gewesen, ohne dafs je eine bösartige Krankheit
als die unmittelbare nothwendige Wirkung bie-
*} Darstellong iler Brechrohrepidemie, ton Dr. J, Jm
Knolz , k.« k. Regfemngirsthe und Saoitätsreferenteiu
Wien t834. S. 36»
Io)ini.LXXXIV.B.4.Sft T
— 82 —
TOD beobachtet worden TvSre. Um so weniger
kann die asiatische Cholera, als eine fUr .ups
neoe^ in ihrem Charakter eigenthumlicbe Krank-
heit dadurch bedingt werden, und ihre ToUe«
nngetheilte und hinreichende Ursache kann .in
diesen , seit jeher hier obwallenden Lokalitäten
Verhältnissen nicht gesucht werden« Das dis-
ponirende Causalmomeot, die Anlage, mochte
allerdings in den angeführten Umständen Begann
stignng finden; allein die äufsere^ die Gelegen-
beitsursache zur wirklichen Entstehung und anm
Ausbruche der eigenthülnlichen Krankheit kann
nur in ' einem ebenfalls eigenthSmlichen äoliern
Impuls liegen* Eine Seuche,, die in Jessore
wie in Orenburg, an den Ufern des Ganges
wie an den Ufern der Donau, in CalciUtta wie
in Moskau, in Warschau wie in Paris, in Ber-
lin wie in Wien, in Prag wie in Mönchen d.
s. f. als eine und dieselbe Krankheit, mit dem-
selben eigentbümlichen Charakter, mit deneel-
ben pathognomonischen Symptomen eracheinf^
kann nur aus einem und demselben eigenthüm-
liehen Saamen hervorkeimen, aus welchem über-
all nur eine und dieselbe Frucht hervbrftpfo^
Dieser eigenthumlicbe Same diirfle nach in^-
nem Dafürhalten nur ein bestimmtes i eigeiH
thümliches^ wenn auch in seiner beeoBdetii
Einwirkung nicht naher zu. bezeichnendes Che*
leracontagium seyn. Es cheint zwar ein Wag-
nifs, das Wort ,^Contagion" auszusprechen^ da
so leicht mit dem Worte Contagium ein gans
falscher, unrichtiger BegrüF verbunden wird,
und dabei zugleich eine absolute Nothwendig-
keit der Verbreitung durch Ansteckung gedacht
wird. So vier triftige und seichte Gründe (üf
und gegen die Ansteckungsfähigkeit der asiati-
schen Cholera von Aerzten und NichtiInBteli
— 83 —
vorgebracht yrordeo sind^ so kAAO d^ber,
glaube ich, kein Zweifel mehr obTKalten^ dau
die Ansteckung durch die Qpmittelbare Betiih* .
rung det Krenken, oder der Dinge, welche mit
demselben in Beriibmng waren^ nicht notliwe^
jdig erfolgt, wie diefs in Hinsicht auf das Cöo-
tagium der orientalischen Pest, dea Aussatzes,
der Krätze, der Lustseuche u* s. f. Stattfindet,
dafs daher das Cholera • Contagium an einen
sichtbaren, palpabeln Stoff nicht gebunden, aUß
nicht fixer Natur ist*
Bei dieser auf reine schlichte Thatsachen,
wie sie sich dem unbefangenen Beobachter dar-
bieten, gegründeten Ansicht, stellen sich alle
Saoitatscordons, so wie alle Absperrangs- und
Qnarantaine - Anstalten bei der Cholera als nutz-
los und überflüssig dar, so sehr dieselben zur
Abhaltung der orientalischen Pest durch unwi-
derlegbare Erfahrung bewährt, und insbeson-
dere in ihrer von der k. k. östreichischen Re-
gierung an den Grenzen des ottomanischen
Reiches musterhaft stattfindenden Anwendung
mit dem sichersten Erfolge gekrönt worden sind*
Abgesehen ron der Theorie, dafs zur Erzeugung
eines fixen Contagiums wesentlich Entzündung
gehört, welche das Wesen der asiatischen Cho-
lera gewifs nicht begründet, so ist es nur zu
sehr bekannt, dafs durch Beobachtung des streng-
sten Pest-Reglements in dem Jahre 1831 die
Cholera Ton der Haupt- und Fiesidenzstadt
lYien nicht abgewendet werden konnte, wel-
ches eben so wie bei der orientalischen Pest
geschehen sein würde, wenn das Cholera- Conta-
gium, wie jenes der Pest fixer Natur wäre.
Wenn Ton Bayern und Sachsen behanptet wird,
dafs in den Jahren 1831 und 1832 dieCholefn
^on diesen Ländern durch ' dSm AbsposraB|p-
~ 84 — ,
«nd QaaranfBilne i^ Aofttalteb abgehatten* wotA«I|
bl» lo mofa der onbefaiigaDe fieobaditer im^
mer fragen , ob in diesen Absptrningsaiulalten
die einzige, zureichende Ursache der Abwen-
dung dieser Seuche von Jenen Ländern mit Si-
cherheit nachzuweisen sejr, nachdem es diueh
unbestreitbare Erfahrung sicher gestellt ist, data
fiberall, wo die Cholera hemchte^ ganse D»*
strikte^ die keine Sperre und keine Contninax
hatten, von derselben verschont geblieben sind.
Der an Baiern und Sachsen grenzende Beeide
Ton Eger und der ganze Elnbogener Kreis jg^
ben hiervon den schlagendsten Beweis» l¥ir
waren hier gegen die angrenzenden Kreise B8h»
mens, wo die Cholera allgemein verbreitet und
zur vollendeten Epidemie entwickelt war, durch
keinen Sanitätscordon geschützt^ und blieben
doch von der Seuche verschont jLnck nnser
Grenzverkehr mit Baiern und Sachsen war un-
geachtet der Sperre im Wesentlichen gar nicht
ge&tort, daher die Möglichkeit einer Verbreitung
der Cholera dahin wohl vorhanden war» ohne
dafs letztere doch wirklich Statt gefunden hätte«
Im öegentheile trat die Cholera im Oktober
und November 1836 in Eger auf; Baiem und
Sachsen waren durch keine Sperr- und Qua»
rantaine - Anstalten geschützt und blieben von
der Seuche an unserer Grenze verschont^ indeb
das asiatische Ungeheuer in • der Ha^pt * nnd
Residenzstadt München auftauchte^ ohne sieh
über den Weg dahin, oder über den letstaft
Aufenthaltsort, ob Triest, Wien oder Prag, ge«
hozig legitimiren zu wollen»
Bei näherer Würdigung dieser TbatMchna
wird kaum ein unbefeingener nnd gevrisaenhaf«
ler Arzt an die betreffenden Behörden sein
— 8* —
hffrfg inotlvirtei Oatachten dabio iiaiateUen« dalii
Sanitäta - CordoDS und QoaraDtaine * Anttalten
sur Abwehraog der Cholera DÜtKÜch oder notb-
weadig ^ären , and Niemand darfte e3 rerkeii-*
nen, welch grofiea Verdienst um die Menscb»
heit und Wissenschaft die österreichische Me-
dicinalbehorde durch die zuerst in Europa ein««
geleitete Aufbidbung des Pestreglements und AIh
Schaffung aller zur Abwehrung der Cholera ba«
atandenea Sperr- und Quarantaine- Anstalten
eich erworben bat. ^)
Wenn sich über das Wesen des Cholera-^
Contagiums eben so wenig, als über die Qna«
Jität anderer Contagien aus unmittelbaren Beob-
achtungen etwas entscheiden läfst, so mochte
es doch an anbefangenen Wahrnehmungen nicht
fehlen , welche beweisen , dafs dasselbe sich in
der Atmosphäre verbreitet, wie das Contagium
des Typhus y der Masern, des Scharlachs u. s. f,^
dafs es daher flüchtiger Natur ist, und seine Ein-
wirkung auf jene Individuen äufsert^ welche in
die Atmosphäre des Kranken kommen, Dafs
' aber die Intensität desselben , so wie die Re-
ceptiyität dafür nicht überall in einem solchen
Grade vorhanden ist ^ um noth wendig die Krank-
heit zu erzeugen, d^Is daher die Contagiosität
der Cholera nicht so furchtbar sei, als das Pub«
likum fürchtet, möchte daraus hervorgehen,
dafs sich viele Menschen der Einwirkung des
Contagiums aussetzen können, ohne von der
Cholera ergriffen zu werden, weil sie entwe-
der die gehörige Beceptlvität nicht haben, oder
weil das Contagium nicht mit einer solchen
Intensität auf sie einwirkt, die zureichend wäre,
die Krankheit zu erzeugen« Möglicherweise
*) S. KmUs a« a. Vorrede u. S» 2M*
— 86 wv
kann von einem gesQiicIen Menschab eine m
kräftige Reaktion dem aofgenomraeDeo Contav
ginm entgegengesetzt \?erden, dar§ daastllii
gleich nach der Aufnahme ivieder aDsgestofseBi
oder neulralisirt nnd so zerstört wird , daCs die
Krankheit nicht entstehen kann." Diefa findet
gewifs in den vielen Fällen Statt , wo Geist*
liehe, Aerzte, Krankenwärter und andere Sa-
oitäts-IndiTiduen in der Atmosphäre von Cho*
lerakranken sieb anfhaltep, nnd sogar in nü«
here Berührung mit den Kranken selbst kern«
men, und doch Ton der Krankheit yerschoDt
bleiben. Es ist eine hekannte Thatsache, dab
weit weniger Aerzte und K-rankenwärter an der
Cholera als am Typbus erkrankt und gestorben
sind. In Eger ist nicht ein einziger Cbplera*
kranker ohne die Tröstungen der Religion, ohne
ISeichte und Abendmahl gebliebeui und doch ist
kein Geistlicher erkrankt. Auch die Aerzte nnd-
Krankenwärter sind alle von der Krankhei|; Ter?
schont geblieben. Dafs das Coniagium hier kei^
nen hohen Grad von Intensität entwickelt, und
auch keine bedeutende Mittheiiung und Verbrei^
tung desselben durch die Atmosphäre Statt gefu»-.
den hat^ wodurch das Contagium zu einer Eni« .
demie gesteigert worden wäre , dürfte wohl
4araus zu ersehen seyn, dafs die Seuche 'bei*
nahe einzig und allein auf ihren Entstehubga«
ort^ die Schiffcborrorstadt^ beschränkt bliäb.
dafs sie nur unter der ärmeru Volksklasse ^ bä
welcher rermöge der im Vorhergehenden aüh.
geführten Umstände eine gröfsere ReceptiTital
nicht zu .verkennen seyn möchte, ihre Opfer
suchte, und dierorpefimerey wohlhabende Klasse^
Ton Einwohnern ganz verschonte. Es sind fnck.
in einer Familie nie mehrere' Individuen zu
gleicher Zeit e/krankt^ sondern dem ersten Efi-
— 87 —
knmkungsfalle folgten In längerer oder kttnerer
Zwischenzeit erst die andern. Die Anzahl der
Erkrankten war in der SchilFthorrorstadt « dem
ursprünglichen Gholeraheerde, während der er»
sten ö: Tage , vom 8ten bis 12ten Oktober nor
auf 10 gestiegen^ bis 14ten waren 25 erkrankt,
3 genesen und 12 gestorben i 10^ in der Be-
handlung rerblieben; darunter waren schon 2
Kranke in der Stadt selbst^ nämlich die beiden
Leichen weiber^ Anna L. und Margaretha G.,
welche mehrere Leichname von Cholerarerstor-
benen in der ScbüFthonrorstadt nach hiesigem
Cißbrauche abgewaschen^ angekleidet und in r
den Sarg gelegt hatten. Sie wohnten beisam-
men im sogenannten Graben, nicht weit Ton
der in Wallensteins Geschichte bekannten al-
ten Burg, einem ziemlich hoch gelegenen Stadt-,
theile, ip einer zwar kleinen, aber rein gehal-
tenen Stube des Erdgeschosses« Die erstere^
64 Jahre alt, hatte von einem am 29sten Sept«
an der Herbstruhr yerstorbenen Bürger das Bett-
Stroh ohne Scheu in ihr eigenes Bett genom-
men, und bildete sich ein, in ihrer Furchtlo-
sigkeit einen Freibrief gegen alle. Ansteckung
zu haben ; sie wurde bald darauf von einer
Diarrhöe befallen , welche sie ' die ganze Zeil
hindurch Ternachläfsigte, verfiel am 12ten Ok-
tober des Morgens um 3 Uhr in das Stadium
cholericum, und fiel als Opfer desselben am
16t9n BliUags. — Die Letztere, 48 Jahre alt^
ist noch im Vorbote nstadium hergestellt wor-
den. Da die Vermuthung allgemein wurde,
dafs diese Leichen weiber in Folge ihres Auf-
enthaltes in der Atmosphäre von Gbolerakran-
ken von der Krankheit ergrilTen worden wären, .
so fing mau an, aus Furcht und Angst überall,
über üollern im Unteileibe, fremdartige Emr
— 88 —
"V.
p&iidongea im Magen und in den 6ed8rmeB|
über Scbwlodel und Eingenömmeoheit des Ko^
pfet zu klagen. Doch erkrankten in den an*
gräozenden Häaiern nur Magdalena D« und
Magdalena K. an den wirklichen Vorboten dei
Cbolera. Erstere genas nach einem genomme«
Den Brechmittel aus Ipecacnanha, und letztere
"wurde in das Stadtspital gebracht, wo aiis am
268ten am Choteratyphoid atarb. Ihre Tochter
Karoline K. ist später von der Cbolera bnfal*
len worden, und wurde noch im Zeiträume der
Vorboten gerettet, so wie eine Nachbarin« EvaH.
In einem kleinen ^ in der Nähe der Stadtmantr,
beinahe auf dem höchsten Punkte der Stadt ge-
legeoea Häuschen« erkrankte am 17ten eine
amie Frau, Era F., an der Cholera; obschon
Miteigentbiimerin der kleinen Hütte » wohnte
sie in einer Stube des Erdgeschosses gemein-
achafilich mit einem Taglobner « Ehepaar , und
lebte in Tuiliger Armuth auch nur rom Tage-
lohne. Sie legte sich in das ärmliche Bette ih-f
rer Schwester, der D* i und starb am 19ten
im Stadio cholerico. Am 23sten erkrankte das
in der Stube des Erdgeschosses mit der Fran
F. wohnende Taglöhnerweib , Ursula R«, und
starb am 26sten im Stadio einer unTolIkomi-
znenen Reaction. Des Tags Torher , am 22sten9
wurde auch Karl D., der Schwager der Fran
F., in dessen Stube letztere gestorben war,
von den Vorboten der Cholera ergriffen^ nnd
ist im Sladio opportunitatis, wo ihm die DiaiH
rbüe die ineisten Beschwerden verursachte, nach
8 Ta^en genesen , während am 26sten zwei sei-
ner Kinder erkrankten, ein Knabe von 12 Jah«
ren , und ein Kind von anderthalb Jahren, eben*
falls ein Knabe ; letzterer starb in 48 Stunden,
ersUrer nach ciaezu d^eitä(i{|ren fi^ankenlageib
— 8» •«.
Am 28steq vrar^e «nch dl« Fra« den -Karl D^
nebst zwei Töchtero, , eitiom 8- uod eioeni
ISjäbrigen Mädcbea toq der^ Cholera ergrifleii}
die beiden Mädcbeo genasen und ^ die Mutter
starb am Choleratjpboid den 3ten NoTember.
Eine Verwandte , welcbe die kranke Familie
ivahrend der ganzen Dauer der Seucb« bedient
und gepflegt hatte, blieb gleichwohl gesund, so
\?ie der Ehegatte der im Erdgeschosse der ver-
storbenen Ursula R.^ dann zwei aqij^re arme .
Tagelöhner,' die in demselben Erdgeschosse in ei«* ..
Dem abgesonderten Stübchon wohnten, und noch ;
zwei arme Frauen, welche im ersten Stockwerke
in einer kleinen Kammer neben Karl D. ihre Woh-
nung hatten. In dieser ärmlichen Hütte sind
demnack von 14 darin wohnenden Personen ,
8 von der Cholera ergriffen worden und 6 ver-
schont geblieben, von den 8 Erkrankten sind 5^
gestorben 3 genesen. So sehr die Cholera ihre
Herrschaft hier ausbreiten zu wollen schien, so
ist aufser in dem angeführten Häuschen in der
ganzen Umgebung kein Erkrankungsfall vorge«
liommen. Nicht weit dsTon, am sogenannten
Rotenbühl sollen noch 3 Cholerakranke gewe-
sen seiuj die ich aber nicht gesehen habe, und
wovon 2 gestorben sind, einer ist genesen. la
demselben Stadtviertel erkrankte am 19. Okto-
ber eine Tagelöhnerfrau von 48 Jahren , Ursula
G., uod starb am 22sten Mittags an der Paralyse
im Stadio einer unvollkommenen Reaktion«
Sie hatte ihre Tochter, die in der Schiffthor-
vorstadt eine der ersten Cholerakranken war,
besucht, und nach dem Tode derselben den
Schwiegersohn mit 2 kleinen Kindern in ihre
Wohnung aufgenommen« In der nächsten Nach»
barschafi starb am 20sten Oktb. Magdalena L^
die 31^ bei einem rerwandteu SläUer^ velcbur.
— 90 —
am 17teii Inoneii 12 StQDden in dar ScUAIior-
vorstadt ao der Cholera starb , mehrere Tage
lang aufgehalten hatte ; -sie wurde am 208len Blor«
gens um 3 Uhr in ihre WöfatauDg krank sih
rückgebractit ; und starb bis Mittag desselben
Tages, lof diesen beiden Häusern ist eben so
wenig ate-in einem d6r angrenienden Bänser
«in Gholerafall niebr Torgekommen. ' Allein die.
Tochter der Torerwähnten Magdalena L., an
den Tochsdieerer T. am Rosenbübl Terheiratbet^
hatte einige Stunden bei ihrer sterbenden Mnt»
ter zugebrachty erkrankte in PcAge einer heftigen
Erkältung und erlittenen Gemütbübewegung am
4ten November und starb am 12ten apoplek-
tisch' im Sladio einer Hbermäfsigeo Reaktioni
obschon ihr reichlich zur Ader gelassen woi^
den war. Diefs war der letzte Cholerafall in
Eger. In der Schiffgasse ist schon am 19ten
Oktober ein Mehlhändler, und in dem zunacbsl
am Obertbore innerhalb der Stadt gelegenen
Hause am 23sten Oktober ebenfalls ein Mehl^
bäodler erkrankt, Sie hatten sich beide in der
Mühle des am 17ten Oktober in der Scbifflbor-
Torstadt verbtorbenen Müllers auf|^ehalten , und
find beide im Vorboten -Stadium gerettet wor«
den, ohne dafs sich in den angrenzenden Häa<«
Sern eine Spnr Ton der Cholera gezeigt hätte«
In der Oberthor- und Brückentbor- Vorstadt ist
Überall nur ein einziger Erkrankungsfall, und
unter den zahlreichen, mitunter sehr armen Be-
wofanern dieser beiden Vorstädte keine weitere
Verbreitung der Seuche Torgekommen. Es ist
bemerkenswerth ^ dafs unter den wohlhabenden
Bürgern , unter den Beamten und Honoratioren^
8D wie unter dem MilitciiV, nicht ein einziger
Erkrankungftfäll Statt gefunden bat.i Eben so
Weüig hat sich in- einem nahen oder eatfernten
- 91 —
des: ganzen Benrke ein Cholerakiank«
zeigt. Die Bewohner Ton FranzeB&bad
zur Zeit der in Eger hemclieBden Ciio-
as löblicher Vorsicht ihre Ortaarmen nn-
zt, für gesunde und geräumige Wohnno«
»rselben gesorgt^ und der Kurort ist, so
ie Umgebung, von der Seuche gans frei
>en^
ei dieser der strengsten Wahrheit gemäfa
hneten Verforeitongsartder Cholera inEger,
kein Zweifel obwalten , dals hier keia
lischer Einfluls , sondern nur eine in dea •
D Fällen offenbar nachzuweisende Anstek-
den Ausbruch und die Verbreitung der
cheo Seuche Teraolafste, und das sonst
beerende Uebel hier durch zweckmäfsige
einzuführende ärztlich - polizeiliche SlaTs-
sowohl y als durch WohUhätigkeits- An-
, ohne Sperre und Conluinaz, in seinem
iien unterdrückt worden ist«
ie pathognomonischen Krankheitserschei- .
), ii>it welchen die Cholera hier auftrat^
wie überall, folgende:
) Eine ganz eigenihümliche Veränderung
hysiognomie (Facies cholerica), die dem
rksamen Beobachter in ihrer Eigenheit so
luffallty dafs es nicht nothig ist, sie oft
len^ um sie alsogleich wieder zu erken-
Es ist nicht das bekannte Hippokra tische
it mit gespitzter Nase und zusammenge-» *
tn ]Vaset)ilܣrelD, sondern es ist der Aus-^ .
des allmhhiichen oder plötzlichen Schwin-
»Her Lehensiülle im matten , glanzloseo,
* tiefer io seine Hohlen sich zurückzie-
D, mit bleigrauen Bingen umgebenen Au*
is ist das Grinsen des Xodes imlel)en<i«ii:
.— la —
GMicIltd; wojarch Bchon das BagibBeii Ar
Krankheit I das Stadiam imrasionia cbarakfori-
atisch beeeichnet ist. Je scbneller sich diase
Facies cholerica ausprägt, desto iDteosirer ist
der Anfall der Cholera, desto grober die Gefahr.
2) Eine eben so charakteristisch veränderte
Stimme (vox cholerica) f eine gleichsam' sin£»
fen weise Abnahme derselben, mit einer eigen-
thumlichen Rauhigkeit und Klanglosigkeit his
za ihrem Erloschen, wodorch die allmählige,
in Folge des ErgrifEensejos des Nerms sympa*
thicus und ragns schon im Stadio inTaaionis
beginnende Lähmung des Nerms recarrena an-
gedeutet zu werden scheint. >
3) Der Durchfall und das Erbrechetim Ge-
wöhnlich tritt der Durchfall friiher eiui ah das
Erbrechen, und ist meistens schon im Vorbo-
tenstadium Torhanden. Bei der Intasion std«
len sich häufige Stnhientleerungeh ohne Leib-
grimmen ein, gleichsam gub weise und wie aas
einer Spritze herausgetrieben, und Ternraacben
hn Mastdärme oft das Gefühl einer abgehenden
warmen Flüssigkeit. Diese ist molkenartig,
weifsflockig, meistens geruchlos« Daa Erbre*
chen zeigt die Eigenheit, dafs es, wie hei Säug-
lingen, mit dergrofsten Leichtigk'eit, ohne War-
gen , gleichsam passiv , wie aus einem Schlaa-
che, geschieht. Ist der SlAgen mit unrerdanten
Speisen angefüllt, so werden diese erst entleert,
dann folgen , wie beim Durchfalle, meistens
geruchlose 9 dem Reisabsude ähnliche, oft mit
eschgrauen Flocken vermischte Flüssigkeiten«
4) Krämpfe treten meistens bald nach dem
Erbrechen ein. Gewöhnlich werden die Pnl»-
zehen und Waden zuerst von tonischen Kram-*
pfen befallen« Die Gaslrocnemii bilden oft gans
- ^8 —
Iiaffo KdSnle. und clfe PalSizelieii werden aiMg#k
spreizt, im ersten Gliede gestreckt, io den übri*
gen gebogen, die grofte Zehe steht bedeatend
Ton den übrigen ab*
5) Die schnelle Ahnahme der ihierischen
Wärme ist ebenfalls charakteristisch« Hände
und f^iilse werden marmorkalt (Frigas chole*
ricam), bei einer eigentbümlicheni blauschmutsi«
gen Färbung, welche auch im kalten Gesichte
sich seigt« Auch die Zunge und die ansgeatb«
xnete Luft wird eiskalt«
' « . . „
6) Der Puls wird fadenartig und langsam;
nnd in heftigen Fällen tritt mit dem Stadio in«
yasionis schon völlige Pulslosigkeit ein«
7) Die gänzliche Unterdrückung der Urin'»
etbsonderiing gehört endlich auch ubter die pa«
tbognomonischen Krankheitserscheinungen, wel-
che bei entwickelter Cholera nie fehlen* Es
scheint, als ob die Verrichtung der Nieren, den
Urin abzusondern, gänzlich aufgehoben wäre»
Obschon die Kranken in dieser Hinsicht über
keine besoodern Beschwerden klagen, so lis*
pelte mir doch eine Kranke am dritten Tage
nach eingetretener Urinverhaltnng mit der cha«
rakteristischen Gholerastimme zu: ,,Wenn Sie
mir nicht etwas geben , dals ich Urin lassen
Icann, so mufs ich sterben." Und am nächsten
Horgen war sie wirklich eine Leiche*
(Der Beschlttfs folgt.)
I •
— 94 *-
Ueber
■ ■ • ■
. Biasenkrebs und Krebs überhaupt
• ' Von
Dr. Bampdid,
Arzt am Hospitale za ElsUogeo«
(Ali Nacbtnig: Ell den im Mai ^ Heft 1838 dieiei JoHnnfi
abgewrackten Aufsatz über Magenkrebs.)
JXerr Dr. Cammerer bat in cler sechsten Ifaiiio
xner des inedic« Gorrespondenz - Blattes eioen
Fall von Blasenkrebs erzählt, dessen Miltbei-
luDg als Beitrag zur Kenntnifs der so seltenen
Krankheit gewil's daokenswerth ist. Nnr scheint
es mir 9 als ob das in der Epikrise zor FesU
stelloDg der Diagnose Gesagte möglicher Weise
zu einigen Irrungen föhren konnte, und ich er-
laube mir daher kürzlich einige hierauf beeng«
liehe Bemerkungen hier niederzulegen»
Hr. Dr. Cammerer stellt als die Hauptmo-
mente der Diagnose 1) einen aulserordeiitlich
grofsen , durch kein Mittel nachhaltig bezwing-
baren Schmerz in der Kreuzgegend , namentiidi
— ua —
am UDtern Eode des Kreuzbeins | ,md anfse»-
dem 2) mit Blut, Schleim, Eiter . öd^r- po]3rpq.
sen Massen gemiscbten Urioi uod enctlich 3)
die immer mehr zunehmende Abmagerqug. dar«
— Dafs Krebs mit vieler.. Wahrscheinlichkeit
' ao;enDehmen sey , wo sich diese ^athognomo*
nischen Erscheinungen zasammen finden^ i$t
nicht zQ bezweifeln« Wohl .aber wi^d zuwiii«
len Krebs vorhanden seyn, ofioe dafs nux^ ein
einziges dieser Symptome zugegen, oder we-
nigstens in etwas hohem Grade da key.
Der erste und der dritte Punkt sind dieje-
nigen f welche nebst der örtlichen Funktion»-
Btorung^ als hier gewissennaften dem zweiten
Punkt 5 bei allen nicht äußerlich erkennbaren
Krebsübeln in Bezug auf die Piagoöse voran^
gestellt werden. Man konnte etwa noch als
vierten die grünliche , schmutzige, ofl gefleckle
Farbe der Haut, die besonders bei Uterus-Krebs
sehr charakteristisch zu seyn scheint, und den
Atisdruck des tiefen Leidens in den Gesichts«
sügen hinzufügen, welche Erscheinungen aber,
wie die ersteren^ gleichfalls bisweilen fehlen.
•-— Um die Erkenntnifs und Um die Behandiong
dieser Krankheit steht es gleich schlecht, wenn
der Arzt immer erst auf das Eintreten jener
drei Erscheinungen warten soll« Zur vollen
Gewifsheit müssen wir freilich sie^ oder dit
Sektion abwarten«
Es ist auffallend , dafs fast in allen noso-
logischen Handbüchern der brennende Schmerz
als erstes Moment des Krebses angeführt, und
kaum irgend dabei angegeben ist, dafs dieser
Schmerz auch nur in sehr geringem Grade vor-
handen seyn, oder selbst durch die ganze Krank«
lieit fehlen könne. Und doch sind die Btispielo
— 96 ~
UetOQ kefocfwege« fo selten« dafi avch (n el*
Der Dicht sehr starken Praxis Jeder Arzt Gele-
geoheii erhalten wird^ sich selbst daroo n
Sberzeugeo. Ich habe bereits im Mai -Heft die^
ses Journals Beispiele Ton selbst oSeoem Krebs
des Slagens und aer Brust« ohne allen Scl^meh^
durch den ganzen Verlauf der Krankheit so-
\7ohl aus meiner eigenen Erfahrung« als aa^
ahnliche Fälle ans den Beobachtungen Anderer
angeführt^ Fälle« von denen erstere sugleich
mit mir Ton so Tiden andern Aersten gesehen
■yNutdea, dab Ton Zvreifel keine Rede sejo
kann« Auch de Haen^ Idsfranc und Fernher^
.ton fandeo MageDkrebs bei Sektionen« TTOsich
im Leben keine entsprechende Erscheinong ge«
seigt hatte. Später Trerde ich einen neuen Fall
der Art miltheilen, der auch seigt« dafs diese
Schmerzlosigkeit bei rerschiedeoen Arten Toa
Magenkrebs Statt finden kann« da es in dem
früher erzählten Fall tuberkuloser Krebs Trar,
der endlich ein grofses offenes KrebsgeschTrSr
mit doppelter Perforation des Magens bildete»
in dem neueren« nuten zn'erzählendea Falle
aber Orbicularkrebs der Cardia« TTO^ich kanm
an einer kleinen Stelle leichte Gorrosion seigtew
Auch das zTreite, von Hrn. Dr. Cammerer
aufgestellte pathognomoniscbe Zeichen « der Ab*
gang Too Blut, Schleim, polypösen Wasser o.
8. TT.« mit dem Urin« kann zuTreilen gans feh«
len « oder tritt nicht eher ein « als bis tod ii;«
gend einer HoiFoung zu leistender ernstlicher
Hülfe keine Rede mehr sejn kann« da die
Heilung Ton offenen Krebs « zumal in der Blase,
wo Urin ihn fortwährend bespShlt« TTohl nicht
xa hoffen steht« Es vrird geTrifs auch in der
Blase eina dem Orbikularkrebs dee Magena alin^
— 97 —
Kche DegeneralioD» ^ie dort to oft tSdfcn kSo»
Den , ehe e^ our xa irgend einer Yersch wäning
kommt«
Das dritte Symptom, die Abmagerang,
ifird wohl in den tpälern Stadien nie fehlen^
ohgleich man auch Beispiele Ton Tod durch
Krebs, noch Tor dem Eintreten grofser Abma^
gerang haben will* Aber die Abmagemng ist
ein Gonstantes Symptom so yieler inneren Ue-.
bely dafs es für sich allein ein za wenig siche«^
res Merkmal gewährt«
Diese' drei Ton Hrn. Dr. Cammerer enge«
gebenen diagnostischen Hauptmerkmale des Bin*
senkrebses sind also etwas mangelhafte Führer^'
wenn es sich darum handelt^ das Uebel in ei«
aer Zeit za erkennen, in der man einen Yerw
snch wirklicher Heüuog machen, oder wenig-
•leos längere Sistirnng der Fortschritte des
üebels bewirken konnte. So wenig eine wirk«
liehe Heilung des ausgebildeten Krebses za hof»
fen steht, erlaube ich mir doch davoo za re«
den y namentlich Ton Uebeln , die zwar noch
nicht Krebs, Scirrhus im engeren Sinne des
Wortes sind, die aber höchst wahrscheinlich
€8 werden würden, wenn gar nichts oder ans
Ififskennang unzweckmäfsige, zo reizende oder
xn schwächende Mittel, Mittel die die Conge»
stion yermehren, dagegen angewandt wurden«
Ich habe in jenem Aufsatz einen Fall ron sol-
cher Heilung, wenigstens auf längere Zeit, wo
das Uebel fdr kein anderes, als für Krebs an«
gesehen werden konnte, grobe Abmagerung und
andere Beschwerde zugegen waren, angeführt^
und- ich kann einen ähnlichen Fall Ton begin-
nendem Magenkrebs erwähnen, den ein Arzt
Ton Ruf dafür hielt , nnd daher den Kcanken
leiirB.LXXXiy.&A8l G
— 9S --
•Dcitich entKetty deo ich gleichfallt far aiiMD
tolchen ansehen mufste, der nun aber durch nar«
koüscbe und ähnliche Mittel, hauptsächlich dordi
eisenblausaures Kali in Verbindung mit sweck-
maftigem Verbalten dahin gediehen ist, dab
der Kranke seit längerer Zeit sich für geaand
ansieht, bei ordentlichem Leben mit Appetit und
mit guter Verdauung ifst, und an Kraft und an
Körper Mrieder hergestellt ist, — einen Fall, dec '
»ich wenigstens Ton Neurose durch den MaiH
gel aller Remission oder Periodicität und toii
chronischer Entzündung durch den Mangel aa
eigentlichem Schmera auf Druck hinreichend an-
terschied. — 'Ein Beispiel, wo swei Mal War«
^9n erschienen, die man nur für krebsartig hal-
ten konnte, blau, liTid, brennend und achmer-
send heifs , und immer wieder wachsend. Die
erste wurde herausgeschnitten, die aweite Ter-
achwand unter sweckmäfsigem Verhalten all-
mählig von selbst, nachdem sie lange Zeit den
Kranken beunruhigt hatte« «— Will man auch
aagen, all diefs war nicht Krebs, so wird man
doch allerwenigstens zugeben müssen , dala es
unter unzweckmälsiger Behandlung aehr wahr-
acheinlich solcher geworden wäre.
Ich weife wohl, dafs solche Uebal, wenn
auch scheinbar ganz geheilt, nach längerer Zeit
leicht wiederkehren, und. ich habe auch aol-
cbe Fälle mehrmals erlebt. Aber ist es nicht ffir
Manchen schon ein wichtiger Gewinn, nur aof
ein Jahr aeinUebel sistirt zuhaben? Undgan-'
atige Verhältnisse können dann auch wohl'dis
Heilung permanent machen« Ich kenne eine jung»
Qame , die ein halbea Jahr lang Alles auabrach^
die heftigsten Schmerzen litt, aufa äulaerats
abmagerte, ungeachtet aller möglichen Mittel'
die mao anwandte, deren Uebel ron mehrwen
— ÖO -».
atif^zeichnet^n Aerzten offen älS'Magentbbefik
kein erklärt \/vurde , und diese Dame ist ouft '
seit mehr als 1 Jahr wieder kräftiger, zieiplicb
i^eiter und munter, leidet keioen Schmerz mehi^«^
und erträgt, obgleich sie noch bie nnd da bncbt!, ^
die milderen Speisen. Cheston und Osiander^;
JÖerndt, Lessei und Andere berichten, dals.er
itinen gelungen sey, selbst olTenen Krebs zu beii|.
len. Die oft ohne Rückfall gelungene Exstirpa*;.
tion von Lippenkrebs beweist, dafs es nicht
iinmer eine unheilbare Cachexie ist. Man hat
den Krebs in seinen Modificationen noch so WO^'
nlg studirt, man findet bei den yerschiedenea^
Sectionen Ton Magenkrebs so yerschiedeherleiVer«^
anderungen des Gewebes, — - sollte hierdnrcV
nicht auch eine Verschiedenheit in der Bösar-
tigkeit nnd Heilbarkeit bedingt seyn ? Ist einP*
mal eine Heilung gelungen, so war*« nicfat^
Krebs. — Man hat so lange Zeit die Tobei^f
Kein der Lunge als ein unheilbares Uebel b)9«^
trachtet, gleich dem Krebs. Gegen wärtig" hehb*
darf es nicht mehr der prahlerischen Anpreisung.'
y, die Schwindsucht ist heilbar*' um zu wissen^*
dafs selbst nicht so ganz selten Fälle ron Re-*
Sorption der Tuberkelmasse oder auch Ton Ver«^
Uarbung der Höhle der Tuberkel Torkommen.'
Man hatte früher eben so wenis; eine siciheM^
iagnose von Lungentuberkeln , als man aSe'
jetzt noch von Krebs hat J^am der Tod , so'
war's Schwindsucht, kani Hersfellong, so war's'
Keine« ' So ist's noch mit dem beginnenden Scir-^;
rhus« Mancher Scirrhus, besonders mancher tu«*
berkulose, wie ich schon in jenem Aufsatz he^^
merkte, mag auch in Hinsicht seines Wesens'
ttnd seiner Aetiologie in ^lUsrnächste Verwand^'
cbaft oder selbst Identität init 'den LubgentAb'dr^'.
MB ^oilftn, «Uo Buch In Hloiichl i
btrkoit dics«D nhnlich ■ej'D.
AUo ia früher Zeit das ilrofaeade Uebel n
erkeooen , inuFs unser Beilrebaii ee^n, iid<1 n
sebr icli die iu vieien Fällen beatohendo toBi
UomöglichlLeit daron eiosehe, glaube ich dotb«
dats auch beim Blaseokreb« manche Millel bi^
weilen etwas naher zum Ziele fdhreD kuoiteilt
als dia aogegebeiieii.
'Wenn eio längere Zeit foitdanerndtr pvr-
maueater oder periodiichcr, auch cur leise drük-
kender Scbmeri, der auf die gevrö ho lieben JUit-
lel nicht Treichen ttIII, an ein solches Vthd
deakeo läfst, so glaube ich, data nebst den oe-
gatiTeo IveoDzcicben, d. b, , Abwesenheit Toa
Spuren von Hämorrhoiden, von BbsensleiD,
Ton angewachsener Slelnmnsse, Ton CeschnS-
ren oder anderer Degeneration der Blas« odei
Prostata, welche die Sache [lioreicbeud erklär
ren könnte, «ine Untersuchung durch den Slait-
darm, ein festerer Druck auf dal Perinaeum, und
bei Rückenlage mit Torgebeugtem Oberleib uod
aufgesogenen Schenkeln tiefer Druck vom Schien-
bein abwärts eine Empfindlichkeit in der Tiefe
dann wenigstens sicher Gnden laaien werden«
wenn das Uebel einer etwas schnelleren Aus-
bildung Busch reitet. Denn cumal ein etwai
ichneller vorwärts rückender scirrböser Procefs
ist immer mit einiger EDtEÜndung des Sitzes
selbst, oder seiner näcbsten Umgebungen -ver-
bunden. Mao kann sich davon bei den mei-
sten Seclionen überzeugen, und eben so habs
ich gefunden, dafa in der MapualuntersuchtiDg
bei Üteruskxebs die unmittelbare Berührung der
dfga&erirtap Stella, oder einiger Druck aar sia
Voder beltig«ro Schmers hat-
-^ 101 *-
▼orbriogt, inrte bet Magebkrebi aach mtiit •!•
Druck auf die Magengegeod« Die Ünteraucboog
durcb den Mastdarm oder beim' weibl« 6a-
schlecht durch die Vagina wird auch Sber TOJs
haodene VerbärtUDg, Aufschwellung, meist ai-
sigan Aufschlufs geben können. Selbst die An*
"Wendung der Sonde mag in m^anchen Fällen cor
Erkenntnlfs des Uebels Einiges beitragen kon*
sen, um wenigstens zu sehen, ob eine oder dia
andere Stelle der Blase besonders schmerzhaft
ist und welche, von wie grofsem Umf^ng^ und
ob sie besonders degenerirt, verhärtat u, s« ww
ist und dieses am besten bei ziemlich gefulltar
Blase« Auch eine vorhandene' Pulsatio abdo^
minalis oder eine durch die Vagina oder das
Bpctum zu fühlende Pulsatlon wäre ein yer-
•dächliges Zeichen. Bleibt man zuletzt nur nock
10 der Ungewifsheit zwischen chronischer Ent*
sundung und krebsartiger Degeneration , und
seigen «/sich die zweckmäfsigeo Alittel gegeo
Jena ohne Erfolg, so wird man sich wohl kai*
neo Fehler vorzuwerfen haben, wann man noa
saina Behandlung gegen einen drohenden scir-
rhosen Procefs richtet, um so weniger, als diasa
Behandlung auch gegen ein anderes Uebel, das
atwa' vorhanden seyn konnte, täuschende Naa-
rose oder eine andere Degeneration nicht nacb-
theiligi sondern nur nützlich seyn könnte.
Die Stelle des Schmerzes, wie sie z« B.
fierr Dr* Cammerer angiebt, wird wohl nicht
als ein sehr sicherer Wegweiser dienen kön-
nen I da sie je nach dem Sitz des Uebels auf
dem vordem oder hintern, obern oder untern
Theil der Blase varüren mufs. Uebrigens scheint
ar, zumal beimKrebsauf der hintern Seite, mehr
.nach dam Sakralplo^us ZU| auch noch garna
~~ 102 -^
l^Dgs des Nervus ischiadicus nurzutreteo, ^ie
in dem yoü Hro. Dr. Camwerer erzählteo Fall|
und wie bei Uteruskrebs der gleiche Schmeri
oft Bcboo sehr frühe an den beiden Trochao«
iern und \on da abwärts auftritt« Brodu
fuhrt dagegen in seinen Vorlesungen über die
Krankheiten der Harnwerkseuge eioeo Fall
Ton Blaseokrebs an, wo der Schmerz allein in
den beiden Leisten und oberhalb des Schainbo-
gens seinen Sitz hatte.
Ish will damit keinesweges gesagt haben,
dafs in dem Ton Herrn Dr. Cammerer mit«
•gelheilten Falle die Krankheit schneller su er-
Jcennen gewesen wäre; es scheint ein sehr un^
^günstiger gewesen, ziemlich schnell aufgetre-
ten und rasch vorwärts geschrittea zu sejn»
Oft wird man leider, wie auch hier erst n
spät Tom Kranken beratheni dafs TOn Hiü^s
überhaupt keine llcde mehr seyn kann«
Der neue Fall von Magenkrebs ohne Schmerz,
den ich an den oben angeführten anreihen will^
ist folgender:
G. H,^ Arbeiter in einer hiesigen Tuch-
fabrik, 65 Jahre alt, bekam iih Februar 1836
Ton einem andern Arzt wegen Uebelkeit und
Erbrechen abführende und resolvlrende Atittel,
worauf sich sein Uebel besserte. Am 13. Mai
kam er in meine Behandlung. Seine einzigö
Klage war, dafs er schon seit längerer Zeit Al-
les, was er genicfse, ausbrechen mÜAse, ohi\^
dafs er jedoch eine Ursache seines Uebels an-
geben kouiile. Seine Lebensweise war imiher
ziemlich regelmafsig gewesen, er hatte an Aut-
schlägen gelitten* Er war etwas abgemagert
und matt. Seine Gesicht'sfaibe war gut, ziem-
lich rotb| entfernt von dem eigentlichen kactaek-
— 103 —
tiscbeo Auttehea dfer KrebtkraDkeQ« 'Der PaTs
nvar laogsam u6d yöII, die Zunge siemlicli
•tark tfod schmutzig belegt, eioigemal • selbst
schwärzlich, und von dem Beleg losten sicfh
von Zeit zu Zeit einzelne Stücke ab, um Deaem
Ansatz Platz zu machen« Was er afs, drückte
ihn nicht y machte ihm keine Schmerzen ,= aber
inufste wieder heraus, ehe eine halbe Stande
vorüber war. Druck auf die Magengegend
brachte keinen Schmerz her ror» and lieTs auch
keine Verhärtung entdecken. Nur später' zeigte
sich beim Druck ganz oben an dem Schwerifort«
satze, wo auch die Rippenknorpel im Auteio*
andergehen einen ungewöhnlicli spitzen Wiöl
kel bildeten ,' einige Empfindlichkeit. Es li^fs
sich jedoch auch da, wahrscheinlich weg6n Engd
des^ Raumes, nichts besonderes Hartes in dtt
Tiefe ermitteln, und spater war dage^^n die
ganze Parthie d^s Magens hart und brettartig
anzufühlen.
Der Kranke erhielt anfangs Belladonna miC
Aq» Laurocerasi , doch ohne irgend eine Ver^
änderung hervorzubringen. Zugleich wurde
Brechweiusteinsalbe eingerieben, die aber nicht
einmal Pusteln hervorbrachte^ und daher viel-«
leicht nur ungünstig durch Resorption ins Blut
auf den Magen wirkte. Früher hatte sich der
Kranke schon Blasenpflaster gelegt und Abfüh*»
rungsmiltel genommen, doch ohne Erfolg. leb
versuchte nun Opium in Pulver, und von da
an stand das Erbrechen wenigstens für das Früh-
stück und das 3Iittagessen vollständig. Nur die
Wassersuppe des Abends wurde Anfangs noch
ausgebrochen, später indefs auch diese meist
nicht mehr. Der Kranke brachte nun auf diese
Weise längere Zeit in eioem sehe erträi^Ucheii
-r- 104 VT
Zattaode xa; keine Art von SchmefS, regelndU
fiige y«rdAuuDg detten, was er, jedoch mk
ziemlicher Mäftigkeif, zu sich nahm. Das Opiuniy
wOTon er bis tu 2 Granen im Ta^e rerbraaebti^
machte ihm durcbaas keine Yerstopfang. Es
blieb jedoch die Zungc^ belegt, und die Matlig*
Leit und Abmagerung nahmen trots des Essens
immer mehr xu. Auch das Ansselsen des Mit-
tels, während einiger Tage, brachte darchaas
keine Störung, und der Kranke , der io nkeiost
Abwesenheit Ton einem andern Arat lofae. Rad«
Talerian. mit Liq. Cornu Ceryi succin. erhieit|
vertrug auch dieses gut» Endlich kam aufs Nene
bäufiges Erbrechen des Genossenen , und Et*
brechen von Wasser« wogegen Belladonna, Ci-
cnta, Opium mit Magisterium Bismuthi nnd
Opium allein, and Extr. Nucis Vomitat nna
Tergeblich genommen wurden. Es zeigte sich
eehr starke Pulsation in dem untern Theil der
Lebergegend und von da oberwärts, nicht auf-
wärts und nicht in der Magengegend» Der Kranke
fiel fast plötzlich zusammen, nnd war in 4 — 5
Tagen nach den erneuten Anfällen eine Leichet
Er starb, wie ^ es schien, rein ans Schwäche,
ohne dafs irgend ein Schmerz oder eine andere
Beschwerde, auch selbst in den letzten Augen«
blicken, ihn geplagt hätte, am löten Juli, also
xwei Monate nachdem er seine Arbeit Terla»-
sen hatte und in meine Behandlung gekoofr«
men war.
