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Full text of "Hufeland's journal der practischen Heilkunde"

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-^ 

■ 

IJBRARY^^^^'aF  THE 

\ 

p^ 

• 

c 

tmikiinde. 


füll,  DitHtor  d«a 


C.W.  Hufeland's 


Journal 


et        I »   ,     .  ;,•■  --; 


ff    . 

V.'  4 


practischen    Heilkunde. 


Fortgesetzt 


y  o  n 


Dr.  E.  Osann, 

ordentl.  Professor  der  Median  an  der  Uniyersitat  nnd  der  med« 

Chirurg.  Academie  für  das  Militair  zu  Berlin ,  Director  des 

R.  Poliklin'.  InstitDts,  Ritter  des  rothen  Adler -Ordens  dritter 

Klasse  and  Blitglied  mehrerer  gelehrten  Gesellschaften. 


18    3    7. 


LXXXIV.  Band 

Berlin. 

Gedruckt  und  ferl^gt  vou  G.  Reimer« 


C.  W.  Httfeland's 


J  o  n  r  n  ä  1 


der 


practischen   Heilkunde, 


Fortgetetit 

Dr.  E.  Osann, 

erdend«  ProfeMor  derMedidn  an  der  UniyenitStoiid  der  med. 

chirarg.  Academie  für  du  Militair  zn  Berlin ,  Director  des 

K.  PoUklin.  InstiCats ,  Ritter  dei  rothen  Adler-  Ordern  dritte? 

Klasse  und  Mitglied  meliierer  gelehrten  Gesellschaftea« 


Onm,  Freund,  ist  ade  T%iwrie, 
Doch  gtün  dei  Lehen»  goldner  Bemrn* 

Göthe. 


L  Stück.     Januar« 


Berlin« 

GedmcLt  and  terlegt  bei  G.  Reimer. 


O.  W.  Hafeland*s 

Studien,    praktische    und    akadenusche 

Wirksamkeit; 

•In    Fragmonl 
aus  Hafebnd's  hioterlassener  Selbstbiographie. 


VorerInBaruDg. 


Unter  den  zahlreichen  Manuscripten  hat  eich 
in  dem  Nachlafs  unsers  verewigten  Hufeland 
eine,  Ton  ihm  eigeohäodig  niedergeschriebeDe 
Selbstbiographie  Torj^efunden.  Sie  begioot  mit 
d^n  frühesten  Erinnerungen  aus  seiner  Jugend^ 
und  ist  bis  zum  Jahre  1831  durch-  und  fort- 
geführt, —  giebt  nicht  blt>fs  ein  treues  Bild 
seines  weityerzvreigten  tbatenreichen ,  aber  oft 
stürmisch  bewegten  äufsern  Lebens,  sondern 
umfatst  zugleich  auch  die  mit  der  grölsteo  G«« 

A2 


—    8    -:^ 

■  \  ■ 

^bseobaftlgkeit  I  oft  mit  rahrender  Aufrichtig« 
keit  'dargettellttt  Geschichte  seioer  geistigen  Ent- 
wickeluog,  ^  eine  in  psychologischer,  mora« 
lischer,  a od  historischer  Hinsicht  gleich  wich- 
tige Zasaqimeostelluog  der  Haaptinomeote  sei- 
ner Erziehung  und  Studien,  so  wie  der  ein- 
flufsreichen,  grobartigen  Verhältnisse  seiner  Zeit^ 
unter  welchen  sein  initisres  Leben,  sein  an- 
spruchsloser, für  alles  Grobe,  Edle  und  Schöne 
gleich  empfänglicher  Sinn,  sein  iiebeyollesy  from«^ 
Ines  Gemuth  sich  entfalteten ,  und  die  rerschie. 
denartigsten  Richtuogen  seines  Geistes,  sein  auf 
gediegene  klassische  Bildung  gegründetes  iriel- 
umfassendes  und  vielseitiges  wissenschaftliches 
Streben,  seine  vielbewährte  praktische  Thätig« 
keit  und  sein' rastloses,  ja  aofopferndee  Wir« 
ken  für  Alenscbenwohl  sich  gestalteten. 

Obgleich  zu  hpffen  steht I  dab  diese  Selbst- 
biographie HufelantTs  als  Ein  Ganzes  für  sich 
öiTentUcb  erscbeiDen  ^ird ,  habe  ich  mir  erlaubt, 
nachfolgendes  Fragment  aus  derselben  besonders 
in  einer  Zeitschrift  mitzutheilen ,  welche  von 
ihm  gegründet,  von  ihm  mit  so  viel  Eifer  und 
Liebe  geleilet,  so  lange  das  Organ,  der  Ver- 
eins -  und  Mittelpunkt  seiyer  geistigen  Thätig« 
kftit  war. 

Das  gewählte  Fragment  umfabt  eine  für 
das  Leben  Hii/e/andV  sehr  entscheidende  i  in 
Tielseitiger  Beziehung,  ab<er  besonders  für  die 
Leser  dieser  Zeitschrift  höchst  interessante,  Epo- 
che ,  nehmlich  die  2^it  seiner  praktischen  *und 
wissenschaftlichen  Ausbildung  als  Arzt,  Schrift-» 
steller  und  Lehrer,  — -  seine  akademischen  Stu- 
dien auf  den  Hochschulen  zu  Jena  und  Göt- 


dagtm^  ?-  uSmm  Egmhdaangnmi  WUkandwt 
*äb  pnüklitdiOT  Arxt,  aeia  «nlM  AalMImm  ab 
SchiillBtdtar  io  Weimv,  «M  dit  Wim  6#. 
staltnag  idaer  (Mdgan  Bicbtug  ao  cialnÜH 
reiciMB  ttahan  BeaMioagii  rfnt  &•  danuJs  ia 
WauDarveniatflo  Heroen  miMinr  Littenititry  -« 
■od  eadUch  apiter  aauie  aeegeoamcbe  Tbätig- 
keit  ala  akiJainkfiier  Lekrar  n  Jena,  welch« 
er  aelkat  ab  ^^dia  Gbmqpefiode  aeinea  Lebeaa" 
beseidmel« 

Nor  weuget  auf  FanuOeBTerfialhiliae  be« 
saglidie,  IQr  die  o£Ei»atliche  MittbefloBg  hier 
nicht  geeignete  Stellen,  welche  eben  deahalb 
aoch  fiir  ^daa  andache  Pobliknm  nur  tob  an» 
tergecMrdneiamIntereiae  aejm  konnten;  aind  weg- 
gelassen,  dagegen  alle  Saat  das  äobere  Leben, 
so  wie  fEr  die  geistige  Entwickelung  Hufelan^s, 
Too  ihm  anfgeseichneten,  <rft  scheinbar  geriog- 
fiigigen  Einzelnheiten  trea  beibehalten  worden, 
— -  nad  ich  glaube  deshalb  nicht  nm  Nachsichl 
bitten  %n  dürfen,  sondern  vielmehr  des  Dankes 
seiner  sahireichen  Freunde  Versichert  zu  sejn. 

a 


^     10     — 


■'1  ■*■■•■.  '■  '        ■ 

.   >   {iAisaäemische  Studien. 

'■•■  '   *  1780—1783. 

^  Jena, 

Der  liebe  Vater  hatte  es  sehr  gat  berecl^« 
net.  Meine  älteete  Schwester  war  an  den  Pro^ 
fessor  der  Theologie  JFeher  io  Jena  yerbeira- 
thety  einen  herrlichen  Mann«  Da  konnte  ich 
swar  nicht  wohnen,  aber  sie  sollten  Aufsicht 
über  mich  fuhren.  Dann  waren  Loder,  Starke 
Freunde  unsere  Hauses.  •—  Aber  was  helfen, 
alle  Berechnungen  und  Aussichten  bei  einem 
jungen  Menschen  Von  achtzehn  Jahren ,  der  zum 
ersten  Male  in  die  Freiheit  kommt!  — 

Der  Ton  unter  den  Studierenden  in  Jena 
war  damals  aber  alle  Maafsen  roh,  unsittlich 
und  ausgelassen,  der  ächte  alte  Komment  in 
voller  Herrschaft ,  Landsmannschaften ,  Kom« 
morsche ,  Saufgelage ,  Schlägereien  an  der  Ta- 
gesordnung; und  gerade  der  Schwager  eines 
Mannes,  an  dessen  Haus  ich  besonders  empfoh- 
len wari  war  einer  der  ärgsten  Renommisten, 
So  kam  ich  allerdings  zuweilen  in  solche  Ver- 
bindungen» Aber  mein  guter  Engel  und  Got- 
tes Gnade  haben  mich  dennoch  frei  bewahrt, 
dafs  ich  nicht  Tom  Wege  der  Tugend  abge- 
wichen und  in  grobe  Ausschweifungen  yerfal- 
len  bin.  Da  habj»  ich,  trotz  alles  bösen  Bei- 
spiels und  Versuchungen,  die  Kraft  einer  from- 
men religiösen  Erziehung  recht  erfahren»  Nur 
4er  Erntt  des  Studiums,  der  Fleifs,  das  be- 
etändige  Denken  an  Dio  cur  hie?  — -  litten  un- 
^r  diesen  Umgebungen,  woau  noch  die  herr- 


—   II    — 

liebe  Natar,  die'  mehr  hinaas,  als  bereio  ins 
Haas  lockte,  das  ihrige  beitrug. 

Das  eiozige,  was  ich  wirklich  in  Jena  ge- 
lerot habe,  und  was  ich  ewig  dem  werthea 
Loder  rerdaiike,  ist  Anatomie ,  und  ich  kana 
sagen  9  dafs  ich  alleSi  was  ich  davon  weifs» 
ihm  zu  dankW  habe.  Denn  er  war  eiosig  als 
Lehrer  dieser  schweren  Wissenschaft,  und  hatte 
eine  Gabe  des  Vortrags  und  des  Lebendig«  und 
Dentlichmachebs  des  Gegenstandes,  wie  ich  sie 
Bachher  nirgends  wieder  gefunden  habe.  Die^ 
ser,  Lehrer  zeigte  recht,  da/s  es  nicht  Ton  der 
Menge  der  Cadayer,  sondern  von  der  Methode 
pnd  BemUbung  des  Lehrers  abhängt,  wenn  man 
etwas  lernt:  denn  mit  zwei  CadaTero  —  mehr 
hatten  wir  den  ganzen  Winter  hindurch  nicht  — • 
bat  er  uns  Toxtreillicb  und  hinreichend  unter-» 
richtet.    . 

Aufser  den  oben  genannten  waren  meine 
Freunde  Kotzebue,  Schulz,  und  ein  gewisser 
Schweikerif  ein  stiller,  fleifsiger  Mensch ,  der 
mit  mir  in  einem  Hause  wohnte. 

Goliingen* 

Mein  theurer  Vater  überzeugte  sich  wohl, 
dafs  ich  in  Jena  nicht  so  viel  lernte,  als  ich 
sollte,  und  zu  viel  Lust  an  Vergnügungen  be- 
kam. Auch  bin  ich  überzeugt,  dafs,  hätte  ich 
länger  in  Jena  zugebracht,  es  mit  meiner  wis« 
senschaftllcbeji  Bildung  ziemlich  mittel mafsig  ge<- 
hlieben  wäre.  Es  wurde  also  beschlossen^  mich 
Ostern  1781  nach  Göttiugen  zu  schicken,  einer 
VniTersitäty  die  damals,- besonders  in  der  Me-» 
dizin,  vor  allen  andern  den  Vorzug  hatte.  Dort 
fand  ich  Männer,  M^ie  Richter^  Murray^  Bal^ 
dinger,    l^rkberfff   Blumenbaohf   Gmelin,   A\% 


—     12    -- 

Zierden  der  medicuiieeheo  Facultat;  auÜBeraem 
Schlözer,  Lichtenbergs  Kästner^  Gattenerp  Heyne^ 
SpUtler^  —  lauter  Herqen  der  gelehrten  Welt, 

Ich  aeiiete  in  Gesellschaft  des  Stad.  GrellJ 
mann^  eines  mehrere  Jahre  alteren^  geseUteo, 
ernsten,  streng  sittlichen  und  gelehrten  Mannes^ 
der  auch  seine  Studien  in  Göttingen  Tollenden 
wollte;  mijt  mir  in  ein  Haus  zog,  und»  wie  ich 
nachher  wohl  zu  glauben  Ursache  hatte «  im 
Stillen  Tom  Vater  beauftragt  war,  mein  bera- 
thender  Freund  und  Beobachter  zu  sein,  ohne 
da£s  ich  es  jedoch  je  bemerkt  habe« 

Ich  kann  nicht  leugnen,  dafs  mit  der  Ver- 
setzung nach  Gottingen  eine  totale  Veränderung  • 
in  meinem  ganzen  Wesen  Torging.  War  es  « 
der  Einflufo  der  Göttinger  Luft  oder  des  dort 
herrschenden  Geistes,  der  auch  unter  den  Stu- 
denten mehr  Fleifs,  Anständigkeit  und  Selbst-' 
Studium  erzeugt,  oder  die  erste  gänzliche  Ab- 
geschiedenheit Tom  elterlichen  Hanse,  das  Ge- 
fühl der  Fremde  —  wahrscheinlich  alles  Ter- 
eint  —  genug  es  ward  stille  io  mir,  und  ich 
fand  kein  grofseres  Vergnügen,  als  meine  Col- 
legia  zu  hören,  und  dann  auf  meiner  Stube  zu 
Studiren«  Ich  mufs  Göttingen  den  Dank  zollen» 
dafs  ^es  den  Grund  zu  meiner  ganzen  Wissen-' 
scbaftlichkeit  gelegt  hat  Dazu  gesellte  sich 
noch  ein  grofser  Grad,  Ton  Schwermuth ,  der 
überhaupt  immer  in  der  Tiefe  meines  Charak- 
ters lag,  und  durch  zwei,  mein  Herz  tief  betrü- 
bende Ereignisse  gesteigert  wurde:  erstens  durch 
den  Tod  meines  lieben  Schwagers  Weber  in 
Jena,  dann  durch  den  Tod  meiner  geliebten 
Mutter,  welche  plötzlich  am  Nerrenschlage  1782 
starb.  —  Mein  Lieblingigedanke  war  das  ^Ster- 
ben, und  mein  Lieblingsüed; 


—    13    -. 

Meliiti  LdbeM  Ztil  fmtecMi; 

Stoodlidi  eU*  kh  za  4tai  Gnbe. 

Betooden    gegenwärtig   war   mir  immer 
der  Yen: 


Scheis'  Seh  TOI  Dir 

80  will  ich  BÜeh  doch  hmm 

Cad  deiaer  Hälfe  tnnea; 

UikI  weim  ich  auf  dar  £rde 

Nicht  grob,  ■lebt  glocUidi  werde» 

ToU  Glaobent  in  dk)  Zukunft  ichaoee. 

Von  groftem  Werth  war  mir  der  nahe  Um- 
gang mit  LichUnherg  und  Osann,  an  dem  ich 
in  den  letzten  anderthalb  Jahren  ins  Hans  zog, 
nnd  der  mir  durch  die  Liebenswürdigkeit  sei« 
nes  Charakters,  durch  seine  'Wissenscbafl  nnd 
praktische  Geschicklichkeit  als  Preand,  Mdster 
und  Lehrer  ron  grobem  Werth  war  nnd  un- 
yeigeüdich  bleibt. 

Groschke  nnd  Deneufville  waren  meine  ein« 
zigen  näheren  akademischen  Freunde,  Richter^ 
Blumenbach  nnd  Lichtenberg  haben  den  stärk- 
sten Einflufs  auf  meine  Bildung'  gehabt.  Dem 
trefflichen  Richter  verdanke  ich  die  naturge* 
mälse  praktische  Richtung  in  der  Wissenschaft, 
der  ich  durch  mein  ganzes  Leben  treu  geblie- 
ben bin. 

In  dem  beifsen  trocknen  Sommer  des  Jah- 
res 1783,  wo  nach  dem  Erdbeben  in  Calabrien 
ein  trockner  Höhenrauch  die  ganse  Luft  er- 
füllte, promoTirte  ich  den  löten  Julius  mit  der 
Dissertation :  de  usu  vis  eleciricae  in  Asphj'ona 
(opponentibns  Hufeland  ^  Girtanner^  Groschke) 
nnd  reisete  den  folgenden  Tag  nach  Wei- 
mar ab.  — - 


14     — 

'  / 

Arzt  in   Weimar. 

1783  — Oa. 

Es  war  zu  Encle  des  Julius,  ab  kh  mei- 
nen Einzug  in  Weimar  hielt.  Ich  fand  den 
lieben  Vater  fast  erblindet,  sehr  gebeugt  und 
traurig;  Er  konnte  fast  nichts  mehr  lesen,  und 
sah  nur  die  Gegenstände  im  Grofien ,  -«-  dabei 
oft  das  heftigste  Herzklopfen,  Schwindel,  Hy- 
pochondrie. Die  Schwestern  waren  aufser  sich 
vor  Freude,  ihren  Bruder  wieder  zu  ßeheo, 
der  nun  auch  die  Stutze  des  Vaters  und  gaor 
zen  Hauses  werden  sollte. 

Ich  fühlte  tief  meioe  nunmehrige  Bestim^ 
mung,  und  nahm  mir  fest  yor,  mich  ihr  gams 
zu  weihen  ,  des  Vaters  Arbeit  zu.  übernehmea 
und  ihm  sein  schweres  Leiden  zu  erleichtern« 
Es  war  eine  grofse  Aufgabe  für  den  jungen 
einuodzwanzigjährigen  Maon,  die  ganze  grofse 
Praxis  des  Vaters  -^  denn  er  hatte  die  stärk- 
ste nicht  blofs  in  der  Stadt,  sondern  auch  auf 
dem  Lande  bis  an  die  Harzgrenze  von  Thü- 
ringen — -  zu  übernehmen ,  und  sie  ist  mir  auch 
herzlich  schwer  geworden.  Die  Jahre,  wo  an- 
dere JüngÜDga  noch  reisen  oder  das  Leben  ge- 
nisfsen,  sind  für  mich  unter  schwerer,  oft  kaum 
zu  bewältigender  Arbeit,  Sorge  und  Anstren- 
gung Terfiiossen.  Aber  auch  dafür  danke  ich 
Gott,  und  erkenne  es  als  weise  Führung.  Denn 
erstens  habe  ich  dadurch  das  mich  durch  mein 
ganzes  Leben  begleitende ,  höchst  beruhigende 
und  trostliche  Bewufstseyn  erlangt,  meinem  lie- 
ben Vater  die  letzten,  Jahre  feines  Lebens  er- 
leichtert und  yersüfst ,  und  ihm  dadurch  we- 
nigstens einen  Theii  meines  Danks  und  mei- 
ner Schuld  für  seine  grofsen  Wohlthaten  abge- 


—     15.    — 

fragen  so  haben«  Ich  glaube ,  es  hat  mir  See- 
gen gebracht  für  mein  ganzes  Leben ;  denn  die 
Schrift  sagt:  ^,Des  Vaters  Seegen  bauet  den 
Kindern  Hanser«"  Andern  Theils  wurde  es  fiiir 
mich  die  herrlichste  Schule,  unter  seiner  erfah- 
renen, acht  hippokratischen  Leitung  meine  erste 
Praxis  £u  üben  i  und  ich  habe  dadurdi  yiel  mehr 
gelernt  und  bin  besser  Eum  Fracticus  gebildet 
iT^orden,  als  wenn  ich  alle  Länder  und  alle 
Hospitaler  Epropas  durchreiset'  wäre» 

Hein  medidnischer  Eintritt  war  nicht  sehr 
'  glucklich«  MerkwSrdig  genug  erlurankten  ge- 
rade an  dem  Thor,  durch  welches  ich  einge- 
zogen war,  swei  Personen,  ein  Schmidt  und 
seine  Frau,  an  einem  Faulfieber,  fibiorgaben 
sich  meiner  Kur  und  starben  beide.  Dies  schlug 
mich  etwas  nieder,  und  hätte  als  ein  böaes 
Omen  betrachtet  werdeli  können.  Aber  ich 
führe  es  ausdrücklich  an,  um  das  Gegentheil 
zu  beweisen;  denn  ich  habe  zehn  Jahre  mit 
vielem  Glück  in  Weimar  practicirt. 

Ich  lebte  in  meinem  Hause  ein  ruhiges, 
stilles  Familienleben  mit  dem  Vater,  Tier  Schwe- 
stern (die  älteste  war  als  Wittwe  wieder  nach 
Hause  zurückgekehrt)  und  dem  Bruder  Friedrich, 
der  zwölf  Jahre  jünger  war  als  ich ;  das  Leben 
auGser  dem  Hause,  und  das  war  der  gröfste 
Theil  des  Tages,  war  desto  geräuschvoller  und 
unruhiger  für  mich.  Meine  Lebeosordnuog  ge- 
staltete sich  nun  bald  folgendermafsen  9  und  blieb 
auch  nachher  die  Ordnung  für  mein  ganees 
Leben.  Die  Morgenstunde  —  ich  stand  früh 
auf,  im  Sommer  halb  6  Uhr,  im  Winter  um 
6  Uhr  -*  war  dem  Geiste  geweiht,  dem  stii« 
len  Nachdenken,,  den  eigenen  productiven  Ar- 
beiten (**  denn  früh  ist  der  Geist  am  xeinsUa 


—     16     — 

and  prodacÜTSten  ^  am  meisten  sich  selbst  gleich, 
am  wenigsten  gestört  pnd  getriibt  durch  das 
Irdische,  und  daher  reineren  und  höheren  Ein- 
.  gebungen  fähig  — •  auch  ist  es  die  einzige  Zeit, 
vre  der  Arxt  noch  ungestört  ist ,  —  die  Stunden 
im  Sommer  Ton  5,  im  Winter  Ton  6  bis  8 
Uhr  sind  daher  durch  mein  ganzes  Leben  die 
einzigen  geblieben^  in  denen  ich  schriftstelle- 
rische Arbeiten  gemacht  und  alles  schrieb,  was 
ich  je  geschrieben ,  und  das  ist  nicht  wenig  — )• 
Die  Zeit  TOn  9  Uhr  bb  Abends  7  bis  8  Uhr 
gehorte  der  Welt,  das  hei(st^  den  praktischen 
Geschäften  (in  der  Folge  auch  den  akademi- 
schen) ;  der  Abend  dem  Herzen  — -  dem  GenuCs 
im  häuslichen  JPamilienkreiser 

Mein  praktisches  Leben  in  Weimar  war 
in  der  That  Tiel  mühseliger,   als  es  sich  man- 
cher praktische  Arzt  jetzt  denken  kann*     Ich 
znufste  nämlich  nicht  allein  von  fräh  bis  Abends 
9BÜ  Fufse  herumlaufen  —  denn  Weimar  gebort 
SU  den  Mittelstädten ,  zu  klein ,  um  darin  her« 
mnzufahren,  und  doch  zu  grofs,  um  zu  Fube 
nicht  recht  sehr  zu  ermüden  — ,  sondern  es 
kam   nun   noch   die   Landpraxia  •  dazu.      Bald 
schickte   ein  Pächter    oder  ein   reicher  Bauer^ 
oder  ein  Landprediger  oder  ein  Gutsbesitzer  e^  ^ 
iien  Wagen,  oder  auch  nur  ein  Pferd,  oft  ein 
schlechtes,  um'  ihn  zu  besuchen^  zuweilen  rier, 
fünf  Meilen  weit^   am  häufigsten  jenseits  des 
Ettersberges,    nach    Schwerstädt,    Krantheim, 
Brembach,  KoUeda,  Beichlingen,  Wiehe,  Uel- 
drungen  bis  Monchpfiffel,  — -  wo  ich  dann  bei 
den  damaligen    abscheulichen  Wegen  und  im 
Winter  oder  Frühjahr  bei  Thanwetter  oft  in 
Lebensgefahr  gerieth.    Das  AllerbeschwerUchst« 
dabei  aber  war^  dafs  ich  znglticbi  nach  der 


~   .  17     ^      . 

damaligen  tioch  fast  allgemein  fa^trsch^ndeD 
Sitte,  auch  die  Arzrieien  selbst  geben  und  also 
zumTheil  deo  Apotheker  machen  mnfste.  Wenn 
ich  also  mit  deo  KraDkehbesucheä  fertig  war» 
so  mufste  ich  nun  noch  Decocte,  FuWer,  Pil- 
len machen  und  dispensiren,  und,  was  nun 
noch  beschwerlicher  war,  Abends  9  Uhr,  oft 
mit  TÖllig  ermüdetem  und  erschöpftem  Kor- 
per ,  mich  hinsetzen  und  in  die  Krankenbücher 
die  täglich. Terabreichten  Arzneien  eintragen,  um 
zu  Ende  des  Jahres  oder  der  Krankheit  die 
Rechnung  machen  zu  können«  Doch  hatte  die** 
ses  wieder  den  Vortheil ,  >dafs  ich  zugleich  ge- 
nöthigt  war,  täglich  mein  Krankenjournal  prr 
deutlich  zu  fuhren*  Auph  hatte  das  Selbstdis- 
pensir«n  manche  andereVortheile*  loh  lernte  die 
Arzneikorper  weit  besser  kennen  ,  konnte  mich 
selbst  Ton  ihrer  Güte  und  Aechtheit  überzeu- 
gen ,  war  sicher,  dafs  bei  der  Zubereitung  nichts 
versehen  ^urde,  und,  —  was  ein  Hauptrorzug 
des  Selbstdispensirens  ist,  —  noch  bei  der  Zube- 
reitung hatte  ich  oft  auch  einen  glücklichen  Ein- 
fall Ton  dem  oder  jenem  Zusatz  (wie  ein  Koch 
bei  der  Zubereitung  von  der  oder  jener  Würze), 
der  die  Wirksamkeit  erhöhete.,  Nicht  zu  ge- 
denken des  unendlich  grofsern  Zutrauens,  wo- 
mit der  Kranke  die  Arznei  unmittelbar  aus  der 
Hand  des  Arztes  empfing,  und  man  weifs,  wie 
viel  dies  zur  Wirkung  beiträgt. 

Genug ,  es  war  in  aller  Absicht  eine  höchst 
TortrefEUche  praktische  Schule,  durch  die  ich 
io  diesen  ersten  zehn  Jahren  ging ,  und  gewifs 
die  beste  Vorbereitung  für  meine  nachherige 
praktische  Laufbahn,  die  ich  freilich  damals 
noch  nicht  ebnete« 

loiini.LZX«V.B.l.St.  B 


,  ,        -   i8   - 

Ich  war  Abends  oft  so  erschöpft  und  yoc 
Sorgen  niedergedrückt,  dafs  ich  wünschte^  es 
möge  die  letzte  Nacht  seyn.  Perfer  et  ohdura^ 
dolor  hio  tibi  producet  oUUf  dies  rief  ich  mir 
dann  cu» 

Es  ist   gevFifs  eine  der  Haaptbeschwerden 
des  praktischen  Arztes^  keinen  Augenblick  sieber 
für  sich  zu  haben;    selbst  die  Nacht  ist  nicht 
'sein,  und   hierin   geniefst   der  geringste  Holz- 
hauer einen   Vorzug,    der  Abends  nach  getha- 
ner  Arbeit  Feierabend  macben,  seine  Thur  schlie- 
fsen  und  nun  sicher  auf  Ruhe  reebnen  kann. 
Aber  zwei  grofse  Folgen  fiir  das  Innere  ent- 
springen  djaraus:   einmal,  dafs  der  grofse  Ge- 
danke^ die  Basis  des  ganzen  Christenthoms  -■ — 
nickt  für  sich ,  sondern  für  Andere  zu  lehen  — 
immer  lebendig  in  seiner  Seele  wohnt  und  im- 
mer praktisch  ins  Leben  gerufen  wird;  zwei- 
tens^ dafs  er  sich  gewohnt,  nie  mit  voller  Ge- 
wifsheit  auf  Etwas,  auch  nicht  auf  Freuden  und 
Genüsse  zu  rechnen^—  eine  Eigenschaft,  die 
in  diesem  unsichern  Erdenieben  überhaupt  sehr 
nützlich  ist.    Ich  erinnere  mich  z.  B.,  dafs  ich 
in  dem ,  zu  jener  Zeit  sehr  rorzüglichen  Thea- 
ter sehnlichst   die    damals  neue  schone  Oper^ 
Azor  und  Zemire,  zu  boren  wünschte  und  drei- 
mal schon  Billets  dazu  gekauft  hatte,    aber  je- 
desmal durch  unrorbergesehene  praktische  Ge- 
schäfte abgehalten  wurde. 

Also  was  man  gewohnlich  Freuden  nennt, 
deren  genofs  ich  wenig.  Meine  einzige  Erho- 
lung und  Aufheiterung  damals  war,  aufser  den 
stillen  häuslichen  Stunden  mit  Vater  und  Ge« 
schwistern,  die  Beschäftigung  mit  der  Wissen- 
schaft und  der  Umgang  mit  einigen  Freunden 
und  geistreichen  Männern« 


—     19     — 

Was  das  Erste  betraf,  so  hatte  ich  eiM 
groCse  Vorliebe  fiir  Physik,  besonders  fiir  di« 
Lehre  tod  der  Blectricität|  und  für  die  Natar- 
wissenschafleo  ron  Gottiogen  mitgebracht.  leb 
setzte  meine  Versnche  mit  der  Eiectricität  fort 
ond  stellte  daDo  Beobachtangeo  mit  der  Hedj« 
sarum  gyrans  ao^  woyod  mir  mein  Freund 
Groschke  Saamen  ans  England  mitgebracht  hatte, 
Anfserdem  benutzte  ich  die  auserlesene  prak- 
tische Bibliothek  des  Vaters  zum  Studium« 

_  •  •      ■        . 

Was  das   Zweite  betraf,   so  war  ich  b(^ 

glücklich ,  des  Umgangs  der  daipals  ' Weima^ 
zierenden  grofsen  Geister,  IFieland^  Herder, 
Goethe,  Schiller^  zu  geniefsen,  ja  ihr  Arzt  za 
seyn,  und  sie  so  noch  Tiel  genauer  kennen  zq 
lernen.  Aber  mir  näher  traten  Tier:  Bode^ 
Bertuch,  der  Arzt  Buchholz  und  MusafuSf  be- 
sonders die  beiden  Ersteren«  Sie  wurden,  ob- 
gleich älter  j  meine  wahren  Freunde  und  wirk- 
ten yiel  auf  mich.  Bade,  der  bekannte  trelF-« 
liebe  Uebersetzer  von  Sterne,  war  eiqer  der 
merkwürdigsten  Menschen.  Seinen  Anfang  hatte 
er  ab  gemeiner  Regimentspfeifer  gei^acht,  war 
dann  Buchdrucker  und  Buchhändler  in  Hamburg 
geworden,  durch  eii;ene  Anstrengung  wissen- 
schaftlich gebildet  upd  Schriftsteller,  Freund  Toa 
Claudius  und  Klopstock^  zuletzt  vom  IMinistep 
Bernstorf  ^  und  nach  dessen  Tode  Hausverwal- 
ter und  Gesellschafter  seiner  Wittwe ,  mif  wel- 
cher er  in  Weimar  lebte.  Er  war  von  grobem^ 
starkem,  kräftigem  Korper,  grundehrlich  upd, 
wahr,  offen  und  gerade,  freisinnig  in  allen  Be<^ 
'  Ziehungen ,  dabei  voll  Geist  und  Witz ,  und' 
hatte  ganz  die  Tristan  Shandy^che  Manier  an- 
genommen. Dadurch  erwarb  er  sich  in  Wei-. 
znar   einen  grofsen   Einflufs^    am  üicisten  ^ut 

B  2 


—     20     — 

jmjpb  Leute  9  die  et  gern  an  sicli  zog«    Ntftur« 
lieh  war  «eine  Wirkung  auch  auf  mich  jungen 
Hänn  sehr  grofs,  und  auch  er  bewies  mir  be- 
sondere Aaszeichnung  und  Liebe.     Sein  Haupt- 
Streben  war  damals  der  Kamjiif  gegen  Kalholi- 
cismus  und  Jesuitismus   (der    sich  in  Teutsch- 
land,   besonders  Berlin,   sehr   wirksam  zeigte 
und  ton  ificolai  und  Diester   bekriegt   wurde)  . 
und  Reformation   der  Maurereib    Damit  verei- 
Digte   sich   nun   das  Eingehen  in  die  Freiheits- 
ideen  und  den  Kampf  gegen  Despotie,  der  da* 
mals   in   Frankreich  Vorbereitet  wurde.     Auch 
Miraheau  lernte  ich  bei.ibm  kennen.    Er  zog 
Blich  natürlich  in  das  Interesse  aller  dieser  Ge- 
genstände.   Er  wollte  nun  die  Maurerei  benutzen 
zur  Bekämpfung  des'Jesaitismus  und  Despotis- 
mus^ und  gründete  dazu^  als  höheren  Grad,  den 
niudiinatenorden ,  woran  er  mit  Weishaupt  und 
Knigge  thätig  arbeitete. 

Für  mich  war  der  Umgang  mit  Bode  von 
Stm  grofsten  Nutzen,  in  sofern  ich  veranlafst 
wurde,  noch  eifriger  auf  Selbsterkennlnifs,  Auf- 
klärung, Reinheit  der  Gesinnung  und  Sitten  hin- 
jEuarbeitbn^  und  ich  diesem  Streben  recht  'riel' 
Gutes  fSr  meine  innere  Ausbildung  yerdanke. 
Besonders  war  die  sorgfältige  Führung  eines 
Tagebuches  und  Aufzeichnung  aller  Gedankea 
oder  gelesenen  Stellen,  die  einen  besondern 
Eindruck  auf  mich  gemacht  hatten ,  Ton  vie- 
lem Nutzen. 

Der  zweite  Mann,  dem  ich  hier  ein  Dank- 
und  Ehrendenkmal  zu  setzen  habe ,  ist  Bettuch. 
Er  meinte  es  redliteh  und  gut  mit  mir,  und 
Wirkte  durch  seine  mannigfaltigen  Kenntnisse, 
ausgebreitete  Bekanntschaft,  Mittheilung  lite- 
rarischer Erscheinungen  und  Neuigkeiten^   un- 


—     21     — 

ermiidete  Regsamkeit  aod  Uterarltcli-tacliobche 
Thätigkeit  auch  aufregend  auf  mich,  aod  Auf«- 
reguag  too  aufseu  qod  uacb  aufseo  be^tirfle 
mein  Geist» 

So  wurde  das  damalige  Aih^n  Ton  Teqtscb- 
laod  ganz  besonders  ein  ^ihemiür  micb.  and 
ich  Lana  es  nicht  anders  als  eine  Gnade  Gottes 
betrachten,  da  es  einen  so  wesentlichen  Einflufs 
auf  meine  fernere  Entwickelung  übte^,  dafs  ich 
in  diesem  Kreis  ausgezeichneter  Männer  die  er- 
sten zehn  Jahre  meiner  geistigen  Entfalliing  nnj 
meines  Herrortretens  in  die  -Welt  verlebte. 

So  entwickelte  sich  auch  meine  Liebe  zur 
Schriflstellerei,  die  vorher  schon  immer  em- 
brjoniscii  in  mir  gekeimt  hatte ,  zur  That.  —  Die 
erste  Veranlassung  gab  das  Unwesen ,  welches 
damals  Mesmer  in  Wien  mit  seinem  Blagpetis- 
mns  angefangen ,  was  sich  mit  ihm  nach  Frank- 
reich verpflanzt  hatte,  und  uns  von  da  aus 
wieder  mit  Pamphlets  iiberschUttete.  Manche 
Aufdchlüsse  von  meinem  Freund  Reinhold ,  der 
damals  aus  Wien  kam,  BertucKs  Aufmunte- 
rungen und  literarische  Hülfsmittel,  meine  ge- 
sunde Lichtenbergische  Physik,  und  die  durch 
Bode^  Nicolai j  £ze5/er  damals  aufgeregte  Furcht 
vor  Jesuitismus  und  Aberglauben  ---  Alles  dies 
drängte  mich,  öffentlich  dagegen  aufzutreten, 
das  Ungründliche,  Unpbysische  in  der  Sache 
aufzudecken  und  Alles  auf  Täuschung  der  Sinne, 
der  Phantasie,  ja  selbst  der  Sinnlichkeit  zurück- 
zufahren. Ich  glaubte  dadurch  der  Wissen- 
schaft, der  gesunden  Vernunft,  ja  selbst  der 
wahren  Religion  und  Aufklärung  einen  Dienst 
zu  thun.  So  entstand  mein  erster  liierarischer 
Versuch,  der  Aufsatz:  ,, Mesmer  und  sein  Ma^- 
netismus*\  der  im  Jahre  178Ö  im  teutscben  Mec- 


-     21     -   ' 

I 

kor  abgedruckt  wurde.  JFieland  war  damit  ao 
Eufrieden,  dafa  er  mir  ein  sehr  scbmeichelhaf« 
tet  Billet  oebst  zehn  tchSn  glänzenden  Ducaten 
schickte.  Man  kann  sicK  die  Freude  eine»  jun- 
gen Autors  hierüber  denken ,  und  dieses  Zeug- 
nifs  eines  hohen  Meisters  trug  nicht  wenig  dazu 
beiy  meine  Luft  und  meinen  Muth  zur  ferne- 
ren Scbriftsteilerei  zu  stärken.  —  Das  Folgende 
war  meine  Abhandlung  ^fiher  die  uiusroiturig 
der  Pocken**,  wozu  ich  die  Absonderung ,  eben 
8d  wie  bei  der  l^est  ^—  damals  das  einzige 
denkbare  Mittel  —  vorschlug.  Eine  damals  ia 
Weimar  grassirende,  hBchst  bösartige  Pocken- 
epidemie veranlafste  mich ,  meine  Beobachtun- 
gen darüber,  so  wie  über  die  Inoculalion»  die 
ich  damals  häufig  ausübte  ^  niederzuschreiben, 
die  manche  neue  Ansichten  und  Erfahrimgen 
enthielten.  Dies  war  mein  erstes  Buch^  was 
ich  1787  bei  Göschen  in  Leipzig  drucken  liefs, 
^xnit  grofser  Schüchternheit  und  Bescheidenheit; 
ich  war  höchst  zufrieden,  einen  Louisd'or  für 
den  Bogen  zu  erhalten.  Aber  um  so.  überra- 
schender war  der  Beifall,  den  er  allgemein  er- 
hielt, besonders  eine  vortbeilbafte  Becepsion  in 
der  Allgemeinen  Literatur -Zeitung  Ton  Fritze 
in  Halberstadt,  und  ich  freue  mich  noch  zu  se- 
hen,  dafs  meine  Grundsätze,  die  ich  damals 
aussprach,  noch  jetzt'  die  wahren  und  allge- 
mein anerkannten  sind ,  —  blöfs ,  weil  ich  sie, 
wie  Alles,  was  ich  in  meinem  Leben  geschrie- 
ben t  nicht  aus  meinem  Kopfe,  sondern  aus  der 
Natur  und  Erfahrung  geschrieben,  überhaupt 
sie  diePeder  wegen  irgend  eines  äufsern  Zwecks 
angesetzt  habe,  sondern  nur  immer,  wenn  ich 
so  Ton  einem  Gegenstande  aus  innerer  Ueber- 
zeugung  erfüllt  war,  dafs  ich  durch  innern  An- 


—     23    — 

\rieb  .  gedriiogt  wnrde^    mich   darab«r   autca-* 
sprecheo. 

Eid  anderer  Gegeostaod  naliin  mich  nach- 
her auf  das  lebhafteste  jd  Ansprach ;  „cfi>  Sorge 
für  die  Scheintodien  und  die  Errichtung  eines 
Leichenhauses  in  Weimar".  Frankes  Ideen  hier- 
über hatten  mich  begeistert.  Ich  schrieb  dar- 
über eine  Abhandlang  fiir  das  Pablikum  über 
die  Ungewifsheit  des  Todes,  nnd  hatte  die  Freude 
zu  sehen ,  dafs  sie  eine  allgemeine  Bewegung 
und  Theilnahme  in  Weimar  hervorbrachte,  und 
besonders  durch  die  Mitwirkung  der  edlen  Grä- 
fin Bernstorf  (Wittwe  des  berühmten  däni- 
schen Staatsministers)  eine  Subscription  zu  Stande 
kam,  welche  zur  Errichtung  des  ersten  Lei- 
chenhauses in  Weimar  zureichte. 

Auch  die  Beobachtung  der  schonen  Selbst- 
bewegangspflanze,  die  den  Namen  Hedysarura 
gyrans  fahrt ,  wovon  ich  einige  Exemplare  aus 
Saamen  in  meinem  Zimmer  gezogen  hatte,  und 
die  merkwürdigen ,  noch  immer  nicht  erklärten 
Tag  und  Nacht  fortdauernden  balancirenden 
Bewegungen  ihrer  Seitenblättchen  beschäftigten 
mich  ein  ganzes  Jahr  hindurch  auf  das  lebhaf- 
teste,  gaben  Gelegenheit  zu  einer  Menge  Ver- 
suchen, mit  Electricität  u.  s.  w. ,  und  zu  tie- 
fem Nachdenken  über  Leben  und  Reizfähigkeit 
als  Princip  der  Lebensthätigkeit ,  und  veranlafs- 
ten  endlich  eine  Schrift  darüber^  worin  ich 
zuerst  diese  Idee  aussprarb,  die  ich  nachher 
weiter  ausbildete.  Aber  ich  war  so  beschei- 
den, dieselbe  zuerst  ohne  meinen  Namen  in 
Voigts  Magazin  der  Physik  abdrucken  zu  lassen« 

Hier  darf  ich  jedoch  nicht  unerwähnt  las- 
sen, dafs  schon  in  den  letzten  vier  Jahren  mei- 
nes Weimarseben  Lebens  die  Grundideen  mei«< 


^    ^i    ^      . 

nav  MaboUotlk  uod  Pothogeaie  ticfa  io  mir 
erzeugten,  uod  in  den  frühen  Morgenstunden 
Ton  mir  niedergeschrieben  wurden.  Den  er« 
9ten  Aostoff^  ^sur  M^krobiptik  gab  ipir  Bqcp^s 
Pistorja  vitae  et  mortis,  und  mei^e  Ideeii  ober 
(^eben  opd  Lebenskraft  bildeten  sich  aus  rei- 
per  Beobachtung^  der  Natur  im  gesuodeq  und 
l^ranken  Zustande,  besonders  aber  ples  Eies, 
4er  Saamen  iind  d^r  Germ^natipp  so^fobl  ioi 
yegetabilischen  als  anin^alischen  Organismus,  *t- 
•o  auch  die  Idee  Top  der  Ajifzehrung  der  I^e-r 
benskraft  (iatch  das  Leben  selbst ,  und  ange- 
wendet auf  einzelne  Functionen ,  I^rankheiten^ 
Krisen,  jals  natürliche  Folgen  der  Schwäche, 
des  Nachlasses  durch  die  Ueberreizung  upd 
Selbstauüzebrung,  und  sp  hatte  ich  schon  d^* 
mals  den  richtigen  Begriff  von  der  nachmals 
Ton  Brown  indirecten  Schwäche,  lange  vorher 
(1787 — i90),  ehe  man  noch  wufste,  d^fs  eip 
Brown  in  der  Welt  ^y ar. 

Ich  mnb  hier  noch  ein  Wort  Ton  ^lelnel|| 
Styl  sagen,  den  man,  wie  ich  in  der  Folge  ge- 
hört habe,  gut  gefunden  und  sich  besonders  das 
Lob  der  Klarheit  und  Bestimmtheit  ertheilt  hat. 
i|nd  sa^en,  wie  ich  glaube  dazu  gekommen  za 
^pyp.  ^uer^t,  dafs  ich  mich  beständig  bestrebte, 
J^lqre  und  bestimmte  Begriffe  Ton  allen  Dingen 
i^  meiner  Seele  zu  bilden«  Zweitens,  dafs  ich 
1>e^pnders  die  romischen  Autoren  und  Tor  Al- 
len den  Cicero  in  meiner  Jugend  studirt  hatte : 
denn  das,  glaube  ,icb  9  ist  ein  Hauptyor^u^  der 
römischen  Sprache,  dafs  sie  den  Jüngling  710- 
thigt^  bestimmt,  kurz  und  energisch  zu  den- 
ken und  auch  den  Gedanken  so  auszudrücken« 
Selbst  der  Periodenbau  hilft  dazu  und  übt  zu- 
gleich in  der  Logik.     S^br  "viel  hat  mir  noch 


—     2Ö     -» 

daaa  das  StaJiam  der  Rhetorik  (ErmesU  loitia) 
und  des  Quinctiliauus  geholfen^  worauf  der 
gute  Heinze  sehr  viel  hielt«  Dritteoi  meg  oeclir- 
her  die  Beschäftigung  mit  der  klassi^cbep  fraur 
zosischen  Literatur  viel  beigetragen  haben,  dea| 
Styl  mehr  Geschmeidigkeit  ^n  geben.  Und 
endlich  ist  gewiß  noch  ein  Hauptgrund  dieser^ 
dafs  ich  nie  schrieb,  ohne  ganz  von  meineni 
Gegenstand  erfüllt  zu  seyn,  unl  das  Geschäft 
des  SchHftstellers  als  etwas  Hohes  und  Heili-r 
ges  SU  betrachten,  ja  als  das  Höchste,  weil  es 
)a  hier  allein,  nicht  blofs  zur  Gegenwart,  son- 
dern auqh  zur  Nachwelt  spricht,  und  ich  mir 
dahes  auch  immer  zum  Hauptgesichtspunkt 
machte^  nie. blofs  an  die  Gegenwart^  ap  das^ 
Literesse  des  Tages  oder  der  Olode,  zu  depr 
ken,  sondern  die  Suche  f^üAer  und  für  olh 
Zetlen  zf^  fassen. 

Am  13.  Mär^   1787  starb  mein  Vater  aii 
einem  Frieselfieber  im  57sten  Jahre.     Sein  Ende 
war  seelig,  wie  sein  Lebep,  und  poch  sehe  icb, 
wie  die  Morgensoone  gleich  nach  seinein  Hin- 
scheiden (es  erfolgte  Morgens),  so  ^ön  uns  an  das 
Auferstehen   erinnernd ,   ins  Zimmer  schien,   --r 
Dieser  Todesfall  machte  einen  Abschnitt  in  mei:? 
nem  Leben.     Ich   wurde  nun  selbststäodig ,  so- 
wokX   in   der   Praxis ,    als  in   bürgerlichen  und 
ökonomischen  VerhäUnissen.     Es  lag  Vieles  auf 
mir,   und    ich  bat   Gott   innig   um  seinen  Bei- 
stand.    Wir  Geschwister  nahmen  uns  vor,    ei- 
nig   zusammen    im   väterlichen  Hause  fortzule- 
ben.    Aber  ich    sähe   wohl   ein  ,    ddfs   ich  nun 
an  das  Heiratben   denken   müsse,    und,   aufser 
der  Sehnsucht  meines  Herzens  nach  einem  zwei- 
ten   Herzen,     waren    zwei   Grunde,    die    mich 
tciebeo,  die  Ausführung  zu  beschleunig^D.    D^i 


—     26    — 

e!ne  war  ^ie  unaD^enehme  and  oft  verlegene* 
SteliuB§  eines  praktischen  Arztes ,  wenn  er  le* 
dig  ist;  der  andere^  die  mancherlei  onangeneh- 
nien  und  kritischen  Lazen,  in  \K^eIche  ein  jun- 
ger Mann ,    der  beiratbsfahig  und  gern  gesehen 
ist^    in  Beziehung  auf  junge  Mädchen  und  ihre 
Familie    kommt,    mit  allen   den   Rücksichten^ 
nicht  zu  beleidigen   ^d   auch  nicht  zu  gewäh- 
ren,   besonders  mit  nfieiner  Gewissenhaftigkeit^ 
die  mir  immer  als   höchst    strafbar  erscheinen 
/liefs,  einem  weiblichen  Herzen  Hoffnungen  zu 
erregen ,    die    man    nicht    erl'iillen   wollte»   — 
Meine  erste  Neigung  wurde  mir  nicht  gewährt, 
obwohl  Alles  dazu  geeignet  schien.    Es  trat  ein 
Freund  aus  der  Ferne  dazwischen,  es  entstand 
ein  schmerzlicher  Freundschaftskampf,  nnd  ich 
opferte  der  Freundschaft  meine  Liebe«  — <-    Da 
erschien   aus    fernen   Gebirgen  ein  junges,   un- 
schuldiges,   heiteres  y     höchst    liebenswürdiges 
Mädchen  in  Weimar,  die  ich,  da  sie  im  Hause 
des  Bergraths  Voißt  lebte ,  fast  täglich  sah  und 
kennen   lernte»     Sie  gewann  mein   Herz.    Ich 
dankte  Gott,   mir  hier  ein  reines,  unverdorbe« 
nes  Herz,   im   Gegensatz   der   vielen  verbilde- 
ten, zugeführt  zu  haben,  und  rerheirathete  mich 
mit  ihr  im  November  1787. 

Merkwürdig  war  übrigens  das  Fehlschla- 
gen menschlicher,  besonders  väterlicher  Pläne 
während  meines  Lebens  in  Weimar«  Der  liebe 
Väter  hatte  natürlich  keinen  grofseren  Wunsch, 
als  seinen  Sohn  dereinst  am  Hofe  zu  seinem 
Nachfolger  als'  Leibarzt  ernannt  zu  sehen,  wel- 
ches schon  der  Grofsvater  gewesen  war.  '  Er 
that  alles  Mögliche  dazu«  Aber  was  geschah? 
—  Die  älteste  Tochter  des  Herzogs,  ein  Kind 
von  anderthalb  Jahren,  bekam  einen  Anialldee 


^     27      — 

Asthma  acatam  Millari;  ich  besachto  uod  he- 
handelte  sie^   and  sie   starb  am  dritten  Tage, 
Dies  konnte   natürlich  nicht   viel  Zutrauen  za 
dem  jungen  Arzte  erregen.    Des  Hersogs  Mut- 
ter ward  tödüich   krank   an   einer  Lungenent- 
zündung«    In   der  gröfsten  Noth  ward  Uofrath 
Stark  von    Jena  berufen.     Er  wagte  noch  am 
llteo   Tage  ein  Brechmittel,    und   sie    genas* 
Dies  gab  ihm  natürlich  das  gröfste  Vertraueui 
und  -vereitelte   des   Vaters   Hoffnungen  für  die 
Zukunft  für  mich.     Ich  war  und  blieb  Hofme- 
dicus   mit   100    Rthlr.   Gebalt.      Der  Kummer 
über    diese    fehlgeschlagenen    Hoffnungen   trug 
gewils    zu    des  Vaters  frühem   Tode   bei.   -— 
Aber  wie  herrlich  haben  sich  Gottes  Wege  in 
der  Folge  entfaltet!  Und  wie  hat  sich  gezeigt, 
daEs  gerade   das  scheinbare  Unglück  das  Mittel 
za  meinem  Glücke   war.    —     Die   Vorsehung 
hatte  mich    zu    einem   höhereu   und  grofseren 
Wirkungskreise  bestimmt,   von    dem  ich   frei- 
lich   damals   nichts    ahnete.     Wäre  ich  aber  in 
Weimar  am  Hofe  glücklich  gewesen  und  Leib- 
arzt  geworden,    so    wäre   ich   gewifs    da  stets 
geblieben,  uod -hätte  nie  als  Lehrer,  als  Schrift- 
steller,  für   die  Wissenschaft,   für    die    Welt, 
für    einen   grofsen  Staat,  das   wirken  können, 
was  ich  gewirkt  habe.  — 

So  lebte  ich  also  in  meinen  beschränkten 
Verhältnissen  zufrieden,  ruhig  und  thätig  fort, 
keinen  Plan  für  die  Zukunft  machend,  bemüht, 
nur  jeden  Tag  gehörig  anzuwenden  und  meine 
Pflicht  als  Arzt  zu  thun.  Gott  allein  überliefs 
ich  die  Sorge  für  die  Zukunft.  Ich  schrieb  in 
mein  mediciniscbes  Tagebuch: 

Der  Menschen  Leiden  za  Tersafsen^ 
Das  höchste  Glück  ganz  zu  genielsen 


28 


Riji,  Helfer,  Trottet;  bfer 'Zq  sein  ~t  ^ 
ptes,  Gott,  lais  inicb  txei  allen  borgen  9. 
Bei  Tages  Last^  an  je^em  schwülen  Mpr^ei| 
Gerührt  empfinden ,   ganz  mich  weilin 
Za  belfen,  zu  trösten,  zu  erfreun. 


v 


Was  meine  religiöse  Denkart  betrifft^  80 
lebte  icb  freilich  in  Weimar  stets  opter  lauter 
sogenannten  starke^  Geistern,  das  heifst  solr 
cben,  "weiehe  mc^/5  glqubtep,  sopdern  stolz  dari» 
auf  waren  ^  sich,  wie  sie  sagten,  ypn  allen  re« 
]fgiosen  Yprurtheilen  nnd  Aberglauben  frei  ge-r 
Daacht  za  haben.  Auch  ich  nahm  daran  Tbeil 
lA  Allem  I  was  nicht  wesentlich  war^  Aber  difi 
Hauptsache  blieb ,  der  Glaubp  9n  Gottes  WoH» 
An  dies  allein  hielt  ich  mich ,  ja  ich  konnte  im 
Innern  nur  wahre  Freude  empfinden  ,^  wenn  ich 
Andere  in'  Z  vreifeln  and  philosophischen  Sophi* 
stereien  begriffen  sah  und  in  mir  die  schSne  Si?» 
cherheit  fühlte^  etwas  Festes  zu  haben ^  an  das 
ich  mich  halten  konpte,  das  alle  Zweifel  lö-r 
sete.  —  Sehr  wohlthatig  war  mir  noch  iuv  die- 
ser Zeit  das  Lesen  yon  Stilling^s  Jugenfi  teur 
Stärkung  des  Glaubens  und  des  kindlichen  Ver- 
trauens auf  Gott^  wofür  ich  dem  Verfasser  noch 
im  Grabe  danke.  —  Auch  Herder^s  Predigten, 
voll  Würde  tind  Salbung,  und  voll  gottlichen 
Geiste.9  un^  erhabener  Ideen,  triigen  picht  we- 
nig 4dzu  bfsi^  meine  Seele  iinuier  mehr  zu  Gott 
zu  erheben  und  inein  Chriatentbum  zu  yer- 
edeln. 