Die, zehn Stunden nach dem Tode nntev«
nommene, Section ergab folgende Kesuliate:
1} Die Brusthöklem Die Lungen gesund,
nur an der Spitze beider Lungen eine kleine
Stelle ganz toU Tuberkeln, und an verschie-
deaen Stellt n Adtiäsionen } die linke Lutige «ja
^ 105 -^
ffüteni Flügel nach bioten 9tiih TheÜ Sdema«
tos. Das Herz klein , aber geaaod. An dea
Seminularklappen der Aorta einige nicht be*
deutende Yerknöcherungen, die sich im Leben
darch keine Erscheinung su erkennen gegeben
hatten« In den Höhlen einige leicht angewach«
•ene Poljpen, und im Herzbeutel etwa 2 Drach<»
Bien Wasser.
2) Bauchhöhle. Das grofse Netz sehr aasge-,
dehnt^ etwas verdickt und ganz yoll Ton Tuber-^
kein and dick angeschwollenen blauen YeneUf
deren Dicke gegen die grofte Curvatur des Ma«
gens am beträchtlichsten war» Der Magen er^
schien sehr klein und zusammengezogen auf ein
Drittel der gewöhnlichen Gröfse. Er enthielt
•ine kleine Quantität einer schwärzlich braunen
Flüssigkeit^ welche Farbe ein Theil der In-
nern Magenwand gleichfalls hatte. Als der ei«
gentlich kranke Theil zeigte sich aber, wie ich
•rwartet hatte, die Cardla, welche sehr Ter*
härtet und verdickt war, wie auch eine kurze
Strecke von da abwärts in den Magen herein,
besonders auf der hintern Blageuwandi nicht
aber aufwärts zum Oesophagus, der sogleich
darüber ein ganz gesundes nicht entzündetes Aus-
sehen zeigte. Es war der sogenannte Orbicu«
larkrebs ohne Tuberkeln und ohne eigentliches
Geschwür, der verdickte Theil war sowohl äu*
berlich als auch innerlich beim Durchschnitt
gröfstentheils ganz weifs, an einigen Stellen
ziemlich über einen halben Zoll dick, und im
Innern überall eine weifse durchscheinendeg ziem-
lich weiche, zeliige oder vielmehr drüsige Sub-
stanz enthaltend. Diese drüsige Substanz von
i bis 2 Linien Dicke, vom übrigen ganz ver-
schieden und scharf abgeschnitten, scheint der
llauptsitB und di# bauptiäcbUchsts oiiganisdi«
-* 106 <-*
VerSodernng' der Krankheit g^wpsan Ea fteyni
obgleich mich die Häute darain, etwas rerdi^kt
.waren. Sie gliih ubgefähr eioeia sehr, grofs*
inaschigen Zellgewebe, deren Zellen xait'eiDfir
halbdurchftichtigea , kalb gallertartigen, halb
schleimigen Lymphe gefüllt sind, war jedoch
wesentlich . Terscbieden aow;ohl Ton den faseri*
geo Strahlen, als auch der gallertartigen Masse
anderer Krebiarteo. Sie schien nach sorgfalti-
ger Untersuchung in der Muskelhaut ihren. Sks^
oder vielmehr diese verdrängt und sich an ihre
Stelle gesetzt zu haben. Auch im übrigen Ma«
gen war die Muskelhaut besonders Terdickf^
Aehnlich beschreibt Sommtring einen driisigteii
Hing y der die Pi'Ortnerklappe unmittelbar anter
der Perilonealhaut umgeben habe. Es werdeo
bekanntlich von andern Schiiftstellern die Ter-
achiedensten Degenerationen dieser Tbeile be«
schrieben, und ich selbst hatte bei mehreren
solchen Sektionen nie dieiseo weichen drüsigea
Rirsg gesehen. Der dickste Theil war nicht ao
der Cardia seihst, sondern etwas mehr gegea
den Magen herab, an der Cardia selbst war ein«
nicht grofse graue Stelle , welche geschwSrig;
ansgefressen schien. Sogleich darüber der Oe^«,
sophngus gesund. Abwärts gegen den Alagen
und auch nach hinten zum nahen Zwergt'i^U
zeigten sich lebhafte^ aber mehr hellrothe Strei«-
ien , von einem andern Roth als gewöhnlich' das
der EulzÜDdung. An der hintern Wand waren
die Blutgefäfse sehr entwickelt.
Die Leber war klein aber gesund^ die Gal-
lenblase bildete einen doppelten 9 aber oben sa*
sainmenhäogenden Sack, wie ein sogenannter
Zwerg^ack (Quersack), und war strotzend toII
dunkelgrüner Galle. Milz und Miereu gesond«
Das rancrsas gleichfalls^ Too geiuodem Aus»
-r 107 -
teben , aber Tiele Acioi bei gans Dormalei^F^vbe
ungewöhnlich harf. Das Uebrige ge^and, Hera^
Leber, Milz und Pancreas waren etwas kleine|r ^
aU gewöhnlich. Ob wohl Folge der Abir^age-
rung? — Die Hirnhöhle wurde. nicht Uüler- ,
sucht«
Der Kranke hatte Die braniM Flnssigkeit
easgebrochen , eondern nur helle speichelähn-
liche und das Genossene. Die Annahtiie, dafs
bei Orbicularkrebs immer jene chokoladebraunea
Massen kommen , ist daher nicht überall rieh*
tig. Der Ton mir iin Maiheft dieses Journals
erzählte Fall, war Krebs am Pylorns, der ge^
genwärtige an der Cardia. Der Sitz scheint
also auf diese Schmerzlosigkelt keinen Einflufs
sa haben.
Es wird iibrigens wohl Niemand erinnerq
wollen 9 dafs der gegenwärtige Fall nicht für die
mögliche Schmerzlosigkeit des Krebses spreche,
weil die Sektion blofs eine Verdickung und De^
generation der Häute ohne eigentliche Verschwä«
rung zeigte. Wer schon mehrere Sektioneq
an Krebs Verstorbener gemacht baty^weifs,
dafs diese blofse Verdickung der Klappe eine
^er schlimmsten Krebsarten ist, und weit hau-*
liger ohne als mit Versch wärung tödfet, auch
dann tödtet, wenn sie durchaus noch nicht we«
gen Enge des liagms den Durchgang der Spei*
sen bindert, — da auch in dem angeführten Fall
der Kranke noch wenige Tage vor seinem Toda
^iel Speisen ohne alles Hindernife essen konntq*
Es ist ferner bekannt, dafs diese blofse Dege«
neration ohne Versch wärung oft mit den aller«
heftij^sten Erscheinungen vorkommt, wie ich z»
B. vor zwei Jahren die Sektion einer alten Frau -a
SU machen Gelfegenbeil batte« wo. iU# organu» J
^ 108 —
seile YerKoAeroDg tina weit weniger bedeutende
war, als in dem Torliegendcfta Falle, wo aber
dennoch laoge Zeit fort and bis sum Tode dai
beitigsle Erbrechen und die nngeheueiilea
Schmerzen yorhanden waren. — Auf welche
Weise eigentlich diese scheiDbar sehr wenig be-
deutenden Desorganisationen wirken nnd t5dteB,
auch da todten« wo sie nicht einmal häufigjBS
Erbrechen oder Schmerz herTorrnfeni ist achwM
zu erklären. Vielleicht dadurch , dale sie durch
Einwirkung auf die Nerren nnd die Häute des
Blagens und dessen Sekretions- und Anfsaugnngs-
apparat, diesen onfahig machen, die Speisensa
irerdaueo und den Nahrangsstoff aus ihnen auf-
zunehmen, den der Körper zu seiner Erhaltasg
bedarf. Denn immer steigende Abmagerang mit
Entkräftun;;; war in beiden, in diesem Jonmal
erzählten Fällen Torausgegangen , und der Tod
war ein wahrer Entkräflungstod gewesen. Ich
glaube mich auch zu erinnern, dafs der letzte
dieser Krankon klagte, die Speisen gingen wie
halb Terdaut Ton ihm. Die Sache würde dann
auch beweisen , dafs der übrige Darmkanal we-
nigstens bei einem schon an sich geschwächten
Körper nicht mit hinreichendem Erfolg für dea*
leidenden Magen rikarüren kann*
Magenkrebs ist ein Uebel, das in unserem
Thal und seinen Umgebungen keinesweges sel-
ten vorkommt. Als Ursache dürfte hier wohl
in Betracht kommen die grofse Menge eines
zwar guten, jedoch immer ziemlich Tiel Säure
enthallenden Obstmostes , der in unserer Ge-
gend getrunken wird , und noch andere Getränke
Ton Obst, die bei den Aermern ihn oft ersetzen
iiiü&ten« Nur macht derUmstand^ dafs auch Mal-
lerkrebe nicht selten ist| ohne
-^ 109 ~
herpetisctid ete« oder end^re djrskrathchd Ursa«
eben glauben, dafs doch noch ein anderes nr«
sächllcbes Moment yorhaoden seyn müsse, wel«
thes diese Neigung zur Krebsbilduog Yeranldfst
In Oberschwaben sind es bekanntlich nicht ge-*
rade saure Nahrungsmittel, die den dort so
bäufigen Magenkrebs heryorbfingen. — Es wäre
interessant zu wissen, ob in dem Lapde, wo
Zähne und Magen den schwerverdaulichen Pum-
pernickel rerarbeiten müssen , und fast nichts
anderes, in dem theil weise armen Westphalen,
die Krankheit häufig oder selten ist ; — eben
ao, wie es sich in den Ländern des Brannt«
Treins damit verhalte. Mir ist nfcht hekannty
dab die Krankheit dort besonders häufig sejr.
— IIÜ —
VI.
_ _ ■ ■
Kurze Nachrichtea
nnd
Auszüge.
1.
Idiotynhrasie gegen Feuchtigkeit lei einer BMerfamiHe,
Von
Dr» BieJiing jim.,
zu Wanderslehefi hei Ooihom
JLfie Familie Hcb Pr« W. inZ. zeichnet sieb durch grofte
Neigung zn starken Blutnngcn aas, so dafs sie den Blatera
wohl zugezählt werden kann. Der Vater, etwa 40 Jahr alt|
phlegmatischer Constitution, leidet noch jetzt an sehr er*
schöpfenden Blutungen aus dem Mastdarm und litt in tei^
ner Jugend an häuüger Kpistaxis und Hämoptoe» Kaam
gelang es , diese durch die wirksamsten Mittel der Konst
En unterdrücken ; einigemal wurden sie erst nach langen
Ohnmächten gestillt. Sein vierjähriger Sohn kam anlangst
in Lehensgefahr durch Verblutung, als ihm bei drohender
Hirnentzündong sechs Blutigel an den Proc mastoid. ge-
setzt wurden. Weder styptische Mittel, noch äarsereCom*
pression, noch das Bilden eines Brandscborfes halfen ; erst
nachdem geschabte Cbarpie in die Wunde eingedreht worden
80 dafs der Raum zwischen Knochen und Haut in der
nächsten Umgebung derselben eo fest vie möglich nnsge-
— 111 —
l<t war, sttDcl ^0 ßtatnn^, kehrt« aWwMer, ab imiii
am folgenden Tage diese Vorrichtung entfernen wollteV
Sein letztgebornes Kind Terbhitetp eich aller Mittel ange^
achtet durch den Nabel»
Von dieser Familie nun mnfs als eine cbarakteristiscba
Eigentbümticlikeit ihre Idiosynkrasie gegen jede Feuchtigkeit
sowohl im gesunden Zustande, als TorziJgiich im kran->
ken hervorgehoben werden. Der Vater b^kam yon nas-
aen Fufsbädern, die ihm bei Blutandrang nach dem Kopfa
gerathen wurden, jedesmal selir heftiges Reifsen nnd was-
aerige Geschwulst der Füfse; derselbe is't nur bei trocke*
nem Wetter ganz wohl nnd fürchtet das fenchte, wie eine-
unvermeidliche Krankheitsursache^ empfindet es sogar im.
Voraus, als wäre sein Körper ein Hygrometer.
Sein Sohn, yon dem schon die Rede war, lieferte Tor
korzem auch hierzu einen merkwürdigen Beitrag. Eine
Spina yentosa und Caries des Mittelgelenkes am rech-
ten Zeigefinger war bei dem Gebrauche yon Salben und
feuchten Breiumschlägen so bedeutencf yerschlimmert wör-^
den, dafs man die Amputation des Gliedes vorschlug. Ich
wurde dazu gerufen, um mein Gutachten abzugeben. Der*
Finger war um das Dreifache aufgetrieben, rosenartig ent*
BÜndet mit Brythrem bedeckt und aufserordentlich em-
pfindlich. Mehrere Löcher führten in die Tiefe» das Ge-
lenk war unbeweglich und gewahrte wenig Hoffnung znr
Erhaltung. ImUebrigen war das Kinrl gesund und frei von
allen Zeichen einer Cachexie. Das Uebel schien aus einer
auCiern Ursache entstanden und bei jener Idiosynkrasie,
wahrscheinlich durch die angewendeten Heilmittel unter-
halten, nnd gesteigert worden. Ich verschob daher die
Amputation, entfernte Salben und Breiumschläge, liefs
den Finger blofs mit trockener Charpie verbinden und
verordnete trockne Kleienumschläge. Schon am folgenden
Tage verminderte sich die rothlaufartige Kntzündnng, die
Anschwellung und der Schmerz des Fingers und nach vier '■
Wochen hatte sich das Glied ohne weitere Anwendung von
Arzneimitteln durch die Kraft der Natur so weit gebessert,
dafs nicht allein die Krhaltnng, sondern die völlige Brauch-
barkeit desselben vorauszusetzen ist.
Es fragt sich nun, ob die erwähnte Idiosynkrasie auch
In ähnlichen Fällen bei Blutern ist beobachtet worden, und
iii welchem Zusammenhange beide Eigenheiten des Orga«
nlsmas stehen? — Ist das Element der Flüssigkeit und
dto Praceb der VerflieOiODg in solobeo Körpern ao Sbef-
113 ^
f»
wiegend, dalli fr auch dnrch i^elditrllgeElBntM nm m^
Cwn leicht geitwgerti und dadurch nm ao loebtar Kraafc-
beiten herTorgerufen werden können?
Diese haben jedenfalla beiondere naber ni erlbncheadl
Eigentbiimlicbkeiten und Terlangen nothwendig dne nna
Kurmethode, da manche Mittel eben dellibalb TecMsbiedea
aof diese wirken moMen , ala auf andere Kranke* Dieb
gilt zunächst Ton den Blutegeln^ wie enShIt worden iit
Hinsiciitlich der Aneneistoife ergab lich mir ifener,
dafs das Calomel weniger gut Tertrageii wird, nnd adraa
in kleiner Gabe lehr heftige Wirkungen herrorbringt. Je»
Bcr Pr. IT. unterscheidet durch ein allgemeineB Uebdhe*
finden sogleich^ ob eine genommene Arzenei dieaen Slof
enthalt, und wird durch heftiges Erbredien gexwnngeni daa
mit seiner Natur unverträgliche auszustolaen. BeideraTicT"
Jährigen Sohn desselben erregte ein iriertel Gran Calone^
der alle 3 Stunden gegen Wurmbesohwarden gebraaeht
werden sollte, bei den zwei erston Gaben jedeamal hefiigM
Erbrechen , und nach der vierten Gabe bUitige SCoblgiiiga:
und Siieichelflufs. —
Wie mag sich nun dieses Mittel bei Gehiraenfsfindaag
aolcher Kinder unter solchen Umstanden Terbaltaa^ weaa
dieee zumal häufiger und mit besonderer Neignog -gn-Waar
aererzeugnng bei Blataro auftreten sollte I 9^
2.
IN« hemfJanäg ^rankheifMcimMtifntUm ia _Wkm»
(Brieflich* Mittheiliuigen.)
W^en d. 16« MSns 1837*
Katarrbalfscb - nerrose Formen gehörten im Laufe £e--
•ea Winters zu den allgemein Terbreiteten-Leiden* Maicffa'
und Varicellen waren noch im November häufig, Terliefea
jedoch milde. Hartnäckiger und gefahrlicher waran dage-
gen die vorkommenden Gesichtsrothläufe, zu denen neh
nicht selten Delirien gesellten» Die sehr selten beoba^
teten Pnenmomeen vertrugen keine ati'eng antiphlogiatiache
Behandlung, und gingen leicht in typhöse Fieber Sber,
Der Typhui abdominalia gehörte noch inuner aa deo U»*
HgBjren Leiden p er begftnn oft mit einer tdieiqfyar gelfai-
den Diarrhöe y oder mit pneamonischen Affectionen. Im
Verlaufe desselben entstand nicht selten brandiger Deco-
bitas^ da sich eine Neigang mm Brande Oberhaupt sehr
itark anssprach» -^
Im December kamen anffallend viel Apoplexien besofl^*
ders bei Frauen vor, Schwangere abortirten sehr häufig«
Die Masern traten in den Hintergrund ^ dafür sab man oft
Blattern , mitunter auch Sdiarlach von gutartigem Vertanfe^
Am gewöhnlichsten waren leichte Formen TOn Pneomoniei
Pleuritis^ rheumatische Fieber und Peritonitis, besonderi ^
bd Wöchnerinnen als Febris puerperalis auftretend, und
oft tödtiich endigend. Auch beobachtete man in diesem
Monate viele Herzleiden«
Mit dem Eintritt der Kälte im Monat Januar kaiAeil
ftnrmische Pneumonien in die Behandlnng, wo mehrere
Aderlässe nothwendig waren » die Krankheit zur Entschei-
dung tn bringen* Der Lippenausschlag zeigte sich oft M
gutes Zeichen* Zuweilen war eino so starke Suppressio
^riom vorhanden, dafs erst nach dem dten-^'^ten Ader^
lasse die Freiheit der Circnlation hergestellt werden konnte^
Dieser entzündliche Charakter nalim jedoch schon um dicf
Mitte Januar ab^ und machte rheumatischen Leiden in al«
len Formen Platz* Der Typhus abdominalis kam seltener
vor, während Puerperalfieber noch immer in gleicher Hau-
figkeit und Heftigkeit beobachtet wurden.
Anfiängs Februar begannen die Grippeformen sich zu
xeigen, die meisten catarrbösen Afiectionen waren von un-
gewöhnlicher Mattigkeit, von Krämpfen in den Extremitä-^
ten und anderen krampfhaften Zufällen begleitet; der Hor-
sten selbst hatte etwas spastisches^ und kam oft paroxys^
menweise« In der zweiten Hälfte dieses Monates vi'ar did^
Epidemie allgemein und verschonte nur Wenige. Wer
»icbt hustete^ empfand doch ungewöhnliche Mattigkeit^ ei-
nen Reiz im Halse mit Schnupfen. Solche leise Voibo-
ten dauerten oft 8 und mehrere Tago, «he durch irgend
•ine Veranlassung begijnstigt, die Grippe förmlich zum
Ausbruch kam« Viele Menschen litten jedoch hieran^
ohne eigentlich zu erkranken. Offenbar war in der dies^
jibrigen Epidemie das Nervöse weit mehr vorwaltend, alt*
io der Epidemie des Jahres 183S> man mufste selbst bei
Steigerung der Krankheit zur Pneumonie, wie mir selbst
ein solcher Fall vorkam, die Aderlässe zu umgehen suchen^
und örtlichen Blutentziehungen den Vorzog geben« Im
GtBxen wtr^der Cbarakler der Kniikheit^ sowohl in des j
Joiirn.LXXXIV.6d.4.St. H m
J
— 114 —
Hitnrxrk'n-t f.U ^n ier Prlrfttprarn g:B«arii& «Ma wich ei-
fifi: ^i«:. .t-r Rs'pi.a nn^ einfachen diapnoiscben Mil-
:*.;: . :\ri ' r! :«f »^f trtftr PLthtsikern grofse Verheernn-
frvt M fi:-: : ^ *» t.t. ^ir^en surbfn plüczÜch an Luih
f 1. i : ■: . r: ; f M'Tiirr.i waren vÜSrend dieses Mnaates
n- •.- •:: '. .'». f-s.":.. f f.:« '"i^r jongen Leoten ongewobn-
«i.i :;.:.: ..-.. 5.:-: £"-.*•:? Krankheiten endeten oft
n' r.- .! Of-tTvl:: ^ ist c:e K^ädemie stark im
;. !'.: .fr. L.:r. c;*'>eZeic bei iine gewüiin-
r.' ^:;..::::*flen Leiden klagt alle
t ü : ; ; I. -. : .. - c Aj'peiiilosigkeii. Acch
\ :• . . .-..j: :t.:a:::ct. Gestern den I4teB
IT : "• . • :; .:' *.r .15 i-el uns seltene PLanonsea
1- » • * «.« Kt :?. «r «::» 1 niedrere Tage vorher,
i- • V .•.:».•:' ~ iis >^£:ier ;-f 17® R. in der
s... f" '.: • f. y.-'K : i.; ;e Ar: .:-.v«iilsi'Jrme. DasBj-
■ >:.. ?:: r. *: : 5 T&utn tast linTerandert anf
t^ : '*• '•• r' .* i i:.s. M."^. — ScLliefsUch mui»
v? : .• :*. .. ^."^ f.r;: :r. n:c:re:.i Briefe t. 5. Juii Is^Ö
» .-4 •• .- : N. 5 .":.rT. i. 7:. Hi;.£. Bd. LXXXII,
s. :• N .... -■ il : .5 .'r ^f.-.fiker, ci.s sich diesein
r .* . ..X.- '.v. ■ .c ;-.':...? NicLi.:Li silr s^^tcr oIi anrieh-
4 * !
*. . ... v
.»«•• •« * •
v:en e. CS. April 18^7.
'^f ^^:::frzr^. 'wfiche aachteinrf,
V •..-.: : :.. - ?: ..: s-.l ^-j Mirz eintrat, schien
* ; . - •■ f V-- : ^.*r Nf -*:r. s:.!i;Len za wollen^
a » • «. ..><•.• ::;:* .fOtr^cscrie re:i.iivjnen5 wo
.* •* • .:**.:- K:r:iiie kiTi. scMep-'te sieb
^..- •* .•.•:•; : ..5 ci :-. Hü::r.»: erregten diese
. . * -- .»i.5 :: !:::'rs:*-htT.xirn Krsclieincngen
. -• . : >••.??. .-;.- j- Fr-5ilei.ien geneigt
• • .... ,• ':•;<.-•.:- 5$f. r'a !:e. r.:::.:l*eacl:er. oft in
y' » * . , ,r- . "k^ :• i :*.: r.'.r n:r!.rere solche Faiie
"t. » * » < *• ". *i" \*^^»". "•?"•-"»•> ainrl
^' : ;..*.• .-^ ^i*:::* .::o G::i:e a:ch diesmal alle
^ ' .' y-'i. Vi::. i.-5 ;:;". reiargcn ScLijnimer, nnd
* ^ ..->:--:"::::.:: auf ItrjiLrie Personen, So
» . i : ' '. .' -fr iv-.srkeT. einem hvben Siebziger,
t . .tf '?.:.. i.-r r.: le'..i«:;gen an, Ton deren Be-
. ... . • ; >s*r 3J Jahren .^zrch Bcugies hefreit worden«
% « '.zä,tt So»»iihriger Grt»is entleert alle 6 bis 6 Tage
— 115 —
jTiaadswelie B|ot nxH dem Urin ohn« lonitige Beftcbwerdehi
ein Zustand, der sonst jahrelange Pausen gemacht hat.
Sehr häufig mahnten yeraltete Rheumatismen and Gicht-
beschwerden selbst Jene, die sich kaum mehr erinnern
konnten^ einst davon gequält worden zn seyn; rassische
Bäder erwiesen sich in dergleichen Fällen, wo sonst keine
Contraindikationen vorhanden waren ^ sehr hilfreich.
Charakteristisch in dieser letzten Grippe, welche seil
Anfang April aufgehört hat, epidemisch zu herrschen^ ist
der nervöse Charakter. Viele meiner Collegen bestätigtet!
die Bemerkung, dafs in dieser Epidemie weit seltener die
Anzeige zn Blutegeln sich ergab, als in der vom Jahre
183^ dafs die Hustenanfälle oft typisch eintraten^ weshalb
Pulv. Doweri in refracta dosi oder Chinin mit Hyoscyam*
recht nützlich waren.
Obschon ^die Grippe ans nun verlassen, daaerte dooh
Im Laufe des ganzen Monates, dessen Witterung bisher
ungewöhnlich kühl, feucht und stürmisch war, die Rich-
tnng aller krankheitericgenden Einüüsse gegen das Bron-
chiaisystem auf eine wahrhaft anfiallende Weise fort, se
dafs jede durch Verkühlung entstandene catarrhöse Affek-
tion in einen' mehr oder weniger heftigen Bronchialhusteft
-übergeht, und bei Kindern kommen aus demselben Grunde
Bräunen häutig vor. Aufserdem sind Rheumatismen an der
Tagesordnung, namentlich ist es Lumbago und Ischiai
rheumatic;i, welche man oft in die Behandlung bekommt»
Beine Entzündungen gehören zu den grofsen Seltenheiten,
dagegen erliegen viele Wöchnerinnen noch immer der Pe-
ritonitis puerperaÜs. Von Exanthemen , deren überhaupt
'wenige beobachtet werden, sind blofs einzelne tödtlicbe
Fälle von Scarlatina magna bekannt, auch sah man im
ellgemeinen Krankenhause den seltenen Fall einer Soarla-
tioa mit Icterus. Von Cholera wissen wir gottloh gar
nichts; der Typhus abdominalis hat bedeutend ^';genom-
inen. Dagegen fangt der intermittirende Charakter an sidi
immer reiner auszubilden, und viele chronische Leiden
nehmen das Gepräge desselben an. Ich behandle eine
Cardialgie, wobei Schmerz im Magen, vorzüglich beim
Druck auf denselben , Aufstofsen^ belegte Zunge, Anorexia
und allgemeine Mattigkeit vorhanden sind, welche Symptome
iiber den dritten Tag merklich zunehmen^ und einen fast
ganz freien zwischen sich haben. An Chinin wagte ich
anfangs gar nicht zu denken, sondern liei's Blutegel und
Cataplasmata ad Epigastrium anwenden, Cremor tartari c.
Lepid. Cancron mit Aq» Rub. Id« innerlich nehmen. Ich
f «rfuhr ftuf dieM Welse , bd itrencar DiSl ^ drd Wodm
lang mit geringem Kr folg. Aach Magüterinm Biimuthi
leiiteta niditt, ent Chinin mit Hyoicyam.« das aeit eini-
gen Tagen gehraiidit wird^ bewirkt eine entachiedenQ Bea-r
aerung. — Mitgetheilt wurde mir die Geacbiclite mm
merkwürdigen Kranken , welcher an allgemeiner Waaser-
aucht littt und wo typiscli, zd gewissen Zeiten die 6e-»
schwulst der Kxtreinitäte'n sich minderte, dagegen im glei-
dien Verhältnils Zulalle Ton Hydrooephalua und Hydrotbo-
rax hervortraten, aber nur periodisch, -^ In den letatea
Tagen beobaditete man mehrere reine Tertianfieber, dio
• achnelt qnd glücklich mit CLinin gehoben wurden.
Als eine sehr miisUcbe Compucation zeigt aidi grolso
Neigung der Säfte besonders des Blutes anr Verfliisaigang
und Auflösung^ daher kommen Sputa crqenta, lorida«
crocea bei Brustleidenden ungewöhnlich häufig zqm Vor-
achein; ohne alle Veranlassung entsteht bei den yerschie«
jdensten Kran klieitsi allen Haemoptoe, das ausgehustete Blat
ist schwarz wie bei Scorbutischen. Scorbut tritt überhaupt
KU vielen chronischen Krankheiten hinzu /und aufiiert sich
last immer auf der Haut in Form von Flecken , von mehr
oder weniger grofsem Umfange. Vorzüglich nnterliegea
Kranke von atrabiliüser Constitution diefier Art Haenioptoe,
die sich manchmal bis zur putriden Lnngenfaule ateigert»
daher mau auch bei solchem' Bluthusten den Cortex mMr
unter mit Gluck anwendet«
Natürlich ist diese Zeit den Pbthisikern bSdist ge-
fährlich, und die grofse Mortalität entspringt vorzugUch
aus der grofsen Zahl der an Phthi^is Verstorbenen, Im
Allgemeinen stellt sich für dieses erste Quartal das Ver-
bältnii's der Mortalität auf 1 zu 10, indem von 10,153 im
Hospital Behandelten ^60 genesen und 1019 gestorben
aind. Noch mufs ich erwähnen, dafs der pulsus tardua
bei KntTiyndungen jetzt ungewöhnlich oft beobachtet vrird.
Mir ist im Laufe dieses Monates eine heftige Pleuritia vor-
gekommen, wo der Puls, so wie Ctisen eintraten, an! 40
berabiiank und die übrige Zeit hindurch so blieb; eine
Bronchitis bei einem zarten reizbaren Mädchen mit 60
Pulsschlägen, und eben jetzt behandle ich eine Anfdnala^
ryngea^ wo sich der Puls ebenfalls nicht über 60 hebt.
Die ersten zwei sind vollkommen genesen, im letzteren
Falle erfolgen dieCrisen reichlich durch Urin und Schwöbt
mm*
- 117 -
' 3» -
Monatlicher BericM
ilher
den Gumdheitii^miandy Gehurten und Tode$fiiUevonBer1mi
Mitgetheilt
m» den Akten der Hufeland'' s^hen med, chirurg, GeselUchaft^
Mit der dazu gehörigen Wittertmgi - Tabelle^
Aprih
Ceber die IVitternng yerw^is^n wir »uf die beigefügte Tafelr
Wt^
•
£• worden geboren; 323 Knaben,
337 Mädchen;
660 Kinder,
Eß starben; 197 männlichen,
153 weiblichen Geschlechts ^beff
und 296 Kinder unter 10 Jahren.
646 FensoneUf
Mehr geboren 14,
'Im April des vergangenen Jahres warden
geboren; 433 Knaben,
385 Madchen,
818 Kinder.
Es starben; 155 männlichen,
140 weiblichen Geschlechts ober|
und 302 Kinder nnter 10 Jahren,
597 Personen,
l^ehr geboren 221.
Im VerhäUnifs zum Monat April yorigen Jahi'es, war-
den im April dieses Jahres weniger geboren 158 ^ und
■tarben mehr 49«
\
Der rheqmatisch - catarrhalische Charakter der Krank-
heiten blieb aacb in diesem Monate der herrschende; die
Inspirations- Organe wurden besonders ergriffen, und wa-
ren Kntzundnngen derselben nicht selten. Die im yergan-
genen Monate yorgekominenen rosenartigen Ausschläge, nah-
men in diesem Monate eine andere Form an , indem sie
äwischtQ Hasen nnd Rötbein in «tthtn lobienMif mel^
■laii* obna alle nrfaerbewexDngeii ind »nimm BaMh«>
den DAcL wenigon Tagen lencbmndn. Pocim viii4m
noch irninEr beoNacliIet, et itarliaa dann 5 fefwaen U-
tcr denen iä» Krwaduener, '
Sp*ti*lU Krankh»
ifm.
^t^^'!'
Kind«
Krankbeiten,
!
1
1
i
a
i
An EnUrnniira Alt'rt w-Bfn.
A. Si-Jiwil.:I,e ^-.lU n.d. dir Grbiut
Vnieili;( und luill BeLaren '. '
Bp.» >Mlm.'>.. . . . . .
Ain Kinnbarkrakcmipf. . . .
fenSS'. -. ; : :
An .'>ltn,[J.r'In vnd OrÜfeiiLrimlihi^il.
An S.];«1.UH„«, ....
Ad. ^^..»r.)Lu|>t . ; . .
An il-n l'uEkr-H , , , .
0
1
6
fi
1
1
e
5S
4
9
3
9
Ab llnl,MtM-dMglBrSnne). . .
Ä;;feÄ& : .- ;
An hulz.u.d>u<£>li«G« , . .
Ain «b^^trenden^ .oüJeieL.^denFi'ebe,
An der IfnIai'liwinüaDi^lil. ' . ,
An d.T lln.j.li..i«enud,U " .' .'
J;fc;Äli ; ; : :,
Am ll]iitbrwli-n." ':'.'.'.
A»S¥U«-imd5ticidlur», . ,.
r.
^--
r-'i
Krankheiten.
=■
g
j
S
1
1
;-
_K_
u
_£_
_3_
An in Trunksucht.
f,
_
_
_
An der BliuioebL . .
1
Ab ers'u, FMnn im IIi>l«r1>ibe .
aS <ifl.ol.cl.™ Frtr«n d« B™.«.
2 -
i i
aS M^ltprlueli«,* '. '. '- '
Jim Br.nd
1
An BucErmnnrJctdarrp. . . ■
ÄSSSa™^- ; .■
Dortl. SelHrfflotd , ., . . .
I
Du.di U>icliicJuf.lU ■ -
- '""'""
igi"
ih"
liö"
nr
5«
Die BiJilioihik der firnkl. BeShmAe, April 1837 eotftifflt
Tf, Stoket, iJitr die Heiiatig der innirm KranÜeUtHt
<t««f>cfi ficwteilrt V
■ lit
I Dr. Fr. Behrettd,
J, KOchlin, von den Vfirhingeii der geliraucMichaa Me-
iaile, rfcni Knpfersnlmink mid ander« Kupferpräparaten.
Bettkmdlge MengeUngen door 3: F. Kern.
J, O »hörne on drapiiet u/ith eupprcued ptnpiraHon imi
toagiiJaMe un'ne.
Jtf. A. Uttna, de Innica humorit aijnei»
Aindentische Schriften der Untvertität sm
JB. Gtitl. i
rlifi.
»neberg, de Meuryamate aortae tAoraeieott
Mit dieteln Stuck ynri Kugtgehtn : fiibliothek Att
I*. ä. Octbr., Noybr., Decbr,, enthallend: Wistenseltafl-.
Jicke Ütbertiä4 der geiammten ntedicinitch'ihintrgitdem
lAlmiHw da Jakret ia^. EtnnddariaugBHit«: tU9
— 120 —
Schriften, und das Wesentlidio mich'dea fmddediUR
Fächern in folgender Ordnung:
/. Heilhimle im Änffenieinen»
IL Die einzelnen Fächer der MeOkmidt»
1) Anatomie»
2) Zoochemie*
3) Phißsioloffie. "^
4) Diaetetih und roTkiorsnetktmde. *'
5) Paiholoffie»
6) Semiotik und Din^nostßl,
7) Alhfemeine Therapie,
8 Specielle Therapie.
9) Arzneimittellehre^ Phamuicologit ^ Förmuian mti
Toancoloyie.
10) Chu^truie, Augenheilkunde und OehMnratMelün»
11) GebwtsJuilfe, Frauenzimmer- «• KinderkraMelien^
12) Gerichtliche Arzneikunde,
13) Jlfecltsinüc/^ PoZiset^ AMfjsimil- OnimM!^ mhI
Krieysarzneikunde»
Verzetchnifs der /Schriften vom Jalhre 1^35 ^ mtf wMii
sich die in vorstehender vnasensdutßlicher ~~ ~
befindlichen Zahlen beziehen.
Recensirte utid angezeigte Bücher iM 7iiten Bandtg
Namenregister desselben.
Sachregister desselben»
Anzeige
nn die Herren Mitarbeiter des Joumali md der BibJioikdu
Sämmtliche Honorare für die Beitnige des letzt-
Terflossenen Jahres sind in dieser Ostennesse dnrck die
Reimer'' sehe BucLhandLung berichtigt. Sollte einer .der,
geehrten Herren Mitarbeiter sein Honorar nicht erhalten
haben > so ersuche ich ihn ergebenste, solches yor Ende
dieses Jahres mir anzuzeigen , da spätere Reklamationen*
niolit angenommen werden* Stillschweigen wird 9h Qait-^
tong angenommen. ' .
tJebrigens ernedere ich dringend die Bittet mir alle'
Beiträge mit Bnchhändlergelegenheif, oder mit der fah-
renden Post portofrei zuzusenden.
Diejenigen geehrten Herrn Mitarbeiter » welche das
Honorar gleich nach dem Abdruck ihrer Abhandlungen sä '
erhalten wiinschenj werden gebeten es geÜIUgst der Re«
daotion anzofeeigen» « O.
dU
^-^
j-*
Jl>
j^^
i?r
i.t
1.
■jr
■ :'
7
!|
t|
; :
!!1
%
♦
•*
1 1
■■■^
ji
i^
r
\
i
v-
P«
l-I
T-
/!
1. .
,
( '.
"■■■\
je
V
/;.:
^
'^
—
1
:
i-
;l
!::
fc.
-i:
xl
1
|||i
m
1
■
C. W. Hufeland's
Jo nr n a 1
der
Fetischen Heilkunde,
Fottgesetzt
TOD
Dr. E. Osann,
» tirofessör der Medicin an derUiuvenitainn^der med«
\» Academie far das Militair zu Berlin y Director des
Instituts, Ritter des rothen Adler- Ordens dritter
imd Mitglied mehrerer gelehrten GeseUsehaften*
■.■*»
OrtMy Freimd, ist alle Theorie,
Doch grwi des Lehens goldner Baum,
Göihe.
V. Stück. Mai.
Berlin.
Gednickt und verlegt bei G. Reimer.
I.
Der LebensproceiGs
des
Pf ort adersystems
in Beziehang'
äaf die sogeDaoDteD Stockangen des Blute
im Uoterleibe.
»
Vom
Professor Dr. C. H. Schultz«
CYorgetragen d. 20. Janaar 1837 in der Hnfelanclc.ined« dli
rurg« Gesellschaft za Berlin.)
lu« H. Im Torigen Jahre hatte ich die Ehret
Ihnen meine chemischen und qualitativen Uo»
tersuchungen über das Pfortaderblut Torzutra-
gen. Auf diese und meine weiteren in der Ton
der Konigl. Akademie der Wissenschaften za
Paris mit dem grofsen Preise beehrten Schrift
über Circulation enthaltenen Untersnchungen
über die lebendigen Bestandtheile des Blntes ge-
stutzt^ will ich nun versuchen die Lebensthätig-
keiten des Pfortaderblutes näher zu betrachten.
Die Resultate dieser Untersachungen häogeD
A2
innior niif. ineineD Deuen Bcobachtangen ubei I itn
die Bluthläscben zasommeu, indem sie es tot- I ^'rjr
zü^llch sind^ dereo eigenthiimliche VerhälloiM 1 Rdt
in dem Lehensprocefs des Pfortadersystems vilm
wirken, und ich inufs mir daher, bevor ich a 1 («r i
dem besotideren Ziel übergehe , einige oüi- 1 teeo
ternde Anmerkungen zu der Lehre Tonfaliifir
Blutbläscben überhaupt erlauben, Torzügliclmi 1 sei'yü
mich \or Mifsverstandnissen zu bewahreOi M 1 {til o
denen man falsche Folgerungen gegen dm* 1 äfac
Ansichten ziehen könnte. Dies scheint nirtf kh\
icBia
^:
dieser
SO nothwendiger, als noch ganz nenerlicb*
berühmter Arzt und Naturforscher, CaniSt^
Gelegenheil einer sonst sehr anerkenoendeiv
cension meiner Schrift in den Jahrbücben*
wissensrhafl liehe Kritik, für welche ick 4>
Herrn Vf. nur aufrichtig danken kann, auMp
eben zu dürfen geglaubt hat, dafs incinsL»
Ton den Blutbläschen so leicht zu ividditli
sey^ dafs ich sie selbst aufgeben wurde. ^
Aeufserung eines von mir selbst so hod> P*
achteten Forschers könnte ohne Prüfaig ^
zu weiteren irrigen Ansichten führen, i^
ich ohne Schwierigkeil werde rorbeugcD l^l W«
nen, indem ich darauf aufmerksam inacbe,ttl ■>«(
sie auf oü'enbaren Mifsverständnissen bembl,B'| e(k
dem man meinen Untersuchungen eibe p>
unrichtige Deutung gegeben und mir AnacMll ^
untergelegt hat, die ich nie gehabt habe, w| ^
welche freilich unrichtig oder vielmehr noiDitl >
Slich seyn würden. Diese mir untergelegte A^*
^ sieht ist die^ dafs die Blutbläschen gewöhobii
Luftbläscheu seyen, wie die Seifenblasen, 1>
Bierschaum und ähnliche durch mechaniscVi
Mengen der Luft mit Flüssigkeiten gebiUkk
Blasen. Zu dieser irrigen Vorstellang hatoSei'
bar blufs die Benennung Biutbläschen gefuW
denn ron Seifenblasen und anderen Scbaum-
blasen habe ich freilich die Blutbläschen immer
recht gut unterscheiden können, und es i^are
eine Kleinigkeit gewesen^ die Unterschiede bei-
der in meiner Schrift ausführlich anzugeben,
vrenn ich hätte vermuthen können , dafs der
Ausdruck Blutbläscheu zu so fremdartigen Vor-
slelJungen ^ürde führen können. Vielmehr
geht au» der ganzen, so yieUeitigen and man-
nichfacben von mir gegebenen Betrachtung
der Blutbläschen hinreichend hervor, dafa ich
die Blutbläschen als zusammengesetzte Organe
des Bluts betrachte und nicht als einfache
Schaumblasen, nach ivelcher Ansicht ja das
ganze Blut ein mechanisch gebildeter Schaum
seyn müfste. Ich habe die Blutbläschen als
Bläschen mit eigenthümlicher Organisation dar-
gestellt und die allmählige Ausbildung und Ent-
"Wickelung dieses organischen Baues durch so
vielfältige und ganz neue Beobachtungen er-
wiesen, dafs man schon in dieser Entwicke««
lungsgeschichte den Unterschied von Schaum-
blasen (die auf ganz andere Art entstehen) wird
finden können. Nirgends habe ich die Blut-
bläschen mit den rein mechanisch gebildeten
Schaumbläschen verwechselt , oder auch nur
verglichen. Ich habe die Blutbläschen ResfU
rationsorgane des Bluts genannt^ in dem wei-
teren Sinne nämlich , dafs die Respiration eio
höherer Assimilitationsprocefs ist, wodurch sieb
vollendetes Blut aus dem Chylus bildet, und
zwar durch Mitwirkung der' von den Blutbläs-
chen absorbirten Luft, wodurch ihre Kerne all-
mählig in Plasma aufgelöst und metamorpho-
sirt werden, wie ich in dem Kapitel über Bil-
düng des Plasma gezeigt habe. Ich hätte sie
ebenfalis^ ia.eineia andern Skiia Blutbildaogs*
- 0 -
Organe nenneii lönDen, weO der Bciplratk»
procefs der Blatbläschen Torzäglich daiFlatM
bildet y \?ie ich dargethan habe. Und M
eioe 80 ausführliche Darstellung aller üeff
Verhältnisse sollte ich glauben, miifste dieV»
Stellung, dafs ich die Blutbläseben für incdi*
nisch gebildete Scbaumblasen hätte ans^
\v ollen, unmöglich seyn , indem es sehr wiU
eigenthümlich organisirte Blasen geben kn^
die Luft enthalten , ohne dafs sie deshalb id
Seifenblasen und Bierscbaum zu idestilä*
Trären.
Nun aber sind allerdings die BlotblÜKlB
v^irklicbe organisirte Blasen^ wie ich gegeo«
bisherigen Ansichten, nach welchen es feste i>
ErnähruDg dienende Körper, sogenannte Bliwj
gelchen seyn sollten, bewiesen habe. ^^
keine feste Kugeln, sondern hohle BlaseD, «(^
che durch den Respiration sprocefs (mag er *> ^^
durch Lungen, Kiemen oder Haut ausfe» I uii.
werden) die Luft absorbiren, in ihrem h"** ,
aufbewahren und zur Verarbeitung und ä*' I •'^^i
morphose ihrer Kerne verwenden, undcj^p^*!
Hüllen alternirend mit dem üebertritt dei W I H
in das peripherische System der Luogeo "f I Wer
L6!:
Till
»II
i:cer
üLr,
eiede
bss
QSTe
teile
.. "
R3i(
wieder in das peripherische System dei ^^
pers eben so verändert werden ^ als die K^ I . •
duen des Respirationsprocesses von ihnen «^ I ^.
genommen, oder diese ausgeschieden uodfiiii' I k«
Luft von ihnen absorbirt wird. Alles **** I "^^
ist durch so bestimmte und ausfuhrlicbe lo^ 1 ^
suchungen in meiner Schrift über das Cvv^ |
tionssystem dargelegt, dafs ich die HoiM
habe ; eine nähere Bekanntschaft mit aUeDU**
zelnheiten der Untersuchung, werde irrll»^ | |
liehe Auffassungen später von selbst retb^^
I
Wo, wie darch die UntenachnDgen über die
Blutbläschen, eine so durchgreifende Verände-
rung aller früheren Vorstellungen über diesel-
ben Theile (die sogenannten Bluikügelchen) ge-
boten wird, ist es fast nicht zu erwarten, dals
in der neuen Darstellung bis ins Einzelnste sor
gleich Alles richtig aufgefabt werde, um so
mehr, als eine ganze Reihe neuer Einsichten
über die wahre lebendige Bedeutung der Ter*
schiedenen organischen Theile des Bluts, über
den lebendigen Zweck und die yerschiedenea
LebensYerhältnisse des Plasma und der Bliit«
bläschen sich eröffnet, woran man bisher nicht
einmal hatte denken können« Indessen hängen
die Terschiedenen einzelnen Erscheinungen so
organisch* innig zusammen, dafs, sobald man
sich über die alten Vorurtheile Ton den Blut*
•
kügelchen wird fortgesetzt haben, man auch
diese Einzelnheiteo richtig würdigen wird , wäh*
rend die Erkenntnifs der LebensYerhältnisse der
Blutbläschen auch eine durchgreifende bisher
ungeahnte Beziehung auf die pathologischen Ver-
änderungen zum Bedurfnifs machen wird. Ob
die Luft in den Bluibläschen beständig in un-
Terändert luftförmigem Zustande, oder ganz
oder theilweise gebunden enthalten ist, ist eine
andere Frage, die in Bezug auf die allgemeine
Bedeutung der Bläschen ziemlich gleichgültig
ist, denn die blasenartige organische Struktur
bleibt in beiden Fällen immer dieselbe; doch
ist bei den nnendlich feinen Uebergängen zwi«
sehen gasförmiger und flüssig tropfbarer Form
eine Veränderung leicht möglich, und diese
wird sogar durch die Wechselwirkung der Lufl
mit den zu metamorphosirenden inneren Thei-
len der Bläschen noth wendig, so dafs die we-
sentliche Natur der Bläschen eich dadorch gar
— 8 —
nicht ändert ^ itit» die von ibnen im Re^in-
lionsprocefs absorbirte Luit, Yfenn aacb m
allmäblig, ganz oder iheilweise gebunden «irl
Aber das allgeineine Gesetz steht fest: Jk
Blutbläschen sind die wahren Respiralionm'
gane^ denn sie allein sind diejeni^m M;
welche beim Athemholen mit der Luft wirsÄ-
ielbar in Wechselwirlcung treten^ ditFemif
rung der Blutfarbe bei der Respiration grffal-
lein von ihnen aus j nur sie absurbiren du 14t
und alle weiteren TFirlcungen der Respir(^
sind erst durch die Bläschen vermitteheid
Iceine unmittelbaren ; daher auch die Entwkb
luDg der Bläschen mit der Entwickeluo^^
KespiratioDSorgnoe im Embryo erst befiut,
Störungen der llespiration immer zuoäcbitTff*
änderungen iu den Bläschen erzeugen o. }• v*
Dieses yon mir auf das EotschiedensUtf*
Wicsene Factum wäre allein hioreicheDdi «
ihnen von mir gegebene Bedeutung lu ftäif
fertigen , wie mancherlei (auch von mir ao^
deutete) Modifikationen derselben auch io iki
Terscbiedenen Thierklassen vorkommeo müft^
Die eigenthiimlichen durch die besooloo
Lebensverhältnisse bedingten VerhältDiitt v
Blutbläschen im Pfortaderblut sind ei nun, Hv*
che uns auch hier eine nähere Einsicht in v
Zustände dieses wichtigen Systems gestatten
Im Pfortadersystem findet ein KiickbildtBp'
procefs der Blutbläschen , wie in dem Ly0{^
drüsen System (wozu auch Thymus, SchilddrÄ
Dlilz gehören) ihr Bildungsprocefs Statt. ^^
die liüUenbildung der Blutbläschen imLyin|^
drüsensystem beginnt und auf der ersten (Kein*^
Stufe der Entwickelung sich £eigt, wogeftt
die KerubilduDg hier noch im Vebergewic^
ffir
tili
ii\
li-v
Z'J
«p
Hi
I"
u
U
h
fit
it
}
i
r
\
1
erseheint; so finden wir umgekebrl im Pforf-
adersystem die Hiillenbildung der Bläschen im
anderen Extrem überwiegend und auf der höch-
sten Stufe, wogegen die Kernbildung bis zum
Verschwinden absorbirt ist. Da die Blutbläs-
chen nur so lange fähig sind , mit Hülfe der
absorbirten oder respirirleo Luft plasmabildend
zu wirken, als sie die Kernsubstanz entha(leD|
so haben sie in diesem Zustande das Ziel ih-
res Lebenskreises durchlaufen , sie sind für fe-
ilen Zweck yerbraucht und enthalten in ihrer
Hüllensubstanz nur die Residuen ihres Lebens-
processes (in Form verkohlten Farbstoffes) und
zwar in einem solchen Uebergewicht, dafs ihrö
Lebepsthätigkeit darin erstickt^ die Fähigkeit
Sauerstoffgas respmrend zu absorbiren abnimmt»
und sie auf dem Uebergange^ AuswurfsstolF zu
werden^ nur noch dazu dienen können, ein
Produkt von überwiegend chemischer Katur,
die Galle abzuscheiden. Die Blulbläschen ent-
stehen mit überwiegender Kernsubstanz; sie
werden mit überwiegender Hüllensubstanz auf«
gelöst« Die verbrauchten mit überwiegender
Hüllensubstanz yersehenen Bläschen sammeln
sich in vorwaltender Menge im Pfortadersystem
an, durch ihre gröfsere specifische Schwere, wo*
durch sie bei der langsamen Bewegung des
Pfortaderbluts in der klappenlosen Pfortader sich
theilweise aus dem Plasma absetzen , das mehr
die leichteren mit Uebergewicht der Kernsub«
stanz versehenen Bläschen weiterführt. Dieses
Verhältnifs scheint das Mittel zu seyn, wodurch
die Natur in der Pfortader den überwiegend
venösen Zustand des Bluts hervorbringt, indem
sie aus der allgemeinen Blntmasse die verbrauch«
ten Bläschen an einer bestimmten Stelleabsoiw
dert. Die liigeothömlicbkeit des Pforladersf^
— 10 —
Sterns erhält nar ihre AuflLlämog durch ffie
keDotniPs der BläschenDatur und die damit
sammeohh'Dgende wahre Bedeatoog der 1
bläschen überhaupt, und nach den älteres 1
Stellungen über die sogeoanDten BlatJ^ageli
bat man nicht die entfernteste Idee tob
sen TielseitigeD inneren Lebensferhältoi
haben können« Alle jene ErscbeinuDgeD I
pfen sich allein an die Wahrheit, dab die
genannten Blutkügelcheo keine Kügelcbeo,
dern Luft absorbirende und Laft epthalb
Bläschen von so zusammengesetzter Orga
tion sind , als ich sie in meinem Sjstem
Cirkulation durch Beschreibungen uod il
düngen aller ihrer Verhältnisse erläutert I
und ich bcibe nicht umhin gekonnt, aofi
Katur und Bedeutung der Blascbeo im A
meinen zurückzukommen, weil ihr besoflJ
Verhall nifs im Pfortadersystem eine blofM
tamorpbose ihrer allgemeinen Orgaoisaii
Verhältnisse überhaupt ist, und weil diel
des Pfortadersystems nicht zu begreifen isi
lange die Beschaffenheit der Blutbläschen i
erkannt ist. Weit gefehlt also, dafi ei«
scheinbare Widersprüche die Bläscbenoatai
den Luftgehalt der Blut bläschen widerlegen
ten , kömmt es nur darauf an^ ihre Bedei
nicht durch falsche Analogieen der Blutbli
und der Schaumbläschen mifszuversteben
sich -dann ergiebt, dafs gerade in der Erl
nifs der Bläschennatur der Schlüssel znis
Ständnifs eines Beichthums von Erscbeio
liegt, über die man nach der Blutkügel
Theorie nur verworrene Vorstellungen
konnte.
Ehe ich nun zur Betrachtung der
deren Lebensverhältnisse das Pforladeia;
— 11 —
übergehe , ivill ich mir nur noch die Bemer-«
kung erlauben y dafs dieses System nicht abso^
iuty sondern nur relativ Ton dem übrigen Ve-'
nensystem abgeschlossen ist^ und dafs die cha-
rakteristischen Eigenheiten des Pfortaderbluts,
im Ganzen betrachtet nur relative auf einem
Terschiedenen , oft blofs quantitativen , Yer*
hältnifs der Theile beruhende Unterschiede dar-
bieten, die im Kleinen und an den einzelnen
Bläschen betrachtet, oft unscheinbar sind, aber
in der ganzeii Masse, und auf die Dauer Sber*
^iegend hervortreten. In verschiedenen Le-
bensverhältnissen, besonders aber in den ver-
ftchieflenen Digestionszuständen , kann daher das
Pfortaderblut von dem Extrem seiner Eigen-
thümlichkeit oft zurücktreten und sich dem
Blute des übrigen Körpers ziemlich gleich ver-
ballen. Aber auch umgekehrt kann unter be-
günstigenden Umständen die Pfortaderblutquali-
tät so überwiegend werden , dafs sich dieHül-
lensubstaozbildung der Bläschen am Ende im
' übrigen Venenblute zu verbreiten anfängt, in-
dem nicht alle verbrauchten Bläschen im Pfort-
adersystem abgelagert werden können, oder
die darin abgelagerten verbrauchten nicht auf
dem regelmäfsigen Wege durch die Leber aus-
geschiedep werden j was denn Veranlassung
dazu werden kann, dafs auch andere Organe
leberartig fungiren y wie z. B. in den verschie-
denen Arten der Gelbsucht diefs der Fall zu
seyn scheint. Wir gehen nun zur näheren Be-
trachtung über, wie wir im System der Cir-
kulation die Sache aufgefafst haben.
Die Blutbawegung im Ffortadersystem bat,
sowohl in ihren Erscheinungen^ als in ihren
Ursachen I Aebnlichkeit mit der Cirkalatioo iu
— 12 —
der
iß
H
h
kl
ganzen ▼en(5sen Sysfem , da, wo es
ist, wie hei den Krebsen und vielen Mollask«,
indem die Wurzeln der Venen des Sjsleil
der Digeslionsorgane sich in einem Slanw
sammeln, der ohne Herz das Blut wieder durd
Zweige in das peripherische Gefäfsiysten iff
Leber verbreitet. Man mufs das PforladeBf-
slem als eine Wiederholung des ganieo ^w*
Systems im System der Digestionsorgaoe !!»•
Len, wie sich auch das Nervensystem als fT»
pathischer Nerv in den Organen dei vegetti-
ven Lebens wiederholt. Doch ist das rfcil'
adersyslem von dem übrigen Venensystemni»
so vollkommen abgeschlossen als das gesanw
centrale venöse vom arteriellen System. «^ I »,
sc/ieHiat zuerst auf gröfsereVerbinduDgsaitei*' I ilj
sehen der Vena mesaraica minor s. ba^*** 1 tf
rhoidalis interna, einer Wurzel der PforiaderiJ» I ^
den unteren Theilen des Dickdarmes, und« I (•
unteren Hohlvene aufmerksam gemacht, ^t \(
Schlemm hat besonders am After zwischen !«• 1 ci
sen beiden Venen Verbindungen beobad» I »
JSach lletziits aber haben die Venen des g* | i
zen queren und linken Theils des Dickdanaji
welche Wurzeln der Pforlader bilden, mil*
unteren Hohlvene Gemeinschaft, Dochschö*
heim Blenschen nur die Venen des hiot«*
Theils des Dickdarms die Verbindung mit v
Hohlvene herzustellen, Verbindungen, dicdsß»
die überwiegende Menge der Venengeflechte*
Unterlcibe bei den Cetaceen noch stärket 9*
scheinen, daher denn diese Thiere im gasitt
Venensystem pforladerarlig- schwarzes Blal*
haben scheinen. Bei den Amphibien aber gA
auch das Blut der hinteren Extremitäten de
Bauehuiuskeln, der Harnblase , zum Theil«
did Pfortader. Hier dauert der fötttttut>"
— 13 —
der Sa'ugthiere nnd der Menschen dorch das
ganze Leben und die Nabelrene bleibt als Zweig
der Pfortader hier offen, wie Jacobson zuerst
beobachtete (de ^ysteinate yenoso peculiari« Hafn«
1827). Die NabelTene nimmt .hier nach Tour^
son die Venen der zugleich; Wasser athmenden
Harnbiese (gleichsai^i einer lebenslänglichen AI-
lantoide) so wie die Zweige der Ton der Bauch»
haut entspringenden Vena epigastrica auf (Tracts
and obseryations in natural history p« 65)^ was
nach Carus sinniger und richtiger Bemerkung
daixiit zusammen hängt, dafs die Amphibien ohne
Placenta und Nabelstrang sich entwickeln, wes-
halb die Hautfläche ursprüngliche Athemhäut
ist, und auch von ihr und von der Harnblase
als einer inneren Aliantoide die Nabeivenen
entspring-en (Zootoraie 2. 698). Bojanus (anat*
testudinis Tab. 25.) un'd Carus haben auch bei
den Schildkrölen die Nabeivenen als Vena epi-
gastrica offen gefunden, um das Blut der Bauch-
decken und des ganzen Hinterleibes zur Pfort-
ader zu führen. Bei Fischen hat Raihke ge-
zeigt, dafs aufser den Venen des Darmkanals
und der Milz auch die Venen der Schwimm-
blase und der Genitalien zur Pfortader gehen»
Diese Verhältnisse scheinen deshalb wich«*
tigf weil beim Menschen, wo die Resorptioa
im unteren Theil des Dickdarms fast yersch win-
det, nur die Venen yon hier zur Hohlyene
gehen, dagegen bei Amphibien, wo eine starke
auf die Ernährung Bezug habende venöse Haut-
resorplion Statt findet, auch die Venen der Haut
in die Pfortader übergehen. Das Blut der Pfort-
ader kann nämlich ohne Nachtheil yiel fremd-
artigere Stoffe, sey es durch Resorption oder
durch onmittelb^iff Siosprltzoog anfiiebmeii, i^^"
— 14 —
Die Eigenlhümlichkeilen des PforlaaerbW.
VT eiche "wir nach eigenen üntersuchungeo (y
63 — 75 des Syst. der Cirk.) dargestellt hi^
scheinen mit der Natur der Bewegung des Blw
in diesem System und dessen besonderin Zvfcd^
innig zusammenzuhängen. Das Pfortadw»»*
enthält yerhältnifsmäfsig weniger oifflsÜ^
h
das Blut der übrigen Venen, weil diese Sioffe
beim Durchgang durch das peripheriscbe Sy-
stem der Leber noch Terarbeitet und dadorch
unwirksam gemacht werden können, mhmi
sie im aligemeinen Venensystem leicht heft^
Reaktionen veranlassen« H ach Magendie(tnA
elein. de pbysiol, ed. 4. p. 245) enlitehl ■**■•.
Rin.ipritzung von Galle, Oel u. dergl. nik 1 1**
Cruralveue leicht der Tod durch Erslickop«; j "*
Dagegen können ohne merklichen NachlheildK* | ^
selben Quantitäten solcher FliissigkeiteD io b
Pfortader gespritzt werden. Hiermit wbeal 1 *'
zusammenzuhängen, dafs gewisse narkoliscbl ■
Arzneien, wie Opium und Taback, TieUcliwi'
chere Reaktionen hervorbringen, ^eoniieo
den Magen ^ als wenn sie in den Mastdarin^
bracht werden« Die Venen des älastdinBi
nämlich fuhren die fremdartigen Stoffe, wekke
sie resorbiren , direkt in das allgeiqeiDe ?*■
nensystem, ohne dafs sie zuvor verarbeitet wfr
den könnten y und sie üben hier ihre fremdirtip
Einwirkung im ganzen Umfange aas, D>s^
gen werden die aus dem Magen und dem nb*
gen Theil des Darmkanals durch die Worwi
der Pfortader resorbirten Stoffe, durch die Pfoij*
ader erst in die Leber geführt, io deren pen*
pheriscbem Gefäfssystem sie ihre nachlheilig«
Wirkungen vor dem Uebergang in die Ho«'
venen zum Theil zu verlieren scheioeo.
tu
k
lil
\^
(;.
ab
Hl
— iö —
Plasma^ als das Arterien- oDd VeneDblat, da-
her eine geringere Menge nacb der uotoU-
kommenen Gerinnung gebildeter Fibrine; aber
in allen seinen Bestandtheilen eine yiel gröfsere
Menge eines eigenthiimljchen brannen Fetts und
eine überwiegende Menge Ton Farbstoff in den
Bläschenhiillen und yerhältnifsmafsig weniger
Eiweifs Ton ebenfalls eigenthii|plichc;r QnalitäU
Das ganze Blut ist wäfsriger und gerinnt we*
gen der unTollkommenen Bildung des Plasma
nur unvollständig und im böberen Grade gar
nicht. Es ist Ton Interesse , den Ursprung die-
ser Eigenthiimlichkeiten des Pfortaderbluts, ferner
ihren Zweck und den EinfluFs, den sie anfdie
Bewegung desselben bat, näher zu betrachteo/
Die Entstehung seiner Eigenthiimlichkeiten
hat das Pforladerblut offenbar seiner Quelle in
dem Darmkanal und den lymphatischen Drü-
sen der Lympbgefafse desselben , so wie in der
Milz zu verdanken. Die Orgdnisirung und Be-
lebung des im Darmkanal bereiteten und des
aus dem Blute wieder in die Milz abgelagerten
Milchsaftes, erfordert vorzüglich die Mitwir-
kung des Plasma im Blute, nach dessen Ver-
brauch also eine verbältnifsmäfsig gröfsere Menge
von Blutbläschen im Blute zurückbleibt i unter
denen sich vorzüglich diejenigen, deren Kerno
durch Metamorphose im Plasma nach der eben
(§. 31. des Syst der Cirk.) dargestellten. Weise
absorbirt und die dadurch in leere mit Faser-
stoff imprägnirte Hüllen umgewandelt worden
aind^ im Pfortaderblut anzusammeln scheinen,
um das Uebergewicht an Farbstoff zu erzeU'*
gen. Der gröfsere Fettgehalt könnte durch Re-
sorption entweder aus dem Chylns des Darm-
kanals, oder aus den MUcbgefSliien «neug^
— 1(> —
den, Joch wiirs die schwarze verkohlte Be-
8chaj[len!)eit dieses Fettes und seine VerbioiuD^
mit dem Cruor und dem Plasma (aostatt im
Chylus und dem übrigen Blut das hier weifü
Fell mehr dem Eiweifs angehört) auchmitdu
Sletamorphüsen des Farbstoiis in den Blaten-
, hüllen und der Bildung des Plasna aui deo
Cenlraltheilen der Bläschen Zusammenhang
eben weil das rei ne Fett des Chylus nicht schwan
und fest^ sondern durchsichtijj^ und flSsaigcf*
scheint«
Der Zweck dieser Eigeothiimlichkelten J«
Pfortaderbluts bezieht sich , nach näbereo Co*
tersuchunf^en^ oflenbar auf die GalleDabsoo«*
rung, durch welche der grofsere Fettgehalt«'
der Farbstofrjiehalt der Bläschen ausdeinPfw**
aderblut enti'ernt wird, weil beide sonst milv
das Venen - und Arterienblut übergeführt om
darin in eben so grofser Menge und ähnlichtf
Qualität gefunden werden müssen. Die le-
«tandlbeile der Galle: der bittere, kobleoitrf*
fige Gallenstoff und das Gallenfett und die Oi
säure werden also wahrscheinlich aus jw*
Stoffen im Pforladerblut durch leichte 3Iett'
morphosen gebildet. Die Art, wie der Färb*
Stoff aus den Bläschen hierbei in die Sekrt*
lionskanäle der Leber übergeführt wird, scbe»|
zum Theil durch die mehr wäfsrige Bescba»*
fenheit des Plasma des Pfortaderbluts bedir^
welche es möglich macht, dafs ein Theil»
Farbstoffs sich im Plasma chemisch auW
wie man denn wirklich das Plasma und W
Serum des Pfortaderbluts gewöhnlich TontJl^
misch aufgelöstem Farbstoff mehr oder weoi?«
gerölhet ündet. Auf diese Weise kann soWoW I
der Farbstoff', als da» mit ihm verbundene t«"
— 17 - •
leicht durch die WaDdangen der peripherischetr
Gefafse der Leber in die GalleDgänge driogep^
und bei diesem Uebergange in die Gallenbesland«
theile metamorphosirt T?erden. .
Der Eioflufi, den jene E]genthiiml!chkel<if
ten des Pfortaderbluts auf seine Bewegung ha- .
ben I ist leicht zu erachten. Das Pfortaderblat
bewegt sich auch inv gesunden' Zustande Viel
langsamer, als das Blut in den' übrigen Venbo/
und hat daher schoi\ eine natürliche Disposir'
tion SU Stockungen, Wir haben gesehen, daf«
€8 vorzüglich der organisirte' Theil des Bluta^
das Plasma, ist, durch dessen lebendige Wech«.
Seiwirkung mit den Gefäfsen die peripherische
Blutbewegung bestimmt wird. Die bewegende
Kraft des Bluts wird also zunehmen , je gro-'
fser der Gehalt desselben an Plasma, «ie wird
abnehmen, je geringer der Gehalt an Plasma
ist Da nun das Pfortaderblut nur einen ge-
ringen Plasmagehalt hat^ so wird seine bewe-
gende Kraft auch vermindert seyn , weil die|
lebendige Anziehung des Plasma gegen die Ge-
fäfswände verringert ist, so dafs also die re* -
pellirende ßewegung, mit welcher das Blut ia
die Wurzeln der Pfortader aus dem peripheri-
schen System getrieben wird, schwacher als in
den übrigen Venen seyn mufs. Spallanzani
fand die Bewegung in den Gekrosvenen des
Fisches Tiel langsamer, als in den Kopfvenen^'
und noch langsamer die Bewegung in den Milz-
venen. (1. c. 179. 209). Aehnlich auch TFede*
meyer {MeckePs Archiv 1828. S. 349). Ich
selbst finde^ dafs sich in den Venen der Schwimm-
haut das Blut doppelt so schnell bewegt , als
im Gekröse des Frosches. Es hat mir bei ver-
glsicheodeo ExperimeDteD an., eben getodteton
Jeani.L]LXXly.B.5.S<. B
I
— lÖ —
SXngethierCQ auch geBcbieoen, 3ah d!» Sp»-
Dang, mit welcher da» von den "Worzelo wh
äriogende Blut nach Uoterbindung de» l'l'ort-
ad erst am nies unler der Lebsr diese Trne tw
dehol, viel geringer ist, als bei Ualerbinilii»;
der Venen der Exlremilälen und selbst deiiv
piIarTcoe; deon die so durch Blat sngespMiU
pfortader ergiefst beim Anstechen Dicht in ^
Ben so Marken Slrom das Blut» als die iil>n'
gen Venen , obgleich man eich son»! I«idu
iiberzeugt, d»h die lepellirende Kraft da pf
riphenacben Systems in die l'foitademuncit
aonst in ähnlicher Wei«e noch lange nach dro
Tode vrie bei den übrigen Veneo Statt fiad«
Indessen ist die repellitende V\'irkung dn (e-
ripberiscbeo Systems in dia V^'urxela iet
Pfortader nur die eine Hälfte der li«n(^
den Kraft, welche die ganze Blutsaule fK(-
Ireibt} die andere Hälfte ist die aun^
rende Wirkung der Blutsäule aas den Zmi-
gen der Pfortader durch da» peiipherische Sj-
»tem der Leber. Obgleich nna in dicieui dii
bewegende Kraft des Pfortaderblotplasina auU
, grüfser ist, als in den Worselo, so kömmt docb
hier noch eine verstärkende "Wirkaog auf S»
Bewegung durch die Absonderung der GsUi
hinzu. Wir haben nämlich im System dtr
Circulalion dargestellt, dafs durch die tbeüirsiM
Entleerung der peripherischen Cef<ifse beim Bi)-
dungsprocefi überhaupt die Anziehung des BluU
ans den zuführenden GefäfsEneigen eebr rt>
mehrt wird, indem dag nachströmendo Dluldn
durch Absonderung verlorenen Theil sojKletrfcU
, ersetzen strebt. Diese Wirkung mufs ddo k
der Leber in einem sehr boh'eii Grade Stsii So-
den, weil die Menge der Galle^ vfclcha hiir
aus dem Blute abgesuaderl wird, sehr sntt it>t
— tu —
(de eliment. concoct pag, 107.) and mitbitt di#
Menge der Flüssigkeit, welche sich zu' diesem
Zweck aus denoi Blute entfernt , dazu beiträgt^
die anziehende Wirkung des peripherischen Sy«
stems -der Leber aus den Zweigen der Pfort-«
ader sehr zu yerslärken, so dafs hierdurch. g^
wissermaf^en die verminderte bewegende Kraft
Ton den Wurzeln aus wieder ersetzt wird«
m
p
Durch eine Steigerung der Gallenabsonde«
rung in derPeriode erhöhter Digestion mufs aUo
die Bewegung des Pfortaderbluts auf ähiiliche
Art rermehrt werden , wie die Bewegung ia
der arteriellen Vene beim Einathmen» Umge^
kehrt mufs eine Hemmung in der Gallensekre«»
tion die Bewegung des Pfortaderbluts auch, auf«
halten, welche Hemmung natürlich direct von
den Zweigen auf die Wurzeln sich fortpflanzt;
Es sind also zwei Ursachen , die besonders bei
krankhaften Zuständen der Digestionsorgane auf
die Hemmung der Pfortaderblutbewegung, wel«
che unter dem Namen der Stockungen des Bluts
Ton den Aerzten immer richtig Torausgesetzt^
wenn auch nicht erklärt wordeq ist, einwirkea
können: die Störungen der Gallenabsondernni;
und die Steigerung des schon im gesundea.
Zustande Torbandenen Mangels an Plastizität
im Pfortaderblute, deren Ursachen wir anderswo
(de alimentorum concoctione exp. nora p. 93 -—
95,) auseinandergesetzt haben. Je langsamer
nun die Bewegung des Bluts in der Pfortader
wird, desto mehr wird die Schwere des Blut»
selbst das Aufs^igen hindern oder erschweren,
und wie wir an oben angeführtem Orte darge*^
stellt haben, kann beim Menschen eine wage-
rechte Lage des Körpers, wodurch diese Wir«
kung der Schwere des Bluts groIstentbeiU «nC-
fi 2
\
^- 21 —
f *
Jh vfirA ein theilvv^ises Senken der BlatcbeA
und eine Ansammlung derselben in den uhte-**
ren Wurzeln des Pforladersystems unvermeidlich -
»eyn. Indem nun die Anhäufung von Btutbläs-'-
clien in den unteren Theilen nothwendig eine*
iiirem Volumen entsprechende Menge Yon Plasma
au% der Stelle drängt, so wird dadurch die,
Schwere der zu bewegenden Masse in demsel-
ben Verhähnifs vermehrt, wie die bewegende ]j
Kraft des Bluls vermindert wird, und dieser.
Zustand scheint e$ eigentlich zn seyn, der die
Krankhaften Stockungen des- Bluts im Unter-,
leibe in den höheren Graden bedingt, durch
welche die Hämorrhoiden erzeugt werden« Das
Blut senkt sich am Ende beinahe mit dem gan-
zen Gewicht seiner* Schwere in den Wurzeln
der Venen, dehnt diese allmählig aus, nimmt
durch die Stockung selbst einen immer mehr
venösen Charakter an, und erzeugt entweder
passife Blutungen oder varicöse Anschwellung
^en. Vielleicht hängen die Varicet an den
Venen der unteren Extremitäten ebenfalls mit
einem Senken der Bläschen bei sehr langsamer
Bewegung des Bluts zusammen. Da aber hier
die Klappen in den Venen vorhanden sind, so
werden die Bläschen verhindert, sich bis in
die Wurzeln nach unten zu senken, sondern
sammeln sich in den Taschen der Klappen an,
und bewirken hier die stellenweisen passiren
Ausdehnungen. Hätte die Pfortader. Klappen,
so würde in ihr wahrscheinlich Aehnlichet ge-
schehen , und dadurch , indem das Blut in den
Zweigen mitten zwischen den Eingeweiden
stockte und seine Venosität verinebrte, ge-
wifs heftigere Zufälle (Hämatemesis u. s. w.)
erregen , als dio Hämorrhoiden« Bei Thie*
ren finden wegen der hoxisooialen Lage 4tC
—^ 23 —
meisten erforderlicli ist, aajf diesB Weise der
Leber entzogen wird. Wie nan solche per-
verse Gallenabsonderung wieder auf den Dige»
siioDsprocefs und den Zustand des Bluts im pe«
ripherischen System des Unterleibes durch die
perverse Blutbildung überhaupt zuriickwirkt, ist
leicht einzusehen, und so zu erklären, wie die
Veränderungen der Blutbewegung im Pfortader-
system gewissermafsen das Steuerruder sind,
wodurch das ganze übrige GirkulationssysteBi
mehr oder weniger regiert wird.
— -25 -• . ■'
Pflicht nachzukommen^ so lehrt doch die t8g«
liehe Erfahr&ng, dafs so sehr oft, iind selbst
TOD altern Praktikern, dieselbe gans aus den
Augen verloren ^ird, und dafs eine nach allen
Richtungen hin sich erstreckende Sparsamkeit
Tiel mehr im Munde führe, als die Meisten
dhnen. Es kann nicht immer nämlich darauf
ankommen , die möglichst wohlfeilen Mittel za
verordnen 9 denn dies ist unter Umständen oft
gar keine Ersparung, während in vielen andere
diese Regel unausführbar ist^ nein, die lYahl
der Form und die Berücksichtigung einer gro-
ben Menge anderer Dinge , von denen unten
weiter die Rede seyn wird, und von denen
viele Aerzte oft gar keine Ahnung haben, sind
wichtiger und erspriefslicher als alles Andere.
Will aber ein Arzt mit Ernst dahinstreben^
soviel an ihm ist, der Commune überflüssige *
Kosten zu ersparen, so mufs er auf zwei We»
fen, auf einem direkten, und einem indirekten|
emüht ^ey^^ S9to Z>iel zu erreichen«
Von der indirekten Ersparung.
Wie es die Pflicht eines jeden Arztes er»
heischt, der mit Erfolg wirken will 9 sich zu-
vor mit der Lebensweise, den Au fsen verhält^
nissen, dem Naturell etc.> seiner Kranken be«
kannt zu machen, ehe er handelnd eingreift,
ebenso ist es die Pflicht jedes Armenarztes,
£ich eine allgemeine Kenntnifs der Lebensweise,
des Naturells der niedern Yolksklasse, für die
er wirken soll, au erwerben. Diese Kenntnifs,
auf bestimmte, überall sich wiederholende, all-
gemeine Wabrheiten basirend, ist um so noth-
wendiger und ersprielslicher, als daraus für die '
Behaodlupg ebenfaiU gewum aUsciUiino. Müh
— 27 —
und die Ihrigen zu eroähreti, einfach wie bis-
her, spielt nicht der leidige BranDtwein , was
leider so häufig jetzt der Fall ist, eine Haupt«,
rolle, bleibt ihre Kost ond schwere anstreo"*
gende Arbeit ihr Loos.
Diese Lebensweise, wie sie wenigstens dem
gröfseren Theile unserer Armen zukommt, liefert
aber dem Arzte Kranke, die denselben noch
am lebhaftesten an die Zeiten ^ines Hippokrates
erinnern, sie stellt ihm Naturmenschen, bei de«
nen die vis medicatrix naturae ihre Wunder im
Tollsten Glänze vor ihm entfaltet, die Tausende
dieser Menschen von den allerschwersten Krank-
heiten ohne alle ärztliche Hülfe» ohne alle Me-
dicin, ja bei dem Gebrauche der widersinnig-
sten Hausmittel genesen läfst, die dem beschei-
denen denkenden Arzte so oft seine Ohnmacht^
dem yerwegenen und unerfahrenen seinen straf-
baren Uebermqth mit grellen Farben zeigt.
Hier findet der Arzt, was er an dem Kranken-
bette des Vornehmen so Tergebens sucht, was
er so oft sehneod wünscht, wahre Grisen, hier
lernt er die einfachen, ungetrübten Bilder der
Krankheiten kennen, hier lernt er den sichern
geregelten Verlauf acuter Krankheiten, hier end-
lich kann er prüfen und erfahren, was seio
ärztliches Handeln Fruchtbringendes oder Schäd-
liches und Störendes hat. Und diese Beobach-
tungen, diese Erfahrungen, die sich ihm täglich
heinah aufdrängen, welchen Einflufs werden sie
auf sein ärztliches Handeln äuf«ern, welche
Früchte werden sie der Commune bringen?
Keine anderen, als dafs der Arzt die geheim-
nifsrolle Allmächtige durch eine weise Metho«
dus exspectativa ehrt, daft er mehr den Beob-
achter spielen lernt, und der Gütigen nicbl
ohne Gcund entgegen faritt^ Wäbneod^ Hülfe «ifr
sctinlTen. GeJei
(iegltiii der yn'jrsera HJenge"
zio nebiiien, dafs er nicht \
und BQgsIlichea I^ankca äei
KU thmi liat, die unlec alierhi
diese Medicin Trerweigcrii,
nicht thua und efüulden kopfnf
die Kraakheilen meist einfach,
Coiiiplicatiofieii TOrhanden sind
dürnos ganz einlach, dnTi Arm
lan Kraukheilen lyenigere unA
Hlediciii *(>□ ^(!Illen liabenS
recht, ja freTVlIinn gegen dH
IValur bandelii würde, wollt«
ein überscliüllen. So wird 'M
dafs bei EnlzünduDgen auTsat^
und ganz einfncbeD küblenden4l
vrie bei acuten Exanthemen mä
laute f-nr nichts zu thnn ühiffi
surgfallige Ueubacbtang des ra
beit. UbeuEo wird der ArpMJ|
biiodlung von Krämpren acl^l
itugesetzleu Antisp)isi|
IN'och Tiel angenratllfterT
dem Armenärzte die Wifkunge
^ häufig werden, noch glücklicbl
i in seinem Wirken selb«!
1 den Wohnungen der Are
' li^es Hindernifs ihrer Genesi
' volkreichen Städten bietet
Uüden gewöhnlich die meisten
Kriiiiive der Art diir; Aufenl
Miäse, DuiiiiTCi^keit, Zug, Ki«
liaum \Vorle tut Sthüdemu
In »eEiinden Tn^^ea dieueo diesi
»um StbUl^tuiacU als tum. W
— 29 ^
sind deftbalb in der Ttegel weniger schb'Jlicb,
«Is es unter andere Umständen seyn inüfste«
Sind aber Kranke genotbigt, in ihnen zu yer«
weilen^ so üben sie ihre feindseligen Wirkun«
gen aach um so nachdrücklicher aus, und so
kömmt es denn^ dafs so yiele Wechselfieberi
Ausscblagskrankheiten ^ Scropheln^ Rheumatis^
muSi Gicht und viele Andere Krankheiten so
lange unbesiegbar bleiben , als die Kranken in
solchen Wohnungen verbleiben. Findet der Ar^t
solche Lokalitäten, so würde er ganz gegen
das Interesse der Commune handeln^ wollteer
sich bestreben^ hier durch Medicin nützlich zu *
werden. Erst dringe er auf Verlassen dieser
schlechten Lokalitäten^ ehe er an die Kur soU-
eher meist chronischen Leiden geht, oder sorge
wenigstens in andern Fällen dringend dafür,
dafs die Luill der Krankenzimmer fleifsig er*,
seuert , oder dafs Essigräucherungen u. dgl. ver*
anstaltet werden. Diese gerechte Aufforderung
an Kranke der Art, ist aber auch keineswegs
eine so drückende , als es den Anschein habea
dürfte; das Auffinden besserer Wohnungen kana
in grofsen Städten nie schwierig seyn, Mieths*
contrakte fesseln dergleichen Leute, liie länger,
als halbe und ganze Monate, und, der Umzug
selbst ist nie mit den Kosten und den Weit«
läufigkeiten verknüpft, als bei Vornehmen. ,
Wie yiel Kosten durch die Berücksichtigung
dieser Regel den Gommunen erspart werdea
können, und wie leicht es oft wird, mo*
nat- und jahrelange Krankheiten völlig zu be-
siegen, sobald ein ungünstiges Lokal mit einem
guten gesunden vertauscht wird , das kann nur
der wissen, der viel und täglich mit Kranken
der Art umzugehen hat.
— 31 —
blatang Ternacblärsigl werden« Um dalier den
CommuDen auch für solche Fälle keine uoniiz-'
sen Kosten zu machen^ und was^ so sehr leicht
gerade hier der fall sejn kann, um die Kran-
ken Tor oft nie wieder gutzumachendem Nach*
theile zu sichern, wird es gewifs das Beste
seyn^ in grofsen. Städten eigens dazn bestellte
und unterrichtete Leute mit diesem Geschäfte
zu beauftragen, wozu sich alte Frauen beson-
ders gut eignen , zumal wenn , wie es in Stet-
tin der Fall ist,, diese überhaupt auch die Lie-
ferung der Egel haben, und immer eine gro-
fsere Menge Blutegel als verschriebeD^ mit zum
Kranken nehmen,
* Wetan wir als Aerzte nur zu oft' Gelegen-
heit finden, über die kummervollen und dürf-
tigen Kranken rapporte Fern wohnender zu seuf-
zen, obschon sie Yon Leuten herrühren^ die zu
den gebildeten Ständen geboren^ um so viel
öfter findet der Armenarzt Veranlassung za
klagen über die Berichte, welche ihm über
seine Kranken bald durch Kinder, bald durch
ungebildete theiinahms- und lieblose Scblafge-
nossen und Angehörige zugestellt werden. Hier-
durch finde der Armenarzt in seinem mühevol-
len Berufe um so mehr Veranlassung selbst
überall zu sehen und zu boren , soviel in sei-
nen Kräften steht, theils um des Wohls der ihm
überwiesenen Kranken willen , theils. aber auch
wegen der durch mangelhafte Krankenberichte
entstandenen unsichern Erkenntnifs des l^rank-
haften Zustandes und der damit im Zusammen-
hange stehenden oft überflüssigen , oft ganz
Terkehrten Medicin Verordnung* Leider vermö-
gen sehr vielseitig beschäftigte und sehr be-
etiinnte Armenärzte nicht immer ihrem, Won»
o.^
seile nnd ihrem Pilichtgefi'hle gemKr« di««r
lieirel iihenill nnchzukoininen , iodesseo jeder
inenscheni'reiindliche Arzt^ der in der Eriullans
seiner Plliclit sein höchstes Glück findet, ^ird
doch Vifiles i))r)i;h'ch machen kcmnen, was B^
cjiieinc r.ud INaciilässige als ein Uebcrmaalsaos-
schreiein
Der Armenarzt bedenke ferner, dafs er
Tieliaitiir durch .«ein Amt auch mit der Hefe
des Voiks in Berührung kommen mufs, dafs
er auf Leute stril'sl, die, allen Untugenden unl
Laslern er:jeben, fern Ton allem dem sind, was
ein feinfühlendes Alenschenlierz anziebeo und
erfreuen kitmile. INirgend findet man eine so
profVe Cleichüiillittkeit, ja Al^neigung unter Ehe-
gatten, aJs hier, nir^rends begegnet man einet
so ^roi'i^en Gerin.i:«chiitzung und Uintennosetzoog
aller kindlirheii Dankbarkeit, nirgends einer so
gewisse'hloseu Vernachläfsigung älterlicher Pfiidl-
tcn, i)lr;zends endlich -lernt man eine grüfteie
Undankbarkeit g'^gen die Coiiimunen und we-
nigere Anerkennung aller der von denselben lom«
menden Wohlthnlen kennen , als gerade bied
Jeder Armenarzt hat daher auch mit uni'olgsa«
men, halsstarrigen, in Vorurtheilen befanjieoefl
Kranken zu thun , jeder mit iNachlälftigen, lo«
ordentlichen zu kämpfen, jeder mit gewissen-
losen und leirlilsinnigen Aeltern und An.sehüri*
gen seine Piav^e, Vioraus tausend Verhiiltuisse
sich ei.iieben, deren Hndresultat darauf hinaas-
läuft, i!a!s die Kranken in ihrer Genesung auf-
gehalten und die Conimunen immer mehr und
länger besteuert werden. Wie der Arzt dorch
sohhe Verhallni-^se sich klug und wiirdafoll
hindurch zu winden habe, ob er bald mit stren-
rrexn Ir-rnste einschreiten, oder auf dem Vi^6^
~ 33 —
der Gu(e seinem Ziele nachzagelieo hübe,
das läC^t sich nicht darch Wort und Lehre zei-
gen y sondern das mufs der praktische Takt des
Arztes in jedebi individuellen Falle selbst zu
finden ^Yissen. So viel aber ist gewifs, dafs
ein kluger und erfahrungsreicher Mann Yiel^
' sehr viel zum Frommen der Kranken, und zut
£rsparung unnützer Kosten beilragen kann. •
Niemand endlich wird mehr durch Cresa*
che und Krankbeitsbescheioigungen behelligt^
als der Armenarzt anter den mannichfaltigstf^O
Vorwänden, in den allermeisten Fällen indes«
sen Yon Leuten , die arbeitsscheu auf ein^ ge»
mäcbliche Art zu leben wünschen. Hier sey
der Arzt gar sehr auf seiner Hut, und bedenk«
ja j' dafs solche Atteste auf das Empörendste
oft gemifebraucht werden. Denn nicht alleio,
dafs die Inhaber derselbep dadurch mehr Ao«
Sprüche an die Kassen der Commnnen maeheo
zu können glauben, dafs sie nicht mehr bit*
tend, sondern pochend und trotzend auftreten^
sondern dafs sie um so mehr Rückhalt habtn^
um ihr Bettelgewerbe im ganzen Umfange des
Wortes auf das Schreiendste in Ausübung so
bringen« »
Direcie Ersparung*
Genügte zur Feststellung obiger Punkte al-
lein eine ruhige, auf Kenntnifs des Lebensund
Treibens dieser Mensch enklasse sich gründende
Erwägung alier concurrirend«n Verhältnissei so
sind, um die directe Ersparung im ganzen Um-»
fange in Ausübung bringen zu können, aach
noch positive Kenntnisse erforderlich^ die nicht
ohne Schwierigkeiten zu erlangen and einmal
erlangt, einer ordentlichen Aneignung bedürfoiiii
Journ. LXXXiy.B.5.SC% C
* «■
~ S3 -r^ .
Studium erlangteo Data lassen sich abec atiC
folgende allgemeiDe Regeln suruckfahren^ di^
ich hiermit dem ärztlichen Publike zur nahem
Priifuog weiterer Ansfuhräng und praktiffcben
Benutzung vorlege mit der Versicherung , dalis
dieselben bei dem Wirken meiner beiden Hro»
Collegen und dem meinigen ^ unbeschadet der
guten Sache, su den erspriefslicbsten Ersparuin»
gen geführt haben.
1. Es werde dem wohlfeilen MittA vor
dem theuern stets der Vorzug eingeräumt, wew% •
es ohne Nachtheil für die Kranken und ohnä
Schaden für die Commune geschehen Xranif«
Ueberall, vro Ton Ersparnissen beim R«f»
ceptTerschreiben die Rede ist, heifst es, veiw
meide die ausländischen Mittel soviel als mög«
lieh. Diese Regel hat allerdings ihren guten r
Grund darin , dafs eine grofse Anzahl derselben
durch hiesige und wohlfeilere rertreten werden
kann, aber dies ist nicht immer ausführbar*
Nach meinem Dafürhalten kann es dem Arstn
ganz gleichgültig seyn« ob das Mittel ein über«
seeisches, oder hier im Lande gesammeltes isl^
wenn es sich nur bei der Wahl unter mehre«
ren als das wohlfeilere ergiebt. Um sich aber
bieron in Kenntnifs zu setzen, bleibt kein an«
derer Weg übrig als die Taxe zur Hand za
nehmen, die gleich wirkenden Medicamente na*
ben einander zu stellen und sich die Preise sn
merken. Freilich ist die Arbeit mühsam für
den Unternehmer, aber auch belohnend, denn
nun erst wird es ihm mit seiner Tabelle mog^
lieh werden, eine weise Sparsamkeit zu übeo^
nun erst wird er erkennen, wie rielGeld gann
unnütz ausgegeben werden kann, und wie aucb
c a
f -
— . 37 — .
sen^ der Preis einer Mixtur und SoIutioD oft
ohne Ursache und Nutzen bedeutend höber. In >
der Armenpraxis ist ein Theil derselben , welr .
che blofs d^o . Geruch und Geschmack yerbea^
Sern helfen , als Aqua Cerasorum, Florum Au«^
rautii, Rosarum, und vorzugsweise Rubi idaei e^c.
s:anz entbehrlich , und höchstens nur für die
Kinderpraxis zu rechtfertigen« Die Aqua fon-«
tana filtrata reicht völlig aus, und braucht nut*
in den Fällen, wo die darin .aufzulösenden Mit«*
tel eine chemische Zersetzung erleiden würden^
mit Aqua destillata vertauscht zu werden» Auch:
die aromatischen und krampfstillenden Wässer r'
Aqua aromatica y Cinnamomi, Citri, Chamo-
millae , Foeniculi, Melissae, Menthae crispao
und piperitae , Sambuci, Valerianae sindindeo.
ollermeisten Fällen entbehrlich, und kann man
sich oft sehr gut helfen, dafs man § — 1 Drachms,
Tinct. aromatica, Cinnamomi*, Valerianae^ Ca«
]ami u. dgl. zusetzt» So z. B. kosten 6 Ünzea
Aqua Cinnamomi simpl. 3 Sgr. , 6 Unzen Aqua
fontana filtrata mit einer Drachme Tinctura.
Cinuamomi 1 Sgr« .1 pf»
Aehnlich wie mit den Wassern, verhalt
es sich mit den versüfsenden und den Sbleii
Geschmack verdeckenden Corrigentien ; alle der«
gleichen Mittel sind in der Armen praxis bis auf
drei Medicamente völlig entbehrlich. Diese
sind : Sacch. album , Syrupus simplex oder auch
wohl communis und Succus Glycyrrhizae dep.^
alles Andere^ namentlich alle andern Syrupe^
sind völlig überflüssig und als Luxusartikel vom
Armenarzte zu vermeiden. Wozu Syr. Cort*
Aurantiorum, Syrup. Rubi idaei a. dgl. , wi«
ich gesehen, für Patienten , die Ton der.Gnad*
der Commune leben?
— 39 —
So c« B, wurdest thorlcht B^ifn^ um ein Wechsel*
£eber zn entfenieD, der China oder des Chinine
eoUagen ku wollen, weil es eine Menge ende»
rer antifehrilischer uod wohlfeilerer Mittel giebU
2. Es werde die wohlfeüsie form derlUt*
dicamenie gewählt,^
Es ist ferner ron hoher Wichtigkeit fSr
den Armenarzt, die Preise zu kennen , welcha
nach der Taxe für die einzelnen Arbeiten und
Anfertigungen der Medicamente dem Apotheker
ausgesetzt sind» Die wohlfeilste Form wird
demnach immer die s^yn müssen , welche der
Arzt vorzugsweise zn wählen hat, ron der er
sich nur Abweichungen erlauben darf, wenn
entweder das Medicament sich in solcher Fornt
nicht verordnen läfst^ oder wenn einzelne Kran-
ke, besonders Kinder, eine Aendernng npthig
machen«
Im Allgemeinen gelten hier folgende Grnnd«
sätze. Die Formen, welche ein blofses Mischen
der verordneten 3Iedicamente nothig machen,
sind die wohlfeilsten. Theurer sind solche, die
ein Kochen, Infundiren, Auflösen und anhalten«
des Reiben erheischen; noch theurer solche^
welche eine Division oder MuUiplication vor«'
schreiben; am theuersten endlich ist die Pillea*
form.
Die Pulverform anlangend, so ist darauf s«
achten, wenn irgend die Medicamente es so«
lassen , dafs das Pulver als ein Ganzes verschrie»
heo werde, von dem der Kranke theeloffel*
oder messerspitzenweise zu bestimmten Stupi-
den nehme. Zieht das Pulver überdies ans der
Luft keine Feuchtigkeit an^ so daCs man e
Klümprich werden oder garZerflieCsea nieblMl
üLsch
l!c! die
in
■ ' ' »I» ,
•ij .ze
lil
F.: ■ ,
- 40 -
furchten Iiat, oder enthält das Pulver oicbtiek
flüchtige Arzneiinlltel, so ist auch die Scbacb-
tel dabei überflüssig, da der Apotheker mt(^
dies einfaches oder gemischtes Pulver mit Fi*
tierkapsel, Convolut und Signatur bisiocLl
czen für 8 Pf, vorabfoJgeo lassen iiiuf«.