Während  ich  jiun  so  ruhig  meinen  tägli- 
chen Beruf  fortlebte,  ereignete  sich  im  Herbst 
1792  ganz  unerwartet  ein  Zufall ,  der  meine 
ganze  künftige  Bestimmuu^,  )a  mein  Leben, 
änderte  und  der. folglich  kein  Zufall  war. 


~    :29    — 

GoMi  hatte  alle  Freitage  eine  Geselliditft 
gebüdeter  Menschen  beiderlei  Getchlechte^  eine 
Art  TOD  Academie,  wo  nach  der  Reihe  jeder 
etwas  znr.  Unterhaltung  yorlrag;  Die  Ileibe 
kam  anch  an  mich,  und  ich  las  ein  Fragment 
^yüber  das  organische  Leben"  aus  meinen  Ar- 
beiten über  Makrobiotik  TOf«  Der  Herzog  War 
gegenwärtig^  uiid  gleich  nachher  sagte  dieser 
zu  Goethe  t  ,,der  Hufeland  pafst  2n  einem  Pro- 
fessor^ ich  will  ibo  nach  Jena  setzen/'  -*•  Dies 
wurde  mir  wieder  gesagt  Ich  fühlte  -zum  er- 
sten Male,  dats  ich  dazu  im  Innern  Neigung 
und  Anlagen  hatte;  ich  erkannte  zugleich  in 
diesem  ganz  ohne  mein  Zuthun  Ton  aufsen  an 
mich  ergangenen  Antrag  eine  Füguikg  und  Be- 
rufung von  oben,  und  der  Entschlufs  war  gie- 
faCst.  Freund  I^odtr  that  alles  Mögliche,  mir 
den  Uebergang  zu  erleichtern ^  und  zum  nachf- 
sten  Frühjahr  wurde  der  Uebergang  festgesetzt» 


Professor   in  Jfena^ 

1793  ^  ISOIi 

So  trat  ich  also,    durch  höhere  Macht  ge- 
leitet, und  auch  durch  sie  gestärkt,  Ostern  1703, 
mein    Lehramt   zu  Jena  als  Professor  ordioa- 
rius  bonorarius  mit  nicht  mehf  als  300  Thalern 
Gehalt,  aber  der  Hoffnung,  durch  die  Honorare 
der    zahlreichen    medicinischen   Studenten    das 
Uebrige    zu   erwerben,    an*     Aufser  dem  Ver- 
trauen auf  Gott,  stärkte  mich  eine  innere  Stimme, 
die  mir  sagte,  dafs  die  irielen  Erfahrungen  und 
neuen  Ideen ,   die  ich  über  Leben ,    Kunst  und 
Wissenschaft   seit    10  Jahren  gesammelt  hatte, 
und  von,  denen  ich  ganz  erfiUlt  und  tax  Slil- 


.^    ao    — 

ih^ildng  gedrängt  wurde  ^  meiii  Wlrlcen  nufs- 
lieh  üDd  seegensreich  für  die  Bildung  der  Ja» 
gend  und  Weiterförderaog  zur  Neugestaltung 
'der  Wissenschaft  machen  würden.  Denn  es 
waren  mir  wirklich  viele  neue  Ideen' aufgegan- 
gen ,  die  io  die  Betrachtung  des  Lebens  lind  ia 
die  Kunst  einen  hohem  und  Binheitsgesichts« 
pankt 'brachten,  nämlich  die  Ideen  des  Lebens, . 
und  diesen  Alles  unterordneten.  Ich  hatte  in 
diesem  Sinne  schon  mehrere  Jahre  Fragmente 
für  '  die  künftige  MakTobiotik  upd  Pathogenie 
niedergeschrieben ,  die  ich  nun  cu  meinen  Vor« 
lesungen  benutsle« 

Meine  Vorlesungea  fanden    mehr   Beifall, 
iils  ich  erwartete  und  Verdiente.     Besonders  die 
.  Makrobiolik ,    die    ich   im  grofseo   Auditorium 
Tor  4  bis  «500  Zuhörern  öifentlich  vortrug,  and 
die  wegen  ihrer  movatischen  Tendenz,    die  sie 
auf  die  Jugend  haben  mufste,  mir  viel  Freade 
machte  und  Seegen  hatte.     AuTserdem  las  ich 
specielle  Thera|)ie  täglich  zwei  Stunden  (in  ei- 
nem halben  Jah»e  das  Ganze),  so  dafs  ich  täg- 
lich 4  Stunden    zu  lesen   hatte,  die  klinischea 
Kranken  besuchen  und  meine  Vorträge  täglich 
erst   ausarbeiten   mufste.    Daher  ich  alle  Mor- 
gen  am  5   Uhr  aufstand  und  ein  sehr  angrei- 
fendes Jahr  hatte,    besonders  im  Winter,  wo 
die    Fruharbeit    bei    Licht   meine    Augen   sehr 
schwächte.    In    der  Folge    trug   ich  noch   ab- 
wechselnd Pathologie  and  Materia  medica  vor, 
ao  dafs  ich  alle  Theile  der  Medicin  nach  mei- 
nen   Grundsätzen    bearbeitete«      Meine   Privat- 
Torlesangen  hatten  immer  80  bis  100  Zuhörer, 
voll  von  Eifer  and  Fleifs  für  die  Wissenschaft. 
Es  war  ein  herrlicher  Geist,  unter  der  Jugend«    . 
Ea  wurde  dadarch  das  scheinbar  UamSgliche 


—     31      — 

loglich.  Das  Clioicqm  wurde  mü  300  Tba- 
irn,  die  ich  dazu  erhielt ,  dennoch  eo  toU« 
ommeo  besorgt,  dafs  jährlich  600  Kranke  ba- 
andelt  und  50  junge  Leute  praktisch  beschif« 
gt  wurden ,  —  freilich  durch  die  Verwendung 
irer  Honorare  für  das  loslltut. 

Hierzu  kam  nun  noch  der  freundliche  Em- 
fang  eines  schönen  Kreises  hochgebildeter  Kol- 
gen und  Freunde,  iLoder^  Siark^  Batsch^ 
ichte^  Griesbach,  Paulus,  Huf eland^  Schiller^ 
I  denen  sich  in  der  Folge,  noch  Schlegel  und 
:helling  gesellten. 

Im  Jahre  1795  gab  ich  meine  Pathogeme^ 
^96  meine  Makrohiotik  heraus,  woTon  die 
*ste  in  der  wissenschaftlichen ,  die  Jetzte  in 
er  populären  Welt  einen  sehr  yortheilhaften 
lodrock  machte,  und  ktzte  in  alle  europäische 
prachen  (englisch,  französisch,  italienisch^ 
anisch,  polnisch,  schwedisch,  russisch |  ser- 
ich)  übersetzt  wurde. 

Zu  gleicher  Zeit  fing  ich ,  auf  Zureden  des 
achbändlers  Seidler,  das  Journal  der  prakti" 
hen  Heilkunde  an ,  welches  ebenfalls  einen 
glücklichen  Fortgang  hatte,  dafs  es  durch 
ein  ganzes  Leben  hindurch  fortgedauert  hat, 
id  aufser  dem  wissenschaftlichen  Nutzen  für 
ofrecbthaltung  einer  erfahrungsmäfsigen  Qle- 
zin »  im -Gegensatz  der  hypothetischen,  noch 
r  meine  Oekönomie  eine  gute  Stütze  in  der 
3th  und  eine  Hauptquelle  meines  Vermögens 
urde,  da  ich  es  mir  zum  Grundsatz  machte, 
e  Einkünfte  davon  nicht  auszugeben,  sondern 
.ruckzulegen« 

Die  Folge  Ton  Alle  dem  war  eine  grofse 
Igem^ine  Berühmtheit,  weit  über  meia  Yec- 


—     32     — 

'ilLtt%\\  'TT^s  {ch  aticfi^  GDtt»6y  geJ^nlt^  Immer. ' 
äabei  füblte.  Uod  dand  wären  wiederum  die 
Vollen  ixttswäriige  Vocaiiöhen^  die  sich  in  den 
Jahren  1797—98  fast  drängten.  Erst  als  Pro- 
fessor nach  Kiel>  dann  nach  Leipzigs  dann  tfls 
Leibarzt  nach  Rufslaöd  vom  Kaiser  Paü^,  eod- 
.lieh  als  Professor  nach  Pavia  .  an  P.  FranJ^s 
j^telle,  und  Ton  ihm  empfohlen.  Ich  schlug 
•ie  alle  aus,  weil .  es '  ^nir  in  Jena  wohlgiog; 
aus  Dankbarkeit  ^egen  mein  Vaterland  ^  weil 
der  Ehrgeiz  keinen  Re^z  für  mich  hatte,  und 
Bufdand  besonders  auth  deswegen,  weil  ich 
dann  von  aller  wissenschaftlichen  Verbindung 
getretirrt  gewesen  wäre.  Die  Stelle  iii  Pavia 
tibd  dn^  skhöue  Italied  mit  4000  Fl.  Gehalt  und 
Tier  Mdnäteb  Sommerferi&ti ,  hatte  den  grofs« 
teh  Reiz;  und  dennoch  lehiite  ich  sie  ab>  ein- 
mal^ Weil  ich  mich  2u  teutSch  fühlte  and  ver- 
pflichtet, das,  Wasithsey,  meinetn  Vaterlande 
Vor  allen  Dingen  zu  opfern,  dann^  weil  ich  d^n 
Katholicismus ,  besonders  für  meine  Kinder, 
^rchtete,  und  endlich^  weil  eine  Invasion  von 
JBonaparte  and  langwierige  Kriege  zu  furch- 
ten waren  ^  was  auch  eintraf*  Doch  machte 
ich  die  Bedingung ,  meinen  Gehalt  von  300  auf 
600  Thaler  zu  erhöben  und  ein  kleines  Kran* 
kenhaus  für  das  Clinicum  einzurichten. 

Es  war  olTenbar  der  höchste  Glanzpunkt 
meines  Lebens»  Aber  eben  deswegen  auch  der 
gefährlichste  für  meine  Eitelkeit,  für  Nahrung 
des  Uebermnlhs^  des  Stolzes  und  der  Selbst- 
sucht, und  überhaupt  für  mein  besseres  Ich« 
IJnd  wie  wunderbar,  wie  weise,  wie  gnädig 
sorgte  hier  die  Vorsehung  durch  unerwartetei 
zum  Theil  höchst  schmerzhafte,  Ereignisse, 
mich  davor  zu  bewahren  und  mich  in  der  De- 


—     33      -^ 

moiD,   oer  Be8cbeidenfi6]t   dnd   det  EoCsaguDg 
zu  üben !  '     '  \ 

Das  erste  war  die  Erscheinung  des  'Broivn^\ 
sehen    Systems,    durch    TFeikard,   Roeschlauhi 
Auf    die    befligsle,    zum    Theil   unanfttändigsttf 
Weise  gegen  alle  anders  Denkende  in  Teutsch-- 
land   gepredigt ,    und    durch   seine  Consequenz, 
scheinbare    Wahrheit,    grofse    Einfachheit  ui^d 
Leichtiglteit  bei  jungen  Leuten   Tiel  Glück  ma-'' 
cheodi     Es  verwundete  mich  tief.    'Einmal^  yreil 
es  die  ^ahre»  gründliche  WisseDScb^ift^  Natur-^ 
ansieht  und  Erfahrung  geradezu  zerstörte^    und 
10  der  Praxis  einen  falschen  ,  ja  höchst  gefahr-. 
licheo  Weg   Terfolgte.    —     Zwßitens^    weil  es 
gerade  mein  persönliches  Verdienst  um  die  Wi»-; 
•enscbaft  raubte ^    indem  es  das,  was  ich  mefn 
Ejgeothum  nennen  konnte,  —  zuerst  und  lange' 
Tor  Brown  den   Gedanken   und   das   Bestreben' 
gehabt   und   öiFentlich  ausgesprochen  zu  haben/ 
die  ganze  Äledizin  unter  £i/t  Principe  das  Prin^ 
cip  des  Lebens  oder  Lebenskraft  zu  ordnen^  sd^ 
Einheit   in    die   yerschiedenen  Theile  derselben 
zu  bringen   und   den  Unterschied  zwischen  So« 
lidar-  und  Humoralpathologen,  Materialisten  uqcl; 
Dyoamisten    gänzlich    aufzuheben   —  jetzt  al«; 
lein    dem  Engländer   Brown  zuschrieb,   der  et 
aber  höchst  einseitig  nun  unter  dem  Namen  der* 
Incitabilität    aufgestellt   hatte,    und  ihn  daäiirch 
als    den    Reformator  und  Restaurator  einer  r^ei«, 
Den   höhern  Bledicin  pries ,  — -  ein  Irrthum^^der 
leider    noch    bis   auf  den  heutigen  Tag  sich  in' 
deo    tentschen  Compendien   und  irielen  Köpfen . 
erbalten   hat.    —     Drittens,    weil   dadurch^  die' 
Jugend   so  beihört  wurde,   dafs  sie  die  Ohren ^ 
far    die  -Stimme  der  Erfahrungslehre  verscÜoiil' 
and  sich  blindlings  den  neuen  Irrlhtimern  ergab« - 
Journ.  LXXXiy.  B.  1.  St.  C 


—    34    — 

So  macht*  9  fhich  sehr.aDglScUIcfa»  wenn  idi 
nmi ,  nachdem  ich  sie  erfahrnogsmäfsig  gebildet 
Iiatte^  sie  haafenweise  nach  Wien  und  Bam* 
berg  eilen  und  sich  unter  Frank  und  Marcus 
Leitung  dem  yerderblichen  Brownianismu»  bin* 
geben  sah*  Scbliefslich  kam  nun  noch  die 
Kränkung  dazu,  dafs  ich  von  Roeschlauh  öf- 
fentlich mit  Allem,  was  ich  schrieb  und  ge- 
schrieben hatte,  auf  das  Pöbelhafteste  behandelt 
und  herabgewürdigt  wurde« 

Das  zweite  war  ein  körperliches  Unglück, 
mein  plötzliches  Erblinden  auf  dem  rechten  Auge. 

Am  20.  Norember  1798  war  ich  bei  sehr 
kalter ,  nasser  Witterung  in  einem  offenen  Wa- 
gen zu  einem  Kranken   drei  Stunden  weit  ge- 
fahren und  Abends  8  Uhr  sehr  durchkältet  und 
durchnäfst  zurückgekommen.     Hier  fand  ich  das 
eben  herausgekommene  Gedicht  Goethe*s ,  Herr- 
mann   und    Dorothea,    fiel  darüber  her,   und 
durchlas  es  fast  ganz  bis  Mitternacht  unter  gro- 
Iser  Anstrengung   meiner  Augen ,   schlief  dann 
bis  7  Uhr  und,   als  ich  erwachte,  war  ich  in 
dieser  Nacht  auf  dem  rechten  Auge  Yollig  blind 
geworden  ;•  ich  sah  da  nichts  als  eine  dunkel- 
gc^auQ  Wolke«    Es  war  offenbar  Amaurosis  a 
.  metastasi  rheumatica  et  nimia  intentione  nerri 
optici.    Meine  Freunde   Lader,   Starke  Bem^ 
steii^  thaten  Alles  zur  Hebung  des  Uebels,  aber 
ÄU^swar  Targebens;  ich  bescblofs  endlich,  ein 
Inalbes  Jahr  die  Augen  gar  nicht  anzustrengen, 
machte    eine  Reise   nach  Doberan,    Pjrmont, 
fitaenlein  am  Rhein  (einem  Gute,   das  ich  ge- 
kauft hatte)  ^    brauchte    das  Seebad  und  Pyr- 
mont; aber  Alles  war  vergebens«    Mein  Auga 
'blieb  blind,    ist  es  bis  an  den  beutigen  Tag 
{<L4.  Juni  1831)  geblieben  9  und  Gott  bat  mir 


-     35     -  . 

dennoch  das  andere  Auge  so  erhalten ,  dab  ich 
noch    so   viel    io   diesen  dreifsig  Jahren  habe 
thun  können.     Aber  freilich  damals  machte  die- 
ses Unglück   einen  grofsen  Eindruck  and  hatte 
einen    entscheidenden  Einflurs  aaf  mein  ganzes 
Leben  und  künftiges  Scbicksal.    Ich  mofste  näm- 
lich, mit  grofser  Wahrscbeinlichkeit  annehmen^ 
dafs  ich  auch  das  andere  Auge  verlieren  v?Srde* 
Die  erste  Folge  war:   dafs  meine  literarischen 
und  praktischen  Arbeiten  gänzlich  unterbrochen 
wurden  (der  2te  Band  der  Pathologie  blieb  da- 
durch zurück);   die  zweite,   dafs  ich  mich  für 
die  Zukunft  darauf  einrichten  mufste,  als  blin- 
der Mann  noch  nützlich  zu  sejn,  und  das  konnte 
nur   als    Lehret^  und   Schriftsteller  geschehen; 
die  dritte,  dafs  ich  mich  nun  zum  Vorlesen  und 
Dicliren  fremder  Hülfe   bedienen  mufste,  und 
dies  war  der  Grund ,  dafs  ich  junge  Studlrende 
zu  Hausfreunden   und  Hausgenossen  annehmen 
mubie,   Harbauer  und  Bischaff[   *—     Ich  war 
so  glücklich,   dem  Kummer   nicht  zu  unterlie- 
gen ,   sondern   mich  bald  wieder  zu  ermannen, 
neue  Kraft  zu  sammeln,  und  im  Vertrauen  auf 
Gott  meine  Geschäfte,  wenn  auch  schwieriger 
und  unvollkommener^  fortzusetzen.  Ich  bin  über- 
zeugt ,  hätte  ich  mich  dem  Gram  und  den  Thrä- 
nen  hingegeben^  wie  so  Viele  thun^  ich  hätte 
das  andere  Auge  verloren, 

Aufserdem  hatte  auch  mancher  stille  Kum- 
mer des  Herzens  mich  längst  dahin  gebracht, 
auf  alles  irdische  Glück  zu  verzichten  und  mich 
ganz  dem  höhern  geistigen  Leben  zu  widmen^ 
ja  den  wirklichen  Uebergang  in  jene  Welt  als 
ein  Glück  zu  betrachten.  -— 

So  fand  mich  das  Jahr  1800,  nicht  mehr 
freudig,    noch    weniger    übermüthig,    sondern 

C2 


—     36     — 

xlenilich  niedergebeugt  und  bekUinmert ,  dasn 
auch  die  ('ti^fsere  Lage  nicht  melir  ermunternd 
und  erfreulich.  Denn  durch  die  französische 
Rerolution  und  den  sich  aach  in  Teutschland 
regenden  Jacobinisimis  und  Sanscülottisinui,  war 
bei  den  Monarchen  grofses  Mifstranen ,  beson- 
ders gegen  Gelehrte  und  Acadeinien  entstanden, 
und  selbst  unser  treffliche  Fürst  war  durch  man- 
che freie  Aeufserungen  der  Jenaischen  Profes- 
soren und  durch  die  bei  jungen  Leuten  so  leicht 
jBu  erregenden  Freiheitsideen  der  Jenaischeo  Sto- 
dentton  etwas  Ton  seiner  frühern  Liebe  für  Jena 
abwendig  gemacht  worden ;  — •  er  besuchte  m%  , 
nicht  mehr,  die  früher  versprochenen  and  be- 
connenen  Verbesserungen  blieben  ans»  und  ich 
ftlsbtosondere  konnte  das  mir  irersprochene  und . 
so  nötliige  Krankenhaas  nicht  erhalten,  sondern 
es  schien ,  dafs ,  wenn  eins  errichlet  werden 
sollte,  solches  einem  Andern ,  welcher  in  Wei- 
mar mehr  persönlichen  Einflufs  hatte ,  zu  Theil 
Werden  würde.  Schon  verbreitete  sich  ein  Mifi* 
behagen  mehrerer  Professoren,  und  schon  war 
Fithte^  dtirch  seinen  unglücklichen  Atheisten- 
procefs  Teranlafst,  nach  Berlin  abgegangen* 
Alles  dies  machte  auch  mich  mifsmulhig,  und 
liefs  mich  für  die  Zukunft  nichts  Erfreuliches 
erwarten*  —  Da  erschien  ganz  plötzlich  und 
unerwartet  ein  Ruf  nach  Berlin  an  Seile's  Stelle^ 
als  Director  des  Collegium  medicnm,  Leibarzt 
und  ersten  Arzt  der  Charitö ,  mit  1600  Thalern 
^Gehalt*  Ich  verdankte  ihn,  wie  ich  nachher 
erfuhr,  aufser  meinem  literarischen  Rufe,  der 
Empfehlung  Beyme*s,  der  mich  bei  des  Königs 
Besuch  in  Weimar  im  vorigen  Jahre  persönlidi 
kennen  .  gelernt  hatte.  In  meiner  jetzigen  in« 
oern  und  Sufsern  Lage  konnte  mir  diesev  An« 
trag  nicht  anders  als  ein  Ruf  von  Obeni  alt 


--    37    -. 

cioo  gnädige  Fiigoog  des  himmUscben  VAter» 
^  ertcbeioen,  besooders.da  er  so  gansohn«  mein 
^  Zotbnn  erfolgte.  In  Jena  trübten  sieb  die  Aus« 
siebten  für  die  Zukunft,  hier  öffnete  sieb  mir 
ein  grober,  eifrenlicber  Wirkungskreis,  ein 
grofaes  Krankenbajis  ^  wo  ic)i  aU  kliniscber 
Lehrer  mehr  Nutzen  stiften  konnte,  ein  weni- 
ger beengtes  Leben,  ein  liberaler,  unter  einer 
neuen  Regierung  neu  aufblShender  Staat,  und, 
was  för  meine  individuelle  Lage  und  als  Fa- 
niilienTater  besonders  wichtig  war,  in  einem 
grofsen  Staate  eine  scbBne  Aussicht  in  die  Zu- 
kauft fSut  mich  und  meine  Kinder. 

In  diesem  Sinne  war  der  Entschlufs  l>ald 
gefafst«  Ich  legte  mein  Lehramt  uiedor^  dank- 
bar gegen  den  .Fürsten,  der  uiich  i)»hiri  ge« 
setzt,  und  gegen  die  Akademie,  die  iiiM^h  acht 
Jahre  lang  eo  freundlich  und  ehrenvoll  gepÜegt 
hatte,  und  (rat  mit  neuem  iUuthe  die  neu  err 
öiFnete  Bahn  an. 

Meinem  Beispiele  folgten  nachher  mehrere 
der  ausgezeichnetsten  Lehrer,  Loder^  Paulus^ 
Schelling,  Hufeland  ^  so  dafs  es  einer  Emigra- 
tion ähnlich  war.* 

Während  meines  Aufenthalts  in  Jena  wur- 
den mir  zwei  liebe  Kinder  geboren,  Julie  in 
Jena  und  Laura  am  Rhein,  wohin  sich,  ihre 
Mutter  wegen  sehr  geschwächter  Gesundheit 
begeben  mufäte. 

Durch   meine    literarischen    Arbeiten,    be- 
sonders die  Makrobiotlk  und  das  Journal,  hatte 
ich    so   viel    gewonnen ,     dafs   ich    ein   Kapital 
von    10,000  Thalern    besafs,    welches   ich  znni 
Ankauf  des  Gutes  Uaeoleiu  an  der  Bergslral&e 


—     38     — 

fSr  30,000  PL  Rheinisch  yerwendete,  welches 
ich  mir  ah  Asjl  für  mein  Alter  dachte,  über 
was  sind  der  Menscheo  BerechnuDgeo  ?    Wie 

Sans  anders   ist   es   gekommen?  •—    Achtzig 
[eilen  daron,  im  Thiergarten  bei  Berlin ,  habe 
ich  dieses  Asyl  gefunden.  -* 


«-.     39     ~ 


IL 

Beobachtangen 

einiger 

merkwfirdigen  FäUe  von  harfnäk-- 
kigem  Erbrechen. 

Von 

Dr.  F.  BHSse, 

K.  Medizinal -Ratlie  ond  Hofimedikas  xa  Detiin« 


(Vorgetragen  d.  3.  Fe^.  1837  in  der  Hofelandisdiea  mcdi« 
dnisch  -  chirorgischen  Gesellschaft  txl  Berlin.) 


,      -  I 

"ie  Pathogenie  dea  Vomitat  chronlcnt  ist  In 
▼ielen  Fällen  danke!  and  schwer  so  emiren» 
Oft  bedarf  es  einer  fortgesetsten  Untersachang 
und  genauen  Beobachtung'  des  Kranken,  eh# 
-wir  nur  mit  einiger  Sich^theit  £a  bestinmilill 
Tennögen :  ob  in  casa  concreto  ein  dynamisches^ 
oder  ein  organisches  Leiden  zum  Grande  liege? 
— >  Und  anch  nach  der  sorgfaltigsten  Erwagong 
aller  ätiologischen  Momente,  wie  oft  bewebl 
uns  der  Ausgange  data  wir  irrten f  Die  lanr^ 
Dauer  and  die  Heftigkeit  eines  Kiankheilsf 
let  veranlassen  iinS|  'äsüsitf  «tfohiene^  -berilü 


.  1 


^     40     - 

Aerzte  la  consultlren ;  wiederholte  jremeiaschaft« 
liehe  Beobachtung  und  Berathuog  iubreD  daraiif 
bio:  die  Krankheit  für  unheilbar  zu  erklareo, 
eia  organiftches  Leiden  bestimmt  zu  erkenoeo» 
Prognosis  pessimal  aber  siehe,  gegen  alle  Er- 
wartung hört  das  Erbrechen  auf,  die  Gesund- 
heit kehrt  wieder«  —  Nicht  selten  findet  in- 
defs  auch  der  entgegengesetzte  Fall  Statt.  Das 
chronische  Erbrechen  steht,  unserer  Ansicht 
nach,  eyident  als  ein  rein  dynamisches  Leiden 
da;  \Yir  glauben  von  dem  Kichtrorhandenseyn 
organischer  Entartungen  überzeugt  seyn  zu  kön- 
jken  Dod  versprechen  Heilung;  a bar  der  Erfolg 
macht  unsere  Diagnose  und  Prognose  zii  Schan- 
den^ das  Erbrechen  hört  nicht  auf,,  spricht  al- 
len ^  auch  den  kräftigsten  Mitteln  Hohn,  der 
Kranke  verfällt  in  Tabes  und  gebt  langsam  dem 
Tode  entgegen,  wenn  nicht  ein  heftiger  Unfall 
oder  :Apoplcxia  nervosa  ihn  plötzlich*  voji  sei- 
nen langen  Leiden  befreit.  Die  Section  zeigt 
uns  Verdickung  oder  Verhärtung  der  Mageii- 
laute,  Verv^achsungen  des  Magens  mit  Leber 
oder 'Milz  u»  dgl«  m.;  wir  staunen  und  können 
uns  nicht  erklären,  fvann  und  wie  diese  be\ieu- 
tenden  Desorganisationen  zu  Stande  gekommen 
ftindV  de  der  ELrankeiiie  über  heftige' ui^d  dau- 
Hf^de  Schineczto,  geklagt,  höchstens  an  perio« 
^ctKor  Gastrodjnie>oder  Cardialgie^elitteq,  nie 
nber  .Witt  SpprvDn. Entzündung,  so  weit  wi« 
nach  Jn  seiner  KcanVbeitfgeachicbtf.  zMruckgOr 
^efi>  fii)lBi;stdnd«ix  Mt* 


« ;:..^Die  Fatbof^nie  des  icbropisch^n  Erbrechens 
firf.  «bar  auch  «inj»  höchst  vQrwiflceltj»^  Kaum 
ijüffftie  es  i^eod  ^io  in  der  specie^len  Patbolo« 
gie.  Mfzufuhrendei   Causalmoment.  geb«n^   das^ 


^     4i     -^ 

Dicas  EU  erzeugen  im  Stande  wa'te«  Das  chro- 
piscbe  Erbrechen  kann^  if?ie  die  alten  Patholo- 
gen sich  au»drück(en,  ein  morbus  cum  veL  sino 
materia  seyn.  Die  Cootenia  des  Bjagens  und 
l)armkanaU,  ob  Tpn  aufscn  eingeführt,  oder  in 
ihnen  erzeugt,  todle  und  lebende,  können  lange 
Zeit  liegen  bleibeq,  als  fremde  Reize  forfwir-p 
ken,  das  Erbrechen  stets  von  Neuem  erregen, 
ohne  selbst  durch  dasselbe  teraangeiordert  zi| 
werden  9  nnd  nach  Wochen  und  Blonateo  kann 
die  alte  hippocratische  Rege) :  Tomltus  Tomitu 
curatur,  noch  mit  dem  besten  Erfolge  durch  Dar* 
reichung  eines  Emetici  in  Anwendung  kommen. 

Aber  dergleichen  materielle/  wie  jede  an- 
dere entfernbare,  Ursachen  des  Vomitus  chro- 
nicus können  beseitiget  seyn ,  ohne  dafs  wir 
ihn  dadurch  heilen.  Das  Erbrachen  wird  leicht 
iiabituell,  pnd  besteht  blofs  y|  cpnsqetudinis^ 
mit  Hartnäckigkeit  fori  ^  indem  der  Magen  die 
erlangte  krankbi^fte  ConvulsibilitHt  behält,  wie 
etwa  die  Muskeln  und  ^lerYen  aufserer  Theila 
bei  ConTulsionen  ,  oder  wie  eine  Epilejisie,  die 
bei  den  geringfügigsten  Ursachen  wiederkehrt, 
obgleich  sie  ursprünglich  blofs  .durch  das  An- 
schauen eines  epileptischen  Anfalles  entstanr 
dea  war. 

Hahen  wir  zureichenden  Grund,  den  con- 
creten  Pall  als  ein  rein  dynamisches  Leiden 
anzusehen,  so  macht  es  oft  nicht  geringere 
Schwierigkeiten,  zu  bestimuieo  :  ob  der  Grund 
des  Uebeis  in  den  IMerren ,  in  den  Blutgefä- 
fsen,  oder,  aber  in  dsr  Schleimhaut  des  filagens 
seinen  Si<z  habe^  —  ob  und  wie  diese  patholu^ri- 
schen  Zustände  mit  einander  complicirt  und  so 
vereint  zur  Erzeugung  des  Uebeis  gewirkt  ha- 
ben?  -r-    Uysterismus  mit  Plelhora  uuiveibal\% 


—     42      — 

und  abdoinioalift^  Blutconge«tioD  nach  den  Ma« 
genhäoten  bei  allgemeiner  Nerveoftchwäcbe, 
chronische  Leiden  der  Darmschleimhaat  bei 
Hypochondrie  u,  a.  w. 

Hienächst  nehmen  etwaige  Buckwirlungen 
pathologischer  Zustände  anderer  Organe  unsere 
ganze  Aufmerksamkeit  in  Anspruch;  Reactio- 
nen  auf  den  Magen  nach  dem  Gesetze  des  Con- 
sensus  oder  des  Antagonismus,  wie  wir  sie  be- 
obachten von  Cerebralaffectionen ,  dynamiscBer 
oder  organischer  Art,  und  noch  häufiger  yoo 
Krankheiten  der  Leber,  der  Blilz,  des  Pan- 
creas,  der  Nieren,  der  Harnblase,  des  Uteroa 
und  des  ganzen  Tractus  intestinorum  mit  sei-' 
nen  Contentis  an  Secreten  oder  lebenden  und 
todten  Afterproductionen. 

Endlich  bilden  einen  wichtigen  Punkt  der 
Untersuchung  die  allgemeinen  Krankheiten  des 
ganzen  Körpers,  die  metaschematisch  oder  me- 
tastatisch auf  sehr  mannigfache  Weise  den  Ma- 
gen in  ihre  Sphäre  ziehen ,  wohin  besonders 
die  Dyscrasien  und  die  Secretioneo ,  wenn  sie 
unterdrückt  werden^  zn  rechnen  sind.  — • 

Diese  kürzen  Andeutungen  erlaube  ich  mir 
als  Einleitung  vorauszuschicken  zn  einer  Reih# 
Krankheitsfälle  von  chronischem  Erbrechen» 
welche  ich,  im  Laufe  einer  mehr  als  25}äliri- 
gen  Praxis  beobachtete,  und  mit  Terschie4o- 
nem  Erfolg  behandelt  habe. 

Als  ein  Hauptergebnifs  der  gewonnenao 
Erfahrungen  mochte  ich  die  Warnung  für  jBn- 
gere  und  vielleicht  auch  für  manchen  altem 
Collegen  aufstellen:  nicht  zu  rasch  und  nicht 
zn  sicher  bei  chronischen  Krankheiten  über- 
haupt^ beim  chronischen  Erbrechen  aber  gaos 


—   43   r-  : 

besonders, 'den  Ausspruch  zu  wagen :^  Hier  ist 
ein  Morbus  orgauicus,  milhin  iasanabilisl    Di« 
Erkenntnifs  ist  zu  schwer,   ein  Irrtbum  immer 
möglich.     Wenn    wir   uns   in  einem  bestimm- 
ten Falle,  Ton   der  ganzen  frühem  Lebensge- 
schichte  des  Pat.  nacn  allen  pathologischen  Mo- 
menten hin,   so   wie  Ton   der  Entstehung  und 
allmähligen     Ausbildung    seines    gegenwärtigen 
Leidens  genaue  Kenntnifs  verschafft,  und  diese 
darch  wiederholte  Krankenexamep   und   sorg- 
fältige Beobachtung  ergänzt  und  verTollständi- 
get  haben ,  hiernach  das  XJebel  als  einen ,  durch 
die  Concurreuz  dieser  oder  jener  Schädiichkei-* 
ten  bewirkten^  dynamischen  Krankheitszustan- 
des erkennen  zu  müssen  überzeugt  sind,  und  ein 
passendes  Heilrerfahren  dagegen  in  Anwendung 
gebracht   und  lange   Zeit  hindurch  mit  Beharr- 
Uchkeit  fortgesetzt  haben,  das  Uebel  aber  den- 
noch allen   unsern  Bemühungen  Hohn  spricht, 
das  Erbrechen  immer  und  immer  wiederkehrt^ 
wenn  es  besonders  ein  Yomitus  ingestorum  is^ 
jegliches   Nahrungsmittel,    auch    das  mildeste, 
alle  Beschwerden  hervorruft,  und  durch  Erbre- 
chen ,  in  kürzerer  oder  längerer  Zeit  nach  dem 
GeDoCs,  wieder  ausgeworfen  wird:  müssen  wir 
dano   nicht  fürchten,    uns   in    dieser  Diagnose 
geirrt  zu  haben?  und  kann   man   ans   tadeln, 
wenn  wir  unter  solchen   Umständen  der  Ver« 
mothong  Raum  geben,  sie  auch  wohl  ausspre- 
chen,  dafs   doch  wohl  eine  organische  Entar- 
tung in  medio  sey?   die  Prognose  daher  zwei- 
felhaft   und    ungünstig  gestellt  werden  müsse? 
GewiTs  nicht!    Aber  nichts  destoweniger  ist  es 
eine  heilige  Pflicht ,  solche  Vermuthungen  nicht 
gleich  als  apodiktische  Wahrheiten  hinzustellen, 
im  Gegentheil   müssen   wir  sie,   zum  Heil  des 
liianken,  immer  von  Neuem  einer  scharfen  Kri- 


-     44     - 

tik  unttryyerfjBD ,  4amil  lyir  nicht  in  der  Fort- 
setzuDg  der  Kur  erinüdeD,  ja  gelähmt  werden^ 
und  in  ^er  Ueberaseuguog ,  üafs  die  HeiluDg  des 
Kranken  aufser  den  Grenzen  der  Kunst  liege^ 
uns  hiofs  auf  Palliativmittel  beschränken,  und 
YOQ  der  Anwendung  solcher  Arzneien  ganz  ab« 
stahen ,  von  denen  i  nach  einer^  mit  Besonnen- 
heit aufzusuchenden  Indication,  eyentualiteri 
doch  noch  eine  günstige  Wirkung  zu  erwarten 
teyn  dürfte.  Jiierzi^  einige  Bfslege  aiis  der  6r<« 
fahrung! 


1. 

Dorothea  K« ,  die  Frau  einea  Tischlert  za 
P. ,  42  Jahr  alt,  Mutier  mehrerer  gesunder  Kin- 
der, regelmäfsig  menstruirt,  Ton  bager«m| 
schwächlichem  Körperbau,  litt  seit  meh^eraii 
Jahren  an  Cardialgie^  welche  «ie  sich  durch 
Erkällnng  und  vielen  Aerger  zugezogen  traben 
y^oUle.  Die  Anfälle  kamen  alle  8  oder  14  Tagi» 
und  seltener,  oft  nach  ganz  geringfügigen  Ur-' 
Sachen,  und  waren  immer  mit  sehr  schmerz« 
haftem  und  gewaltiamen  Erbrechen  verbunden, 
wodurch  Alles,  was  Fat.  im  Magen  hatte,  und 
oft  die  bereits  vor  mehreren  Tagen  genossenen 
Speisen^  mit  Schleim,  Wasser  und  Galle  yerr 
mischt,  ausgeleert  wurden»  Mach  und  nach 
erschienen  solche  Anfälle  immer  häufiger,  bit 
endlich  Fat,  täglich  mehrmals,  und  beinahe  nach 
dem  Genufs  aller  Nahrungsmittel  bald  mit  mehr 
bald  mit  weniger  Schmerzen  brechen  mufste, 
und  dadurch  im  höchsten  Grade  erschöpft  wurde« 

Fat.  wandte  sich  lln  einen  noch  lebenden, 
auch  in  der  literarischen  W«lt  hocbberülunten 


••     45     — 

Arzt  ibrct  Wohoortei^  welcher  eia  s^hr  sorg- 
fältiges ,  TOD  leichtern  za  kräftigem  Heilmitteln 
fortschreitendes  Heilverfahren  instituirte,  das 
jedoch  sieben  Monate  hindurch  nur  temporSra 
Milderung,  aber  keine  .dauernde  Heilung  be* 
'Wirkte^  da  er  sich  dann  yeranlafst  fand,  dem 
Mann  der  Pat.  die  Besorgnifs  auszdspfechen : 
dafs  doch  wohl  ein  orgartischef  Fehlet  des  Ma- 
gens Torhanden  und  die  Krankheit  unheilbar 
sejn  diirfte.  Dies  bewog  die  Kranke,  den  Bit- 
ten einer  hieran  Berlin  lebenden  Verwandten» 
welche  ich  von  einer  inveterirten  Cardiajgie 
befreit,  hatte,  OehSr  zu  geben  und  sich  mei- 
ner Behandlung  anzuvertrauen^  .Sie  kam  also 
higher  und  ward  auch  sogleich  ^von  heftigem 
Magenkrampf  nnd^  Erbrechen  befallen. 

Man  rief  mich,  und  ich  fand  die  Pät«  so 
leidend,  dafs  ich  kein  gründliches  Kranken- 
exameo  anstellen  konnte,  sondern  mich  damit 
begnügen  mufste,  zur  einstweiligen  Beschwich- 
tigung ihrer  Beschwerden ,  ein  Brausepulver  mit 
Extr.  Hyoscyam.  exsicc.  gr,  j  zu  reichen.  Das 
erste  Pulver  ward  wieder  ausgebrochen,  das 
zweite  behielt  Pat  aber  bei  sich  ;  Brechen  und 
Schmerzen  liefsen  nach,  und  die  Kranke  legte 
sich  erschöpft  zu  Bette.  Ich  verordnete  ^  alle 
2  Stunden  eins  der  Pulver  fortzugeben. 

Ein  gan2!es  Paket  Recepte  ward  mir  zur 
Einsicht  vorgelegt.  Potio  fiiverii,  Bransepul- 
Ter,  Narcotica^  Nervina,  namentlich  Baldrian 
und  Chamillen,  Bismuth-  und  Zinkoxyd,  Ga- 
storeum,  Liq.  C.  C.  succ. ,  Oele,  wie  Gajeput- 
und  Chamillen -Oel,  endlich  auch  Opium,  wa- 
ren successive  angewendet  worden ,  hatten  aber 
das  rebellische  Uebel  nicht  beschwichtiget.  Es 
war  sehr  interessant^  m  der  Zeitfolge  dec  äcz>l« 


—     46     — 

liehen   Verordnungen   den  besonnenen  und  sy- 
stematischen Gang  der  Kur  zu  übersehen.   Hier 
fand   kein  unsicheres  Umherirren ,  kein  planlo- 
ses Abspringen    von    diesem    zu  jenem   Mittel 
Statt  ^  wie  man  es  nicht  selten  bei  langwierigen 
Kuren  wohl  findet,  vielmehr  waren  alle  durch 
die  Erfahrung  bewährte  Arzneien  in  steigenden 
Dosen  und  sinnigen   Gombinationen ,   nach  and 
nach  zur  Anwendung  gekommen  und  mit  Beharr- 
lichkeit fortgebraucht  .worden«    Nur  die  letzto   . 
Verordnung    überraschte  mich    und   schien   za 
beweiseo,    dafs  der  Arzt^   durch  die  lange  Er- 
folglosigkeit seines   Verfahrens  ermüdet,   auch 
einmal  zum  Ungewöhnlichen  gegriffen^  und  sein 
Heil  in    einem   Mittel  gesucht  hatte  ^    das  viel- 
leicht nie  zuvor  in  ähnlichen  Krankheitszustän- 
den  angewendet  worden  ist.    Es  war  Plumbum 
dceticum  alle  2  Stunden  zu  |  Gr.!  —  welches 
er  yermutblich   nur  allein  in  der  Absicht  gege- 
ben  hatte  ^    die    so   hochgesteigerte   SensibilitSt 
und  Reizbarkeit  des  Magens  kräftig  zu  depri- 
miren,   gleichsam   zu    lähmen,    nach    Analogie 
der  Wirkungen  des  Bleies  auf  die  Nerven  über- 
haupt.   Auch  dieses  Mittel   war^  gleich  allen 
übrigen^  ohne  Erfolg  geblieben. 

Am  andern  Morgen  sah  icl^  die  Pat.  wie- 
der und  war  nicht  wenig  überrascht,  sie  wohl 
und  munter   zu  finden«     Meine  Pulver  hatten 
Wunder   gethan.     Sie  hatte  nüchtern  eins  der- 
selben genommen ,  dann  schon  KajQee  und  Zwie- 
back   gefrühstückt^   und   dessenungeachtet  und 
gegen  die  Regel,  weder  Brechen  noch  Schmer- 
zen gehabt.     Ex  juvantibus  yerordnete  ich  da- 
her den   Fortgebrauch   der  Pulver  alle  2  Stun- 
den ein  Stück y   und  verschob,  weil  ich  in  der 
Zeit  beschränkt  war^  ein  sorgfältiges  Kranken- 


r 


—     47      — 

ezamen  i  so  wie  den  Entwurf  eines  zweckniK- 
fsigen  Karplans  auf  Morgen.  Aber  am  andern 
Tage  befand  sich  Pal.  noch  besser;  durch  das 
Krankenexainen  erfuhr  ich  wenig  mehr,  als 
dasj  was  ich  Eingangs  dieser  Erzählung  mi(- 
'  getheilt  habe.  Die  Kranke  hatte  die  ihr  ge- 
statteten leichten  Speisen  mit  Appetit  verzehrt, 
nicht  gebrochen  und  gut  geschlafen«  Von  den 
Polvern  wurde  nach  und  nach  immer  seltner 
genommen,  zuletzt  nur  Morgens  und  Abends 
eins,  und  das  Befinden  der  FrauK^  wurde  alle 
Tage  besser. 

Sie  blieb  bis  In  die  dritte  Woche  in  Ber« 
lin ,  kehrte  dann  nach  Hause  zu  ihren  Wirth- 
•chaftsgeschäften  und  zur  früher  gewohnten 
Hausmannskost  zurück ,  und  hat  von  jener  Zeit 
ab  nie  wieder  eine  Spur  des  Magenkrampfs  und 
Erbrechens  gehabt*  Ich  sah  sie  zwei  Jahre 
später,  sie  war  vollkommen  wohl  und  pries 
meine  grofse  Geschicklichkeit,  die  sich  in  den 
wudderthätigen  Brausepulvern  mit  Hjoscyamus 
kund  geihan  hatte«  —  Wie  hoch,  oder  viel- 
mehr wie  niedrig  ich  meine  Verdienste  bei  die- 
ser Kur  anzuschlagen  hatte ,  wufste  ich  am  be- 
sten ;  wie  viel  ich  aber  auf  die  Wirkung  des 
verordneten  unbedeutenden  Mittels  geben  sollte, 
war  in  der  That  nicht  leicht  zu  bestimmen« 
War  vielleicht  zu  jener  Zeit  gerade,  in  dem 
Korper  der  Frau,  und  nachher  in  ihren  aufsern 
Verhältnissen  irgend  eine  günstige  Veränderung 
vorgegangen ,  so  dafs  jetzt  ein  leichteres  Mittel 
das  bewirken  konnte,  was  ein  kräftiges  und 
mit  Einsicht  instituirtes  Heilverfahren  bis  dahin 
nicht  vermochte?  Dies  ist  möglich!  ich  konnte 
aber,  so  viel  Mühe  ich  mir  auch  gegeben,  nichts 
darauf  Bezügliches  erfahren,   und  mufste  mir 


es    offen   gestehen^   dafs  der   Zufall  allein  mir 
gedient  halt0>  eioe  anscheinend  so  brillante  Kur 
zu   inacben,    bei   der   mein    einziges  VerdieDSt. 
Tielleicht  darin  bestand^  dafs  ich  Ton  dem  ein- 
mal verordneten  3Iiltel,    ungeachtet  seiner  Ur«' 
bedeutenheit  und  der  anscheineiiden  Wichtigkeit 
der  Krankheit^  nicht  absprangt  sondern  es  fort- 
brauchen liefs^  weil  es  gutthat:  und  somit  dea 
f'ehler  Termied ,  welcher  jungen  Aerzten  eigen 
ist   (und   ich   befand  mich  damals  noch  im  er^' 
s(eü    Liistrum    meiner    praktischen    Laufbahn),, 
nämlich    alle  Tage   andere  Mittel  zu  verschrei-' 
ben  ^   um   schnell  und  sicher   zu   heilen,     j^aa 
vergesse  nie  die  alte  praktische  Regel:   Ex  ju^ 
vantibus  ei  nöcehiihus  optima  jii  indicatiol  -^ 

2. 

Gin  Mädchen  von  28  Jahren ,  früher  !o  gu- 
ten Umständen  lebend,  durch  den  Verlust  ihrer 
Aeltern  aber  in  eine  sehr  drückende  Lage  vcir« 
setzt,  hatte  ihre  todtkranke  Mutter  viele  Wo« 
eben  lang  Tag  und  Nacht  allein  gepflegt^ ^dal^ei 
kneist  nur  von  Brod  und  KaiTee  gelebt^  und 
sich  so  im  höchsten  Grade  erschöpft.  Ein  ga- 
strisch -  nervöses  Fieber  war  die  Folge.  E$  ward 
mit  Brech-^  und  Abfdhrmittein  glücklich  bekämpft ; 
aus  demselben  entwickelte  sich  aber  allmänlig 
das  jetzt  näher  zu  schildernde  Krankheitsleiden,, 
wegen  dessen  ich  um  Bath  gefragt  wurde  ^  wel- 
ches bereits  seit  mehreren  Monaten  bestand,  and 
die  Kranke  in  einen  Zustand  yon  Tabes  yer« 
setzt  zu  haben  schien. 

Ich  fand  Pat.  im  ßette  liegend,  bleich  und 
abgezehrt,  detf  Fuls  über  100  Schläge  klein  und 
weich.  Die  Kränke  klagte  über  einen  drücken- 
den Schmerz  in  der  Hageogegend^  der  aie  im* 


—     49     — 

lals  gans  rerUeba  ond  bei  Berühraog  der  B^ 
ia  epigastrica  saoehme.  Letitere  wer  aufjie» 
iebeo  und  gespaoot;  eine  bettimmte  amschrie* 
»e  Härte  aber  durch  die  sehr  dfiooen  Baacb« 
»cken  nicht  hiodnrch  sa  IHhlea«  Die  Zooge 
ar  mit  einem  weihen,  lockern ,  gleichmaüu- 
m  Ueberzag  hedeckt,  der  Geschmack  fad« 
id  widerlich,  ond  die  Kranke  brach  beinah« 
lies,  was  sie  genob,  namentlich  alle  festen 
>eiseD,  wieder  aas,  kurze  Zeit^  nachdem  sie* 
ese  xa  sich  genommen.  Gleichzeitig  wurde  viel 
:hleim  und  eine  wäfsrige  Feuchtigkeit  ausge- 
Brf,  TOQ  derPat.  klagte,  dafs  sie  einen  eigen- 
fimlich  unangenehmen,  aber  nicht  genauer  an 
«eichoenden  Geschmack  hatte.  Das  Ausge-i- 
ochene  yerbreitete  einen  zwar  nicht  starkeii| 
»er  specifisch  widerlich  faden  säuerlichen  Ge« 
ich.  Der  Stuhlgang  fehlte  nicht  ganz.  Es  er* 
Igte  eine  ziemlich  normale  Ausleerung  alle 
-*-  3  Tage  in  geringer  DIenge.  Die  Bfenstrua« 
m  hatte  sich  ebenfalls  ziemlich  regelmäTsigi 
»er  sparsam  eingestellt. 