In andern Fällen , wo das HnuptmeJilu*
xnent eine genauere Dosis erheischt , es iodci'
sen nicht auf -J- — ^ oder «l Gran mehr oder w*
iiiger Yon demselben ankommt, LünDeD2w.i
erspart werden, wenn man statt 12 PulrerB«
6 anfertigen und diese Ton den Kranken seü
in 2 gleiche Theile theilen läfst.
In andern Fällen, wo es darauf nnlmnii
dafs der Kranke eine ganz genaue Doms eicd
Sledicaments bekomme, ist es Bezugs des Pret'
ses gleich, ob man 12, 13, 14 oder' l'i P"'«»
anfertigen läfst, da sie sämmtlich 4 Sgr. kosj»
Bei der Verabreichung Ton Species luä*
man g:enau hinzu, ob man die Species blw
geschnitten oder grob gepulvert haben wi": ?*"
schiebt dies nicht, so werden Tom Apolh»*
grobgepnlverte Substanzen, die pr, Inze •*'•
theurer sind, gegeben* Die Division einer sa"*
Ben Quantität Species in melirere Theile k"*
füglich den Armen überlassen bleibeD, dad
iiebei wohl nie auf ein Paar Gran mehrow
weniger ankommen wird.
Infusionen und Decocte stehen Bezugi»^
Bereilungskosten gleich, da aber, wenndasy**
coct oder Infusum 7 — 8 Unzen beirÜgl, derif"
beitsprcis lür 12 Unzen berechnet wird, ^l****^ I *^Ue
man wohl, nur bis 0 Unzen CülaturfütT
wohnlich zu verschreiben,
»Verden zu Ende der Abkochung noch Art-
neimittcl hinzugesetzt, so darf dafür oidUs be*
Tttcbnel \sftxdtB) wird iedoch die Colalov'^
— 41 —
Abkochung noch über Species mfundirt, so ko-
stet die Arbeit die Hälfle mehr.
In vielen Fällen übrigens, wo in der Pri-
vatpraxis Infusionen yerscbrieben werden, iia-
mentlich Ton Brustlbee, Cbamillen, 3Ieiisse^
Blütize, biltern Kräutern, zu denen noch an-
,dere Medicamente gesetzt od<er dßrin aufgelöst
werden; ist es in der Armenpraxis oft bedeu-
tend wohlfeiler, die Species und die andern
Bledicamente allein zu yerschreiben und die Be-
reitung der Infusion den Armen selbst zu über-
lassen.
Die theuerste Form ist die der Pillen, da
für das Anstofsen der Masse bis incl. 1 Unze
8 Pf. berechnet wird, und hierzu noch für .die
Formation und Dispensation derselben zu Pil-
len incl; des Bestreuens mit einem Pulver, von
dem die Unze nicht mehr als 3 SilbergroscheD
kostet, pro Unze 3 Sgr. 4 Pf. hinzukommen«
Wird aber ein theureres Pulvej^ als 3 Sgr.
pr. Unze züte Bestreuen verschrieben^ so ko-
stet die Unze 4 Sgr. 8 Pf. Vanille als Streu-
pulver, Versilberung und Vergoldung der Pil-
len, wird natürlich kein Arzt für Arme ver«
ordnen, dagegen ist es gut, die Streupulver zit
kennen, welche mehr und weniger als 3 Sgr«
pr. Unze kosten. Semen Lycopodii, Pulv. Bad.
Althaeae, Iridis florentinae, Calami aromatici^
Glycyrrhiza», Zingiberis und Valerianae ge-
hören zur zweiten; Cinnabaris, Pulv. Cassiae
Cinnamomeae, Cinoamomi acuti und andere zur
ersten Klasse.
Aufserdem ist es nothig, darauf aufmerk-
sam zu machen, dafs der Arbeitspreis für Pil-
len über 2 Gr. geringer, dagegen der von 1 Gr.-
bedeutend höher ist«
— 43 ~
Solche VericbweDduDg iadesaen kann and
darf Ton dem Arzte, der für Rechnung einer *
Commune Arznei verschreibt, durchaus nicht
geduldet werden 9 da dadurch eine sehr bedeo*
tende Summe jährlich ganz unnütz und zweck*
los fortgeworien werden würde , überdies auch
den Armenkranken ganz gleich gelten kann und
gilt, ob sie Salben in grauen oder weifsen
Kruken, ob sie Pulver in Papier oder Käst-
chen Terabreicht bekommen. Grüne Gläser,
einfache Pulverconrolute von Conceptpapier,
Holzschachteln und graue Kruken, sind dem-
nach die einzig zu statnirenden Gefafse«
Schon oben habe ich gezeigt, dafs det
Verbrauch der Schachteln für die Armenpraxii
sehr beschränkt werden kann, hier sey es mir
erlaubt, nur noch ein Beispiel anzuführen:
1| Unze Pulr. Glycyrrhizae compositus, ein
sehr häufig in der Armenpraxis vorkommendes
Medicament, kosten Convolut, Dispensation etc.
mitgerechnet 4 Sgr. 1 Pf. , wiid dazu aber^
was ganz überflüssig ist, noch eine Holzschach-
tel genommen , so macht es 1 Sgr« 3 Pf* mehr»
Zu Latwergen werden unter dem Vorwande,
dafs graue Kruken Salztheile enthielten , häufig
in der Armenpraxi^ grüne Gläser genommen,
allein auch dies ist nicht zu gestatten, da der halb«
oder ganze Gran Salz höchst gleichgültig, ja
oft wünschenswerth nur seyn kann. Blutegel
indessen thutman wohl, in solchen Gläsern ans
diesem Grunde verabreichen zu lassen*
Da endlich der Apotheker für zurückge-
brachte Gefäfse bei Reiter a tu ren der Medica-
mente taxmäfsig etwas vergütigen mufs, so ist
es ebenfalls Pflicht des Armenarztes, stets dar-
auf zu dringen, dafs die Gefäfse in die Apo-
theke zarückgeliefert wtrden.
• I
— 45 —
fsen Blenge ron Rücksichten , die er Behufs
DOthwendiger Ersparnifs zu machen hat, heim
Verschreiben der Aledicainente dennoch diesen
odeK jenen Yortheil aus dem Auge yerlöre. Uiil
in dieser Beziehung sicher za gehen , ist es no-
thig , dafs dem Apotheker eine sperielle Anwei-
sung übergeben werde ^ die ihm als Richtschnur
und Auskunftsmitlel bei den Recepten dienen
könne, und zweitens, dafs er eine Anzahl Ma-
gifttralformeln erhalte, die mit möglichster Spar-
samkeit abgefäfst sind.
Die den Apothekern hiesigen Ortes ertheiUe
Instruction lautet also:
1. In allen Fällen binde sich der Apothe-
ker auf das Genaueste an die Vorschriften des
Arztes ^*und erlaube sich nur erst dann Abwei-
chungen , wenn zuvor nähere Erkundigung des-
halb eingeholt worden ist* Ist so 2. B. Oleum
papäveris rerschrieben , so werde nur dies und
nicht das recens oder frigide expressum yerord*
net u. s. w.
2. Wenn auf einem Recepte dem .Apothe-
ker die Wahl zwischen zweien im Preise un*-
gleicben, nicht heroischen Medicamenten, durc6
ungenaue Bestimmung des Arztes gelassen wird,
so gilt die Regel, dafs immer das wohlfeilere
als das verlangte zu verabreichen und in Rech-
nung zu stellen sey. Wird z. B. Pulr. Cin-
namomi verschrieben, so werde PuWis Gassiao
cinnamomeae, ist Radix Glycyrrhizae verordnet,
so werde Radix Glycyrrhizae glabrae, steht Kali
carbonicum auf dem Recepte^ so werde e eine-
ribus clavellati u. s» w. verabreicht.
3» Da es in der Armenpraxis nicht so sehr
auf ein schönes gleichmäfsiges Aeufsere der Me-
dicamente ankommt, wenn sie ihrem innero
Gehalle* nach nur voncbriftsmabig gut siiid| so
-^47 ^
BesaliloDg anbeimfallen , doch aaf keii^e Weise
gestattet werden , und mufs die grofste Genauig*
keit bei der BerechnuD^ Statt fiDdeo.
6* Ist eine Taxe tod den durch die Ar*
menärzte übergebeneo Magisiralformeln, sowohl
des ganzen Torgeschriebenen Quantainti alt aacb
der einzelnen Unze einzuhändigen.
7« Die Recepte jedes einzelnen BJonates
sind nach Ablauf des nächstfolgenden zur Durch«
sieht den Armenärzten rorzolegen»
Was die Magistralformeln anbelangt, so bin
ich zwar im Allgemeinen kein Freund dersel*
beo, indessen sind sie nach meinem Dafürbai«
ten für die Armenpraxis aus mehreren Griinden
EU empfehlen. Dem Tieibeschäftigten Armenarzte
natürlich ist es sehr oft höchst wichtig, schnell
weiter zu kommen, tbeils des Dranges der Ge«
Schäfte, theils der unfreundlichen Umgebungen
seiner Kranken, tbeils endlich des scbrecklichea
Schreibmaterials wegen, wie es ihm nur zu ofl^
zu Gebote gestellt wird. .Ueberdies würde oft
auch manchf» Ersparnifs einerseits Sberseheii
und andrerseits nnihöglich gemacht werden, da
die Bereitung der Medicämente in einigen Stun*
den oft nicht ausführbar wird»
Welche Vorschriften jeder Arzt dem Apo«
theker geben will, mufs dem Ermessen eines
Jeden selbst überlassen bleiben, nur zwei Vor-
schläge erlaube ich mir, Bezugs des Unguentum
Cantharidum und des Linimentum saponato - cam*
phoratum zu machen.
Die Unze des Unguentum Cantharidum ud*
serer Pharmacopöe kostet 10 Sgr«, kann aber
sehr bedeutend, gegen 4 Sgr. wohlfeiler Toa
dem Apotheker hergestellt werden^ wenn maa
statt Oleum amygdalarum Oleum olirarum und
statt Gera alba, Gera fiara nimmt^ iibcigeiia di^
— 49
<w . ■ ■<— >— — lHOWNOi— — I
ra. ,
Beiträge
Erkennfnifs imd Behandlung eini«
ger Krankheiten des Herzens miil
der Arterien.
Von
Dr. X J. H. Ebers,
KonigL PrenCs. Medidnalrathe nnd Arzte des Ktanken«
Hospitds za Allerheiligen in Breslaa,
A.n Beobachtungen über die Krankbeiten des
Herzens und der groben Gefäfse haben wir
gerade keinen Mangel^ und nachgerade bildea
die Schriften über dieselben eine kleine Biblio«
thek; auch hat die Lehre Tom Kreislauf in phy-
siologischer und pathologischer Beziehung, bis
auf diese letzte Zeit, sich der ausgezeichnet-
sten Forschungen zu erfreuen; und so mag es
denn wohl gewagt erscheinen, dem Vielen und
dem Guten , was schon Torhanden, was gedacht
und was für richtig anerkaunt worden^ irgend
Etwas hinzuzufügen, und noch gewagter etw^lft
IVeues zu geben» In einem grofsea 8|gtBclWB
Joiirn.l4XXXiy.B.ä.9t D
— öl —
I
ceos tidben, und wie m aanichf altig das Nernfh'^
System io seiner weitesten Bedeutung — Hiru«
und Rückenmark, — auf dea Kreislauf einwirkt,
sieht der praktische Arzt alle' Tage, und das ist
suletzt auch niemals geleugnet worden •
In den folgenden Beobachtungen habe ich'
zuerst eine Krankheit näherer Betrachtung un-
terworfen, welche, da sie zu deu seltenstea
gebort, auch praktischer Würdigung mehr ent*
behrt h^t, als endete Krankheiten des Kreis^*
laufes, ich rede Ton der Entzündung der Schlag'*
ädern ; es hatten sich mir oft, und auch in de?
letzten Zeit einige yerwandte Zustande, die ich
für nichts anders halten konnte, als für ein Lei-
den der Arterien , dargeboten , sie zeigten aber
auch zugleich^ immer die Complication ent-
zündlicher rheumatischer Fieber auf, und wa-
ren namentlich mit Pleuritis — (yielleicht Po-
ricarditis — ?) und mit Pneumonie Terknüpft^
so dafs sich ein reine» Bild des Uebels nicht
herausstellte; solcher Zustände giebt es aber
Tiele ; und ich nenne vor andern Aur eine Krank-
heit, das Friesel" Fieber f in welchem sich Af-
fectionen des Herzens Und der grofsen Schlag-
adern (Rheumatismus) kaum wegleugnen las-
sen. Sonach habe ich mir zwei Fälle aus deu|
Bereich meiner eigenen Erfahrungen heraasge-
boben, diese mit den Erfahrungen anderer Be-»
cbachter verglichen und mit einigen Erläute-
rungen versehen. Die Wichtigkeit des Gegen«
Standes und seine Seltenheit wird es entschul-
digen , wenn ich dieser Krankheit eine vielleicht
zu lange Betrachtung gewidmet habe.
Der zweite Fall (ad IL c), den ich mit«*
theile, betrifft eine Garditis und Pericarditis ex*
sudativa (serosa bach Schonlein), wabrscheio«
D 2
— ö;^ —
lieh die Polgo rheumatischer KranVneU m Vn-
hindung mit Gemüthsleiden , ein lebeL
wire es gleich nnfäu^lich erkannt, noch mehr,
w<äre dasselbe richtig behandelt undnicbisTff-
absäumt worden , wahrscheinlich bätitf selitä
werden können. Solcher Fälle fiudctinnoü
den Schriruteliern allerdings ciehreie nufii;ezei(!>
net, so z. B. in Jr. Ch. T^eWs AbbanöiM?
über liJteiwiQlisinus des Herzens» Dennoclisui
die Fülle selbst nicht gewöhnlich, und unter Ja
von dem Verfasser angezogenen dürften woÜ
der fünfte und neunte Fall allein die bezdcb*
netsten seyn.
Der H}'perlrophie des Herzens ist io'"
Schriften über die Krankheiten desselben, üb*
haupt eine grofse Aufmerksamkeit gescheit
worden ; dieses Üehel ist vielleicht — »"^j
der Syncope aoginosa (von der un» Panj^
Wichmann so treffliche Bilder gegeben hab«}
die häufigste Herzkrankheit ; ich habe bgM
III. 8« und b. zwei der allerinteressantesieo Fa»
dieser Art mitgetheilt, den zweiten^ adb.Jf*
halb, um zu zeigen, was selbst gegen einfurö^J"
bares Uebol die Kunst vermag; — konnlesi
hier auch nicht heilen, so konnte eie docbe^
leichtern, Namentlich gelang dieses, indem ^
arztliche Hülfe nicht allein sich auf die Lf**
den des Kreislaufs und auf die Ansainm'mi^'
wäfsrigter Feuchtigkeiten (dieWassersiicbllh*
wendete, sondern die "Wirkungen in BeW«"
tung zog, welche das üwcÄ-e/iTiiarfc woil »^
Nervensystem auf den Kreislauf ausüben.
"Welche Wirkung aher grofse Geniülbs.«
den unter vorwaltenden Umständen auf dasUe<
auszuüben vermögen, und welche Gefahr ^
diese Weise für das Leben entstehen kopo» ^
— 53 —
Viie ein Verfabreo, welches sich unter solcbeo*.
UinständeD auf den Punkt binricbtet, Ton dem
die Leiden zumeist und zuerst ausgingen^ ein
Verfahren y welches mit Beseitigung aller an«
dem Verhältnisse sich den grofsen Agentien im
Lebensprozefs und deren Einflufs zuwendete,
und wie es hierdurch gelang,^ einen fast ret<*
iungslosen Kranken herzustellen , dieses habe
ich versucht in der Beobachtung unter IV* dar*
zustellen. Auch hier bildete sich ein Zustand
nach und nach aus , den man unter die Hyper-
trophien zu zählen sich geneigt fühlen dürfte^
er entstand bei körperlichen Anlagen, rein ia
Folge der Einwirkung des Gemiithes auf Ner-^
-ven- und Rückenmark^ und yon hieraus Hers
und Kreislauf benachtbeiligend ; es war hier
vorherrschend ein dynamisches Leiden yorban-
deo , und man würde es als ein solches aus^
schliefslich betrachtet haben , wenn nicht die
Untersuchung des Herzschlags dafür gesprochen^
dafs auch das Herz bereits in seiner Organisa«
tion benacbtheiiiget war. Immer wird dieser.
Fall für einen ßeweis gelten müssen, dafs auch
da, wo keine Reitung — beim ersten Anblick
— möglich scheint, unter gegebenen Umstän-
den doch die Heilung erreicht werden könne.
Das entgegengesetzte Verhältnifs suche ^ch
in ]Vo. V. darzulegen, einem Falle, in dem die
Leiden des Herzens als eine secundaire Krank-
heit sich zeigen , und offenbar von dem Ve-
neusystem ausgehen. In solchen Fällen beruhet
dcts Wesen der jLvrankbeit gewifs zunächst i.u
grofsen Slüruugen des reproduktiren Verhalt-
uisses im Or^aiusüius, in dem, was Puchelt
uänhäufujig in den Siätnmen nennt, und in sei-
nem bekauulen VVerke das Veneasystem S« 37
— M —
dra Krankheit bftkanot gaworSäs ^ war ^ ttftlilk
auch die Effahruog Ton P. Frank (de caraadb
homioum morb, Liber !• §» 118«, womit, mi
Vergleichen Liber II. §• 205— ^'6.) und tod Araf
(Erkenntnifs und Kur der Fieber II. Bd. &• KapI
^. 85. u. f.). Bekanntlich dürfte der Erster« — «
Frank — yor allen andern tSeobachtero akh
cuerst bestimmt über die Arteriepentzündung nach
eigenen bedeutenden Erfahrungen ansgesprocheiäf
der Andere — Aeil — - den.' Gegenstand zuetH
einer gründlichen Erörterung unterworfen baÄ
ben. In einer Krankheit, die ao. selten rar**
kommt, ist jeder Beitrag xu deren Erkenntoifi
wichtig; es ist nicht meine Absicht, eine- Mo^
nographie derselben zu geben, kh will mich
sogar nur auf die acute Form beschräcken, und
die nachfolgenden - Krankheitsgeschichten mis
durch einige Bemerkungen erläutern.
Neuere Schriftsteller : Kreyfsig '), /. Hodg^
eon *), Gendrin *) , Thomson "*) , /. Hope ')/
Th, Davies^), Schönlein ''), und die Bearbei«
ter des Artikels Arteriitis im encyclopädischep
Wörterbuch der medicinischen Wissenschafteis'
Bd. III. S. 216, uud in liust's Handbuch der
ChirurgieBd.il. S. 293, um nurdieHauptsachea
anzuführen , haben alteren Erfahrungen allea
daijeoige noch hinzugefügt und mit eigenen Er*'
^) Krankheiten des Herzens, über Entzündungen der Ar«
terien und Venen, III.B. 1814. S.270. — >) Krank-
heiten der Artftiien und Venen 1817. 1. Abscli. S. 3 f*
— - *} Anatomisclie ßesclireibung der Entzündung,
übersetzt von Radius, 7. Kap. 2. Absch. — ♦) üe-
ber Entzündung , übersetzt von Krwiketiberg. 1820»
8. 232. — *) Krankheiten des Herzens und der gro<*
' (sen. Gefäfse, übersetzt Ton Becker, 1833. 3. Kap. !•
Abtcb. — *) Vorlesungen über die Krankheiten der
Lungen nnd des Herzens. 1836. S. 36Q. — 0 ^^
tkologte ODd Therapie. 1832« 6. M&
^ 67 —
durch Gendrin, Thomson u« A« in anfttomi««
acher, physiologischer und pathologischer Hin-
sicht so "wichtige Belehrungen erhalten habeQ,
"WO aber die praktischen Erfahrungen am sei-
teasten sind. Die nachstehenden , von mir her
obachteten Fälle, namentlich der eine, bezieht
sich zumeist auf eine Entzündung der absteir
genden Aorta; man siehet aber, wie auch hiev
Mitleidenschaft und Complication das Bild der
Krankheit verdunkeln können und müssen*
Fassen wir das Bild der Krankheit naeh
den Beobachtern in einen engen Jlahmen* Hier
müssen wir Sjpangenlberg^s Darstellung zu Gran*
de legen.
Die allgemeine Arterienenizündung charak-*
terisirt sich durch folgende Zeichen ; durch hefm
iiges aber regelma'/siges Klopfen aller Arterien/
das zuweilen an den Caroiiden, den Schlaf cn^'
art^rien und den Speichelarterien dem Auge
wahrnehmbar wirdj der Puls ist gleichmäfsig^
ungemein hart und mäfsig geschivind^ der Kranke
Iclagt über eine heftige, höchst lästige Vibration
des Herzens, die bismeilen sichtbar und hörbar
ist , und die nur in zwei Fällen mit dem Pulse
nicht isochronisch , sondern seltener ' zu seyn
schien ^). Bei einem Kranken zeigte sich das
Gefühl, als stecke ein glühendes Eisen in dem
Verlaufe der absteigenden Aorta bis zu der
*) Der Verfasser yerstelit . onter Vibration eine starke
aber reg:elmärsige Büwegunjg; des Herzens, durch ihre
Regelinäfsigkeit unterscheidet sie sich von der PalpF-
tation oder von dem Herzklopfen. Die AiterientzUn-
dting ist von der Herzentzündung dadurch zu unter-
ßf^heiden, dafs bei letzterer der Puls zwar hart, aber
klein, ungleich und zuweilen aussetzend ist, das Hers
]>alpitirt^ dal's ein ängstliches Athmen und deutlichfif
Fieber damit Terbundeo u* s« f. (§• 27&).
— 68 —
Sch#»Dl(elArterie hinunter, auch icMenWfti
die Zunge und der Kochen gerolbeter, weg«*
XTÖhnlich zu sevn , und bis tur Acme der Krad- 1 (
heit bedeckte eine lympbatische SekrelioD dini
Theile, doch war das Kauen und Herabifhlb-
gen nicht erschwert, noch Geschwulst vorhii« 1 *
den ^ die ZungenaHerien schlugen stark} wel-
ches sehr Jnstig war. QuäUnder Durst oIm
Terinehrie Wärme; doch war dieses Symploi
nicht constant; bei zweien Kranken war du
Gesicht roth und blühend, bei eintm dul*
ten blafs und eingefalleo. — ?— (Zeichen TM
Willeiden des Herzens. — ?). Grofse Vnrik
und liasflosigleit ohne Erschtverung derRfSf'
ration zeigte sich in allen Fällen, DerAppwti
die Verdauung, die Excretionen io gesundhö-
gemafserii Zustande, keine Schmerzen^ keioFi«'
ber — ? (Siehe Kreyfsig*s Bemerkung). — D*
Sympfome dauerten mn ohne auszusetztn, ■*
bei heßiger Bewegung ^ bei harter LeibesaA9A^
bei Genufs hitziger Getränke und Gewürze in
vermehrte sich ihre lutenfität. Liefsmanwl
durch den Yulleu und harten Puls zum Adtv-
lassen verleiten , so verstärkte sich seine Hart*
und Völle immer mehr; bei wiederholten Blol'
enlziehungen sanken die Kräfte schnell, dtt
Puls ward immer harter und zutammeogezoge
ner, da% Herzklopfen immer herftiger, und dil
Rasllosii^keit immer quälender,, bis der Tod die
sen Leiden ein Ende machte (S. 274 — S/öV
fjst dia Entzündung topisch, so findet mann
diesem Theile den Puls der Arterien voll, Äirl
und "klopfend. — S. 283. — Aus der örtlichem
Injiommaiion ^ die sich oft durch keine anden
/,tfichen alf den Puls und bisweilen durch Uff
liegende Schmerzen offenbart ^ erklärt sich dii
WaUtuehmttu^^ dafs der Pula suwcileu an ds
-^ flÖ —
€1060 Hand roll und hart , an dftr andern aber
TOQ entgegeogeseUter BeschaiTeD heit war etc***
(S. 286). Aus dieser Darstellung «— in der ich
die Stellen unterstrichen^ wekh.e mir als be-
sonders wichtig erscheinen, ersiehetman leicht«
dafs der geehrte Hr. Yf» sein Krankheitsbild
kaum einer und derselben. Specios der Arterien*
entzündung entnommen , dafs er die allgemein«
chronische mit der acuten mehrl'ach Termiacht,-
und dafs die Ansichten seiner Zeit ihn roa
dem richtigen praktischen Wege abgeleitet ha*
b^n^ was auch Krey^sig richtig anmerkt (S, 270),-
dabei auf manche Unsicherheit in der Diagnose
aufmerksam macht, jenen Hauptstellen aber
Tolle Gerechtigkeit widerfahren läXst. „Die Ent*
fiüuduog der grofsen Stämme in der Brust, sagt-
er, ist so wichtig wie die Herze btcündung, und
bat ähnliche Zufälle \ eben so mujs man auch
die Entzündung einzelner bedeutender grofur
jirterien^ und Plenen ' Stämme "Trohi zu untere»
scheiden wissen und daran denken, da', sie
hitzig oder schleichend seyn kann«'* In Bezugs*
auf die Abwesenheit des Fiebers und der obea
angeführten Ansicht üeiVs über das Gefäfsfie«»
her, fügt Kreyfsig hinzu: — ,,*^ ist sehr be»
greiflich ^ dafs bei einer Hemmung des Blutnm^
lauf es , den eine Entzündung der instrumenta^
desselben nothwendig bewirken tnufSj sich^ die
Zufälle eines allgemeinen Fiebers unmbgiich aus»
bilden k'6nnen\ luiewohl der innere Grund dazu
da ist.'' (S. 272). fllerkwiirdig ist indessen di«
Stelle desselben Arztes in seinem Handbuch
^der praktischen Krankheitslehre: ,ydafs selbst
bei sehr heftigem Pulsiren des gan^sen Arterien-»
Systems, nie ein Zustand der Arterien Statt
finde y welcher sich der Entzündung annähere/'
(S. 148). Der genaue Hodgson g^bt uns wi%
-1
\tlrin lnl|
T/iomson und Gentirin i
der entzÜDilelcm ArlerienltSq
die ac:ite Ätterihis findet*)
IVeues in Bezag sa( die O
pen Ziialande. Hope , dei
ScLriflslellern iilier die Kn
ZCD3 uad der groraeo Gel«
J8t, der leiae ErCiihrangeD 4
di^CD- Leben crDlnahin, un^
-vcteder anpafsto, gesteht Hi^
keit der Diagnose bei Arlenj
ien, uiren ein, und setzt al,
live Kriierium der Krackhc
plicationen — lÜe anatooii^
vorsüglichsle Symptom t
in der ^orta bestehe dai
■weit heftiger puhire, als i
Schmerz und eiin Gefdbl ^
genJ der AorlaL, verbui
«nd Neigung z.ir Ohnirii
stündige, doch aber wichtip
— Bufserdem ein beschleui
und Trockenheil der Haut. I
keit und alle übrigen Hrachei
gtitiichen Prozesse». Au doj
k Aorla ki^nne die Stärke ilireS
f an dem oberu Ende dei Bn
n Schlüsselbeice beCndlicfa
■werden, leichter liefse sich
absleigendeu Theilca der Aorte
braucht zu diesem ßehufenui
das Slelboskop an _^eu _ l&
Eine »hnlicbe
yvio sie durch die EiitzüM
^orgp-l>rncht wird, soll olti
einer oder der nadcrn <
licu «aUriunehmen iByaj
— lil —
duDg Dicht seilen nach andern Arterien; und
wohl gar über das ganze arteoelle Sjstem bift
rerbreite," (S. 148. 149) u. s. f.
Indem ^Hope auf die Irrl.biimer aufmerk-
sam macht, welche bei der Erlcenntnifs der acu-
ten Arteriitia leicht vorfallen können , macht er
zugleich diejenigen krankhaften AfTectionen nam-
haft, welche, ohne mit dieser Krankheit ver-
Jcnüpft zii seyn, das Pulsiren der Arterien ■ver-
anlassen, und nennt: «Verknocherungen an det
inoern Fläche des aufsteigenden Bogen» der
Aorta, das Pulsiren bei Personen reizbaren Tem-
peramentes, bei hysterischen Frauen und hy-
pochondrischen Männern (GeTuhl von Flattern
— Fluttering — im UnterleiUe), das krankhafte
Fulsirea als Erscheinung der Reaclion nach Blut-
verlusten , Verwachsungen des Herzbeutels nach
Pericarditis , Geschwülste u. 8. f. (S. 150 — 151)»
Obwohl nun das Pulsiren der Arterien in die-
sen und noch vielen andern Fällen Statt findet,
in denen keine Arteriitis vorbanden, so wii'd
man doch unbedenklich nachgeben dürfen, daftl
hier das allgemeine Bild der Krankheit fehlen
mufs, während nur das feine -^ wenn aucÜ
vielleicht — ein Hauptsymptoih vorhanden war;"
Th, Daines in seiner neuesten Schrift, hat
die Entzündung der innern Olembran des Her-r
zens und der Arterien (S. 352) nur sehr üüch-^
tig und ebenfalls nur in Bezug au 1 die Beschaf-
fenheit der Gelafse, wie sie die Anatomie ent-
deckt, abgehandelt. Die beiden vortrelTlicheA
Wörterbücher, die wir oben angeführt haben,
enthalten beide eine genaue und gründliche Dar-
stellung der Krankheit zwar nach bekannten
(«)uellen, doch auch mit kritischer Würdigung
derselben I und oiTenbar nach eigenen Erfahxiui!»:
- M —
I
\
oet ticb durch folgende Erscheiaiiii||«o aat: 1}
an der Stelle, wo die entzündet* Arterie Hegt,
findet eine erhohete Temperatur Statt. 2) Eben*
daselbst empfindet der Kranke einen brennenden,
reif senden y nach dem Verlauf der Schlagader
weiterschiefsenden Schmerz \ 3) mit demselben
verbindet sich ein sehr starkes Klopfen ^ weU
ches von dem gewöhn licheh Pulsiren
durch seine ungewöhnliche Heftig"
Iceit, so toi^ durch ein schwer zu be*
schreibendes schwirr end esQefühl ver-
schieden ist» Bisweilen ist dasselbe so be^
deutend^ dafs man die einzelnen Oscitlationen
der Schlagader deutlich sehen kann ; dieses ei«
geothümliche Klopfeo dauert, so lange das sjr*
nochöse Stadium der Entzündung anhält, fort;
«— sobald aber Secrelioo und Ausschwitzung
plastischer Lymphe Statt findet , verliert sich
dasselbe mehr und mehr. Ea kann sich selbst
(nach Lancisi und Bums) auf der Arme der
Entzündung eine ^Geschwulst erheben , welche
genau der pulsirendeo Stelle entspricht, so dafs
ein Aneurysma vorhanden zu ;eyn scheint, wel-
ches indessen mit dem Sinken der phlogisti«
sehen Thätigkeit wieder gänzlich Yerschv?iodet.
4) in Folge der Theil nähme des ganzen S7-
stemSy wird der Puls überhaupt voll, hart und
etwas beschleunigt, diese Beschaffenheit de»
Pulses wird, dur^h Bewegung ^ so wie durch
reizende Getränke und Arzneien um Vieles ge"^
steigert, ö) Sobald die Oblitteratioo des er-
krankten Gefäfses beginnt^ vermindert sich die
tbierische Wärme in den entsprechenden Ge-
genden^ auch treten dann wohl von Zeit sq
Zeit Frostanfälle ein. 6) Plach Bildung der Ob-
litteration verliert »ich der Pnls unterhalb der
mtiumdeiem SUIU^ dauert dagegen oberhmli dsr*^
- 6ft n- ,
Flechsenspringen , Delirien u. 8* w^ Mit die^
Ben Erscheinungen rarläuft die Krankheit h'öck'^
stens bis zum siebenten Tage^' wo sie sich an«
ter kritischem Schweif se , Blutungen \xt\A Se-
diment entscheidet, oder durch innere Blutao»
gen y Brand , Erschöpfung im Nervensystem»
todth'ch wird u. s. f. (S. 294), — Wir wol-
len nun noch zum Schlüsse der Darstellung
dessen^ was sich in den Schriftstellern zur Er*
kenntnifs dieser seltenen Krankheit verfindet^
anführen f dafs der treffliche Beobachter Schon»
hin das Vorhandenseyn der Arteriitis, sowohl der
allgemeinen als der partiellen, der aöuten wi«
der chronischen, unbedenklich annimmt« In
kurzer Zusammenstellung giebt er die Zufalle^
welche die ^verschiedenen Speoies bezeichneOf
an^ ohne eine neue Erscheinung hinzuzufdgeD^
wir werden an anderer Stelle auf seine An-
sichten in dieser Krankheit zuriickkommeo«
{Pathologie und Therapie nach Schpnleins Vor«
lesungen I. Bd. 2. Aufl. ^ Phlogosen des Blut-
Systems. (S. 264).
Die Erscheinungen, die sich in der Arteriitis
nach dem To'de ergeben, sind in den angege-
benen Schriften ganz besonders griindlicb erör-
tert, ich gehe also an dieser Stelle, — da ich
eine Monographie zu schreiben nicht die Ab-
sicht hatte, — nicht genauer auf dieselben ein;
auch schon defshalb nicht, weil ich selbst keino
neuen Zeichen in dieser Beziehung anzugeben
wiifste. Der Vollständigkeit halber stelle ich
aber ganz kurz io wenigen Worten . und ehe
ich weiter gehe, die constantesteo Zusammen*
Dafs überhaupt die Arterien entzandet seyn
können, hat sich durch das Criteriuiü der Lfi-
chenöffnungen hinreichend erwieisetti WM ff'
loora. UXXIV. Bd. 5. Sfc E
— 67 -
I
ist über einen grofaeo Tbeil des Arterientyttenit
yerbreitet , ist hell scharlachroth, wie Zinnober^
nicht hlofs oberflächlich^ sondern tiefer eiDdrio*
geod, bis auf die Zellscbichte , welche die Fi«
brosa mit der Tanica intima Terbindet, Di^
Arterienbäute sind im Allgemeinen verdickt^
derber, rigider , ihre Elastizität ist verloren
gegangen; — immer finden sich dann auch
Lymph - Goagulationeo y die zähe und schwer
xerreifsbar sind und fest an der innem Gefäfsm
haut anhängen. Bei Typhen, und DametttUcb
bei den Erjsipelaceen , zeigt die Röthe ander»
Erscheinungen ; sie sieht mehr ins Purpurroth9^
ist mehr oberflächlich , beschränkt sich mehr auf
die gröfsern Gefäfsstämme und hört dann mit
einem Male auff •— in den Häuten und Zell^
ge weben zeigt sich keine Verdichtung^ keia
Bigiderwerden , sie sind vielmehr weicher und
beengt u. s. f. — - Auch bei chronischer Arte«
riitis in Folge Ton Dyskrasie, findet sich di»
Röthe in den Arterienbäuten ; — ein rother 6e«
fäfsbof rings um die atheromatose lüasse; sev«
fliefst die Masse und bilden sich Geschwüre, so
nmgiebt der Gefäfskranz dann auch das Ge«
schwur (S. 47. 48). Bei der Entzündung ein«
zeloer Arterien, namentlich der durch Djrskra«
sien — arthritischer und syphilitischer Entziin«
duog — bedingten, sollen die Arterien sehr leicht
zerreifslich werden, und man aus innern Bia«
tungen erst erkennen können, dafs ArteriitiSr
früher Statt gefunden habe (S. 250) *). Di»
Folgen I welche die Entzündung auf die Art*«
*) Die Lücken, welche sich in der angezogenen Schrift
offenbar ond zumal in den letzten Sätzen finden, sind
unstreitig der un?olbtSndigen Hiandichnft, diebenntit
worden, zuzoschreiben ; Kenner werden faidflssea dSB
Wahre Tom Falicbea scboo bertossoAdiOk
E2
• - 69 —
müsse, welcher diese EDtzüocIuDg begSnatiget
Es ist schon vreiler obeo bemerkt worden^ und
der Verfasser des Artikels in dem eocyklopäd»
Wörterb. hebt es besonders hervor» dafs man
die ArterieoentzünduDg nicht mit dem reinen
Gefäfsfieber (Febris inflammatoria Synocha) fi-
lier yielfach so milden Krankheit, Ter wechseln
dürfe ; and Reil geht offenbar zu weit, wenn
er die Meinung* aufstellt, dafs daseinfach schei-
Dende Gefäfsfieber wohl häufig mit einem ent-
zündlichen Zustande der Gefäfshäute verbunden
seyn mochte. Dafs aber ein heftiges enizühd»
liches Fieber als Ursache die Schlagaderent-
zündung hervorzurufen im Stande sey, ist au-
fser allem Zweifel; eben so mögen heftige kör-
perliche Bewegungen, Genufs oder Obermafsi^
ger Genufs hitziger Getränke, unter bestimmten
Umständen, und namentlich unterdrücktt
Hautlhäiigiceit als diejenigen Ursachen gelten»
welche zumeist die Krankheit zu erzeugen im
Stande sind; Gicht ^ Syphilis und andere Dys*
krasien bedingen wohl zumeist die chronische
und die rein örtliche Form; ebenso die Ver-
letzungen der Arterien«
Dafs eine allgemeine Gefäfsentzünduflg\L9!avii
ohne gleichzeitige Aufhebung des Lebenspro«
zesses gedacht werden könüe, ist klar, überall«
wo von einer solchen bei dea Schriftsteilern
die Rede ist, findet sich auch der Sections-Be«
fund. ,,Jede Schlagaderentzündung, sagt der
Verfasser des Artikel» in dem encyclop. Wör«
terb.« mufs aber, bevor sie sich dem ganzen
System mitthcilt, dem Leben ein Ziel setzen."
Dieselbe Tödtlichkeit ist in den meisten Fällen
unabweisbar, wenn der Bogen der Aorta, oder
besser die Brust- Aorta - entzündet ist. Wenn
nach allen Untersuchungen über die fintAÜndang
, — 71 —
sKndang, •timmeo 8o vrenig mit denen Aar orf-
liehen Schlagadereotzüadang iiberein, weisen
dagegen so genau auf ein , blofa auf die Aorta,
und die grofsern Gefä/sstämme sich beziehen^
des, subinflammatorisches nur die in"'
nere seröse Membran betreffendes Le»-'
den hin^ dafs daran nicht gezweifelt u^rden
kann.*^ Hiermit mag rerglichen werden, wa»
Kreyfsig über die Art der Eotsiindang und de-
ren Kriterien in einer Anmerkung su Hodg-*
sojCs Werken S. 9 richtig bemerkt; — • ich fiihro
diese Stellen nur defshalb an/ um auch meine'
Zweifel über eine allgemeine Arterienentzün*
düng zu rechtfertigen; — und will nur noch
hiozufügen, daft ich von einer solchen acuten'
Entzündung^ Welche: 1) Theile des grofsta
Kreislaufes betrifft; — 2) weiche als ein sub-
inflammatorischer Zustand die innern Arterien»
häute ergreift — niemals aber das ganze Ge«
flechte erfassen kann ; — 3) von einer solchen^
welche bei mögtichster Verbfeitong ^— Brnst
und Unterleib, Arm oder Schenkelarterien -^
einen müden Verlauf oimmt , theils nach Schrift-«
stellern , theils nach analogen Zuständen — - Pe^
ricarditis, Carditis — Nephritis — wie ich selbst
gesehen und aus eigenen Erfahrungen über-»
zeu^t bin,
Dafs die Vorhersagung nach dem was an**
geführt worden ist^ immer eine sehr Ungewisse
seyn müsse ^ iat unzweifelhaft; sie ist um so
uogiinstiger, je weit verbreiteter und je inten-
siver die Entzündung sich darstellt , sie ist gün«
stiger in den entgegengesetzten Fällen, sie ist
zweifelhaft in Bezug auf die Folgen , sie ist
täuschend wegen mannichfaltiger Complicatio«
neu, die mit der Krankheit auftreten und die
sich zu derselben hinzugeselien können } «^ hi«-'
— 73 —
der Blutegel, aod, Schonlein aagt über die The^
rapie :' sie müsse im höchsten Grade antiphlo-'
gistisch seyn I gro/se entscheidende Aderlässe^ oft%
in 24 Stunden bis 60 Unzen ^ gleich der etßstt
soll 20 Unzen betragen, und wenn der Puls
nicht weicher würde ^ so müsse .er nach ei"
nigen Stunden wiederholt werden ^ und so
fort bis der Puls weicher wirdm ' Ferner wird
der Gebrauch der Slittelsalze , nameotlich das
Kitrüm^ gerübint; — Schönlein räth die An-
wendung der Mittelsalze in Pulverform^ die
AufiösuDg solle weniger günstig wirken , Ni-
truiii zu 5 — 6 Gran mit einer Drachme Wein-
steinrahm und etwa^ Zucker alle 1 oder 2 Stun*
den. Sollte keine Ausleerung erfolgen, so soll
ein Klystier von Essig und BLngnesia sulphu-
rica gegeben, und später dem Nitrum die Di-
gitalis hinzugesetzt werden. Ruhiges Zimmer,
f^nchte Atmosphäre, was man durch Bespren-
gen und Aussetzen Ton Gefäfsen mit Wasser
bewirkt. — Zum Getränke- Weinsteinmol-
fcen, Essigmolken, Selterserwasser mit Zucker, -—
Pflanzen- und Mineralsäuren. Ist der Zeitpunkt
der Krisen eingetreten, so giebt man die ^Ge-
tränke lauwarm, und bedeckt den Kranken
sorgfältig (am angef. Orte S. 248). Den Sau-»
ren, namentlich den versüfsten Säuren , schrei-
ben Frank und 'Spangenherg auch noch in spä-
tem Zeiträumen des Uebels Heilkräfte zu. -
Der Verfasser in RusVs Chirurgie räumt
mit Recht dem Calomel einen wesentlichen Nuxr-
zen in der ^rterienentzündung ein , und beden-
ken wir, dafs der Prozefs sehr rasch exsuda-
tiv wird, dafs er sich vielfach als einen sub-
inflammatorischen darstellt und das reproduk-
' live Verhältnifi des Lebensprozesses ergreift,
so wird mao ~ was aacb meioe Erfahraog
— 7d —
^abl ao^eweDdet werdeD. Deo OblitleraUoDen
ip einseloeD Gebilden , naineollicb io den Extre-
znitäteoy und hier den ontero, ist gar nicbt leicbt
zu begegnen , es eotstebet eise StoroDg zwi-
scben dem Tenosen und arteriösen ILreislaof,
die Venen pflegen aneascbwellen und ein dicb-
tes Adernetc zu bilden^ Geschwakte mit Scbmerz
und dem Geiübi des Einschlafens, der Taub«
heity begleitet y befallen das Glied , leichte Er-
kiiblungen, festes Sitzen aof einer Stelle, brin-
gen Tor&bergebend und bleibend diesen Zustand
berror, und gern dürfte sich wohl später eint
Art von Lähmung ausbilden; in dem Ton mir
behandelten Falle, haben mir Ein Wickelungen
des Gliedes I und aromatische Waschungen viel
genützt« — - Leichte Aufgusse der Chinarinde
und natronhaltige Wässer (Se^cr^^, Ober^Salz^
hrunn, Geilnauer^ in einzelnen Fällen Kissio-
ger Brunnen), so wie die sSben Molken schei-
nen mir zu einer Nachkur sehr zweckmälsig»
Es sey mir nun erlaubt| in gedrängtem Um^
rifs diejenigen diagnostischen Kennzeichen, wel«
che die Arteriitis cbarakterisireo , zusammen,
und diejenigen Krankheiten , welche derselben
am nächsten stehen, in gleichem Umrifs entge«
gen zu stellen. Hierher rechne ich — indem
ich die verschiedenen und mannichfaltigen Com«
plicationen übergehe, — die Febris inflamma'»
toria genuina, (ßynocha Simplex) ^ die Cardiiis
und Pericarditis» '-— Aus eigener Erfahrung
habe ich einzelne Erscheinungen, die mir wich«
tig geschienen, besonders hervorgehoben«
1. Febris inflammatoria gertuina universaKSp
Synocha, Einfaches entzündliches Fieber» —
Pathognomonische Zeichen, Gleichförmig über
den ganzen Körper verbreitete Wärme, — •
«- 77 «i»
ses Fiebdt obne irgend eine Ertliche Compli-
cation.
Dauer: 24 Standen — Ephemera ^ — bis
drei Tage Epbemera protracta ; selten bir zu
sieben Tagen^ dann niemals ohne CompUcation.
Krisen: Scbwelfs und Urin^ Blutflüssei
letztere sehr selten.
Ausgänge : Schneller ITebergang in Gesund««
beit — Utbergang in andere Fieberformen —
Metascbematismen. Der Tod nur in ^ehr sel-^
tenen Fällen, {ßrown^ P, Frank, Reil, v. HiU
debrand^ Reimann, Bischof und viele andere
altere und neuere Scbriftsteller.)
2. CarditiSm Herzentzündung* *— Patho^
gnomonische Zeichen. Unbeschreiblich grofse
Angst und Unruhe, die sogar jedes Schmerz-
gefühl übertäubt, schmerzhafte Empfindung in
der, Tiefe des Herzens (täuschendes Gefühl toq
Ortsveränderung des Organes selbst^ oder rich-
tiger des Herzschlages), überaus frequenter und
doch zurückgedrängter Puls (Neigung zur Ohn^
macht und wirkliche Ohnmacht bei Bewegung
genj — anfänglich vermehrte, bald aber ver-
minderte Hauttemperatur, kühle Extremitäten^
sehr bald verfallenes bleiches Angesicht; die
Physiognomie eines tiefen Leidens; — der Zu-
sammenhang aller dieser Zufälle und Erschei-
nungen giebt das reine Bild der Cmrditis.
Besondere, einzelne Zeichen und Ersehet'»
nungen. Carditis entstehet Mrie das entzünd-
liche Fieber , und fast jede reine acute Entzün-
dung; die allgemeinen fieberhaften Erscheinun-
gen, in wiefern sie oft vorbanden, sind diesel-
ben. Anhaltendes Fieber ^ Schaudern mit flie^
gender Uitze abwechselnd, (Fieber laLiTOii
— 78 -
niöon Autoren I «. B. too DavUSf ^AzoA 1 rf
worden). — Anfaogs geröthetei Antlitz nni 1 i
warme Haut, bald aber reriallenes Antliti, du I l
Physlogooinie des tiefsten Leidem und der m* I I
jnenlosesten An^st. Angstvolle B.espiraim\^ \ (
pression der Brust) , bei reiner Carditis ai«
keine gesttirte und schnierzbafte. — Schmen»
hartes Gefübi in der Tiefe de» Herzens; nad
Mehreren das Gefühl , als ob eine glühenii
Kohle an der Stelle des Herzens läge; Kha&>
bare Ortsyeränderung des Organesi des Ben-
Schlages. Palpitationen, oder ganz uniühlbaie!
Herzschlag. — Tiefe Ohnmächten bei dem Yfh
such zur Bewegung , besonders bei dem AoS-
richten, auch bei schnellem Niederlegen dd
Körpers; notbwendige Rückenlage. Gelüh\\(i
Kälte in den Extremitäten und TerinioderteUaot*
temperalur (wird von Davits nicht angenom*
men). —
Unregelmäfsiger Puls : Anfänglich hart abs
klein^ ungleich^ sehr frequent^ zuletzt unzählbm
Disharmonie zwischen Herzbewegung und A^
terieoschlag. — Grofse Aufregung des Kerres'
Systems; krampfhafte Zufalle, tetanische Steit-
heit, erschwertes Schlingvermogen — selten, -
(Hierron wohl die besondere und gewils oidv
fest begründete Annahme, dafs mit der Hydm
phübie Herzentzündung verbunden, oder \\»
serscheu mit letzterer immer Torkomme« Chi
rurgische Abhandlungen und Wahrnehmangei
von Trecourl aus dem Franzoft« übersetzt. 1811)
— Oft dagegen Vomituritionen und wirklich«
Erbrechen. — Grofse Verstimmung der Psy-
che, — Melancholie, letztere oft bleibend.-
Auskultation und Percussion der Lungen lassei
diese (sie waren denn complicirt ergriffen) gs
«uud encheiaenn -«• Frieseln kommen bei de
— 79 —
I
rheumatiBcheD HerzeDtziinduDg {Rfaeumatitmus
cordis) vielfach yor, beide scbeioeo in einem
besondern Wechsel Terhältnib zu stehen. -^
Blut: anfänglich entzündet^ bald zersetzt, mehr
Cruor als Serum | der Blutknchen fällt ausein*
ander. — Dauer: 3 bis 7 Tage» — Krisen t
durch Schweifs und Urin*
Ausgänge nod Folgen^ — wie bei andern
Entzündungen — Zertheilung, chronische Nach*
krankbeiten , Hydrops Pericardü , Yerwachsun«
gen mit dem Herzbeutel, Exsudate^ Verkno*
cherungen der Kranzarterien und der Yalvelop
— - auch blutige Herzerweichung. — Von Eini-«
gen ist Vereiterung und Brand angenommen
worden. Der Tod erfolgt suffocativisch —
(apoplektisch). — (P. Franko Senac^ Corvisart^
J. F. Davis, Thom. Davies und Hope^ Bischojff
Boux (de carditide exsudatira), Herzberg (de car«
dilide« Halae. T. 1. u. 2. Encyclopäd. Worterb«
VII. Bd. Sehoenlein u. A.).
3. Pericarditis. Herzbeutelentzündung» — «
'Pathognomonische Zeichen. Viele Zeichen fal*
len mit der Herzentzündung um so mehr zu*
sammen^ als vielfach das Herz in wahre Mit*
leidenscbaft gezogen ist. Stechender und bren^»
nender Schmerz in der Herzgegend bis hinauf
zu den Schultern und Armen, Druck und Bren*
pen im Pericardio und unter dem Brusthein.
Vermehrung der Empfindung bei äufserem Druck,
Unfähigkeit auf der linken Seite zu liegen ; un«
regelmälsiger, scbueller, ToUer^ vibrirender^
später aussetzender Pulsschlag, Herzklopfen mii
verstärktem Herzstofs^ grofse Unruhe und Angst i
— doch kein Verfall de» Antlitzes wie bei
wahrer Carditis^ keine kalten Extremitäten»
^ 81 —
Krisen: inxeh Schweifse ond durch reich*
licheo Abgao^ ton Urin mit rothlich gelben Bü^
deosätzep« .
jinsgcLUge: zuerst wie bei andern Rntziio«
düngen, Zerlheilung, Eocsudaiion, Herzbeutelwas^
sersuchtj Verwachsungen mit dem Herzeui tbeil«
weise und alJgemein. *-: (Ich sah vollkommeue
Verwachsungeo, bei denen, so schien es, das Lo«
ben länger bestanden hatte; pa/'tielle kommeki
vielfach Tor und bestehen gewifs geraume Zeit
ohne sonderlibhe Benacbtheiligupg der allgemein«
Den Gesundheit). Der Tod erfolgt paraljrtisßll
oder suffocatorisch. (Die firüher angegebenea
Beobachter und Thom. DavUs, 7« Hdpe u. A«)
4* jäcute uirteriitis. Da in dem Torstehen«
den Aufsatz dieser Krankheit eine ganz yorziig«
liehe Würdigung, namentlich auch in diagnosti«
scher und symptomatischer Hinsicht, gewährt
worden ist, so darf ich mich in dem Folgenden
um so kfiri^er fassen.
Pathognomonische Zeichen* Heftiges regel*
mäfsiges Klopfen in dem Verlauf der Arterieü
(oder dem entzündeten Theile ddr Arterien) bis
in die Eittremitäten und zu den Kopfarterien*
Vibrirendes Gefühl^ Vibration des Herzens selbst;
Empfindung; gleich der eines glühenden Stabes.
(Stromes) zur absteigenden Aorta, frequenter^
harter, voller PulSf gleichsam ein jTorl wallender
glühender Blutstrom* Anscheinend (zuwei'en)
kein Fieber."
Besondere Zeichen. Entstehung des Üebels^'
wie andere Entzündungen^ — unterdrückte Itaut^
lemperatur, starke Bewegung, Ueberma/s im
Genufs geistiger Getränke» — Anhaltendes star-»
Tees Fieber — ^anscheinend auf der höchsten
Stufe der Krankheit kein Fieber)« Brennen der
Jotjrn.LXXXlY.B.5.St« F
^ 83 ^
Rastlosigkeit , Angst ; Delirieo , NerrPttzofSn^^*
Erbrechen ; -^ stets drohende Erstickungsgefabr«
Der Urin nicht sparsam *- man sähe ihn so«
gar reichlich, so auch ich «— andere sparsaiOi
röthlich mit purulentetn Bodensatz \ Stahl an«'
terd rückt. — Bltdt: entzündlich , doch nicht in»
Anfaüg der Krankheit mit Entzundungshant be«
deckt, was erst nach den spätem — freilich'
sich rasch folgenden Aderlässen — Stattfindet
KHsenz durch reichlichen Abgang Ton ITirui;
-— erst spät und nach dem 7ten Tage Boden«
sätze , — durch reichliche Schweifse ; Nasenhlw»
ien (ob das Blutspucken kritisch seyn kann?).
Dauer der Krankheit : vier bis sieben Tag€i
Beconralescenz langsam» Ausgänge i Zerthei«
lung, lymphatische Exsudate, Obliteration ein«
seiner Arterienstämme und kleiner Zweige •— «
Verwachsung — Yerschliefsung der gröfsera
Stämme — vor dem Tode. — Der Tod bei
allgemeiner Arteriitis fast ^anx ^e{<;i/^, — Stille«
stehen des Kreislaufes ; Suffocation, ApoplexiöJ
Sthon am Eingange habe ich bemerkt, daftf
die Arterien - Entzündung, namentlich die etcüte^
als eine sehr seltene Krankheit von allen Beob^
achtern angenommen worden ist. Nur Weni-'
gen war es vergönnt — wie dem berähnoMtf
P. Frank — eine Anzahl von Fällen zu beobaeh^
ten; nur Wenige sahen die Krankheit m/t; "^
wie oft mag sie mit Garditis, — > Tidleicht aucb
mit Pericarditis — wie oft mit Brust- und gro-
fsen Unterleibs -Eutzüädungen Torkomfmeii, wtf
sie weniger beachtet yoriiber-, oder in derUn-J
dern Krankheit — wenigstens scheinbai' «^ un-
tergehet. Dieses bei Seite gelassen, so babe^
ich selbst zwar viele compHcirte Entiiindunge'li?
der Brost und des Uot»rkibe# gesehen, i«
— 85 —
Cegenstancly der damalBiurch Spangenher g*s u. A.
BeschreibuDg Intereftse erregt hatte ^ uod fahrte
inich Dach der PriifuDg ao das Kankenbett eioes tod
diesem Uebel befalleDeo Mannes^ eines jungen
Handwerksgesellen. Leider sähe ich den Kran«
ken nur einmal \ der Vortrag aber jenes trefF-
lichen Lehrers der Arsneikunde^ und das über-
standene Examen prägten mir das Bild, wel-
ches ich Yor mir hatte , fest in das Gedächtnib«.
Ich hatte, obwohl ich damals schon in Krao-
Lenhäusern und in der Privafpraxis eine grofse
Anzahl Ton Kranken gesehen, ähnliche Er-
scheinungen noch nicht beobachten können, und
ich bemerke an dieser Stelle nur, dafs jener
Kranke derjenigen Darstellung, welche berühmte
Aerzte Yon der Krankheit gegeben, und wie
ich solche in dem hier yorauistehenden Aul-
Satze beschrieben, genau entsprach.
Den zweiten Kranken behandelte ich im
Januar 1811 im Hospital zu Allerheiligen, er
betraf einen Leineweber - Gesellen D. , von mitt-
leren Jahren , der sein Gewerbe nicht ipehr
trieb ^), Dieser Mensch mochte bei der da-
mals Statt findenden ungewöhnlichen Kälte, da
er verarmt und, irre ich nicht, sogar. ohne Ob-
dach gewesen war, und in sehr dürftigen Ver-
hältnissen dem Hospital übergeben wurde, höchst
wahrscheinlich eiue Störung der Hautausdün-'
Btun^ erlitten haben. Er kam an einem Abende
in die Anstalt, an dem sich das besondere 'Uo-
*) Leider vermag ich die von mir genaa Terzeicbnete
Krankheitsgescliicbte nicht vollständig mitzotheiten ;
ich kann sie nur aus meinem Tagebuche kurz anga-
ben, da viele meiner Papiere, namentlich Krankheits-
geschichten iiTid LüichenÖfTnungen , mir bei dem auch
mich am 29sten Dccbr. 1831 mit betrotrenen Hospi-
talbrande, verloren gegangen, <^ vahrscUeinlicb mit
verbrannt sind.
. 87 «•
bis In den KoplTaQfvrarts qdj bis lo die Schenkel
abwärts erstreckte , und mit heftigem Klopfen
im gaocen Korper . yerbuodeD wäre , eine Ein«
pfiodangf die er als oiibescbreiblich unaoger
nehm beschrieb; seine Pulse waren eigentlich
gar nicht sa zählen , und zwischen Systole un j
Diastole kaum ein bemerkbarer Unterschied^
dabei war der Pulsschlag grofs (wie eine starke
Federspule)» sehr stark» und wenn hier der
Ausdruck pafst, unendlich frequent, man kann
^gen, man fühlte in den Arterien der Hand^
des Halses find der Schenkel, eigentlich nur
das Strömen einer FlSssigkeit ohne deren Wel-
len wahrnehraeD zu können; seine Angst war
namenlos 9 und sie war um so gröfser, als er
gar keine Hülfe oder Erleichterung, durch Ver-
Knderung der Lage, durch Klagen oder durch
tonst ein Mittel erlangen konnte» da jede Be«
^^gnpg die Empfindung in seinem Korpet
Termehrte» selbst das Seufzen war ihm unan-
genehm» und doch hatte er zu dieser Erleich-
terung eine grofse Neigung. Ein Versuch zum
Gähnen war unmöi^licb. Dabei war der Herz-
schlag gleichfalls undeutlich» bebend^ vibrirend»
(zitternd) — aber das Herz war k eines weges
in dem Verbältnifs ausgedehnt» wie die Arte-
rien ; es schien — wie ich mir es bemerkt — ^
▼erkieinert. Uebrigens war die Hautoberfläche
heifs» wie der Athem» der Urin sparsam und
rothy der Stuhlgang fehlte. Ich liefs dem Kran-
ken an diesem Tage zwei Mal und sehr reich»
lieh zur Ader, beide Male halte das Blut eine
starke Entzündungsspeckhaut ^ d« h. keine Cru--
sta pleuritica contracta fimbriatUf sondern der
Blutkucben blieb breit» noch während des Ader-
lassens gerann dasselbe, setzte wenig Serum ab,
blieb fast ^anz Cruor» und letzterer bildete eioeii.
~ 89 —
genommeDy die Zufalle waren miMer, die Angst
hatte abgenommen, die Pulsschlage waren zu
zählen , der Herzschlag war kenn bar, nur war
jede Bewegung, noch unmöglich, das heifse Ge-
fühl im Verlaufe der Aorta und ihrer gröfseren
Stämme fortdauernd, ja sich bis in die Arme
und Beine erstreckend; auf diesen sitanden die
Venen strotzend in einem blauen Netze, und
namentlich an den Händen, Fiifsen and den
Unterschenkeln, den Waden. Der Kranke be«
bauptete, «ie wären ihm vollkommeo eingeschla»
fen unjl gelähmt, er kÖane kein Glied bewegen,
er sey gelähmt; das War aber jedoch nicht der
Fall, er konnte jedes «einer Glieder bewegen.
Ich 'bemerke nur, dafs während dieses Zu«^
Standes der Extremitäten, die Angst si<^h ' sieht*
bar vermindert und die Brust freier gewordea
war. Am Abende wurden auf die Extremität
ten Senfteige gelegt und noch einmal Ader ge-
lassen, also nun zum fünften Male. Das Blut
batte dieselbe Beschaffenheit wie die früheren
Male, auch warf der Kranke noch immer schwarze
Blulklümpchen aus. Am fünften Xege traten
allgemeine Schweifse ein nnd der Urin gab ei-
nen reichlichen Bodensatz, es zeigten sich Spa-
ten Ton Speichelflufs, welcher bald sehr reich-
lich wurde. Von nnn an trat die Besserung*
ein, welche rasche Fortschritte machte. Kaum
drei Wochen nach seiner Aufnahme wurde er
f^eno^en entlassen. So viel finde ich über die-
sen Fall aufgezeichnet.
Den dritten Fall beobachtete ich in diesem
Jahre, und er wurde die nächste Veranlassung
zur Zusammenstellung dieser Bemerkungen.
Der hiesige Secretair Hr. 6. ^ nun zwei
und dreifsig Jahre alt, mir seit einer langen
Reihe von Jahre» geaau bekannt, bühtt voo
-^ Oi —
.an der er arbeitete^ fast ODerträglicb» Zu die«
per Zeit, — schoo im Octobür -~ bekam er
jeineD besonderen Zufall^ den er jenen Reisen^
ich seinem Amts-Locale zuschrieb, und der in
einem steten Einschlafen der Finger der rech-
ten Hand, und dieser zum Xheil f>elbst bestand, —
ein Uebel, welches ihn angemein beschwerte^
und im Arbeiten hinderte. Dasselbe wurde auch
nicht ganz beseitiget und nur durch Einreibun«
gen des ätherischen Sepfols mit ' Weingeist und
durch den innern Gebrauch der Tinct« Guajaci
ammoniata yermindert« In dieser Zeit, nament-
lich Ende des Jahres, hatte eich Hr. G. • • •
öfter ermattet gefühlt, and uni sich nach ^Ln«
elrengungen zu stärken, gegen seine sonstige
Gewohnheit (er führte wegen seiner Halsleidea
eine sehr strenge Diät) angefangen, täglich eia
Glas alten Ungarwein zu trinken, der ihm schein-
bar zusagte und kräftigte. Im fiebrigen befand
er sich wohl , und ich sähe ihn noch etwa zwei
Tage Tor der jetzt zu beschreibenden Krank-
heit, ohne dafs er mir aber eine Beschwerde
besonders geklagt hätte.
Am liten Januar Vormittag empfand er,
nach TQrausgegangenem Fieberschauer und dar^
auf folgender Hitze, einen tiefen Schmerz im
Rücken und längs des Verlaufes der Rücken-
säule, der sich bis in die Lumbaigegend verbrei-
tete, ihn am Sitzen hinderte und nur im Ste-
hen einige Ruhe finden liefs. Ich sähe ihn
Abends um 6 Uhr, er stand in seinem Zimmer
und stützte sich mit der Hand auf den Tisch,
aufser jenem Schmerz, oder richtiger^ beson-
deren Empfindung, klagte er über keine Be-
schwerde, er hatte harte ToUe Pulse, die nur
mäfsig häufig waren, eine warme, doch milde
UaultemperaUiri dio Zopgo ¥rar tein^ nur leicht
^ Q3 ^
alle venösen OefSfse ausgedehnti namentlich an
Hand und Fiifsen , da aber wie schon gedacht,
der Kranke in der letzten Zolt sehr fett ge-*
"worden war^ so zeigten sich weniger die klei«
nen Gefäfse sichtbar^ dagegen die Haut ange-
spannt, sehr heifs und brennend anzufühlen. •
Der Ober -Wandarzt des AllQrbeiligen - Hospi-
tale ^ Hr» Sachs, liefs dem Kraciken selbst über,
ein Pfund Blut^ woranf Schwäche eintrat^ und
nun im Pulse nach einer guten Secunden-Uhr
130 Schläge herausgefühlt werden konnten, denn
genau war die Zahl nicht zu bestimmen. Ea
wurde nun die angefangene strenge autiphlo«
gistische Methode fortgesetzt , und da der Stuhl-
gang zögerte y die Gabe des Kali tartarici ver-
inehrty und abwechselnd alle zwei Stunden 1
Gran Galomel yerordnet* Auf die untern Ex-
tremitäten wurden ableitende Reize gelegt, und
(]er grofse Durst des Kranken und sein Hang
nach Säuren durch einen Aepfeltrank und Apfel-
ftinensaft befriediget« Ein Kljstier hatte keine
Folgen, Abends war der Zustand ganz unver-
ändert, die Angst des Kranken grofs, er ver*
mochte sich kaum zu regen und zu bewegen^
und lag starr auf dem Bücken; die Hitze des
Körpers war bedeutend, der Kopf aber frei,
keine Störung des Sensorium^ Herz- und Puls-
schlag wie schon beschrieben» Mit den Arz-
-neien wurde fortgefahren, aber nochmals ein;
Pfund Blut abgenommen. Das Blut Tom Vor^
mittag zeigte eine geringe, das nun abgelassene
Blut eine stärkere Bntzündungshant, doch bei
grofsem Ueberschufs yon Cruor und wenig Se-
rum , nicht eine Crusta pleuritica fimbriata, son-
dern einen platten Blutkuchen mit bedeutender
lymphatischer Abtheilung.
\..*i^
^ 9& ^
guioolento Sputum , viie bei Poeuinome , oncl
wie es eich aus den Bronchien absondert und
in der Lunge exsudirt, sich in Streifen zuerst^
und d^nn mit dem lymphatisch -mucosen Aus«
wurf gemischt zeigt , sondern reines abgeson^
dertes schwarzes Blut in kleinen Klumpen; —
auch ohne Husten warf er solche aus^ immer
ohne Schmerz^ aber auch ohne Erleichterung.
Bei den Versuchen zum tiefen Aus- und Ein«
atbmen^ die ich den Kranken wiederholt iaa*
eben liefs , empfand er keinen besondern Hu«
stenreiZ) noch weniger eioen besondern oder
einen andern Schmerz in seiner Brust als den
schon angegebenen. Es wurde nun eineEmul-
sio laxatiya Viennensis unc. TÜj mit Nitrom
dr« ij und Kali tart. unc. ß verordnet , und die«
Ser Mischung Aq. Lanrocerasi dr. iij und Sy-
rupi Diacod« Dispensatorii Brandenburg dr. r
zugesetzt; alle 2 Stunden $ Tasse, die andero
Stunde 1 Gran Calomel. Obwohl nun alle diese
Mittel fleifsig genommen worden waren ^ so
fehlte doch nocl) immer LeibesoiFnung. Abende
trat neuerdings Vermehrung der Zufalle ein^
und sie waren alle ganz in der Art Torhandeo^
wie am Vormittage. Es wurde zum vierten
Male spät uibends zur Ader gelassen, das Blut
zeigte -^ in Folge der wiederholten Entzie-
hungen — nun eine mehr ausgebildete Crusta
infUunmatoria , der Blutkuchen zog sich zusam-
men, und es sonderte sich mehr Serum ab,
der Urin war etwas reichlicher abgegangen, blieb
aber noch roth. Neben der Emulsion und den
6alomel- Pulvern, liefs ich. nun ein einCaches
Infusum Foliorum Digitalis purpon ans zwei
Scrnpeln nehmen.
Auf diesen stSrmischeD Tag folgte ein«
im Vergleioh sa djeeeai, tohigese Jladit^ und
— 97, —
Am ißten Januar t alco dem secfasteo Tage
der Krankheit j warden alle Arzaeien^ fortge*
setzt I und es ereignete sich in den Erscheinun«
Sen der Krankhieit nichts BemerkenswertbeSf
och begannen die Kräfte zd sinken: ich fiefs
am Abend den 'Aufgufs der Digitahs oft and
zur Nacht ausschliefslich nehmen ^ uiid am 17tea^
dem «iebetiten Tage, abwechselnd mit Calo«
jneU *-> Dem verstärkten Aufgufs wurde NU
trum und der^ Liquor Kali acellci hinzugefügt»
An diesem Tage zeigte sicb^ nachdem ia
der Nacht Delirien, oder besser Phantasmago-
rien, eingetreten waren ^ allerdings eine Verän«
derung, und man durfte eine Krisis erwarten;
der Urin begann zu brechen und einen rothli«
chen Bodensatz abzusetzen, es kamen ein Paar
ireichliche pulpöse Stühle und ein leichter Seh weiCi
begann den Korper zu bedecken« Es sanken
aber 'die Kräfte bedeutend* Herz- und Puls*
schlag wurden, deutlicher und distincter^ letzt^«-
rer sogar weich, obwohl er noch voll und grofs
blieb, auch hatte der Kranke mehr Ruhe. 6e«
gen Abend indessen traten Erscheinungen eio^
die mich einen Metaschematismus besorgen lie«
fsen, um so mehr, als zu der Zeit bei uns
viele der heftigem Entzündungen in nervosa
fieberhafte Krankheiten überzugehen pflegten.
Die Zunge unsers Kranken wurde am 17tea
gegen Abend trocken und zeigte einen bräun«
liehen Streifen, der Kranke wurde still und
seine frühere Aufregung verschwand, er bekam
Abwesenheiten, Hallueinationen und Illusionen;
dazwischen war sein Bewubtseyti wieder voll«
ständig; -— er warf nun viel schwarzes Blut
mit einenl übelriechenden Schleim aus, auch
zeigten sich Spuren der SaliratioD* Die Pulso
lonni.LXXXIY.B.9.S« G
— 99 —
I
rentbeils ohne Husten erfolgt war, ScbiveiCi^
und kritischer Urin kamen reicblich bis zum
2l8ten Tage der Krankheit , "WO dann erst wirk«
liebe Genesung begann. In dieser Zeitnaho^
Pat. sonst keine Arznei aufser einem A)ifgu(f
der Hb« Marrubii albi mit Blagnes. snlpburica^
Am Slsten Januar traf ihn noch ein Unfall , es
-wurde ihm statt von der angegebenen Mixtur»
aus Verseben ein EfsloiFel voll einer Mischung
aus Galläpfeln y die in Wein digerirt worden
waren , gereicht. — Die Gefahr ging aber leicht
vorüber y eine Emulsion, die der schnell herr
beigerufene Hr. Reg.-Rath Dr. Remer verordne^
beseitigte die Folgen«
Gleichwohl litt der Kranke später an Zar
fällen, die offenbar als Folge dieser Krankheit he«
trachtet werden mufsten, und auf deren Nator
ein deutliches Licht zurückzuwerfen geeignet
waren. Es war ihm nämlich im rechten Ober«
und Unterschenkel immer ein Gefühl von Taub-
heit und Einschlafen zurückgeblieben, und wenn
auch nicht diese Theile geschwollen genannt
werden konnten, so zeigten sie doch eine wi-
dernatürliche Spannung und namentlich auf dem
Unterschenkel ein variköses Adernetz. Als nun
der Kranke einst in das Theater ging, und in*
einem engen Sitz eingezwängt, mehrere- Stun«
den verbleiben mufste, konnte er nu^ mit Schwie«
rigkeiten nach Hause kommen, war im Gehen
später sehr behindert, klagte über, ein brennen-
des Gefühl längs des Ober- und Unterschen-
kels, im Verlauf der grofsen Arterienstämme^
und schmerzhaftes Einschlafep des Beins« Nach
einer Einreibung mit flüchtigem Liniment, spä-
ter mit Oleum jecoris aselli^ verschwand der
Zufall fast g^nz, es blieb aber doch Steifheit
G2
— iOl —
nr fortdanernd daa rechte Bein ef Dgewlckelt tra-
fen. Sein übriger Gesundheitazustaad Wurde
rollkommen faergestellt, doch waren seine frii-*
leren Brust* oder yielmehr Luftröhren - Be-
ch werden aufgewacht^ oh wohl in geringem
faafse.« Er ging nun nach Ober <- Salzhrunn,
im durch Ruhe, den Genufs der Molken und
0S Brunnens sich völlig beraBustelleoi welches
ttch Tollkommen gelang*
(Die Fortsetzung folgt.)
t '
< '
^ m ^
i'est, daüs mao es kaum ormont^ra konnte;
iafste oft mit den Händen nach dem brennend
faeifsen Kopfe; die Pupille war znsanuuenge-
sogen und anempfindlich gegen ein rorgehalte«
nes Licht; es stellten sich Zuckungen ein^ Er-
brechen von einer grünlichen Flüssigkeit; der
Puls und die Respiration waren sehr beschleu-*
nigt, der Durst grofs, die Zunge weiblich be-
legt, der Stuhlgang träge, die Haut so wie die
Schleimhaut der Nase trocken, der Leib indefs
weich und beim Drucke überall schmerzlos«
•Husten fehlte. Gegen dieses offenbar entzünd-
liche Hirnleiden, höchst wahrscheinlich wie«
deruni bedingt yod dem Reiz eines durchbre-
chenden Zahns , da das Zahnfleisch der untern
Kinnlade der linken Seite geschwollen und heifs *
war, verordnete ich sofort Blutegel an und Eis-
blasen auf den Kopf, innerlich Calomel und au-
fserdem Klystiere von Essig,
Obgleich meinen Verordnungen pünktlich
Folge geleistet worden war^ die Blutegel reich-
liche Blutentleerung bewirkt , das Calomel häu-
fige grünliche Sluhlausleerungen Teranlafsthatte,
Ao blieb dennoch der Zustand am folgenden
Tage nicht blofs derselbe, sondern im Gegen-
theil Terschlimmert, es traten häufiger Zackun-
gen ein, der Kopf sank hintenüber, so dab
ich mich zu einer abermaligen Applikation Ton
Blutegeln bewogen fühlte« Hiernach schien ei-
nige Besserung eintreten zu wollen« Der be-
schleunigte Puls und das Athmen waren wenig
frequent, die GonTulsionen hörten fast ganz
auf, das Kind erwachte öfterer und schrie mehr,
die trockne Haut ward feucht. Nichts desto-
weniger blieb man unausgesetzt bei den kalten
Fomentationen , nur die Dosen des Caiomels
wurden irermiudert und s^er gereicht«
«^ tos -»
TOD einem Aofgafe von Chamlllen vni Blorel«
buogen tod warmem, Oel in die eteifen Hals^
xrraskeln za empfehlen, welche EinreibuogeQ
später mit warmen Breiumschlägen yertauscbt
wurden. Hiernach besserte sich jedoch der Zu*
stand nicht im mindesten, das Kind ward viel-*
mehr am ganzen Körper steif und kalt, das
Athinen beklommen, es stellte sieb grSfserA
Schwierigkeit beim Schlingen ein, der Kopf
ward immer mehr rückwärts gezogen , und AU
les schien auf ein baldiges Ende zu deuten.
Ein hinzugezogener sehr erfahrner Hr, Col«
lege war mit der hSchstbedenklichen Prognose
ganz einyerstanden , sprach sich jedoch für Ein«*
relbniQgen Ton Merkurialsalbe im Itiick.en, für
Bäder von Chamillen mit Liquor Ammon.'caust.
und für den ionern Gebrauch von Liquor Kali
carbon. aus, welche Mittel auch in Anwendung
* gebracht wurden«
Den folgenden Tag konnte man noch keine
Besserung bemerken. Einen Tag später hatte
die Steifigkeit der Muskeln des Halses etwas
nachgelassen, die Haut ward feucht, es erfolgte
Leibesöffoung, der Schlaf ward rnhiger und
dauernder , das Kind nahm etwas Nahrung und
•lauwarmen Chamilleothee , und man durfte wie^
der HolFouDg für die Herstellung der kleinen
Patientin fassen, welcbe^ Hoffnung denn auch
unter dem Fortgebrauch der angegebenen Mit-»
tel in Erfüllung ging. Die Steifigkeit der Hals«'
muskeln verlor sich immer mehr, et trat täg-
lich mehr Efslust ein, die grofse Schwäche
schwand allmählig und das Kind ist jetzt gat%
munter und wobl. Seit der Zeit sind mebre?0
Backzähne cum Durcbbrucb gekommen.
r- 107 —
■
«ehr» Walther tiod Wedemeyer sahen die Po«
jpille beim Tetanus zosammepgezogen, und mit
der Besserung eine VermiDderung der Contrakr
tioD derselben. Damit stehen andere Beobach-
tungen, namentlich die von Boyer, Rohertson,
im Widerspruch , welche immer beim Tetanua
eine erweiterte Pupille bemerkt haben wollen»
In dem vorliegenden Falle war die Pupille an«
fangs etwas contrahirt, jedoch nicht unompfind*
lieh gegen das Licht« In andern von mir be»
bandelten Fällen fand ich meist auf der Hoho
der Krankheit die Pupille stark zusammenge«
sogen und kurz vor dem Tode sehr erweitert..
Bine gleiche Verschiedenheit , wie über das
Verhalten der Pupille beim Tetanus, findet bei
den Schriftstellern in Betreff des Pulses Statt;
— « Heyf eider sagt am angefahrten Orte: ,,Es
ist auffallend, dafs Starrkrampfkranke stets ei*
nen langsamen, durchaus fieberlosen Puls be-
halten. Die Nervenfieberkranken aosgenommen^
welche zuletzt in einen starrkrampfartigen Zu-
stand verfallen , sind die Fälle durchaus selten^
wo ein symptomatisches Fieber sich zum Starr-
krämpfe gesellt. — Richter (s. specielle The-
rapie VIII. Bd. S. 362) besehreibt den Puls im
zweiten Stadium wie folgt: Anfangs erscheint
der Aderschlag wenig verändert, wird nur erst
spät etwas ungleich, schlägt dann bald sehr voll,
bald klein, selbst wohl kaum fühlbar. Nach
Schmalz (Versuch einer med. chir. Diagnostik)
ist der Puls Anfangs natürlich, später gewöhn-
lich schnell, zusammengezogen, klein. In den >
von mir in diesem Journale 1835 mitgetheilten
Fällen (Bd. LXXXL St. 5. S. 118) habe ich
den Puls beim Trismus idiopathicus voll, hart,
beschleunigt und mit dem Herzschlage corre-
spondirendj in dem ebendaselbst befindlicheo
" 109 ~
V.
Kurze Nachrichten
und
A a s z ü g e.
1.
Puhlicandum
im Betreff der Preisaufgabe Behufs der Bearheilimg einet
neuen Hebammen -Lehrhuchi» *)
Das Ministerium findet sich veranlalst, den imPablikaa^
dum vom 3l8ten October t* J. zur Einsendung der Prei9-^
M^riften, Behufs der Bearbeitung eines neuen HebammeiH>
Lehrbudis für die Königlich Preufsischen Staaten, bis
zum SOsten Juni festgesetzten Termin ^ bis Slsten Oct<H
ber d. J. zu Terlängern«
Berlin^ den 4teii Juni 1837.
MmUierum der geUaichen^ rnferridUt-» «nd Medizima*
JngeiegenheUen.
(gez.) «Oft Alienäitiiu
•) Tgl. Joutt* d. ptAt Htülu Bd« LXXXIO. SU ^ß* Uff* '
bei 4em Dorfe Bens gelegenen Bogenannten »»vier TbSr«
Dien" sich 9 gnt eingerichtete Bader beünden. Die Bade*
kabinette sind bequem und reinlich^ die in den Fiilsbo*
den eingesenkten Wannen geräamig. Benutzt wird hierza
die dicht bei dem Knrhaase befindliche 1% q* an der Mauer ^
velclie durch eine besondere Maschinerie mittelst eines von
Eseln bewegten Rades in Form einer Tretmühle geho-
ben f und in Röhren nach den vier Thürmen geleitet wird ;
die Th.q. hatte an ihrem Ursprange nach meinem Tbern
mometer 40<* R« (sie soll 44® R. haben) ^ in den vier
Thürmen 34° R.
Ueber die Bader im Knrhanse habe ich diesmal nicht
die Klagen gehört^ wie früher; ich fand sie reinlich^ and
die Bedienung sehr gut»
Das dicht am Kurhause gelegene sogenannte steinerne
Hans ist von der nerzogl. General- Domainen- Direktion
mit den in diesem Hause entspringenden Th« quellen und
befindlichen Badern gekauft und mit dem KurJiause Ter*
][>anden worden; und es steht zu hoffen, dafs durch diese
Vergröfserung des Kurhauses so viel Raum gewonnen
worden, um mehrere schon längst gewünschte Yerbesse-
rungen zu verwirklichen.
In den schönen Umgebungen Ton Ems, sind theils
bequeme mit Bänken versehene Wege für Spaziergänger«
theils besseie Fabrstrafsen angelegt worden; — man ist
noch damit beschäftigt und noch ist auch hierin viel zn
thnn. Um letztere bequemer benutzen zu können, findet
sich in fi. eine nicht unbedeutende Zahl von guten Mieths-*
ixragen, welche^ trotz der hier noch immer zn Ritten fast
zu viel benutzten Esel, auch sehr häufig in Ansprach
genommen werden.
Den oft schon gerügten Vorwurf der Ungeselligkeltf
ich möchte sagen Schweigsamkeit » wodurch sich Ems we-
sentlich von vielen andern Kurorten unterscheidet, fand
ich auch in diesem Jahre, trotz einer grofsen Freqnens
von Kurgästen, bestätigt. Zum Vergnügen kommt Nie^
mand auf längere Zeit nach Bms, die Knrgästfe habes
weniger das Bedürfniis der Alittbeilung, gegenseitiger An«
nähern ng und Geselligkeit. Ein Hauptgrund hiervon liegt
zum Theil darin , dafs die Mehrzahl der lüesigen Kargaste
vrirklich krank, so häufig an der Brost leidend ist, zum
Theil aber auch darin , dafs es an geselligen Mittel- nnil
VereinignngspunkteD fehlt, Zorn Etmtz dncs KnhaalM
•^
— 113 *r
I
litSt wfirfle (Ite tiicr bereitete Molke leyn bei der Mengo
arofiiatisclier Kruuter auf den nahen Bergen.
Es ist in der That nnbegreiflicb , dafs man bb Jetzt
ffesen Mangel in Ems nicht beachtet hat, und sich hier-
durch Ton andern» weniger wichtigen Kurorten bat iibei^
flugeln lassen! Mit welchem Nutzen würden reizbare
Brustkranke die hiesigen Th« q. an länglich mit Molken 8ta|t
mit Milch trinken. In nicht selten hier vorkommenden
zweifelhaften Fällen Ton zu weit vorgeschrittenen phthisi*
sehen Leiden der Lungen oder der Luftröhre» bei starken
aktiven Congestionen i entzündlichen Complicationen, bei
Neigung zu Bluthusten^ oder vorhandenem Bluthusten« bei
gleichzeitigen organischen Krankheiten des Herzens, wo
in der Regel der innere Gebrauch der Th.q. gar luobt
oder nur sehr bedingt anzuwenden ist« wurden die hietf^
gen Bmnnenarzte in einer guten Molkenanstalt ein treff-
liches Hilfs* und Ersatzmittd besitzen; statt nach Pflidit
und Gewissen solche Kranke ganz von Ems taach einer
fremden Molkenanstalt oder einem andern Karort zu ver->
weben, wnrde sich bei dem länger fortgesetzten Gebraudi
der Molken in der Folge zeigen, ob doch nicht vielleicht
spater ein vorsichtiger Gebrauch der hiesigen Th«q* lo
Udnen Gaben damit zn verbinden se^rn dürfte»
In dem Personal der Bmnnenarzte zu Ems haben in
den letzt verflossenen Jahren grosse Veränderungen Statt
gehabt« Hr. Geh. Med. Ralh Diel hat sich bei seinem
vorgerückten Alter nadi Dietz zurückgezogen, Herr Med.
Rath Geiger wurde seiner Stelle als Brunnenarzt zu B. von
Selten der Regierung entbunden , und Hr. Med. Rath /Xf*
Wfi^ starb plötzlich im Jahre 1835 apoplektbch. Um dle^
sett Verlust zn ergänzen 5 wurden von der Regierung Hr.
Med. Rath F^angue und Hr. Med. Rath Döring, der Sohn
des eben genannten hiesigen Brunnenarztes « nach E« bo*-
mfen und zn Bmnnenfirzten ernannt^ zwei erfahrene^ sehr
Torsichtigo nnd gewissenhafte Aerzte, welche sieh mit Recht
des Zutrauens der hiesigen Kurgäste erfreuen. Ihre An-
etellang ist keinesweges eine blofs proTborbcho« nnd dies«
Mittheilung scheint nm so nöthiger, da sich irrigerwebe
das Gerücht verbreitet hat« Hr. Ob. Med. Rath Pfnwfue
wiirde, wegen anderweitiger Bestimmung« Ems verlassen«.
•— Aulser ihnen bt noch Hr. Ob. Med. Rath Vogler ta
nennen, welcher schon seit einer Reihe von Jahren in B»
wohnhaft« die Funktion emes Bnumcnarztct vetiiebt»
- il5 —
•ehr reizbaren Brattkrankeii ist A^ huierü CebrtiK^ tfat^
selben mit Milch In kleinen Gaben, aber längere 2ei|
fortgesetzt, gewiii die zw^ckmalügste Form.
Für Ktranke^ üirfetcbe Versendete firemde Minferalkaiser
mit dem G^braticbe d6r Bmser Tb. qai§Ilen verbinden rnOa«
sen f witi z. B. Bitterihisser^ findet sieb jetzt zu Ei ein^
Niederlage nicht blofs ?on Nassaoischen ^ iK>ndc|m ancb
aasIändiMhen^ namentlich vott Böbmiscbeii M.bronnen«
Früher waren liiir inländische Nassanische Brolinen sm
baben»-^
t)at üeii6fdifig8 iöh Hetdlcr in ältgeifi^ MpfoUeni
Trinken ton M. wasser des Nachmittags > war nur bedingt
«ilassig, und veranlafste leicht Unmhe Und Scfalaüosigkeit.
Badd^ Toii Tb. wassfer erwiesen sich euch in diesen
Jahre Ton einer sehr eindringiichen Wirkung, Und waren
daher hinsichtlich ihrer Zahl und Temperatur nur mit Ddh
tkht in Gebranch zu :efehen ^ inefarere Kranken sogar ca
widerrathen wegeil der congesttren Bescbwerdeo ond AvI*
ircguegCDj die aie Teranlafsten,
(Die Forteetzueg folgt.)
i«*
3.
SM Ba!ald$ah4 BeatandAeÖt dei hÖtf/Obtt kni fMMid
Walftun Mjeberihra$i$1
Dr. MardeTf
Jfoikeker in Gwamenhack»
Die ResoKate dieser Ünteneehoiigea« die hier im Aue»
BUge» in Bramdes Archir dei Apotheker- Vereins aBsiuhrUcb^
erMheinen , Teigleiche nen mit Kapffs MÜttüibrngeo ira
dritten Theile der Denkw&rdigkeites eeiaer intliehe»
Praila8.d8&
I» Der Mie itrmu
1) Sedmeha Unze« deatiUft, der täadkdui nAO»^
waä WaiMT M^gehngti teidainpft, der RücfcalMrf HÜ AI-
H 2
- 117 —
fcohol Ton Tenchledener StSrke, gemilcht, fthrlen bei dem-'
selben Ver&ihren zur Ennittelang Ton Jod und Crom irie
beim bellen Thran za fruchüoien Erfolgen»
Annähernd waren die GewIcbtoTerhaltnisM der Sähe
denen des folgenden Yersachs.
9) Secbgzebn Unzen dieses Thrans^ Terseift und ver-
kohlt^ lielsen Starkekleister bei gleicher Behandlung wie
beim hellen Thran, nach zwei Tagen nnTerandert. Ist
nach diesem Versuche die Menge des Jods in dem Thraa
geringer als ^rsW» *o entgeht sie bekanntlich der Reaktion.
Eine gleiche Menge der ausgelaugten verkohlten Seifa
durch Eisen und Kupferritriol zersetzt» gab zwar dnen
sehr geriogen Niederschlag, woraus aber weder Jod abzn-
scheiden, noch als Kupferjodiir betrachtet , der Jodgehalt
zu berechnen war.
Die Metalle aus der abfiltrirten Flüssigkeit durch
ßcbwcfelkalinm gefallt, das Filtrat verdampft » der Rück-
stand mit Weingeist ausgezogen , vom Unlöslichen getrennt^
verdampft, der Ruckstand in destill. Wasser aufgelöst, mit
Silberoxydoitrat gefallt, zeigte keine Spur Brom -Silber*
Die Resultate der Versuche auf Brom wie beim helleii
Thran waren aucli bei diesem dieselben«
Der eingeäscherte Rückstand der ansgelaugten ver-
seiften Kohle mit Alkohol digerirt enthielt:
6,944 Gr. Chlorkalicnm = 8^036 Gr. salzsauren Kalk.
Talkerde war nicht voründlich.
Der Chlorgehalt des Chlorsilbers durch salpetersanres
Silber erzeugt, war auch hier dem des Cblorcalciums gleich.
Der Rückstand obiger Kohle mit destiU* Wasser aas-
gekocht, enthielt:
3,39 Gran schwefelsaures KalL
Keine Bittererde.
2,061 Gr. Chlornatrium =2,361 Gr. salzsanres Natron.
Aus den erschöpften Rückständen beider Thranarten
entwickelte zugesetzte Salpetersäure Stickstofibxyd-Gas.
I>ie abfiltrirte Flüssigkeit mit Salmiaklösung vermischt, gab
auf Zusatz von Ammoniak einen geringen Niederschlag^
welcher in Salzsäure aufgelöst > mit Ammoniak nentrali-
airt, durch Cjaneisen- Kalium gefiUt, aich wie CjanelaM
verhielt.
— 119 —
Nach den Angaben des Dr, Kiselhach In Bremen» nicht
der braune Tbran sey es , der in der Heilkunde angewen-
det werde, sondern der goldgelbe^ der unter dem Namen
Gichtthran Ton Materialivten gekauft würde, ferner nach
den beigefügten Zeugnissen im Ruf stehender Aerzte über
den therapeutischen Werth des hellen Tlltans, welcher hier'
fast aussrhliefslich gebraucht wiM, und nach diesen mah-
sarnen Untersuchungen, bleibt das, woihtrch dieses be-
rühmte Mittel wirkt, vor wie nach> ein Problem.
Nicht dem Jod, dem Brom oder den VerbiridungeB
dieser Satzbilder kann man die heilkräAige Wirkung in ei-
nigen Krankheitsformen in den beiden untersuchten Thran-
fibrtcn zuschreiben, solche scheint vielmehr die Gesammt-.
Constitution diesei organischen Gebildes zu bedingen;'
eine wenigstens so lange zulässige Ansicht, bis Stqffe in
allen, oder einigen Thranarten ermittelt sind, denen nach
einem einstimmigen entsclieidenden ärztlichen Urtheile die
Heilkraft blofs zukommt. «
Fünf in ihren physischen Eigenschaften verschiedene
Sorten sind mir vorgekommen, die wohl in ihrer chemi-
schen Constitution eben so verschieden , als vielleicht auch
in ihrer Wirkung sind. Oder ist diese in allen dieselbe?
Kine Frage, deren Beantwortung die ferneren Versudie
Vereinfachen und sehr erleichtern würde. Denn Einige
halten den dicken theerartigen und darunter den schwar-
zen mehr/ als den schwarzbraunen. Andere den flüssige-
i'en und zwar den röliiliclicn mehr, als den bräunlichen,
für den wirksamsten, dem theuren hellen Thrane huldigt
nur die veimÖgendere Volksklasse.
In diesem .Thrane fand sich im Verlauf der Untersu-
chung durch Destillation , Vcrkohlung des Huckstandes u«
s. w. ein Stotf von eigenthÜmlicher Beschaffenheit» Die-
ser soll in gröfserer iMenge ausgeschieden, einer Heilaji-
stak zur Anwendung zugeschickt nnd das ärztliche Gut-
achten darüber baldmöglichst in dieser gepriesenen Zeit-
schrift mitgetheilt werden«
AerziUche Zeuffnisse über die Wirkung des untersuchten
hellen Thrans^
Bei mehreren Fällen von Rheumatismus, Gicht , be-
sonders aber auch bei Kbacbitis oder der ftogeiiaiiDteii eng-.