Ich  Termnthete  eine  bedeutende  VerstlUH 
nog   und  perverse  Secretion  der  Schleimhaut 
s   Magens,   und  verordnete  demgemäfs   eine* 
ilotion   Ton   Salmiak   und   nach  24   Stunden 
n  Brechmittel.    Es   wurde  viel   Schleim  tob 
eilsgelblicher  Farbe  mit  untermitchten  bräuii*' 
:hen  Flocken  und  etwas  Galle  ausgeleert,  im. 
■linden   der  Fat   aber   dadurch  keine  Veran-* 
rong  herrorgebracht.     Ich  schritt  nun  zu  be« 
nftigenden  und  krampfstillenden  Mitteln :  Koh«' 
Bsäure  in  verschiedenen  Formen ,  als  Brause-' 
Aver,   Saturation   und  künstliches  Selterwas*' 
r,  dabei  Hyosc,  Aq»  Laurocerasi  und  Bella-* 
>nna,  erst  allein,  dann  combinirt^  mildtllen 


—     60     — 

ditf  Beschwerden}  machten  das  Erbrecheta  selteneri 
hoben  es  aber  nicht  ganz.  Die  Metalloayde  glaubte 
ich  f  als  an  und  für  sich  schwer  yerdaulich  und 
cmde,  hier  nicht  an  wenden  zu  dürfen.  Ich  forschte 
sorgfältig  nachj  ob  yielleicht  irgend  eine  Se- 
cretion   yermindert   oder  unterdrückt  sej,   für 
welche  die  Magenschleimhaut  Ticariirend  ein- 
getreten wäre ,  wodurch  dann  das  Erbrechen  er- 
zeugt wurde.    Menstruation,  Stuhl-  und  {lam- 
ausleeroDg  waren,   wie  schon  gesagt,  normal, 
Bautausschläge  waren   nicht  da  gewesen,  und 
an  rheumatischen  Beschwerden  hatte  Pat*  nicht 
gelitten,  obgleich  sie  zugab,  während  der  Krank- 
heit ihrer  yerstorbenen  Mutter,  bei  deren  Pflege 
lieh  .Tielen  Erkältungen   ausgesetzt    zu   haben, 
(«eher,  Milz  und  Darmkanal,  boten  nichts  Pa- 
thologisches dar.    Endlich   erfuhr  ich  auf  mein 
bestimmtes   und    wiederholtes   Forschen,    dals 
Fat.  früher  an    Fufsschweifsen    gelitten   hätte, 
diese  aber  seit  längerer  Zeit,   uud   ohne   be- 
stimmte    und    directe    Veranlassung    allmählig 
Tersch wunden,  wären.    .  Ich   glaubte  hierin  ein 
neues  Heilobject  gefunden  zu  haben ,  liefs  warme 
Ettfiftbäder    verschiedener    Art    brauchen ,    und 
warme  Bekleidung  Ton  Wolle,  Pelz  undWachs- 
taffent  tragen«    Die  Füfse  wurden  zwar  danach 
wieder  feucht,  es  besserte  sich  aber  das  Befin* 
den   der  Pat.  auf  keine  Weise.     So  kam  ich 
denn  auf  den  Gedanken,  einen  deririrenden  Ge- 
genreiz zu  machen,   und  liefs  statt  der  aroma« 
tischen   und   narkotischen  Magenpfiaster ,   wel- 
che Pat.  schon  lange  getragen  hatte,  ein  gro- 
fses  Vesicator  auf  die  Regio  epigastrica  legen* 
Dies  erregte,  in  den  ersten  Tagen ,  "viel  Schmers 
und  einen  starken  serösen  Abflufs, 
aber  im  Befinden  der  Fat,  ebenfalls  nichts. 


^   dt    ^ 

Nach  mehreren  Tagen  üng  die  entxSndete 
Stelle  an  gehörig  zu  eitern ;  ich  lieh  die  Eite* 
nng  beharrlich  nnterhalteoij  zugleich  die  schon 
laogiit  TerordneteD    Tropfen    von   Extr.  Bella« 
dann,  in  Aqua  Laarocerasi  fortgebraochen,  nnd 
hatte  nnn  nach  etwa  10 — 12  Tagen  die  grofse 
Freude  y    eine  allmählig  fortschreitende   Besse* 
rang  eintreten  zu  sehen.    Dies  überraschte  mich 
sehr,  Teranlafste  mich  aber  zugleich ,   auf  alle 
Umstände  genau  zu  achten,    und  es  ward  mir 
nicht  schwer  zu  entdecken ,  da£s  die  Eiterfläche 
der  spanischen  Fliege  hier  zu  einem  eigenthiim- 
liehen   pathologischen   Secretionsorgane  gewor- 
den war.     Die  auf  derselben^  Statt  findende  Ab- 
sonderung zeigte  dem    äufsern   Ansehen    nach 
nichts  Ungewöhnliches  y    war  auch  quantitatir 
nicht  excessir^  exhalirte  aber  einen  eigenthüm- 
lieh  widrigen  Geruch,  welcher  der  Kranken  beson- 
ders lästig  war,  aber  auch  denen,   die  sich  ihr 
näherten ,  höchst  unangenehm  auffiel.    Alle  be- 
haupteten ,  dieser  Geruch  habe  die  grofste  Aehn- 
hchkeit  mit  dem ,  welchen  sonst  das  Ausgebro- 
chene verbreitet  hätte,   nur  sey  der  des  Vesi- 
cntors  viel   penetranter.     Von   der  Richtigkeit 
dieser   Angabe  habe  ich  mich  selbst  ToÜkom- 
men  überzeugt.     Nach  mehrwochentlicher  Dauer 
der  Eiterung  verlor  sich  der  Geruch  des  Setrets 
allmählig,    und  ich   llefs  die  spanische  Fliege 
langsam    und    mit    grofser  Vorsicht  eingehen. 
Die  Besserang  der  Pat.  blieb   constant.     Ihre 
vollständige  Genesung  erfolgte ,  da  die  Verhält- 
nisse  eine   recht    sorgsame   Pflege    unmöglich 
machten,  zwar  nur  langsam,  aber  beinahe  ohne 
alle  Medicamente  9   und  Pat.   hat  auch  später, 
so  viel  mir  bekanntgeworden^   keinen  Riick- 
fall  ihrea  Uebels  erlitten«  — • 

02 


—     62     — 

3. 

G^acldchU  eines  glücklich  geheilten  chronischem 
Erbrechens^  welches  7  Jahre  gedauert  haite. 

Es  war  am  21steii  Octbr.  1836,  als  ich 
Hro.  Aog.  B»«,  aus  L«,  den  Gegeostaiid  des 
XQ  arzähleoden  .Krankheitsfalles  |  2um  ersten 
Male  besachte* 

Ich  fand  den,  36  Jahre  alten  Patianten 
bleich,  in  hohem  Grade  abgesehrt  and  in  ei- 
nem halb  ohnmächtigen  Zustande ,  auf  dem  So- 
pha  liegen*  Sein  Puls  wer  klein  and  schwach, 
schlug  etwa  100  Mal  i&  der  Minute  |  die  Haal- 
temperatnr  war  normal» 

Nach    einigen    Minuten,     während    deren 
Pat.  von   meinem  Erscheinen  gar  keine  Notis 
genommen  hatte,  stiefs  er  plotzUch  einen  durch- 
dringenden  Schrei  aus^   wobei  der  Mund  ge- 
waltsam aufgerissen   und  die  Gesichtsmuskdn 
krampfhaft  yerserrt  wurden,   und  rerfiel  dann 
wiederum  in  den  Torigen  apathischen  Zustand 
xurück«    Kurze  Zeit  darauf  erfolgte  eine  spa* 
sliscbe  Zusammenschnürung  der  Halsmuskeloi 
und  Pat.  machte  die  heftigsten  Anstrengungen 
cum  Würgen    und    Erbrechen,    durch  welche 
dann,  nach  mehreren  fruchtlosen  Bemühungen, 
eine  Menge  Schleim,  Wasser,  und  endlich  die 
genossenen    Speisen    und    Getränke  ausgeleert 
wurden.     Darauf  lag  Pat.  wiederum  mehrere 
Minuten  erschöpft  und  regungslos  da,  bis  er 
plötzlich  und  zwar  abermals  unter  durchdrin» 
gendem  Schreien,  Ton  conTulsirischen  Zockan- 
gen   des  ganzen  Körpers,   besonders  aber  der 
untern  Extremitäten ,  einem  beginnenden  Schüt- 
telfröste nicht  unähnlich,  befallen  warde,   bei 
denen  jedoch  das  Bewulstseja  nicht  yerloren 


«    53     w 

ging;  Auf  diese  folgten  endßcb  fcefttfe  Kolik- 
ecbmerseD,  Teoeunue  uod  Dräogen  aof  den 
Urin^  die  den  Pat,  TOn  Neuem  io  die  giSbte 
Ab^annang  Tenetzlen,  welche  sein#  Umge- 
bangen  dnreh  eine^  Doeis  Eaaigäther  in  beaeUi^ 
gen  sachten« 

Das  Kranken -Examen  war  sehr  mBbtamy 
weil  Fat  seit  einigen  Jahren  an  Schwerhörig-' 
keit  litty  and  ans  Schwäche  die  ihm  Torgeleg- 
ten  Fragen  nur  mit  Anstrengung  cu  beantwor- 
ten Termochte»  In  ruhigem  Momenten  beschrieb 
er  indefs  die  Kolikscb  merzen  als  sehr  heftig, 
und  beseichnete  die  linke«Seite  des  Unterleibs, 
die  Nal>elgegend  und  von  da  aufwärts  gegen 
die  I^üz  bii^ ,  als  den  Hauptsits  derselben.  Ue« 
berdiefs  aber  erstreckten  sich,  seioer  Aof^be 
nach,,  die  Schmerzen  auch  abwärts  nach  dem 
Mastdarm  hin,  uod  dieser  würde,  auf  eine  ganz 
unleidliche  l^^'eise,  zusammengeprelst.  Die  an- 
gegebenen Stellen  des  Unterleibs  wollte  Fat« 
etwas  hart  und  geschwollen  fühlen ,  ich  konnte 
mich  aber  Ton  der  Richtigkeit  dieser  Angabe 
nicht  überzeugen* 

Von  allen  seioen  Leiden  marhte  der  Kranke 
eine  sehr  delaillirte,  lebhaft  ausgemalte  Schil- 
derung, und  fügte  derselben  noch  die,  ihm 
plausibel  scheioenden  pathologischen  Erklärun- 
gen hinzu*  „Verschleimuog  des  Halses  und 
^,der  Därme,"  meinte  er,  „sey  der  Grund  sei^ 
„oes  Uebels;  der  Schleim  müsse  immerfort 
,,ausgeleert  werden ,  und  er  wenigstens  swei- 
„mai  täglich  Stublansleerungen  haben  y  sonst 
„ginge  er  zu  Grunde  u.  s.  w."  —  Kurz,  ht 
perirte  ,sich  als  ein  ächter  Hjpochonder,  als  ei- 
ner, den  man  einen  Vir  hjstericus  nennen 
mochte  y  wozu  noch  kam^  dab  er|  als  ehema- 


—     54     — 

lig«r  Apotheker  y  nicht  nur  alle  Recepte  lai« 
und  die  Medicamente  ihren  Wirkungen  nach 
•inigeraialiien  kannte  ^  sondern  auch  die  Zweck« 
mäbigkeit  oder  Unzweckmäfsigkeit  der  ärstli- 
eben  Verordnungen  beurtheilen  xu  können  Ter* 
meinte. 

Der  Stuhlgang  war  schon  seit  Jahren  nie 
Ton  selbst  erfolgt,  sondern  immer  nur  darch 
drastische  Porgsnzen  prorocirt  worden.  Der 
Urin  dagegen  wurde  häufig  gelassen,  in  grö- 
berer oder  geringerer  Menge,  bald  wasserheU, 
bald  natürlich,  bald  dunliel  gefärbt.  Die  ge- 
nossenen Speisen  y  selbst  die  leicbtTerdaulich- 
sten,  wurden  mit  dem  gewaltsam  heraufge* 
ipnirgten  Schleim  wieder  ausgebrochen.  Die 
Zunge  fand  ich  dick  weifs  belegt,  und  Pat» 
batte  seit  9  Nächten  nicht  geschlafen,  und  das 
Sopha,  auf  welchem  ich  ihn  fand,  nicht  Ter- 
lassen  können. 

Von   dem  bisherigen  Arzt  unsers  Kranken 
erfuhr  ich,   dafs   derselbe  sich   seit  länger  als 
4  Monaten  hier  in  Berlin  befände,  und  während 
dieser  ganzen  Zeit,   unausgesetzt  und  nur  mit 
unbedeutenden  Variationen,    an   den   eben  be- 
schriebenen    Krankheitserscheinungen    gelitlen, 
welche  bisher  allen,  auch  den  kräftigsten  Art- 
neien  (beruhigend -krampfslillenden,  wie  resoU 
Tirend  ausleerenden) ,   hartnäckig  widerstanden 
hätten.     Er  habe  sich,    durch  die  Wichtigkeit 
des  Falles  9    gleich  bei  Uebernabine   der  Kur, 
bewogen   gefunden ,    noch  einen  altern ,    durch 
Wissenschaflllchkeit  und  reiche  Erfahrung  aus- 
gezeichneten, Arzt  zu  Rathe  zu  ziehen;    dieser 
habe   gemeinschaftlich  mit  ihm  die  Kur  gelei- 
tet, uud   nur  in  der  letzten  Zeit  den  Kranken 
'   nicht  mehr  besucht«    Kach  Allem  wäre  er  nicht 


h 


.    55     ~ 

abgeneigt,  An  organisdies  Leiden  des  Magent 
und  der  Uolerleibsorgane  als  Ursache  des  in 
Bede  eteheoden  KrankheHsfalles  aozanehmen« 
Ich  bat  ihn  nao,  am  mein  Urtheil  anbefangen 
u  erhalten,  mir  es  zu  gestatten,  von  der  bis« 
lierigen  Behaodlong  und  in  specie  von  den  an« 
gewandten  einzelnen  Mitteln  .  xnvitrderst  'keiner 
tpecielle  Kenotnifs  nehmen  zn  dürfen ,  yieltnehr 
winschte  ich  ihm  meine  Ansicht  Ton  dem  We« 
UD  der  Krankheit  nnd  der  dagegen  ansnstel« 
lenden  Knr  frei  nnd  offen,  blofs  nach  der  bis^ 
her  dayon  gewonnenen  Ansrhauang,  yorznle«* 
fsen.  Er  genehmigte  dies  sehr  gern,  wie  er 
überhaupt  mit  acht  collegialiscber  Humanität 
mir  in  jeder  Hioaicht  entgegenkam. 

Um  jedoch  die  Krankengeschichte  mehr  in 
der  Zeitfolge  zu  erzählen,  schalte  ich  hier  zu« 
Torderst  dasjenige  ein,  was  ich  später,  unj 
zum  Theil  erst,  nachdem  die  Kur  schon  bei*<p 
nahe  yoUendet  war,  darüber  erfahren  habe, 

Herr  A.  B«,  jetzt  36  Jahr  alt,  soll  in  sei- 
nen Kinder- und  Jünglingsjahren  zwar  schwäche 
lieh  und  reizbar,  aber  stets  gesund  gewesen 
sejn.  Er  erlernte  die  Apothekerkunst  und  übte 
sie  auch  mehrere  Jahre  praktisch  aus.  Später 
aber  widmete  er  sich  der  Landwirtbschaft,  und 
bei  seinem  Aufenthalte  auf  dem  Lande  soll  er 
eben,  durch  häufige  Erkältung  der  Füfse,  die 
Grundlage  zu  seiner  jetzigen  Krankheit  gelegt 
haben,  zu  deren  Erzeugung  indefs  starke  und 
yviederholte  Diätfehler  und  heftige  Gemnthsbe- 
wegungen  mitgewirkt  haben  dürfte».  Die  Krank- 
heit begann  im  !•  1825 ,  also  yor  jetzt  11  Jah- 
ren, mit  gastrisch -rheumatischen  Beschwerden,  ^ 
Mangel  an  Appetit,  Aufgetriebenheit  des  Unter- 
leibs, f'latulenz  und  einem  heftigen  Schmerz 


^   iü   ^ 

in  dar  Unken  Wa^e«  welch«  den.  Pet.  Im  Ge« 
hen  hinderte»    Hiesa  geteilte  sich  noch  StohU 
TentopfuDgy  nnd  de?  offene   Leib .  erfolgte  oft 
Wochen   lang   nar  auf  den  Gebrauch   fttarker 
Purganxen«    Die  Zange  war  dabei  belegt  nrid 
der    Kraoke   empfand    ofteri  eine  TorSberge« 
bende ,  wie  er  sich  ausdrückt  ^yUerTOse"  Hiftn. 
Diese  Beschwerden  hielten  bald  läogere,  bald 
kärsere  Zeit  an ,  und  kehrten ,  während  meh- 
rerer Jahre y  häufig  wieder,  bia' endlich  auch 
Boch  das  Erbrechen  von  Schleim  nnd  Speisen^ 
die  Zuckungeo    in   den   Extremiläten  uod  die 
ohnmachtäho  liehen  Zufalle   sich  hiozugesellteo, 
Periodenweise  war  das  AUgemeiobefiodeB  des 
Kranken  ganz  leidlich,  aber  die  geringste  Er- 
kältung nnd  jeder,  auch  der  leichteste  Diätfeh- 
ler,  fährten  alle  Beschwerden  sogleich  wieder 
herbei.     Von  dem  Schmerz  in  der  Wade,  tob 
der  Leibesverstopfung   und   Ton  dem  Schleim- 
würgen  und  Speien,   wi)l  Fat*  jedoch  nie  wie- 
der,  auch  nur  einen  einzigen  Tag  ganz  befreit 
gewesen  seyn.    Das  Erbrechen  tou  Speisen  da- 
gegen machte  öftere ,  meist  aber  nur  kurze  lo- 
termissionen ,  und  kam  um  so  häufiger,  |e  un* 
wohler   Fat.  ^ich  im  Allgemeinen  befand.'  Die 
Speisen   wurden  dann ,  Theils  gleich,  nachdem 
sie  in  den  Magen  gekommen ,  Theils  erst  nach 
3  — 12  ja  18  Stunden  wieder  ausgebrochen,  und 
waren   entweder  wenig  oder  gar  nicht  verän- 
dert, oder  aber  si^  rochen  und  schmeckten  sehr 
aauer.     Tenesmns  und  Flatulenz  quäken  dabei 
den  Kranken  unaufhörlich,   steigerten  sich  von 
Zeit  zu  Zeit  bis  zu  den  heftigsten  Kolikscbmer- 
zen,   die    dann   io   Zuckungen,   und  zuletzt  in 
jenen    halbohtimächtigen    Zustand     übergingen, 
dar  oft  ö  ja  10  Minuten  gedauert*  haben  aolL 


—     67    — 

WabrM  j  dIeMt  laBgVB  Zeitrtmnf  worden 
Anfangs  (nach  den  apätern  •chrifUichen  Mittbei« 
langen  dee  Pat«  und  aeinea  Brudera,  welcher 
lledicin  atudirt  hat)  abwechselnd  resolrirende 
nad  bittere  Mittel  angewendet,  dann  blofa  bit« 
tere,  wie  Gentiana,  Trifol.  Centaqr,  and  Quat« 
siai  endlich  aber  auch  China  gegeben,  und  alle 
Sommer  eine  Brannenkur  gebraucht.  In  der 
ersten  Zeit  behandelte  unsern  Patienten  ein  an- 
erkannt geschickter  Arzt  seioer  Vaterstadt.  Da 
die  Kur  desselben  aber  ohne  den  gewünschten 
Erfolg  blieb,  so  hatte  Pat.  sich  hieher  nach 
Berlin  begebea,  und  den  Beistand  eines  alten 
berSbmten  Arxtes  in  Ansprach  genomineo,  und^ 
war  dann  später  auch,  lo  eioem  ununterbro^'' 
ebenen  achriftlichen  Verkehr  mit  demselben  ge« 
blieben,  dergestalt,  dafs  er  dessen  Kur  auch 
nn  Hause  fortsetzte,  und  den  eigentlichen 
Hausarzt  nur  dann  zu  Rathe  zog,  weon  seine 
Beschwerden  sich  zu  sehr  steigerten.  Letzterer 
Terfubr  dann  mehr  symptomatisch  und  pallia- 
tir,  und  soll  sich  mehrmals  dahin  ausgespro« 
eben  haben ,  dafs  an  eioe  Radicalkur  doch  nicht 
Bu  denken  wäre,  da  wahrscheinlich  ein  orga- 
nischer Fehler  des  Rackenmarks  oder  der  JUa« 
gennerreo  dem  Uebel  zum  Grunde  läge, 

Patient  hatte  nun,  auf  den  Rath  jenes  Arztes, 
mehrere  Jahre  hintereinander  Karlsbader-  (den 
Icüottlichen  in  der  hiesigen  Anstalt,  oder  an  der 
Quelle  selbst),  dann  Marienbader-  und  zur  Nach- 
kur Fachinger-,  Eger-  und  Pyrmonter-Brunnen 
getrunken,  und  dabei,  zur  Beschwichtigung  und 
Stärkung  der  Nerren,  30  See-,  40  Slaub-und 
an  400  kalte  Sturzbäder  genommen.  Die  Ri- 
•ennässer  bat  Pat.,  seiner  Aussage  nach,  nie 


~    se   — 

Terfragen^    Tom  Karlsbader -ßraönen   ^fll   er 
dagegen  immer  Erleichterang  seioer  Bieich wer- 
den, durch  Abführung   des  Schleims,  empfun- 
ded  fthben.     Es  mnfsrten    jedoch   auch  bei  die- 
sem Brunnen  clie  Aloelica  in  verschiedenen  For- 
men  tK)ch   zu  Hülfe   genömmnn  werden^   wie 
Fat.  überhaupt   erklärt,   seit  1827  unausgesetst 
sich  nur  durch   diese'  Mittel  LeibesölTnung  ver- 
schafft    2u    haben.     Im    yerwichenen    Sommer 
(1836)    mufste   von    dem   intendirten   Gebrauch 
des   künstlichen   Karlsbader  Wassers  / abgestan- 
den werden,  weil  sich  das  Erbrechen,  wVlches 
längere  Zeit  zuvor  nicht  dagewesen  war^  dar- 
nach einstellte.     Dieser  Brunnen  war  von  dem- 
selben altern  Arzt  verordnet  worden ,    der  sich 
äber^  wegen  eingetretener  Mifshelligkeiten  zwi- 
schen ihm  und   dem  Fat,  schon  nach  wenigen 
Tagen    von  der  Kur  zurückzog.     Diesis  Begeg- 
nung kränkte  Pat.  sehr,  und  scheint  auch  oach- 
theilig    auf  seinen   Zustand    eingewirkt  zu  ha- 
ben. — *     Hierauf  traten  nun  die  beiden  andern 
Aerzte     consultirend     zusammen«      Sämmtlicho 
von    ihnen    verschriebene   Recepte    liegen   mir 
vor^  und  daraus  ergiebt  sich,  dafs  zu'  verschie- 
denen   Zeiten    folgende    Bfittel  in   Anwendung 
gezogen  wurden  ;  von  auflösenden  und  auslee- 
renden: Drechmittel,  Aloetica,  Extr.  Hellebori, 
niellag.  Taraxaci,    Tart.    tartarisat,    Infus.  Hb» 
Gratiolae  ,  Rheum ,  Tart.  emetic. ;   von  Aetho- 
reis  nervinis,    krampf  stillen  den    und   stärkenden 
Mitteln:  Potio  Riverii,  Aefher  acetic. ,  Asafoe« 
tida  y    Zioc.    sulphuric,     Tinct.    Castorei,    Ol« 
Carvi ,    Cajeput,    Valerianae,   Tinct.  Pimpinell. 
Slorphiuin    aceticum    zu    ^    Gr.   pro    dosi,    und 
Vor  diest^n  A(jua  oxyrnuriatica,  waren  lange  Zeit 
gegeben,    und    äiifserlich  Einreibungen  von  Ol. 
Sinapeus  und  Spirit.  Viu.  angewendet  worden. 


—     59     -• 

Am  ITtee  Oefober  endlfch  vlath  der  eon^ 
tnhlrte  Arzt  schriniich  and  Dabm  damit  glalcb- 
sam  ron  dem  Kranken  Abscbied^  da  bitfaer 
keiD  Mittel  irgend  ErleicbteruDg  gebracht  babe, 
so  dem  Torsicbtigen  ionero  Gebrauch  ron  Ar- 
gent.  nitric.  %n  ^  Gr.  pro  dosi.  Verordnet 
warde  daher  yon  dem  ordibirenden  Arzte:  Rec. 
Argent«  nitr,  gr.  j.  Extr.  Liqair«  q.  s.  f.  piL 
No.  30.  S.  Alle  2  Standen  1  Stack.  Hiervon 
hatte  Fat.  rom  17ten  bis  zum  22sten  aber  ohne 
Erfolg  gebraucht  f  sie  wurden  daher  bei  Seite 
gesetzt  and  ich  schritt  zor  Entwerfting  eines 
neaeo  Heilplans. 

Der  ganze  Complex  Ton  Symptomen,  wel- 
chen Patient  darbot,  schien  mir  rein  spastischer 
Valar  zu  eeyn.     Auch  den  Status  piiuitosus  dar 
Wege  des  Schlingens  glaubte  ich,  grofsen  Theils, 
als   das  Produkt  der  krampfhaften  Zusammen- 
schnürung  des  Halses^  beim  gewaltsamen  Wür- 
gen und  Erbrechen    und  der  dadurch  erzeugten 
Reizung    der   Speicheldrüsen  und  der  Schleim«* 
häute  des  Schluodes,   des  Rachens,  des  Kehl- 
kopfs und  der  Luftrohre,    ansehen  zu  müssen. 
Ich    war  überzeugt,    nichts   als  einen  Spasmus 
Gnlae,  ut  ita  dicam,  hystericus  yor  mir  zu  ha- 
ben, welcher,   ex  post,   und  mehr  consensuell 
die  Convulsionen  des  Magens  und  den  Vomitus 
chronicus    nach    sich  gezogen    hatte.      Anderer 
Seite  schien  auch  der  Abgang  des  Schleims  mit 
dem  Stuhlgänge    mehr   Folge    der  inreterirten 
Verstopf:iDg    und  der   beständig  dagegen  ange- 
wandten   scharfen    Bkdicamente   zu    teyn.     Irh 
konnte   mir  es  allerdings  bei  der  langen  Dauer 
und    der   steten  Wiederkehr    des  Uebelg,    nicht 
Terhehlen,    dafs    eine    materielle   Entartung   ir- 
gend  eines,   zum  Di^estionsappacat  geV\övv^(iti% 


«-    60    — 

Orgaiit  demdben  wobl  Eom  Granda  Uegtn 
mSchtOy  und  namentlich  wurde  ich  wiederhol 
lentlich  darauf  geführt,  an  eine  etwaige  Des- 
organisation der  Bauchspeicheldrüse,  etwa  an 
einen  Sdrrhns  derselben  zu  denken,  wofür  das 
Brechen  yon  Schleim  und  Wasser,  die  offtars 
saure  Beschaffenheit  des  Ausgeleerten  und  der 
lange  Zwischenraum  zwischen  dem  Genub  der 
Speisen  und  dem  darauf  erfolgenden  Erbrecheui 
wohl  SU  sprechen  schienen.  Indessen  suchte 
ich  dergleichen  Gedanken  zu  Terschenchen,  um 
mir  die  Hoffnung  auf  einen  günstigen  Erfolg 
nicht  ganz  zu  rauben ,  und  nahm  mir  ror,  das 
Hauptubel  unsere  Fat.  so  lange  wie  ein  reines 
NerTenleiden  anzusehen  und  zu  behandeln  j^  als 
eine  fortgesetzte  und  genaue  Beobachtung  des 
Kranken  mich  nicht  zu  einer  Aendening  dieser 
meiner  Ansicht  zwänge« 

Hiernach  stellte  ich  mir  folgende  Indicatio- 
neo;  1)  Stillung  des  krampfhaften  Erbrechens. 
2)  Eröffnung  des  Darmkanals.  3)  Beruhigung 
der  Nerven,  und  endlich  4)  Stärkung  und  Er- 
fiähruog. 

Als  das  Torzüglichste  Mittel  zur  Erfüllung 
der  ersten  ludication,  stellte  sich  mir  zunächst 
die  Kohlensäure  dar«  Sie  war  indefs,  wie  mir 
antgegoet  wurde,  schon  oft,  wenigstens  in  den 
gewöhnlichen  Formen  (als  Brautepulrer,  Satu- 
ration und  kohlensaures  Wasser)  ^  aber  immer 
ohne  bleibende  Wirkung,  angewendet  worden« 
Von  einem  einfachen  kohlensauern  Wasser 
konnte  ich  schon  um  deswillen  nichts  erwarten, 
als  es  für  den,  an  flüchtige  Reizmittel,  nament- 
lich an  den  starken  Gebrauch  des  Essigäthers 
gewöhnten  Pal.  viel  zu  indifferent  und  reizlos 
aeyn  mulste.    Ich  kam  daher  auf  den  Gedan- 


-     61    -p^ 


kan,  bier  die  KoblensKore  in  einer  höchst  er- 
TegendeD  und  belebenden  Form,  woTon  ich 
schon  mehnnals  Tortrefiliche  "W  lAang  gesehem 
nimlich  als  Champagner ^fFein  anzuwenden» 
Uli  diesem  Yorscblag  erkläHe  sich  der  Herr  Or« 
dinarius  ToUkommen  einTer&ianden ;  und  da  die 
Kosten  nicht  gescheut  werden  darften,  so  bekam 
Patient  alle  1—2  Stunden  ein  kleines  Glas  gu- 
ten weifsen  Champagne  mousseox« 

Die  Erfollong  der  sweiten  lodication)  Er« 
offnnng  des  Darmkanals,  glaubte  ich  lediglich 
durch  KlTstiere  bewirken  zu  müssen«  Ich  yer- 
ordnete  daher  Morgens  und  Abends  erst  ein 
^asserkljstier  zu  appli^iren,  dann,  nach  Ab« 
gang  desselben,  eine  Decoction  Ton  Rad.  Ta« 
laxac  Graminisy  Saponariae  und  Chelidonium 
einzuspritzen«  Diesen-  wollte  ich  später  nach 
Maabgabe  der  Umstände,  und  um  der  3ten  In* 
dication  zu  genügen:  Aotispasmodica,  Nerrina^' 
namentlich  Asa  und  Narcotica  frigida  zusetzen« 
Innere  Mittel  sollten  zur  Zeit>  da  der  empfind- 
liche Magen  sie  ja  so  nicht  annehmen  wollte^ 
gar  nicht  in  Anwendung  kommen ;  zum  6e« 
trink  aber  Wasser,  nod  als  Nahrung  Fleisch« 
brühe  y  Thee  und  leichter,  aber  nicht  zu  seh  wa- 
cher Kaffee  gereicht  werden. 

Dieser  Heilplan  ward  nun  sofort  ins  Werk 
gerichtet,  und  siehe!  der  Erfolg  war  eben  bo 
überraschend  I  als  günstig«  Pat«  Terbranchte  in 
34  Stunden  f  Flasche  Champagner«  Das  ei« 
gentliche  Erbrechen  tou  Speisen  ward  bei« 
sähe  auf  der  Stelle  gestillt,  dagegen  aber  noch 
Schleun  Ton  Zeit  zu  2Leit  und  unter  Würgen 
herausgebracht  Auch  dieses  rerminderte  sich 
fast  mit  jeder  Stunde;  die  Zungf  reinigte  eicb^ 


^     62     — 

Kolik  ^  Krämpfe  ond  Ohnmächten  lieben  näth, 
Appetit  Qod  Schlaf  kehrten  ivieder« 

Nur  einmal  erneuerte  sich  daa  Erbrechen 
am  14ten  Tage  der  begonnenen  Kor,  wo  PtfL» 
der  überhaupt  seit  seiner  Krankheit  sehr  reii- 
l>ar,  yerstimmt  und  selbst  zanksüchtig  gewor- 
den war^  einen  heftigen  Aerger  gehabt  hatte» 
Der  Stnrm  ward  jedoch  bald ,  und  ohne  dab 
andere  Medicin  angewendet  worden  ware^  be- 
sänftiget, und  das  Erbrechen  ist  seit  jen^rZieit 
nicht  wiedergekehrt. 

•  Die  Klystiere  anlangend,  so  gingen  diesei  m 
den  ersten  Tagen,  sehr  bald  nachdem  sie  appli- 
clrt  worden,  wieder  ab,  dann  aber  blieben  sie  6| 
8  ja  .10  Stunden  und  länger  bei  dem  Kranken, 
proYOcirten  Ausleerungen  von  krystallhellem 
Schleim  in  Klumpen  und  Faeces  von  gesun- 
der 'Form  und  Farbe.  Infarkten  kamen  nicht 
zum.  Vorschein,  und  der  Schleimabgang  ces- 
sirte.auch  bald  gänzlich* 

Schön   am  vierten   Tage   der  begonnenen 
Kur,  fing  Pat.  an ,  sich  mit  Lesen  zu  beschäf- 
tigen, liefs  sich  im  Zimmer  herumfuhren  iind 
terspHrte  bald   einen  so    bedeutenden  Appetit^ 
dafs  er  täglich  um  Erweiterung  seines  Speise- 
zettels bat  und  man  ihn  von  Excessen  abhal- 
ten mufste.    Es  wurden  ihm  gute  Fleischbrühe, 
gebratenes  Fleisch,  einige  Austern  und  der  täg- 
liche Genufs  Ton  einigen  Gläsern  Gefrornes  ge- 
stattet. ;  Letzteres  bekam  ihm  vortrelFIich,  und 
kann  ich  es  als  ein  sehr  wirksames  Mittel,  die 
eirhöhte  Reizbarkeit   des  Magens  herabzustim- 
men.,  ;daher  bei  Magenkrampf  und  spastischem 
Erbredien  aus  eigener  Erfahrung  bestens  em» 
pfehlen*.  .  Am  12ten  Tage  fuhr  Fat.   spazieren 
und  konnte  die  zwei  Treppen  von  seiner  ViToh- 


—     «3     ~ 

angj  mil  Untentiitfoog.teipes.  B^di^Dt^o^Mlur 
it  heruD  ^ersteigen«  Noch,  vor  AblaMf  .^er.^ril^ 
II  Woche  ging  er  Bfatierfin  und  machte,  nun, 
n  sicbtlicher  Zunahme  seioer  Kräfte,  tägliche 
romenaden,  und  am  eisten  Novbr.  1836,  ge- 
de  4  Wochen  oach,  begonnener  Champagner- 
Df,  iftt  Fat*  in  seine  Heimat  snrückgeki^hrU 
r  hat  his  dabin  noch  täglich,  wenn  auch  nicht 
I  regelmäfsig,  Gbampagner  getrunken,  dage- 
m  Klystiere  nur  dann  genommen ,  wenn  er 
s  Abends  nicht  von  selbst  OelTnung  hatte« 
)hr  oft  stellte  sich  indefs  der  Stuhlgang  von 
Ibst  ein,  und  von  allen  den,  anscheinend  so 
oTsOt  Gefahr  drohenden  Uebeln ,  ist  nichts  übrig 
sblieben,  als  dafs  Fat.  nach  dem  Essen  etwas 
el  Speichel  ausleert ,  doch  Termindert  sich 
ich  dies  nach  seiner  Versicherung  mit  jedem 
ige  mehr. 

Im  ersten  Bericht,  welchen  Fat.  gleich 
ch  Ankunft  in  seiner  Valeritadt  uns  sandte, 
agte  er  über  starken  Schnupfen  und  Schmer- 
n  in  den  Beinen ,  als  Folge  einer  unvermeid-^ 
hen  Erkältung  auf  ciuer  Heise  von  2|  Tng 
i  ungünstiger  Witterung.  Erbrechen  war  aber 
:ht  eingetreten ,  und  Pat.  Iiatte  aus  Vorsorge 
,mer  noch  von  Zeit  zu  Zeit  ein  Glas  Cbam- 
gner  getrunken  und  täglich  ein  Layement  ge* 
mmen. 

Die  Besserung  ist  dauernd  geblieben.  Fat. 
hm  später  alle  Slittage  ein  kleines  Stück- 
en Rhabarber  zur  Stärkung  des  Magens  und 
r  Förderung  der  Darmausleerungen,  ver- 
ischto  später  den  Champagner  mit  Seiter« 
isser  und  nahm  nur  dann  ein  Klystier,  wenn 
s  LeibesöfljDung  ausblieb.    Die  letzte  Nach- 


riclit  irOB  Ihm  batte  Ich  am  Sdtfeo  Ded 
Srfne  eiosigeo  Beschwerden  waren  die  Schm< 
sen  in  den  Fafsen  und  periodischer  Mangel 
Lnft^  besonders  des  Morgens.  Beides  hielt  i 
Jedoch  nicht  ab  Thee'8>  Diners  nnd  Soupers 
dergL  -cu  besuchen  ^  und  er  rerlaogte  scherze 
Top  mir,  ich  solle  ihm  das  doch  TerbieU 
was  ich  anch  alles  Ernstes  ^ethan  habe. 


—    es    « 

■■■■■■■■MMIM 


m 

Ueber  . 

das  rein  Physikalische 

und  tdne 

Grenzen  im  Opganismns. 

Von 

Dn    Vetter. 


(Vorgetragen  d.  I4.0ct.  1836  in  der  Hafelandischefi  mtdi-« 
ciniAcli  •  chirargiscben  Gesellschaft  za  Berlin.) 


JL/ie  Tendenz  dier  hentigdn  Physiologie  ut  eine 
doppelte.  Auf  der  einen  Seite  nämlich  lyird 
das  Resultat  erstrebt,  die  Vorgänge  des  Lebern 
so  .Tiel  als  möglich  dem,  Experiment  unterzu** 
ordnen  nnd  in  die  Wissenschaft  des  Organi-» 
sehen  diejenige  Genauigkeit  des  Versuches  zu 
hringen^  welche  in  den  physikalischen  Wissen- 
schaflen  den  Beweis  stets  aufs  Neue  zu  fuhren 
erlaubt;  dergestalt,  dafs  ein  Zweifel  über  die 
Thatsache  nicht  mehr  bestehen  kann.  Indem 
die  Lehre  vom  Leben  auf  diese  Weise  den 
Charakter  einer  positiven  Wissenschaft  immer 
entschiedener  anaimmt^   erweitert  sie  ilch  atl 

JouimLXXXlV.B.LSt  E 


—     66     — 

dietem  W«g6  inoerhalb  der  GreDsen  des  ihr 
eigeothiiiDlich  aogewieseoea  Gebietes,  eben  so 
QDinittelbar  I  als  die  Physik  selbst  dies  thut, 
unbekümmert  um  gewisse  letzte  Grande  und 
Ursachen^  welche  msn  für  die  Wärme  eben 
so  wenige   als  für  das  Leben  kennt« 

Es  ist  eine  unfruchtbare  Anforderung,  un- 
serer Erkenntnifs  den  Charakter  des  Absoluten- 
zumuthen  zu  wollen,  um  so  mehr,  als  wir  io 
den  meisten  Verhältnissen  der  Dinge  noch  nicht 
einmal'  im  Stande  gewesen  sind,  das  RelJ^tirs 
selbst  aufzufassen*  Dabin  mufs  unser  ganzes 
Streben  gerichtet  seyn,  nicht  einem  unerlLeon- 
bsren  Anfange  und  Ende  nachzuspüren,  son- 
dern die  ergriffene  Mitte,  das  StSck  All^  wei- 
ches wir  selbst  leben,  in  seinem  eigenen  Zu- 
sammenhange aufzufassen  and  zu  erkennen« 

Indessen  fehlen  uns  auch  hierzu  anschei- 
nend gar  oft  die  Mittel  durchaus ,  und  verschie- 
dene Reihen  Ton  Erscheinungen  trennen  sieb, 
wie  in  Absätzen  von  einander.  Dies  ist  ins- 
besondere der  Fall  mit  den  Vorgängen  des 
Anorganischen  gegen  das  Organisirie  und  Be- 
geistete^  und  es  geht  daher  ein  zweites  Stre- 
ben '  der  heutigen  Wissenschaft  unmittelbar  dar 
hin ,  einen  Zusammenhang  zwischen  diesen  Dif- 
ferenten  und  die  gemeinsamen  Gesetze  zu  ent- 
:  decken ,  deren  Aeufserungen  (Kräfte)  in  ihrem 
Terschiedenen  Zusammentreten  die  Abweichun- 
gen der  Phänomene  bedingen. 

Die  abstracto  Losung  dieser  Frage  ist  im 
Gebiete  der  Mathematik  eben  so  gegeben,  als 
die  unmittelbare  im  Gebiete  der  Beobachtung 
liegt.  Es  läfst  sich  behaupten ,  dafs  unsere 
.  Bandlangen  als  Ergebnisse  unseres  Willens  und 
dar  äulseren  Einflüsse  eben  so  wohI|  als  die 


^ 


—     67  -  — 

Biegoi^D  einer  Curre   durch   die  Formel  fx 
•Bfdrackbar  sind,  and  es  lafst  sich  die  Mog«- 
fiebkeit  nicht  leugneo ,   dafs  fortgesetzte  Beoh- 
icbtoogeii   dahin   fuhren  konnten ,    die  Werthb 
beider  Teränderlicheo  Grofsen  in  manchen  Fal- 
ko la  bestimmen^  und  %b  die  Handlangen  der 
Keuschen   dem  Calcul  za  unterwerfen,    der  j« 
•elbflt  nichts   Anderes  ist,    als  eine  fester  he- 
graodete  Weise  des   Schlusses  aus  den  Bedin* 
gBogen  aaf  die  Folge  ,  wie  wir  ihn  täglich  Ter- 
flucben. 

Die  Beobachtungen  in  der  Physiologie  ge- 
ieo  jedoch  eben  so^  als  ihre  Zwecke,  in  zwei 
Richtungen  auseinander.  Die  eine  schliefst  siqh 
b^mittelbar  an  die  Thatsache  der  anorganischen 
Existenz  an,  während  die  andere  anscheinend 
eben  so  unmittelbar  Ton  einem  ungekannten 
Etwas  ausgeht,  welchos  als  eine  neue  Kraft^ 
die  des  Lebens,  zu  den  im  Leblosen  erkenn- 
baren hinzuzutreten  scheint. 

«   ■ 

Wie  wichtig  und  der  Nachforschung  werth 

es  »nun    auch   seyn  mag,   zu  erfahren,   ob  die 

Lebenskraft  wirklich  eine  von  jenen  im  Anor^ 

canischen  auftretenden  Kräften  verschiedene  sey» 

oder  nur  als  ein  Resultat  ihrer  Combinationen 

berfortrete,    so   gedeiht  doch  eine   erfreuliche 

Losung  dieser  Frage   in   dem  positiven  Sinne, 

wie  sie   dem    Geiste  der  Beobachtuogswissen- 

schaften  gemäfs  versucht  werden  miifste,  kaum 

auf  dem  nur  eben  erst  erschlossenen  Boden  der 

Experime^talphytiologie.    Um  so  wichtiger  wird 

es  daher,  die  Grenze  zwischen  dem  Bekannten 

und  Unbekannten  zu  ziehen  und  zu  erforschen: 

welche  Phänomene  am  Organismus  den  pby- 

eikalischen  Gesetzen  gemäfs  vor  siöh  gehen, 

nnd   wie  weit    die  Wirkung   der  letzteren 

im  Lebenden  sichtbar  bleibt« 

R  2 


H-     68     - 

Die  BeantwortaDg  dieser  Frage  VrSrde  ge« 
wib  Dicht  oboe  Interesse  seyn ,  yvean  et  Ter- 
stattet  Tfäre ,  sie  in  dem  Umfange  und  mit  der 
Genauigkeit  stt  entwickeln,  Vielehe  der  gegen- 
Tfärtige  Zustand  der  Wissenschaft  erlaubt.  In- 
dessen auch  ohne  Tollstandige  Erschöpfung  der- , 
Frage  mag  eine  mehr  cursorische  Betrachtung 
vielleicht  Mancherlei  anregen  und  hinterlasseo^  ' 
.was  der  Sache  forderlich  wäre.  --* 

CRe  allgemeinen  Eigenschaften  alles  Kor- 

Serlichen  kommen  natürlich  den  organiscbeo 
Lorpero  eben  sowohl,  als  den  anorganischen  zu.  * 
Jene^  wie  diese,  besitsen  die  räumliche  Ausdeh- 
nung nach  ihren  drei  DimensioDen ,  die  Begren« 
Bung  durch  die  Fläche  und  die  Eigenschaft  der 
Ausfüllung  ihres  Raumes,  welche  man  mit  dem 
Namen  der  Undurchdrioglichkeit  bezeichnet. 
Auch  im  organischen  Körper  mufs  das  Gesetz 
der  Trägheit  für  jede  Veränderung  durch  eine 
Kraft  überwunden ,  die  Schwere  durch  eine  ibr 
entsprechende  Gegenwirkung  aufgehoben  wer- 
den, die  Moleculs  des  Lebendigen  treten  eben 
80  wenig,  als  die  des  Leblosen,  zu  einem  un- 
endlich Dichten  zusammen,  sie  lassen  ausfüU* 
bare  Räume ,  Poren ,  zwischen  sich ;  endlich  ist 
der  organische  Körper  gleich  jedem  andern  aus- 
dehnbar  und  theilbar.  Anziehung  und  Absto- 
fsung,  die  grofsen  Hebel  der  Welty  wirken 
also  im  organischen  Körper  dasselbe  |  was  sie 
im  anorganischen  hervorbringen,  sie  lassen  ihn 
mit  den  allgemeinen  Eigenschaften  der  Materie 
arscheinen« 

In  allen  genannten  Zuständen  tritt  der  Or- 
ganismus in  seinem  Wesentlichen  allerdings 
Burock,  und  man  könnte  sagen,  dafs  ihm  diese 
Eigenschaften   der  Materie   nur  im  Gegensatz 


—     69     - 

zo  lenmn  LebeD  sakamtn ,  dab  sie  dem  Be« 
giib  des  Organismus  zuwider  un^  ihre  Auf* 
ff  ^  /)ehiof  grade  der  Zweck  eeioer  Thätigkeit  fe]f« 
- 1  Aber  man  mag  sich  nun  auf  diese  Dialektik 
-J  mabsHn,  oder  nicht  ^  vorläufig  raufe  ^lugege« 
'I  bei  werden^  dafs  der  organische  Körper  gleich 
'  jedtffl  andern  in  der  Richtung  der  Eroaxe  falle, 
I  daCi  er  ins  Unendliche  zerstückelbar  sey,  dafa 
seio  Volumen  sich  im  Verhältnisse  seiner  Wärme 
ändere I  sein  Inneres  permeabel  für  mancherlei 
Stoffe  sej,  kurz^  was  man  eben  von  allen' K8i^ 
pen  sagen  kann. 


Wenden  wir  uns  nun  näher  zu  den  pitjr« 
ukalischen  Erscheinungen^     und    zunächst  zur 
Statik.    Die  Geschicklichkeit  des  Jongleurs,  wel- 
cher auf  einer  freistehenden,  erhabenen  Stange 
seinen  Körper  tragen  läfst^  beruhtauf  dem  ein- 
fachsten aller  physikalischen  Gesetze  j  dafs  man, 
(torch    Unterstützung    des     Mittelpunktes    der 
Schwere  alle  Theile  eines  festen  KcSrpers  tragt. 
Niemandem  kann  es  entgehen ,  dafs  es  dasselbe 
Gesetz  ist,  welches  dem  Menschen  erlaubt,  a'uf 
breiten  FiUsen  aufrecht  zu  stehen,  während  es 
die  Thiere  nclthjgt,  die  Axe  ihrer  Schwere  in 
der  Ebene  ihrer  vier  Glieder  zu   suchen.    Es 
•cbeint  sogar^  als  habe  dieses  Gesetz  der  Schwere 
eine  sehr  innige  Beziehung  zu  der  Gestalt  der 
organischen  Wesen,  in  sofern  in  ihm  offenbar 
Etwas   liegt ^  was   man,    anthroposophisch  ge- 
sprochen» einen   Grund  der  seillichen  Symme- 
trie der  Individuen,   eine    Ursache  davon  nen- 
nen konnte,    dafs  ein   System  von  drei  Stütz- 
[onkten  oder  Gliedern  in  der  Reihe  derjenigen 
oditiduen,  welche   sich   auf  der  festen  Ober- 
fläche der  Erde   bewegen,  durchaus  nicht  ge- 
funden wird.    Dagegen  sehen  wir  solche  Sy- 


—     70     — 

I 

Steine  da  entiivicl^elt,  wo  es  gllty  die  Riclitaiig 
der  Körpertheile  beim  Falle  in  eioem  leiclite- 
ren  Medium  za  yerändero,  deoo  es  gibt  keioe 
Maschinerie,  vermöge  deren,  bei  zureichender 
Stetigkeit ,  dennoch  die  Axe  der  Schwere  schnel- 
ler versetzt  wird,  als  diejenige  mit  drei  Stüti- 
punkten.  So  sehen  wir  den  Schwans  des  Vo- 
gels, welcher  die  Axe  der  Schwere  bestimmt^ 
den  Flug  und  Fall  dieses  Geschöpfes  richteo, 
das  Letztere  blofs  dadurch ,  dafs  er  seinen  Wi" 
d^rstand  gegen  die  Luft  durch  die  Richlpng 
nachr  oben  aufhebt ,  wodurch,  die  Axe  der 
Schwere  in  die  obere  Gegend  der  Brust  und 
auüserhalb  des  Bereiches  der  Flügel  gesetzt  wird. 

An   diesen  Thieren,   deren   wenig   beweg- 
liche Rücken  Wirbelsäule   eine  Veränderung  des 
Schwerpunktes   durch  Beugungen  des  Stammes 
nicht  gestattet,    und  die  zum  Theile  zu  Bewe- 
gungen in   allen   drei   Medien  fähig  sind,   lälst 
eich   der  Einfiufs  der  Schwere   auf  die  orgaoi- 
sehe  Construction   am  Blannigfaltigsten  darthun« 
Die  verschiedenen  Veränderungen  der  Axe  der 
Schwere «  welche  z.  B.  die  Schwimmyögel  im 
Gange   den    Kopf  in    die  Verticale  der  Zehen- 
spitzen  bringen   und    den    Schwanz  tief  hinab- 
senken lassen,    während   die,    in  diesem  Falle 
gehobene  Brust  beim  Schwimmen  als  specifis'ch 
leichtester,  und  alfo  am  besten  stützender  Theil 
das  tiefste  Niveau  einnimmt,   beim    Fluge  aber 
den  Körper  in  der  Richtung  des  Parallelogramms 
entgegenstrebender    Kräfte    (der   Schwere    and 
des    durch    die  Flügel  bewirkten  Widerstandes 
der  Luft)  halten  läfst,  —   diese  Veränderungen 
haben  ihre  Nothwendigkeit  und  somit  ihre  Er- 
klärung nur  in  den  Gesetzen  des  Falls.     Abge- 
'  sehen  davon  ^  dafs  die  Kraft ,   welche  die  Luft 


1 


« 


—     7f     — 

9 

conprffflirty  lo  thm  selbst  gegeben  hl,  fliegt 
der  Vof[el  nicht  anders  empor,  als  der  Kolbeo 
euer  Pampe  steigt,  vrtnn  die  Elasticität  der 
Gasart  seine  Schwtsre  und  Reibung  überwindet. 
Eile  rorurtbeilsfreie  Betrachtung  der  Natur  soll 
usi  oon  Tornämllch  dahin  bringen ,  nicht  alleiti 
•of  das  Mittel  zu  sehen  i  wodurch  dieses  all-? 
gemeine  Gesetz  im  Organismus  modificirt  wird, 
Modem  die  Gegenwart  des  Gesetzes  selbst  ao- 
xseikenneD  und  nöthigenfalls  oachcuweisen. 

Das    mechanische    Moment    der    Schwere 
tritt  aber  nicht  allein  am  ganzen  Korper,  son- 
dern auch   in    den  Verhällnissen   seiner  festen 
nod  flüssigen  Theile  überall  hervor.     Was  die 
festen  angeht,  so  Terhalten  sich >  mit  Ausnahme 
derjenigen ,    welche  mit  Muskelfasern  versehen 
•iod,  alle  übrigen  absolut  schwer,   d.  h.  es  ist 
in  ihnen    selbst  kein  anderes  Moment  vorhan- 
den,   welches   den   Fall  nach  dem  Mittelpunkt 
der  Erde   aufhebt,    als  der  Zusammenhang  ih^^ 
rer  Theile  und  ihre  Undurchdringlichkeit ,  Mit- 
tel,   welche    allen    Korpern    gemeinsam    sind, 
und  sie  f^big  machen,   gestützt   und   getragen 
SU  werden.     Von  allen  festen  Theilen  hat,  wie 
getagt,  ntir  der   Muskel   das  Vermögen,   eine 
Bewegung  seiner  Fasern  von  Uiften  nach  Oben 
suszuführen,   und    so   gewissermafsen  der  irdi* 
sehen   eine    organische  Schwere  gegenüber  za 
stellen ,   als   deren   Axe   der   motorische   Nerve 
zu  betrachten  ist.      Die   Fähigkeit,    diese  orga- 
nische Schwere  über  die  irdische  vorwalten  zu 
lassen,   ist    im    Centralnervensysteme  gegeben, 
und   erscheint   als    eine  dem  Leben  eigenthüm- 
liche  Kraft.     Alle  Bewegungen  der  festen  Theile, 
bei  denen  kein  Stoffwechsel  Statt  findet,  gehen 
durch  sie  vor  sich. 


—    72    — 

Wenn  d^r  Maskel  das  ^nztga  Orgaa  fat. 
lo  welchem  dem  Fallen  nach  der  Erdaxe  eis 
■Fallen  nach  der  Axe  des  Körpers  oder  dea  mo- 
torischen {Verven  entgegengesetzt  wird,  so  sr- 
bellet  daraus  der  grofse  Umfang,  in  welchem 
das  physikalische  Gesetz  der  Schwere  noch  dem 
Organischen  innewohnt,  Aach  sehen  wir,  wie 
die  Natur  Alles  diesem  Gesetze  gemäCs  einge« 
xichtet.9  die  Theile  sorgfaltig  suspendirt  mid  o»- 
ter  einander  verbunden ,  so  wie  ofiEenbar  im 
Verhältnisse  ihres  absoluten  und  specifischen 
Gewichts  stärker  .  oder  minder  befestigt  hat» 
Wir  sehen  ferner  in  mancherlei  pathologischen 
Vorgängen  den  Einflufs  dieses  Gesetzes  als  Krank* 
beitsurs^che  auftreten ,  die  Theile  Yon  schweren 
Geschwülsten  gezerrt,  den  lastenden  Kopf  detf 
Hydrocephalischen  die  organische  Kraft  der 
Halsmuskeln  überwindend,  zur  Seite  gefalleui 
die  Eingeweide,  den  Uterus  Torfallend,  wenn 
die  umhüllenden  Häute  sich  öllneOi  die  halten^» 
den  Bänder  sieb  strecken* 

Indessen  giebt  es  im  Organismus  doch  noeh 
eine  zweite,  höchst  merkwürdige  Erscheinung;, 
in  welcher  das  Gesetz  der  Trägheit  durch  eine 
bSchst  merkwürdige  und  auf  keine  der  bekann- 
ten physikalischen  Verhältnisse  zurückfiibrhare 
Bewegung  verleugnet  wird.  Ich  meine  die  durch 
die  H«  H.  Purkinje  u^d  Valentin  entdeckten 
Flimmerbewegnngen,  Wir  vermögen^ dieselben 
weder  auf  Gesetze  der  Attraction,  noch  der 
mitgetheilten  Bewegung,  noch  einer  andern 
Kraft  zurückzuführen.  Sie  stehen,  so  viel  wir 
wissen,  mit  keiner  chemischen  Thäligkeit  in 
Verbindung,  so  wenig  als  sie  sich  auf  der  an« 
dern  Seite  als  von  dem  Leben  des  Individuums 
unbedingt  abhängig  darlhuni  da  die  flimmernde 


—    73     T- 

SehlelmhaQt,  frie  bekannt,  diese  Efgenechaft 
bei  ihrer  Trennung  vom  Orgaoisinus,  so  wie 
am  todten  K&rper  sehr  lange  behält.  Dafs  ein 
so  janges  und  zugleich  so  bedeutendes  Factum 
Bocb  keine  genügende  Erklärung  zugelassen 
liabe^'  ist  wenig  auffalleind;  jedoch  inufs  man 
allerdings  das  Flimmern  als  ein  Phänomen  an- 
•rkennen ,  welches  der  organischen  Substans 
eigenthümlich  ist,  und  bis  jetzt  aufser  allem 
Znsammenhange  mit  den  allgemeinen  Erschei-» 
nnngen  der  Korper  steht. 

Dagegen  sehen  wir  das  Gesetz  der  Schwe«* 
re  sich  mit  einem  hohen  Grade  von  Euer* 
gie  auf  die  flüssigen  Theile  ausdehnen ,  so  sehr 
es  auch  hier  einem  anderen  ebenfalls  physika- 
lischen Gesetze  untergeordnet  erscheint.  Die 
Baut  des  Gefäfses  ist  es  nächst  diesem  zwei» 
ten  Gesetze  allein,  welche  das  Fallen  seines 
flüssigen  Inhalts  nach  der  Richtung  der  Schwere 
Terhindert,  Der  Urin  entleert  sich  fallend  in 
die  Harnblase,  er  nimint  in  ihrer  HShle  je 
nach  der  Stellung  des  {Körpers  eine  andere  Flä-^ 
che  ein«  Das  Extravasat,  die  Sugillation,  die 
Wassieransammlung  senkt  sich  nach  den  Ge- 
setzen des  Niveau's  innerhalb  ihrer  eioschlie- 
fsenden  Wände,  und  niemals  wird  man  eine 
pathologische  Flüssigkeit  anders,  ßls  nach  phy- 
sikalischen Gesetzen  im  Körper  yertheilt  rpr» 
finden. 

Die  Gesetze  des  Zusammenhangs  der  Theile 
und  ihrer  gegenseitigen  Anziehung  und  Absto-r 
bung  finden  sich  ebenfalls  am  Organismus  wie-* 
der«  Für  Dehnbarkeit  und  Elasticität  braucht 
dies  nicht  erst  besprochen  zu  werden ;  aber  wir 
finden  auch  die  physiologische  oder  pathologi- 
sche Vereinigung  Ton  Oberflächen ,  deren  ^« 


—  •   74     — 

f^enseitige  Attraction  gering  ist,  rermitteltdareb 
Zwischenkörper,  welche  oiFeDbar  zur  Aiisfiil- 
luDg  der  gegenseitigeo  Poren  und  zur  festem 
Verbindung  der  Theile  diesen;  der  Proceb  der 
Agglutination  durch  !Aus8chwitzung  plastischer 
Lymphe  läfst  sich  ganz  der  Verkittung  Terglei« 
eben,  welche  die  heterogenen  Mineralien  an« 
serer  Flotze  und  Alluvien  verbindet.  Hier^  wie 
dort  y  sehen  wir  einen  Theil  des  Wassers  des 
Bindemittels  yerdunsten,  um  den  consistenteren 
Leim  zurückzulassen.  Nicht  dafs  ich  den  Pro* 
cefs  der  primären  Heilung,  welcher  mit  der 
Bildung  eines  intermediären  Gewebes  endet,  ge- 
radezu dem  des  Cementirens  yergleicben  mochtei 
aber  wenn  wir  absehen  von  der  physikali- 
schen Klebkraft  der  plastischen  Lymphe,  der 
gröfseren  Elasticität  weicher,  aufgeschwellter 
Theile  und  dem,  oiFenbar  von  einem  reio  phy- 
sikalischen Vorgange  nicht  weit  entfernten,  Aos- 
sickern  flüssiger  Theile  aus  kleinen  geöffneten 
Röhren,  so  bleibt  für  die  Vorgänge  des  Le- 
bens nur  noch  der  Nervenreiz,  welcher  ein 
stärkeres  Zuströmen  der  Säfte  nach  dem  Ter- 
letzten  Theile  bedingt,  und  die  spätere  or^aA- 
sehe  Krystallisation  des  formlos  Ergossenen  als 
vitales  Moment  übrig. 

Der  Bruch  des  Knochens,  die  Ansdehnnog 
der  elastischen  Arterienhaut  durch  die  Blat- 
welle,  die  varicöse  Anschwellung,  wenn  das 
Blut  in  den  Venen  die  irdische  Schwere  zu 
überwinden  hat ,  und  sich  darum ,  langsamer 
strömend,  in  den  nach  unten  gelegenen  Thei- 
len  ansammelt,  —  diese  und  viele  verwandte 
Erscheinungen  sind  als  eben  so  viele  reio  me- 
chanische Momente  im  lebenden  Organismus  su 
betrachten» 


^     75     — 

Wenn   wir  es  bef  BetracTitang  der  Form 
deslLorpers  mit  Verbindungen  zu  thun  babeo, 
iem  Tielfacbe  Znsamrtnensetzbng  uns  ,  bei  dem 
übigelder  Fähigkeit ,  die  gleichen  physikalisch - 
I     demischen    Bedingungen,   auch    aufserhalb   des 
Bereichs   organischer  Thatigkeiten   wieder  her- 
xaitelleo    und    bei   dem    gegenwärtigen    Stand- 
paokte  der   Wisseniichaft    noch    nicht   erlaubt^ 
21  erkennen,  in  welcher  Gestalt  sie  sich,  abge- 
Mbeo  Tom  Einflüsse  des  Lebens,  formen  wür- 
den,  so   geben  uns  doch  die  bisherigen  Erfahr 
rougen  eine  Menge  von  Beispielen  an  die  Hand, 
dafi  das  atomistische  Gesetz  der  Krystallisatioa 
auch  ia   die  innersten  Gebiete  des  Organismus 
eindringen    kann.     Die  Krystalle   in  den  Pflan- 
zenzellen ,    in    der   Binde    verschiedener  Rohr- 
ond  Bioseopflanzen ,     diejenigen ,    welche    sich 
aos  den   Flüssigkeiten    der  Leber,    der  Nieren, 
des  Speichels,    des   kranken    Darmkanals,    aus 
dem  Serum  des  Venenblutes  (Phlebolithen)  und 
deo  weichen  Ablagerungen  der  Lungen ,  in  der 
Zirbeldrüse  u,  s.  w.  physiologisch  oder  patho- 
logisch bilden^  die  obgleich  durch  das  Gewebe 
des  Knorpels   modiilcirten   krystallinischen  Ab- 
lagerungen des  pbosphor-  und  flufssauren  Kal- 
kes in   Knochen  und  Zähnen,    liefern  den  Be- 
weis,   dafs    die  allgemeinen  Gesetze  der  Mate- 
rie am  Organismus  nicht  unbedingt  aufgehobeot 
sind,    nnd    dafs  auch  diejenigen  der  Gestaltung 
des  Anorganischen  sich  noch  hier  in  einem  ge- 
wissen Grade  wiederholen. 

Die  Krystallisation  ist  ebenfalls  ein  Aufhe- 
ben des  Actes  der  Schwere  durch  stärkeres 
Fallen  nach  einer  gewissen  gemeinschaftlichen 
Axe ,  die  wahrscheinlich  gar  kein  materielles 
Substrat  hat ,  sondern  nur  durch  eine  bestimmte 


—     76     —  ' 

Anordnung  derTheile  nach  einer  gewissen  Rieh«, 
lang  bin  (durch  electrische  Strömang)  im  Krjr 
stallisationsmedium  yor  sich  geht.  Aüjch  bei 
den  organischen  Wesen  gibt  es  Erscheinungen, 
Ton  denen  es  sich  wahrscheinlich  bald  wird 
zeigen  lassen  können,  dafs  sie  auf  demselben 
allgemeinen  paysikalischen  Principe  beruhen« 
Ein  wie  «usammengesetzter  Act  das  Wachs-i 
thum  und  die  Entwickelung  des  Körpers  auch 
fiey,  so  ist  es  dennoch  sehr  wahrscheinHcb, 
dafs  er  aus  der  Mutterlauge  des  Blntes  durch 
ähnliche  stätige  und  lineare  (nicht  erkennbar 
tnoleculare)  Ausdehnung  yor  sich  gehe ,  wie  ^ 
sie  Hr.  Ehrenberg  jüngst  yon  den  Krystallen 
beschrieben  hat.  Ja  vielleicht  dürfte  es  späte«., 
ren  Naturforschern  vergönnt  seyn ,  das  Ver» 
schwinden  mancher  Organe  des  kindlichen  Al«> 
ters,  wie  der  Thymus  und  der  Wurzeln  der 
Blilchzähne,  so  wie  die  Metamorphosen  der 
Pflanzen  und  Tbiere  zum  Theil  auf  dieselbe 
Erscheinung  yeräoderter  Affinitäten  zu  redndk 
ren,  welche  den  kubischen  Krystall  zum  Be« 
sten  des  Tafelkrystalls  auflöst.  Die  Ersehe!» 
niingen  der  Vergröfserung  eines  Krystalls  und 
eipes  Grundgewebes  im  menschlichen  Körper 
bieten^  wie  es  mir  scheint ^  dieselben  Schwie» 
rigkeiten  und  dieselben  Mittel  der  Erklärung 
dar.  Ja,  die  Grenze  des  Wachsthums  selbst 
bi3rubt  auf  einer  Veränderung  der  Affinitäten 
der  Gewebe,  deren  Grund  in  ihrer,  im  Ver« 
hältoifs  zur  Sliscbung  des  Blutes  yollendeten 
Kiystallisation  zu  suchen  seyn  dürfte.  Wenn 
wir  sie  bei  den  Pflanzen  vermissen,  so  liegt 
die  Erklärung  nahe,  dafs  die  Pflanze  ein  Ag- 
gregat von  Knospenindividuen  sey,  deren  Kiy- 
stallisalion  ebenfalls  nach  einem  bestimmten 
und  begrenzten  Maalse  vor  sich  geht.     Wai 


^     77     — 

aber  durch  diese  Betracbtung  noch  nicht  roll* 
ständig  auf  das  allgemeine  physikalische  Gesels 
der  Kristallisation  curückgebracht  erscheinen 
konnte  y  durfte  Tielleicht  doch  nur  ein^n  phy- 
aikalischen  Grand  haben.  Denn  ivir  mögen 
nicht  Tergessen,  dafs  die  ternären  und  quater- 
airen  Terbindungen  nicht  allein  an.  und  für 
aich  sehr  verwickelte  atomistische  Zustande  bil«*' 
den  9  sondern  da(s  auch  ihre  Wechselwirkung 
auf  einander  in  einem ^  yergleichungsweise  za 
sprechen,  kubischen  Verhältnisse  der  Anzahl 
ihrer  Elemente  vermannigfacht  wird,  und  dafs 
demnach  physikalische  Principien  doch  immer 
Yecht  wohl  bei  Erscheinungen  obwalten  kön- 
nen^  die  wir  bei  der.  Unmöglichkeit  yollkom- 
mener  Reduction  auf  das  allgemeine  Gesetz, 
dem  Leben  zuzuschreiben  gewohnt  sind.  So 
laust  sich  z.  B*  annehmen «  dafs  der  Unterschied^ 
welcher  für  die  Bildung  der  anorganischen  Kry- 
stalle  das  Piisma  und  den  Würfel,  für  die  der 
organischen  Flastik  den  Cylinder  und  das 
Sphäroid  zu  Grundformen  macht,  nur  in  dieser 
Terschiedenheit  der  chemischen  Mischung  be- 
ruhe. 

Schon  früher  ist  bemerkt  worden,  dafs  die 
Flüssigkeiten  im  Organismus  sehr  oft  unbedingt 
dem  mechanischen  Gesetze  der  Schwere  fol- 
gen. Aber  sie  gehorchen  auch  seinem  dyna* 
mischen  und  welche  Schwierigkeiten  immer  die 
Erklärung  der  Gesetze  des  Kreislaufs  darbieten 
moge^  man  wird  das  physikalische  Princip  dar- 
in um  so  weniger  verkennen  dürfen,  als,  ab- 
gesehen Ton  den  Bewegungen  des  Centralor- 
gaa«,  so  mancherlei  mechanische  Vorrichtungen 
in  Klappen ,  Windungen  und  BluLreservoirs  auf 
dasselbe  hindeuten.  Wenn  wir  die  Ursache, 
welche  die  rhythmischen  Contx|ictionen  des  Her* 


—     78     — 


^  ■ 


Bens   bedingt  y    and  die   Tvir  bis   fefit  als  ebt 
den  'Gesetzen  der  Physik  fremde  lebendige  Kraft 
anzusehen  haben  ^   Toraassetzen  und  mit  TielA 
Physiologen  die  AuscTehnuog  der  Arterie  io  der 
Diastole    nur   als    Folge  der  eintretenden  Blat- 
welle  ansehen  y  so  finden  wir,  dafs  sowohl  der 
Puls^  als  die  continuirliche  Bewegung  des  Blu- 
tes in    den  Arterienendungen  und  Haargefalsen 
ein    rein   physikalisches  Phänomen  ist,   wie  ei 
unter  gleichen    Umständen  in  jedem  Scbläocbe 
Ton   gleicher   Elasticität  und  gleichem  Verhält- 
.  nisse  der  Lumina  und  Klappen  eintreten  müfste. 
Der  Rückflufs  des  Blutes  durch  die  Venen, 
gehorcht   eben    so  den    Gesetzen  der  hydrauli- 
schen Mechanik,    als  sein  Zufiiufs.     Haben  wir 
die  linke  Herzhälfte  als  ein  Druckwerk  so  be- 
trachten y   so  wird  die  rechte  als  Saugw'erk  an-  - 
zusehen  seyn,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dab 
während   die  Pumpe   den   Eintritt  der  Flüssig- 
keit in  ihren  leeren  Raum  Tom  Drucke  der  äu- 
fseren  Luft  zu  erwarten  hat ,  derselbe  hier  durch 
den    Druck    der  nachfolgenden   Welle   bewirkt 
wird.     Unter   diesen   Umständen    würde  theils 
die  Reibung  an  den  Wänden  der  Gefäfse,  theils 
die   Elasticität   der  fortzustofsenden  Wellen  ei- 
nen  immer    wachsenden   Widerstand   ergeben, 
wenn    nicht   das  Ausstromen  in  das  erweiterte 
rechte  Herz  frei  und  nach  Art  eines  krummen 
Hebers   geschähe,    und   die  Reibung  durch  die 
Affinität   der  Wände  zu   einer  Schicht  langsa- 
mer stromenden  Serums  vermindert  würde,  und 
wenn   nicht   endlich   durch   den   ganzen    Orga- 
nismus   hindurch    das  Steigen    und  Fallen    des 
Bluts    sich   das    Gleichgewicht  hielte,    so   dafs 
das  eine   dieler   Momente  das   andere  aufhebt« 
Mit  Ausnahme  des  zweiten  dieser  Gründe ,  se- 
hen  wir  hier    überall  allgemeiii  physikaliiche 


*-     79     — 

Uomente  der  Blatbereüang ,  und  wenn  es  noch 
«ioet  Beweides  für  diese  Behauptung  bedürfkei 
so  würde  er  sich  io  dem  Einlluate  üodeo,  wel- 
chen das  Eindriogen  einer  elastischen  Flüssig- 
keit auf  jene  ausiibt.  Wir  haben  es  also  hier 
mit^  einer  rein  physikalischen  Erscheinung  zu 
tboD,  and  weui  wir  den  Quell  der  bewegen« 
äen  Kjaft  nicht  kennen,  so  erscheint  er  doch 
nicht  geheimnirsvollery  als  der  Fall  des  Was- 
aera  oder  die  Ausdehnbarkeit  des  Dampfes,  wo«* 
dnrch  Rad  und  Kolben  eine  Pumpe  treiben. 

Das  Aufsteigen  des  Saftes  in  den  Pflanzen 
geschieht  allerdings  auf  eine  Weise,  deren  Kr« 
klärang  die  gegenwärtigen  mittel  der  Physik 
nicht  gestatten.  Dasselbe  läfst  sich  weder  auf 
die  Gesetze  der  physikalischen  Attraction,  noch 
des  Stofsea  und  der  mltgetheillen  Bewegung 
zaräckfiifaren 9  ein  Umstand,  welcher  jedoch 
diejenigen  nicht  in  Verwunderung  setzen  kann^ 
welche  den  geringen  Umfang  unseres  Wissens 
Tom  Pflanzenleben  kennen.  Die  wahrschein- 
lichste Annahme  ist,  dafs  wir  es  hier,  wie  in 
den  lymphatischen  Gefafsen  der  Thierwelt,  mit 
einer  aus  Gapillarattraction  und  mitgetheiltem 
Impulse  zusammengesetzten  Bewegung  zu  thnn 
haben.  Dieser  Impuls,  welcher  bei  den  Pflan- 
zen wahrscheinlich  eben  so  sehr  in  einer  ge- 
wissen Contractilität  der  Spongiolen  als  der 
Blätter  begründet  ist^  wird  bei  den  Thieren  ei- 
nes Theils  in  der  fortdauernden  Resorption  der 
lymphatischen  Gefäfse,  andererseits  in  der,  ver- 
isoittelst  der  linken  Subclaviarvenc  auf  den  Milch- 
bruatgang  wirkenden  Saugkraft  des  Herzens  be- 
gröndet.  Ja,  wo  diese  bei  einer  weniger  yoH- 
kommenen  Organisation  des  Centralorgans  der 
Biatbewegung  nicht  ausreicht^  sehen   wie  *-* 


—     80     i- 

eben  so,  wie  bisweilen  cor  VentSrkiiDg  der 
Saugkraft  für  Rückführung  des  Blutes  addilio^ 
Delle  Blutherzen  -—  so  hier  additionelle  L^mph- 
hersen,  yermittelst  deren  -^  als  mechanisciMr 
Vorrichtungen  -~  diese  Bewegungen  geford^ 
werden.  Die  Pneumatostatik  findet  ihr  Bemich 
Tornäüilich  in  dem  Verhalten  der  Gase  2a  Lvjigej 
Haut  und  innerer  Oberfläche.  Ein-  und  Ans- 
tritt ^  Druck,  Ausdehnung  durch  die  Wänns^. 
Elasticität  und  alle  physikalische  Eigenschaften 
der  Gase  bleiben  ihnen  auch  bei  ihrem  Ein^  , 
tritte  in  den  Korper ,  und  unterwerfea  diesen 
ihrem  physikalischen  Verhalten« 


Einer  der  wichtigsten  physikalischen 
fliisse  auf  das  organische  Leben  ist  in  der  Po-* 
rosität  der  Korper  begründet.  Diese  Eigen* 
schallt  ist  schon  m  der  anorganischen  Welt  den 
mannigfaltigsten  atomistischen  Modiflcationen 
unterworfen ,  und  es  darf  uns  daher  nicht  Wun- 
der nehmen,  wenn  sie  in  dem  Verhältnisse 
der  zusammengesetzten  organischen  Gewebe 
eigenthümliche  Erscheinungen  darbietet.  Die* 
jenigen,  welche  Duirochet  unter  dem  Namen 
der  End-  und  E^osmose  beschrieben  hat,  ge* 
hören  offenbar  hieber.  Reichen  sie  auch,  wie 
Hr.  Müller  sehr  richtig  bemerkt,  weder  für 
sich  allein ,  noch  in  Verbindung  mit  der  Capil- 
larität  bin,  den  Act  der  Resorption  in  den 
Lympbgefafsen  zu  erklären,  den  man  zuletzt 
immer  noch  auf  eine  organische  Action  bezie-. 
ben  mufs,  so  müssen  wir  sie  doch  als  physi- 
kalische Eigenthümlichkeiten  organischer  Ge- 
webe anerkennen,  die  wahrscheinlich  in  fielen 
Fällen,  insbesondere  aber  bei  den  Processen 
der  pathologischen  Exsudation  eine  grolse  Rolle 
spielen* 


h 


—        81        -r. 

Die  Porosität  des  orgaoIicheD  Körpers  an- 
tetscheidet  sich  too  der  allgemeinen  physikali* 
icheii  Toroa'mlich  dadurch,  dafs  sie  zqm  Theil 
eine  organisirte  ist.  Die  Poren  der  lebenden 
KSrper  sind  zu  einem  grofsen  Theile  regelmä- 
ffige  Geiafse.  Da  überhaupt  der  Unterschied 
dieeer  und  jener  Art  Ton  Körpern  materiell 
angesehen ,  nur  als  ein  Unterschied  in  der  che- 
mischen Zusammensetzung  und  Anordnung  ele- 
snentarischer  Materien;  hier  Tielfach|  dort 
BOT  ein-  oder  zweifach;  hier  in  gegenseitiger 
segelmäbiger  Durchdringung,  dort  in  ordnungs- 
loser,  oder  doch  nur  monotoner  Aneinander- 
reihung l)esteht ,  so  werden  auch  die  Zwischen* 
räume  der  Substanz  hier  eine  regelmälsigei  dort 
eine  zufällige  Gestaltung  annehmen« 

Hier  entfernt  sich  —  allmälig  aberstatig-« 
das  Organische  Yon  dem  bisher  erkannten  phj- 
eikaliscben  Gesetze.  Die  Affinitäten  der  Ge- 
webe zn  den  Lösungen  innerhalb  des  Körpers, 
eind^  oder  scheinen  doch  gegenwärtig  verschie- 
den yon  denen ,  welche  sich  aufserhalb  des  Or- 
ganismus zeigen.  Die  gesättigtere  Flüssigkeit 
Terdünnt  sich  nicht  unbedingt^  oder  nach  dem 
UaaTse  chemischer  Verwandtschaft  auf  Kosten 
der  durch  die  Membran  von  ihr  getrennten  un- 
gesättigteren «  sondern  es  walten  in  diesem  Pro- 
cesse  noch  Eigenthiimlichkeiten  ob^  zn  deren 
Eiklämng  wir  des  Begriffes:  Leben  bedürfen« 

Das  objective  Verhältnifs  der  organischen 
Korper  zum  Lichte,  ist  als  rein  physikalisch - 
chemisches,  in  keiner  Beziehung  als  vitales  zu 
betrachten.  Das  grüne  Blatt  baucht  unter  die- 
sem Einflüsse  die  Kohlensaure  eben  sowohl  ge-^ 
trennt,  als  in  Verbindung  mit  den  Gefäfsen  des 
Stammes  aus,  und  verliert  diese  Eigenschaft 
Jovra.  liXXXm  AX  ^6  F 


—     82     — 

■  I        ■  •  » 

sowohl  wenn  es  am  Sfaxnme ,  als  wenn  es  ab» 
gebrochen  welkt,  blofs  dadurch,  dafs  dito  che- 
mischen Affinitäten  sich  ändern,  ohne  dafs  neue* 
Znflufs  Ton  Säften  diesem  Mangel  abhelfetf 
kann*  Der  färbende  Einflufs  des  Lichtes  auf 
organische   Korper  beruht  ebenfalls  auf  Prind^ 

fien  des  Chemismus,  deren  Entdeckung  in  der 
'flanze  man  als  gelungen  betrachten  kann,  wab- 
reod  sie  beim  Thiere  noch  genauere  und  ins 
Einzelne  gehende  Erklärungen  erwartet.  Die 
Lichtbrechungen  in  den  durchsichtigen  Theilev 
des  Thierkorpers  stehen  unter  der  Herrschaft' 
der  allgemein  giltigen  optischen  Formeln,  and 
so  zeigt  sich  der  Körper  in  dieser  Rücksicht 
allseitig  dem  physikalischen  Gesetze  unteN 
worfen. 

Dagegen   ist  es  allerdings  unmöglich,  den 
Act  des  Sehens  selbst  bis  in  seine  letzten  Be- 
dingungen   hinauf  auf  physikalische  Principieo 
zurückzuführen,  schon  aus  dem  einfachen  Grunde, 
weil  die  Physik  überhaupt  mit  dem  Subjekti- 
ven  nichts   zu   schaffen    hat  und   haben  kann. 
In  diesier  Beziehung  wird  die  Physiologie  selbst 
zur  Physik,    eine   andere  Reihe  Ton   Erschei- 
nungea    erfordert  eine  andere,  jedoch  auf  die« 
selben  Principien  zu  begründende  wissenschaft- 
liche Auffassung.     Dab  eine   Materie  sich  der 
Existenz  ihrer  Qualitäten  nicht  blofs  nach  Au*, 
fsen  in  der  Wechselwirkung  mit  andern  Mate- 
rien,   sondern  auch  nach  Innen  in   derjenigen 
mit  ihrem  eigensten   Wesen   und  Begriffe  be- 
wufst  werde,  ist  eine  Thatsache,   die  für  uns 
unmittelbar  so  sicher  feststeht,   dafs  man  sich 
liur  selten  versucht  fühlt,    daran   zvt  denken,' 
wie  schwer  der  Beweis  für  dieselbe  dergestalt 
xa  führen  sey^  dafs  er  die  physikalische  Re-. 


—     83     — 

actioD  auf  aioe  Einwirkung  tob  der  ddrrh  dat 
Bewurstoejn  TermitteUen  philosophisch  Irenna. 
Um  to  leichter  bleibt  jedoch  die  praktische, 
rein  negatire  Trennung,  welche  den  lohalt  der 
gegenwärljgen  Betrachtung  bildet.  Was  die 
Physik  Dicht  erklart,  das  fällt  der  Physiologie 
anheim  unmittelbar  anfsufassen  und  unter  deiSi 
Begriff  dea  Lebens  zu  bringen  i—  d.  h.  aller- 
diaga  nicht  mehr  und  nicht  weniger,  als  dafi 
sie  ea  auch  unerklärt  lasse«  Nur  ein  anderer 
Standpunkt  der  Beobachtung  ist  hier  für  beide 
Wissenachaften  gegeb^A*  Wenn  der  Optiker 
das  Bild  verfolgt  hat ,  bis  es  umgekehrt  auf  der 
Netzhaut  liegen  bleibt,  so  mag  der  Phy&iologe 
immer  weiter  experimentiren  und  durch  Druck« 
Luftwechsel  u.  s.  w*  zu  entdecken  versuchen, 
ob  yielleicht  die  Netzhaut  selbst  die  Eigenthüm- 
lichkeit  habe,  den  auf  den  einen  Punkt  auge- 
brachten Reiz  an  einem  entgegengesetzt- cor-> 
respondirenden  zur  Eropfirfdung  zu  bringen  u« 
dergl.  In  wie  weit  aber  auch  hier  ein  mecha- 
nisches Princip  sich  geltend  mache,  beweist 
der  merkwürdige,  übrigens  mit  der  Mecha- 
nik der  Primärfasern  der  Nerven  wohl  zusam- 
menfallende. Umstand,  dafs  der  kleinste  Ge* 
Sichtswinkel  des  Auges ,  der  nach  Smith  40  Se- 
kunden beträgt,  und  einem  empfiDdlichen Punkte, 
dea  Auges  von  ^^^  Zoll  Fläche  entspricht,i 
genau  die  Grofse  der  Markkiigelcheo  der  Netz-; 
haut  (nach  JJ.  H.  Weber  j-qq-^  Zoll)  bezeich- 
net^ oder  mit  andern  Worten,  dafs  ein  ent- 
achiedenea  und  bestimuites  Verhältnifs  existirt 
swiachen  der  Grofse  des  sichtbaren  Korpora' 
und  der  dea  empfindenden  organischen  Theils« 
Wie  also  das  Maafs  der  Verkürzung  des  Mus-' 
kell  in  Zoll  und  Linien  die  Veränderung  die^ 
Wiokela  aebea  Gelenke  aogiebt,   ao  giebl  4ä^ 

F  2 


—     84     ~ 

Haab  eines  emplSodlichen  Fanktea  mitgleichei 
Genauigkeit  die  Grensedes  Sehwinkela  aa. 
Etwas  Aehnliches  haben  Weber*s  Versuche  XMk 
Tom  AllgemeiDgefiihl  gelehrt ,  und  es  heifit 
nicht  SU  Tiel  voraussetzen,  wenn  wir  ein  glei- 
ches VerhältniTs  der  empfindenden  NerTentheil- 
chen  gegen  die  Schallwellen  und  die  Bewe- 
gungen des  Chemismus  und  der  Elasticität  in 
den  übrigen  sinnlichen  Wahrnehmungen  an- 
oehmem 

Die  physikalische  Diagnostik  lehrt  uns  fer- 
ner^ dafs  eine  bedeutende  Zahl  Terschiedener 
akustischer  Erscheinungen  im  Innern  des  Orga- 
nismus den  Gesetzen  der  Schallschwingung  ge-  . 
xnäfs  herTorgebracht  wird.  Nicht  alle  diese  Er- 
scheinungen,  }a  der  Herzschlag  selbst  nicht^ 
sind  bis  jetzt  auf  eine  vollkommen  ganiigende 
Weise  erklart  worden,  dennoch  wissen  wir, 
dafs  das  Zischen,  Rasseln,  Pfeifen  u.  s.  w. 
durch  die  Strömungen  luftformiger  oder  tropf- 
bar flüssiger  Korper  in  dem  Lumen  der  GefSbe 
und  Zellen  hervorgebracht  werden ,  wir  kennen 
viele  Fälle'  des  mechanischen  Einflusses  auf  Vei^ 
änderung  dieser  Töne,  wir  bemerken  ähnliche 
Geräusche  hei  den  Bewegungen  des  Blasebalgs, 
der  Spritze  u«  s.  w. ,  wir  haben  keinen  Grund, 
etwas  Anderes,  als  das  physikaliache  Gesetz 
der  Schallwellen  als  Ursache  aller  dieser  Phäf 
nomene  anzusehen* 

Eine  noch  alltäglichere  Erscheinung,  der 
Ton  der  Stimme  selbst  wird  durch  Vorrichton* 
gen  gewonnen ,  die  sich  am  Anorganischen  enU 
schieden  nachahmen  lassen.  Die  Akademie  von 
Paris  hatte  schon  im  zweiten,  die  von  Peters- 
burg im  letzten  Viertel  des  vorigen  Jahrhun- 
derts die  Erfindung  einer  Sprechmaschine  cum 


-  w  - 

Gegenttaode  etiMs  fbrer  Preise,  gemacht ,  «od 
es  iit  bekannt  genug,  was  L^  Droz^  Maillar^ 
deif  Kempelerif  Vauconson^  Kraizenstein,  Wü'-^ 
lis  v.  A.  in  dieser  Beziehung  geleistet  haben» 
nnd  wi«  es  ihnen  gelungen  ist,  nicht  allein  oh- 
articiiÜrte  Laute  und  die  Vocalei  sondern  auch 
einige  Consonanten  ^durch  eben  so  einfache  alt 
sinnreicbe  Vorrichtungen  -zu  erzeugen,  ja  ganze 
Worte,  i?ie  Papa,  Mama,  aula,  mulo,  und 
selbst  ganze  Phrasen,  heryorzubrlngen ;  denn 
Hrn.  V,  Kempelen's  Maschine  vermochte  unter 
Andern  das:  Leopoldus  secundus,  Romanorum 
Imperator  semper  Augustus,  sehr  deutlich  aus« 
zusprechen.  Sehen  wir  ab  von  der  Eigentbum« 
lichkeit  des  Materials  und  der  organischen  Be« 
weglichkeit  der  Theile,  d.  h.  jenem  Einflüsse 
des  Seelenorgans,  der  zu  unmittelbar  wirkt,  alt 
dafs  wir  hoffen  dürften,  dieselbe  rasche  Ver- 
binduDg  zwischen  Ursache  Und  Wirkung  Ter« 
mSge  mechanischer  Vorrichtungen  zu  erzeugen 
-«  sehen  wir  yon  diesen  Umständen  ab,  so  fin- 
det sich  kein  fernerer  Unterschied  zwischen  den 
articolirlen  Tonen  eines  Automaten  und  einea 
Menschen,  und  es  sind  nicht  verschiedene,  son- 
dern vielmehr  ganz  dieselben  Mittel,  welche  im 
Lebenden,  wie  im  Todten  dieselben  Erfolge  be- 
dingen. 

Einen  anderen  Beweis  hierfür  liefert  das 
bekannte  Phänomen  des  Bauchredens,  ein  Her- 
abdrücken  der  Schallwellen  in  die  Tiefe  der 
Brost  und  bis  unter  das  Zwerchfell,  wobei  al* 
lerdiogs  die  akustische  Täuschung,  welche  sich 
auf  unser  Gewobnheitsurtheil  über  die  Entfer- 
nung und  Richtung  der  Töne  gründet,  in  An- 
schlag zu  bringen  ist.  Der  Act  des  subjectiven 
Hörens  bis  zu  der*Vertheilung  des  Horoervens 
an  der  Nervenmarkhaut  des  Labyrinths  erscheint 


-     86     - 

•benfaUs  nur  als  Folge  der  Vibraiioo  in  einer 
Reibe  zweckmafsig  vorgerichteter  Leitungsröh- 
t9B  ood  reflectireuder  Wölbungen. 

Wir  verdanken  grofstentheil»  erst  der  nene^ 
Aten   Physiologie  diese   auf  Beobachtungen  ge« 

f rundeten  Resultate,    und  namentlich  die  Em 
enntnifs  eines  vorhandenen   Zusammenhanfes 
zwischen  relativer  Gröfse,  Richtung   und  T^ 
tbeilnng  des  materiellen  Leiters  der  Empfindoog 
und  Bewegung  uod  diesen  organischen  VerhälU 
nissen    selbst«      Wir   sind  allerdings    nicht  iah 
Stande^  diesen  erkannten  Zusammenhang  darch 
andere I    dem    Gebiete    der  Physik  angehorige 
Thatsachen    zu    erklären ,    um   so  weniger  äi 
Hrn.  Müller's  treiDicbe  Untersuchungen  bereits 
darüber  entschieden  haben ,  dafs  nicht  die  Qua- 
lität der  Reize,   sondern   die  Qualität  der  Ner- 
vensubstanz   die  Art   der  vitalen    Reaction  be« 
dinge.     Aber  ich  denke  mir,   dafs  wie  dieselbe 
Reibung  an  einem  Harzkuchen  eine  andere  EIek« 
tricität  als  an  eiaer  Glasplatte  her¥orruft,  oder 
wie  das  Licht,    welches  in  einem  ungleich  ge- 
färbten Eisenstabe  Magnetismus  erzeugt,  in  ei- 
ner  Stange    Chlorsilber   einen    chemischen  Re- 
ductionsprocefs  bedingt,  wie  ferner  dieselbe  Be- 
rührung in   Substanzen  verschiedener  Art  ganz 
verschiedene  Tone  hervorbringt  «-  ich  glaube^ 
sage  ich ,  dafs  sich  eine  dieser  Thatsachen  eben 
sowohl  als   die  andere   auf  die  Anordnung  der 
Theile  reduciren  lassen  wird,  und  dafs  das  ein- 
zig Räthselhafte ,  was  uns  dann  in  der  Zurück- 
führung   der  Erscheinungen   des  Nervenmecha- 
nismus   auf  die  Gesetze  der  Physik  übrig  blei- 
ben würde,  die  f'ragewäre,  aufweiche  Weise 
das  Seelenorgan  diese   Reize  ersetzen  und  ver- 
mittelst einer  solchen  Eigenschaft  dieselben  Er- 
scheinungen hervorbringen  k^önne« 


—     87     — 

Wenn  man  nan  nacb  dem  UnterschMö 
fragt,  welcher  die  Verschiedenheiten  ihrem  We* 
een  nach  höchst  'wahracbeiolich  idenlitcher  phj* 
ükalifcher  ErscheiniiDgen  — .der  Wärme,  des 
Lichtet  9  der  Electricität,  des  GalTanismus,  des 
Magnetismus ,  Tielleicht  auch  der  Schwere,  der 
Eiasticität  und  des  Schalles  bedingt,  so  wird 
man  hier  eine  eben  so  verborgene  Ursache  Tor* 
aassnsetzen  haben,  als  sie  sich  in  den  Ersehet'« 
nnngen  der  orgaoischen  Erregung  herTorthut^ 
Sehen  wir. dabei  zugleich,  dab  die  Entwicke- 
Inng  derselben  Phänomene  im  Reiche  des  Le- 
benden nur  allmählig  über  das  physikalische 
Gesetjc  hinaus  zu  einem  damit' nicht  in  nach« 
weislicher  VerbinduDg  stehenden  Lebendigen 
übergebt,  uod  wie  sowohl  der  Procefs  der  or* 
gaoiscben  Wärmeentwickelung,  als  der  thieri- 
sehen  Electricität  au  gewisse  Aoordoungen  und 
Wechselwirkungen  .der  Blaterie  gebunden  ist, 
die  wir  physikalisch  nennen  müssen,  so  scheint 
es,  als  ob  es  hier  nur  nur  noch  eines  kurzen 
Baumes  bedürfe,  um  die  Brücke  herzustellen, 
^welche  die  bekannten  Gebiete  zweier  yerschie- 
denen  Reiche  über  den  trennenden  Strom  yer- 
bindet« 

Die  Versuche  von  Kämpz  beweisen,  dafs 
zur  Herstellung  trockener  Säulen  organische 
Substanzen  ohne  MitwirkuDfc  anorganischer  Yoli«- 
kommen  fähig  sind,  und  wie  bereits  Rudolphi 
die  electrischen  Organe  der  electromotorischen 
Fische,  Platten-  und  Trogapparate  nannte,  läfst 
fich  gegenwärtig  mit  Bestimmtheit  aussprechen, 
dsfs  die  davon  herrührenden  Erscheinungen  ih- 
ren Grund  in  einer  electrochemiscben  Wechsel- 
wirkung der  Materien  finden,  während  freilich, 
wie  neben  älteren  besonders  MatUicofs  neueste 


—     88     —  ■ 

Venacb«  erwelttn,  auch  bier  das  LebeDspch« 
cip  noch  an  und  fiir  sich  als  eigeoes  Ageoi 
mitwirkt.  Wann  wir  das  treffliche  Kapitel  iibaf 
die  den  anorgaDischen  und  organischen  Kor« 
pern  gemeinsamen  Wirkungen  in  unseres  Ter* 
ehrten  Coliegen^  Hrn.  MüUer^a  Physiologie  über- 
blicken, so  finden  wir  darin  zweierlei:  soent 
den  eyidenten  Beweis,  dafs  diejenigen  Ageo« 
tien ,  welchen  man  nach  der  herrschenden  pbjs- 
sikalischen  Ansicht  den  Namen  der  Tibrirenden 
Flnida  geben  kSnnte,  oder  die  unwägbaren 
Korper  eine  Menge  Ton  Erscheinungen  im  Or* 
ganismus  rein  nach  dem  Gesetce  der  Physik 
ausführen  9  und  zweitens  die  Erwähnung  der 
anderweitig  wohlbegrändeten  Thatsachei  dafs 
die  Aclion  der  Nerren  dennoch  eineti  entschie* 
denen  Unterschied  von  allen  diesen  rein  phr- 
sikalischen  Phänomenen  ergebe«  Aber  ea  asC 
ganz  sicher  I  dafs  wir  hierbei  nicht  stehen  blei« 
ben  dürfen.  Wir  wissen,  welche  Schwierig* 
keiten  es  machte,  die  Erregnng  des  Cbemis« 
inus  durch  Blectricität ,  die  des  Magnetismus 
durch  das  Licht  oder  die  Säule »  so  wie  wie- 
derum die  Ton  chemischen  Erscheinungen  durch 
den  magnetischen  Funken,  kurzum  alle  diese 
tausend  Jijreuzungen  des  Netzes  nachznweiseoi 
in  welchem  die  verschiedenen  Phänomene  der 
Imponderabilien  sich  wie  aus  einem  gemeinsa« 
men  Faden  verflochten  haben.  Wir  dürfen  ' 
darum  nicht  daran  verzweifeln,  durch  gluck* 
liebere  Experimente  noch  zu  einem  Nachweise 
der  Verbindung  dieser  Erscheinungen  mit  der 
Art  der  Leitung  und  Erregung  zu  gelangen, 
welche  vom  Seelenorgan  ausgehend  durch  me* 
chanische  und  chemische  Einwirkungen  aufge- 
hoben, durch  mancherlei  Reize  oder  durch 
Herstellung  der  Verbindung  vermittelsit  andexer 


.  ,-     8?     - 

dl  organiscber  LeilODgen  "wf edar  banrorgenifan 
werden  kann.  Zu  eDUchieden  seijt  sich  ia 
diesen  EiDflüsBeo  die  Präpooderanz  eines  phj« 
ailudiscbeD  Priocips  über  dasjenige,  was  wir 
lebendige  Reactios  nennen,  als  dafs  sieb  nicbt 
die  Ricbtung  und  Tendenz  der  bentigen  Wia- 
lenscbaft  Torzugsweise  nacb  diesem  Punkte  bin« 
bewegen  sollte. 

Geben  wir  zur  Betracbtung  des  cbemiscben 
Verbaltens  der  organischen  Wesen  über,  so 
finden  wir  zUTorderst,  dafs  sie,  wenn  nicbt 
alle,  docb  einen  Theil  ihrer  eigenthSmlicben 
Warme  durch  einen  Procefs  des  Gbemismue 
entwickeln ,  wobei  auch  im  Gazometer  u.  s.  w. 
Wanne  frei  wird.  Wenn  man  die  Vrsacba 
der  tbieriscben  Wärme  neben  der  Bildung  von 
Kohlensäure  mit  Hilfe  des  eingeaihmeten  Oxy- 
gens  noch  mit  Grund  einer  Wechselwirkung 
zwischen  dem  Nerren  und  gewissen  Geweben 
(oder  den  allgemeinen  Flüssigkeiten)   des  Ror- 

Esrs  zuschreibt,  so  fehlt  uns  für  das  letztere 
bänomen  allerdings  eine  physikalische  Erklä- 
rung, wenn  wir  nicht  in  einer  neuerdings  auf- 
gestellten Hypothese  vom  fluidisirten  Nerven« 
marke  eine  solche  suchen  wollen«  Aber  wir 
•eben  docb  nirgends  im  Organismus,  dafs  da, 
wo  sich  nach  den  Erfahrungen  der  Chemie  eine 
Wärmeentwickeluog  aus  einem  bestehenden 
Processe  erwarten  liefse,  eine  solche  nicht  Statt 
föode*  Und  wir  werden  uns  um  so  weniger 
daran  stofsen  dürfen ,  dafs  hier  mehrere  Urse* 
eben  zur  Erreichung  des  positiven  Resultats  zu* 
sammenwirken ,  als  wir  ja  das  Gleiche  selbst 
an  der  Erde  sehen,  deren  Wärme  nicht  blofs 
Ton  ihrer  Wechselwirkung  mit  der  Sonne  her- 
rübrl^  sondern  ebenfalls  nocb  einen  zweiten. 


—     9p     — 

im  Innern  des  Globus  unserer  Ditheren  Erkennt« 
nifs  entzogenen  Grund  hat. 

Die    künstliche    Verdauungsflüssigkeit    be- 
wirkt bei  einem  grofsen  Tfaeile  der  nährenden 
Substanzen    anfserhalb    des    Magens    dieselben 
Veränderungen ,   welche   der  Bissen   selbst  bis 
zu  seiner  Verwandlung  in  Ghymus  eingeht«    Die 
amylumhaltigen   Substanzen    uoterliegen   einem 
anderen ,   aber  gewifs   nicht  weniger  chemisch 
wirkenden,  Gesetze  der  Veränderung.     Die  pri- 
märe Verdauung  ist  mit  Hilfe  fortgesetzter  Be- 
obachtungen  und  Versuche  fast   unbedingt  auf 
einen    Act    mechanisch -chemischer    TbStigkeit 
zurückgebracht    worden.      Auf    eine    ähnliche 
Weise  ist  der  Vorgang  des  Keimens,  die  Ent- 
ladung  von  Kohlenstoff,   der  sich   aus   einem 
chemischen  Grunde  in  der  Frucht  anhäuft,  und 
mit  Hilfe  von  Säuren,  in  deren  Verbindung  er   , 
eingeht,    beim    Keimen    wieder  ausgeschieden 
wird,   die  Umbildung   des  Amylons  und  Pfian- 
zeneiweifses  in  Kleber,  Gummi,  Diastase,  Znk- 
ker  u.  s«  w,   unter   dem  Einflüsse  der  neuent- 
standenen  Säure,   das  Vorwalten  der  letzteren 
in    der   unreifen   Frucht,   und    die  Rückbildung 
bis   zum   Amylon ,    Eiweifs,  Zucker   u.  &•  w«, 
welche  wiederum  durch  die  chemische  Entsäue- 
rung   eintritt,    —    alle   diese    Verhältnisse  sind 
chemische  Vorgänge,  sie  lassen  sich,  wenigstens 
die  positiven  unter  ihnen ,  von  der  Chemie  mit 
grofser  Leichtigkeit  wiederholen,   und   begrün- 
den sich  ganz  allein  auf  n^ich weisbare  Gesetze 
der  Verwandtschaft   der   Körper   und  der  Atf* 
traction  der  Atome. 