8Mer§ BecXHuMurngm %km O. ff umilfofi Mar ili# B^*
säütffeiiikei9 fNMl JBedeuiung de$ Vrim In <2a» mtfMmM^
fiiier folgenden WataenndnU
MiigeÜMt
von
Df» NevermamMf
zu Plan*
Im DeeembaripHeft des Meffleal and Sorgloil loonal
1833 p* 373 tbeilte der Yt aeine Erfahrangen 3ber die«
sen Gegenstand y die gans Brighfe Ansicht bestStigen, mil^
an diese schliefen sidi folgende im Octoberbeft 1834 deiw
selben Zeitscbrift i
Ich habe den Urin bei ungeCSbr €0 Padenteo, beson«
ders Kindern, nntersacfat^ velche an der Scarlatina mit
Wassersoebt verboaden, Ikten^ ond aar bei zwei Indivi«
dnen fand ich den Urin durch Anwendung der Hitze nicht
ooagnlabel. Beide waren sehr leicJite Fälle, die Kinder
ixraren mehr an Leakopblegnuisie, als an Anasarca leidend«
Bei einem waren 6 Wochen swisohen dem primären Fie-»
ber nnd dem Entstehen der Anasarca TerlaojlBn« Bei die*
aem Subjekte war die Densitat nnd Farbe auch normal |
aber die Quantität war geringer als gewöhnlich. Die Den«*
sität in dem andern Falle war 1010» als der leucophlegma«
tische Zustand erst bemerkt wurde« Spater fiel er den gan^r-
zen Tag hindurch auf 1005^ aber stieg bald wieder aufsei««
nen natürlichen. Standpunkt Der letzte Kranke hatte el^
was Hitze nnd schnellen Puls; bei dem ersten fand durch«
BUS keine Aufregung Statt* In mehreren Fällen war dia
Coagulation^ selbst wenn der Urin keinen klaren Sohim«
mec htkit^* so grols, da[s das Albnmeni welches sieh
auf der ObcrfiSche geiammek hatte i dem gekochten Ei*»
weifii glich«
Die geringere Densitit war im Allgemeinen d«r arata
Umstand y welcher die Gegenwart der Krankheit an erken«
nen gab« Bei mehreren Kranken fknd dies Statte ohnt
dafs Anasarca folgte } aber ich habe nie die Densitat ab«
nehmen sehen, so bald die CoagnlabiUtat eintrat j, ohna
dafs ein grpfserer oder geringerer Grad der HantwaisT«
suabi dfa Folge war. So wio dar Diii
.■» ^
~ 123 —
Degeneration der Corticalsnbstans unteiiennbar Statt fkndf
War die Krankheit weniger heftig» hör yon kurzer Daoeri
oder mit andern I^ranUieiten coD)pl}oirt und endete dann
tödtlicb, dann war diß Veränderung auch weniger .bedenkt
tend. In einem Falle, wo sich keine Anasarca gezeigt
hatte, aber die UrinsekretiQn i}ber 2^ Stunden unterdrück!
war, starb d^r Kn^nke an einep heftigen Entzündung und
Geschwulst im Angulq Mazillae. Ich erhielt gerade ao Tie|
Urin, dafs ipb bestimmeif konnte | der Urin se^ nicht coa-?
gaIaE>el« Bei der Leichenöffnung wurde die CorMcalsnbr»
stanz beider gieren ?pn rpthlicher Farbe gefunden, an dem
einen Ende derselben waren yersohiedene^ dem Aqscheinq
nach entzündliche Erhöhungen} welche sich nach gemachs-
tem Einschnitte Ifter eine Linie in die Corticalsubstani
• • • . • #
erstreckten. Ich zweifle nicht, dafs, wenn di^er Kranke
noch einige T^ge langer gelebt hatte, die An^arca sic^'
eingefunden haben würde $ pt) aber ein solcher in^fiamma'*
lorischer Zustand der Nieren , wie hier , der gewöhniich^
Anfang dßr Knin|üiei( ist^ wage icU nicht W bestiiiuneii«
Je mehr ic]i diese Krankheit gesehen > desto mehr blh
ich zq glauben geneigt, daf§ das Entstehen sehr durch
eine praexistirendeconstitutionelle Anlage begünstigt wurde«
Die Fälle, in welchen mehrere Individuen einer und der^
selben Familie ergriffen werden, sifid sehr zahlreich. Ba*
sonders war diese constitutionello Anlage in einem Falle
sehr merkwürdig. Vier Kinder derselben Familie beka?
men die Scarlat^na; drei waren Mädchen und das vierte
war ein Knabe. Alle Schwestern, welche von scrophulö*
sem Habitqs waren, bekamen Anasarca, das vierte Kind
aber nicht« Die Desquamation steht nach meiner Erfah«
rung nicht niit der .^nasarca in V^rbindqtig.
Die Menge von Comp|icationen , welche sich hinzöge-
•eilen, und oft mit grofser Schnelligkeit verlaufen > wäb^
rend die Wassersucht sich einfindet;, ist sehr merkwürdig«
Bei einem dreijährigen Knaben > welcher Anasarca hatte»
erschien Kose des untersten Angenliedes und Saccus lacry-r
malis. )n zwei Tagen bildete sich eine Fistula lacrynia*»'
lis. Die Knochen wqrden cariös und die Integumente wur-
den in der Umgegend in grofser Ausdehnung lioterminirtf
M'ährend diefs statefand, wurde der Knabe von einer dy-:-
senterischen Affection ergriffen^ welche grofse Bliitansleef*
rongen mit ^ich fqbrte qnd zwei Tage vor deni Tede war
der ganze Körper mit Pcte^i^e (gedeckt. Der Tod trat
— 125 — .
Es aUrben: S34 mannlicheä^
148 weiblichen Gesebleehte Ober,
ond 382 Kinder nnter 10 Jahren.
764 Personen»
Mehr geboren 259*
Im Mai des vergangenen Jahres worden.
' geboren: 453 Knaben,
386 Mädcheni
839 Kinder.
Es starben: 147 manntichen»
149 weibliehen Geschlechts €b«r^
und 262 Kinder nnier 10 Jahren.
558 Personen.
Mehr geboren 281.
Im VerhaUnifs znm Monat Mai TorSgeti Jahres, wor-
den im Mai dieses Jahres 184 mehr geboren t und star^
ben mehr 206.
Fortdauernd war anch in diesem Monate der rheo«
roaUsch catarrhalische Charakter der Krankheiten der herr-
schende; besonders worden die Retpirations- Organe er*
griifen, bei welchen die Krankheit sich nicht selten bis zor
förmlichen Entz'dndong steigerte. Nerrenfieber zeigten neb
besonders in der letzten Hälfte des Monats > hie ond da
fanden sich anch leichte Wechselfieber. Acote Aosschlagi^
krankheiten sah man nicht mit Aosnahme der Pocken , aa
denen in diesem Monate 8 Personen slarbeoi unter dnaa
2 Erwachsene.
L -. i
:^t
ri-
ii
Krankheiten.
£
.
5
cS
1
1
1
ir
J
j_
jtr^ feä^-;?; : ; : :
3
1
A-. -W«.^^kr-b..^ ■ . . .
An zVffgewtbemhüHnBE.
Dnrrli Selbslmord , ...
3
Ilucch lIi>gliick>{iJl* . ■
IS
Sumiiu
m
iw
■iio
IM
70*
Dl« BSiHoßtA Her prali. BeitkmcU, Mai 1837 ttttWl!
Hmidbvek
O. B. Surinffiir epitome thernpiae genträli*,
• Kurse litteräriithe Auteige».
Btiträge zur meilcmitchttt SlafUtik und SlaaUarutei.
timde. Von Dr. J. L. Qa$per.
Bat Heimweh ynd der Selbiltnord, VM J. B, O. .
Sehlegel.
Dr. J. Ä. Atitizetiiut de miicMio.
J. P, X. Pugitet Beahachiviigen und Erfnhrmigtn RW
dnii Oebiele der prnkiiiehe» Heilkimft, C&en. ditrA
Dr. C, A. Bloeack.
r, -A. Piorrtj aber dit Natur nnd BelumdiMtiff dtr JVw
ralgiem, übereelit von Dr. 0. Kr«pt>> «wl CHAi-
ttrmgtfi vm Dr. It. A, Kr««*;
C. W. Hufeland's
Journal
der
practi$chen HeQkunde.
Fortgesetst
TOD
Dr. E. Osann^
ordentL Professor der Medidn an der üniyerritStniid der med«
cKimrg» Academie für das MiÜtair za Berlin, Director dea
K«PoIikIin. Institafs, Ritter des rothen Adler -Ordens drHtot
Klasse und Mitglied mehrerer gelehrten GeseUsdiafteii«
€httu, Freumäy Itf ätle Theorie,
Dod^ grüm de$ Lebens goldner Baum»
Göthe.
VI. Stack. Juni.
^
Berlin.
Gedrackt und Tarlegt bei G« Atimer«
t
Die Influenzft^
Ihrtf
Gescliichtei fiotstebaog tincl CrtcheidODgan^ ibi^
Verlauf und ihrWeseo^ ihre yerschiedeiron For»
med und iet^n Behandlung^
nach fieobttohtoiigeft im Frülijahl 1839
getcbiläert
toit
Dn fi b e 1^
zu GrGnt>erg» im Grofshenogthoin Seiten«
Unsere Kenntnift deH epidemischen^ ttiasma«
tischen und contagioseo Krankheiten^ so wie
der ^ ihnen zu Grunde liegenden näheren Bedlo*
gungen , ermangelt leider immer noch einer ge-»
nügended Klarheit , obgleich neuere Forscher in
diesem Gebiete der Pathogenie und Nosologie
sich Tiele Verdienste erworben und ein etwas
helleres Licht über das Dunkel ihres Ursprun-
ges verbreitet haben« Indessen bleibt immer-*
hin ein weites Feld der erschöpfenden nnd grnnd^
liehen Aufklärung rorbehaltan^ wie die nnga«.
meine Verwortenheil d^ Ansichten iibef d]0f
A2
Fjnwirkuog besonders im Früh|abre 1837, yro
Jiiit dem Auftreten der Influenza eine catarrba-
Jische Constitution , in einzelnen Fällen noch
ein gastrisches Gepräge tragend, über einen
ßrofsen Tbeil des Erdkreises verbreitet, durch
ihr allgemeines Herrseben «^mebr eine Paudemie,
als Epidemie darstellte. Dafs die, bier weni-
ger gefäbrllche , als störende und lästige Krank-
heit scbon früher Öfter ihre Verheerungen über
Europa ergehen liefs, bezeugt die Geschichte,
und in Ermangelung neuerer literarischer Hülfs-
Diittel, möge daher zunächst eine kurze chro-
nologische Uebersicht ihres Auftretens in frü-
heren Jahrhunderten, wie sie öffentliche Blät-
ter nach SiittheiluDg des Londoner Arztes Hully
bereits gaben, eine Stelle finden,
1. Geschichte der Influenza.
Vor dem vierzehnten Jahrhundert findet man
Iveine Symptome von epidemischen Gatarrbeo^
und bis zur Hälfte des sechszebnten Jahrhun-
dert nur wenige Beschreibungen der Symptome
dieser Epidemie in den gleichzeitigen Schrift-
stellern. Nachstehend die Daten der ausge-
dehnteren Invasionen der Epidemie.
Vierzehntes Jahrhundert, Die Epidemie er-
schien in Italien 1323, 1327, 1368 und in Frank«
reich 1387. Sie war besonders damala^^ den
Greisen gefährlich.
Fünfzehntes Jahrhundert. In Frankreich
herrschte sie 1403-, 1410, 1411, 1427, 1482
und in Italien 1428« Die Epidemie von 1411
wurde damals von abergläubigen Leuten dem
Zorne des Himmels über ein obscönes Liecl>
welches damals unter dem Volke verbreitet
war, zugeschrieben« Ü&u deoeUi dieerkranklMf .
fallen worden; 1679 berrscbte $!• wieder iii
England; 1691 war sie in Ungarn, Krain» Stejer«
mark , Kärnthen , Tyrol , der Seh weis und aa
den Ufern des Rheins ; 1695 wüthete sie in t'a«
ris und Rom. In dieser letzten Stadt raffte sio
Tiele Kindet weg«
AchUehnies Jährhundert. 1709 darcbzog ,
die Grippe Rnfsland, Frankreich und Italien;
— 1729 war sie in Rufsland, Polen, Ungarn^
Teutschland, Schweden/ Dänemark, Frankreich;
der Schweiz, England, Italien, Spanien« Noch
niemals war diese Krankheit so allgemein ge«
Wesen, wie in diesem Jahre. Sie begann im
Januar, als Th au weiter eintrat« InderSchweia
zeigte sie sich nicht bösartig, aber in London^
Paris, Spanien und Italien richtete sie grofso
Verwüstungen an. In London starben an ihr
innerhalb 8 Tagen 908 Personen, Die Epide-
mie von 1733 — 1734 war weniger verbreitet;
In der l\Iitte des Monats November 1732 hatte
sie sich zuerst in Sachsen und Polen gezeigt»
Von da verbreitete «ie sich über Teutschland^
die Schweiz und Holland* Im December war
sie in England. Im Anfange des Januar 1733
ergriff sie Flandern. In der Mitte des Januar
war sie in Paris. In den letzten Tagen dieses
Monates erreichte sie Irland; im Februar er-
schien sie in Italien und Bladrid. Von da ver^
breitete sie sich n^ch der neuen Welt und zwar
zuerst nach Neuengland«
Ihrem Laufe nach Südtfn folgend , sprang
sie nach den Barbados - Inseln und nacn Ja-
, maika über und wandte sich dann südöstlich
nach Peru und Mexiko» Die Symptome in di^
sen weit entfernten Regionen waren die nänir
liehen, welche sie in Europa begleitetem *Anili
~ 9 —
Sten Jannar in Petersburg der Thermometer Ton
35^ Fahrenheit unter Null bis auf 5^ über Null
stieg. An eben diesem Tage litten dort 40,000
Personen an der Influenza* Die Teutschen nann-
ten sie den catarrhalischen Blitz , um die Schnei«
ligkeit ihrer Verbreitung za bezeichnen. Zur
Siämlichen Zeit brach die Krankheit in Sioi^
gaglia in den romischen Staaten nach ein^m
Sturm aus. Von da Terbreitete sie sich nach
der Bomagna, Umbrien^ Toscana und den Le*
gationen, dann nach Venedig und besuchte Toa
da Pavia, Verona, Brescia und das Mailändischo {
1798 ^ar sie in Mailand, in Posen, Moskau,
Petersburg und Kronstadt«
Neunzehntes Jahrhundertm 1800 herrschte
sie im südlichen Frankreich, 1802 in Italien
und Frankreich, 1813 in Frankreich, 1817 ia
England und Frankreich, 1831 in. Deutschland
und Frankreich, 1833 ebendaselbst und Eng«
land ; 1837 machte sie wieder die Runde durch
Europa.
Es scheint gewifs,. dafs diese Epidemie eine
tmyermeidliche Folge einer strengen Kälte ist,
der eine feuchte Witterung folgt* Fast immer
kam sie im NoTember zum Ausbruch un^l wenn
zie zuweilen im Sommer erschien, so wurde
zie immer durch ungewöhnliche Kälte und grolzo
Feuchtigkeit angekündigt und begleitet.
Der Zweck ge.^enwärt]ger Abhandlung ist
nicht, eine' umfassende Darstellung der Influenza
überhaupt zu geben, wie sie in den verschie-
denen Climaten und Landern auftrat, sondern
nur eine getreue, aus der Erfahruog geschöpfte
Schilderung der Epidemie, in soweit sie sich
mir in hiesiger Gegend tut Beobachtung dar-
-M u •-
tebr bedeutender Hit«e des fraozen KKrpere
wechseltet klagten die Kranken über besondere^
. UDgewohnlicfae Büidigkoit and Zerscblagenheit,
namentlich der unteren Extremitäten, Zieben^
und Reifoen in den Gelenken ^ Unbebaglichkeit
und 9e}b8t grofse ErflcbGg[>fnng. Zugleich stellte
eich Kopfweh eiui iiber der Stirngegend udd
den Angen. Schwere ^ Eingenommenheit und
Druck im Köpfe, nicht seUten yon solcher Hef»
tigkeitt dafs leiohte Zncknngen bei schwachen^'
Her? Ösen, reizbaren Personen dadurch reranlafit
V wurden; der Schmers in den Stirnhöhlen was
bohrend, reifsend, liebend , soweilen nqr ste^
chend, flüchtig, yorübergebend oder längere Zeit
unhaltend; sodann Schwindel, Flimmern vor
den Augen, Störung des Gesichtssinnes , äi%
Bindehaut der Angenlieder war geröthet, An^
Schwellung und Aufgetriebensejn derselben, ?erv
mehrter Thränenflufs, trSber Blick, die Augen«
lieder Nachts durch starke 8cb}eimabsonderung
der Meibomschen Drüsen verklebt \ das Gesicht
mehr geröthet und selbst aufgetrieben; Saqsea
und Brausen, Stiche in den Ohren Ton Ter«*
schledener Heftigkeit nnd Paqer, die Schleim^
baut der Nase aogescbwollen, schmerzhaft, an«
fangs trocken, dann schleimig, wäfsrige Feuch«
' tigkeit und vielen zähen dicklichen Scbleiip ab«
sondernd; öfters Niesen und Gähnen; die Lip*
pen und Mundhöhlen zuerst gleichfalls trocken^
später feucht, die Zunge öfter roth, rein, ia
der Regel weifslich, gelblich belegt, mit scblei<r
xnigem Ueberzuge versehen» etwas angeschwoU
}en; anfangs verminderte oder fehlende, dann
aber vermehrte und veränderte Speichelabson-r
derungy Zusammenfliefsen vielen Speichels im
Munde, ähnlich wie beim Speichelflufs ; Gau^
mw I Gaumensegel g Maodeln , ßacbenböble
— 13 ~
heif«, trocken, »pro Je, näclih©r aber starke Äiia-
dÜDstuDg über den ganzen Körper; Schlaf un-
ruhig, gestört, durch beängstigende Träume un-
terbrochen ; grofse Hinfälligkeit und Mattigkeit
in mehreren Fällen / heftiges Ergriffenseyn des
gesaramten Nervensystems, bedeutende Unruhe,
Delirren von verschiedei^em Grade, Betäubung,
leichte Zuckungen, Irr^eden. In iei Regel
zeigten sich keine, grofsere Gefahr drohenden
Zeichen; obgleich alle Erscheinungen nicht sei- ^
ten einen hohen Grad von Heftigkeit angenom-
men hatten.
Nachdem nun die Erscheinungen der In-
fluenza überhaupt im Allgemeinen dargestellt,
inüssen nun Tersthiedene Gruppen derselben,
betrachtet, und daraus einzelne Formen, welcho
durch das hervorstechende Ergriifenseyp beson-
derer Organe begründet worden, unterschiedeil
werden. Obgleich die wesentlichen Symptome
stets übereinstimmten, so gestalteten sich doch
nach der Eigenthümlichkeit der leidenden Ge<*
bilde besondere Modiilcationen, je nachdem die
Schleimhaut der Respirationsorgane oder des
Darmkanals den Sitz des Uebels bildete; hier-
nach gestalteten sich zunächst zwei Hauptfor-
men desselben mit verschiedenen Unterabthei-'
lungen.
ji. Influenza der Schleimhaut der Respi^
raiionsorgane. Sie zerüel in folgende Uuter-
abtheiiungen,
1) Influenza catarrhalis simplex, die einfa-
che, gelindere Form. Allgemeine Beschwerden,
wie Müdigkeit und Schwere der Glieder, öfteres
Hüsteln und Schaudern mit Hitze abwechselnd
Dicht TOB sehr hohem Grade waren stets vor-
— 15 —
irlirte; hierauf aber stelK« sich ein didkli-
l saher, consifttenter weifser Scbleimaasfiufs
ood uater'allmähliger Ahnahme dieser Sjfirip-
9 wurde das normale Gleichgewicht id der
cdon der afficirten Gebilde wiederhergestellt
der Krankheitsprocefs sofort beendigt« Die
jer dieser Form war in der Regel nur 2 ^^'
- .0 Tage and es blieb nie eine nachthei-
Folge Euriicky indem die Genesung schnell
vollständig eintrat«
2). Influenza caiarrhalis nervosa s, grafSor,
aenröse^ bösartigere Form der Grippe. Die
Mr angegebenen Erscheinungen eines einfa-
K Nasenkatarrhs i waren auch hier Torhan-
f jedoch durch das Vorherrschen der ner-
•B Symptome als Beweise eines bedeuten-
n Leidens — des gesammten Nervensystems^
icbsam in den Hintergrund gedrängt. Die
ifiUigkeity Schwäche und Abspannung, Schlaff-
t des Muskelsystems, in der vorigen Form
* gelinde und oft nur sehr leise angedeutet,
t gleich anfangs vorhanden, steigerte sich
.Verlaufe zu 'einer bedeutenden Hohe; der
pfachmers weit heftiger und anhaltender,
^nlabte nicht selten, besonders bei reizba-
tind schwachen Personen, Zuckungen leich-
fr Art« Völliger Mangel an Efslust^ starker
ait| Verlangen nach säuerlichen Fliissigkei-
I war zugegen ; litt das gastrische Nerven-
5lem vorzugsweise, so entstand zugleich noch
belkeit, Erbrechen, Aufstofsen, Druck in der
Icordialgegend; Bangigkeit, Angst, grofseUn-
■e» Verstimmung des Gemiithes, Trägheit,
Vreilen selbst angewohnliche Apathie und
ipupflieit fehlten nie. Wenn gleich anfangs
ü vennelyrte Aafreguog im Nervensysteme
— 17 —
«cbDetI, nicht roll^ weich , kleiOi 90 <^ 100
Schläge in * der Slinu/e* Die Crise erschien auch
hier unter Termehrt#r Absonderung der Schleim«
haut y besonders der Nasenhöhle , unter stärke-
rem Schweifse und Urin, obgleich nicht so voll-
ständig und ausgezeichnet, wie in der ersten
Form, auch wurde nicht selten kritisches Na«
senbluten beobachtet. In der Regel neigten ba«
sonders schwächliche» reizbare, weibliche Snb«
jekte SU dieser Modification. Die Genesung er«
folgte zwar langsamer^ kam aber doch Tollig
2U Staude, nur mit dem Unterschiede, dafs
öfters noch längere Zeit bedeutende Schwache
surückblieb ; auch war die Daner etwas länger,
7 — 11 — 14 — 21 Tage. — Nerfenzufälle konn*
ten sich mit jeder Form verbinden, indessen
seigten sie nie eine, solche Heftigkeit, einen so
anhaltenden Verlauf und einen so hohen 6rad| ,
wie in der hier deshalb mit Recht besonderi
aufgeführten nerfosen Form der Krankheit«
' ff
3. Influenza iracheoHs et hronthialis ^ In«
fluenza mit hervorstechenden Leiden der Tra«
cbea und Bronchien. Auch bei dieser Form
fehlten die Erscheinungen eines einfachen Na«
sencatarrhes nie ganz, nur waren sie weder so
heftig, noch anhaltend; dagegen aber erschien
eine stärkere AfTection der Trachea und Broto«
chien; der Frost pflegte länger zu dauern und
seigte gröfsere Intensität, die darauf folgende
Hitze War heftiger und ausgeprägter, beide
Symptome wechselten nie, wie in der Torhe-
rigen Form, und nach dem Schauder blieb die
Hitze vorherrschend, auch steigerten sich leicht,
sumal hei robusten, Tollbliitigen ^ starken und
jugendlichen Personen, die Zeichen einer einfa««
eben Reizung zur gelinden Entzündung dieser
jQurn. LXXXir. B. 6« St. B
~ 19 ---
baut des Lungenorgaos nnd der serüSteo ausklei-
denden Haut des Brastkastens. Die nahe Ver»
bioduog und physiologische Verwandtschaft die»
«er Gebilde erklärt binreicbeod ' das Mitteidea
der Pleura 9 obgleich die Inflaeoza ihrem We-
ften nach besonders in derTuniea mucosa MrQ^-
zelt, Vo)rboteD, welche io allen yorhergehen*
den Modi£catlooeo kaum bemerkbar vraren^
fanden sich hier öfters , aber nu^ kurze Zeit
Torher, der Frost hielt länger an, und darauf
folgte stärkere^ intensive Hitze« Müdigkeit, Zef-
schlagenbeit, Ziehen und Reifsen in den Glie-
dern, auch zeigte sich noch «in gelindes Lei-
den der Schleimbaut der Nasenhöhle^ Vfat aber
nichJt Ton langer Dauer und grofser Bedeutung ;
nächstdem klagten die Kranken über Stiche iü
den Seiten , zuweilen nur auf der rechten oder
linken allein, häufiger jedoch auf beiden so-
gleich, welche länger anhielten und nicht sei-
' ten einen hohen Grad erreichten^ das Liegea
auf den Seiten verhioderten und nur eine Rük-
kenlage erlaubten; der Husten war heftiger^
trocken, quälend, wobei die Stiche jedesmal
Termehrt wurden ; Gefühl von Vollheit und Ba-
• eogung de!r Brust, jgrofse Beklemmung; Athmeii
schnell y beschleunigt, Gefühl, als wenn diö
Brust mit einem Reife susammengescbnürt wür-
de; der Puls härtlich, roll; das Gesicht mehr
geröthet, aufgetrieben; Kopfschmerz zuweileo
sehr heftig, Schwindel, Eingenommenheit dee
Kopfes , Brausen yor den Ohren ; später wurde
der Husten mehr gelöst, der Auswurf erfolgte
leichter, war anfänglich etwas flüssiger, dünuer,
dann aber profuser, eine dicklichere, zähe Masse
darstellend; die Fieberbewegnogen in der Re-
gel heftig anhaltend 9 Appetit fehlte gänzlich,
nicht selten Uebelkeit und Erbrechen mit Er-
B 2
•— 21 —
Zange angescbwolleoi welfslich belegt, ipSter
init klebrigem ßcbleime überzogen, Zahnfleisch
und Gaumen Ton derselben BeschafFeBfaeit; an»
fangs Terminderte und fehlende Speichelab-
sonderung, dann aber vermehrte und alienirt«
Secretion des Speichels» welche zu öfterem Aus-»
epucken und Hinabschlucken nothigte , auch war'
flicht selten ein unangenehmer Geruch aus dem
Ualse bemerkbar; das Schlingen yerursacbto*
befolgen Schmerz ; Sprache undeutlich, erschwert,
starker Durst und völliger Mangel des Appetits;
dabei nur mäfsiges Fieber, grofse Müdigkeit
tind Abspannung, nicht selten heftiges Kopf-
web ; das Athmen mitunter erschwert, schnell,
Bangigkeit und Vollheit der Brust^ die Haut
trocken, spröde, der Urin feurig, Stuhlgang
fehlend, Verstopfung; veränderter, schleimiger,-
fader, pappiger Geschmack; Schlaf nicht sehr
gestört, das Gesicht etwas gerÖthet und aufge->
trieben ; Husten in der Regel selten , Stiche in .
den Seiten nicht vorhanden; der Puls gereizt,
schnell ,- weder voll noch hart. Die Genesung
erfolgte schneller; es blieb keine Nachkrankheit
Buriick, aber Rückfälle fanden sich mitunter.
Die Dauer war überhaupt nicht so lange, wie
in .den friifaeren Formen, meistens sechs bis
acht Tage. Crisen waren vermehrte und dick-^
liehe Schleim- und Speichelabsonderung, all-«
gemeiner Schweifs , weniger deutlich vermehrte
fjrinsecretion. In der Regel befiel diese Mo-*'
dification besonders Individuen , welche schon
früher an ahnlichen Halsübeln gelitten hatten,
und war meistens gutartig.
2) Influenza gastrica s. abdominalis.^ In-
fluenza mit vorherrschendem Leiden der Schleim-
baut des Daimkaoais» Zu den oben angefübc*
— 23 —
letztere wurde nur nach profuseo Darmeotlee-«
rungea hierbei wahrgeDommeD. Die Remissio-'
Ben des Fiebers waren aohaltender und länger,
als in den äbrigea Furmen« «
3« Verschiedene Stadien der Influenzen
Nach den besonderen Vorgangen and pa-
thologischen Veränderungen in den Secretiooen
der Schleimhäute, als den hauptsächlich leiden-
den Gelbilden, waren folgende Zeiträuxiie sU'
unterscheiden :
*
a) Stadium ■ congesiivum s, siccumi Ob-
gleich die Erscheinungen in allen Formen dei^
influcnza selten zu der Höbe einer wirklichem
Entzündung gesteigert wurden, war doch wa-;
nigstens eine entzündliche Reizung, rieigang»^
zur Entzündung specifischer Art nicht wohl zu
verkennen, daher denn ein Stadium cobgesti«^
-vum angenommen werden mufste« Dasselbe,
äufserte sich durch einige Aufregung im irrita-
beln und sensibeln Systeme, durch gereizten,
schnellen, härtlichen Puls, stärkere Hitze, Kopf«*
schmerz und Empfindlichkeit gegen das Licht,'
Druck in der Supraorbitalgegend, Schwindel,-^
Stiebe in den Ohren, Trockenheit in der Schleim«
baut der Nase, des Mundes^ Rachens, der Luft«'
röhre , Anschwellung und vermehrte Hitze die-
ser Gebilde, etwas * gerüthetes selbst aufgetrie-*
benes Gesicht, Kitzeln im Halse, Druck aof
der Brust , Stiche in den Seiten , trocknen Hu-
sten, schnelleres Athmen, Stuhl Verstopfung und
sparsamen Urin , verminderte Speichelabsonde".
i^ng, veränderten Geschmack und Geruch, Hei- '
serkeit und Rauhheit der Stimme, trockne hei-
fse Haut, zuweilen noch Uebelkeit' und Erbre«"
chcm;- Nach ttef' Verschiedenheil der befalleneir^
AbsondeniDgeü ^edev heri Ibdem dieFattctfött
der Scbleimhänte cur früheren Normalität zu-
rückkehrte« Bei alleo, schwächlicheoi torpiden^
ftcboD früher an BrattbescbwerdeD^ chronischen^
Catarrh, Asthma^ Hosten n« s« w. leidenden
IndiTiduen^ blieb selbst wahre Erschlaifung der
Schleimhaut^ Plennorrhoea zurück«
Die Haupterscheinungen, nnter welehen die
Grippe auftrat, waren demnach im Allgemeinen
nochmals kurz zusammengestellt:
a) Im Nervensysteme: ungewöhnliche Mü-
digkeit und Zerscblagenbeit der Glieder, Ziehen
und Reifsen in- denselben , namentlich den Ge-
lenken, Schmerzen im Kopfe, Verstimmung
des Gemüthes, Schwindel^ Irrereden , leichtd
Delirien 9 Zuckungen, grofse Unruhe, Schlaflos
eigkeit^ Verlust des Appetits, yermehrter Durst,-
Stiche in den Ohren, dem Rachen, auf .der
Brust, Kitzeln im Halse, Scbmerzgefohl int
Leibe, Uebelkeit, Erbrechen n, s« w«
b) Im Resfirations^ imd Circulaiionssj^
§teme: beschleunigter, schneller, zuweilen bärU^
lieber, voller Puls, yermehrter Andrang de»
Blutes nach den leidenden Theilen, besondere
den Centralorganen , Kopf und Brust, zuweileq
Herzklopfen, Blutungen aus den Gefäfsen dep
Käse, Husten, schnelles Athmen, Vollheit und
Beengung der Brost, Schwäche des MoskeU
Systems,
c) Im vegetativen Systeme und namentlich
in der Schleimhaut : Trockenheit , ' Termehrto
Wärme und verminderte Ab- und Aussonde-
rung, dann aber stärkere und alienirte Secre-
tion, anfangs von mehr seröser, dann schlei-
mig . dicklicbef Beacbafienbeit, ^üaiiti zäher
N
— . 27 —
der Regel worden die meisten Indilldaeii^ ohn«
Rücksiebt auf Geschlecht, Alter,' Stand, Ge«
-werbe, Beschäftigang, Lebensweise, Yon der
Krankheit befallen (Ausnahmen gab es auch hier,
wie bei jeder Epidemie) 9 hatten einige Tage
bis 6 — 8 — 14, je nachdem sie heftiger oder
gelinder und yon rerschiedenen Formen ergrif-
fen waren, daran zö leiden, und wurden bei
-vorsichtigem, sorgfaltigem Verhalten und zweck««
dienlichen arcneilichen Hülfen , meistens in Jkur«
zer Zeit ohne weitere hose Folgen und INach-
kraukbeiten wieder hergestellt. Rückfalle eiv
folgten leicht durch zu frühes Ausgehen und
dadurch yeraulafste Erkältung: ein zweimaligee
Befallenwerden gehorte nicht zu den Selten-
heiten. Die Dauer der Epidemie beschränkte
sich für die hiesige Gegena im Allgemeinen auf
6 bis 8 Wochen, ohne dafs sie, während der-
selben, ihren Charakter wesentlich Terändertp
oder eine andere, bösartigere ßescbaffenheit^
wie dieses in der Mitte oder gegen das Ende
mancher epidemischen Krankheiten öfters zu ge-
schehen pflegt, angenommen hätte , sie blieb
eich yielmehr rom Anfange bis zum Ende ziem«
lieh' gleich, und ihr Verlauf war meistens kurz,
gutartig und regelmäfsig« Die Dauer der ein«
zelnen Krankheitsformen und Krankheitsfälle,
oft sehr verschieden, bald länger, bald kürzer,
erstreckte sich wenigstens nicht über 14 bis 21
Tage, obgleich auch hierin keine bestimmte
Grenze festgesetzt werden konnte. *— Crisen
fanden Statt durch vermehrte und specifisch
veränderte Schleimabsonderung in der Nase«
dem Rachen, desgleichen vermehrte und alie«
nirte Speichelsecretion und durch gelösten schlei*
xnigen Auswurf aus den Bronchien und der
Schleimhaut der Lungen, durcb vermtbrtei qmi*
-- 29 —
durch den EuifloCi der Gestirne nberbhopt» thelb
aber and ganz besondert atmospbärbche ^ yoo
der Einwirkung des Lofikreises bedingte. Un-
ter den äuberen Potenzen, die auf den Körper
einwirken*, mithin auch Krankheiten zu erzeu-
gen vermögen, ist gewifs keine von so hohem
Einflüsse und so grofser Wichtigkeil als die
Atmosphäre. Sie besteht aus 79 Vol. Stick«
atoff, und 21 Vol. Sauerstoff,^ welches Mi-
scbuogsTerhältnifs unter allen Klimaten, überall
stets dasselbe bleibt, ohne dab aosere bisbeif*
gen Eudiometer je eine wesentliche Yerände-
jrung darin nachzuweisen im Stande wären»
Selbst uichl in Räumen, wo viele Menschen
«ind Thiere athmen, oder wo Kohle, organi*
ache Stoffe und dergleichen verbrannt werdeup
wenn sie nicht hermetisch verschlossen sind^
ändert sich dieses Verhältnils. Daher kann in
diesen Bestandtbeilen, weil sie sich stets gleich
bleiben, nicht die Ursache irgend einer epide»
mischen Krankheit, nach jetzigen Erfahrungen
v^enigsteos, gesucht werden« Anfserdem aber
enthält die Luft eine veränderliche Menge kok*
Jensaures Gas', Wasserdampf, verschiedene or-
ganische Theile, Miasmen u. dgU Ander die*
aen kommen bei ihr ferner in Betracht, ihr«
verschiedene Temperatur, Wärme, Kälte und
Feuchtigkeit oder Trockenheit, Druck, Span«
nung, ihr elektrisches Verhalten, welche sich
JBU verschiedenen Zeiten und unter besondem
Umständen anders gestalten. -^ In wie weit
nun hierin eine Ursache allgemeiner Krankbei*
ten liegen kann, . und in wiefern solche besonn
ders, zur Erzeugung der Influenza mitgewirkt
Laben, soll unseren, freilich jetzt noch sehr
mangelhaften Kenntnissen nach, näher unter«
enobt werden» Dabei ist ea jedoiBh lucht mög«
— 31 —
wahret Miasma der AfmotphSre erceagt
"de, das über eineo grofsen Theil des Erd-
ses Terbreitet, diese Epidemie henrorrie&'
anlafst schon die abwechsehide Witteruiig
Friihjabres die catarrhalische Coostitutioo^
»rdrückuDg der Hautaasdünstuog and Ueber-
iDg des Krankheitsstoffes auf die iDDereo
:e, uod Damenllich die Luftwege, wie viel
r mofs DUO eioe so auffalleode YeräDderung
Eitmotphärischeo Verbälloisse , eioe wahre
cikatioo , alJgemeioes Erkranken herbeifiih-
Als Hauplmomente ior die Entsteban§
schnelle Verbreilung der Epidemie hätten
demnach: beständigen 'VVitterongs wechsele
fencbte wärmere , bald trockene kalte Luft-
lia£Fenheit und ein daraus herrorgegaogeoes
Kilhämliches MischungsFerhältnifs der Atr
^häre, dessen nähere Bestaniltheile noch
% ermittelt sind. Als Gelegen beitsarsachea
«n hierzu noch: Zogluft, unj:weckmärsige
■eidungy häufige Erkältung n« is. w., waren
^ von keiner besonderen Wichtigkeit, Ent-
% unter diesen Verbal Inissen eine epidemi«
n« Krankheit, so mofs sie in der Regel sich
tausbreiten, weil Mieman,d solchen Binfliisseo
entgehen Vermag. Auch wurde das Um-
^eifen der lofluenzä noch durch ein von
Kranken selbst erzeugtes Contagium be*
atigt, welches nach Torliegenden Erfahrnn«
^ nicht geläugnet werden kann«
6. PrognosB der Influenza.
Im Allgemeinen war die Krankheit in hie*
ir Gegend nicht sehr bSsartig, obgleich ein-
3e Fälle Torkamen, welche grofse Gefahr
h^ten* Nach Verschiedenheit der Form er«
I sich für die Vorhen^so i^olgendes ; Am g^
— 33 —
tni SebTvIicb», )• baftiger fiberhaopt das Pte^
ber, je bedeutender alle SbrigeD Kraokheitser-
acbeiDUDgen^ um so später aod langsamer er-
folgte die RecöoTalescenz. Vollsaftige, starke
Kinder neigten sehr zur Eoitzondung der Lofl-
robre and Broncbien, zur häutigen Bräune,
welche dann stets die Prognose ungünstig er«
scheinen liefs«
7 •Wesen und Benennung der KrahkhnU
Das Hautsystem bildet überhaupt die mit ,
fler Aufsenwelt in Berührung tretende Oberflä-*
che, die Grenze zwischen der äufseren Natur
und dem belebten Organismus, steht daher in
beständiger Wechselwirkung mit den änfsera
Einflüssen, und jede Aufnahme dieser, jede
Reaction dagegen, findet znnäcbsl durcb Jen»
Statt* Im Allgemeinen kann man sie alt Ue«
berzug des ganzen Korpers , die ibre abson-
dernde Fläche nacb aufsen kehrt, Lederhaut
schlechthin, und als solche, welche die innert
Oberfläche auskleidet, die Athmungs- und Ver-
dauungsorgane, so wie die in die Hohlen des Lei«
bes sich erstreckenden Kanäle mit nacb innen ge-
'wendeter freier Flache überzieht, als Schleim«
baut u, 8« w« darstellen. Die Lederbaut ist
dicl)iter, derber, um dem mechaniscben An«
dränge fremder Korper mehr widerstehen zu
](önnen, die Schleimhaut dagegen, weicher^
lockerer, schwammiger, leichter durchdriögbar
und mehr zur' dyoamlscben Wechselwirkung
mit den anfgenommentn Stoffen geeignet; die
Schleimbaut sondert im gesunden Zustande eine
klare wäfsrige schleimige Flüssigkeit ab, wel«
che Ton der wälsrigen Ausdünstung des übri-
gen H^utgebildes nur durch den gröfseren Ce-
balt Ton Eiweifs und Eb^tractiystöff sich untor-
leQrn.LXXXlT.B.6.SI C
— 35 —
reichend belfannt ist , durch e!oeo WJihren attno*
«phärischen IntoxikatioDsprocers , zu beseichneD«
Die Einwirkung dieser besonderen Luflbeschaf»
fenheit auf die Schleimhäute ergiebt sich aus
dem dadurch Terursachten krankhaften Zustande
der ergriiFenen Gebilde« Wie im Winter und
namentlich im Uebergange desselben zum Früh*
linge überhaupt ^chon eine Disposition zu Krank«
heiten der Haut, zu calarrhalischen und fhea«
matischen Uebeln* durch die Jahreszeit begän«
stigt wird, so enthielt besonders die Witte-
rung der Terflosseneo Friihlingsperiode eine aus-
gezeichnete Quelle zur Entstehung dieser catar«
rhaliscben Epidemie ^ welche dann über einen
grofsen Theii des Erdkreises yerbreitet^ einea
so hohen Grad Ton Extensität erreichte, dafs
sie durch yielseitiges ^ allgemeines Erkranken
eine wahre Pandemie wurde« Auch kam in
diesem Winter » und gerade zu der Zeit ^ wo
sonst häufig reine Entzündungen beobachtet wer«*
den, keine solche Tor, ihre Stelle batto diu
, Influenza eingenommen.
■
Was nun die Benennung Influenza oder Grippe
betrifft, so scheint dieselbe, obgleich allgemein
giiltig, ziemlich unpassend. Der Name thät
swar nichts zur Sache, und ist besonders be{
Krankheiten in praktischer Hinsicht, wenn man
sie nur zu heilen versteht, von untergeordnet^
tem Interesse, indessen sollte man jedoch uiU
sweckmäfsigen Benennungen das Bürgerrecht
io wissenschaftlicher Beziehung keineswegs ge-
statten. Die Benennung l^ebns catarrhalis epU
demica entspräche noch eher dem gedachten
Zwecke, obgleich nur einseitig; weniger pas«
send ist der Aosdruck Coryza, welcher nur die
einfache Foffni andeutet. Ich erlaube mir da-
C2
- 37 —
b) B^handUing dtr tn/bumtQ §aiarrhMä
j^esc. Die einfachste, geliodette Form der
lükbeit I erforderte aufser einem ruhigen Yer-
ten im Bette oder im ^erwärmten Zimmer^
>en einer leichten , blanden Diät, Vermeir
ig alles Erhitzenden und yorsichtigem Regi«
D in der Reg^ keine weitere arzneiliche
Ife, sondern ging schnell und hald^ ohne
Sckhleibende nachtheilige Folgen . in Gene«-
l über. Bei heftigerem Fieber jedoch^ et^
härtlichem Pulse, Eingenommenheit des
fes, Schwindel^ Zerschlagenheit und Mu^
eit, grofser Unruhe, trockner heifser Haut,
I« beengter Respiration» leisteten gelinde
»lioretica, vrie Thee von Floree Sambnci^
i« und Verbasci, oder eine Mixtur aus Aq.
Sambuc« mit etwas Tartan stibiat« oder
slibiat«, Liq. Ammon. acetic. , Syrup« Rubi
L oder Roob Sambuci die besten Dienste.
der Kopfschmerz sehr anhaltend und bef-
die Anschwellung I Trockenheit, Spannung
dr Nase bedeutend , so brachten einige Blnt«
an die leidenden Theile gesetzt, und zwecks
Sge Unterhaltung der Nachblutung schnelle
cbterung; das Einziehen erweichender Däm-
WDn kochender Milch, Chamillenthee u. dgl«
itigte die Trockenheit und das lästige apaa«
.e Gefühl in der Schleimhaut. Ein stärke-
eingreifenderes , antiphlogistisches Verfah*
war in diesem Falle niemals erforderlich.
«) Behandlung der Influenza eatarrhalis
«5a« Neben eicem etwas wärmeren Ver-
do, wärmerer Zimmertemperatur, etwas
Ügerer Nahrung und stärkenden Getränken,
Wasser mit Wein, patsten hier snoäcbst
* im Anfange nocb^ die bei der Torigeo Form
— 39 —
; Roizaog'y «irwelcbende scfalelmlft» QvtrSiikej v.
ig k«ioe erbitseoda uod' leichte blande Diät. Nicht ^
^ »eilen wurde allgemeine BluteDÜeerong durchs
^-Aderlafs iron 6 — 8 Unzen nothig. Ein anti» r
^ pblogistiich diapboreiiacbes Verfahren genügte ,
in der Kegel , wie ein pecoctuin AUb. mit Am- ;
moD. muriatic. dep. , Tartar. itib. , Vio. stib.^^
und bei Torhandenem Krampfsustande mit Zu-* ,
satz Ton Extr. Hyosc. , Aq. Laurocerat., PuIt« ;
Dower. und Elix. e Succ. Liqnirit. Im Stadhi
eeroso und mucota waren die Expectorantia^ ;
Sulpb* anrät, Antim«, Polygal. amara, Senega^:
Helenium indicirt, bei mehr Neigung «ur wah^ ^
ren ßlennorrhoea , Decoct. Lieben island. Auch ,
wurden hier BlasenpOaster, und xwar im er* ^
•ten Stadium, mit Nutzen angewendet« Bei'.
zäher profuser Schleimanhäufung in den Luft- .
wegen , besonders bei Kindern, leisteten Brech» .
mittel aus Tartar. stib« mit Oxymel squillitic. .
und Rad« Ipecac. vortreiniche Dienste , sowohl .
znr Ausleerung als auch zur groCseren Verflü«« ,
eigung der zähen Stoffe«
c) Behandlung der Influenza pneumoniiieä,
et pleuritica. Hier trat nun Hinneigung ztim
entzündlichen Charakter am häufigsten hervor;
und erforderte deshalb auch ein eingreifend*-/
res antiphlogistisches Verfahren, Esmufsteaue.
diesem Grunde öfters ein mäfsiger Aderiafs am*
Arme instituirt und zuweilen nachher durch ört-
liche Blutentleerung, durch Blutegel und SchrS^f-,
köpfe unterstützt werden, wenn die Stiche auf,
der Brust nicht ganz nachliefsen und die Op-
pression der Brust in gelinderem Grade fort-
dauerte, der Puls auch seine Frequenz behielt.
In manchen Jfallen, bei geringerer entzündii^
eher Reizung, waren die örtlichen Blutentlee-
•• 4i —
g) Behanähmg der Influenza gaiiriea» Bei
offenbar Torfaandenen SordeSi und Dach yoraus-
g«gaogen6r LStung dertelbeo^ wie auch bei
grofser Neigung^ zum Erbrechen, zeigten sich eio
Emeticum aus Tartar. stib# mit Rad. Ipecac»
und Ozymel squilliiic«! so wie bei starker*
Scbleimabsonderung im Darmkanal^ gelinde Ab« .
iübrungimittel aus Natr. so1pburic.| Magnes.-
•ulphuric. , Kali salphuric», KaU tartaric« mit
Tinct» Thei aq« sehr wirksam* Fand sich da- .
cegeo mehr Schmerz im Leibe i unbehagliches
Gefühl, gänslicher Verlust des Appetits ^ Ter«
mehrter Durst und stark belegte Zunge, so
wurden zunächst zchleimig-öligte Mittel, eins
Emulsio AmygdaU dulc. mit Extr. Hyosc«, Am-r
xnon. muriatic* dep. » Spirit. Blinder. Terabreicht»
Bei heftigem anhaltendem Erbrechen gab mao
eine Saturatio Kali carbonic. mit Succ. Citr«^
dem Zusätze Ton Aq. Lauroceras.^ dabei zum'
Getränke Selterser wasser mit Milch. Aufeerdem
wurde ferner eine wollene Binde um den Leib
gelegt^ etwas wärmeres Verhalten, leichte blande^
schleimige Diät u. s. w. angerathen.