Wir  sehen  die  aufgenommenen  Stoffe  man« 
cherlei  Veränderungen  eingaben,  deren  De- 
tails allerdings  nicht  in  jeder  Beziehung  erklärt 


—     91     — 

ftiodf  die  aber  doch  In  den  meisten  Fällen  anf 
lein  chemischen  Principien  hinauskommen.     Ich 
ifaib  wohl,    dafs   diese»  nicht  immer  der  Fall 
ist,   und    dafs    der  gegenwärtige   Zustand   der 
Organochemie  nns  manche  wichtige  Frage  über 
das  Vorkommen  unzerlegter  Bestandtheile,  Ton 
denen   es  acheiot,   als  seyen  sie  nicht  Ton  An- 
isen dem  Organismus  cugebracht|   hinterlassen 
hat.     Dies  ist  insbesondere    der  Fall  mit   der 
Kalkerde  der  Knochen  im  Ei,  mit  der  Kiesel- 
erde in  den  Binden  der  Pfiaocen,  und,  wie  es 
nenerdings  scheint  ^   mit  dieser  und  dem  Eisen 
io  den  Schaalen  der  Gailonellen  u.  s.  w.    Aber 
wir  haben  bei  einem  Theile  dieser  Erscheinun- 
gen offenbar   die  sehr  starken  chemischen  AfK- 
niläten  in   Betracht  zu  ziehen,    welche   durch 
raschen  Wechsel  aus  sehr   yerdiinoten  Losun- 
gen eine  »bedeutende    Menge    des   yerwandten 
Stoffes  in    sich    aufcunehmen    TermSgen.     So 
macht  unter  Andera  Hr.  Ehrenberg  au{  die  ganz 
unTerbältnifsmärsige   Menge   kohlensauren  Kal- 
kes aufmerksam^    welche  von    den    Koratlen- 
tbieren  des  rothen  Meeres  und  anderer  Locali- 
täten    zur   Aufführung  ihrer  Mauern   organisch 
geformt  wird^    und   dieser  berühmte  Naturfor- 
scher hegt  einen  allerdings  nicht  ganz  abzuwei- 
aenden  Zweifel  über  die  Möglichkeit^  aus  dem 
geringen   Kalkgelialte  der  Seewasser  das  Me- 
dium  für  so  enorme  Lager  heraussukrjrstalUsi- 
ren.     Eine   ähnliche  Thatsache    nicht    weniger 
•eigenthümllcher  Art,   ist  mir  vor  Kurzem  von 
meinem  Freunde,  Hrn.  7.  Minding ,  aus  einem 
Schreiben    des   Hrn.    TVerneck  zu    Salzburg    an 
Ersteren,  mitgelheilt  worden*     Hr.  Werneck  er- 
sog  in    grofser  Menge   den    Brachyonus   urceo- 
laris   und   andere   Species   von  gepanzerten  In- 
fusorien, in  destüUrtemj  also  ganz  leipeux  un^ 


—     «3     — 

von  allem  pbospborsAurem  Kalke  frdem  Wal- 
ser; nicbtsaesto weniger  erwies  der  Panzer  der 
Jungen  eben  sowohl  als  der  der  Alten  denüich 
einen  Aotheil  yon  phosphorsaarem  Kalke.  Es 
würde  Terwegen  seyo,  Fragen  dieser  Art  aof 
eine  oberflaGblicbe  Weise  abferrigen  sa  wollen, 
indessen  dürfte  dies  wobl  oocb  mehr  der  Fall 
seyn,  wenn  man  sieb  mit  der  Annahme  beiii- 
bigt,  dafs  elementarische  Korper  Mob  alt -Pro« 
dokt  der  lebenden  Tbätigkeit  neugebildet  wer- 
den ^  als  wenn  man  zayor  auf  Vergleichnai 
alier  Umstände  dringt,  und  «•  B.  mit  Hm« 
Minding  für  den  letztern  Fall  den  Beweis  foi^ 
dert,  dafs  nicht  der  Stoff  zu  den  Schaalen  der 
jungen  Individuen  ans  der  Mischung  des  Glaset 
selbst  hergenommen  sey,  der  er,  wie  bekannt^ 
bei  der  gewöhnlichen  Art  der  Bereitung  unterei 
gröberen  Glases  selten  fremd  bleibt»  Ob  nun 
in  der  organischen  Zusammensetzung  eine  Kraft 
des  Chemismus  liegt,  welche  Materien,  die  n 
zerlegen  wir  bisher  noch  nicht  im  Stande  wa- 
ren ,  aus  ihren  Elementen  zusammenztitetzen 
Termag,  darüber  läfst  sich  allerdings  erst  dann 
mit  Gewifsheit  entscheiden  ^  wenn  es  geglBckt 
seyn  sollte,  mindestens  in  einigen  Fallen  diese 
bisher  unerreichte  Zerlegung  dennoch  auch  auf 
rein  chemischem  Wege  darzustellen.  Aber  es 
würde  wenig  gewonnen  seyn,  wenn  wir,  be* 
müht  die  Vorstellungen  einer  lebendigen  Gene« 
ratio  aequiyocA  zu  widerlegen ,  dagegen  um  ei« 
niger  noch  nicht  erklärten  Thatsachen  -willen 
eine  Hypothese   Ton  elementarer  Generatio  ae» 

?uiroca  aufstellen ,  und  der  Lebenskraft  eine 
igenschaft  zuschreiben  wollten ,  too  der  wir 
sonst  durchaus  keinen  Begriff  haben:  die  nÜni* 
lieh  9  aua  Kichts  Etwas  zu  machen.  ' 


^     93     ~ 

Es  Iief«rl  feroer  ffohUrs  Harnitoff  den  B*- 
Wttft  dab  selbst  ternäre  YerbiDdoDgeo^  wie 
sie  die  Wechselwirkuag  der  nrg.iDischen  Mate^ 
neu  ans  ihren  Elementarbestandtheilen  Tereiot, 
nicht  anbedingt  ron  dem  Gebiete  der  anorga- 
nischen Chemie  ausgeschlossen  sind.  Freilich 
lälst  sich  Törlänfig  noch  gar  nicht  absehen^  wie 
es  gelingen  solle,  die  aus  dein  Zusammentre- 
ten Ton  drei  und  Tier,  uns,  mit  Ausnahme  des 
Kohlenstofifs ,  nur  im  gasartigen  Zustande  be« 
kannten  Körpern  entstehenden  festen  und  flfis- 
sigea  Verbindungen  in  der  Mannigfaltigkeit  ih- 
rer atomistischen  Zusammensetzungen  nachsu- 
hilden^  da  wir  bisher  zu  jeder  chemischen  Ope- 
ration in  dieser  Rücksicht  einer  gegebenen  or- 
ganischen Zusammensetzung  bedurften,  von  der 
sich  wohl  etwas  abnehmen  oder  hinzusetzen 
liefe  I  die  aber  doch  niemals  entbehrt  werden 
konnte.  Die  Hoffnungen,  welche  wir  in  die- 
ler  Beziehung  für  die  Zukunft  etwa  zu  hegen 
berechtigt  wären ,  beruhen  vorläufig  ganz  allein 
auf  der  Erweiterung  unserer  Erkenntnifs  der 
electrochemischen  Vorgänge ,  und  sie  sind  si- 
cher genug  begründet f  um  zu  ferneren  ununter- 
brochenen Bemühungen  auf  diesem  Wege  an- 
BQspornen« 

Es  giebt  im  Organismus  eine  Bigenthüm- 
lichkeit,  welche^  obwohl  an  sich  rein  physi- 
kalischer Natur,  dennoch  den  Versuchen,  un- 
sere Erfahrungen  yom  Leblosen  auf  das  Le- 
bendige zu  übertragen,  ein  vielleicht  unSber- 
Vfindliches  Hindernifs  entgegensetzt«  Es  ist  dies 
3ie  unendliche  Vergrofserung  der  Berühruogs- 
Bächen  im  kleinsten  Räume  und  die  dadurch 
bedingte  Möglichkeit  der  Wechselwirkung  zwi- 
schen Flüssigem  und  Festem  bis  in  die  zarte« 
sten,  molecularartigen  Verbältnisse  bineUu 


I 


—     94     —  •        ^ 

Dies  ist  eine  Schwierigkeit ,  welche'  trali 
aller  Hilfsmittel  zur  Verstärkung  unseres  auw^ 
licheu  WahrDehmuDgsTermSgeDS  deoDOch  im* 
merfort  bestehen  wird  und  inufs,  selbst  wtoa 
es  für  die  Steigerung  unserer  WahrnehmoogSr 
mittel  keine  durch  unsere  Organisation  bis* 
stimmte  Grenze  gebe.  Denn  jemebr  wir  aeheoi 
boren  u,  s«  w.  können ,  desto  mehr  werden  wii 
zu  sehen  und  zu  hören  linden.  Je  kleineie 
Maafse  wir  messen,  desto  mehr  des  Uomefs« 
baren  mufs  sich  zeigen.  Diese  Zunahmea  wach- 
sen ^  materiell  gesprochen,  in  einem  kubiacheo  '] 
Verhältnisse,  und  gehen  Ton  dem  ideal  Grob« 
ten  zu  dem  ideal  Kleinsten  Jiindurcb.-  Webs 
wir  im  Reiche  des  Anorganischen  das  Gleiche 
artige  in  grpfseren  M{issen  angehäuft  aeheo^ 
und  wenigstens  im  Starren  mit  Hilfe  der  rör-^ 
bandenen  Mittel  fast  überall  auf  materielle  Pe- 
rioden treffen ,  die  sich  neben  einander  wi^ 
derbolen,  so  fibdet  im  Organischen  eine -gren- 
zenlose Durchdringung,  sowohl  der  Mischuft- 
geoi  als  der  Formen.  Statt. 

Aber  eben  deshalb    mufs  es  hier  erlaobt' 

aeyn«    den  Schlufs  zu  wagen »   dafs,   was  wir 

im  Grofsen    wahrnehmen,  dieselbe   Bedeutung 

und   Wirkung   auch    im   Kleinsten  beibehalte. 

Wenn  wir   die  Vergrofserung  der  Fläche  ab 

sicherstes  Mittel   zur  Verstärkung  galvanischer' 

Säulen  erkennen,  welche   durch  ihre  FolarilS- 

ten    chemische   Gegensätze  und  andere  EiEocte 

erzeugen,   wenn  wir  ferner  aus  den  im  kleiiH- 

sten  Räume  unendlich  yergröfserten  Oberflächen 

der    drüsigen    Organe    Bildungen  herrörgehen 

sehen  I  an  denen  eine  Veränderung  des  chemi- 

sehen   Verhaltens    der    cugefiihrten   Stoffe  als  ; 

WesenUicbstes  berrorjritt,   so  haben  wir  um  - 


—     96     — 

swei  MöglicIikeiteD  der  Ansicht  —  dfli  Pbano- 
Bieo  auf  .eine  unerklärliche  Wirkung  orgHn'« 
•eher  Lebendigkeit  zn  beziehen ,  oder  leine 
Qaelle  eben  in  jener  aneodlicheo  Vergrofse- 
niog  der  Fläche  und  den  durch  dieselbe  ver«> 
slärkteo  Wechselwirkungen  de»  Festen  und  Flüs« 
sigeo  zu  suchen« 

Wir  mögen  ferner  den  Beobachter  darauf 
liinweiseny  nicht  zu  yergessen,  wie  Tiele  der 
organischen  Operationen,  welche  mit  Zersez- 
zvng  und  Neubildung  von  Stoffen  verbunden 
sind,  unter  vollkommenem  Ausschliefsen  von 
Luft  nnd  Licht^  so  wie  unter  einem  Wärme-* 
grade  vorgehen,*  der  nur  sehr  unbedeutenden 
Schwankungen  unterworfen  ist«  Es  ist  nöihigi 
bierton  Rechnung  zu  halten,  wenn  man  eine 
Zurackfuhrung  von  Lebcoserscbeinungen  auf 
jene  Kräfte  versucht,  die  man  todte  genannt 
hat,  ohne  Rücksicht  auf  den  Widerspruch  zwi- 
schen Subjekt  und  Prädicat  und  zu  gröfster 
Verwirrung  der  Begriffe. 

Es  sey  mir  erlaubt,  den  Inhalt  dieser  Be- 
trachtungen nochmals  in  einem  kurzen  Ueber- 
blicke  vorzulegen^  um  obngefahr  die  Grenze 
des  bisher  erkannten  Zusammenhanges  zwi- 
schen den  Erscheinungen  der  Physik  und  Phy- 
siologie zu  bezeichnen« 

Die  allgemeine  Gravitation  wird  am  Or- 
ganismus nur  in  der  Muskelwirkudg  und  den 
Erscheinungen  der  Flimmerbewegungen  aufge- 
hoben« Die  Yertheilnng  und  Bewegung  der 
Flüssigkeiten  geschieht  in  den  grofsen  Gefä- 
fsen,  und  cum  Theii  auch  in  den  lymphati- 
schen nach  hydraulischen  Gesetzen^  die  At- 
traction  der  Körper  wird  im  Organischen,  wie 
im  Anotganischen  verstärkt  durch  intermediäre 


--     96     — 

BiodemiUel,  welche  eine  grofse  Affinität  so  doi 
Poren    der   sicli    berührenden    Flächen    habea. 
Nicht  selten   zeigen  aich  im  Organismoe  bot* 
xnale  oder  pathologische  Ausscheidungen,  wel- 
che dieselbe   Form  der  Krystallisation   anneh- 
men^ die  den  Körpern  von   gleicher   Zoeanw 
mensetzuDg  auch  anfserhalb  des  lebendigen  Be- 
reichs zukömmt,  und  Wachsthum  durch  Intas- 
susception  kann  dem  Acte  der  Vermehrupg  der 
Krjstalle  eioigermafsen  verglichen  werden,  wie 
denn    auch    die    organische  Zusammensetzang* 
eine   Grenze  zeigt,    die  in   dem  Gesetze  ihrer 
Krystallisaiion   zu   beruhen  scheint.     Das  Ein- 
tind  Austreten ,  so  wie  das  Verhalten  Yon  Gas- 
arten innerhalb  des   Körpers,    hat   nichts  den 
Gesetzen    des  Gleichgewichts   und  der  Bewe- 
gung   elastischer    Fluida   Widersprechendes  in 
sich;  verschiedene   Erscheinungen    der  organi- 
schen  Individualität    gründen    sich   auf  die  ali- 
gemeine Porosität  der  Körper;   das  Licht,  der 
Schall,  die  Electricität  und  andere  allgemeine 
Erscheinungen  verhalten    sich  im  Organismus 
nach  denselben  Gesetzen,    als  anfserhalb  des- 
selben, nnd  die  Sionenempfängllchkeit  fnr  diese 
Agentien   ist    auf  eine  physikalisch  zweckmä- 
Isige  Bildung  der  Organe  begründet.    Der  Che- 
mismus endlich  tritt  nicht  allein  in  dem  Acte 
der    primären    Verdauung    entschieden  hervor, 
sondern   er  scheint  anch  in  den  späteren  Ver- 
änderungen der  aufgenommenen  Stoffe  in  Ver- 
bindung mit  einer  allgemeinen,  auf  die  Anord- 
nung der  Gewebe  gegründeten  Kraft  die  Ver- 
ändemngen  der  Flüssigkeiten  zn  bedingen.  End- 
lich ist  überhaupt  die  Wirkung  des  Seelenor- 
gans auf  die  Individuen  an  eine  materielle  Lei- 
tung gebunden  ^  welche  durch  mechanische  and 
chemische   Einwirkungen   aufgebobea   iwexden 


—     97     — 

j  

u  «ad  fSr  die  foTgIfcIi  xnecliäBitcIi^  und 
|wb|m  Integrität  WirkungsbedioguDg  ist 

101  aUem  dieeem  iit  nicht  getagt ,  dabdie 
fadnng  switcben  Physik  und  Fbytiologie 
ij^Di  aur  halb  soreicheDdeti  Grade  herge« 
i^. '  Nur  die  ersten  Linien  dieser  Bahn 
fÜMinigQDg  zeichnen  sich  unserer  Befradb* 
^fjor^  nod  alle  bemerkten  Yerbindungen 
«toa^gien  betrelEen  nur  di6  vitalen  und 
iDatn  cue  aoimalen,  niemals  aber  die  ho- 
t  fiiatlgen  Kräfte  des  Orgamsmns«  Nichte 
liwiiger  ist  auch  hier  schon  Tiel  gewon« 
'  dahn  am  den  richtigea  Begriff  des  WoVi- 
üieaskraft  sn  erlaagen ,  ist  es  nicht  genug, 
inaa  alle  Erscbeinuogen  am  Lebenden  auf 
Bm  besiehe,  Velmehr  wird  es  nobedingt 
pvaad^  zu  zeigen,  was  auch  im  innersten 
r«ilMi  Orgeuismus  seinen  Ursprung  zunSchst 
den  idlgemeinen  Gesetzen  der  Erde  her* 
p .  denen  die  lebenden  [Wesen  entsprossen 
und  Ton  denen  sie  also  nie  ganz  losge* 
I  erscheinen  können« 


'   ,< 


—     96     — 


IV. 

Merkwürdige 

MiTsbildiaig  d«B  Herzens  und  sei« 
ner  grofsen  GefEfke 

bei  •iner  blautfichtigeoKraiiken« 

Von 

Dr.  Fr.  Holst, 

Profeiior  der  Medizin  an  der  UniYenitit  n  dniitianM. 


(UebeneCzt  ans  der  von  dem  VerCuuier  heraatgeg^a- 
nen  medidnlBcben  Zeitschrift  „Eyr**.) 


AI«!  ein  Mädchen  von  gesunden  Aeltern  gebo- 
ren,  dem  Anscheine  nach  gesund ,  erhielt  in 
den  ersten  Monaten  die  Brust  der  Mutter,  wurde 
fedoch  später  mit  Kuhmilch  aufgefüttert«  An 
dem  Kinde  lieb  sich  keine  Spur  irgend  einer 
Krankheit  früher  wahrnehmen;  erst  im  swei« 
ten  Lebensjahre  wurde  eine  eigenthümlicheblaoe- 
Färbung  der  Haut  bemerkbar.  Wie  aber  die 
krankhaften  Phänomene  sich  entwickelt  haben^ 
kann  ich  erst  Ton  1833^  oder  Ton  dem  5tkn 
Lebensjahre  des  Kindes  an,  mittbeilen,  da  erst 
damals  meine  ärstliche  Hülfe  in  Anspruch  ge- 
nommen waxde. 


-     09     -        . 

blaae  Farbe,  welche  nach  and  Dach 
badeotend  zngeDommeD  hatte,  ifen  beioodera 
^  in  die  Augen  fallend'  an  den  mit  eiper  dünne- 
ren Haut  bekleideten,  Tom  Hersen  entfernt  lie- 
genden Theilen  des  Körpers,  an  den  Lippeni 
Backen ,  Zehen,  Fiogem,  deren  aubersten  Glie« 
dern,  wie  auch  an  der  Scierotica, 

.  Die  Hufsersten  Glieder  der  Finger  und  Ze- 
hen waren  dicker  und  breiter,  als  im  norma- 
len Znstande,  und  die  Nägel  hatten  anfserdem 
eine  Wölbung,  wie  man  sie  bei  yielen  Schwind- 
süchtigen  beobachtet.  —  Viel  zu  essen,  so 
wie -AnstrenguDg  des  Geistes  oder  Korpers,  er- 
trug das  Kind  nicht.  Sobald  dasselbe  in  Af- 
fect  gerieth,  sich  stark  bewegte,  oder  mehr 
als  gewöhnlich  genossen  hatte,  fanden  sich 
alsbald  suffocative  Zufälle  in  Begleitung  tod 
Schwindel  und  Krämpfen  ein,  denen  aber  bald 
Schlaf  folgte ,  aus  welchem  es  beständig  leich- 
ter und  weniger  blau  erwachte.  Die  Kranke 
litt  fortwährend  an  Herzklopfen,  welches  be- 
sonders in  den  letzten  Jahren  sehr  heftig  war« 
Legte  man  das  Ohr  an  die  Brust  in  der  Ge- 
gend des  Herzens ,  so  konnte  man  ein  eigen«* 
thümliches  Brausen  deutlich  wahrnehmen,  noch 
deutlicher  aber  wurde  dasselbe  mit  Hülfe  des 
Xja^n/t^c'schen  Stethoscops  bemerkt*  Die  Kranke 
hatte  eine  besondere  Lust  mit  an  den  Leib  ge- 
sogenen Beinen  za  sitzen,  oder  auf.den  Knieen 
und  Ellenbogen  gestutzt  zu  liegen;  sie  weinte 
häufig,  und  ihr  Athem  war  äufserst  beschwer- 
lich,' oft  seufzend,  die  Temperatur  des  Kör- 
{lerst  anfserdem  stets  niedriger,  als  im  norma- 
en  Zustande«  Wenn  das  Kind  sich  zufallig, 
oder  an  einer  Stecknadel  ritzte ,  oder  überhaupt 
eich  anbedeutend   mit   einem  schneidenden  In«- 

G  2 


—    100    — 

stnimente  verletcte,  flob  eine  Menge  Blat  tob 
dunkler,  bläulieber  Bescbaffanheit  aus  der  Wandte 
Blut  Ton  abnlicber  Bescbaffenbeit  fiols  ofll^ 
Ton  selbst  aus  der  Nase  und  dem  Zahnfleische. 
An  dem  Muskelsysteme  konnte  man  eine  ei- 
gentbiimliche ,  gleichsam  teigartige  WeicUheit 
wahrnehmen;  die  willkiibrUchen  Bewegun- 
gen waren  langsam  und  matt»  Uebrigens  war 
der  Appetit  gut^  der  Schlaf  meistens  ruhig,  die 
Geistesanlagen  dem  Alter  nach  entwickelt  and 
der  Kor)>er  gut  proportionirt,  nicht  eigentlicii 
mager,  doch  etwas  schmal. 

Die  früher  erwähnten  suifocatorischen  und 
krampfartigen  Zufälle,  von  welchen  das  Kind 
im  Anfange  nur  selten,  aufser  nach  Anstrengun- 
gen des  Korpers  oder  Geistes,  befallen  wurde^ 
erschienen  später  auch  ohne  solche  Veranlas- 
sung, waren  aber  nie  an  gewisse  Perioden  ge- 
knüpft, Sie  nahmen  nach  und  nach  sowohl  ao 
Dauer  als  an  Stärke  zu,  und  oft,  wenn  ich 
während  eines  solchen  Anfalles  zugegen  war, 
xnufste  ich  fast  jeden  Augenblick  den  Todf  des 
Kindes  erwarten.  Während  dieser  Anfälle  war 
die  linke  Seite  bei  weitem  kälter  als  die  rechte, 
auch  konnte  man  oft  mehrere  Minuten  lang  an 
den  Arterien  des  linken  Armes  bis  zum  Blies- 
bogen  hinauf  keine  Pulsation,  und  über  den- 
selben nur  eine  äufserst  schwache  fühlen.  End- 
lich befreite  der  Tod  während  eines  solchen 
Paroxysmusdas  arme  Kind  von  seinen  Leiden.— 

Ich  konnte  hier  wohl  mit  grofser  Wahr- 
scheinlichkeit voraussetzen,  dafs  die  eben  be- 
schriebenen Symptome  ihren  Grund  in  einem 
bedeutenden  organischen  Fehler  des  Herzens 
selbst  oder  seiner  grofsen  Gefäfse  haben  mufsten, 
und  dals  die  Krankheit  demnach  eine  angeborno 


—    101    ~ 

Gyknose  war.  An  WiederheratelluDg  konnte  aIio 
nfcht  gedacht  werden ,  nur  allein  Linderung  der 
Zofälle  konate  die  Aufgabe  und  der  Zweck  des 
Arttes  sojro*  In  dieser  Absicht  wurden  Buhe 
der  Seele  und  des  Korpers,  so  wie  eine  spar- 
same»  jedoch  nährende,  besonders  Tegetabili- 
sche  Diät  anbefohlen;  zum  innern  Gebranch« 
gelind  abführende  Mittel,  eine  mit  Wasser 
Tevdiinnta  Salpetersäure  y  andere  säuerliche  Ge- 
traoka^  so  wie  ein  Pulver  aus  Digitalis  und 
Xart  depurat.  verordnet.  Während  der  An- 
fälle wurden  Blutegel  auf  die  Brust  in  der  Ge-* 
gönd  des  Herzens  und  an  die  Schläfen  appli- 
cirt^  Moschus  innerlich  und  Asa  foetida  in  Kly- 
stieren  gegeben^  so  wie  auch  lauwarme  Bäder 
angewendet,  —  gleichzeitig  der  Körper  in  war- 
me Kleider  eingewickelt,  mit  Flanell  gerieben 
und  in  eine  bequeme  Stellung  gebracht* 

Die  Krankheit  aber  nahm  nichts  destowe- 
Diger  fortwährend  zu,  und  ich  wage  es  nicht 
einmal  zu  entscheiden ,  ob  die  wahrend  der 
Krampfanfälle  angewendete  Behandlung  'im 
Stande  war^  diese  zu  mildern  oder  zu  verkür- 
zen ,  da  einzelne  Anfälle ,  in  welchen  keine 
!>IediciD  gebraucht  wurde,  weder  heftiger,  noch 
länger  anhaltend  waren. 

Zwei  Tage  nach  dem  Tode  wurde,  unter 
collegialer  Assistenz  des  Hrn«  Prof.  Dr.  Shjtl- 
derup  und  des  Hrn.  Prosectors,  zur  Zeit  Stadt- 
pbysikus  Hansoriy  die  Obduction  vorgenommen, 
welche  folgendes  Bemerkens werthe  ergab: 

Beide  Seiten  des  Körpers^  sowohl  die  Extre« 
initäten  als  die  übrigen  äufseren  Theile,  waren 
symmetrisch  entwickelt.  Die  äufsersten  Glie- 
der der  Finger   und  Zehen  waren  zwar  noch 


—    102    — 

deotlicb  bläulieb  -  schwarz  gefärbt ,  doch  in  gßm 
riogerem  Grade  als  zur  Zeit  des  Lebeos«  Die 
Lippen  und  die  übrigen  Tbaile  des  Körpers 
dagegen  erschienen  nicht  dunkleV  ala  bei  an- 
deren Todlen« 


Das  Herz  hatte  eine  ungewöhnliche 
Jse^  und  der  Herzbeutel  enthielt  ohnaefah^  eine 
halbe  Unze  seröser  Flnssigkeit  Did  rtcMe 
Kammer  war  ohngefähr  doppelt  so  gro/s^  ab 
die  linke ,  und  zu  gleicher  Zeit  mit  weit  afiv- 
keren  Fleischbündeln ,  als  diese,  Tersehen«,  jin 
der  Scheidewand  der  Kammern ,  nach  oben 
gegen  die  Vorhöfe  hin,  befand  sich  eine  O^jf* 
nung  Ton  gegen  \  Zoll  im  Durchmesser.  Dicht 
an  der  Seite  dieser«  OefiPnung  nahmen  scwM 
die  jtorta  als  die  jtrU  pulmonalis  aus  der  vor^ 
deren  Kammer  ihren  Ursprung,  die  letztere  je- 
doch etwas  mehr  nach  oben  und  Torn,  -Das 
Volumen  beider  Arterien  war  ohngefähr  um 
ein  Drittel  geringer,  als  gewöhnlich,  der  rechte 
Vorhof  gröfser  und  mit  stärkeren  Fleischbfio- 
deln  versehen,  als  im  normalen  Zustande,  der 
linke  dagegen  uogewöbolich  klein  und  das  OTale 
Loch  offen  I  wie  beim  Foetns, 

Alle  Klappen  des  Herzens  waren  normal* 
Aus  dem  Bogen  der  Aorta  entsprangen  3  be- 
deutend grofse  Aeste,  nämlich  die  A.  sobcIaTia 
dextra.  Carotis  dextra  (kleiner)  und  Carotis  si- 
nistra  (gröfser),  aber  keine  Subclavia  ainistra« 
Die  Aorla  nahm  hierauf  selbst  bedeutend  an 
Gröfse  ab)  so  dajs  sie  dicht  unter  dem  Bogen 
bereits  die  Hälfte  ihres  früheren  Volumens  ver^ 
loren  hatte.  Von  der  Vena  azygos^  welche 
hier  ungewöhnlich  grofs  und  aufgeschwollen 
war,  fernerhin  begleitet,  stieg  sie  an  der  rech- 
ten Seite  durch  die  bekannte  OefEnung  des  Zweig- 


-i«    103    -- 

li  10  die  UnterleibshShle  hinab,  auch  blflfr 
«dflotend  kleiner,  als  gewol^nlich,  und  mit 
Ivdiaus  schwanem  Blute  aDgefiilit« 

Noo  wurde  der   liöke  Arm    and  die  Art 
imdiialis  untersucht  uod  nach   der  Brust  bia 
itdolgtf    wo   sie  —  als  ArU  stäfdavia  sini-- 
äru  —  hei  dem  zweiten  Brustwirbel  etwas  zk« 
genmdei ,  al$o  beinahe  einen  Zoll  von  der  Aoria 
ettfimtp    endete.     Diese    Art.   subclaria    hatte 
ifae  gewöhnlichen  Aeste ,  unter  denen  die  Art» 
nrtebralis  aufwärts  etwas  schräg  nach  der  lin- 
ks» Seite  hin    steigend,    eine  ungewöhnliche 
Stivke  xeigte. 

Die  Art  pulmonalis,  hier  sehr  klein,  gab 
▼OD  ihrem  linken  Zweige ,  da,  wo  man  sonst 
den  Ductus  Botalli  findet,  einen  zwei  Zoll  Ion* 
gern  Kanal  ab,  der,  ebenfalls  aufwärtssteigend, 
schräg  nach  der  linken  Seite  hin  in  derselben 
Richtung,  wie  die  Art.  rertebralis  sich  unter 
einem  beinahe  rechten  Winkel  mit  der  Art 
subclaTia  sinistra  yereinigte.  Durch  diesen  Ka« 
oiri  konnte  man  eine  Sonde  Ton  der  Dicke  der 
Anelschen  fuhren. 

Die  drei  tnletzt  angeführten  Gefälse,  die 
Art.  subclayia  sinistra,  Art.  yertebralis  sinistra 
ond  der  Kiuial,  vereinigten  sich  in  einer  deut« 
liehen  Erweiterung,  beinahe  ron  der  Gestalt 
eines  Dreiecks,  dessen  längste  Seite  nach  in-« 
Den,  dessen  zwei  andere  dagegen  nach  auben 
gekehrt  waren.  In  dem  obersten  Winkel  en* 
dete  sich  die  Art,  yertebralis  sinistra,  in  dem 
Botersten  der  erwähnte  Kanal^  und  Ton  dem 
äofsersten  oder  linken  Winkel  entsprang  die^ 
Art  subcldTia  sinistra. 

Die  Vena  cara  inferior  hatte  in  der  Un- 
leileibshohle  ein  ohngefähr  2|  Mal  so  grobes 


—    104    — 

Volmneii^  als  die  clanebeo  liegende  Aorla,  und 
Trar  bedeutend  mit  Blut  aDgefdllt. 

Die  Lungen  waren  klein ,  aber  soDSt  nor- 
mal, und  an  keiner  Stelle  Terwachsen»  Da- 
gegen war  die  Glandula  thymus,  die,  wie  be- 
kannt, nach  der  Geburt  an  Grofse  abnimmt, 
bei  diesem  Kinde  Ton  ungewöhnlicher  Grofse, 

Nocb  mafs  bemerkt  werden ,  dafs  die  Masse 
des  Gebirns  fest  war,  dafs  sowobl  die  Venen 
in 'der  Schädel-,  wie  in  der  Unterleibsboble, 
auCserordentlicb  grofs  und  mit  Blat  angefoUt, 
die  Arterien  dagegen  klein,  aber  gleichfalls  roll 
eines  durchaus  schwarzen  Blutes  waren  ,  so  wie 
auch,  dafs  alles  Blut  sowohl  in  den  Venen, 
als  Arterien  eine  schwarz^  und  klebrige  Be- 
schäiFenheit  zeigte* 

Das  Herz  und  seine  grofsen  GefSfse  so« 
gleich  mit  der  Art.  yertebr.  sinist^,  Art«  bra* 
chialis  sinistr,,  und  dem  zwischen  dieser  and 
der  Art.  pulm.  sinist.  laufenden  Kanal  sammt 
beiden  Lungen  und  dem  untersten  Theile  der 
Luftröhre,  sind  in  dem  anatomischen  Maseom 
der  hiesigen  Universität  aufbewahrt»  — - 

Aus  der  hier  mitgctheilten  Section  geht 
also  hervor,  dafs  der  rechte  Theil  des  Herzens 
Tiel  gröfser  war,  als  der  linke,  dafs  die  Vor- 
höfe, wie  beim  Foetus,  durch  das  offen  ge- 
bliebene ovale  Loch  in  anmittelbarer  Verbin- 
dung mit  einander  standen,  dafs  beide  Kam« 
»lern  ebenfalls  vermittelst  einer  abnormen  Oeff« 
nang  an  der  zwischen  beiden  gelegenen  Scheide- 
wand mit  einander  communicirten,  und  dals 
endlich  sowohl  die  Lungenarterien,  als'  die 
Aorta,  aus  der  rechten  Herzkammer  entspran- 
gen, und  beide  auCserdem  ein  höchst  germges 
Volumen  hatten.  In  einem  Herzen  aber,  des- 
sen beide  Hallten  in  einer  solchen  Verbindung 


WfW  4at  Träose  md  arterielle  l9lkil-jnit.Teiii-- 
.  Mi» -gemiBcht  werden.  '  Za  deo  'Lnii|eA»#iiide 
1^'  Blut  gefiihrr,  dae  sihoD  einigetaalieai^Wju: 
Atr'war,  oder  lieltnehr  ans  euier.:lUaQbtaif 
Ti»*üoxjdirtem  imi  oxjdirtem  beeüad^  •tre«* 
mmr^  dft  geriogeo  VblomeDs  der  Art»  ]tiiltaM>ki« 
Manie  iodefe  onr  eioe  kleioere  Blntmaeee^  ale 
fenttiiilich  y  deo  Longen  sugefdlnÄr  werden^ 
#ialMilb  ohne  ZweiM  die  Lungen  iSch  nicbt 
"BMbr  entwickelt  hatten,  nnd  daher  eo  klein 
-MliUelmn  waren.  Eben  ao  wenig  kionttte.wobL 
die  Aorta 9  weiche -gleich  unter  ihrem  Begen 
eO'l>edMtend  anUmfting  abnahm;  Jdie  Oilgane 
laSi  der  hinreichenden  Menge  BInt  trertehen,^^ 
welche  su  ihrer  Ernährung  upd  ihren  norma- 
len'fwdktiendBF  erforderlich  war.  In  Folge  dec 
MfchwMlen  Blaairkolation  durch  -die*.  Longen^ 
und  der  durch  diese  eigentbümliehn  Bildjittg 
beetebenden  freien  Commonication  aifeldeoheli  bei» 
dm 'Hälften  des  Herzen e,  erklärt  excb>:.darf 'die 
Venen,  ungleich  gröfser  als  die -Arterien;^  yer«. 
bältnifionäfsig  weit  mehr  Blut,  enthalten  4niils^. 
fen^'Und  dafs  überhaupt  Yenosiiät  in  der  gan- 
zen Blntmasse  Torberrscbte.  Diesen  culöUt  er« 
wähnten  Zustand  bekundeten  deutlich  die  dunkle 
Farbe  des  Blutes,  -die  geringe  Neigung  deisel« 
ben  zilm  Coaguliren,  der  häufig  während- der 
Krankheit  eintretende  Blutrerlust  und  di^  blaue 
Farbe  der  Haut. 

Auch  die  bei  diesem  Kinde. ungewöhnlich 
entwickelte  Glandula  thymus  Terdieot  noch 
eine  besondere  Erwähnung.  Bek-anntlicb  will 
man  diese  Druse  in  den  Fällen ,  wo  das  orale 
Loch '  oder  der  BötslUsche  Kanal  offen  geblie- 
ben waren,   ungewöhnlich   grofs  gefunden  ha« 

be»>  und  dieses  dürfte  mit  j92cGkä  und  enda 


—    100    ~ 

reo  I^hytlologen '  tielleicht  ab  eis  Bewtit  fSr 
die  MainODg  dienen,  daft  die  Glandula  thy« 
mos  bei  Personen  mit  dergleichen  orffanischen 
Fehlern  im  Herzen,  ebenso  wie  bei  den  Am- 
phtbien  und  maochen  Sängethieren ,  namentlicb 
bei  den  tauchenden,  nagenden  und  Winlei^ 
Bchlaf  halleoden  (z.  B.  den  WallroseeD»  den 
Seehunden,  Wieseln,  Maulwürfen,  Bären,  Fitcb- 
ottern  u.  s«  w.)  gewissermaben  die  Function  der 
Lungen  Sbernebme,  indem  nämlich  das  Bbit 
in  ihr  dieselbe  Veränderung  erleidet,  wie  .in 
den  Lungen  eines  mit  einem  normal  gebilde- 
ten Herzen  versehenen  Menschen«  — 

Die  bei  diesem  Mädchen  beobachteten  ab- 
normen Erscheinungen  gleichen  zwar  im  AU» 
gemeinen  denen ,  die  gewöhnlich  bei  BlauaüclH 
tigen  gefunden  werden ,  und  linden  sich  in  den 
bekannten  Beobachtungen  Ten  Blansücbtigen 
aufgezeichnet.  Dagegen  scheint  mir  die  Ar^ 
wie  hier  die  Art  brachialis  sinistra  mit  dem 
übrigen  arteriellen  Systeme  in  Verbindung  stand^ 
äufserst  selten;  mir  wenigstens  ist  unbekannt 
dafs  diese  eigenthümliche  Abnormität  Ton  ir* 
gend  einem  Andern  bei  einem  Blausüchtigen, 
beobachtet  worden  ist. 

Die  genannte  Arterie  entsprang  nämlich 
nicht  aus  dem  Arcus  Aortae,  sondern  Terei- 
nigte  sich  durch  einen  offenen  Kanal,  der  hier 
Tielieicht  für  den  Ductus  Botalii  yicarürte,  mit 
dem  linken  Aste  der  Lungenarterie,  und  em- 
pfing auf  diese  Weise  durch  diesen  Kanal  Blut, 
das  wohl  zum  Theil  yenös,  übrigens  aber  Ton 
derselben  BescI^affenheit  war,  wie  das,  wae 
durch  die  Aorta  den  übrigen  Theilen  des  Kor* 
pers  zuflofs.  Da  der  erwähnte  Kanal  indefs 
sehr  schmal  war„  konnte  das  durch  denselben 
dringende  Blut  unmöglich  die  um  mehrere  Male 


—    107    — 

fidcAre  Art  sobelaTiaiiiiistra  aofSUeo ;  es  scheiDt 
TMimehr,  dafs  sie  ihre  grofse  Blutmeoge  tod 
der  lioken  Vertebralarterie,  die  beinahe  von, 
deftelben  Grofse  war,  empfaDgeo  habe«  Das 
Bist  mulste  auf  diese  Weise,  ud)  tod  der  Aorta 
Bsch  der  linken  Art.  pulinonalis  zu  gelangen^ 
ditch  die  Carotiden ,  WiUis^s  arteriellen  Wirket 
beidireiben^  und  durch /die  lioken  VertebraU 
artsrie  (in  welcher  der  Strom  eine  der  ge« 
wohBlichen  entgegengesetzte  Richtung  hatte) 
gehen«  Die  Erweiterung  »welche  bei  der  Ver« 
•isigung  der  Art«  subclayia  sinist. ,  Art«  yerte« 
braUs  sinist«  und'dei  oltei;  erwähnten  Kanals 
nch  vorfand,  wa^  hSchst  wahrscheinlich  da- 
durch entstanden,  dafs  dieHSlutwelle  dort  in 
ihrem  Laufe  aufgehalten  wurde,  ehe  sie  ihre 
beinahe  senkrecht  herabsteigende  Richtung  in 
eine  laterale  ?eräodern  konnte«/  Aus  der  Seh  wie- 
ligksit  aber»  mit  welcher  die  Art«  brachialis 
Bur  ihr  Blut  erhaltea  konnte,  erklärt  sich  auch 
soglsich,  warum  der  linke  Arm  während  der 
anfalle  eine  weit  geringere]  Temperatur,  als 
de?  rechte  batte^  und  warum  die  Arterien  an 
dem  linken  Arme  zu  pubiren  aufhörten,  wäh- 
rend die  Pnbation  noch  ganz  deutlich  an  dem 
fechten  wahq;enommeo  wurde«  — 


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li       .... 

Getchu^te  und  Arbeiten  ^  " 

der  Hufelandischen  medicinisch-chiriirgiathin  0€$di$ekttfi 

«t»  ßerlin  im  Jahre  163^ 


-C^in  .Rückblick  auf  daf ,  was  die  Gesellibhaft  üi  dam 
Jahre  1836  geleistet  und  erfahren,  macht  «a  ibv  zar  trao-« 
>1gen  Pilicht,  zuerst  des  Verlustes  za  gedenken  ^  wel* 
dien  sie  in  diesem  Zeitraum  erfuhr,  und  yör  Allem  des 
sciimcrzlichsten  und  gröfstlen,  -—  des  Veriustea  ihm  nn-' 
vergefslicLen  und  hochverdienten  Direktors,  welcher  aie 
vor  länger  denn  einem  Yierteljahrhundert  gegründet ^  aie 
«lurch  seinen  Geist  zu  beleben^  und  ihr  Gedeihen  mit 
wahrer  Humanität ^  unablässigem  Eifer,  mit  so  viel  Ein- 
uiid  Umsicht  zu  fordern  wufste.  Die  organisclie  Selbst- 
ständigkeit, welche  die  Gesellschaft  hierdurch  erlangt, 
verbürgt  nicht  blofs  ihre  Dauer ^  sondern  lä(&t  auch  hof" 
fen,  dafs  der  von  Ihm  gelegte,  gepflegte  und  zu  Ei- 
nem Ganzen  entwickelte  Keim  vereinter  wissenschaft- 
licher I^estrebungen  auch  ferner  wachsen  und  blUboi 
werde!  — 

Die  Gesellschaft  verlor  ferner  in  diesem  Jahre  durch 
den  Tod  aioeii  ihrer  würdigsten  Veteranen ,  Hrn.  Gene- 


—    109  .^ 

;4«»«Mtti|t  iPilwwi  iranMM»  «NMiMer  u  beUncw, 
.  TMlih»xWitMiir«Afidefimf « jhiiM  «AiAalWtti  »  Mv.  ve- 
.gm  «irf«rw«iti09.  Y^vUttaiM  ui4!«^««bfiAe  iiiab  tar- 
ivhifi*-  Maa«  Üieiki  mos  der  Zibl  te  bMsM  tUttJJm 
IGl^l^pdar»  thfj!i.::iii«B  M*  der  Geiellpebeft  a««niMil|4- 
deii,  MiBMaitKcli,  d^n  der  Hrn.  Geh.  Iled.  Rathe  Jf«rffs 
Ind  GMfM*^  dei'firn*  HoÜretb.lfiiil^,  'dee  Hrnl  lUf. 
inta  M«,  der'^.  Dr,  Tftoer/  ntaa^  oad  JEübrl. 

ämtüm,  dordk  des  Tod  dee  biaherigeii  Dinktore 'ev- 

M«t»  Stelle,  wurde  der  Vlee**Direktor  der  GeieÜiciMÄ 

Hb  PriMideii^  Aticf»».  in  Folge  eHiet-  seiioa  froher  roa  den 

'^nteiieni   gebl^  Besohluste  y.  10.  Febniw  1830. 

''(VeigL  Geechicbäip&e  Danitelliibf  der  Hafehndltehen  Ge- 

•^lehiift  BQ  ^ti^'  1833.  S.  98)  Jn  der  Sitsong  y«  17. 

S^Or»  ab  Pirekto  Tj^  der  GeseUiduift  bestätigt^  —  1« 

derMD^en  Siteonc;;Sode{dibetdilotMn9.einea  neoea  Ykse« 

Direktor^  nnd  zwar  Jedem»!  avf  drei  Jahre ,  za  wibleB> 

'lud  hlem  lar'die  jAchaliolgendi^a  drei  Jahre  Hr«  Pro« 

jGsnor  Osmm  dibeh*  Abetimmang  emannU 

lia  der  Sitnag  ▼«  23.  Decbn  wurden :  Hr.  Regimenl«- 
Ant  br*  ßinfiMmwh'  Cenaor^  Hr.  IVt>t  Dr.  Hecher^  ide 
.Tie»-GQiuor  i4  fiSeii  Fonktionea  bestätigt,  —  Hr.  Geh« 
Hofrath  Kmusrnrnm,  zom  .Sekretair  an  die  Stelle  des  we^ 
gen  Krinküchkeit  aosgescbiedenen  Sekretain  Hm.  Med. 
Rath  Brem^y  ao  wie  Hr.  Prof.  Dieffenbaeh  zam  aotwacr 
tigen  Sekretair  an  die  Stelle  des  bisherigen,  zum  Yice- 
Direklor  ernannten  Hrn. Prof.  Osann  ernannt;  —  und  dnrch 
A}>stiminnog  nach  den  bestehenden  Statuten  die  Yorste-* 
her  fnr  das  Jahr  1837  erwählt. 

Nea  angenommen  wurden  im  Jahr  1836:  ii)  zoor'«^ 
denfiicfaen  Mitgliedern  der  Gesellscbajfl:  Hr.  Dr.  Liebin-' 
ger  iind  Hr.  Dr.  Schüi^;  -—  h)  zu  äaswartigen  oorrespondi- 
lenden  Mitgliedern:  22,  nämUch:  Hr.  Hofrath  Dr.  £«  W. 
G,  KoBtiur,  Hr.  Professor  Fleischmann  und  Hr.  Professor 
^  Wfiffner  zn  Erlangen,  Hm»  Dr.  Sandimann  und  Oppen^ 
heim  za  Haibboi^,  Hr.  Dr.  Köhler  zn  Warschau,  Hr. 
Hofrath  Marcus  f  Direktor  des  Jolios- Hospitals  und  Hr* 
Hofrath  Dr.  O,  Osmm  za  'Wurzbnrg^  Hr.  Gubernialrath 
Dr.  W.  Stt^eihtz  zu  Linz,  Hr.  Dr.  Kuer  zu  MÖgeÜo»  Hr. 
Badearzt  A$^ining  zu  Hall  in  Oesterreich,  Hr.  Leibchirur- 
gbs  Dr.  O,  P,  Holsf^ier  za  Hannover,  Hr.  Professor  Dr« 
1%  Bia^ff  za  Heidelberg^  Hr.  Dr.  Cazenave  zu  Bor- 
deamr^  flr.  Dr.  IWs^ater^  Arzt  de  THefpice  de  TAati* 


—  :  ilO     ~ 

qoaillft  ood  Hr«  Dr.  P.  Martin,  Bbrehprlndant  da  80- 
eiet£  de  M^dedne  m  Lyon^  Hr.  Dr.  4%ifiWfü  sa  Neud,< 
Hr.  Medicinal-Rath  und  Leibarst  D>)r.  ttoeur  za  Alb«, 
Hr.  Dr«  Paul  von  Balogh  za  Peitti/  Hr.  ModieiiNd-Kilb 
Dr.  Schneider  za  Offeaborg^  Hr.  Dr.  Sdiärma^er  nwi  Hb 
Pbyiikai  Dr.  Bergt  za  Ettingen  In  Baden. 

Unter  der  besondern  and  verdieiiiüicheii  Leitang  da 
Hrn.  Dr.  Bürger  erfreut  sich  dör  bestebeiide  Cütd  im 
in-  and  aasländiscben ,  mediciniscbeo  nnd  natärwilseii- 
Bcbafilicben  Journalen  eines  angestörten  Fortgangs.  Die 
ZaLil  der  in  diesem  Cirkel  amlaafenden  Journale  beCmg  37. 

Die  durch  Sammlung  dieser  Joarnale  nnd  Schenkoa- 
gen  bereits  zu  einer  nicht  unbetrSchUichen  Zahl  too  Bil- 
den angewachsene  Bibliothek  der  Gesellscbadfty  wurde 
auch  im  yerflossenen  Jahre  ansehnlich  bereichert  durek 
Geschenke  von  hiesigen  und  Sendangen  Ton  aoBwSrti- 
gen  Mitgliedern  nnd  Freunden  der  Gesellschaft,  —  nif 
inentlicli  Ton  Hrn.,  Präsident  Rust,  Hrn.  Professor  Onam^ 
Hrn.  Professor  Dieffenhachy  Hrn.  DK  Fricke  und  Oppen- 
heim ^  Hrn.  Med.  Rath  Andreae,  Hrn.  Professor  VUamer^ 
Hrn.  Dr.  Zimmermann ,  Hrn.  Dr.  Heinze,  Hrn.  Dr. 
von  Fahrenberg,  Hrn.  Dr.  Krieg  ^  Hrn.  Dr.  WeHenweber, 
Hrn.  Dr.  A,  Gauthier^  Hrn.  Jlf.  Gerdy,  Bin.  JL.  F. 
Oroquier,  Hrn.  Leroy  d'EtioUe,  Hrn.  Jlfarftfi^  Hrn.  PixH 
fessor  BelUngeri,  Hrn.  Griffa,  Hrn.  C.  M.  Tenortf  Enu 
j;  £•  Chevalley  de  Rioaz  und  Hrn.  Dr.  PammL 


Arheiten    der   Hufelandiscken   med^-chtrurgigehen   Gfcicil- 

schaft  im  Jahre  1836. 

In  den  festgesetzten,  alle  Tierzebn  Tage  Statt  fiii- 
denden  Versammlungen  erfreuten  sich  die  Arbeiten  der  Ge- 
sellschaft eines  ungestörten  Fortganges.    In  jeder  Sitzung 
wurde ,  nach  Mittheilung  des  Protokolls  der  letzten  Sltiong, 
in   gewohnter  Art^  nach  den  schriftlichen  Berichten  der 
abwesenden^  so   wie  nach  den  mündlichen  KrÖrterangen 
der  anwesenden  Mitglieder,  über  die  herrschende  Krank- 
heitsconstitution »  die  am  häufigsten  vorkommenden  Krank- 
heiten  und  die  diesen  entsprechenden  Heilmetboden  nnd 
Heilmittel  berathen,    nnd  yersoeht,    den  Charakter  der 
herrschenden  Krankheitsconstitotion  festzustellen^  — >  ad* 
tene  and  lehrreidie  Krankheitsfälle  worden  yoi^eitellC)  •— 


.  in  ~ 

.._ ^.jOkdbtM  ■niwaMiAfci  WM»  foqjiHgl,  •• 

iSiHWte  Meffiebe  MittMlaHvn  ikw »iMwatMÜ 

mwllitlii ■liriilinn  n  aiidani  OitM,  mti  wtäme  U» 

»i»^jMiritiMwt!dfie  KmBkfayito»  r-  «»I.  mmbIi  4m 
geMlsIkbai  DiMtim«wifm  i  VtmfMhmnn^ 
$  mI  die  OifMÜMtioii  smI  LätaM  te  te* 

_  ätumgcB  erfrsote  aidi  die  Gf iwlliduft  dw  B»> 

tanAqfr  KoBstoemMMi »   wdoho  foa  MÜtfidw 

Ciwllicinft  dogdtliK  m^  totgüMIt  JüttilM. 

So  w«k  «t  Zdt  und  ünttiode  geiitrtttto>,  intfdo  fai 
kl«  flfamf  ein  viiNiiieluifttieber  Vortny  vw  eteaa 
Wtfad»  der  GflttfiMbaft  cehatten,  ved  sww  Mfll  der 
fliaseliieB  Ifit^iadm  aelM  gewilillw  Belbe»« 


I& 


Iti  der  Silfiiilf  t.  8.  leiraar  gab  Hr.  StaalMrtft  Ai^ 
f^tmd  99mA  eine  ^mdUdbfNdk«  ITcftcriidU.Mii  ^dm  wirM- 
iMi  d^  Oeuiattkgp  im  wrfoumm  Jtkrt,W9  nie  ¥0« 
•des  im  YeüoMeiea  Jahre  iien  «DlgenoniiiieiieB  inrUkbea 
«ad  c^neepeadireiiden  Mügtieten  der  GeaellMtefti  «ad 
Im  daM  Ifkaritmen  Hh9$  freien  Jrzte$. 

Im  der  Siisnag  t.  ^  Januar  Aeilte  Hr.  1h»  IVeadW 

aarftfrflUfTfrlr  B«ii«rliNifi^  mit  Ober  Krankheite»^  XHhmt^ 
«tf  MtMMerwng  m  Präpmnften^  die  GeedMie  eimer  eihr 
edmOi  veriwfeneniAingeMdiwindeudU,  w6  die  eine  Longe 
brandig  bei  der  Obdoction  gefonden  worde^  einem  Fatt 
von  JhUriwn  tremene,  in  Folge  einer  leichten  Yerletzang 
und  Seikbachifmge»  von  hartkien  Wecheelfiehem,  weloha 
diirchadiwefelaaQres  Chinin  and  Belladonna  gebdtt  wurden« 

In  der  Sitzangv.  12.  Febmar  trag  Hr«  Dn^Rotnbeff 
eine  Abbandlang  yör  übet  die  chronisdken  KrmMeiten  dit 
Oeticftfanmeii» 

.la  der  Sitzung  ▼.  26.'  Febmar  tbeilte  Hr.  ProfiMior 
MSOer  der  Gesellscbaft  die  Resultate  seiner  Untereuchmnffen 
iAer  dh  Struktur  des  fenie  mit^  —  Hr.  Geh.  Med.  Rath 
IMk  Bemerkungen  über  Diarrhöen  in  e&dlichm,  Klimaten. 

la  der  Sitzung  t.  ^•  Mira  las  Hr.  Reg.  Arzt  Grofe^ 
hdm  über  den  Äbdomintatffphue  (Vgl.  Journ.  d.  pr.  Heüfc. 
Bd»  IXXXIL  St.  4.  S.  3} ,  welcher  epidemisdi  in  zwd 
Cempagflien    des  Regiments    Kaiser   Franz   geherrscht 


—    112    — 

In  der  Sitznne:  t*  25.  März  trog  Hr.  Me^«  Ratfa  Aifcft 

ind)rere  sehr  interessante  ßeobachtangen  aus  seiner  ge- 
bnrtsbilfüclien  Praxis  vor>  —  einen  Fall  von  Verwm^ 
9ung  des  Muttermundes  ^  welcher  in  Folge  von  UntzBn- 
dong  entstanden^  durcl)  Operation  glücklich  beseitiget 
wnrde,  —^  die  Geschichte  einer  tin  dritten  Monat  schwim* 
jjem  Frau yvreXche  anfänglich  an  heftigen  epileptischen 
Krämpfen,  später,  als  erstere  yerschwanden  waren,  an  dem 
heftigsten,  darch  nichts  zn  stillenden  Erbrechen  litt^  und 
welche  darch  Anwendung  des  animalischen  Magnetismns 
in  einigen  "Tagen  geheilt  würde.  — ^  Ferner  legte  der- 
selbe der  Gesellschaft  mehrere  nene  yerbessertc  Instm« 
mente  Tor^  und  einige  seltene  pathologische  Präparate. 

In  der  Sitznng  y.  lö«  April  sprach  Hr.  Dr.  Isensee 
Über  den  Enlimtrf  eines  nc^icn  Systems  der  KranTdieitslehre, 
so  wie  über  die  Fortschritte  in  der  Kenntnifs  und  ffeilunff 
der  örtlichen  Nervenleiden  in  den  letzten  Decennien. 

In  der  Sitznng  v.  29.  April  las  Hr.  Dr.  Burz  Über 
Zulftssunff  des  Lichtes  hei  grofser  Reizbarheit  der  Au^ 
m  AusscJdaffshrankheiten,  ' 

In  der  Sitznng  y.  20.  Mai  trog  Hr.  Dr.  Fürst  mi^ 
rere  Krankheitsfälle  vor  von  Scharlachfieber y  sporadischer 
Cholera  und  IVas^ersticJit  nach  Weohselfieber,  mit  Bemer- 
bnngen  über  das  Vorkommen  yon  Herzaflfektionen  im 
Scharlach,  und  die  dem  Scharlach  ond  dem  Wechselfieber 
häufig  folgende  Ischuria  renalis«  ^ 

Jn  der  Sitzung  v.  3.  Juni  theilte  Hr.  Professor  Hert- 
mg  Beobachtungen  Über  den  Kreislauf  des  Bluts  mit,  and 
interessante,  zu  diesem  Zweck  an  Pferden  angestellte  Ver- 
suche. 

In  der  Sitznng  y.  17.  Juni  sprach  Hr.  Professor  Fro-^ 
riep  über  die  Krankheiten  der  Hoden,  besonders  der  Tn^- 
nica  yaginalis  testis,  und  die  nach  der  Verschiedenheit  des 
Sitzes  dieser  Krankheiten  bedingten  Formen  derselben« 

'  In  der  Sitzung  y.  I.  Juli  las  Hr.  Dr.  ItoXthoff  über 
die  fadelnswerthe  Anwendung  von  Pessarien  bei  Mutter-- 
vorfallen  y  und  empfahl  dagegen  ein  operatiyes  Verfahren, 
mittelst  dessen  er  sicher  und  gliicklich  Mutteryorfälle  be- 
seitiget hatte» 

In  der  Sitzung  y.  29.  Juli  machte  Hr.  Professor  Dr. 
Kranichfeld  auf  dte  Wirksamkeit  der  mit  unrecht  yerget« 


—    113    — 

leioi  Hetha  Eitphratiae  affieimiiU  aiifmeiimm»  und 
pfidil  die  Form  der^  aat  dem  friseben  Safte  dei  Kraotee 
ond  Alkohol  bereiteten  Tinktor  ond  der  Aqoa  Hb.  Eu- 
phranae  officinalis,  beionders  letztere  bei  katarrbaliiM^hea 
AogenaffektioDeo. 

In  der  Sitzong  y.  19.  Angnit  unterhielt  Hr.  Dr.  F. 
X  Biihrend^  die  Gesellschaft  mit  Bemerkungen  aber  itte 
tl^tßiioiogie' und  Pathologie  der  Stimme, 

In  der  Sitzung  y.  17.  Sept.  sprach  Hr.  Geh.  Med« 
Roth  Wagner  über  Gaetromalaeie  und  die  Entstehung  der« 
selben  in  Folge  einer  sauren  Veränderung  des  Misehungi- 
Terhältnisses  des  Speichels  bei  Kindern ,  besonders  in  dem 
Zeiträume  der  Dentition,  und  theilte  zugleich,  diese  An- 
sicht bestätigende,  Ton  ihm  unternommene  Versuche  mit 
Terdennter  Salzsäure  mit.  «^  Schliefslich  wurde  ein  wich- 
tiges Präparat  von  einem  Vorfall  der  Blase  durch  den  of- 
fen gebliebenen  Ürachus  Yorgezeigt  und  erläutert 

In  der  Sitzung  t.  30.  Sept.  theilte  Hr.  Geh^  Med, 
Bath  von  Stosch  seine  Erfahrungen  mit,  ti^  die  im  FrÜk- 
linge  vnd-  Sommer  dieses  Jahres  herrschende  stationäre 
Krankheitsconstitution  in  Berlin. 

In  der  Sitzung  y.  14.  Octbr.  las  Hr.  Dr.  Vefier  fiber 
das  rctn  Fhysikalische  und  seine  Grenzen  im  Organismus^ 
(Vergl.  S.  t>5  dieses  Journall)efts)« 

In  der  Sitzung  yom  28.  Octbr.  sprach  Hr.  Med.Rath 
Sfaberoh  über  die  Wirksamkeit  des  neu  entdeckten  PhlorhU' 
zin  gegen  Wechselfieher,  das  Gentianiny  Coffein  und  den 
künstlichen  Terpenthinkamphery  und  zeigte  die  dazu  gehö- 
rigen Präparate  Tor. 

In  der  Sitzung  v.  11.  NoTbr.  trug  Hr.  Professor  Osann 
Bemerkungen  yor,  über  mehrere  Bäder  des  Taunus  und 
des  Schwarzwaldes,  nnmentUch  über  Ems^  Wiesbaden, 
Schwalbach,  Kronenberg  und  Baden, 

In  der  Sitzung  t.  25.  Novbr.  unterliielt  Hr.  Dr.  Boehr 
die  Gesellschaft  mit  einer  Vorlesung  über  Passio  tltac«^ 
und  mehrerer  dabin  gehörigen  Beobachtungen. 

In  der  Sitzung  y.  9.  Decbr.  wurden  yorgetragen,  meh- 
rere eingesandte  Abhandlungen,  yon  Hrn.  Keg.  Med.  Ratb 
Meyer  zu  Minden  über  Magenkrebs ,  yon  Hrn.  Dr.  Wen^ 
delstädt  zu  Hersfeld  über  die  Behandlung  der  Prosopal- 
gie  dmf^  Strammonium, 

.   Jouxn.LXXXIKB.LSt.  H 


.T-        114        — 

Zur  Prufang  der  über  die  ton  d6r 'Geielbchaft  uf- 
gestellte  Preiifrage  ober  die  Cholera  eingegangenen  sedii 
Preii»cbnften  war  can  Coni)it6  Ton  secbs  Mitgliedern  er- 
nannt worden.  Alf  Resultat  derselben  ergab  sieb,  daft 
keine  der  Preisschriften  den  Sinn  and  Zweck  der  Prei»- 
aufgabe  vollkommen  aafgefafst,  aach  nichts  wie  gefodertj 
die  vier  aufgestellten  Hauptfragen  genügend  beantwortet 
babe,  —  eine  in  dieser  Hinsiebt  bereits  im  Journal  der 
praktischen  Heilkunde  abgedruckte  Erklärung  im  Naraea 
.der  Gesellschaft  als  Bndresultat  dieser  Angelegenheit  war 
die  letzte  Arbeit  dei  unYergefslicben  Direkton '  der  Ge- 
jelUcbaft« 


Die  Zahl  der  hiesigen  ordentlichen  Mitglieder  der 
Gesellschaft  beträgt  gegenwärtig:  106,  die  der  seit  Be- 
gründung der  Gesellschaft  ernannten  auswärtigen  eoira- 
spondirenden :  423. 

Am  Schlnls  des  Jahres  1836  zählte  die  Gesellschaft 
#alser  den  auswärtigen  correspondireuden  Mitgliedern  fol- 
gende : 

•    I*  Vorsteher  und  Beamte^  welche  für  da»  Jahr  1837 

gewählt  wurden: 

Hr.  Geh.  Med.  Rath  BarteU.     Hr.  Hofrath  Bufeland. 
i  -  Dr.  Bürger,  Bibliothekar.    -^  Geh.  Ob.  Med.  Ratb  Khg, 
--  Gen.  Staabsarzt  Büttner.    -  Geh«  Med.  Rath  JBjMits- 
*  Med.  Rath  Busse,  mann^  Secretair.  ' 

-  Prof.  Dieffenhach^  corre-    *-  Geh.  Med.  Rath  LküL 

spond.  Secretair.  -  Prof.  J,  MüU^r. 

-  Geh.  Med.  Rath  V.  Gräfe.      »  Prof-fi.  Osann^  Yice^-Di- 

-  Reg.  Arzt  Dr.  Grofsheinif  rector. 

Censor.  *-  Präsident  Rust,  Director« 

-  Prof.  Becker^  Vice-Cen-    -  Med.  Rath  Staberoh. 

sor*  -  Gen.  Staabsarzt  VtlTieM 

2.  Mitglieder: 

Ur.Dr.  Angelsfein.  Hr. Dr.  Bohr. 
-Dr.  Arndt,  -  Med.  Rath  Bremer. 

-  Dr.  Aächerson»  -  Dr.  Breyer* 

-  Dr.  Behrendt,  -  Dr.  Burtx, 

-  Leibarzt  Berend^  -  Med.  Rath  Bus^» 

-  Dr»  Blömer»  -  Dr.  Dann» 


—    115    — 


Hr.Dr,  DieUtz. 

-  Ob.  Thierarat  IHeterU^. 

-  Geb.  Med.  Rath  £db. 

-  Pn^  EJtrenherg. 

-  Staabsarzt  Dr.  Fest» 

-  Dr.  Priedheim. 

-  Med.  Ratb  Froriep, 

-  Dn  'F^s9. 

-  Med.  Rath  Gräfe, 
'     -  Dr.  Haseloff. 

-  Dr.  Mayn, 

-  Geb.  Hofrath  Heim. 
"  Dr.  JEf^Itf. 

-  Dr.  HentscheU 

-  Prof.  HerHvig, 

-  Dr.  Herzberg. 

~.  Hofratb  Dr.  Hesse, 

-  Dr.  Hüdehrand» 

-  Dr.  Hoffnumn, 

-  Dr.  HoUhof. 

"  Geh.  Med.  Rath  JETom. 

-  Dr.  J«/f^. 

-  Dr.  JoeL 

-  Dr.  /fipef. 

-  Dr.  Isensee, 

-  Prof.  JüngJcen. 

-  Dr.  Klaprofh, 

"  Geh.  Med.  Rath  £7ti^e. 

-  Dr.  Koner, 

-  Ob.  Med.  Rath  Koihe. 

-  Prof.  Kranichfeld, 

-  Dr.  Krause, 

-  Dr.  Kunde, 

-  Hofrath  Dr.  Lehwefs, 

-  Dr.  Leo. 

-  Regimentsarzt  Lesser, 

-  Geh. Med.  R,  Lichtenstein. 

-  Dr.  Lieber. 


Hr.  Dr.  Liebinger. 

-  Dr.  I«^JU7»i(Aal. 

-  Dr.  Mimgold. 

-  Dr.  Mertins, 

-  Dr.  Michaelis. 

-  Dr.  Jlfif«eAer7icJI. 

-  Dr.  Mül?^. 

-  PhysikDs  Dr.  iVcrfoi«. 

-  Med.  Math  i^Tico/ni. 

-  Hofrath  Dr*  Opperi. 

-  Dr.  Prtttit. 

-  Dr.  Phiibus. 

-  Prof.  ÄwcÄ. 

-  Dr.  Reisig. 

-  .Dr.  Romberg. 

-  Dr.  Äii«f. 

-  Dir.  Scheibel, 

-  Dr.  Schmidt. 

-  Dr.  L.  Schmidt 

-  Dr.  Schönberg, 

-  Dr.  ScÄttte. 

-  Prof.  C.  H,  Schutts. 

.-  Gen.  Div.  Arzt  Schulze. 

-  Dr.  Schupke. 

-  Dr.  Stannitis. 

"  Gen,  Div.  Arzt  Starh 

-  Dr.  SteinthaU 

-  Geh.  Hofrath  Steinrück, 

-  Geh.  Med.  Rath  v.  Stosch. 

-  Dr.  Tesmer, 

-  Dr.  TroÄCÄc?. 

-  Gch.0b.Med.R*3Vüi}f€df. 
-Prof.  r«He. 

-  Dr.  Vetter, 

-  Geh.  Med.  Rath  Wagner. 

-  Dr.  Tf  eigersheim, 

-  Dr.  Westphal, 

"  Dr.  Zimmermann. 


H2 


— '  116    — 

I 

2. 

Beobachtwig  einer  glücklieh  geheilten  Vergifhmg  Mtl  com 

centrirter  Schwefelsäure» 

Von 
Dr.  L«  A.   fotf^ 

praktischem  Arzte  und  Wundarzte  zu  Bibmts  in 

Mecklenburg» 


Im  Monate  Janoar  wurde  ich  von  Hrn.  Postmeiiter 
H.  aufgefordert)  einer  bei  ihm  in  Arbeit  stehenden  T^«- 
lÖbnerwittwe  >  welche  einen  WeinrÖmer  Toll  Yitrioloi» 
welcb.es  sie  für  Bier  gebalten  hatte ,  getrunken  habe,  Snh 
liebe  Hilfe  zu  leisten.  Es  mochten  etwa  drei  Standes 
von  der  Zeit,  dafs  das  Gift  yerschluckt  worden,  bis  xa 
meiner  Ankunft  verflossen  seyn;  in  der  Zwischenzeit  hatte 
der  Apotheker  des  Ortes ,  an  welchem  sich  kein  Arzt  oder 
Wundarzt  befindet  >  sehr  zweckmäfsig  anfänglich  Kalicar-t 
bonicum^  späterhin  Magnesia  carbonica,  und  zuletzt  Baum- 
Öl  Terabreicbt ,  doch  ohne  dafs  Krbrechen  oder  grofse  Lin- 
derung der  Beschwerden  eingetreten  waren«  Bei^  meinem 
Besuche  fand  ich  bei  der  Leidenden  verhältnifsmäfsig  nur 
mäfsige  Schmerzen  in  der  Nabelgegend  und  DurdifiiU, 
(letzterer  war  wohl  Folge  der  genommenen  Magnesia, 
und  yicarirte  gewissermafsen  fdr  das  ausgebliebene  Er- 
brechen. Folge  der  verschluckten  Säure  war  er  wohl  , 
nicht,  denn  in  diesem  Falle  pflegt  er,  nach  Orjßlay  blu- 
tig, nach  meinen  Beobachtungen  auch  mit  heftiger  Kolik 
oder  den  heftigsten  Schmerzen  bei  der  leisesten  Berüh- 
rung des  Abdomens  verbunden  zu  seyn.  Auch  hätte, 
wenn  er  Folge  des  consumirten  Giftes  gewesen  wlre^ 
unbedingt  Entzündung  im  TJnterleibe  Statt  finden  mnasen, 
wovon  aber  jede  Spur  fehlte).  Die  Kranke  litt  ferner  aa 
einem  hohen  Grade  von  Dysphagie,  und  Zusammenschnn- 
rnngen  angeblich  der  Brust  (wohl  mehr  des  Magens  und 
Oesophagus);  die  ganze  Mundhöhle  war  bedeutend  ei- 
coriirt,  gewifs  auch  eben  so  die  Fauces  und>der  Schlund; 
dabei  ein  brennender,  saurer  Geschmack  und  Heiserkeit 
Die  übrigen  von  Orfila  angeführten  Symptome,  welche 
nach  Verschlucken  von  Vitriolöl  folgen  sollen,  als  bei- 
lsende Hitze  im  Gaumen  und  Magen,  stechender  Schmelz 
im  Schlünde  (dieser  war  mehr  drückend,  spannend),  stin- 
kender Atbem,  AnfstoDsen,  Uebelkeiten^  ErbrecbeD|  Sdünch- 


—    117    — 

zea,  Kolik  (es  zeigte  sich  nur  ein  gelinder  Grad  Ton  Leib- 
idunerz  in  der    Kfabelgegend ,    der  wohl  Symptom  des- 
florcfi  die  Magnesia  erregten  kunstlitben  Darchfalls  war); 
Dyipnöe  (der  Atbem  war  bei  geöffnetem  Munde ,  um  sich 
Kihloog  für  die  Mandböble  ZQ  versebaffen,  gelinde  scbnar- 
dmd,  ebne  sonst  beeinträchtigt  zo  seyn),  Beängstigong, 
j      bfeniender  Dorst  (genossene  Getränke  erzeugten  Schmerz 
in  Konde  and  Schlünde),  häufiger,  unregelmafsiger  Pols 
(war  in  diesem  Falle  zwar  frequent,  aber  dabei  schnell, 
Ueis,  gespannt,  wie  bei  spastischen vZuständen) ,  Schmerz 
beiBerubrang  des  Abdomens,  Schaaderanfälle ,  Kälte  der 
Eitremitäten ,  kalte,  kleberigte  Schweifse,  Harnbeschwer- 
des,  krampfhafte  Bewegungen   der  Lippen,   des  Gesidi- 
fes,  der  GliedmaOsen ,  Mattigkeit,  Unmöglichkeit  dieselbe 
Lage  za  behalten,  bleiche,   erdfable  Gesichts&rbe ,  Hu- 
sten, Aaisscblag  auf  der  Haut,  gelbe  Flecke,  weifse  oder 
tdiwarze    IfCrusten  auf  den  Lippen,    fehlten.      Dafs  die* 
Tenchinckte  Flüssigkeit  wirklich  Terkäullicbes  Vitriolöl  ge** 
wetea  war,  versicherte  der  Postmeister  H. ,  der  als  Kauf- 
mano  mit  selbigem  handelte,  und  die  Flasche,   aus  wel- 
cker'die  Vergiftete  getrunken  zu  haben  versicherte,  als 
eine  mit   dieser  Säure  gerüUte  und  von  ihm  unvorsichtig 
ii  die  Passagierstnbe  gestellte  erkannte«    Nach  ihrer  Yer-' 
lieheniog  hatte  die  Kranke  einen  sogenannten  alten  Wein* 
romer  von   der   Säure  getrunken,    aber  sogleich  wieder 
assgespieen.    Das  Aosspcien  des  gröisten  Tbeiles  der  ge- 
lossenen  Säure,    unmittelbar    nachdem    sie    sie  getrun- 
ken, war  ohne   Zweifel   der   Grund  der  Gelindigkeit  der 
Symptome,  und  die  Ursache,  dafs  die  Wirkung  derselben 
groüitentheils    auf   die   Mundhöhle    und    die  Fauces  be- 
iclirankt  worden  war.     Dennoch  war  ein  Theil  der  Säure 
verschluckt  worden,  wie  dieses  das  gleich  näher  anzuge- 
bende Erbrechen  bewies« 

Obgleich  man  hätte  glauben  sollen,  dals  die  wirklich 
verediluckte  Säuro  bereits  neutralisirt  worden  wäre,  so 
liefs  ich  mich  dennoch  nicht  abhalten,  theils  zur  voUstän'- 
digen  Neutralisation  des  verscbhickten  Giftes,  theils  um 
Erbrechen  zu  bewirken,  Magnesia  carbonica  in  Verbin- 
dung mit  einer  ans  Chamillenwasser,  Eigelb,  Mimosen- 
sdileim,  Altliaeasyrup  und  Mandelöl  bereiteten  Emulsion, 
alli*  halbe  Stunde  zu  einem  Fiislötfel  voll,  nebenher  aber 
fleUsigen  Genufs  schleimiger  Getränke,  öftere  Ausspülung 
des  blondes  und  Gurgeln  mit  lauwarmer  Milch  zu  ver- 
ordnen. Um  die  Reizung  im  Schlünde  zu  mindern,  und 
der  Ausbildung  einer  Fbaryngiiis  zuvorzukonunen,  Uefs  ick 


—    118    — 

/ 

clen  Hals  änfserlich  mit  in  AUbaeawnnel-,  MaWenUSt- 
tet-,  Malvenbluthen  -  and  BiUenkrautaufgafs  getaiicbtei 
Flaneillappen  fldCsig  fomentiren. 

Innerhalb  vier  und  zwanzig  Standen  bewirkte  dieM 
Karart  keine    wesentliche   Veranderong';   im  Gegentheila 
wurde  mir  gemeldet,  dafs  Patientin  kaum  mehr  die  An- 
fiel hinunterschlingen  könne,  sonst  aber  Alles  Doch  09- 
Terändert  geblieben  sey.    Um  die  anscheinende  Halsent" 
Zündung  zu   bekämpfen  und  Tod  durch  Bräune  zu /ver- 
hindern, liels  ich  zwölf  Blutegel  an  den  Hals  setzen^  mit 
den  oben  genannten  erweichenden,  beruhigenden  Fomen- 
tationen    des   Halses    fortfahren,    und  rieth,    wenigstens 
stündlich  einen  Eislöffel  toU  ?on  der  ordinirten ,  niit  Älag- 
nesia  yersetzten  Oelemulsion  zu  nelimen  \  denn  noch  im" 
mer  glaubte  ich,  dafs  Säure  im  Magen  sey.     Doch  auch 
diese  Verordnungen   halfen   wenig,    i>nd  es  ward   daher 
mein   Rath  aufs  Neue  verlangt.    Ich  ordnete  Reiteration 
der  mit  Magnesia  gemischten  Oelemulsion,  reizende  Fnls- 
bäder  und  Kinspritzungen  in   den  Hals  von   einem  De- 
coctum  Radicis  Althaeae,   Folioruni  et  Fiorum  Malvae  et 
Seminis  Lini  an ;  ehe  jedoch  diese  Mittel  noch  in  Anwen* 
düng  gesetzt  wurden,  erfolgte,  als  die  letzte  Portion  de^ 
Emulsion   eben  verbraucht  worden  war^  Erbrechen  einelr 
braunen,  sauren   Flüssigkeit,   der   Farbe  nach,   der  mit 
Wasser  verdünnten    Schwefelsäure  gleich,    mit  Magnesia 
versetzt  auflirausend ,  •'—  und  mit  dieser  Ausleerung  trat 
bedeutende  Erleichterung  im  Schlucken  wie  in  allen  Be- 
schwerden ein.     Höchst  walirscheinlicb  war  die  Pseudo* 
Pharyngitis  nicht  blofs  Folge  der  örtliclien  Excoriaticin  der 
verschluckten  Säure  ^    sondern  wahrscheinlich   auch  noch 
bedingt   durch   eine  sympatliische  Reizung  der  noch  in 
Magen  befindlichen  Säure,    da  Blutegel  und  Fomentatio« 
nen  so  wenig  geholfen,   und  wesentliche  Besserung  erst 
nach  dem  Erbrechen  erfolgte.    Jedenfalls  war  die  fortge- 
setzte Anwendung  der  Magnesia  and  Emulsion  von  ent- 
schiedenem Nutzen;   denn  wäre  nicht  Erbrechen,  welches 
Ich   doch  diesen  Mitteln  zuschreibe,  erfolgt,  so  würden 
sich  die  weitern  Folgen   der  noch  im  Magen  befiodiicbra 
Säure  bald  gezeigt  haben. 

Ich  liefs ,  trotz  eingetretener  Erleichterong ,  die  zum 
Einspritzen  verordnete  Flüssigkeit  mit  Milch  versetzen  und 
als  Mundwasser  anwenden ,  der  Sicherheit  halber  aber 
noch  ein  Mal  die  oben  erwähnte  Emulsion  mit  einem  schwä-* 
oberen  Zusätze  Ton  Magnesia  nehmen.    Erbrechen  folgte 


h 


—    119    — 

aber  nicht  zum  zweiten  Male,  wenn  gYolch<  <tie  Zufiiire 
immer  mehr  »diwandeii  ond  Patientin- innerhalb  acht  Ta^ 
gen  bis  anf  einige  excoriirte  Scellen  im  Munde  ganz^  her^ 
gettellt  war.  Gegen  diete  znrückfrebliebenen  läcoHatio^ 
nen  rietb  ich ,  da  keine  weitere  Hülfe  begehrt  warde ,  da» 
Mundwaaaer  aus  AUhaeawurzel ,  MalvenbIQiben ,  Malfen- 
.  blatter  und  Leinsamen  mit  Mildi  gekocht  unaosgeseezl 
fortznsetieil,  und  schon  acht  Tage  nachher  hörte  ich ,  dab 
die  Gerettete  wieder  ihren  Geschäften  als  Tagelöhnerin 
nachgehen  zu  wollen  geau(sert  habe«  — 


3. 


'.     / 


MediciniMdie  Bemerkungen  des  Herrn  Baudouin  auf  sei- 
ner Reise  in  den  kleinen  Alias  und  das  Dattelland  {Büed^ 
tU-Vferid)^  von  Um,  Guyun  x-u  Algier, 


Herr  Baudouin  ward  Im  J*  1832  von  den  Araber» 
gefangen  und  nahm  den  niuhamedanitichen  Glauben  an, 
worauf  er  im  Gelolge  eines  Marabuts  die  genannten  Ge* 
genden  durchzog.  •<- 

Die  Einwohner  des  Atlas  sind  GelenkgeichwiUften 
unterworfen ,  welche  in  Abscessc  übergehen  und  die  Kno-» 
eben  bloCslegen;  es  sind  dies  Folgen  der  Scropholosis, 

Eine  nicht  weniger  allgemeine  Krankheit  in  diesen 
Gegenden  ist  die  grolsbeerige  Franibösia  (Fr.  h  gros  bou- 
ton)  des  Hrn.  Alibert  ^  die  hier  Doonj  heifst,  von  den* 
jenigen  Arabern  aber,  welche  sie  mit  der  Syphilis  Tcr- 
wechseln,  grofse  Krankheit  genannt  wird.  Hr.  GuyonhAt 
sie  mehrmals  zu  Bona  gesehen ,  unter  Andern  bei  einem  Hei-» 
ligen  des  Landes,  d,  h.  bei  einem  Wahnsinnigen,  denn  hier 
zu  Lande  wird  jeder  Narr  für  einen  Heiligen  angesehen«  Dia 
Behandlung  besteht  in  einem  vierzigtägigqii  Fasten ,  ofifen- 
bar  in  Erinnerung  an  den  Kamadan  oder  die  Fastenzeit  der 
Türken.  Während  dieser  ganzen  Zeit  dürfen  die  wenigen 
Nahrungsmittel,  welche  man  den  Kranken  erlaubt ^  nicht 
einen  Gran  Salz  enthalten.  Der  Doctor  Mardiy  weldier 
diese  Kurart  beobachtete  I  Ycrsichert,  dafs  sie  Anfangs  sehr 


—    120    — 

I 

iritfcgam  tchien,  clafii  aber  die  KnnklieU  mit  der  Rode* 
kebr  zur  alten  Lebensart  ^ederersobeine.  —  BemerketuK* 
wefth  bleibt  es  jedoch,  da(s  die  Methode ^  deren  udi  die 
Indianer  gegen  die  Pians  bedienen,  gani  dieselbe  ist;- sie 
tagen,  da(s  sie  die  Krankheit  darch  Hanger  tödten. 

Die  Blatteraimpf Q  ng  scheint  bei  allen  Bewob nern  des  uh 
Bern  Afrikas  bekannt;  man  impft  zwischen  Zeige- und  Mittel- 
finger. Aach  der  Aderlafs  ist  hier  gebraachlich  and  wird 
am  Kopfe  oder  an  den  Fafsen  ausgeführt«  Zam  Aderlals 
am  Kopfe  wird  ein  Strick  am  den  Hals  gelegt,  nnd  wena 
die  GesichtsTenen  anschwellen,  wird  die  Ader  anter  der 
Nasenwurzel  geöffnet  Dies  Verfahren  ist  an  Hrn.  Bmh 
douin  selbst  aasgefuhrt  worden.  •* 

Im  Biled-nl-Djerid  oder  Dattellande  finden  licb  an- 
dere Krankheiten.  Eine  Aogenentzöndung  ist  daselbst  so 
Terbreitet,  dafs  fast  alle  Einwohner  davon  betallen  sud; 
ne  verursacht  oft  Trichiasis, 

Bei  den  Weibern  zu  Metelli  und  Onergnela  bat  Hr. 
Baudouin  viele  Kröpfe  gesehen.  Der  erste  dieser  Orte  ist 
ein  schwarzer,  anfserordentiich  harter  Fels;  der  zweite  hat 
eine  morastige  Lage. 

'  Die  Geopbagie  oder  das  Erdessen  ist  lo  häufig,  dafii 
He  wohlschmeckendsten  Erden  öffentlich  verkauft  werden; 
es  sind  dies  Kreide-  und  Thonarten,  welche  man  ohne 
Schwierigkeit  gegen  Salz  oder  Datteln  austauscht ,  welche 
letztere  die  Hauptnahrung  der  Bewohner  ausmachen. 

Das  alte  Tegort,  heut  zu  Tage  Tnggurt,  besteht  ans 
einem  Dutzend  kleiner  von  Morästen  umgebener  Städte; 
auch  herrschen  daselbst  die  Wechselfieber  gewöhnlich  vom 
Mai  bis  zum  October,  und  sie  hinterlassen  zumeist  An* 
Schwellungen  der  Unterleibseingeweide ,  dergleichen  man 
auch  bei  den ,  die  dasigen  Weiden  besuchenden  Tbieren 
findet.  Hr.  Guyon  erinnert  hierbei  daran «  da(s  die  R&- 
mer  sehr  vernünftiger  Weise  über«  die  Salubrität  der  Ge« 
genden  aui^  den  Eingeweiden  der  Thiere  urtheilten* 

Die  Therapie  im  Lande  beschränkt  sich  fast  ganz  auf 
Amalete. 

Die  Gebärenden  setzen  sich  auf  eine  Art  Stuhl  nnd 
ergreifen  mit  beiden  Händen  ein  iierabhängendes  Seil» 
während  eine  hinter  ihnen  stehende  alte  Frau  den  Unter- 
leib von.  oben  nach  unten  mit  einem  nach  der  Lange  ge« 
legten  Handtache  zusammendrückt» 


-.    121    ~ 

SefcifrwmiJen  werden  mit  geschmolieMr  Botter  be- 
kiMy  die  man  in  diesdben  tindngielst. 

Gegea  Knocbenbräcbe  bedient  man  uA  ciacr  sdi' 
mbthtü  VorricbtaDg,  bestehend  in  einer  Art  Ton  Schie- 
Mtins  Rohr  (Arando  doaax),  welche  auf  die  Art  mit 
cbaider  rerbmiden  sind,  wie  bei  dem,  den  Thierante« 
Uta  dem  Namea  Chapolet  bekannten  Instnamente.  Flachs 
nd  Lappen  werden  zwischen  das  Glied  nnd  den  Apparat 
gehncfat  nnd  durch  einige  Bindengange  befestigt.  Bis- 
weSen  bedeckt  man  das  Ganze  mit  einer  ümUeidong  tob 
Tboaerde,  die  mit  EiweÜs  Termiscbt  ist;  was  an  den  oa- 
äbaefambarea  Apparat  des  Hm.  JLanrcy  erinnert. 

Hr.  BmdoMJm  bat  aoieh  einige  Albinos  angetroffen» 
nd  Hr.  Gmyam  erwähnt  deren  Drei  am  Schlosse  seiner 
Abbaadliiiic.    {BitOetm  de  tAcuUm.  n^t  de  Mededme, 


4. 

fUtstt .  fnifrcnloM  vewirieuiU 


(Brirflich^  BCttbeOaBg  des  Herra  Stadt .  Phrsikot  Dr.  Ruk- 
kaum  ia  Ratheaow  am  Htb.  Dr«  Bürger  in  Berlin.) 


Der  Pr.  S.  in  G.,  dessen  Sie  sich  noch    erinnern 
werden,   ist  nicht  mehr  nnter  den  Lebenden.    Die  einzi- 
gen annlicb   wahrnehmbaren  Merkmale  «einer  Krankheit 
waren  eine  Febris  lenta  mit  nnregelmäßigen  Ezacerbatio- 
nea^    häufige,    einen  penetranten    Geruch   nach  Scbwe- 
felwasserstotfgas  Terbrdtende  Roctus,  langsame  Abmage- 
rang   bei  gutem   Appetit.      Die  Kxcretiones  aln   et  ori« 
aae  boten  nichts  Abnormes  dar;  der  Harn  war  immer  klar 
lad  Ton   gelber   Farbe.     Während   eines,  intercurrirenden 
Wecbselfieber-  Anfalles  erfolgte  emmtU  ein  heftiges  Erbre- 
chen, wodurch  aofser  den   genossenen  Speisen  eine  kä« 
rige  9  flockige ,  in  der  Flossigkett  schwimmende ,  dem  Ei- 
ter ähnliche  Materie  ausgeworfen  wurde.    Eirnnftl  ereig- 
nete es  sich,   dafs  der  Kranke  ohne  alle  Beschwerden, 
winlinrlir  mit  grolKf  *frtf*^tffinij  cinn  nnsibnBcbc  Mcn^ 


—    122    ~ 

flus^gen,  «Innkeln  ßluts  beim  Stabigang«  Terlor/  Der 
Unterleib  war  \iälirend  der  gar^zen  Daaer  der  Krankheit 
(vom  Januar  bis  Juli^  immer  weich  ^  nirgends  schmerzhaft 
oder  aufgetrieben,  "  *     -  * 

Die.  Section  ergab  eine  nngebeare  Taberkelbildang, 
zwischen  den  Magenliänten ,  Tom  obern  concaven  Jündf 
bis.  zbni  Pförtner.  Viele  Tuberkeln  befanden  sieb  itn  Zu- 
Stande  der  Erweichung,  andere  in  dem  der  Cradität  Aa 
vielen  Stellen  des  Magens  zeigten  sich  knotige,  iest^' fast 
knorpelartige  Verhärtungen.  Die  Tanica  villosa  war  aa 
den  meisten  Seilen  mürbe  und  löste  sich  leicht  Toa  dea 
übrigen  zum  Theil  breiartig  erweichten  Häuten  ab«  Ja 
der  Gallenblase  fanden  sich  24  Steine,  die  erstere  ganz 
anfüllten •  Alle  übrigen  Intestina  Yon  bester  Beacbaf« 
fenheit. 


Wenn  auch  die  in  vorstehender  Mittheilnng  angege- 
bene  Tuberkelbildung   zwischen   den  Häuten  des  Magens 
nicht  grade  zu  den   grofsen   Seltenheiten  gehört,   da  wir 
schon    in   Hnllers  opusculis  pathologicis,    bei   Morgagni 
(de  sedibus   et   causis   morborum   per  anatomen  indagatis, 
Tom.  111.)   und   neuern  Schriftstellern  ähnliche  Fälle  fin- 
den,  so  bleibt  es   doch  auffallend ,   dafs  eine  so  bedeu- 
tende Destruction ,  wie  die  oben  angegebene ,  nicht  mehr 
Zeichen ,  aus  denen  nian  die  Art  des  Leidens  hatte  muth' 
inafsen   können,  als:  Ekel,  Öiteres  Erbrechen,  Schmerz 
oder   Druck   in   der   Herzgrube,   Aufgetriebenheit  dersel- 
ben^ Appetitlosigkeit^   belegte  Zunge,   Unregelmafsigkeit 
in  der  Leibesöffnung  u*  s.  w.   dargeboten   hat.    Aber  nur 
ein  einziges  Mal  trat  ein  heftiges  Erbrechen  ein^  wodprch 
eine  käsige^  ilockige^   dem  Eiter  ähnliche  Materie  aasge- 
worfen   ward ,   und  diefs  fand  noch  während  eines  inter- 
currirenden   Wechselfieber- Anfalles  Statt,   ohne  den  yiel- 
leicht  jenes  Erbrechen  gar  nicht  erregt  worden  wäre*  Die 
häufigen^    einen   penetranten   Geruch   nach   Schwefelwas- 
serstoffgas verbreitenden  Ructus  konnten  auch  kein  beson- 
deres Zeichen  abgeben ,   da  wir   sie  bei  den  verschieden- 
artigsten Leiden  des  Unterleibes  wahrnehmen,  der  Kranke 
dabei   guten   Appetit  hatte,  die   Se  •-  und  Excretionen  in 
Ordnung  und  der  Unterleib  nirgends  schmerzhaft  oder  auf- 
getrieben  war.    Eben  so  wenig  Utk  sich  a«s  dem  ein- 
maligen   Abgange  von  dunkelem,    fiüssigem   Blute  beim 
Stuhlgänge  auf  ein  Magenübel  schliefsen«  «^ 


—    123    — . 

Der  auszeichnete  nnd  erfahrene  Arzt  fiielt  das.  Lei« 
ki  fir  eine  venoso-gastrica  lenta  and  bat  durch  diese 
iotthme  gewiÜB  nicht  geschadet«  Dr   B 


4. 

Id&natlicher   Bericht 
über 
äenßenmäheitsswtand,  Geburten  und  Todesfälle  von  Berlin^ 

Mitgetheilt 

nu  den  Akten  der  Hufeland' sehen  med,  chirwrg,  Gesellschaft. 
Mit  der   dazu  gehörigen   Wittertmgs  *•  Tabelle. 


Januar y 
(rom  SOsten  December  bis  3ten  Februar.) 

üeber  die  Witterung  Yerweisen  wir  aofdie  beigefügte  Tafel, 


Es  wurden  geboren:    456  Knaben, 

414  Mädchen, 

870  Kinder. 

Es  starben:    377  männlichen, 

330  weibliclien  Geschlechts  uberi 

und  434  Kinder  unter  10  Jahren, 
■  "      ■ " 

1141  Personen« 

Mehr  gestorben  271« 

Im  Janaar  des  vergangenen  Jalires  wurden 

geboren:      378  Knaben, 

336  Mädchen,  ' 

714  Kinder. 
Es  starben:    189  männlichen, 

137  weiblichen  Geschlechts  überj 
ond  263  Kinder  anter  10  Jahren« 

589  Personen« 
Mehr  geboren  125« 


I 


\ 


Im  VerliSItnifi  znm  Monat  Januar  de«  Torigen  Jahn» 
trnrden  im  Januar  dieses  Jabm  158  nwtu  geboieo,  md 
ilaibea  652- 

Per  rlienmatiiiA-gasIriiebe  Charakter  der  KnnkheitM 
der  io  den  vergangenen  Monaten  der  bemiJiende  geweaea 
war,  nalim  gleicli  Anfang  des  Monats  einen  rhcumatiacb- 
calarrhali sehen  an,  und  zeigte  in  seinem  Verlauf  «IIa, Zv' 
eben  der  Grippe,  die  lieb  mit  einer  Schnelligkeit,  nnd  ia 
Holchec  Ausdehnung  verbreitete,  nie  es  bei  friiberen  Eft- 
(tümien  der  Art,  die  hier  herrschten,  nie  der  Fall  wan 
Gegen  Knde  des  Ktonata  terminderte  sich  swar  die  ZaU 
der  Kranken,  doch  traten  bäufig  Longenentzündungen  nnd 
nervöse  Fieber  als  Folge  der  nicht  geJiorlg  abgemrtelea 
Grippe  hervor.  Uelirigena  war  der  Verlauf  der  Krankheft 
im  Allgemeinen  nicht  gefährlich,  doch  warde  siehaofii 
tüdllicli  für  Kinder,  Greise,  Schnangere  und  Schiriad-, 
süchtige.  Andere  Krankheiten  und  selbst  Ausschlag -Krank' 
heilen  jeder  Art  kamen  nur  wenige  zur  fiehandlnng;  Pok- 
kon  zeigten  sich  alter  noch  immer,  nnd  es  staiben  dam 
t»  Fenonen.  unter  denen  4  Erwacbsene. 


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•inkh» 

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Kind«; 

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Kraiikheiteii. 

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Am  Kurrkrninpf. 

a"  Sti^"''ui'.'Jl'  Keiciihiattn.  '. 
An  ■li'n  rucken 

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it  dir  GcbimeiitiündunE. 
*l  4d  Limg«ienniindn>>e 
An  drr  UBlirlpibjcnlliiBd.mi 
ig  der  a.DdiTdti'iiUüiKlDiie. 


kl  6a  UditntzundunE  (Brü 
Li  Hfr-  Enlituidnng, 
L.  Hmheälelenliiknanng. 


!■  Entiünänncsfiebel 

In  .Scb](i].iliF)>?r.       . 
In  Flui  -  und  FJfcJcfieb 


h  -wljiiuinii.     .       . 

Au  UiochicbndMi  . 
An  KaucheneMchwurea 
Am  Krebi.  .        . 

Au  MutUrktEhi 
Au  Wititrkrebs. 
An  Bruid.    .       .. 

An  defwüi^Mtinriw.' 
Aa  G»hitBerwt->- — 

am  UÜgrwtbt 


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Krankheiten. 

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Siunm- 

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Sie  BUliolhti  der  prakl.  Beithmdt,  Jmmar  1S57  mUSI; 
Hittoire   de»  tiuilndiet   otterves  h  In  grtrndt  ortnA  fra»- 
fni*e  jifndmit   lei   campagnes  de  RuMii*  m  1812  •!  de 
rAUenuiyne   en  1813;  pnr  le   ChoMlUr  J.  B.   L.  dt 
Kerihove  dit  de  Kirckhoff. 
Btoidbttch    der  »pceiellen  Kraakheil*~  tmd  Beüungalthrt, 
mil  beuHulerer  Rüttsicht   ituf  die  Fhfgtiohgit,   wm  Dr. 
K.  H.  Baumgärtner. 
Xnrse   HtterHristhe  AmelgeH. 

Ideen  über  da*  Weien  und  die  Beilimgeari  der  BaBt*-, 

gatlntehen  mtd  Neruenfieber ,  von  Dr.  Ed.  Pmeltr. 

Die  freie  Hnmecstndt  Bremen  mtd  ihr  OAiet , '  te  tap*- 

grophiuher,  medicinwdher  wid  tiittarkiMloritAer  Bkh- 

ekht  getchildert  von  _Ph.  Heiueken. 

KerstKA   einer   medicinisitien.  Topogrophii  WM  KoHeu. 

Von  Dr.  Jii (.  Wegeier. 
Veler  schwammige  Auiw^chse  der  weibliche»  OetcMcdto- 
organe.     Von  Fr.  Ladw.  JUeiftittr. 
Akademische     Sthrifte»    der    ünivertUät  «• 
Jlerltn. 
C,  F.  Emmert,    Ohservntiontt   qaaedam  wieroaeofkat 
in  pnrtihat  animtdium  pellucidit  inrtitutae  de  iijbq»< 
umfione. 
Jtt>  L,  Oraeff,  de  tingulari  fungi  ff 


JÄU&etan8eheB  lotelligenzblat^ 


n 


;  No.  l  1837. 


Im  Veriage  der  Bachhancnang  O«  P.  Aäerkolz  In  Brtt- 
laa  Üt  10  eben  encbienen  und  in  allen  Buchhand* 
hingen  «a  haben : 

Air  GeidUcftto  der  Medicin  in  Schlesien.  Bntea  Heft: 
Die  TorliCeriritcben  Anfänge.  Von  Dr.  A,  W,  £1  n. 
J^tnaiAeip  ProfeMor  a.  d.  Unif«  Bretlan«  Gr.  &  8  Bo« 
geo.    Geh.  16  Gr. 

JH$  *XraMeiien  dH  Poefni,  ton  Dr.  J.  OrHizery  ana- 
nbendem  Arzte  und  Gebortabelfer.  Gr.  8.  18  Bogen. 
1  RtUr.  8  Gr. 

In  dem  Verlageton  F.  J.  Srocl^mu  encheint  and  Sit 
dofcb  Alle  Bndihandlnngen  nnd  Poitimter  za  be- 
neben: 

Jttgemeine  m$diMM»ctu  Zeittmg,  In  Gemeinschaft  mit 
Profeaaor  Dr.  J.  B.  Friidreich  nnd  OJ[>ermedicinalreth 
Dr.  C,  Bohnhaum  beraasgegeben  von  Dr.  Knrl  Palst, 
Jahrgang  1837.  Wöchentlich  erscheinen  2  Nummern 
Ton  einem  Bogen  in  gr.  4.  Preis  des  Jahrgangs  6  Tbbr. 
16  Gr. 

Diese  Zeitschrift  5  anf  deren  Redaction  besondere 
Sorgfalt  verwendet  werden  boII»  wird  von  diesem  Jahre  ab 
wieder  in  meinem  Verlage  erscheinen  und  namentlich  ent- 
halten: Origiiuäahhandltinyen  über  irgend  einen  besonders 
zeitgemafsen  Gegenstand  der  theoretischen  und  praktischen 
Medicin;  Auszüge  aus  den  hesteih  uml  neuesten  Schriften 
deutscher  oder  fremder  Sprachen;  Kritik  der  neu  erschein 
nenden  media,  Schriften,  zu  welchem  Behofe  die  Herren 
Verleger  am  l^sendong  eines  Freiexemplars  an  die  Re- 
daction gebeten  werden ;  Misa^Un  tuul  Correspondenznach-' 
riehien* 

Pfobenammem  sind  durch  alle  Bachhandlungen  g  r  a  t 
za  beknunmea« 


—      2      — 

^  Ift  der  Lanpp^Bdi^n  Bnchhandluirg  zu  T&l 
iMsbienen  and  in  allen  Bachbandlungen 
AmaHen  der  StaaU-  ArzneiTiunde ,  berausgeg 
P,  J.  Schneider  und  Dr.  J.  JJ.  Schürmaye 
virkang  der  in-  und  ansländiscben Mitgl: 
eins   Grofsberzoglich  Badiscber  Medicinal 
Befördcrong    der  Staats -Arzneikande. 
Zweites  Heft.    gr.  8.    br.    Preis  2  FI. 
Dies/e  Annalen  baben  sieb  gleich  beiihr 
scbeinen  einer  aofsergewÖbnlicben  Tl^eilnabn 
gehabt,   and   es  gereicht  ans  zum  besondere 
anzeigen  za  können ,  dals  ihr  Fortbestehen  i 
gesichert^  ist« 

Im  Verlage  der  Buchhandlung  des  Wnisenhi 

ist  erschienen    nnd   durch   alle   Biichbi 

In-  .und  Auslandes  zn  beziehen: 

Eohl^  Dr,  A.  F.,  Die  gehurtshülfliche  Eü 

Theile.     gr.  8.    ^  Rthir. 

Ister  Tb  eil  das  Hören  oder  die  ^ebnrtshul 

tation,  mit  1  Kupfertafel. 
2ter  Theil  das  expIoratiTe  Sehen  nnd  Fiih 
Ceber   den    Werth  und  die  Br>auchbarke 
benden    Werks    spricht    sich    die   „Berliner 
Central- Zeitung"  folgendermafsen  aus: 

Der  achtbare  Verfasser  dieser  gebalsvolli 

absicbtigte,  in  derselben  die  )L.ehre  der  gel 

Gesammt- Exploration  auf  eine  fiir  den  Lei 

den  Meister  dieser  Kanst  gleich  entsprechen« 

zutragen,   dem  erstem  einen  Führer  in  die 

ben  f  der  ihn   bei  dem   Lernen  und  dem  U 

.und  leiten  soll,  dem   letztern   aber  eine  Ver 

weitern  Forschung  nnd  zur  Mittheilung  von  1 

widerlegenden   oder  neuen  Beobachtungen  n 

gen   darzubieten.     Diesen   Zweck   hat  der   '^ 

das  Vollständigste  erreicht,  indem  der  Lehrli 

Klarheit  und  Gründlichkeit  der  Darstellnng^, 

Meister  durch  die  tiefe,   wissenschaftliche  Fi 

reichhaltige  Angabe  der  Qnellen,  yollkomm 

werden  durften.     Oa  der  Raum  dieses    Bla 

gestattet,   in   die  Einzelnbeiten  des  Werkes  i 

gehen,  so  hemerkt  Referent  hlofs  im  Allge\ 

dies  die  vollständigste  und  beste  Schrift  sey^ 

diesen  Qegensttind  bis  jetzt  erschienen  ist» 


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C^  W*  Hüfeland's 


Joor n  al 


det 


practtechen   Heilkunde. 


Fortgeeetzt 


TOD 


Dr.  E.  Osann, 

ordenü*  Professor  der  Medidn  an  der üniyersitatnAd  der  med« 

chimrg«  Academie  für  das  MilitaSr  zu  Berlin  ^  Director  des 

ILPoliklni«  Institats,  Ritter  des  roth^n  Adler*  Ordens  dritter 

Kkne  und  Mitglied  mehrerer  gelehrten  Gesdischaften. 


Orau,  freund,  iai  alle  Theorie, 
Dodi  grün  des  Lebens  goldner  Baum* 

Göthe. 


n.  stück.    Februar.  ' 


Berlin. 