Zurückbleibende Schwäche und Nacbkrank*»
beiten, wie Erschlaffung der Schleimhaut, Bleu«.
Borrboea pulmonum, Catarrhus chronicus^ er*
forderten die dagegen dienenden zweckmäfsi*
gen Mittel. Mit Hülfe des angegebenen Ver«
fahrens gelang es mir in rielen fällen noch^
alte, bejahrte, schwache, torpide j an Asthma^
Blennorrhoea pulmonum^ Catarrh« chronic«, Sta-
tus pituitosos u* dgl. leidende Personen , too
deben die meisten über 75 bis 80 Jahre zahl-
ten und sehr heftig ergriffen waren, von diese«
Krankheit wieder herzustellen und ihr Dasejm
wenigsten! noch auf imigb Eeil hinaus za
friiteiu
— 43 —
flae&ca nerrosa mit CongestioDMi jes Blatoa
zum Kopfe, herrliche Dienstev, iodem die an«»
gegebeneo Symptome jedesmal bald gehoben
/wurden. lo ' der Regel reichten 12 bis 16 '
Schröpfkopfe oder eben so riel Blutegel zu ge^
dachtem Zwecke aas« Versteht sich yon selbst,
dafs für gehörige UoterhaltUDg der Nachblutung
gesorgt werdeo inufs*
h) Ruhefacientia f Sinapismen und Vesica^i
f orten j erstere besonders bei Influenxa nervosa.
Delirien^ trockener, heifser Haut, tbeils zmi
Ableitung, theils zur Beförderung der Transpi-
ration, letztere 'nach yorausgegangener allga*
ineiiier und örtlicher Blutentleening bei Influenza
pneumonitica et pleurilica, wo noch Schmer»»
gefübl zurückbliebi mit günstigem Erfolge an*
gewendet.
c) Erweichende Dämpfe und Einathmungen
Ton kochender Blilch^ Chamillenthee, yon D»»
cocten der Spec. resolveiit. und emollient«, alt
Eweckmäfsige Hülfsmittel gegen grofse Trok«
keobeit, Anschwellung und Spannung derSchleim«
häute, so wie zur Unterhaltung und Beforda»
rung des kritischen Nasenblutena dienlich«
d) Zertheüende^ achmerzstilfende ^ hesänß»
tigende Einreibungen aus Liniment, ammoniab
camphorat. bei Influenza anginosa in die Hala»
gegend applicirt, ?ou gutem Erfolge»-
e) jibleitende Fufs^ und Halbbäder zur
Herableitung des Blutes nach den unteren» Thei-»
len bei Congestionen nach dem Kopf und bei
Influenza der Respirationsorgane häufig und mit
Mutzen gebraucht*
f) Trockene Wärme ^ yermittelst wollener
Xaugei als UmbüUuDgsmittel der leidoDdeii Theile,
— 45 —
rit wegen eetnet benllcheD WtrlniDl enf die
Scbleimhäate der geoaniiteDGebildaj.yonaglicii
des Dannkanals I ser Beförderung und Losän|(
der Sekretionen^ Verflüssigung dec Stoffe und
seiner schweifstreibenden iLraf^ ^ war in al«
len Formen gewifs das unentbehrlichste Mittel«
— Liquor jimmonü acetio. in der finfacben
Form der Grippe, in der nervösen ^ als Dia«
Sboreticum, Eur Herrorrufung und Beförderung
er Transpiration bei Indiridaen^ welche weder
nur Sthenie noch Asthenie neigten. — - Liquor»
^mmon. succinic* bei bedeutendem Nerrenlei«
den, grofser Schwäche, HiofalUgkeit| "blandeii
Delirien in der Form der Influensa neyrosa, ala
echweifstreibendes und zugleich nerrenstarken^
des Mittel geeignet. — ß) Äntimoniaipräpm'^
rate. Tartar. stib» in refracta dosi bei entxünd«
lieber Reizung ,und in grofsen Gaben bei det
Influenza pneumopitica und pleuritica sehr wirk^
eam, — - Vinum etibiat«, als gelindes antiphlo«
gistisches, mehr ab^ als diaphoretisches Uitiel^
und Sulpbur. aurat. Antim* » als mucum* inci-
dens und expectorans bei der Influenza der Be»
spirationsorgane unentbehrlich. -*• Y) Queck»
süberpraparatez Calofnel^ Hauptmittel bei dee
Influenza tracbealis et broncbialis , pneumonitica
et pleuritica, sowohl schon im ersten Stadium
der Krankheit, als auch später zur Beförderung
des Auswurfes mit Sulpb. aurat. Antimon« —
i) Radix Senegae, Rad, FolygaL amarae, Li^
chen island., Rad. Rhei yortrefflich in' ihrer
Wirkung zur Auflosung und Verdiinnupg der
profusen Schleimabeonderung, zur Stärkung def
•rschlaflEten SchleimhautgebiUe.
d) Nervina und ExoUantid solutiliai Flo«
res Sambuci, Flores Chamomill. , Rad. Tele-
mü.^ iUdb AngeliOf Rad. Amic.^ bat der aerrS»
^ hl ^
I ■ m^wMi • '
' \
• '«
n.
Merkwürdiger S^atl
Ton
tödtlich gewordenen TUsäorgtaiSißäir
Honen im Unterleibs. .
Mitgetbellt
'Von dem
Geheimen Hofiraths tCe,
Dr. S c h 1 e g 6 I9
so Mehüngeib
1
Ur. ^, KanfmaBD, 63 Jahre alti bafte aahi
gliDZM Leben bindiirch sich einer daaerbaftea
Gesundheit erfreut, bis denselben im Jähr 18^
die rothe Ruhr befiel, Ton welcher ihn Hi^
Hofrath Dr. Ban zu Salzuogen innerhalb' 14
Tagen befreite. Auberdem nvnr'de Patient seit
Itinigen 30 Jahren znweilen^ jedoch selten, mit
JUngefnoeh befallen, das mit einem Gefühl- Toai
Brennen rerbunden war, aber * nach jedesinidi*
gam fraiwiUigem Erbreche» aüfhoHe^ • " •
Am I5ten Febn 1837 klagte Hr» ^ g<)dacti.
lfm Arzte, d^Ts seine ^ nun- seit 2} Jahren be-
ilajidana, Uni^UUichkeit mehrsan&bme, etstäi
-^ 49 —
da aa den gansen Herbst und Winter liio-
h derselbe. Das Ansehen des Kranken ward
ä^r schlechter, . demohn geachtet wollte der«
9 sieb zum Arzneigebrauch nicht entschließ
• Doch mit dem l5ten Febr. 1837 nothigtd
ein anderer Umstand dazu, indem er eino
^venn auch schmerzlose — ^nschioeliung
rechten Testikels bemerkte* Für die Ur*
,6 davon hielt sein Arzt eine Erkältung nnd
US hervorgegangene Haemorrhoides retro-
«as et incongruas ; . denn Pat, war 2 Tage
ler bei widrig - kaltem Wetter an einen
tunden entfernten Gesellschaftsort gegangen,
unterwegs 3 Mal genöthigt worden, sei«
i Hämorrhoidaldrange auf freiem Felde nach-
eben« Es. wurden 24 Slunden lang warme
kne Fomentationen angewendet; allein die
cbwellung hatte in dieser Zeit mehr zu«
s^bgenommen. Der Wundarzt, welcher die«
L Kranken täglich 2 Klystiere -— nach Art
Kämpfischen — setzte , ward angewiesen^
3rere Tage hindurch nach Abgang des Kly«
rs das Intestin* rectum mit dem Zeigefinger
aa zu untersuchen* Schon bei der ersten
^rsuchung glaubte der Chirurg einen frem«
Körper zu fühlen , der ihm aber wieder
r dem Finger verschwayd; den folgenden
» bei wiederholter Untersuchnngy bemerkte
Uchts; den 3ten Tag aber fühlte er den
iden Körper wieder und war so glScklicb,
berauszubefördern. Es war eine ziemlich
&e Fischschuppe , die in einer Darmfalte ge-
&n hatte. Nach Entfernung derselben zeigte
kein blutiger^ wohl aber ein fortwährend
g- schleimiger Abgang.
Kacb Torerwähnten 24 Standen der ange«
ödeten warmen Fomentationen wardt Abends
\iffn.LXXXiy.Bd.6.St. D
— 61 ,—
wurde yorgebalten. Während de9. Harn*
iTfss borte man eio heftiges Geplätscher,
venn Flatus abgingen» JeUt entdeckte die
in des Kraokea dem Hro; Hofrath Dr. Bein^
'jene auf dem gewöbqlirheir Wege .nicht
agen , sondern durch die. Harnröhre , wa|
ieit 8 Tagen schon einige Mal wahrgenoxn«*
habe, worauf gedachter Arzt den Urin un^
icbte, denselben ganz trübey auch mitaofr
Item Koth vermischt fand, und mit deoi
»elben entsprechenden Ge/uche« Von jet;(t
ing fast beständig aufgelöster Koth durch
Harnröhre mit Winden und den appUcirten
tieren ab« Es ward mehr als zu gewilf,
an der Stelle, wo die Blase an ihrer nn«
bintern W^and den Mastdarm berührt, voa
erm aus sich ein Fistelgaog gebildet , der
ie Urinblase überging*
Hr. etc« Bein findet in Betreff seiner ersten
iche bei diesem Kranken noch -folgende Er-
»rungen nöthig: Früh, und gröfsteotheib
Vormittags^, war der Puls des Krankeo
sam , klein und weich ; . Nachmittags hin-
n stellte sich stets Fieber mit heftigem
it ein, das bis gegen Morgen fortdauerte«
Schlaf konnte dem Kranken nur selten za
11 werden^ ein Mal wegen des Fiebers, und
I ^wegen der so oft wiederkehrenden Hä«
rhoidaltriebe , welche während jeder Macht
8 bis lOmaliges Aufstehen yerursachten.
en der Skrotalgeschwolst und wegen des
ickgezogenen Penis konnte kein Reseiroir
den Urin angebracht ^ eben so wenig ein
bbecken benutzt werden, da der Abgang
h die Harnröhre und den Afker zugleich er-
te* Der Appetit war sehr geringi eino Tatae
0 2
tbft, «EO x;b£^ riQSxk»aBa muA sUi i^
tteiU jcFii: Zii»c:kt*r asd «twi« M'
iiLk K-iem Ta«e. der K<M-^er xcsbit« &Mib
ab : es c-rscjile sirh ab oen JteUitm 4 W«k
Oedem d«r GQ'em ExImuitÄlCfl uui iut
hiozi;, nod utit die**« dm >iiin"iliH^%
iDaheo «eiaes Todes. —
^ach Terlauf too 27 StODde« warde di«
n unterDomineo« Der Korper war iia
leo Gra-Je abgemagert, die Extremitätea
;hwo!leOy die Bruttein^weide durchaot
i , im Pericardio obncefahr eine halbe
belle vräaserige Flussi^keä^ io beiden
eutrikeln etwas weoiges garonnenea Blut,
ifz iveder Verkoorpehin» , noch Xerkoo^
lg , die Valreln noch in deo, voa da aü«^
den grofsen BlutgefäfseD sichtbar. Nur
nke Lunge ^\ar auf der liokeD Seile mit
[eura etwas Terwacbseo , ohne daf^ der
.e weder vor noch wahrend der Krankheit
usteo oder Athmuogsbesch werden gelit^
itle.
TÖiToaDg des. Unterleibs. Nachdem die
ecken auseinaodergeschlagen und die Ein«
de blolsgeiegt worden , bemerkte msu sii*
rst das sehr magere etwas tief herünttr-
igte Netz. Hierauf nahm man sämmir
Eingeweide bis com Anfang des Hek-
heraus y und zuletzt auch dieses mit der
läse. Jetzt wurde der Magen luit dam
1 Tractus inle«tinorum iinZusamnienhanga
licht. Ersterer war leer, der Darinka-
iber durchgehends init Luft ausgedebnl^
-- 55 —
irbneiden des Magens zeigte sich der ionere
Theil ganz normal. Am übrigen ganzen Darm-
lianal, der oberhalb des Mastdarms abgeschnit-
ten \?orden war^ fand sich nichts Regelwidri-
ges« Die Leber war in ihrem änfsern Anse-
hen, so wie in ihrem Parjcnchym gesund , so
auch die Galleogänge^ was nach der . Gesichts-
farbe des Pat. nicht zu vermuthen war, die
Gallenblase roll dünnflüssiser Galle, ohne wei-
teren heterogenen Inhalt; Milz*', Pankreas und
Nieren mit ihren Harngängen gesund. Nach
dem Herausnehmen der ßkse mit.dem MasU
darm fand man die hintere und untere Wand
ier Blase mit dein Mastdarm verwEachsen^
lalzterer bildete an dieser Stelle ein 4 Zoll langes
und 3 2oll breites Geschwur, Yon welchem
ein Fistelgang in die Harnblase überging; der
Gang hatte die Weite, dafs man mit Leichtig«*
keit eine dicke Gänsefederspofe durchfiihretii
konnte. Nachdem der Mastdarm der LSnge
Dach War aufgeschnitten worden, fand man
denselben im Umfange des furchtbar stinkendsD
Geschwürs ganz destruirt und keine Form mehr
erkennbar; er war so entartet und kailös, daCs-
beim Austrennen desselben aus seiner Verbin«
duog das Knorpelmesser gebraucht werdeo
XHuTste, und war demnach eip .ziemlich altee
Uebel. Von diesem Geschwür ging auch ein
Fistelgaog in den rechten Hinterbacken | der
vorerwähnte Entzündung und brandige 6e*
schwüre gebildet, aus welchen aufgelöster Koth
und Klystiermasse sickerten.
Gleichzeitig mochte die- Fischschuppe ^ die
noch aufbewahrt ist^ das Meiste zu dieser Ex-
niceration und der Entartung beigetragen haben.
— 57
Cenusse gehCig^ir Gtlränke zo rlel gethan, um
iiich des 'Kamrfters zu enticblageD , and Yiel-
fetche Urkältuogeh auf Reiseki t)MT;ag und Nacht
erlitten. Vebrigens zeigte er sich bei seiner
Aoftiabme am 29sten April 1835 noch bei ziem-
lieb guteo Kräften. Sein Uebel war eotstan-
deu , wie die Angina pectoris (Steaocardia,
Syncope anginosa) zu entstehen pflegt: erst ein-
zelne und schwächere, dann häufiger wieder-
kehrende und stärkere Anfälle Ton Brustbe«*
klemmung y die zuerst rasch Yorü hergingen und
dann länger andauerten , bis sie zuletzt so häu-
fig wiederkehrten, dafs sie ihn in seinem Be*
jrufe störten, ihn auf das Krankenlager warfen,
und ihn dann fast täglich und mehrfach, stär-
ker und schwächer heimsuchten. - So lautete
seine Erzählung, gewifswar, dafs er seit Wo-
chen bettlägerig gewesen war. Bei seiner Auf-
nahme klagte er schon über einen beständigen
Druck unter dem Sterno, ein Zusammensohnü^
ren der Brust , bei Veränderung der T^age^ über
wahre Herzensangst ^ Schmerz in der Gegend
des Epigasirium und nach der Tiefe der Brust
und das öftere Gefühl, als solle er in Ohnmacht
fallen j wobei er doch seine Besinnung behalte*
Diese Anfälle schienen nun zwar Ton Zeit zu
Zeit heftiger wiederzukehren , allein das Krank-
heitsgefühl, namentlich in der Gegend des Her-
zens selbst, dauerte ohne Unterbrechung fort«
Vorzugsweise wurde er ron solchen starkem
Anlalien in der Nacht heimgesucht, zumal wenn
er etwas eingeschlafen war, tun Tage kamen
sie' zwar auch, doch seltener; er klagte ferner,
firherSpHnnen^ Klopfen und stechende Empfindung
in der Brust , Heiz zum Husten und Husten
leihst, der mit nicht spärlichem puriformem
Scbleimauswurf begleitet war^ und reifseodef
— 59 —
bervor, aas denen man hätte schliefsen
n jene Unordnung und die Zufnlle der
heit -wären von der Wirkung des Ge-
oder Jlückenmarkes abhängig. Im An*
wurde dem Kranken Blut entzogen, ohne
r auch nur eine Erleichterung davon em-
in hätte ^ ich bin der Meinung, dar» er
urch dasselbe verschlimmerte. Es schien,
der Gebrauch der Digitalis mit resolvi-
I Extracten , dann die Tinct. Digitalis sa->
3m nütze ^), auch der Salmiak in stei-
1 Gaben und der Brechweinstein schienen
eichteruy eben so das Extractum Lactu-
TDsae. Gefährlich waren INarcotica (auch
:böne Mischung der van der Haar'schea
en)y denn wenn er auch Schlaf bekam,
rde doch nicht die Ursache seiner Schlaf-
eit durch narkotische Mittel beseitiget, und
vachte dann plötzlich zu noch gröfsereo
n ; der Zustand des Schlafes war ihm aber
rlich und vermehrte seine Qualen, statt
a erleichtern. Ableitende Reize hätten
n EinÜufs auf seinen Zustand, so wenig
ie Blausäure, das Kirscblorbeer-, oder das
9 Mandelwasser; auch das Guprum am-
)cum, ein in der Syncope anginosa so
ches Mittel, half nicht. Im Anfang der
Lbeit war die Efslust nicht ganz aufgelui-
lod die Verdauung ziemlich natiirlich| auch
>iese 80 viel ich wcICb — unter manchen Modifica-
)nen — docli zuerst vom Hrn. Kegiarangs-Rath
r« Hemer empfohlene Bereitung der Tinctura l>igi-*
\U ist folgende: Kec. Fol. Digital« p. dr. ^* cono«
if. in s. q. Liquor. Kali acepci (yel Liquor, aminon,
cet.) dig. in vase tecto lococalido (lerhorasiij (ad%ij)
3t. per cliartain, colatarae nnc. ij. D. S« Tinct. Di-
Kalis salina Disiiens, Nosooomü Omn. 8anctoruin*
»oais 12 bis 24 Tropfen aUe 3— d t^tundeo. —
— 61 —
An seinef äu/sem Oberfläcbe- erschien das Herz
ganz eigeDibümlich, es war nicht glatt , son-
dern mit flechsig t- faserigten Auswüchsen » dik-
keren und dünneren Schichten von Faserstoff, so-
genannten Pseudo- Membranen wie überzogen,
mit mebrern dieser adbärirle das Herz am Herz-
beutel. Diese Auswüchse — wenn man sie so
nennen darf — waren von verschiedener- For-
mation; sie hingen am Herzen wie lange Zot-
ten^ oder waren Ton runder Form, einige in
der Gröfse ron Wallnüssen; sie schienen all«
mit der Oberfläche des Herzens in dem fi;enftoe^
•ten Zusammenhang zu stehen. Diese Pseudo-
Membranen waren an einigen Stellen einfach,
an andern doppelt, und, nach der Ansicht des
Hrn. Geh, Raths Professor Otio^ deshalb auch
besonders interessant, dafs sie die seltenere zot-
tenartige Gerinnung des Faserstoffes zeigten.
Beim Zerreifsen und Lostrennen des Herzens
Tom Herzbeutel erschienen sie auf der innern
Fläche als poIygone den Bienenzellen im Wachse
ähnelnde und niedrige Vertiefungen, und auf
der andern entsprechenden Seite als zopfför*
mige Verlängerungen^ dem Granulation ^ Fa-
serstoff in heilenden , eiternden Wunden gleich.
Eine entfernte Aehnlichkeit hatten diese Aus-
Hfüchse auch mit denen des Herzens, welche
unter der Benennung Cor villosum gekannt sind«,
ich sage eine entfernte: diese erscheinen als
lymphatische Exsudate, jene in nnserm Falle
waren Fleischfasern, (uneigentlich vielleicht aus-
gedrückt) polypösen Excrescenzen ähnlichere«
Das Herz schien in seiner sonstigen Beschaf-
fenheit gesund« Verknöchemngen wurden nicht
in demselben gefunden, es war also wohl nur
die Oberfläche des Herzens erkrankt« Im Her-*
sen seigten sich sogenannte Polypen , d. b. Ge-
- 63 -
I
TorhAnden waren , klagte er j^tst über eioe sebr
icbmerzbafte EinpfinduDg lo.der epigastriscben
Gegend, fortdauernde Beklemmung, Unmog«
lichkeit liegen zn können, ohne Besorgnife der
Erstickung and über yollkommene Schlaflosig-
keit» Mehr aber als durch seine eigenen KJa- ,
gen, sprach der unglückliche Mann seine Lei-
den durch alle in die Augen fallende Erschei-
Aongeu aus: sein verstörter angstvoller Blick^
iein scheues Auge, sein bleiches (wacbsartigee)
krampfhaft verzerrtes , gleichsam das Mitleid
aufrufendes Gesiebt, seine eigebthümlicbe «ind
{gespannte Stellung, die er im Bette annahm,
und die durch die Arme unterstützte halb auf-
rechte Haltung seines Körpers, sprachen fiis
ein tiefes und grofses Uebel« Noch mehr ent-
deckte sich dasselbe dnröh Her;:^- und PuU^
schlag* Der Schlag des Herzens war über die.
ganze Brust, wohin man auch die Hand legte,
bis tief in das Epigastrium fühlbar, ja den gan-
sen Körper erschütternd und den Kranken selbst
erzittern machend, ja sogar seine Bettdecke
bewegend. Die Herzschläge, Systole und Dia-
stole waren grofs, ausgedehnt*, häufig und weit
in der Brust verbreitet; der Puls entsprach har-
monisch und isochronisch den Bewegungen des
Herzens, er war krafljg (stürmisch), häufig
ToU und stark, aber gleichmäfsig. Die stetho-
scopische Untersuchung liefs ein starkes weit
verbreitetes Geräusch in der ganzen Brust wahr-»
nehmen, ein Klopfen wie von Hammerscblä-
gen, die sich in regelmäfsigen Zeiträumen folg-
ten. Der Kranke war in seinem Gemüthe sehr
aufgeregt, ängstlich und fast verzweifelnd, so
dafs man in der That eine Störung seines Ge-
müthes besorgen mnfsle»
— 65 —
%
I
WbU& derber nnd fester als gewilhnlich. Wie
in den meisten Fällen^ so war auch in diesem
der linke Ventrikel der gleichzeitig etwas mehr
erweiterte und bedeutender verdickte. Doch
ränd dasselbe auch b^i dem rechten Ventrikel,
obwohl in geringerem Grade und bei dessen Vor-
bofe Statt. Auch die innere Haut des Herzens
hatte an der krankhaften Reizung Theilge^
ttonimen , und zwar im linken Ventrikel. Fer-
ner fand sich im liokcn Vorhofe nach der äu-
fsern. Seite zu eine ziemlibh grofse Stelle mit
kleinen Excrescenzcn von Faserstoff besetzt^
wie auch die Valvula mitralis und die halb«»
mondformigen Klappen der Aorta an ihren Rän««
dern mit ähnlichen Excrescenzen besetzt wa«»
ren. -— Sonst waren alle Organe gesund.
2. Hyperirophia cor als und Hydrops peri*
eardii, Barbara B. , Wittwe eines Tagelöhners^
40 Jahr alt^ uns sonst unbekannt, und von so
geringen Geistes fahigkeiten einerseits, so wie
von gewaltigen Krankheitserscheinungen ande««
rerseits dermafsen überwältiget, dafs über Ent-»
stehung und Fortgang ihrer Krankheit nichts
zu erforschen war. In das Allerheiligen -Hos-
(»ital wurde sie am 4ten Januar 1836 in einem
Zustandiv gebracht, der ihr ganz nahes Ende
mit Gewifsheit erwarten liefs \ sie war fast eine
kleine Stunde weit transportirt worden und da-
durch TÖlIig erschöpft, während sie an dea
heftigsten Erslickungszufällen litt, die ihr alle
Ruhe raubten; sie war dabei von allgemeiner
Haatwassersucht befallen, und ihr blaurothes^
aufgedunsenes Gesicht, die berrorstehenden trie-
fenden und Diatten Augen , das schwere Athmea
mit aufstehenden Nasenflügeln, die bleifarbenea
kühlen, angeschwollenen Extremitäten, die Un-*
Jourii.LXXXiy.6.6.St. E
~ 67 —
Cmd sogleich einige Unzen Blut, welchiSs ebciii
•o wie da$ des TOrigen Kranken viel Sefom
«nd ^euig Crüor zeigte ^ eine Erleichterung er-
folgte indessen auch hier nichts eben 'so we*
fiig wie durch Blutegel^ die in die Herzgrube
Abgelegt wurden. Ich qrdnete nun Einreibtin-^
gen Tod OL Sioapeos aether. scrup. p mit AU
üohol unc. j. gemischt, längs der Rückensäul^^
Tornämlich am Brusttheile, und gab innerlich
alle 2 Stunden einen Gran Lactncarium JPari-
siense abwechselnd mit Rec« f'olioi'. Digitalis
"^porp^ drachm« /?. infund. vase tecto pei* horaa
tres^ ad finem adm# Flor. Cassiae scrup. ^, post
parvam Dig. colaturae unc. ▼• adm» Liquor EL^Ii
acetici unc. ß. M. D. S. Alle 2 Stunden 1 Et§^
loiTel YoU. Der Zustand hatte am 7teii keine
Yeränderung erlitten, ich setzte daher die Di«
gitalis aus, und gab stündlich ^eü ElslofEel
yoU Von einer Mischung aus Rec^ Acidi fa)r«
drocyanici Ittneri gutt« Tj« Aq. destill. simpL unc.
ir). die dritte Stunde 2 Gran LaciUcariunti Am
loten stieg ich mit der Blausäure auf 8 Tropfen
in 6 Unzen Wasser« Durch diese Mittel erlangte
ich bis zum lOten vollkommene Rühe, die Kranke
borte auf zu toben und zu lärmen; sie schlief
Stunden lang ganz ruhig, und in der Nacht lag
sie stille, nur von Zeit zu Zeit nahoä sie un«
ter Seufzen die verwärts gebengte Stellung An ;
sie sprach zwar ruhig über ihre Empiindungeo,
doch war wegdb ihrer Indolenz und wegen ih-
rer Erschöpfung nicht ein Gespräch mit ihr an«
suknüpfen^ Es kam so weit, -dafs sie sich
nicht mehr Yerunreinigte und sogar Speise und
Trank Verlangtei selbst der Urin begann reich-
lich abzugehen und zeigte keine abnorme Be-
schaffenheit. Die Hauptleiden blieben indessen
dieselben, der Herzschlag ünregelmäfsig, über
E 2
_ 69 —
ond verlor seine Skropheln und seine Epilep-
sie* Geistig war er sehr^ ja sogar bedeutend
Ausgebildet, heiter, zum Frobsion geneigt, wiz-
21g und reich an imraer guten und trelTenden
Einfallen; er lernte bei seinem geschickten und
für seine Verhältnisse ungewöhnlich gebildeten
Vater die Drechslerkunst, war in seinein Ge-
werbe ausgezeichnet, und, ohne besondere An-
weisungen erhalten zu haben, sehr geschickt im
Schnitzen von Elfenbein und Holz und in an-
dern feinern mechanischen Arbeiten. — In den
Naturwissenschaften, die er eifrig betrieb, war
er sehr bewandert, und streifte in freier Zeit
Tage lang in Feld und Wald umher, sammelte
IValuralien u. s. w. So lebte er nach dem
Tode seiner Eltel'n, mit seiner Schwester ruhig
und zufrieden, und verheirathete sich ror län-
ger als einem Jahre entfernt Ton Breslau. An
dem Tage nach der Hochzeit aber, als er mit
seiner jungen Frau hier ankam, erblickte letz-
tere ihren alten Geliebten, entwich noch den-
selben Abend > und veranlafste einen mit allen
Subtilitäten gegen ihn geführten Scheidangs-
procefs, welcher ihrem Manne Seelenruhe, Hei-
terkeit, den Geschmack an seinen alten Be-
schäftigungen, und endlich die Gesundheit raubte«.
Er verbrachte seine Tage in steter Angst, Be-
kümmernifs und Aerger, ging endlich gar nicht
mehr aus dem Hause , bekam Brustbeklemmun-
gen, grofse Kurzathmigkeit und seine Kräfte
schwanden; Mangel an Efslust und unregel-
mäfsige Verdauung hatten ibn Yorlängst belä-
stiget. Ich selbst hatte ihn während der gan-
zen Zeit, als diese Angelegenheit vor sich ge-
gangen , nicht gesehen , sie war mir sogar ganz
fremd geblieben.
— 71 —
rasenfliigeln und ofFeneTn Mande retpfrfrte.
h richtet^ nun mein Augenmerk zunächst
tungen und Herz* Die erschwerte und ge-
rte Respiration beruhete zunächst nicht
tu ersten Organe« Wie schon angeführt,
:e er in der erst angeführten Stellung tief
nd ohne . Schmerz athmen , auch fand kein
sin oder irgend öine schmerzhafte Empfin-
Statt, er hustete nicht, und hüstelte nur,
das Athmen gehemmt wurde, eine Ana^
rang aus den Lungen irgend einer Art
licht Torhanden ; Yv^enn man ihn zum Hu-
infforderte, geschah es ziemlich frei, er-
aber Vermehrung der Dyspnoe, so auch
nhaitende Sprechen ; die Stimme yirar klar*
3fs sehr reichlich Urin, und man bemerkte
esem, eine milchigte BeschalFenheit in ge-
n Grade und eine leichte Trübung abge->
et , nichts Abweichendes. Stuhlgang hatte
der letzten Zeit täglich gehabt^ er meinte
dafs er essen würde, wenn sonst sein
rid eine Bewegung erlaubte, es fand end-"
lur ein leichtes Oedem der Füfse, Folge
.teten Stehend Statt. Ganz anders stand
t der Beschaffenlieit des Herzens und des
laufes. Bei der Untersuchung der Brust
man den Herzschlag über die ganze Aus^'
ing derselben , stark und kräftig «Bber ziW
y so dafs sich diese Bewegung den Um-
igen inittheilte. Die Systole und Diastole
inregelmäCöig , bald stark , bald schwächt
(zend inebrere Secunden lang, ja bei ir«,
einer Veränderung seiher SteUutig (in eine \
war er gar nicht zu bringen) schien der
lauf zu stocken und das Herzslille zu sie-*
dann kamen schnell einige auf einander
ckde starke Schlage , die jedesmal dem Kran-
^Ta-
ten; stark uoterstttutea uod iho gleichsam scbwe«
beod bielten, iadem er den Kopf uad Brust
vorwärts beugte und einen harten ILorper c^n«
drückte; und dennoch. traten Anfalle der Ohn»
macht Ton Zeit zu Zeit ein« In dieser Noth
nahm ich meine Zuflucht zu einem Aderlaft,
mit dem schlechtesten Erfolge» Zuerst schied
sich das aus der Ader gelassene Blut garnicht,
l^ildete einen festen schwarzen Cr uor - Kuchen »
setzte gar kein Serum ab, und. zerfiel nach
einigen Stunden« Die ^ntkräftung nahm dabei
Mu , '4er Kranke« schlief stehend , oder wurde
ohnmächtig, und verlor die Besinnung, -^ Bis
dahin hatte das Uebel auf seil/ Sensorium nur
einep indirecten Einflufs ausgeübt ; *r- er schreckte
oft zusammen , liefs sehr vielen fast wasserhel-
Ifin Urin^ hatte mehrere, doch normale Stuhl-»
gänge unter den furchtbarsten Zufällen , schien
dem Ersticken nahe, und athmete doch ziem-*
lieh frei, sobald nur ein Nachlafs des Sturmes
erfolgte. Im Herzen fühlte man nur ein gan?
Unregelmäfsiges , bald stärkeres, bald schwä-
cheres Strömen und Klopfen , virelches bald die
Brust auszufüllen schien, bald so verschwand,
dafs man vergeblich nach dem Herzschlag suchte ;
letzterer fand nur auf den Zeitraum von Se-
cunden Statt« Die Fulsschläge ergaben eino
gleiche Unordnung«
Unter so bewandten Umständen sann ich
Qur noch auf Mittel, den unglücklichen Kran-
ken zu beruhigen, auf sein Nervensystem und
das Rückenmark, und so auf den Kreislauf be-
lebend einzuwirken, und den Reiz von der
Brust abzuleiten« Üifenbar schien mir sein Lei-
den, wenigstens ciucrseits, dem dynamischen
YerbäUnib des Lebens anzugehören ^ und der
, -. 75 -
natürlich, er boHe freier Athem and glanble,
daib er Stiii^deQweUe ge«chlaf#ii\ hätte ^^ woria^
er eich ebw täaachte ( der Schlaf hatte ihn abet
erquickt» Vit Erstaunen oahoi ich wahr^ dalSi
Her« - und Pulsschlag sich w ordnen begannen^
die Bewegung des Herzens theilte sich regei^
mä/siger odet besser dnutlUi^er in Systole und
Diastole^ der Pnlsschlag fing an npi^maler sa
werden und dem des Herzens zu entsprechen^
er war zwar noch nnregelmälsig der Zahl und
dem flfa]rthinns nach, die Schläge aber, die Au»«
debnqng und Zusaminenziehung des Gefalsee
waren an sich gleichmäbigf der Kreislauf wat
Yon seinem Ceniralpnncte geordneter^ und den
normale {mpuls der Herzbewegnng- auf den^^
selben zum Tbeil hergestellt« Urin war wie«
der in grofser Menge pod Ton UßtissjtrheUer Be^
scbaffenheit abgegangen; der Kranke hatte eii^e
Tasse Cacao-Tbee und einen Zwieback genos^i
sen. l^s w^ren nun 24 Tropfen Ittnersche Blau-«
säure und i2> Gran Lactucarium verbraucht wori^
den. Die Einreibungen hatte man der Haut«»
reiznng wegen seltener gemacht, ich lieb daher
Ton derselben einige Theeloffel in die Herz*
grpbe einreiben, weiches der Kranke ab^r, des
Geruches wegen, nicht ertragen konnte. Am
SOsten Pecember liefs ich 8 Tropfen älausäure
zu sechs Unzen Wasser mischen, und alle 3
oder 4 Stunden t Gran Lactucarium nehi|ien#
An diesem Tage ging der Kranke schon, ob-
wohl mit Mühe und unterstützt im Zimmer
umher u^d suchte sich selbst die bequemsten
Stellungen zum Athmen, schlief halb koieend,
halb auf dem Gesicht und Bauch liegend meh^
rere Stunden auf seinem Sopba und traospirirle ;
schon Tages zuvor hatte er versucht aof der
— 77 -^
wabr; denaöcb begann er seiaeo Bdrof zu-ubeni
obwohl die Kräfte sehr schwach waren, ud4
er sich nur Ungsain erhoUe. Er konnte eigenl-,
lieh Mitte Januar als genesen betrachtet wer*
den. Doch liefs ich ihn .später noch ein Mal
die DigitaHs brauchen, welche ihm nun sehi^
zusagte. Zuletzt, Alitte Februar, verordnete ich
noch Pillen aus animalischer Kohle, Digitalis
und Coniumpulver, in steigender Gabe; — sei^
nen körperlichen yerhältDissen nach befindet ec
sich gegenwärtig wohl und eigentlich gesund« .
V. i
B^eriropJiia cordis et hepätis, cum Hydrope
universalu
Caroline P. , ledigen Standes, 35 Jahr alt«
Ihre Schwestern litten an Gicht und Hysterie,
sie selbst war von letzterem Uebel auch nicht
frei und häufig an Unordnung ihrer Catamenien
leidend, sonst schien sie sich einer guten Ge-
sundheit erfreut zu haben, und konnte ihrem
Geschäfte als Köchin ungestört nachleben* Nur
seit einiger Zeit wurde sie von Unterleibsbe-
schwerden belästiget, erschwerter Verdauung,
Appetitlosigkeit, Gefühl yon Schwere im Unter-
leibe; sie hatte eine hochrothe Farbe, nament-
lich der Wangen , starke Zufälle von Congestion
nach demKopfe^ Kngbriisligkeit, erschwertes Äth-
inen beim Steigen von Treppen, oder beim lieben
schwerer Lasten ; dobei hüstelte sie oft, und
konnte zuletzt nicht im ÜcU, aiM wenigsten
grade aus;;cfttrcckt liegen. Kachdcm sie diesen
Zustand ßJonate lang ertragen , ohne sich nach
gründlicher Hülfe umzusehen, ihre Regeln aus-
(^eblicbcn, und endlich sich Geschwulst der
~ 79 —
•icfa b^uem fiihUei so Vermochte ile iMf ^and
ohne Empfindung aofzaathmen ^ nar deiT damit
Tdrbandene Act der Bewegung benachtbeiligte
sie« Die Farbe ihres Gesichts und die dtir Au-
gen (der Gonjunctiva sclerotica) wären hochpoo-
ceaii roth und namentlich die Bindehaut gelb
gefärbt^ so dafs die Grundfarbe der Haut ei*
l^entlich gelblich war, auf welcher das dunkle
Roth aufgetragen schien» An der Nase und an
den Wangen sähe man yaricöse Yenenausdeh-
nungen, wie ein Netz verbreitet , sobald aber
jene Erslickungszufälle eintraten , wurde das
Gesicht fast blauroth. Die untern Extremitäten
waren bis über die Schenkel stark angeschwol^
len, auch der Unterleib Ton Fluctuation nicht
frei) dieFüfse und die später auch aogeschwol«
lenen — - Hände hatten eine kühle Teraperatuf
und bläulich rothe Farbe. Den Herzschlag fühlte
man in einem grofsen Umfang bis in die rechte
Brustbälfte ungleich, unregelmäfsig^ aussetzend^
dabei oiTenbar gewaltsam und mit den Puls^
schlagen nicht gleichzeitig* Die Pulse waren
klein und kaum fühlbar^ irregulär, nus8etzend|.
die Schläge schnell auf einander folgend und
dann durch eine Reihe gleichmafsig gezählier
Pulse fehlend. Fieberhafte Bewegungen und
Erscheinungen wurden niemals beobachtet« —
Die Kräfte waren auf das Aeufserste erschöpft
und sanken fast bis auf -Null, wenn )ene Er-
stickungBzufälle und die' Anwandlungen Yon
Ohnmacht eintraten. Der Stuhlgang war hart
und selten, und da die Entleerung jedes Mal mit
zu grofser Anstrengung und Beschwerde Ter-
buuden war^ so mufate man sich hüten, den
Stuhlgang cu befördern, man konnte ihn nur
erleichtern. Die Urinabsonderung war eben so
./
- 81 —
I
ttnd ohne BrkIchUroDg. 2otiKsl ^mfit lir
Gesiebt feos blaa, duekelU«aroth; ea vii
•ach die HSode und Fotte kaU. WOfdM mmI
i^ark aD|etehwolIeo wareÄ. lo . deo letaleo
•Wochen konnte mao keinen oder nur mfikaimi
•inen Pabs^blag entdecken. Am 2tea Febftiat
•larb iie an fainsngetretenem Catarrhus aiiflbe«^
tiTtts, der mehrere Standen- anhielt ^ acheiabife
bei vollem Bewubtseyn*
Leichenöffnung, Brusthohk : Zyßfuch^n i^
Pleura und den Langen mehrere Pfunde Blnt*
Wasser^ die Lungen gan« zusammengedrScki;
snsammen gefallen, schlaff, Ton B|ut leer; io
den Verzweiguogen der Bronchien fand man
noch etwas blutigen Schleim, Der Herzbentel
war stark ausgedehnt, und enthielt über eio
lalbes Pfand blutiges Serum. Pas Herz war
lijpertrophisch rergröfsert, die Hohlen erweis
tert, und seine Wandungen verdunni, ea enl»
hielt in beiden Kammern nnd f^orkammetn ein#
ao grofse Menge theils diinnfliissigen, tbeila
achon coagulirten achwarzen Blutes, dab matt
sagen konnte, es strotzte Von Blut ; ebenso
waren die Yenae cayae nnd pulmonalea mit
achwarzem geronnenem Blute angefüllt, während
die Arterien leer waren.
Unterleibshohle: Die Leber war von dun«
kelbraunrotber Farbe , ihre Grofse erstreckte sich
bis hinüber in das linke Hypocbondrium , and
abwärts bis in die Regio umbilicalis , sie war
dabei von schwarzrothem Blute überfüllt, stroz*
zend, bei jedem Einschnitt quoll dasselbe her*
vor, sie war nicht indurirtj nur intumeacirU
Gallensteine waren nicht Torhanden, die Gal-
lenblase leer; die Milz gleich grofs bis tief
loarB«LXXXiy.Bd.6.SL F
— 83. —
I
II
9 • ..i
•
II
! IV.
Geschichte
einei
periodischen, intermittireDdea
Wahnsinns im Wochenbette.
Mitgetheilt
Ton
Dr. B e n n e w i tZ|
in Berlin.
dt. 0.| eine Dame in den SOger Jahren, Ton
robaster Constitution und lebhaftem Tempera-
mente , erinnert sich nicht, in ihrer Joggend be-
sonder» krank gewesen za seyn. Ihr Korpeir
entwickelte sich schon frühzeitig, und die für
den weiblichen Organismus so wichtige Puber«
tätsperiode trat bei ihr ohne alle StSrungen^
leicht und unerwartet ein* Bei einer ihr eige-
nen Thätigkeit und immerwährenden Beschäf-
tigung im Häuslichen , erhielt sich auch dieser
Gesundheitszustand bis in die 20ger Jahre^
wo sie Ton einem Nervenfieber befallen wurde^
gegen welches, wie sie sich noch zu erinnera
weifs, der allen Mitteln widerstehenden, wä-
thenden Kopfschmerzen wegen» längere Zeit
F 2
r^ 9i ^
abtr fttellto sich statt ihrer Jets! eio tabr #opiit^
»er VagiDaltchleiinaasfiofs eio, der, durch aein«
Häufigkeit Torzüglicb belästigend^ trotx mao«
eher dagegen angewandter Mittel, dennoch hm
9u Ende der ganzen Schwangerschaft ertrage«
werden mofste. Indessen wurde dadurch die
Gesundheit keines weges gestört, Tielmehr nah-
men beide^ Mutter und Kind, immer mehr zu«.
So erreichte die Schwafngerschaftihr Bode^
und Alles liefs erwarten, dafs die Geburt bei
der Gesundheit dieser Frau, und bei der nor-
malen Bildung des Beckens^ durch die eigeo9
NatuTtbätigkeit erfolgen würde. Dem war je-
doch nicht also. Wenigstens scheint der wer^
(he College, welcher der Frau hierin beistaod,
nach 4 — dstündigem Abwarten der Weheo^
Ton der Unmöglichkeit überzeugt gewesen um
sejn, hier noch länger ohne Gefahr für Hui*
ter und Kind, der Wirksamkeit der Natur T«r»
trauen zu dürfen , sondern je eher je lieber ÜB
Geburt auf künstlichem Wege zu beeudeB«
Dies geschah alsobald, und so wurde null ia
weit kürzerer Zeit, als es der Selbstwirksam«
keit der Natur möglich gewesen seyn wurd«^
zu nicht geringer Bewunderung der Geschick-
lichkeit des Operateurs, aber freilich auch un-
ter weit grofseren Schmerzen für die Frau, di«
Geburt Tollendet. Der hierbei erlittene Blut-
verlust war nur gering. Die Gebärmutter cou^
trabirte sich kräflig und trieb nun mittelst ei-
gener Naturhülfe die Nachgeburt bald heraus.
Die Entbindung war gegen Abend (den.
2(en Mai) erfolgt. Die Nacht darauf wurde Toa .
der Wöchnerin ziemlich ruhig durchbrachti mid -
die eingetretene Reaction , welche soosi bei jt^»
der mit einiger Kraftanstreognsg TM §fili« ^W-
— 87 —
I
eines Wochenbettes nicht wenf^r notWencIl«
geo gelinden Schweifse fehlten fast gans, kooD-
ten auch durch warmes Getränk selbst nicht
befördert werden. Dennoch zeigten sich dabei'
keine Funktionen des Körpers weiter gestört«;
Der Puls war normal; der Schlaf des Nachts
ruhig. Die Harn- und Stuhlausleeruogen gin-
gen gehörig von Statten, und auch die Beräh«
rung des Unterleibes yerarsachte nirgend Schmer*
xen. Sogar die etwas auffallende heitre Ge-
müthsstimmang erhielt sich , ungeachtet der
trüben Aussicht, bei der spärlichen Olilchabsqu-
derang die Ernährung des Kinkles entweder durch-
eine gute Amme, wogegen die Mutterliebe sich
besonders sträubte, oder künstlich unterstützen
zu müssen , noch unrerändeiii. «— Einstweilen
wurde letzterer Weg, die künstliche Ernährung«
und zwischendurch das Anlegen an die Mutter^
brüst versucht.
So waren 12 Tage im Wochenbette ver-
gangen, als am Abend des letztgenannten Ima-
ges (d« 14.) die Frau, nachdem sie einige Stun»
den aufser Bette zugebracht hatte, von einer
inneren Angst, Unruhe und heftigem Kopfweh
befallen wurde, und vermeinend ihr Enae sey
nahe, alle ihre Angehörigen zu sich rufen liefs.
Doch nach eioigen Stunden legte sich dieser
besorgliche Zustand wieder; die Nacht wurd«
ruhig zugebracht, und am andern Morgen (den
15ten) war keipe Spur davon mehr übrig. Die
Kranke indessen, besorgt, der Anfall möchte
zurückkehren, und die Veranlassnng des gestri«
gen in einer Erkältung suchend , blieb heute ini
Bette und beugte so jeder neuen Störang der
Hautthätigkeit vor. Wirklich verging auch dU*
ser Tag ohne weitere AnfechUmg, und attch
^ 8» —
beobachleodeo VortichUmaafsregelo, als 9 Sorg«
für gehörige Leibeto£EbuDg, Warmbalteo der
Brüste uod Enthalten Tom Trinken, wohl zu
beibifreni angetathen. Allen diesen Vorschrif-
ten fügte sich die Frau pünktlich, and befand
sich dabei wohl bis cum 20sten (Mai), alt
Abends unrermuthet wieder jener frühere Angst-
anfall eintrat; nur darin von jenem unterschie»
den^ dab jeUt Lachen und Weinen sich rasch
auf einander folgten, und sich die Begrifib eU
was Terwirrten.