Gedruckt  imd  verlegt  bei  G.  Reimen 


.  / 


t 

GlückUche  Heilung 

i  psychischen  Kranken 

auf  somatischem  Wege« 
Von 

V 

Dn  August  D  r  0  s  t  e      ^ 

in  Osnabrack* 


Mildem  Entstehen  ron  GeistesTerarmnng  gleich- 
zeitig als  objectire  Erscheinungen  eintretende  Ve- 
getationsyeränderungen,  so  wie  in  Leichen  ron 
Vcrriickten  ^wahrgenommene  Struktur- Ab wei- 
choogen  der  Organe,  Degenerationen  und  norm-« 
widrige  Eingeweide- Lagen  weisen  unzweideu- 
tig auf  den  nahen  Zusammenhang  zwischen 
Leib  und  Seele  hin  ;  die  in  der  Pubertät^  der 
Menstruätionsperiode,  der  Schwangerschaft^dem 
Wochenbette  und  dem  Alter  der  Decreniditat.oft 
vorkommende  Gemüthsyerstimmuog  und  Ver- 
standes Verwirrung  zwingen  zu  der  Annahme 
eines  körperlichen  Grundes«  Wenigstens  sieht 
man  derartige  Begleitungs-Zustäbde  häufig  wie- 
der verschwinden^  wenn  das  Gleichgewicht  der 
in  diesen  Entwickelaogs ^Vorgängen  iiberthäti* 

A2 


gen  oder  ventimmtefi  ond  in  ibretfi  harmoni* 
sehen  Zusammenwirken  gestörten  Systeme  der 
Irritabilität^  Sensibilität  und  Reproduktion  nach 
einem  natnrgemäfsen  Verlaufe  oder  dem  Ein- 
tritte eines  aushelfenden  Krankheitsprocessei 
allmäblig  wieder  hergestellt  ist.  Mögen  auch 
absichtliche  Uebertretungen  der  Gesetze  der  Mo« 
ral  und  des  Staates  unter  dem  Scheine  ron  Wahn- 
sinn  unternonmien  worden  seyn^  so  rerdientn 
diese  ^  den  Organismus  gewaltig  erschnttemde, 
Lebens-Stadien  nichts  destoweniger  beiderBeop- 
theiluDg  einer  synchronistischen  Krankheit  der 
Psyche  grofse  Rücksichten.  Wo  aber  aacb 
in  anders  entstandenen  Vernunftstorungen  das 
schärfst  bewaffnete  Auge  keine  somatische  und- 
physische  Alien ation  zu  erblicken  vermag,  wird 
doch  nach  den  Regeln  der  Analogie  und  Induk- 
tion eine  dynamische  Ursache  zu  erforschen 
und  nicht  selten  zu  ermitteln  se^n, 

BuzoriTti,  der  in  seinen  Grpndzngen  der 
Pathologie  und  Therapie  der  psychisclfen  Krank- 
heiten den  Satz  aufstellt^  dafs  die  nächste  Ur- 
sache^ welche  die  krankhafte  Veränderung  der 
psychischen  Verrichtungen,  das  Delirium,  ber- 
Torrufe,  in  einem  krankhaften  Zustande  dei 
Nervensystems ,  der  sich  auch  sicher  <  angeben 
lasse,  beruhe,  dafs  diese  bei  den  acuten  und 
chronischen  Delirien  im  Wesentlichen  dieselbei 
d*  h.  acute  und  chronische  Neuropathie  sey^ 
hat  damit  ein  leicht  zu  Verinungen  führendes^ 
aber  mit  Vorsicht  zu  bebauendes  und  dann  hof- 
fentlich seegensreiche  Früchte  bringendes  Feld 
betreten.  Nasse  und  Jacobi  nehmen  ebenfalls 
keinen  essentiellen  Unterschied  zwischen  chro- 
nischen und  acuten(Delirien  an  und  suchen  den 
Sitz  der  Seelenstoiung  in  allea  Syatemea  und 


Organen  des  menscbliclien  KSrpen«    Nmanann 
bält  alle  sogenannte  Geisteskrankheiten  für  io 
dem  gebundenen  Zustande  der  einigenden  Ver« 
oonflt  begründete  Mirsverhältnisse  zwischen  Ver- 
atand und  Willen,  die  daraus  herrorgeben,  dafs 
der  richtige  Standpunkt   der  Seele   zum  Welt- 
gansen,  der  eine  angemessene  endliche  Lebens- 
form Toraossetze,  yertchoben    ist  und  nur  im 
Organismus  aufgesucht  werden    kann.      Eines 
basonderen  Seelenaitzes^  wie  einst  Cartesius  als 
aolcheo  die  Glandula  pinealis  bezeichnete,  be- 
darf es,  um  das  Höhere  im  Menschen  far  im- 
materiell und  selbstständig  zu  halten,   eben  so 
wenig,   als    die    teleologisch   unerfafsliche  Er- 
acheinungy  dafs  die  nämliche  Krallt,  deren  We- 
sen Thäligkeit  ist,   in   dem  Verkehrten  andera 
^wirkt,    zu  einem   Materialismus   ftihren    kann, 
wenn  man  den  Körper  für  ein  begeistigtes  Or- 
gan  der  Seele  hält,    deren   vorzüglichere,  das 
humane    Leben    bedingende,   Aktionen    in    be- 
stimmten, leicht  verletzbaren  Provinzen  dessel* 
ben  Yollbracht  werden ,   in  denen  die  geringste 
Veränderung  eingetreten  seyn  und  wonach  das 
ganze  Räderwerk  in   seinem  Laufe  anders   ge- 
richtet werden    kann.     Plötzlich  ausbrechende^ 
tief  erschütternde  Affekte   -^  Schreck,   Aerger, 
Zorn,  Freude  —  rerinögen ,  wie  Beispiele  da- 
von   Torliegen,    augenblicklich   das  Leben  auf- 
zuheben oder  die  übereinstimmende  Thätlgkeit 
aller  Seelenkräfte  zu  schwächen  und  in  Unord- 
nung zu  bringen.   Oeffentliche  Beschimpfungen, 
Ehre  und  Gefühl  tief  verletzende  Kränkungen 
können    sowohl    körperliche  Krankheiten   her- 
vorrufen,  wie  Störungen  des  Geistes,    Gleich« 
gültigkeit,   Ueberdrufs  und  Verachtung  des  Le- 
bens bewirken ,  ja  zum  Selbstmord  treiben !  — 
Der  lief  eingreifende  Einflufs  des  J^ifsbrauchs 


^    ö    — 

der  geistigen  Getränke  anf  den  somatiecb  -  psj- 
cbischen  SIenscben  stellt  sich  häufig  genug  dar. 
In  den  Leichen  an  der  Trunksucht  Verstorbe« 
ner  findet  man  zum  Oefteren  bedeutende  De- 
struktionen und  Degenerationen  des  cbylopoeli« 
sehen,  wie  des  Blutgefafssjstems.  Unter  immer 
sunebmenderReizbarkeitdesGemiitbs  und  derNer- 
Ten  litten  sie  wohl  an  der  Wassersucht,  Schwind- 
sucht, an  Anorexie,  Dysphagie,  an  VerbärtUD^en 
uodVerscbwärungen  des  Tubus  alimentarius,  det 
Drüsen,  des  Mesenterii  und  Mesocoli,  so  wie  des 
Pankreas,  an  Apschoppuogen  der  Leber  and 
Milz,  an  Erweiterungen  und  Verknocherungen^ 
der  Herzhöhlen  und  grofsen  Gefäfse,  an  hef- 
tigen Congestionen  nach  der  Brust  und  dem 
Kopfe«  Die  permanente  Turgescenz  der  6e- 
fäfse,  die  ununterbrochene  Beschleunigung  des 
Blutuinlaufes,  die  stete  Spannung  und  Unnatur^ 
liehe  Stimmung  der  Neryengeflechte  des  Bau- 
ches, insonderheit  des  Plexus  solaris,  die  sich 
den  übrigen  Regionen  des  Nerrensystems  und 
dem  Gehirne  mittheilten,  wiederholte  Abwei* 
chungen  der  geistigen  Tbätigkeit,  häufige  Sch&> 
pfungen  einer  kranken  Einbildungskraft  bilde« 
ten  bei  Manchen  rerVehrte  Begriffe  ond  Ur- 
tbeile,  die  den  Willen  zu  unsinnigen  und  ge- 
waltthätigen  Handlungen  hinrissen  und  später 
wirkliche  psychische  Krankheiten  zur  roige 
hatten.  Wie  die  Cur  oder  Tielmehr  Heilung 
dieser  in  vielen  Fällen  nachgewiesen  ist,  so 
zeigt  es  die  Erfahrung  überhaupt- wiederholent- 
lich,  dafs  physische  Arzneimittel  der  Intempe- 
ratur  der  Reizbarkeit  der  Bumpf-  und  Gehirn* 
nerven  eine  andere  Bichtung  zu  geben,  da- 
durch Gleichgewicht  und  normales  Kraftver* 
hältnifs  in  den  verschiedenen  Seelenpotenzen 
wieder  herzustellen,  Einklang  und  richtige  Be- 


-.7    - 

aiehoiig  d^nelban  so  elnaader,  Hannoiue  der 
änfsem  und  ioDern  Sione,  die  gehörige  Stärke 
der  Phantasie  ^'  die  äafsere  und  inoere  Beson*- 
beDheit,  so  wie  die  richtige  VerknSpfaog  der 
Ideen   unter  sich  nnd  mit  den  Funktionen  dei 
Willens    wieder    henrorzabringen    im    Stande 
sind«    Das  GeföhlsTermögen  ist  ron  allen  See« 
lenyermogen  dasjenige,  sagt  Reil^  aof  welches 
wir  mit  dem  groüsten  Vortheile  wirken  kün* 
neo.     Wir  haben  es  in  unserer  Gewalt ^  ^das- 
selbe direkt  und  auf  eine  bestimmte  Art  zn  er- 
regen. .  Dies  gilt   wenigstens  Ton  den  körper- 
lichen  Gefühlen,    die  wir  gezwungen  und   in 
einer  Stärke  hervorbringen  können^    dafs  sie 
den  Kranken  nöthigen,  sie  zu  beachten.     Denn 
es  Yteht  nicht  mehr  in  unserer  Willkühr,  die 
Gefühle   abzuhalten,    wenn    der   Zustand    des 
Körpers  herrorgebracht    ist^    in    welchem  sie 
gegründet  sind.    Der  Brechweiostein  erregt  uns 
Ekel,  .auch  wenn  wir  es  nicht  wollen ;  er  macht 
uos  schmerzhafte  Pusteln,   wenn   wir  es   nicht 
wünschen.     Gefühle  wirken   auf  das  Vorstel- 
lungsvermögeo,  nölhigen  dasselbe,  die  Ursachen 
derselben  aufzusuchen;  sie  nehmen,   wenn  sie 
stark   sind,   den  ionern  Sinn   in  Anspruch  und 
zwingen  iho ,   sich   selbst  als   das  Subjekt  des 
Gefühls   zu   betrachten.     Sie   wecken   also  die 
äufsere  und  die  innere  Besonnenheit.     Sie  fixi- 
ren  die  Aufmerksamkeit,  ziehen  sie  auf  andere 
Gegenstände  und  bewirken  wenigstens  eine  zeit- 
weilige   Aufhebung    der    krankhaften    Geistes- 
Kicbtung.     Sie  bethätigen   das  Begehrungsyer- 
mögen  und  durch  dasselbe   den  Verstand ,   in- 
sofern   die    erregten   Begierden    denselben    an- 
treibeoy  die  Objekte  der  Gefühle  zu  yervielfäl" 
tigen^   die  Blittel   zur  Erhaltung   der   aogeneh« 
tuen  nnd    cur  Entfernung   der    unangenehmen 


r-     8      — 

aufEasiielieB,  Obwohl  oicfat  efne  Heüinatliodla 
fnr  alle  ptychiscbeD  Krankheitsfälle  pafst,  nicht 
TOD  specificis  die  Rede  seyn  kann,  vielmebr 
6ine  Tielfältige  und^  rationelle  Therapie^  die 
einei  wo  möglich  genau  erkannte,  indiyidbelle 
pathognomonische  Basis  haben  mufs,  dabei  eben 
80  erforderlich,  ist,  als  wenn  der  organische 
Leib  eomatische  und  dynamische  Krankbeits- 
formen  darbietet,  so  haben  sich  doch  einige 
Mittel  in  frühem  und  spätem  Zeiten  zu  dietfm 
Ende  besoodera  bemerkUcb  gemacht» 

Plinius  erwähnt  In  seiner  bekannten  Nalnr* 
geschichte  (VoLIV.  lib,  22.  Cap.  64.)  Ae^HeU 
leboH  albi  als  gegen  insania  melaneholica  hilf-* 
reich»  In  ^uU  Gellii  noctium  Atticarum  Hb,  17« 
Cap.  15.  findet  sich  dasselbe  Mitlei  ad  instani* 
liam  Tigoremque  mentis  servandans  et  contra 
tnorbum  comitialem  utile  angegeben«  Persius 
gedenkt  desselben  in  seinen  Satyren  (4,  16)» 
Horaz  sagt  Satyr.  II,  3.  t.  82 :  Danda  est  eU 
lebori  multo  pars  inaxima  ayaris^  npd  r.  166  c* 
Nayiget  Anticyram  (stultus  et  insanns  scilicet)^ 
80  wie  ad  Pisones,  300 :  Nanciscetnr  enim  prei^ 
tium  nom'eoque  poetae,  si  tribus  Anticytis  ca- 
pnt  insauabile  numqoam  Tonsori  Licino  com« 
miserit«  Ovid  schreibt  (Poot.  i,  3,  53);  i, 
bibe,  dixissem,  purgantes  pectora  succos,  et 
qaidquid  tota  nascitur  Anticyra,  Die  Alten 
gebrauchten  die  weifse  Nieswurz  zu  ihrem  Hei« 
leborismus  gegen  Geisteszerrüttungen ,  indem 
sie  nach  gewissen  Regeln  im  Frühjahre  and 
Herbste  Erbrechen  und  Laxiren  damit  erregten, 
wornach  die  schwarze  Galle  und  das  rohe  zähe 
Phlegma  abgeführt  werden  sollte.  Reä  giebt 
ihn  in  seiner  Fieberlehre  (Bd.  4.  S.  529)  uov- 
etäodlicb  80  Qp^  wie  9r  herTorgebracbC  worden 


IT 


—     9     — 

.  nnä  angewandt  wpi-  solL  Aacb  I^orry  (tob 
der  BlelaDcboIie  y  a.  d.  Latein,  1770,  Bd«  IL 
8.  403.  448)^  Hahnemann  (difs.  de  Hellebo« 
rismo  Teterum.  Lipt*  1812)^  Arnold  (Beob« 
üb.  d.  Natur^  Art,  Ursacbe  und  YerbiitODg  des 
Wabnsinos  und  der  Tollheit.  A«  d«  Engt  1784. 
Bd,  1.  St  13).  JUurray  (Appar.  medicamioum, 
VoL  V*  P.  149)  und  Dierbach  (die  ArsneimiU 
tel  des  HippocrateSf  S.  107)  führen  ihn  mit 
seinen  Cautelen  ao.  Nicht  auf  diese  Weise, 
aber  gegen  dieselbe  Krankheit  gebrauchten  die 
weifse  Nieswnrz  mit  und  ohne  Erfolg:  Mur« 
ray  (Appar*  medic.  Vol.  V,  P.  153),  Greding 
(Samml.  med,  Schriften.  Bd.  1.  S.  179.  229), 
JVendt  (Agassiz,  diss*  de  tberapia  moriae.  Erl. 
1785),  jiuenbrugger  (Experimentam  nascent 
de  remed«  specifiro  sab  sigoo  specifico  in  ma-» 
nie  viror.  Yienn.  1776),  Hahnemann  (Hufeland's 
Jonrn.  d,  pr.  H.  Bd.  2.   S.  55(>)#  Rademache^ 

^  (Hufeland's  Journ.  d.  pr.  H.  Bd.  4.  S.  820), 
Dr.  J.  Maclean  ( S.  Edinburgh  med.  and  Sur« 
gical  Journal  1818  Juli.  Conf.  Hufdaod's  Journ. 

d.  pr.  H.  Bd,  48.  3.  P.  108), 

Die  Graüola  soll  sieb  beilsam  gegen  Oei- 
Steszerriittuogen ,  die  aus  erloschener  JVeryen« 
empfindlicbkeit  im  Uoterleibe,  daher  rührenden 
Stockungen,  passiven  Cougestioneo,  maogelhaf« 
tem  Biutumlaufe,  entsprungen  waren,  bewährt 
haben.  IKostrzwsJcif  Diss.  de  Gralioia.  Vien- 
oae  1775.  Sommer^  de  virtute  et  vi  med.  Gra-r 
tiolne.  ßigae  1794.  Erhard,  Diss*  de  Gratiola 
e^nsque  praeserlim  in  mania  usu.  Lips.  1818, 
"Ltniin ,  Beiträge  eur  ansüb.  Arzneiw.  Bd.  2# 
S.  155  und  in  Hi^eland^s  Journ.  d.  pr.  H. 
1.  Bd.  S.  71.  BuchJiolZj  Beiträge  z.  gerichll. 
Afxneigei.  Bd.  4.  S.  77  und  in  Hufeland^s  Jouro« 


—     10     — 

d.  pr.  H.  Bd.  2.  S.  142.  Fischer^  Yers^u.  AdI; 
z.  med.  Armeopr.  Anhang  Nro.  .6.  Hcwtmann 
iu  Hufelaod's  Jouro«  d.  pr«  H.  Bd,  45,  SU  4« 
S.  115]. 

Die  Colocynthides  wurden  gebrancht,  wienn 
es  nothig  schien^  nach  den  Gesetzen  des  Anta- 
gonismus einen  kräftigen  Reiz  in  der  niedern 
Nervensphäre  hervorzubringen,  oder  wenn  sich 
die  Banchnerven  in  einem  Zustande  grober 
Atonie  befanden  und  Stockungen  im  Unterleibs 
vermuthet  werden  mufsten.  [Dalberg  in  der 
SammU  auserl*  Abb.  z.  Gebr.  f.  pr«  Aerxte» 
Bd.  10.  S.  729.  Chrestien.  JatroUptik,  Ueberf« 
von  Bischüff.  S.  104]. 

I 

Das  Scammonium  war  schon  den  gnidi- 
schen  Aerzten  bekannt.  Die  Aerzte  des  Mittel^ 
»Uers  benutzten  es  häufig  unter  dem  Namen 
Diagrydium.  Die  Aloe  fand  ihre  Indication 
bei  Stockungen  in  den  lymphatischen  Geföfsen 
und    in   den  drüsigen  Organen   des  Unter|eibeS| 

wodurch  Melancholie  entstanden  war« 

< 

Die  Jalappa  wandte  Rademacher  in  gro-» 
fsen,  selbst  Purgiren  erregenden  Gaben  bei 
Wahnsinn  an.  Sie  sollte  einen  6egenrei2  und 
eine  antagonistische  Ableitung  auf  den  Darm- 
kaual  erzeugen.  Der  Erfolg  war  erwünschte 
S.  Hufeiand's  Journ.  d.  pr.  H.  Bd.  10.  St.  2. 
S.  65. 

Durchdringende  Reizungen  der  Nervenge« 
flechte  des  Unterleibes  mit  drastischen  Mitteln 
haben  sich  durch  ihre  erspriefsliche  Wirkung 
überhaupt  empfohlen  und  häufig  eine  bessere 
Wirkung  der  gegen  den  Krankheltszustand  di- 
rekt gerichteten  Arzneien  veranlafst.  Auf  ähn- 
liche  Weise    heben  Ekelkuren,    die  vorxags- 


—    11    — 

^ebe  mit  Brecbweinstein,  aber  auch  mit  Zittk-  , 
Qod  Kupfer- Vitriol  instituirt  wareo  uod  idnii^ere 
Zeit  UDterhalten  worden,  eine  uDgleichinäfsige 
Vertbeiiuog  der  Nerventhätigkeit  und  machten 
das  Yorstelluogs vermögen  für  äufsere  Eindrücke 
Tvieder  empraoglich,  indem  sie  contrastimulirend 
wirkten,  das  (jerebralsystem  aus  seinem  tiefen 
Torpor  weckten,  oder  die  exccssire  Tbäligkeit 
desselben  berabstiinmteo.  Besonders-  sind  sie 
angewandt  in  den  böbern  Graden  von  Manie, 
Mejancbolie  und  Nostalgie,  die  ein  aicbtbares 
Schwinden  der  kürperiichen  und  geistigen  Kräfte 
begründete.  Gute  Wirkungen  haben  da?on  ge« 
sehen:  Fetriar  (Bemerk,  üb.  Wassers.,  Wahn- 
sinn, Wasserscheu,  ansteck,  und  andere  Krank- 
heiten. A,  d.  Engl.  1793.  S.  261),  Voss  (Hu-  - 
feland's  Journ.  d.  pr.  H.  Bd.  5.  S  912),  Mul^ 
ler  (Hufeland's  Journ.  d.  pr.  H.  Bd.  20.  St.  2. 
S.  122  ,  Nasse's  Zeitschrift  f.  Anthropologie. 
1833.  S.  197),  Beust  (Hufeland's  Journ.  d.  pr. 
H.  Bd.  41.  St  2.  S.  131),  Chrestien  (De  la 
m^thode  iatroliptique  etc.  1801.  Samml.  aus- 
erles.  Abbandl.  z.  Gebr.  f.  pr.  Aerzte.  Bd.  22. 
S.  57),  Esquirol  (Allg.  n.  spec.  Pathologie  und 
Therapie  der  Seelenstörungen ,  bearb.  y.  Hille. 
1827.  S.  247),  Chiarugi  (Abb.  üb.  d.  Wahn- 
sinn. A.  d.  Ital  1795.  Bd.  2.  S.  399),  Hom 
(OefTentl.  Rechenschaft  üb.  m.  12jähr.  Dienst- 
führ, u.  s.  w.  S.  219),  Neumann  (Die  Krank«- 
beiten  des  Vorstellungsverm.  1822.  S.  299), 
Coa:e  (Prakt.  Bemerk,  üb.  Geisteszerr.  u.  s.  w. 
A.  d.  Engl.  S.  131),  Schneider  (Entw.  z.  e. 
Heilmittell.  ge^en  psych.  Krankh.  1824)  und 
Barkhausen  (Beobacht.  üb.  d.  Säuferwahnsinn. 
Bremen  1828). 

Den  grofsten  Ruf  haben  sich  die  Narkotica 
roo  )eher  in  ihrer  direkten  und  umstimmenden 


-    i2    — 

Wirkang  auf  die  höheren  nenrSseii  Organe  nol 
sämmtliche  NenreDauftbreitangeo  erworben*  Dia 
Belladonna  rühmen  :  Evers  (ScbmuckerV  Term. 
Schriften,  Bd.  1.  S,  173)^  Jahn  (3IaU  med. 
Bd.  1.  S.  449),  Stark  (Handb.  Bd.  2.  S/ 36^ 
Ludwig  (Diss.  de  Bellad.  Jenae  1780),  Münch 
(Obsery.  pract.  circa  usum  Bellad.  P.  17),  ü«- 
mer  (Hufeland's  Journ.  d.  pr.  H.  Bd.  17.  St.  2. 
S.  125),  Buchhave  (Samml.  auserl.  Abh»  snm 
Cebr.  f.  pr.  Aerzte.  Bd  14.  S.  617),  Hufeland 
in  seinem  Journ«  d.  pr.  H.  Bd*  9.  St.  3.  S.  100 
nnii  Schmucker  in  seilen  yerm.  Schriften*  -  Bd»l* 
S.  60. 

Wie  Beil  (Fieberlehre,  Bd.  4.  S.  437)  und 
Seiler  (Horn's  Archir  f.  med.  Erf.  IQ  15.  Jan« 
Febr.  S.  89)  durch  Slrammonium  entstandene 
Geisteskrankheiten  anfahren ,  so  geben  StÖrk^ 
Schmalz  (Chirurg,  und  ined.  Vorfalle.  S.  178),. 
Neubeck  (Hufeland's  Journ.  d.  pr.  H.  Bd.  36. 
St.  2.  S.  107)  und  Bernard  (Gerson  oqd  Julius 
Magazin.  Bd.  6.  S.  291)  damit  bewirkte  Hei- 
lungen derselben  an. 

Voo^  der  Wirksamkeit  des  Opiums  and  den 
liobpreisern  desselben  in  Geisteskrankheiten  han-» 
delt  Tralles  (Usus  opii  salubris  et  noxiua,  in 
morborum  medela^  solidis  et  certis  principüa 
superstructus,  a  D.  Balth.  Ludr.  Tralles*  Vra- 
tislayiae  1762«  Sectio  c^uarta.  p*  48  seqq.)  *)m 

*)  Ubi  in  soperiorihos  Sect.  I.  pbaenomena  sedulo  emuv 
vabam^  quae  opii  assumtionem  inseqauntur,  patuit  per 
exiierientiam  VI.  elfectus  buius  pbarm^d  non  tenni- 
nari  in  corpore,  eiiisque  solius  lunctionei  mätare  di- 
Tersimode,  sed  in  totum  bominem  redandare,  stqne 
in  animam  ipsain  cogitantcm  corporis  interventa  ae 
e^tendere»  ciusque  operationes  mirum  quantom  va- 
riarc«  Igitar  si  morbose  cogitat,  ratiocinatur  et  toK 
animai   ofiiam  dsstre  porrectum  quaadoque  sanioia 


^    13     — 

I 

Ott  SwtttOi  lobt  es  lo  der  BlelaiicfioUe  ooA 
'mbSm0    (Coof.  illint  oommentaria  in  H.  Boer« 

fjogiiaia  et  ratiocinia  reclacerey  Toinntafisqne  Inde  pen« 
dentes  aegritodines  corrigere,  atqoe  eapropter  melan* 
eboUae  et  mantae  mederi  posse ,  Tisum  est  *niedieia 
darissimu,  remm  erenta  subinde  ipsonim  molhuini- 
Inm  annaente.  Non  päad  practicorum  soriptoniin 
nelaiicholiaai  et  manlain,  com  atraqae  int  deliriuin 
ane  febre^  com  nna  ab  altera  non  nisi  grado  dUferat» 
com  uiia  in  alteram  facilo  transmntetur,  non  aeioa« 
goDt  a  se  inyicem»  sed  uno  obtatu  coniiderant. 

Ferner:  Id  certnm  eit  per  experientiam,  opiam  pa-* 
care  aoimam  eamqae  exbilarare  et  alacren»  animo* 
aomqae  reddere,  ita  at  gentes  intcgrae  mentis  aerum- 
.sas  et  faatidia  deyorato  iUo  lenianty  non    secus  ac 
Germani  carai  Boas  vioi  baastubns  delinire  dicuntnr« 
Nonne  igitnr,  n  carii  aterrimU,  neqae  sine  gravi  et 
aointica  cansa  cor  hominis  exedentibus»  silentiom  ad 
tempos  imponerc^  sensamque  noctcs  atqoe  dies  pnn- 
gentis  acalei  obtundere  Talet  vinain  et  opiam^  moera- 
res etiam  imaginarios .  et   tristitiara   pbantasticam  id 
plaeare  aptom  erit?  -«  L.  c.  P,  60. 

Alio  antem  looo  perplexis  et  insanis  cogitationibos 
fatigatos  melancbolicos  diutarno  opii  nsü  prorsom  ex 
misero  reram  stata  caratos  sese  observasse  refert 
Thonuonug  (Diss*  de  opio.  Proposa  Y*  P.  124).  — 
L.  c.  P.  51. 

Antiqno  tempore  lam  Hifypocraies,  qnem  osas  opii 
latebat,  mandragoraA  melancbolicis  laadaidt.  Yid^ 
Sckulzii  bist,  med«  P.  160.  —  L.  d  P.  51. 

Keqae  adeo  illastr«  Boerhatwius  (Aph.  1050)  alie- 
uns  fuit  ab  opio  melancbolicis  praescribendo ,  qaando 
io  morbi  primis  initiis  post  assiduam  obiectorom  ya- 
riationem  animo  condliandam,  diluentibos,  demulcen- 
tibos.  paregoricis  somnuin  procarandam  esse  monet, 

3uOy  si  placidas  inde  obtineri   queat,  omnino  ideae 
elirae  obolitio  ad  tempos  saltem  optime  impetretnr« 
«-  L«  c.  P.  51. 

Ez  papayere  parata  pharmaca,  cam  aliis  andquiori^ 
Im»  mediciSy  aadacter  apod  maniacos  adbibenda,  a 
qäbm  aegci  reüpiscant,  iamcolkuidaTitwflelitff  (Lib^YI» 


—       14      r-        ' 

faaave  ^Vphorisinoft  de  <:ogDf>8C«  et  cnränclis  mor- 
bis.  T.  m.  Hildburghusae  1754.  P.  533.  534). 
Sydenham  Dennt  das  Opium  ein  medicaineDtnjh 
ita  Decessariam  in  maau  bomiois  periffi,  ut  sine 
illo  maoca  sit  ac  claudicet  mediciDa,  und  rätfa  et 
iö  iosignioTibas  spiritQom  animalium  äiFectiboi 
ao  (Opera  eius  rnedica.  Generae  1736«  P«  114. 
185).  G.  TFolfg.  Wedel  spricht  sich  hierüber 
in  seiner  Opiologia  ad  mentem  academiae  na* 
tarae  cnriosorum^  Jenae  lö82«  aus.  ^)  Galenm 


Cap.  8).  Tnter  Neoterlcos  non  saltem  nngiyen^QfDS 
Paracelsus  (Lib.  de  morb.  Ament.  T.  II.  C.  2.  P.  301) 
opiata  tamqDam  iigentia  materiam  peöeantein  maltii 
elogiis  cobonestavit,  sed  graTiores  Practid  üidem  p(a« 
rimum  detolemnt,  neqae  boni  eyentaa  deetie  ezein- 
pla  y]icontar.  Uildanus  (Cent.  IV.  ob«.  9)»  Thonenu 
(Obseryat.  P.  100.  256),  WedeHus  (OpiöL  lib.  H. 
sect.  II.  C.  2.  P.  107)^  Pifcamita  (Eletfi.  med.  Ifb.  11. 
C.  6),  Wepfcrtis  (ia  obsery.  de  morb.  cap.  conf.  84 
et  de  apopl.  app.  P.  687)  u.  Ridiinu»  (in  Line»  toit 
med.  Anno  1700  mense  Decembre  obsenr.)  heiltea 
mania  mit  Opium  und  rühmen  dagegen  das8elb&  ^ 
L.  c.  P.  59. 

Addit  Ridltnits  fidociam  snam  in  opiata  declantii- 
ms:  vix  qaisqDam  etiam  in  bisce  malis  opinm  noo 
laodabit  (mania  et  melancholia).  Von  ChiH  (Lettere 
mediche,  P.  27)  wird  es  ebenfalls  gepriesen  nnd  in 
T.  II.  P*  169  der  Consaltations  choisiei  des  pFo* 
sienrs  m^decins  cel^bres  de  runiyer8it6  de  Montpd' 
lier  empfohlen.  •—  L.  c.  P.  60. 

Piso  (de  cogn.  et  cnrand.  morb.  c&p.  de  mania) 
tind  Willisius  (de  anim.  Brutornm.  P.  U.  C.  XII. 
P.  295)  fanden  es  erwonscht,  —  L.  c.  P,  68 
und  69« 

*)  Sunt  qnoqne  qnae  faciant  attos  medicamina  somnoSy 
Victaqae  lethaea  lumina  nocte  premant. 
Com  excessns  immoderatus  omninm  actionom  ani- 
malinm  nrget:  com  hae  diutius,  ac  per  est,  exercen- 
tur.,  Tel  inyito  aegro>   indicatio  adest  somnam  pro« 


f        .,1  ■ 

I    gehorlzwMzn  den  Widenachern  des  Opiiim^  doi*b 

'     mäf^fi  er  (nach  Wedel  h  c.  p.  152)  seine  Furcht  vor 

I     demseJbeo dahin,  dafs  er  sagt:  QuoS  opiumperse 

potnm  chcitiale  sit,  neminem  latere  existimo;  siq 

antem  cum  $iiiis  nonooUis  sit  praeparatum,  ae- 

gmCos  ita  sohinde  iurat,  ut  maxime  salatiferam 

Cmedicamentum  esse  yideatar*  JFedel  sagt 
gen  P«  155 :  veneoam  esse ,  communis  -est 
aoerciilaram  consensus. .  Morietar^  dicunt,  quia 
apiam  accepit.  Yiaticnm  erit  ad  mortem.  Sed 
finot  timor  muliebris  cordatum  non  terret  me^ 
dicQiiii  ex  lege  artis  etmethodi  medendi  opiala 
piaescribentem.  Sennertus  erinnert:  Cum  vi- 
giliae  in  hoc  malo  (delirio  sine  febre)  sunt  per- 
tinariisimaey  ut  aegros  nonnnnquam  per  aliquot 
■WDsea  non  dormiyisse  obseryatum  sit,  somnua 

tocandi:  boc  apprime  expedit  Opiam«  Lib.II.  Sa^.  f. 
Cap.  U.  P.  84. 

Ezeinpla  felidter  adhibitomin  opiatornm  in  mania 
com  eordialibus  et  homectantibus  yideri  possnnt  apad 
Eüdatu  Cent.  4.  obs.  9.  P.  293  in  melancbolia  ad 
maniam  yergente  Horst.  1.  10.  obs.  3.  aliasque. 

Noi  in  iisdem  casibus  aliqaoties  ntiliter  in  asam 
▼ocatimns  opiata^  praemittentes  yel  emetica,  Tel  pur« 
gantia,  et  praeter  alia  appropriata  interponentes  modo 
adda,  modo  orinosa^  in  farore  nterino  Bezoardicum 
etc.    Lib,  IL  Sect.  II.  Cap.  II.  P.  106.  107. 

Sacrae  Titae  anchora  est  opium  (medioamantam  di« 
Tinam)  bene  et  circamspecte  agentibas,  Cymba  auteoi 
Cbarontis  in  mann  iinperiti  et  cea  gladiui  in  mana 
IbriosL  CaTendam  ergo,  ne  i^aq^ttTinei  fiant  ¥tnqiinixa* 

Quaotamvis  igitur  opiata  in  infinitis  morbis  in^ 
^non  et  egregiam  praestant  usom,  imprudens  tarnen 
et  indiseriniinatas  eomm  usus  mortem  multis  intolity 
licet  ezempla  talia  rarioa  annotentar,  exitus  enim  fe« 
lices  diligenter  colGgimnii  unorv/im  autem  et  mor- 
tes  nee  animadvertimas.  Es  iebit  in  dem  Werke 
nicht  an  berühmten  Namen  gegen  dasselbe.  Sieben 
ToUe  Qnartseiten  enthalten  im  Cap«  lY.  Sect*  III» 
Iah.  IL  inTectirae  in  opiom»    .  % 


—     16     — 

oxnmno  prorocandas*  Monendaitf  antem  hie  esl| 
somniferoram  con  eandem  esse  Datoram«  Qoae« 
nam  eoim  licet  somnnm  indaoabt^  apiritua  ta- 
men  magis  turbaot,  et  ubi  aegri  eTigilanti  longe 
ioquietiores ,  quam  antea  evadant,  ac  malom 
coratu  difficiliuB  reddant,  qualia  sunt  Hyoseja« 
muSy  Solanum  funosum,  imo  nee  opiom  ipunii 
nisi  corrigafur,  ab  hac  DOxa  immane  (Med* 
pract.  Lib.  L  YoL  IL  C  15.  P.  420.  421)  and 
Chiarugi  (Abhandl.  üb*  den  Wahnainn.  Bd.  1. 
S.  174.  Bd.  2.  S.  401 )  rühmt  es  fast  io  allea 
Formen  too  Geisteskrankheiten«  In  der  eigene 
thümlicheDi  sich  durch  grofse  Nenrenannhe^ 
Schreckhaftigkeit ,  Gliederzittero ,  AobalteDde 
Schlaflosigkeit/  und  Sehen  ron  allerhand  wob- 
derlichen,  beängstigenden  Gestalten,  widarlichaB 
Thieren,  namentlich  Ratten  und  Mäaseo,  aus- 
zeichnenden Krankheit  der  TrunkanchtigeD,  die 
zuerst  von  Suüon  beschrieben  wurde  (über  das 
Delirium  tremens«  A.  d.  Engl«  Ton  HeineckeD« 
Mit  Vorrede  Ton  Albers.  1820.  Hofelaod's 
Journ.  d.  pr.  H.  Bd.  38.  St«  4.  S.  92  und  Arm- 
atrong's  practische  Erläut«  üb.  den  Typhua  etc^ 
A.  d.  Engl«  Ton  Kühn«  1821)  ist  Opium  das 
Hauptmittel,  was  alle  Beobachter  emstimmilg 
bestätigen.  *) 

f)  S.  Behry  Eichetbergy  Wolffy  Heineckfn,  Toepke»t 
Kriehcly  Andreae  in  HufelmuTs  Joqrn.  d.  pr«  H.  Bd» 
51.  St.  3.  S.  Ö6.  Bd.  63.  St.  3.  S.134.  St  4/ S.  127. 
Bd.  54.  St«  4.  S.  46.  Bd.  55.  St.  6.  S.  69.  B4.  58. 
St.  4.  S.  3.  9.  16.  43.  77.  Siegmmm  im  ArchiT  f. 
med.  Erf.  Ton  Hom.  September  und  October  1824. 
S.  189.  Fahrenhorst  in  Rtut's  Mag.  Bd.  20.  S.56&; 
Btmoics  aas  Amer.  med.  Record.  ia  JFVoHcfM  Notizen^ 
Bd.  5.  8.  137;  Brown  ans  dem  Amer.  med.  Reoord« 
in  Rusl^s  Mag.  Bd.  15.  S.  389.  Gbden,  Ton  dem 
Delirium  tremens.  1825.  S.  150.  Rodeck  v.  Rodedsv, 
de  Delirio  tremente.  Dorpat  1824,  Lind,  Diss*  de 
Delino  trem.  S.  83. 


—     17  .— 

Det  Tieleffehrene,  hippokratische  und  eh?- 
würdige  Hufeland  neoDt  das  Opiam  eio  gro- 
faea^  gebeinmilaYolIea,  aufaerordentlichea,  io  aei- 
neu  Wirkuogea  noch  immer  nnbegreiflichea 
Mittel,  dem  die  Natar  aelbBt  nicht  ainaooat  io 
der  VoUendaog  aeinea  regetatiren  Lebeoa  (io 
dier  Saameokapael)  die  Krone  aafsetzta,  deaseo 
Kraft  io  das  Innerste,  io  den  Quell  des  Lebens, 
eingreift,  Leben  und  Tod  in  sich  schlielst,  in 
dem  entscheidenden  Momente  eben  ao  got  das 
Ld>en  retten,  ala,  unrecht  angewandt,  den  Tod 
QDwiederbriöglich  ^herbeiführen  kann,  in  6e- 
miithskrankheiten  jeu  weilen  aafTallend  schnell 
ood  entscheidend  wohlthätig,  zaweilen  aber  nn- 
wrksam  und  nicht  aelten  auch  höchst  verderb- 
lich sich  zeigt,  überhaupt  sehr  relatiy  und  be^ 
dingt  ist. 

Der  Apparatus  medicaminnm  konnte  aehr 
Tarrielfältigt  angegeben  werden,  wollte  man 
VFeniger  energiscbe,  nur  einzeln  bewahrt  ge- 
fundene und  sämmtliche  Arzneien  ahführeo,  wo- 
durch Heilungen  psychisch  Verirrter  zu  Wege 
gebracht  sind  oder  seyn  sollen ;  ich  schreite  da- 
her sogleich  zur  Mittheilung  nachstehender  Krank- 
heitsfälle, 


1)  C.  S.  zu  V.,  ein  Mann  in  den  Fünfzi- 
gern^ von  mittelmäfsiger  Architektur,  straffer 
Faser^  braunen  Augen  und  braunen  Haaren,  ur- 
apriinglich  gesundem  Körper  und  sauguinisch- 
cbolerischem  Temperamente,  hatte  über  20  Jahre 
hinaus  täglich  viel  Branntwein  zu  sich  genom- 
men, ohne  gerade,  was  nur  selten  geschah,  be- 
trunken zu  werden,  bis  der  Trieb  dazu  Tor 
einigen  Jahren  immer   dringender  und  bald  so 


«-    18      — 

nnwidenteblicB  geworden  war,  dafi  er  Tag 
und  Nacht  nicht  ohne  das  Getränk  exittireB 
konnte,  in  steter  Angetninkenbeit  lebte  and  sieb 
sehr  häufig  darch  gänzliche  'Berauschung  tod 
Sinnen  brachte«  Die  in  njchthemero  genossent 
Quantität  desselben  sollte  circa  anderthalb  Maab 
im  Durchschnitte  betragen  haben«  Sein  Schlaf 
war  davon  nnregelmäfsig  und  annehmend  ge- 
ringer, seine  Phantasie  verkehrt ,  irrig  and  wild 
geworden;  seine  Vorstellnngen',  Begriffe  ODil 
Ürtheile  hatten  sich  darnacb  immer  refworre- 
ner,  unstäter  und  haltnngsloser  geseigt«  Das 
innere  Triebwerk  des  Seelenlebens  schien  ab- 
genutzt, das  Ineinandergreifen,  die  wechselsei- 
tige UnterstiitEupg  und  Haltung  der  SeelentkS- 
tigkeiten,  die  Harmonie  und  Einheit  derselbta 
verloren  gegangen,  die  Gesundheit  des  Gentes 
durch  die  stets  unterhaltene  und  imm«r  gro- 
Csere  regelwidrige  Action  desselben  untergrabeb 
SU  seyn.  -~  Als  ich  den  6.  Juli  1832  su  ihm 
gerufen  war«  plapperte  er  unaufhörlich  von  den 
verschiedenartigsten  Dingeui  oft  gans  widersio* 
nig  und  durchaus  unzusammenhängend;  er  ver- 
zog das  Gesicht  auf  vieKache  Weise,  eteckte 
die  Zunge  aus,  lachte,  weinte,  sang,  modrta 
allerhand  Sprünge,  geberdete  sich  komisch  in 
den  seltsamsten  Stellungen,  wollte  auf  einem 
w'asserleeren  Grasanger  schwimmen,  ezendrte 
marschirend,  1,  2  rufend  und  komraiandirend, 
stellte  sich  bisweilen  auf  den  Kopf,  beschmnfste 
3ich  Kleider  und  Gesicht,  verrichtete  seine  Noth- 
diirft  im  Angesichte  Anderer  und  setzte  aidi 
mit  seinen  posterioribus  darauf.  Nahm  er  etwas 
zu  trinken  an ,  so  spie  er  es  häufig  wieder  eAs 
und  nicht  selten  dem  ihm  nahe  Stehenden  ins 
Angesicht,  oder  besudelte  sich  damit.  Eben  «o 
machte  er  ee  mit  dem  Essen«  Das  oft  gerüluftls 


—     19     — 

oolran  mit  geistigem  Uebergewichte  wurde 
D  eich  eben  so  gleichgüUig  baben  Torober 
sn  lassen,  wie  er  eine  Strafdrohung  un- 
htet  liefs.  Redete  man  ihn  bestimmt  und 
tan,  so  konnte  er  oft  Terniioftig  antworten« 
te  man  aber  nicht  diß  eine  Frage  bei  dem« 
in  Gegenstande  auf  die  andere,  so  schweifte 
leich  2u  den  albernsten  Dingen  ab  und  Ter- 

augenblicklich V  wovon  die  Rede  gewesen 
Verrieth  er  bei  dem  Eintreten  oder  Her* 
mmen  eines  Menschen  auch  ^urch  Nen- 
;  s^nes  Namens,  dafs  er  ihn  kannte |  so 
rirte  er  bald  dessen  Anwesepheit  wieder 
wufste  den  Namen  nur  selten  wieder  aus* 
rechen.  Liefs  man  ihn  ruhige  gewähren  und 
mmerte  man  sich  nicht  um  ihn  i  so  schien 
ich  in  seinem  unablässigen,  -wahnsinnigen 
beb  behaglich  zu  fühlen.  Was  ihm  in  irU" 
r  Zeit,  wo  er  Selbstbewufstseyn  gehabt  und 

wohl  gefühlt  hatte,  begegnet  war,  wufste 
'ohl  ohne  Nachfrage  gut  und  genau  anzu- 
n,  wenn  es. mit  einigen  Worten  geschehen 
te,  deutete  es  aber  sonst  blos  an,  indem 
)  Tagirenden  Vorstellungen  kein  längeres 
seilen  dabei  gestatteten*  Seine  immerwäh- 
9  Unruhe  9  die  ihn  aber  niobt  ängstigte, 
ern  wobei  er  sehr  vergnügt  war,  liefs  ihn 

des  Nachts  nicht  im  Bette.  Gewohnlich 
je  er,  horte  ich,  umher,  und,  wenn  er 
ite^  ans  dem  Hause,  entfernte  sich  aber  nie 

von  demselben*  Er  spräche  wohl  von 
otwein  und  begehrte  ihn  auch,  würde  aber 

ungehalten,  w^nn  er  sßlbigen  nicht  be- 
»,  da  er  ihn  gleich  darauf  wieder  vergafse 
)twas  Anderes  ihn  beschäftige.  Seine  Efslust 
ungleich  und  im  Ganzen  «nicht  grofs.  Die 
lem  genpfs.  er  spiejbend  und  in  ungezogener, 

B  2 


»     20     ~ 

Albemheit.  Zittem  iialim  ich  nicht  wahr«  And 
-wollte  seine  UmgebaDg  dies  nur  nach  wieder- 
bolten,  sehr  starken  Beraaschiingen  in  dem  Z«- 
staode   der  grofsten  Abspannnng,   wo   er   dai 
Bette  bätte  biiten  mÜBseni  und  selbst  dann  noch 
wenig  geseben  haben«     Eben  so  fand  ich  die 
den  Saafern  sonst  eigene  Venen -Anftreibong, 
zumal  im  Gesichte^  an  ihm  nicht,  die  selbst  in 
den  Zeiten  der  nngezugeltsten  Tninksacht  nicht 
bemerkt  worden   war.     Seine  Verdanong  war 
in  Ordnung,  seine  Darmyerrichtong  gut  beschaff 
fen  ,  sein  Korper  seinem  Baue  angemessen  ge- 
nährt, sein  Gesiebt  nicht  gealtert,  sondern  jang 
und   kraftig,   sein   Auge  lebhaft.      Seine  Fna 
und  s'ammtliche  Hausbewohner  mufsten  mir  ober 
ihn  die  erforderliche  Auskunft  geben,  da  er  aa- 
suTerlässig  antwortete  und  aller  Besonnenheit 
ermangelte.     Lebhaft  und  unstät  war  er  schon 
seit  langer  Zeit  gewesen ,   hatte  in  der  Nacht 
sehr  wenig  und  des  Nachmittags,  wie   froher 
immer,  gar  nicht  geschlafen,  meistens  mit  sich 
selbst  und  yor  sich  hin  munter  gesprochen,  am 
die  Haus-  und  Landwirthschaft  sich  aber  fe- 
ttig oder  gar  nicht  bekümmert.  Gänzliche  Schlaf- 
losigkeit, unablässiges  yerwirrtes  Plappern  yoa 
unsinnigen    Dingen,    närrische    Geberden     und 
ungereimte  Handlungen  waren  erst  in  den  leta- 
ten  3  Wochen  bemerkt  worden.     Vor  dieser 
Zeit,  yielleicbt  schon  seit  einem  halben  Jahii^ 
hatte  man  ihn   auf  jede  erdenkliche  Weise   yor 
jedem  übermäfsigen  Genüsse  seines  Lieblings- 
getränkes gehütet,   selbiges  ihm  aber  in  mäbi- 
ger  Quantität  und  deswegen  gereicht,  weil  das 
gänzUche  Entziehen  dieses,  seinem  Korper  aar 
Gewohnheit  und  zum  Bedürfnisse  gewordenen, 
Reizes  Schaden  bringen  mochte.  Während  sei- 
ner  geistigen  Störung  war  ihm   jedoch  km 


r-     21     - 

Tropfen  desselben  gegeben.  80  weh  hlnanf 
und  aar  Seite  in  seiner  Familie  auch  nachge- 
forscht wurde  ^  so  fand  sich  kein  Zostaod  von 
Verriicküieit  10  derselben  auf.  Aber  sein  Va- 
ter war  ebenfalls  trunksüchtig  und  noch  yiel 
tninkfalliger  gewesen,  als  er.  —  Es  wurde  eine 
Yenaesectio  am  Arme  instituirt ,  der  Kopf  kalt 
fomentirt,  dann  geschoren  und  mit  Ung.  TarL 
emet.  bis  aar  copiösen  Pastelbildung  eingerieben. 
Ich  glaubte  hier  eine  doppelte  Indication  für 
den  Gebrauch  des  Opiums  za  haben  -—  wegen 
des  anhaltenden  Müsbrauchs  des  Branntweins 
und  der  so  lange  Zeit  bestandenen  gänzlichen 
Schlaflosigkeit  -—  und  gab  es  erst  zu  gr.  f  mit 
Calomel  gr.  j  in  12  Dosen  alle  zwei  Stun- 
den, dann  in  einer  Mixtur  mit  Sal.  mir.  Gl.  und 
Tart.  emet.  als  Land.  liq.  Syd.  zu  scrup.  ),  wo- 
Ton  in  demselben  Zeitabschnitte  1  Efsl.  voll 
gebraucht  werden  sollte«  «—  Er  nahm  ruhig  ein, 
blieb  aber  in  seinem  Zustande  derselbe«  Eine 
ähnliche,  |edoch  Tart.  emet.  gr.  jj  und  Laud.  liq. 
Sjd.  dr.  ß  enthaltende  Mischung,  eine  derartige 
fernere,  die  Tart.  em.  gr.  )j)  und  Syr.  Ilhamni  catb. 
unc.  i  enthielt,  eine  andere,  zu  der  Tart.  emet. 
gr,  jv  und  Laud.  liq.  Syd.  scrup.  jj  gegeben, 
und  eine  nochmalige,  mit  welcher  Tart.  emet. 
gr.  Y  und  Laud.  liq.  Syd.  scrup.  jjß  yerbunden 
-waren,  hatten  weder  Schlaf,  noch  Vebelkeit 
und  Laxiren  bewirkt«  Seine  Titalen  und  natür" 
liehen  Funktionen  waren  ungestört  geblieben. 
Nach  keiner  Seite  bin  yerspUrte  man  eine  Wir- 
kung der  verabreichten  Arznei.  Der  Zustand 
blieb  sich  gleich.  Ich  hatle  mir  vorgenommen» 
das  Opium  erst  in  kleinen  und  dann  immer 
steigenden  Dosen  zu  geben.  Um  Congestionen 
pach  dem  Kopfe  und  der  Brust,  «Aufregungen, 
überhaupt  Verschlimmerung  darnach  zu  yerbii- 


tieup  baue  Ich.  aus  deraelbao  Vorsicht  die  ania« 
febenoD  Zaiätxe  gemacht,  Salis  mir.  61.,  S]rr« 
dornest,  aa  ooe. },  Laud,  liq.  Sji,  dr.  f ,  Extr.  6ra- 
tiolae  scrup.  ),  Tart  einet,  gr.  y],  Aquae  M*- 
lissae  uoc,  y«  und  sechs,  Mercorii  duicia  gr.  ff 
opii  puri  gr,  ß  haltende  PuiTer,  woron  alle  2 
Sinoden  1  Efslöffel  yoU,  so  wie  darauf  nach 
derselben  Vorschrift  ein  Stück  genommen  wer« 
den  sollte,  und  welche  Mittel  das li  bestimmt 
waren,  eine  günstig  ableitende  Wirkung  aaf 
den  Darmkanal,  nebeti  der  intendirten  bmhi- 
gendeo  anf  die  Neryen,  herTorznbringen ,  hat- 
ten nicht  den  beabsichtigten  Erfolg.  Uebelkeit^ 
Laxiren,  Schlaf  zeigte  sich  so  wenig  darnach, 
wie  sonst  eine  Aenderoog  an  ihm»  Er  blieb 
gerade  sOf  als  wenn  er  blos  Speise  und  Trank 
SU  sich  nahm.  Vier  Blal  des  Tages  Opii  pnri 
gr.  j  mit  Nitri  depnr.,  Sacch.  lactia  aa  acrop./^ 
alle  3  Stunden  gr.  j,  das  erstere  mit  Sal.  mir. 
Gl.  sicci,  Elaeosacch.  citri  scrup.  )  schien  ^fnr  sei- 
nen 'Körper  ein  Hahnemannsches  Pulyer  tu 
aejn,  *-  Am  3.  August  war  noch  immer  kein 
Schlaf  eingetreten.  Die  Leute  im  Haute  wa- 
ren angewiesen,  mir  sogleich  Bericht  ««ge- 
ben, wenn  Schlaff  Betäubung  oder  sonst  etwas 
Auffalleodes  eintrete.  SIehr,  als  alle  3  Stunden 
gr.  ),  hatte  ich  yom  Opium  nicht  gegebeui 
diese  Dosis  aber  längere-  Zeit  erat  in  obiger 
Verbindung  mit  Salinis,  dann  für  sich  alleiB 
nehmen  lassen.  Der  erste  wirkliehe  Schlaf  war 
in  der  Nacht  yom  3.  auf  den  4. 'August  einge- 
treten und  von  fünfstündiger  Andauer  gewesen. 
Diese  Nachricht  schien  mir  von  Hoffnung  yer» 
sprechender  Güte  «u  seyn.  Das  Opium  wurde 
EU  gr.  j  alle  3  Stunden  fortgehraucht.  Nach 
einigen  Tagen  besuchte  ich  hiertiuf  den  Patien* 
ten  wieder«     Mit   einem  treuherzigen  ,>  guten 


^    23     - 

Tag'*  kam  er  mb  aatgegen  und  gab  nur 
Hand.  Eine  gluckliche  and  heiliaine  VerandeniDg 
muJbte  ich   um  so  mehr  bei  ihm  yermutheo, 
ab  er  gerade   rahig  war,    yerDÜofdg    sprach, 
sein  Gesicht  nichts  Unkluges  wahrnehmen  liels 
und  ich  in  mehreren  Tagen  nichts  Ton  ihm  ge« 
liort  hatte«     Wie  grofs  war  aber  mein  Erstau- 
nen, als  ich  bald  inne  wurde,  dals  er  mich 
nicht  kannte,  mit  einem  Hausgenossen  Terwech- 
selte^  denselben  frühern  Wahnsinn  seigte,  und 
Ton  seiner  Frau  horte ,  dafs  er  vom  4.  August 
an  wieder  kein  Auge  cum  Schlafe  geschlossen 
habe,  stets  wieder  unablässig  plappere  und  sehe 
unstät  wäret  S)»in  Appetit  war  gut«   Er  trank  we- 
nig. Branntwein  hatte  er  nicht  einmal  gesehen« 
An  seinem  Körper  war  keine  Veränderung  be- 
merklich.    Die  Verdauung  bestand  ganz  in  der 
Norm  und  Sedes  hatte  er  täglich  einmal  in  der 
Frühe«  Es  wurden  ihm  nun  3  Mal  täglich  Opii 
puri  gr«  jj  mit  Zucker  gereicht*     Bei  meinem 
Besuche  am  9«  August  fand  ich  ihn  besinnlicher 
und  ruhiger.     Die  letzten  IVächte  hatte  er  zwei 
Stunden  in  jeder  geschlafen.  Von  hier  an  nahm 
er  einige  Tage  alle  3  Stunden  Opü  puri  gr.  jj 
mit  Liquir.  coctae  scrup./?^  dann  eben  so  lange 
Zeit   dieselbe  Dosis  alle  zwei  Stunden.     Sein 
Darmkanal,  sein  Gehirn,  seine  Nerven  nahmen 
nicht  die  mindeste  Notiz  hiervon.     Ueber  zwei 
Stunden  konnte  er  des  Nachts  den  Schlaf  nicht 
bringen ,  er  sollte  aber  in  seinem  Plappern  be- 
deutend nachlassen  und  daher  ganz  still  liegen. 
Präcise  eine   Nacht  um    die    andere   bemerkte 
man  weiterhin  weniger  Schlaf  und  grofsere  Un- 
ruhe»    Nach  mehrihaliger  Wiederholung  dieser 
Erscheinung  wurde   den  Opium-Pulvern  Ghini- 
num  s^phuricum  beigegeben,  wornach  der  Ty- 
pus TerKhwandi  aber  sich  sonst  nichts  Erheb- 


-*     24     ^ 

liebet  Tieraii88tellte*  •—  Am  22.  Aagnit  Mrardea 
ihm  Opii  puri  gr.  jjj  mit  rad.  AUbaeae  gr.  yj{ 
ordioirt  in  12  Dosen  genommen,  yon  denen  er 
alle  3  Standen  eine  nehmen  sollte.  ^—  Den  2&. 
ej*  bekam  ich  den  Bericht ,  dafs  er  schweigsa- 
mer, nachdenklich  werde,  auf  Anreden  mehr 
hSrte  und  folgsam  sich  bewiese,  wenn  man  ihm 
Ralh  gäbe.  Er  schlafe  mehr,  als  Tor  einiger 
Zeit,  aber  noch  nicht  hinreichend,  und  erwache 
namentlich  sehr  friih  des  Morgens.  Ohne  eigenU 
lieh  müde  zu  seyn,  gienge  er  Abends  zur  ge* 
wohnlichen  Schlafenszeit  (um  9  Uhr)  zu  Bette» 
Auch  lege  er  sich  Nachmittags ,  wie  es  da  im 
Hause  Gebrauch  und  seine  frühere  Gewohnheit 
sey,  zum  Schlafe  hin,  der  dann  aber  so  wenig 
erscheine,  als  er  überhaupt  den  Tag  über  nie- 
mals die  geringste  Scbläfrigkeit  verspüre.  '  Mit 
einer  Verordnung  yon  gr..  jjj  Opium  alle  zwei 
Stunden  waren  die  Leute  angewiesen,  auf  das 
geringste  Zeichen  einer  eintretenden  Narkosep 
die  ich  ihnen  angegeben  hatte,  genau  za  achten 
und  nicht  nur  in  solchem  Falle  den  Arznei-Ge* 
brauch  aufzugeben,  sondern  mir  unverzüglich 
darüber  zu  berichten.  Sollte  vollständiger  Schlaf 
des  Tages  und  anhaltender  des  Nachts  eintreten, 
dann  müsse  ebenfalls  nicht  mehr  eingenommen 
und  mir  Nachricht  gegeben  werden.  Ausgangs 
August  lautete  die  Kelation  über  ihn  vorzüglich 
günstig«  Ich  liefs  nun  das  Opium  bei  Seite, 
um  ihn  nicht  zu  sehr  daran  zu  gewohnen,  tr^ 
überhaupt  keine  anderweite  medicamentose  An- 
ordnung, um  zu  sehen,  ob  die  Naturheilkraft 
nicht  selbst  thätig  seyn  würde,  oder  hinreichend 
angeregt  wäre.  —  Nach  mehreren  Tagen  wurde 
mir  gemeldet,  ^afs  die  verwirrten,  ungereimten 
Reden,  das  unstäte,  alberne  Wesen  zwar  nicht 
wiederkehrten,   aber  der  Schlaf  von  Macht  za 


25     — 

Kacbt^    oadidein    er  niclil  xnebr  Medlclo  ein- 
oehm«,  geringer  geworden  uod  jetit  »d  gut  wie 
gar  nicht  mebr^Torbandeii  sey.     Die  letzten  12 
PiÜTer  wurden    daher    wieder    mitgenommen, 
Bidi  Verbrauche  reiterirt,  dann  abermals  geholt 
aij  Biin  descendendo  jedes  Mal  in  jeder  Gabe 
umff.ß  Opium  vermindert ,   da  ein  gesunder 
Zmlaod  ernstlich    wieder  eintreten   zu   wollen 
idiisD.     Er  bekümmerte  sich   zwar  um  Arbeit 
iiidit  Tiely    wie  er  es  auch    in  früherer   Zeit 
flicbt  besonders   gethan  hatte,  inzwischen  war 
er  stiller ,   ordentlicher  und  fast '  ganz  frei  von 
leiiieD  wahnsinnigen  Albernheiten,  so  dals  Nie- 
naad  ihn  für   geisteskrank  halten  konnte,  der 
ei  nicht   wufste,  wie  er  jüngst,  Tor  längerer 
Zeit  und  in  früheren  gesunden  Tagen  gewesen 
war«     Als  die  früher  Opü  puri  gr.  xxxv)  hal- 
tiDden  12  Pulver  bis  auf  sechs  Gran  Opium 
nrockgeführt  waren,  wurde,  nachdem  auch  diese 
dir   fortschreitend   Teroünftiger    und    gesunder 
werdende  Fat.  genommen  hatte,  jeder  Arznei- 
Gebranch  eingestellt,  der  auch  später  nicht  wie- 
der oöthig  geworden  ist.      Er  wurde  allmählig 
nuuterer,   bekümmerte  sich  mit  Umsicht  und 
Interesse  um  Alles,   was  in   seiner  Haus-   und 
Ltfidwirthschaft  vorfiel,  schlief,  afs  und  trank 
oitürUch  und  üefs  in  keiner  Korper-  und  Gei« 
stes-Funktion  die  geringste  Regelwidrigkeit  fer- 
■er  erblicken.  Dieser  normale  Stand  ist  geblie- 
ben. Zwar  trinkt  er  Branntwein  noch  gern  und 
spricht  auch  wohl  davon.  Indessen  läfst  er  sich 
durch  Bitten  und  Vorstellungen  dayon  abhalten« 
Nor  wenn   er   nach,  einer  Schenke   geräth  und 
sich  allein  überlassen   ist,   kann   er  sieb  wohl 
Tergessan  nnd  so  viel  trinken,  dafs  seine  Frau 
ihm  anmerkt,   die  ihn    dann  yor  fernerem 
sicher  stellt«    Opium  ma  hercle  seda« 


—     26     — 

Tit!  —  Nacb  dem  zweiten  DrUtbeile  des  Sep« 
temben  war  es  nicht  mehr  DÖthig. 