Jetzt erweckte der Typus , welchen die An«
falle beobachteten, zuerst in mir den Argwohtf
einer Intermitt. larvata« Doch bei der differi-«
reoden Meinung des geburtshülflichen Collegeq
wagte ich es noch nicht, dem gemäfs zu Ter*
fahren, sondern versuchte erst noch schalte»
inäfs die derivirende Methode, und yerordnete
daher Inf. Sennae comp, in Verbindung mit
Kali sulpburic. Allein mit dieser Methode ver-
besserte ich nichts« Der Zufall kam am22steo
Mai nicht allein wieder, sondern es offenbarten
sich auch jetzt deutliche und unverkennbare
Spuren von Geisteszerrüttung, durch falsche
Vorstellungen und Handlungsweise« Sie war in
ihren Wahnvorstellungen, die sich oft blitzschnell
auf einander folgten , dabei oft so lustigen Hu«
mors, dafs es der ganzen Passung bedurfte, um
nicht Tor Lachen loszuplatzen. — Der ganze
Anfall endete übrigens gleich den früheren in-
nerhalb 2 — 3 Stunden , und keine Senfteige
noch sonstige Mittel vermochten ihn zu Ter«
kürzen.
Nachdem mit dem folgenden T^fO (deo
23sten Mai) wieder eine reine Intermission eiiH
getreten , und Alles bis «yf tiaeii fliy)|t.||JDi
— 91 —
akt an sicli, lo deo rorgerücktbren Jahren, als
auch das operaÜTe Einschreiten zur Beendigung
desselben insbesondere zu seyn. Denn hier^
durch stellte ich mir yor, mufste gleichsam das
ganze Nerrensystem , und namentlich das Ge-
hirn , das schon durch das häufige frühere Kopf-
leiden zur Krankheit disponirte, iiberreizt und
in seiner innersten und feinsten Organisation
verstimmt worden sejn« — -» Und diese Verstim*
mung im Gesammtnerrensystein nun zu hebeni
schien mir auch hier die erste und dringendste
Indikation zu seyn.
Diesem Zwecke gemäfs» reichte ich daher
sogleich ein Brechmittel, das stark und kräftig
wirkte, und eine Menge nnyerdauter Speisen
mit ausführte. — Aber der am 26sten Mai er-
wartete Anfall war dennoch eingetreten, wurdjS
sogar danach sehr heftig und artete in förm-
liche Tobsucht aus, *-<- Am folgenden Morgen
verordnete ich ein lauwarmes Bad mit kalten
Uebergiefsungen ; aufserdem Eisumscbläge auf
den Kopf, und im Nacken sin Vesicans. — -
Die Kranke lobte die Wirkungen der angewen«
deten Mittel und bat selbst um die Wiederho-
lung des Brechmittels. Dieserhalb gab ich den
SSsten Mai früh ein zweites, welches diesmal
nichts weiter als eine erstaunlich grofse Menge
einer wasserhellen Flüssigkeit, Terbunden mit
dicker, grasgrüner Galle, nach unten und oben
aasleerte. — Die auf das Brechen eingetre-
tene Mattigkeit gab mir Hoffnung, dafs der
nächste Anfall vielleicht schwächer werden
würde. Allein nicht also, er war sogar, von
allen bisher da gewesenen der heftigste. Alle
Begriffe des Anständigen und Schicklichen wa*
reo verloren gegangen. Die sonst sittsame Fr^u
- «s -
de^ watmncl.'to gansen Schwangenchaft.Torilaii«-
deoe SchleimauiflufSy alt auch die nur apari«
aame und blafsrothe WocbeDreioiguDg bekon*
deteo. — Alla diese Verordayogfen, welche eis
noch cooeohirter t^ollege genehmigtp, wnrdett
auf das Pänktlichste befolgt^ und wie es schieii
nicht ohne Katzeo«
Scboo der mit dem folgenden Tage (den
SOsten Mai) eintretende Anfall war bei weitem
aiicht mehr so heftig. Die Begriffe der Kran-
ken rerwirrten sich jetat weit weniger. Im
Ganzen war es nur ein lästiger .Humor, der die
Kranke beseelte und sie unaufhörlich plaudero
machte, selbst manchmal nicht ohne alle logv-w
sehe Schlufsfolgernng. So rerlaugte sie z. B«
denselben Abend, als der altere Herr College
und ich vor ihrem Bette . safsen , wir möchten
ihr doch etwas rortragen« Und als wir uns
dessen ' weigertto , rersicherte sie, dah sie in
dem Falle sich künftig eben so eigensinnig un«
aern Anordnungen und Wünschen widersetzen
würde, wie wir es jetzt gegen die ihrigen thä-
ten« Denn das Ganze laufe doch nur auf Ei-
gensinn hinaus I da die Forderung nichts Un-
mögliches mit sich führe» —
Den Slsten Mai, wo die Kranke Tollkom-
men bei Verstände war, unterzog sie sich wil-
lig allen Anordnungen« Das Baden; Uebergie-
fsen, wie die Eisumschläge auf dem Kopfe,
wurden fortgesetzt. Eben so mit den Tropfen
sweistündlich noch fortgefahren, und für die
Leibesoilnung durch Elect. e senna gesorgt«
Am Isten Juni Abends kam wieder, aber
BOr ein ganz leichter Anfall. Die Kranke war
sich während dessen aller ihrer Gefühle und
Empfindungen bewufs)^ und klagte anter an-
- }iÄ ~
Di(;Iit ganji iiufgehört. Gugen Mittag .atdlto siph
eine Unruhe und Aufeeregtheit des Korperap
als Vorboten des nabenaen Anfalls ein^ ^reicher
bald darauf auch selbst aintrat, aber wieäiirnxii
nur in einer etwas mehr als nalürliclieci EIßittrx
keit und Scfawaizbaftigkeit bestandT* Von ei-
gentlicher VerstandesYerwirruDg war ..nichjTa
mehr zu bemerken.
Der 6te Juni yerlief ^ als dei freie Tag
ganz gut, die Nacht indessen wurde schlaflos
durchgebracht und der im Laufe des Tages im-
mer noch durch Eis gekühlte Kopf erhitzte «ich
dadurch so sehr, dVifs auch die Nacht hindurch
mit den Eisübersch lägen fortgefahren werden
mufste. Am 7ten Juni klagte die Kranke über
heftiges Kopfweh Und grofse Mattigkeit. — Als
Ursache hierron erkannte ich die fehlende Lei-
besoffoung, die, ungeachtet eingenommener 4
Theelöifel toII Latwerge, erst heute früh durch
2 Kljstiere befördert werden konnte. Um die-
sem Uebelstande abzuhelfen, setzte ich zu Elect«
e Senna unc. j, Rad. Jalapp. dr. j hinzu, und
liefs dayon Abends und Morgens einen Thee-
loffel Toll nehmen. — Diese Verbindung hatte
den besten Erfolg. Die Leibesoffnnng erfolgte
jetzt regeimäfsiger» und der Kopf war minder
heifs. — Dennoch blieb am Abend (d. 7. Juni)
ein neuer Anfall yon Gesprächigkeit , aber ohne
alle Sparen yon Verstandesyer wirrung, und in
weit geringerem Grade als sonst, nicht aus.
Von nun an besserte sich der Zustand der
Kranken dergestalt^ dafs der reine Typus im-
mer mehr yerloren ging^ und die Gesprächig-
keit allmählig ganz nachliefs; nur dann und
wann stellte sich noch etwas Eingenommenheit
des Kopfes eio^ gegen welche sieb die Kranke
- 97 -
reiht sich daher vorstehender KraniLbeitsfall
den TOD Andern erzählten an^ und steht keinea-
weges als isölirt und abgeschlossen für sich da.
Ob das aber auch rücksichtlich der Behandlung
der Fall ist, wage ich nicht zu entscheiden^
eben so wenig, als das Mittel anzugeben, wel-
chem in diesem Falle die Besserung beizumes«
sen ist. Doch so yiel scheint gewifs zu sejn^
dafs der Blutausflufs per "vaginam, welcher sich
auf den Gebranch der Tinct. Stramonii eiii«
stellte, als kritisch zu betrachten war ^ und ihm
daher gewifs kein geringer Antheii an dem
glücklichen Erfolge zusteht.
•1
Xoom.LXXXlY.B.6.St
_ 99 —
Tor mehreren Jahren an diesem Üebel, unter Behandhing
eines andern Arztes gelitten , vurde am 9len Juli d. J.>
wo er schon einige Tage Ton dieser Mania a pofn er-
griffen war , meiner ärztlichen Behandlung anvertrant. Ich
fand ihn im Bette liegend, zitternd an den Händen^ bei
einem übrigens sehr \olIen und starken Pulse, einem sehf
aufgetriebenen , rothen Gesichte , und schwatzend von Ge*
genständen ^ die er in seinem Zimmer zu sehen glaubtej
namentlich Ton Personen, wovon keine zugegen waren.
Da er ziemlich plethorischer Constitution, und sein Zu-
stand sehr aufgeregt war, so verordnete ich zuvorderst
eine Venaesection , und da es bereits Abend war , zar
möglichsten nächtlichen Beruhigung, ein Pulver von gr. ß
Extract, Stramonii, da dieses, ohne wie das Ojnum, zir
reizen , blofs narkotisch wirkt. Die Nacht auf den lOfeti
hatte er ziemlich ruhig zugebracht, befand sich aber
Morgens wieder sehr nnrubig and delirirend, und da
die Zunge, bei gänzlichem Mangel an Efslnst, sehr be-
legt war, erhielt er nnn^ auf meine vorigen Erfahrun-
gen mich stützend^ ein üemlich starkes Ahfukntngsmiitel
aus Senna mit Sah amar.y wonach ded Tages 6 sehr co«
piöse Stühle erfolgten; Abends wurde die Gabe des Stra^
mon. wiederholt. Am Uten erfuhr ich Morgens,, dals
er die Nacht wieder sehr unruhig zugebracht, nnd
da die Zunge noch sehr belegt, und der Bauch auf-
getrieben war 9 bei fortwährendem Ekel gegen ^le Spei-
sen, 80 wurde das Ahfiiknmgamitiel nochmals wieder-
holt, und ihm an die Waden Senfteig gelegt^ nebst
kalten Umschlägen über den Kopf. Abends, wo ich
ihn ruhig &nd, erfuhr ich .von 'seinem Wärter, dafs
er auch den ganzen Tag so zugebracht» und Mittags
mit Appetit etwas dünne Fleischbrühe genossen habe;
Stuhlgänge waren wieder reichlich erfolgt; das Pulver des
Extr. Slrmnonii Wurde wiederholt gegeben* Am 12teii
,fend ich ihn Morgens ganz ruhig und vernünftig, auch
hatte er die Nacht ganz ruhig und gröfstentheils schlafend
xugebraclit; der Puls war weniger stark nhd voUy die
'Zunge nicht stark oder belegt, und der jCranke zeigte
Verlangen, etwas mehr zu geniefsen. Unter diesen um-
ständen wurde nichts weiter verordnet , als den noch übri«
gen Rest des Abfuhrnngsmittels , in grofsern Zwischen-'
räumen , ^ortzugebrauchen Am i3tcn fand sieb derselbe
völlig hergestellt, nachdem er am 12tcn Nachmittags noch-*
mals einige breiige Stühle gehabt; er sprach und bezeigte
sich jetzt ganz vernünftig^ und ging im Zimmer umher;
G 2
... 101 ~
I
Der wesentlichste Bestaiidtheil ist eine flacbe Zink-
oder Holzwanne , von 4| Fufs Länge nnd 2^ Fofs Breite»
die auf Rollen ruht und nicht hoher ist, als der llaam
unter einer Bettstelle, so dalit sfe in diesem bequem Platz
finden kaVin.
Die Bank, auf der sie sich befindet, ist nach 'dem
Pulsende etwas geneigt, um den Abflufs des Wassers
durch die dort befindliche Rohrmündang zu befördero«
Am Kopfende derselben wird der Träger des Wasserbe-
hälters eingezapft nnd durch zwei Keile festgestellt : dieser
wird beim Nichtgebrauch herabgenommen und unter das
Bett gelegt.
Der Wasserbehälter, ans verzinntem Eisenblech, fafst'
12 Quart Wasser, und kan,n an dem Ständer nach Be-
quemlichkeit des Badenden auf and nieder geschoben
werden* Unter demselben ist eine Spirituslampe ange-
bracht, um mit möglichst geringem Verbrauche von Brenn- .
Spiritus das Wasser in 10 Minuten zu erwärmen, wenn
erwärmtes Wasser gewünscht wird. Auch kann der Was«
serbehälter sfthr leicht abgenommen und aufgesetzt wer-
den, wenn das Wasser nicht im Apparate selbst ^ sondern
in der Küche erwärmt werden solU
Im Boden dieses Behälters befindet sich, eine über
dem Kopfe des Badenden ausgehende Rohre, an welcho
nach der Verschiedenheit des Bedürfnisses verschiedene
Mündungen angesetzt werden können , wodurch man ent-
weder Staub - y Brausen - , Douche - oder Sturzbäder ge-
ben kann« Ein Ventil, welches von den Bädenden mit-
telst eines Hebek nnd eines von diesem herabhängenden
Drahtes nach Belieben geöffnet und verschlosseii werden
kann, regulirt den Abflufs des Wassers aus dem Behälter.
Vermöge der Einfachheit der Construktion macht es
der Apparat noch auDserdem möglich^ die Stanbbäder mit
einem Wannenbade zu verbinden: man hat zo diesem
Zwecke nur nöthig, die flache Wanne mit warmen Was-
ser zn fiillen , oder wenn der Körper bis zur Brust vom
Wasser bedeckt seyn soll , eine tiefere Badewanne auf den
Apparat aufzusetzen«
Die Einfachheit und leichte Benntzung dieses Appa-
rates in den verscbiedenattigsten Formen von allgemeinen
und örtlichen Krankheiten spricht für sich. Ein Kranker,
dem die nöthige Pflege fehlt, oder der eines wohleinge-
richteteo FamiUenhaosbaUs eirtbehrt, wird durch ihn in den
— 103 —
it zo gebraociiende Apparat dürfte is dieser Uinaidit
kders eoipfebleiiswcrtb sejn.
eder weils, mit welchen umstanden an Tielcn Orten,
iaioientlicb in B^ilin, für Viele daa Uaden Terhunden
tief zum Genufs aucb nur einea Flufsbades zu gelan>
und was für Wünsche und Bedürfnisse in dieser Uin-
aiocb unbefriedigt sind. Diesem Umstände bal>eQ die
tiderscben Badescliränke ihre günstige Aufnahme zo
nken, Sie siiid ihrer ganzen Kinrichtung nach nur
nety einen Theil des Hauskaltongsapriaratt einer
ingericbteten und wohlhabenden Familie zu seyn;
lünder Begüterte, in ihrer Wohnung bescbränktey
n stehende Personen, sind in den meinen Fallen
lern Gebrauche derselben ausgeschlossen. Diesem
Stande glaube ich durch meine Vereinlacbung abge-
I zu haben. Aus der oben beiläufig angegebenen
slitung des Apparats Ersieht man , dafs derselbe durdi-
icht den Raum einer Wohnung beschränkt, indem er
1 angemessenen Platz unter dem Bettgestelle ein-
i, dals ferner die zum ^de anzuwendende Flüssig-
in demselben selbst erwärmt werden kann. Ks kön-
llso Personen, die nicht jederzeit Dienstlioten zur
f denen keine wohleingerichtete Küche das Badewas-
cfert, oder die auf eine Wohnstobe beschiänkt sind,
zu jeder Zeit, ihren Körper mittelst des Apparats
;en und alle Yortlioile desselben mit Leichtigkeit, Icich-
Iahe und wenig Zeitverlust beiiutzen*
Heine eigene Erfahrung hat midi gelehrt, dafs, wenn
selbst nach jedem Bade den Apparat reinigt 9 wai
1 ein Paar üandgrüTe geschehen kann, nach jahre-
m Gebrauch keine Reparatur n-^'b wendig ist«
i'*ar Pensions - Anstalten y in deinen Kinder reicher
i erzogen werden, mag ein zweckmälsig eingerlch-
Badezimmer das beste seyn, und den Mangel des-
«in ;9cAnet(/er*sclier Badesdirank ersetzen; in An-
dagegen, wo viele Kinder beisammen sind, und
Sder, die Allen so nöthig sind, wegen der unver-
2h damit verbundenen Umstände, oft nicht so hau-
(«wendet werden können, dürfte dieser Appaiatsehr
ilenswerth scyn, um Kinder ohne viel Kosten, Mühe
^Uaufwand baden zu können.
~ 105 —
geringste Vermlndening des Schmerzes, leb schritt nun
zam Cbinininn snlpharicum and liefs Ton demselben 'von
Morgens bis NachmiÜags 4 Ubr . alle 2 Standen 2 Gran
nehmen, so dafs taglicli etwa 10 Gr. verbraucht wurden.
Am naclisten Abend trat zwar 'die Exacerbation wieder
ein , jedoch nicht so heftig * als an den früheren Tagen ;
der Schmerz am Tage blieb sich in - dieser Zeit ganz
gleich. Nachdem jedoch Patientin das Chininum 3 Tage
gebraacbt hatte , blieben die Etacerbationeh ganz ans»
nnd von jetzt an verminderte sich der den Tag Fiber an-
dänernde- Schmerz erst nnd- liefs täglich an fieftigkeit
nach 9 so dafs nach l4(ägiger Anwendung des Chinins
aller Schmerz geschwanden war; ich liefs das Mittel noch
längere Zeit fortbrauchen, um Rückfällen vorzubeugen, and
jetzt nach mehr als 3 Monaten befindet ^ich die Kranke
auch noch vollkommen wohU •«-
F. P., eine Frau von 75 Jahren, angeblich frufier
immer gesund, klagte nur in den letzten. Jahren oft über
Engbrüstigkeit, besonders beim Treppensteigen.
Am Isten November worde ich des Nachmittags zur
Patientin gerufen, und fand folgende Krankbeitserschei«
nnngen: Patientin safs im Bette aufrecht , sehr schnell
nnd kurzathmend, der Erstickung nahe; sehr grofse Un-
ruhe^ starrer Blick, die Zunge sehr stark braun belegt,
der Puls war sehr frequent nnd gleiclizeitig viel Durst
vorhanden; Leibesöffnung war schon seit 6 Tagen nicht
erfolgt Ursachen des Erkrankens wuIste Pat. dnrcbaDt
nicht anzugeben; zugleich äufserte sie, dafs sie durchaus
keine Medizin einnehmen könne, verstand sich jedoch
endlich dazu, ein gelind abführendes Säftchen zn nehmen
und sich ein Senfpflaster auf die Brust legen zu lassen«
Die vermehrte Engbrüstigkeit soll nach Aussage der Um-
gebung schon seit einigen Tagen eingetreten seyn, dooli
nicht so heftig als jetzt.
Am 2ten des Morgens fand ich Pat« sehr gebessert»
die Engbrüstigkeit bedeutend vermindert, den Puls fast
normal, LcibesÖffnung war noch nicht erfolgt; seit Mit-
ternacht war Besserung eingetreten, so dals die Kranke
selbst einige Stunden ruhig hatte schlafen können; das
Säftclien ward fortgebraucht«
Nachmittags wnrde ich schleunigst za der Kranken
gerufen and fand alle ErKheinnogen in einem viel höhe«
4.
der m JAr 1836 x» Bertim Otbmmm nwi
dem Listen tob den im Jabre 1836 in Biorifn
umd GesCorbesen ergiebt sicfay dnk geboren
30 Knaben, 4768 Madcben, in Summa (17tt8
d zwar im
352 Knaben $54 Madchen 706 Kinder
tr 462 — ' S81 -^ 833 ^
458 — 448 — 006 ^
433 — 385 — 818 ^
453 — 386 — . 8:*9 —
504 — 464 — 968 —
366 — 366 — ■ 732 —
i 421 — 461 ^ 682 —
. 380 — 347 — 736 —
jr 350 — 342 — . 692 —
435 — 424 -- 859 -.
417 — 410 — 827 —
5030 — ^68 -* 0798 —
rben in diesem Jahr 7495 t^ersonen nnd awai' Im
SMännL 168Weibl* 320 Kind. «nt 10 J. 8ma '/20
I _-. 134 — 302 — ^ — CiOO
I — 173 — 343 — — — 752
^ ^ 140 — 302 -. -. sa 597
r _ 149 — 26a — — ^ 558
r ^ 142 -- 344 ^ • *.« ^643
1 ^ 112 ^ 51t -^ ^ — 665
> — 129 — 390 — — — 715
7 — 108 — 292 — — — 61'»7
3 _ 107 — 271 — — — 5;?«
7 — 165 — 339 — — — 70»!
3 — 129 — 281 -^ -^ — 553
2 — 1656 — 3757 — « — 74«?
en miUiin mehr geboren 2303«
.i- 109 —
5.
jltoRitfIftcAer 'Betiuli
über
ienOeiu/ndheitiZUitmd, Oehurtenund TodetßUevonBer^m»
Mitgetheilt
Ott» den Akten der HwfeUmd^echen med, ckWwrff, OeeeUechafU
MH der dazu gehörigen Wiitenmge - Tabelle^
Monat Juni,
üeber dlie Vfittenng yerweisen wir auf die bdgefögte TaM»
Et worden geboren: 429 Knaben,
370 Mädchen^
799 Kinder.
Ef itarben: 176 männlichen,
123 weiblichen Geschlechts uberi
ond 148 Knaben •
129 Madchen nntor 10 Jahren.
576 Personen«
M dir geboren 323«
Im Juni des Tergangenen Jahres worden
gdboren: 504 Knaben,
464 Mädchen^
968 Kinder.
Es starben: 157 männlichen, - ' -
142 weiblichen Geschlechts liber,
ond 344 Kinder unter 10 Jahren.
643 Personen.
Mehr geboren 325.
Im Verhältnils zum Monat Jnni Torigen Jahres , war«
den im Jani dieses Jahres weniger geboren 169t und sIk^
ben weniger 67 Personen«
Am IblHiitaäailp-
.p' .
A« Ffll.1- nml Fl
AfiBbe?
Am Kindbellliebvr. ,
., 4''>-^'>i<''veiidsit u. (cJileidiEiulBU ]
An ili^ l'nngvuBcJiwutdftncbt. •
An d« IlalucInrindiutAI.
An All UulfrUibHotiHiudliwliI
An d.^r Wuicnuckt. . . .
An da BnutmiHnitDlil. ■
An der L'betkfimkbell, ,
Am ErbrechAi. . . ■ .
Atn Dnrchfsll ....
Aul Brecbdurchlblt .
Am Blutilun ...
Am Sdilsg- nnd Stickfluri, .
An d«r TnuJuuoht, . .
InKindbMI. . .
An oiSAniiDb«] FthletPt .
Ab oriin. FeKIcni im Untsrlribe
An DP^uitchen FeUem <let ncn_.._.
An orEJiniiclien FcldBrn du Gehirn*,
A>lill?Bb>. . . .
Am BIaa*nlcreb>. . .
Am Muäkrkniu. . .
An der Gicht. ,
Ab ZellgewrteTfriuinnBE.
A^ MagBUer^^icIiDnE. '
An tieKiinenreicbong. .
An MnemTerhärtaBc. ■
nnrrh ^elhmootd , .
An nidit beDuinlen Knnkhi
Dunta UBsUiskifim*
— 113 —
I n Ji alt
des vier und achtzigsten Bandes»;
ErstesStuck.
Seit«
f. C. W» Bufetand's Stadien, praktische and akade-
mische Wirksamkeit ; ein Fragment ans JE(ufeland*s
hinterlas&ener Selbstbiographie« Mit einer Yorer-
^ innernng Ton E. Osann* • • . ,7
II. Beobachtung einiger merkwürdiger Falle yon bart^
.. nackigem Erbrechen. Vom KönigU Medizinalrathe
und Hofmedikns Dr. F. Busse zu Berlin* . 39
DL Ueber das rein Physikalische nnfl seine Grenzen
im Organismas* Von Dr. fetter za Berlin. . 65
ly* Merkwürdige Mifsbildang des Herzens und seiner
gfofsen Gefafse bei einer blaasüchtigcn Kranken*
Vom Prof. Dr. Fr. Holst zo Christiania* • 98
V* Kurze Nachrichten und Auszüge. •
1« Geschichte und Arbeiten der Hufelandiichen me-
dicinisch-chirurg. Gesellschaflt za Berlinim J. 1836. 108
. II. Beobachtung einer glücklich geheilten Vergiftung
mit concentrirter Schwefelsäure. Von Dr« If* A»
Tott zu Ribnitz in Mecklenburg. « • HS
3« Medicinische Bemerkungen des Herrn Btmdouin
auf seiner Reise in den kleinen Atlas und das
Dattelland (Biled-ul-Djerid)* Vom Hrn* Gwjon,
Arzt zu Algier. 119
4* Phthisis tuberculosa yentriculi. (Briefliche Mit-
theilung des Hrn. Stadtphysikus Dr. BMtaum in
Rathenow an Hrn. Dr. Bürger in Berlin«) . ^121
5. Monatlicher Bericht über den Gesundheitszustand^
Geburten und Todesfälle Ton Berlin« Nebst der
Witterungstabelle. Monat Januar* • • 123
lebalt der Bibliothek der prakt. Heilkunde^ Januar 1837. 128
Jeom. LXXXIV. Bd. 6. 8t. D
'ß
. S«tt
VI. ICarze Nachrichten and Aonfige«
1. Btick aaf den gegenwärtigen Zustand äet Medi-
cin in England. * • • • • • 108
2. Beitatigte Wirkung der Belladonna- Rlystiere im
Ileas. Vom Dr« Joh* fpotruba sra Zwetl in Nie-
der-Oesterreicb. • • • • • 114
3. Merkwoidige Anenik-Verglftong. Tan Dr. CrO'
mer zu Kassel. •••*•• 117 '
4* Die Saison des Kurortes Altwasser In Schlehen«
Vom Kreisphysikns Dr. Rau daselbst, ^ • 120
5. Gelbsucht bei einem nengebomen Kinde mit tddt«
lichem Ausgange« Mitgetbeilt Tom Df« Benne^
Witz in Berlin. • • • • • • 122
6. Monatlieber Bericht Ober den Gesandhettssastand,
Gebarten and Todesfälle von Berlin« Ntibit der
WitteniQgstabelle. Monat März: • • . 12$
Inhalt der Bibliothek der prakt. Heilkande. Marx 1837. 127
Viertet Stüolh
L Geschichte einer inreterirten and lardrtön Syphilif ^
welche Apoples ie und halbseitige Lähmung zur Folg»
hatte. Vom KönigL MedidnalratheondHofmedikoa r
Dr. Fr» Busse zu Berlin. > • • . • S
IL.Ueber einige endemische Krankheiten im Facstao'
Cham Hoheazollera , namentlich Gallenateine onil ^
Cretinismus. Vom Medicinalrathe Dr. BeyfeWet* . 91
III. Ueber den Begriff, and die pathologische Beden-
tung: der Hautkrankhdten. Tom Dr. Vetter zu Berlin. 3S
IT." Darstellung der asiatischen Cholera in Eger im
Jahre 1836. Vom Dr. Fron» Idwtnet in. Kger. 63
y*. Ueber Blasenkrebs and &rebs obeduuipt« Vom
Dr. Bam^^ zn E0itiagen. ^ • • • « 04l
VI. Kn'rze Nachrichten nnd Aosznge.
1. Idiosynkrasie gegen Feuchtigkeit bei einer Bio*
lerfsmilie. Vom JDir.-jBtcftiii^jfifi« zo. Wandersie- '
ben bei Gotha 110
2. Die hentehende Krankhataeonsüintioa? ia Wien, i
(BrielUche SfittfaeUangen.) • • • •. tlS
5« Monatliefaer Berieht ober de» GetondfaeitsaiiatiHid,
CMbnrten nnd Todesfalle Ton Beilii« Nebst der •
WitterungstabeUe* Monat April« « « .117
Inhalt der BibUotHek der prakt» Heilkimdi^ April 1837. 119
Inhalt dflv Bibliothek der prakt Holkonde, Octoberi
NoTember und December 1836. « « • M9
H2
. ». 117 -.
/
I , I
lU« CeitrHge Kur Erkenntnifs and Behandlang einiger
Krankheiten des Herzens und der Arterien.' Von
Dr. J, J.B. Ebers y K. Prenis. Medicinalretba ond
Arzte des Krankenhospitals za Allerheiligen in
Breslau. (Fortsetzung.) . • ^ • • SO
IV« Geschichte eines periodischen» intermittirenden
Wahnsinns im Wochenbette. Mitgetüeilt Ton Dr«
Beitnetvitz in Berlin. ••!■«• 63
y« Kurze Nachrichten und AnszGge*
1. Wiederholte Beobachtung vom Nutzen dei; abfüh-
renden Mittel im Delirium tremens. Vom Medi«
zinalrathe Dr. Günther in Köln. . • • 08
2. Ueber Yer^nfacbung^ zweckmäfsige qnd, yiel*^
seitige Benutzung des Staubbad -Apparates* Von
Dr. Pauli zn Berlin. % » • . •. • . 100
3. .Cepbalaea und Astbma intermittena durch Chi-
ninum sulphnricnm geheilt 104
4. Uebersicht der im Jahr 1836 zn Berlin Qebornen
und Gestorbenen • . • • • 107
5. Monatlicher Bericht Über den Gesundbeitsj^ustand^
Geburten und Todesfalle Ton Berlin. Mit der dazu
gehörigen Witterungstabelle. Monat Juni. • 109
Inhalt der Bibliothek der prakt, Heilkunde. JuiulSST. 112
Inhalt des 84sten Bandes* < • • » «^ t ^^
Namenregister* • • • • ; • • 118
Sachregister* '««»-• s a ^^ i
' Bau», F., I. M, IH. IT, I.
Buliner, I, 114, f aiirennoriT. u, lo.
Buorini. U, •, Fulk. III, CO.
. Feclrafr. V, IIB.
Cimlniniu. □, b, M. F«t. I,' tl&.
Cüiiit. II, SO. Fidne. 1, 31, _
CiuiDsr«. IT, W. 91, 101,101, Fucituir. 11, la lHj H.
CHnnMiMh ni, n, Flc^obinwiii. I, 1U8.
CutHiui. U, 6, ' FoldJ. II, 46.
tjinii. V, 4, Fordjce. II, 49,
Gi«[wr. I, 1U9, C, 100, IT, I. FoKlar. n, 12S. _ _^ ,
OiuilHiii. 111, 123, Frank, P., I, 32. St. IVi Ml
ChnUiid. III. LI. 63. U. W. SO. m. J, tf,
OmHhi. tr,09. ea. BS. 7(>. 77. 70. O.
Cbenlley de H£.it, L IIA Franque, V, HJ.
ChioOT-onf. 1)1, 13. ^ f (ickV. t, litt,
aiiarag). II, II. ib. Fri«lbeiiD. I, 119.
Chili. II, li Ftilze. I, M. _ ,.
Cfamtien. », ID. 11. Fruncp, 1, 111. US. 0* H.
gem. I, »: riitil. )> ifll. II».
•udiDJ, t, 19.
Clullprinck. III, VA
CoDibncb. II, Öl. G<il«n. Ü, It. U,
Cornurt. V, 73, GbHow. I. ".
Goxe. 11, 11. WJ. GnaUÜEr. 1, IIU.
Crui«. 111,117. " "
D»lbwg, ll, 10, öwTtdr'iii,
Dnnn. I, Ut. I ' GetdT. T. llu.
DiTid. IV, M. CeTsrü. II', 11,
D.Ti>i. r, SS.St. Tl. m. It ei>l*n«r. T. 13.
Piini, y, 70. UlttciBUBn, 111. OS.
^»»nfTille, I, U, Gocüi*. I, 1^ 29. MI
"■"■-- lf,li
«H. t IM.
--. ,', ue.
G.iser. I
Gtllhnus. 1, IVi. tu. __-
Inndrin. V, CS, t7. W. Ift
DieffnlHdi. 1, U». 110; U«.
Gbd^n. If, U
Bwl. V, 113. r. GrÜe. 1, tlt.
Witz. I. US. . GAle. I, li».
Di<rlHi:h.ll,0.«>. 111,11,111,00; Gint. V, OB,
Dictwinht, t, IIS. GiediDB, U. 0,
DioC'nsi. IT, M, GiellBuuiB. I. II.
Dnuio. 11, 3. . OriSa. I. IUI.
tf-Dm, 1, es. Groquifr, [, 110.
Dnlk. III, 15. Gro^^Lkü, I, 13. U.
Dulroichel. I, W. Grobbriu. I, H». Hl. iK
Ilu»m*T. III. U. , GmillMr, tl, IK). VI, «S.
DwBiU. III, SU. Gafon, I, 11». IUI. »1,
Ebs). n, 3. de Hwn. IT, QC TI, H.
Eak. I, HS.' Hall«. 1, 171. \V, M.
Eak«1. I, liH. üiuniltoa, V lU.
Ebranha». ], rS. Ol. tlS.- Hancock. 11, W. tO,
Kid.alb«|. II, lö. Huijqi. DI, tU.
|lliauai>rill, IB. ae. fauuoB. I, 101.
Eiliarri. II, U. H^ibanir. I, 3S.
EFqairol. 11, II. - HaMloff. I, 11*.
tvici. 11, a. UHs*~ I> IM'
MpcIib], I, 1115. V. IT. P.iqni<.r, !. > CO.
Medirt,!, VI. ÜO. P-iit d- äocIahI, 01.10.
il>Kebi>i>, llV, 11». F>.pli, I, IIS. Vi, tW.
daSfcnn] ir, 06. Piiuhis, I, »»■ S';.
iDS, 1, na. i-tPTuenon, ji , bu.
a^T,i,71. PcMilU. l/,ö,
rEr.'lll, 18.1 rfeuf«, III, ei5.„ .
■r, I, ih. Piiübiis, I, 115 . m, «.
nilil, I, IIB. _ Pideril, U, (3. 69, 77. I
lina, J., I, 81,9J. B7. SI.
bsiu, 1, 311. Figo, II, 14.
alKcIlcb, J, IIE.' Fitcflm, II, II .
- IV, i III. Pitscllafl, III, 3*.
Hohr, >», o, jir. j-iiscuflii, (II, j«
ÖDimcdei, II, 51)— Sit P\mi«f. fl. S.
OBtnuhoD, 111,51. Foggi^le. U, 4 9.4«,
i™ra>i, I, 151. Pucdett," V. 53.
Most, ll,'ll&. „ ,., .., PluLmj., i, 7i,
MlillM, I, 80. 87, 89, III. 11*.
116. ll. 11. IIJ, m. 1U7. IV, ■
Hündu II, 12. -
KaudMBSjet, III, IS.
SiRHii»», III, er.
MuueHl, I, 10.
MusitBims.n, S9.
Quinetiliaiij 1^ 3 5,
BideinaDW.U, 9.104
Run, III, Uü.
Bnysr, IT, 61.
_ Reil, 11, 7. 8. II, T, E
Kaufe, II. 4, U. m, 41, 69. 7T. VI, 96.
Kstorä, I, IIB. Reiuumii, V, 77.
naniiJiBn, II, 4. es. Hfinliold, 1, ZI.
inuiD, tr, II. B«mS, U, 12
pnnann, V, HI. Bcliiui, V, 1
B-mnu.li', if, ll'. B.m^', 4, 12.' Ti 98.». ",«•
NicoUi, 1, %u. 21. Uli Bichi«; i; 11. 13. ni,«». r,
"^■■"1, u, m. ii>7.
BidJmul, n, 1«,
giniH V. b«enN dt, HI. 43,
pb^rHon, V, 10'7.'
■ " " " Vek v! Rode, ikr, II, 16.
', r\oaecjL T. nouei 2^jt J.
110. KQinberp, I IIL.IIS.
Rüs«, 1, iil/.
Rom, V, 70.
Budolnhf, I, B7 .
Ruhbanm, I,-II I,
BiiS(, 1, llö. I UJ. 114. 115. H,
111. III, MI. I V,,4S. M. V,M,
ilA rld 'ti II IT,
unu-ti, 1, iii.. nusciiiBui), ^, 3J . H,
Orfil«, I, lie, IH, 119. Roser, 1, IlÜ.
Osnnn , E., I, S, IJ. 100, lia Rom, V, 70.
113. 11*. II, 69. V, UU.UB. g";'olpli- ' ■'■'
Otan'n, lj,,I, 109.
Osi-iicler, iV, Ö9.
Ol(, UI, *!!.
, Ot. Ü8. 71, U J6,
i»,I,in!l- 111,1». V, 61.9*.
S«rlii, I.im- III, 1
5*ndliniinn, I, lÜO.
Snrdr.«, iV. i f.
Palnurius, II, 53. S^linci:, Hl, I i7.
f.lotl., U, «i. -Schrihel, j'l IS.
uvini, I, IIU. .„ »cheNiiiE, ], 31,-*Il-
Funcdnut, U, 14, " Srbtll, II, 0 I.
~ t2S
II, I4,
, i; 91.
l, 1, 115.
ng, VI, n.
im, V, 52.
,el, I, 114.
W.3IS: 50.57.08.
I, &. lU M. Vi» 6.
Wühler. 1, 03. 11, ÖT.
Wolff, 11, 16. ^,
Wotruba, lll, 114«
Wrisber«. I. 11..
Wiitu, V, m
-!^ 125 —
Belladonna, Bestätigte Wirkung der B.-Kljttiereim Heut»
III, 114.
terlin. Gesandbeitsznstand » Geborten^ TodesfaHe n. Wit«-
terang in B. Januar 1837. I» 123. Februar^ II, ]2ö.
März, III, 125. April, IV, 117. Mal, V, 124. Juni, VI.
109. — Cebersicbt der im J. 1836. za B. Geborneft
und Gestorbenen, VI, 107^
Blasenhrels y Tergl. Krebs,
Bluty über die Leben stliatigkeit desPfortaderblats, TftrgL
Pfortadersystenu
Bluthläschen» Erläoterangen zar Lebrcf von den B. V, 4.
Bluter. Idiosynkrasie gegen Feocbtigkeit bei einer Blater-
familie, IV, 110.
Blutflüsse. Nutzen dei Seeale cornntnm gegen B, III* 52«
Brechen y Tergl. Erhrechcn und Ekclkuren»
Brustwarzen, Mittel gegen entzündete B. UI^ 57.
c.
Caintn» Üebet die' Witkong der Radix C. als Hydrago«
gum, II, 104.
Calvities. Pomade gegen C. Uf. 58.
Cephalaea. Heilang einer C. durch Cbininum sutpburicnm,
VI, 104.
Chininum sulphuricum. Ueber die Anwendangsart dessel^
ben in Wecbselfiebern, III, 74. Heilung, einer Cephalaea
< und eines Asthma intermittens durch Ob. 8. VI, 104.
Chlorosis. Nutzen des kohlensauren Eisens gegen Cb«'
111,19.
Cholera. Die asiatische Cb. in Egtxitn J. 1836, IV, 63.
Colocynthides» Ueber die Anifendnng der C^ in Geistes«
krankbeiten, II. 10.
Cretinismus. Ueber den C, als endemische Krankheit des
Fürstentbo^s HoheazoUemy IV, 24..
— 127 —
Giiiteikrankheitin. Heilaog Ton drei psjehischen Krankes
aaf somatischem Wege^ If, 3 — 39. Anwendung des
flelleborus gegen Q. 8-, — der Gi;ati '>la^ 9; — derCo7
locynthides, 10 , — des Scammoniam, 10) — der JiN
lappa, 10; «^ der Ekelkoren) 10; — deir Narcotica, 11 ; —
"des Strambniam^ 12;'-^ des Opio^si, 12. — 6e»
schichte einer glücklich geheilten Mtmia eratka, III,
96. — Geschichte eines periodischen intermittirenden'
Wahnsinns im Wochenbette^ VI^ 83« —• Vergl. aacb Dt»
Itrtiim tremens*
Gelbsucht, Fall von G. bei einem neagelbornen Kinde V(di
tÖdtlichem Ausgange > III» 122.
Gesichtsat^merz. Fall von gllicklich geheillem 6. li,n[07*
Nutzen des kohlensauren Eisens gegen G. IH» 25w
Oratiola, Ueber die Anwendung der G* io GeiiMuraiik*
beiten, lli 9«
BaU» Schnelle ßntfemang Ton im H. stiren geblidbe^
nen Fischgräthen und kleinen Knochen, III, 02«
Htmtlarankheiten. Üeber den Begriff und die pathülogitoh» '
Bedeutung der H. IV, 35. .
Bebammeü^Lekrittch^ Preitaufgabe sar Bearbeitomg ei^e«
neuen H. V, 109.
BeUebomäf über die Anwendoog det H. in 6eifie.'tlaraak«
beiten, II, 8.
Hemiae, Behandlung eingeklemmter Brüche, Uli 72*
Herz. Merkwürdige Mifsbildong des H. und seiu'er gro-
fsen Geiäfse bei einer bMsüchtigen. Kranken., 1^98.
Nutzen des Argentum nitricum gegen krampfh afte Af«
fectionen des H. HI, 51. -^ Beitrage zur Erk .enntnifii
und Dehandinnf einiger Krankheiten des H. und dee
Arterien, V, 49. VI, 56. Herzentzündung, V,77. Her^'
beotelentzundnng,* 79. Pericarditis und Carditis exm«
dativa in deren Folge, VJ, 50. Hypertrophia c ordis mit
Erweiterung des Herzens, 62. Hypertrophia et )rdi8 und
•Hydropa perioardii, 65. Wahrscheinliche Hyp ertronhia.
' des H. , Terursaobt bei körperlicher Anlage di sreb bti^
«igt GMoHiafliidviUki^ W. Hypeitfophia cocdiii M bi»
— 129 —
Etehä, üete Blamkrebf und K. ülrerlao^y IV^ 91* Dia
Dttgnose toi K. 95. F«U too Magcnkreb* obae ScbmtnL
1Ö2.
»
iUihnnmgem. Wirktatokeit drr Mfiaberger GttbSteinFSl*
len Too L« 11, Sk* L. nach hiTetenrter SjpliUiu
IV, 3.
Leberthrmim Bestandthdle det heUgeiben ond rdtblidi brau*
aen L, Y» 115»
lamgen. Zasammeastdlaag des WiMenfwcrtbeitea Hb«
die BrweiGboag der L. ü, UO. FSUe difter Knok-
bei^ il2.
Mngin. Falle voß Danbldcberoiig 4ei M. U, 9k
Magefiikreb§, rergl. Kre&«.
Mahnet. Nutzen dettelbea zw Entfernnng fdaer ESsen*
^tter im Ange, lU, 62; aar HeUung der BpU^*
ne, 64«
Jfafiie, TergU GeitUdstmOAtU^ und Ueüriina IrflaiM«»
MnfMeiUe, Qttaraataiae-Aaatalteii aa M., TefgL fiiiiinNi*
faiae-ila#f«IfeR.
MeMerg^ die HeilqoeOea aa M. ?ergL JffacmlbrmNMfi»
JfineralftniiNif»« Ueber ^e HdlqneQen aa HeMerg, na*
. tteaüicb die- dornen MInenU- Schlammbäder nad die
iMoea Knricbtaogen aar Beootzaiig det koblensanren
Gaaesi 11, 6U Wirksamkeil deneiben ia Labmangen,
S2; — in Neoralgien, 87; «^ ia Krankfadten det weib-
lichen Getcblechtt, 88. — Die $aitoa 1836 det Kor-
oHei JMumuef^ Sebletiea, III, 19D. -^ ^emerkoa-
gen nber mehrere MineralbSder des Rbcina a.Säiwän-
waldei. Bm$, V, UO.
N, .
■
JViireeHcik üeber & Anwendoaf der N. Ia Gditiakimnk-
bekea, II, 11.
JTirfiPoa corboalciMk Wof^gai^ ^
iouriirLXXXIV.B.6.8i. I
Miiino». t, er, _
HccIiEJ, I, II». V, i:
Medici.!, VI. ye.
Utngidiii, in, iU6.
dnMenil, IT, «G.
MsriiiH, I, ilS,
HiriibMD, 1, Sd.
UiDchcriidi, 1, 11!
~ ■ - "' fi, lU.
11, ill — uu,
II, III, it.
MiiiiFr, t, HU. 87. m, 111. n*,
lli. \l, II. III, IM. lUT. IV,
ÖS, V, 5U. 08.
Mnnrh, II, H._
ISBod^^r", IIIi 'S.
Mamir. J, 11. II, ft "■ —
MwiiDIIK, 111, iff.
«■u««iis, 1, 1>J.
Miu>1iuiu>,ll, G».
UuibI, lU; lUU^
Kn^nE^n 11, 4. ».
Heubeck, II, 11.
pvcniilinn, r, UL
Hicol«, I, Kl. 11. US;
Crdl'äöih.''i>, in, 10.
'fluii, 1, HS. VI, »gu.
'«ull.5, 1, 31. S^
'ptäins, II, B,
B7. Ül.
Puo, II, 14.
"ilc«™ 'll, 11^
. ilscbnh, ia, 3«.
■linin), fl, 8.
'oEEMr, II, 4 6. tSL
^i;%
i, i, 7i.
RadfüMcheT, U, 9,10^1
Jlxdiiis, y, 65.
Kmnpold. IV, 94,
BsilAe, V, IS.
Bru, tll, IW.
Bfiytr, IT, 61.
Belch' 1,115,
K»i, h'7. 3. ir, T, SS. SS. IM,
«I, ir. VI, asi
K<>i.ihol<^, 1, Jl.
Bei»le, 1, HS.
Ktm^'. I^, 11. V, 08.09. VI E«,
Keliius, V, W. .
BidluiDS, It, 14,
Eirna T. üiirtnib« ch, III, 41,
obertlon, V, HC?.
" ■ ;k vi Bo^le. jkr, II, 18,
fl'OUire, 17, 67. «od-ck v. BÖd» ikr,
UppPiibeiüi, I, llO, Boinbi>rF, 1, Hl-- HS.
O >i>»rt, I, 11^. BüjdiJaub, 7, 3) . 34.
OrAl«, 1, 116. III, 119. Vmet, I, IlU.
Owon, E., I, 9. 11. fl». HO. Koui, V, T9.
■. II, 69. V, UU. 118.
Oiberilhaiu, V, 130.
Oll, HI, 411.
oiio, v; 5», ^7, wj
Budoipbi' I, 87 .
Biibbaiiiu. I, 1> I.
Bus), I, 111(1. 1 III. 114. lU. n,
16. III, ^11. 1 y.M, se. VftS,
»nr, I lÄ. -r.
Rrhsck,' 11^, ( li.
,Scl.eibfll, I, 1 IS,
s,w"fi i 1?*^*"*
3 9015 01194 1435