2)  Frau  V.  zu  R,  36  J.  alt«  s^hlanksD^ 
magern  Körpers^  brünett,  melaochollscbeD  Tem- 
peraments,  früher  nicht  erheblich  krank  ^  Mat- 
ter Ton  einem  4  Jahr  alten  gesunden  Mädchen, 
wurde  mir  den   5«  Juli  1834  sogefuhrt.     Sie 
litt  seit   10  Wochen    an  steten  Beängstigaogen 
und  Herzklopfen,  konnte  nicht  arbeite^,    bafte 
auf  keiner  Stelle  Ruhe,  schlief  nicht  über  eiQe, 
höchstens  2  Stunden  des  Nachts  und  dann  nur 
vor  Mittern  acht,  mochte  nicht  essen,  hatte  einen 
scheuen  Blick,  einen  Ausdruck  im  Gesicht,  ab 
^enn   sie   von   Gewissensbissen  über  das  ent- 
setzlichste Verbrechen  gefoltert  würde.  Stamm, 
stieren   Blickes   und  mit  Thränen  in  den  Ab* 
gen  da  sitzend,  rerfolgte   sie   stets  in  der  tsn 
zweiflungsvollsten  Angst   denselben  Gedanken, 
dafs  Niemand  sie  leiden  mochte,  dafii  sie  sam 
Aerger   und  Nachtheile  für  Andere  lebe,  dab 
sie  zu  nichts  nütze^  dafs  sie  nicht  seelig  werde, 
dafs   Gott   sie   zur  Holle  verdamme,    dals  sie 
eine  durchaus  Terworfene  Person,  dafs  sie  eine 
Hexe  sey,     Sie  wagte  es  nicht,  ihr  Leben  sa 
yerwunschen,   weil  dann   noch  Aergeree   über 
sie  yerhängt  werden  möchte,    wiederholte  aber 
bis    ins    Unendliche    händeringend    und    unter 
einem  Strome  von  Thränen  den  herczerreilsen- 
den  Ausruf;    wäre  ich  doch  nie  geboren!     Yor 
etwa  einem  Vierteljahre  hatte   sie  mit  einer 
Nachbarin   wegen  eines  yermeii^lichen  -Eigen« 
tbums  Wortwechsel  gehabt«  Sie  war  von  der- 
selben   verklagt,    mufste    den  Gegenstand  ihr 
überlassen  und  eine  GeldbaÜM  yon  10  fiiUrt 


—     27 


J 

^    erleiden.     Dafs  sie  Unrecht  gebiill)t  fcätte,  be- 
weiie  die  Strafe,  die  der  gerechte  Richter  sonst 
Dicht  Terfägt  haben    ^ürde.      Sie  meine  ^    sie 
bibs  za    harte  Worte   gebraucht,  die  ihr  too 
jer  Beleidigten  nicht  wieder  verziehen  and  vom 
Binmei  angerechnet  würden.     Von  dieser  Zeit 
ai  könne   sie  nirgends  Ruhe  finden ,  oft   nicht 
'\     dimal  weinen,  was  sie  sonst  gewöhnlich  thue. 
*     Auf  die  fürchterlichste  Weise  beängstigt,  wolle 
fie  immer  beten,  um  yod  ihren  Sünden,  wenn 
Mch  nicht  ganz  befreit,    doch  von  deren  Qua- 
leo  erleichtert  zu  werden ,  fühle  aber  ihre  Un- 
Würdigkeit  und  Verworfenheit  so  sehr,  dafs  sie 
dato  anfser  Stande  sey»     Der  Gedanke,    nicht 
l     arbeiten   zu   können«    wozu   der   Mensch   doch 
bestimmt  wäre,  und  gesunde  Glieder  zu  habend 
.     lervielfache  ihre  Leiden    um   ein.  Bedeutendes. 
f     Eisen  möge  sie  gar  nicht.     Um   nicht  zu  Ter- 
bsogern   und  ihre  Sünden   immer   zu   vermeh- 
nn,  zwinge  sie  sich  dazu«     Trinken  könne  sie 
nehr.    Das  käme  wohl  Yon  einem  Urinleideo, 
iidem  sie.  sehr  oft   harnen    müsse.     Diese  na« 
gsnden  Vorstellungen,    von   welchen  sie,   wie 
TOB  ihrem  Schatten,  begleitet  würde,  könne  ^ie 
lelbst  des  Nachts  nicht  los.  werden  und  deswe- 
gen auch  nicht  schlafen«  -^  Ihre  noch  lebendea 
Eltern  und  Geschwister  waren  gesund  an  Leib 
ssd  Seele«     In   ihrer  yerwandtschaftlicheo  As- 
ceodenz  wofste   sie  nichts  Bestimmtes   anzuge- 
ben.   Auch  war  ihrem  Manne  Näheres  darüber 
■obekannt     Von  ihrem  Pastor  hörte  ich,  dafs 
lie  eine  gute,   rechtdenkende  Frau   wäre,   die 
derartige  Leiden  nie  in  früheren  Zeiten  gehabt 
Utte. 

Unter  solchen  Umständen    suchte    ich   die 
Leidende  .toc  Allem  20  ricbligec  Ueberleguug 


»     28     -« 

und  entschlossener  Willenskraft  cn  befaUgen. 
Sie  ^urde  am  Arme  zur  Ader  gelassen ,  wor- 
oach  sie  sich  gleich  erträglicher  fühlte,  und  er- 
hielt: Bec,  Sal.  mir.  GL  sicci  scrap.  j,  Opii  pari 
gr.  ß,  Sacch.  lactis  scrup.  ß.  M.  f.  Puly.  D«  dao- 
decim.  Alle  3  Stunden  ein  PnWer  sa  neh- 
men. Vorsicht  gebot  mir  dabei  die  Erinnerung 
an  den  Ausspruch  van  SwUten's  *)  über  den 
Gebrauch  des  Opinms« 

Den  9.  Juli  berichtete  mir  der  Mann,  dab 
seine  Frau  ruhiger  wäre,  etwas  arbeite  und  die 
Nacht  mehr  schlafe.  Der  Appetit  sejr  nicht  yeiu 
mehrt»  aber  die  Yerdi^nang  gehörig  and  Sedes 
erschienen  täglich.  Pat.  bekam:  Rp.  Opii  pari 
gr.  i,  Sal.  m.  Gl»  sicci  tcrup,  j,  Elaeosacdi*  Cs» 
lami  scrap.  ß»  M.  f*  PuIt*  D.  aededm.  Alle 
3  Stunden  ein  Pulver  za  nehmen.  Den  13» 
ej.  wich  die  Relation  von  der  leisten  nicht 


*)  Anxietates  et  pervigilia  opio  dsto  toOi  quideoi  sobift 
pro  tsmpore ;  Teram  in  huias  remedii  exbibUioBe  la- 
men  pradentia  opas  est  etc.  Seme!  enim  expeiti 
melancbolid  levamen  hoc»  illo  carerfe  nolunt  potteiy 
et  Bommas  illas  anxietates»  ipsa  morte  müms  toten- 
blies,  repetitis  anctisque  opü  dosibns  peUere  eoMa» 
tnr.  Yeram  opium  hoo  habet,  at  aolits  quantitss  st- 
Buetos  non  afüciat  amplius,  sed  debeat  aogeri,  at  de- 
tideratum  praestet  effectnm :  yidi  sie  melaacholicos  ad 
qnindecim  grana  opiom  sumsiue  uns  Tice;  quod  and 
exbiberetar^  sibi  ipsb  Yiolentaa  intnÜBSeot  inanas  pne 
intolerabili  moerore  et  aiuüetate.  Cum  aatem  sItss 
in  hoo  morbo  pertinadwime  adatricta  si^  et  opii  usus 
alvam  sUtere  soleat,  ob  bane  causam  opiom  niaos 
tntam  yidetur.  Blanda  emnlsa  cum  syrnpo  papsTsns 
{übi  tiitias  dantur,  et  saepe  anzietates  illaa,  ao  peni- 
g;ilia  minonnt;  hiac  Uia  prias  tentaii  debent»  Qas»- 
doque  tarnen  tanta  est  horiim  symptomatom  moleitia» 
ut  cogantur  medici  Tespertino  tempore  opium  tacht- 
bere^  dum  Interim  illa,  quae  ad  reMeranda»  obstmctio- 
nes  laudata  fuarunt,  dlurnis  bona  aaimose  "  ^* "  """ 
—  Lt  c  T«  III«  Pag«  &I7. 


—     29     — 

hebfich  »b.  Es  wmtle  orclioirl:  Rp.  Opü  pari 
gr.  j,  Sal«  mir«  GL  sicci,  Elaeotacch*  FlaTediois 
Citri  scrop*  )•  M*  f.  Pulr.  Disp«  tales  doses  Nro« 
-XYjm  aa  S.  Alle  3  Standen  1  Pulver  zu  nebmen« 
Deo  17.  desselben  lautete  die  Nacbricht  in  je- 
der Beziehung  günstiger.  Fat.  arbeite,  horter 
ich,  den  ganzen  Tag,  bekiimmere  sich  um  das 
Hauswoseo,  spreche  zur  Verwunderung  mit 
einer  Weberin,  die  sie  gerade  und  schon  einige 
Wochen  im  Hanse  hätten ,  was  sie  wohl  in 
scwei  Monaten  nicht  getban  hatte  ^  über  allein 
band  Sachen,  esse  mit  gröfsem  Appetite  und 
Bcblafe  fast  die  ganze  Nacht  hindurch.  Heiter- 
keit schien  wieder  den  lange  Zeit  verlassenen 
Platz  im  GemSthe  einnehmen  zu  wollen.  Das 
Opium  obstmirte  nicht  und  Terursachte  keine 
Anfregung,  erzeugte  aber  sichtlich  eine  behag- 
liche Ruhe»  Ich  rieth  zu  einer  Reiteratur  der 
letzten  Polrer  und  wünschte,  nach  Verbrauche 
derselben,  yon  dem  Zustande  der  Frau  ferner 
unterrichtet  zo  werden.  Dann  bekam  sie  nichts 
weiter,  weil  sie  sich  wohl  befand*  Später 
sagte  mir  der  Mann,  dafs  sie  sich  wegen  ihrer 
frühem  Albernheiten  vor  mir  schäme  und  des- 
wegen nicht  zo  mir  kommen  mögei  um  sich 
mir  gesund  zu  zeigen* 


3)  Br»  zuH»!  Fuhrbote^  ein  robuster,  sonst 
immer  gesunder,  lebensfroher,  lebenskräftiger, 
arbeitsamer  und  häuslicher  Mann  von  35  Jah- 
ren, war  schon  seit  dem  Frühjahre  c.  in  seiner 
Lebensart,  seinem  Wesen  und  Betragen  ganz 
anders,  als  früher,  und  dem  an  ihm  sonst  und 
langjährig  Gewohnten  schnurstracks  entgegen  ge- 
wesen.   Seinis  Fran  und  seine  Stiefmutter  hat- 


—     30     ^ 

ten  diese  Veränderang^  allerdlngi  uod  mit  Be- 
trübDiri   vFahrgeDommeo ,    abe^    nicht    in  ^ibnr 
nackten    WiderDatiirlichkeit    erkannt«    '  In   dei 
letzten  -Tagen   des  Jani  1834   kommt  er  scbel» 
teod  und  fluchend  gegen  Abend  ins  Haus,  liort 
auf  keine  tbeilnebmende  Frage,  wehrt  jede  Be- 
schwichtigung mit  Ungestüm  ab,  serschlägt  eioii 
Tiftch,  einen  Stuhl,  eine  Haasubr,  einen  Spie- 
gel, so  wie  einige  Fenster,    will  von  Nieman- 
den  im  Hause   sich   in    seinen   unsinnigen   6e- 
walthapdlungen  stören  lassen    und  richtet  eeioe 
Wuth    selbst    gegen   seine   Hausgenossen,    m^ 
dafs  seine  Frau,   um  nicht  Alles  zerstört  jeu  sc» 
hen  oder  gar  Unglück  zu   erleben,   benachbarts 
Leute  zu  Hülfe  rufen  |  ihre  Person  aber  gegei 
tbätlichen    Angriff    durch    die    Flucht    schütxea 
mufs.  An  keine  Geisteskrankheit  denkend,  soih 
dern    ihn   für  sehr   betrunken    haltend,  bleibei 
einige  Männer  bei  ihm,  die  ihn  halteh  und  qM^ 
ter,   weil    er  immer  tobender  und   wHthendsr 
wird,  binden«     Aus  seinem  sinnwidrigen ,  foi^ 
währenden  Sprechen,   seinem  heftigen  Pluchee 
und  Schelten,   seinen   zwecklosen    und  gewalt- 
samen Kraflanstrengnngen,    ans  seinen    wildw 
Blicken  und  wunderlichen  GesichtsTerzemingeB' 
haben   die  immer  mehr  .zur  Hilfe  kommendea 
Nachbarn,    wie   die   Hausbewohner,-  mehrere 
Stunden    deswegen   weiter  "kein   Arg,   obgleich 
er  ihnen  nicht  ganz  so  vorkommt,  wie  sie  Be- 
trunkene, auch  wenn  sie  ärgerlich  und  wothend 
waren,  zum  Oefteren  gesehen-  haben.     Nor  ah 
der  Zustand   unverändert    derselbe   bleibt    Uni 
weder  die  Nacht ,  noch  am  andern  Morgen-  dia 
geringste  Spur  von  Schlaf  eintritt,  schöpfen  sii 
Verdacht  und  schicken  nach  einem  Wnndanta 
hier  in  der  Stadt,  welcher  im  Hause  seit  langer 
Zeit  in  allen  Erkrankungsfalleii  komtr  BeiMiaid 


—     31     — 

geleistet  bat«  Eine  compiete  Maoie  erkennend^ 
öffnet  dieser  bald  die  basilica,  läfst  reichlich 
Btat  fliefseD,  scbeert  den  Scheitel,  reibt  Anti- 
moDialsälbe  darauf  nod  Terscbreibt  Sal.  mirab« 
Gliiib.  Nach  2  —  3  Tagen  y^ird  mit  dem  Ex- 
teno  und  Interno  noch  fortgefahren,  weil  sich 
die  Umstände  nicht  Teräodern,  und  von  Neuem 
eine  Vene  geSffnet.  Wie  jedoch  Fat«  weder 
ibt,  ooch  eigentlich  trinkt,  hartnäckige,  anhal- 
tende Obstructionen  hat,  gar  'nicht  schläft  und 
schsoerweise  fort  und  fort  tobt,  wird  dem  Amte 
hier  Anseige  daTOn  gemacht,  das  iruch  in  den 
enten  Tagen  des  Juli  durch  den  Herrn  Ober« 
Togt  F.  auffordero  liefs,  den  Kranken  zu  be- 
lochen und  ihm  dann  darüber  zu  berichten. 
Hit  dem  ihn  bisher  behandelnden  Wundarzte, 
Herrn  T/^.,  bei  ihm  anlangend,  sah  ich  ihn  im 
Bette  liegend,  an  den  Händen  mit  einem  Tuche 
gebunden  und  von  zwei  nachbarlichen  Bauern 
gebalten.  Sein  Blick  Terrieth  Wildheit,  seine 
Geaichtsziige  waren  Terzerrt  und  entstellt;  er 
ksirachte  mit  den  Zähnen,  wollte  sich  die  Binde 
loibeifsen,  stiefs  mit  den  Füfsen,  warf  sieb  nm- 
ber,  schrie,  fluchte  und  plapperte  viel,  aber  un- 
lentändlich  und  ypn  lauter  Unsinn.  Seine  Ge- 
daeken  zeigten  hierbei  eine  grofse  Unstetigkeit 
ud  FlSchtigkeit  So  oft,  so  anhaltend  und  so 
tielfach  ich  es  auch  yersuchen  mochte,  ihn  au- 
freden und  ein  Examen  mit  ihm  anzustellen, 
10  war  es  mir  nicht  möglich ,  auch  nur  eine 
eiorige  yernänfÜge  Antwort  von  ihm  zu  be- 
kommen. Liefs  auch  die  Heftigkeit  in  seinen 
iifsern  Bewegungen,  die  zwecklose  Gewaltthä- 
tigkeit,  der  blinde  Zerstorungstrieb  nach  eini« 
ger  Zeit  etwas  oder  ganz  nach,  so  fand  ich  bei 
Üiogerem  Verweilen  alle  intellectuellen  Fakul- 
täten ohne  die  mindeate  Unterbrechung  durch 


^     32     — 

einen  bellen  Zwitclienraam  in  gaosKcher  IX^ 
barmonie  und  seinei  das  Objekt  Tom  Sobjddi 
Dicbt  gehörig  zu  anterscheideD  TermSgeMb* 
Vorstellaogen  so  Tage  und  mitonter  so  fcomisffiii 
dafs  ich  eioe  wahnsinnige  Narrheit  annebiiMS 
mofste.  Von  seiner  Frau  und  den  Leuten  k 
*seiDem  Hause  erfuhr  ich,  dab  er  immev  eis 
höchst  ordentlicher,  nüchterner »  arbeitsameTf 
erwerbfleifsiger,  friedlicher  und  gntmiitbigiff 
Slann,  mit  dem  sich  gut  leben  lasse  und  dal 
namentlich  mit  seiner,  seinem  früheren  Stiel* 
Vater  angeheiraiheten,  Stiefmutter  in  vielen  Jah- 
ren niemals  den  geringsten  Wortwechsel  ge* 
babt  hatte,  gewesen  sey.  Dasselbe  bexeogti 
das  königliche  Amt,  das  sich  aus  dem  Gmode 
für  ihn  interessirte.  Dasselbe  sagten  alle  Nach- 
barn und  mit  ihm  bekannte  Menschen  über  ihn 
aus.  Er  sollte  immer  sehr  mäfsig,  nicht  ei»* 
mal  täglich,  wie  es  bei  Leuten  seines  Gewer- 
bes doch  meistens  der  Fall  ist,  Branntwein  ge- 
trunken und  selten  zu  viel,  nie  in  einem  tob 
Sinnen  bringenden  Uebermaafse  genossen  haben« 
Gegen  das  Frühjahr  habe  er  von  einem  be* 
freundeten  und  benachbarten  Colonisten  H«  «na 
Pfeife  geliehen,  dfe  ihm  am  andern  Tage,  ab 
er,  auf  einer  Transportfuhre  begriffen,  vor  elneni 
Schnapshause  haltend,  auf  dem  Pferde  sitxend 
und  zufällig  etwas  betrunken,  ans  derselben  ge- 
rade rauchen  wollend,  von  dem  in  demselben  Au- 
genblicke, vorbeigehenden  Eigenthnmer  dersel- 
ben ,  nachdem  er  ihn  um  ihre  sofortige  Rüdk- 
gabe  hart  angesprochen  hat,  stürmisch  ans  dem 
Munde  gerissen  wird.  Er  ergreift  sie  wieder,  Vfill 
sie  nicht  gleich  zurückgeben,  nennt  den  Baaem 
undankbar,  da  er  ihm  oft  etwas  geliehen  hättSi 
und  schlägt  ihn  mit  der  Pfeife  vor  den  Kopf, 
dafs  er  hinten  überfällt»     Blutrünstig  hiernach 


—     33     -- 

gewovden  und  auch  ^obl  Schmerceo  im  Kopii 
empfiodeod,  läfst  Letsterer  gleich  einen  Wand- 
arat  aot  der  Stadt  kommen^  der  die  Wood» 
fiir  fefahrlicby  die  Commotio  Cerebri  für  be- 
deDklich  erklärt  aod  eeinem  Befunde  gemabe 
rigorose  Anordnungen  trifft«  Am  andern  Tage 
begiebt  sich  Br»,  da  er  dies  wieder  erfahren 
bat ,  voll  Angst  so  dem  Wundärzte,  der  ihn 
darüber  beruhigen  solli  was  er  weder  intendirl, 
ooch  fib  so  erheblich  gehalten  bat^  und  wird 
TOD  diesem  bedeutet,  dab  er  in  einer  ihm  be* 
veichneten  runden  Summe  (20  oder  26  Rthir«) 
die  Kurkosten  besahlen  und  ein  Gleiches  dend 
Vnlneraten  .geben  mochte;  er  wärde  dann 
nicht  yerklagt  werden  und  die  Verletsuog  keine 
fiblen  Folgen  weiter  haben«  Er  geht  den  ärger* 
liehen  Vorschlag  ein«  Nichts  destoweniger  ist 
dem  KonigL  Amte  da|von  Notiz  gegeben,  das 
den  Hrn.  Landcbirnrgus  B.  berausschickt^  der 
nichts  Bedeutendes  findet  und  selbst  jede  enge- 
rathene  Vorsicht  fiir  überflüssig  hält«  Weil 
hier  jedoch  eine  Schlägerei  zu  erwägen  war, 
wurde  nach  beendigter  Untersuchung  eine  Ar* 
rest-Strafe  Ton  6  Wochen  erkannt,  die  die  Ju- 
risten-Fakultät in  Göttingen  y  wohin  die  frag- 
lichen Acten  verschickt  waren,  auf  die  Hälfte 
der  Zeit  reducirte.  Als  er  wieder  auf  freien 
Fufs  gesetzt  ist,  wird  an  ihni  bald  eine  totale 
Umändernng  bemerklich.  Er  beobachtet  .in  sei- 
nen Sachen  nicht  die  früher  gewohnte  Ord- 
nung^ ist  übertrieben  redselig ,  weitschweifig, 
umständlich,  spricht  oft  von  Entehrung:,  weil 
er  gesessen  hätte,  von  schwierigem  Wieder- 
erwerb der  yerausgabten  und  zum  Theil  gelie- 
henen Summe  Geldes,  trinkt  zu  allen  Tages- 
zeiten Branntwein,  ohne  sich  indessen  zu  be- 
Joun.  LXXXiy.B.2.St.  C 


^    34    — 

raofülira  f  ttil  Wdnfgi  oft^  naniMitlifeb  Abettd% 
gar  oichu,  schläft  äobent  wenige  kommt  n- 
reg^lmäTsigt  nicht  telten  sehr  spät  des  Abendl 
SQ  Hause  nnd  fährt  frnh  am  sndem  Morgeii 
ohse  erst  etwas  su  geniefssa,  wieder  ab.    Da- 
bei zeigt  er  sich  nnstät,   io  Allem  rasch,  Tei^ 
räth  immerfort  Eile,  fahrt  leicht  aaf  nod  wird 
bei  der  geringsten,  oft  eiogebildeteo  Veraalas- 
SQDg,  betonders  aber  auf  jedeEia-  and  Wider- 
rede ausnehmend  jähzoroig«     Jeder  Nachfrage 
nach   seinem   Teränderten   Leben   and   Wassi 
setzt  er  mit  Heftigkeit  die  gröbsten  Scbeltwntte 
eotgegen.    Wenn  er  sonst  mit  seiner  Fraa  nad 
seiner  Stieftnutter  seine  täglichen  Arbeiten,  sene 
Fuhren,  sein  Acker«  und  Hauswesen  stets  genau 
Hberlegte,  so   war  in  dieser  2«eit  niemab  die 
Rede  dsTon«  Häufig  war  seiner  Frau  sein  aeit- 
weiliger  Aufenthalt    unbekannt*     Oft  ftihr  er 
aus,   ohne  einen  Auftrag  dazu  bekommen  so 
haben,  und  bekSmmerte  sich  um  eigene  noth- 
wendige  Feldarbeiten  nicht  >  Diese  Erscheinan-. 
gen  füllten  die .  Zeit  zwischen  seinem  Arreste 
und  dem  Ausbruche  seiner  llanie  aus«    -^  In 
seiner  Familie  war,   so  weit  hinauf  and  zar 
Seite    darin    deswegen    nachgeforscht   werdea 
konnte,  nie  eine  Geisteskrankheit  und  er,  kii^ 
tig  gesund  überhaupt,  bis  dahin  stets  Drei  da- 
Ton  gewesen.  Geschwister  hatte  er  nicht.  Des 
KonigU  Amt  liefs  ihn  fortan,  wie  ich  aa  fSr 
gut  fand,  Yon  zwei  Personen,  dieMorgaaa  und 
Abends  um  6  Ubr  abgelost  wurden  |  vnansge- 
setzt  bewachen*     Ich  ordnete  eine  abermal^e 
Tenaesectio  (die  Sie)  an,  da  sein  gerSthetes 
Gesicht,  seine  kräftigen  Züge,  sein  lebhaftes 
Auge    und    seine   Agilität   Congestionea    anm 
Kopfe  Teunathen  lieben.    Er  wiuda  ohnmidh* 


—     35     — 

m 

ig  daraaeh  tmi  bloterber  robiger«  thntk  be- 
idhlob  icb  eine  Ekelkar  and  Terscbrieb:  Rp. 
Ttrt.  em.  gr*  fr»  Aq,  Rubi  tdaei  a&c  y«  Syt.  €jaa* 
dem  UDC.  j.  M.  S.  Alle  Standen  1  Eblöffel  voll 
n  nehmen.  Am  andern  Tage  wurde  die  flfis:* 
lir  reiterirt  Odd  am  folgenden  am  gr.  j}  Brech«- 
mnatein  Termebrt  Es  trat  keine  Uebelkeit 
ud,  einet  Klystieret  nngeacbtat,  keine  Oeff-> 
Bing  ein«  Essen  wollte  and  scblafen  konntj» 
er  Bicht.  Sein  Geplapper  bestand  fott\  der  eine 
Uasion  jagte  den  andern*  ^  Es  wurde  so  wenig 
«■  Gedanke  von  ibm  festgehalteiti  als  es  mog* 
lieh  war,  mit  ibm  das  geringste  Gespräch  ta 
fihren«  Obgleich  er  nicht  mehr  so  wStbend 
«ari  wie  yor  eioigsn  Tagen^  so  •  mafste  er  doch 
soch  gehalten  and  gebunden  werden  i  weil  ar 
estspringen  wollte.  Er  bekam:  Rp*  Inf«  Rad. 
Lpecacoanbaa  Pb.  Han«  onc.  yj«  Tart»  em.  gr.  jxi 
ffl.  S.  Alle  halbe  bis  ganze  Stande  1  EiUofiel 
voll  xa  nehmen.  Weni^  Uebelkett  and  Eibre^ 
dmi  eintrete^  sollte  er  weniger  oder  yon  der 
torletclen  schwächern  Slischüng  eioaehttieii# 

Den  10.  Jnli.  Die  non  terbrauebta  Brach-* 
WURel-BrechweinsteiD^Mixtar  yon  lestern  hat 
mehrmaliges  Erbrechen  und  noch  bestehende 
Uebelkeit  bewirkt  Seine  Verwirrtheit  ist  die- 
lelbsi  seine  Schlaflosigkeit  besteht  fort,  die 
Tobeacbt  fehlt.  Er  liegt  ruhiger  und  scheint 
iicli  behaglicher  au  fiiblen^  Die  enorme  Hitse 
prebt  ibm  yielen  Schweifs  aas«  Sein  nasses 
Hetnd  will  er  aber  nicht  mit  einem  trockeneti 
tertauschen.  Nach  wiederholten  Kljreiieren  be«* 
kern  er  reichliche  Sedes*  Eine  schwächere 
Brecbweinsteia-ZkiBammeoaetauag  schien^  aucb 
>och  so  oft  genommen  $  die  Uebelkeit  ao£sahe* 

C  2 


—     36     — 

hm» .  Um  iie  ^eder  »tärker  cq  erregen,  nahm 
er,  je  nach  Erfordernifs,  alle  halbe  bis  ganze 
Stunde  und  noch  nach  gröfsern  InterFallea  einen 
EfslofiEel  voll  Ton:  Rp.  Inf.  Rad.  Ipecac.  Ph. 
Han«  unc.  y\,  Tart.  emeU  gr«  xjj.  Der  beabsich- 
tigte Zweck  wurde  dadurch  erfüllt  und  dasselbe 
Mittel  einige  Male  reiterirt.  Das  fortwahrende 
Sprechen  hörte  nach  der  anhaltenden  Uebelkeit, 
die  zuweilen  in  Erbrechen  iibergieng,  auf;  er 
wurde  gelassener ,  lenksamer  und  reflectirts 
schon  über  sich.  Mitunter  sprach  er  TeroÜDf- 
tig  9  war  aber  weitschweifig ,  antwortete  wohl 
passend  auf  die  vorgelegten  Fragen,  gab  aber 
immer  mehr  an,  als  man  wissen  wollte  und 
als  nöthig  war.  Des  Einnehmens  war  er  über- 
drüssig geworden,  weil  die  Arznei  ihm  ekelhaft 
werde  und  Uebelkeit  yerursache.  Durch  Dro- 
hung, dafs  es  demDoctor  gesagt  werden  solle, 
der  dann  dem  Amte  es  anzeige,  mufste  er  oft 
dazu  gebracht  werden*  Eine  copiöse  Pustelbii- 
dung  auf  dem  Kopfe  wurde  mit  Ung.  Tarl.  em. 
unterhalten. 

Den  12.  Juli  berichtete  seine  Fräs,  er  be- 
käme Appetit,  gröfsere  Ruhe  und  etwas  Schlaf, 
wäre  in  der  Unterredung  abschweifend,  aber 
grölsten  Theils  yernünftig  und  sonst  gans  ttill. 
Mit  dem  Nauseans  wurde  continuirt« 

Den  15.  Juli  gab  die  Stiefmutter  Nachricht 
über  ihn.  Er  hat  wenig  Schlaf  und  nach  dem 
jedesmaligen  Erwachen  Beängstigungen.  Er 
giebt  dies  immer  an  und  bemerkt  dabei,  dab 
er  nicht  wisse,  woTon  dies  komme.  Er  ist 
aufgestanden  f  kann  aber  eben  so  wenig  auf 
einer  Stelle  lange  TerharreD|  wie  er  eineo,  ob- 


—    37     — 


^ohl  TmtnfdgeD,  Gtdankeö  IKogiiM'Zelt  Ibtl« 
zuhalten  yermag.  Oeffoung  hat  er  ohne  Kty« 
8lier.  Wo  Pusteln  auf  dem  Kopfe  nicht  her- 
Torkonunen  oder  abheilen  wollen,  wird  Spieft- 
glanc  -  Salba  eingerieben»  Das^  Mauieosnm 
wird  fbrtgenommen« 

■ 

Den  17.  Juli.  Sein  geringer  Schlaf  nimmt 
ah,  seine  Unruhe  zu.  Häuf  g  hat  er  betrübende 
Gedanken  —  über  Zurüokkommeni  Kosten  der 
Krankheit^  UnVermSgen  xu  bezahlen  etc.  'Ich 
ordinirte:  Rp.  Opiipnrigr.  /?,  SaLmir,  Gl.  sicci 
scrop.  j,  Sacch«  albi  gr.  xr,  M.  f«  Puly.  D.  in 
Duodecoplo,  S«  Vier  Mal  täglich  ein  Pnlrer 
zo  nehmen.  Der  Hr.  Chirurgas  Th.  gieng  öf- 
ter zu  ihm  nnd  referirte  mir  dann  auf  das 
Genaueste. 

Den  19.  Juli«  Die  yoryorige  Nacht  hatte 
er  nicht,  aber  die  yorige  zwei  Stunden  ruhig 
geschlafen,  war  mit  Beängstigungen  erwacht 
und  heute  sehr  ruhig  uod  Ternüoftig.  Seit  2 
Tagen  fehlten  die  Sedes.  Die  Opium -Polyet 
wurden  reiterirt,  alle  3  Stunden  eins  zu  neh- 
men signirt  und  als  deobstruens yerschrieb  ich: 
Rp.  Inf«  Sennae  comp.  unc.  y»  Syr.  de  Spina 
Cervina  unc.  j.  M;  S.  Alle  Stunden  1  Efslöffel 
voll|  bis  OefiEhung  erfolgt« 

Den  22.  Juli.  Wenig  Schlaff  stete  Un« 
ruhe,  beängstigende  Gedanken,  wiederkehrende 
Verwirrungen.  Die  Mixtur  hatte  bald  gewirkt 
und  war  ausgesetzt«  Er  klagte  über  Schmer- 
zen auf  dem  Scheitel  yon  den  Pusteln»  Sein 
Appetit  war  leidlich.  Bp.  Opii  puri  gr.  j,  Li- 
qoir«  coctae  scrup*  /?•   M.  f«  Puly.  D.  tales  do* 


—    38    — 

I 

•M  k0.  8.  Tkr  BU  ta^ Ikb  «b  PsItot  n 

pabineau 

Den  27,  Jolt«^  Als  bMood«n  Abaormltil 
bemerkt  man  an  ihm,  daf»  er  sohr  lebendigi 
reiebar,  leicht  xom  Aerger  gentigl  ist,  nicht  lo 
Tiel  schläft,  als  in  früheren  gesnodan  Tagen, 
qod  mit  Beängstigungen  erwarbt.  Er  spricht 
ganas  yernSnftig,  ist  auidauerndar  in  4^r  Uo* 
terredung  ond  nicht  ortsreränderlicb  ohna  be» 
wufsten  Zweck«  Rp.  Opii  puri»  Mercurii  dolds 
aa  gr.  j,  Extr,  Dulcamarae  gr.  r.  Pnly,  Rad.  AI- 
thaeae  q,  s«  ad  massam  pilnlarem  in  partes 
aeijaalas  qi^inane»  pulrere  Cert,  Anrant.  adspsr- 
gendas,  ouoaecies  dispensandas^  diTidendam. 
S»  Alle  3  Stunden  5  St&ck  lu  nehmen.  *— ' 
Seine  Rohe^  sein  Schlaf,  seine  Vernunft  kehr- 
ten immer  mehr  und  naturgemäber  wieder. 
Sein  Appetit  wurde  stärker.  Ueber  seine  he« 
trübenden  Gedanken  konnte  er  mehr  Meister 
werden» 

Dan  31.  Juli  war  er  in  Begleitnnf  seiner 
Frao  bei  mir  and  seigte  sich  ruhig,  gut  im 
Blicke  und  Ternünftig  in  der  Rede.  Sein  Schlaf 
wäre  fest,  wie  sonst,  meinte  er,  und  er  er» 
wache  mit  geringeren  Beängstigungen*  Die 
letzten  Pillen  wurden  noch  einmal  angelratbeni 
das  Opium  blieb  überhaupt  noch  einige  SSeit 
im  Gebrauche,  weil  es  ihm  grSfsere  Ruhe  gab, 
ihm  seine  Aengstlichkeit  benahm ,  ein  bebag* 
lieberes  Befinden  bereitete  und  weder  Yersto«» 
pfuog  bewirkte  I  noch  sonst  inkommodirende 
oder  nachtheilige  Folgen  hatte»  So  gieng  er 
seiner  gänslichen  Genesung  zusehends  entgegen. 
Bisweilen  wollte  er  noch  wo^i  bis  cur  Betrüb* 


.'   a»  « 


I  m^flUmWkh  Vbtv  &  TtrmtfaUMKMi  Ko- 
I  mimm  Cur  wwdMu  WiaderiioIlM  Ana* 
M  pai  Bniatliifta  wirktoa  iaswiseliMi  ait 

hifl— iIm  Zdt  to  «qf  ihn,  diJii  «r  ia  d«r 
i»  fbt  Avgottt  ktiiM  Spar  oMlir  tob  enitr 
rtluidMta  Kn^U^il  u  tidi  halt«,  mnntar^ 
Itom  war  and  aUäa  Maotcbaa  .woblgdKU 
UkUk     Bit  jatal  iit  af  gatuai  u  K&pat 

Saala  jaMiabattt 


'^— ** 


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~    40      •« 


*;■ 


IL 

B  eiträge 


S(tt 


pharmakologischen  Geschichte 
der  SarsapariUa» 

Von 

Dr.    Dierbachy 

Professor  zn  Heidelberg* 


JLfie  SarsapariUwurEel  gebSrt  heut  sn  Tage  tm 
den  beliebtesteo  uod  gescbätztesten  ArsneimiU 
teln^  deren  Heilkräfte,  zumal  gegen  Syphilit^ 
TOD  so  vielen  Aerzten  bestätigt  wurden ,  dab 
darüber  kaum  ein  zureicbend  begründeter  Zwei* 
fei  obwalten  kann.  So  sebr  man  aber  nun  yon 
dieser  Seite  her  berubigt  se7n  darf«  so  berr- 
scben  dock  noch  höchst  auffallende  Wider« 
Sprüche  in  Hinsicht  der  Abkunft,  Auswahl,  der 
wirksamsten  Form  und  Anwendungsart  d«s 
Mittels,  dafs  es  immerhin  an  seinem  Orte  und 
XU  seiner  Zeit  seyn  dürfte,  das  wahre  Verhält» 
nifs  dieses  Gegeostaodes  uach  dem  gegenwärli« 


•  , 


4i    ^ 


|M  Zttitätti«  der  JPbarmak'ologl*  ilarxiiBf eHeo, ' 
,    dB,  wie  ee  echviol,  die  Fortschritt»  dieset  Zwei« 
gei  der  H^pdide  weif  weniger  |ieachtet  werdeiii 
alt  cie:'*ee  wohl  yerdiBoeo. 

§.  .1.    Abstammung .  un4.  Be^imniM^  der 

^jamaritt^Sort^,     Von   der  Zeit  der -entea, 

^    EieRniaDf  dieser  tY^^^^i^  durch  die  Spaaier 

.  all  hie  aaf  iioaere  Tage  gi|b.  es  mehrere  Saiea* 

pairill  -  iGk>rteii  von  verscbiedeDem  Werthet  4i| 

yenchiedeDen  Preiseo,  tod  rerilcbiedeneQ  Orten 

kommrad;  bhoe' dall  deshalb  die' Aerste  aaf 

ihres  Arsneirorscbriflen  genao  begemerkt  liat* 

teo,  wl»khe  diisser  Sorten  sie  eigeotUch  so  ha* 

ben  wSttschten^  und  es  somit  d^'m  Gutdünken 

dee  ApoÜietos  überlasseni  welche  er  za  halfen 

ond  sa  dfafeiwircB  beliebt,  wie  denn  anch  die 

neueren  vnd  neeeslen.  PharmakopSen  in  dieser 

Hinsieht  keine- nälieren  und  festen  Beslimmnn*' 

gen  tefhaiietttf    *  .  •      ' 

Die  in  Deutsehlaod  verbreiteten  SarsaparilU 
Arten  kommen  lediglich  aus  dem  wärmeren 
Ameiilui  *)  und  wenn  sie  gleich  in  verschiede- 
nen Previnsen  dieses  Welttheiis  eingesammelt 
werdet ^  eö  darf  man  doch  annehmen »  dals  ee 
SberaU  Avten  der  Gattung  Smilax  sind,  welche 
flie^  li^ism.  HDie  nähere  Bestimmung  dieses  6e* 
genstaedee'  unterliegt  jedoch  noch  manchem 
Zweifel;;*  Und  man  kann  für  jetzt ,  gestutzt  auf 
die  Angaläto  der  Hikren  v,  Humboldt,  v.Mar^' 
tüis,  Sdtiede,  Pöppig  o,  s«  w.^  nur  Folgendes 
als  de^  Wabrscbeinlicbste  anfahren : 

^  AUerdings  fiad  in  den  JGngiten  ^eltea  anch  Barit- 
•  eadUkSortan  aus.  Osttndien,   ond   sfdbst  tut  Sierra 
f«eone  nach  ({qrops  gebrsciit  worden^  allein  in  dea 
dentechen  Ap^h^ep  sind  diMO  osuea  Proguea  ItstM 


—     4^     ^ 

!•  ßmüax  mediea  Schieda ,  wlidiat  am  Otl* 
abhänge  der  mexikaoischen  Andeo  «d^  aa  dec 
angreocendeo  Küste»  Die  Eiowohner  dar  Doi^ 
fer  PupantUy  Tasplao,  riautla,  Miranda  «•a«W« 
5ammelQ  die  Wurzel»  die  über  Vera  Cms  ia 
dea  europäischen  Handel  gelangt}  sie  ist  dem- 
oach  höchst  wahrscheinlich  die  Olutterplaaia 
jener  Sortei  die  man  schon  seit  dea  Zeitaa  des 
Monardes  unter  dem  Nameo  Saxiaparilla  da 
Vera  Cruz  kennt. 

Der  berühmte  Drognist,  Hr,  Jobit  in  Statu 
gart,  hält  diese  Sorte  für  sjmonTm  niit  dar  Sar* 
saparilla  della  Costa  oder  Tampico«  Er  sagt, 
sie  wird  ans  Vera  Qruz  in  grouea  Päckaa  Toa 
circa  100-*löO  Pfund,  die  blos  mit  Seilaa  aai- 
zogen,  ohne  weitere  Emballirong  ina  Schiff  ga« 
laden  werden,  ausgeführt.  Nebst  den  Faeara  ent- 
hält diese  Sorte  Wurzelatöcke  vod  Theila  der 
stark  stachligen  Stengel,  oft  aoi^h  mit  vieler 
Erde  yerunreinigt.  Die  rein  gewascbanaa  Faaera 
sind  mehr  oder  weniger  gelblicby 

Der  gewandte  und  kenntnifsreicha  DrogvIsL 
Herr  Baika  in  Prag,  hält  die  Vera  Cnut-  naa 
Costa-Sarsaparille  für  keine  besondere  Art»  Baa- 
dern blos  für  den  Ausschufs  der  andern  Soriaa 
und  überhaupt  für  eine  schlechte  Waaia»  Er 
erkannte  darunter  Blätter  .  tod  Smilax  f  kmca 
S,  tamnoidas,  S,  lanrifolia  und  St  acabrine« 
cula.  Dagegen  sieht  Herr  Bai]ta  die  licfaU 
braune  und  rStblicbe  neue  Sorte  von  TiimpiicOf 
die  ihm  öfters  unter  dem  Namen  Vera  Crna 
Torkam,  allerdings  für  eine  eigene  Art  an»  die 
aus  dünnen ,  magern^  aber  gesunden  Wnrsel-* 
bündeln  mit  Köpfen  besteht  und  sich  durch  übra 
röthlicbe  Farbe  sehr  der  Jamaika -Sarsaparill 
nähert}  er  fand  darunter  die  sartan  licht|raueB 


—     43     — 

iler  SmlUs  cDmanaotis  Kantb,  teUt 
aller  biDn,  es  «07  mSglich,  dab  tia  nicht  nur 
Too  dieser  PflaoEe  stamme,  sondern  euch  too 
Smilax  medica  SchlecbtondaL 

2»  Smilax  officinalU  Kunih.  Sie  machst 
in  Colombien  am  fttagdaleDenflutse ;  ihre  Wur« 
sein  werden  als  Sarsaparilla  in  grobetr  Menge 
TOO  Carlhagena  nach  Jamaika  nnd  Ton  da  nach 
Enropa  gebracht.  Demnach  darf  man  wohl 
annebnien,  dafs  die  jamaikanische  Sarsaparille 
des  Handels  nicht  ron  einer  auf  dieser  Insel 
einheimischen  Art,  sondern  Ton  der  S«  officina« 
lis  abcoleiteo  ist« 

Herr  Jcbsi  halt  die  Jamaika-Sarsaparille,  die 
in  England  yonsogsweise  gebraucht  wird,  für 
eine  geringe  Sorte,  sie  sey  porSs,  leicht,  dje 
dickeren  Warsein  io  der  Mitte  hohl,  braun  oder 
duokelbrannrotb ,  mit  ganc  weifsem  Mittelfelde 
und  komme  ohne  Wurzelstock  in  Ballen  Tor« 
Herr  Batka  sagt,  die  rothe  und  röiblichbraune 
Jamaika-Sarsaparille  komme  aus  Cayenne ,  vom 
Orinoco-Flofs  und  aus  Jamaika,  ihre  Epidermis 
sey  meistens  gefurcht,  glänzend»  harzig  und  rotb 
gefärbt,  das  Rindeomark  weifs,  zuweilen  rStb- 
lich ,  der  Holzkern  gelblich ,  wie  bei  der  Hon» 
duras- Sarsaparille;  wie  diese «  komme  sie  in 
mehrfach  über  einander  gelegten  Bündeln  Tor, 
nur  mit  dem  Uoterscbiede,  dafs  die  Rudimente 
der  meistens  darin  beüodlicheo  Siengel  rund 
seyen,  sonst  werde  sie  gleichfalls  meistens  in 
Seronen  verpackt.  Herr  B.  fand  Blätter  yon 
Smilax  hayannensis  und  too  S*  papjrracea  Oicko 
darunter» 

An  diese  Sorte  schliefst  sich  nnmiflelbar 
die  Honduras  der  OfGcioeni  welche  Hr.  Buika 


—     44     — 

die  brauorothe  und  graue  nennt;  tle  ht^  WW 
er  sagt,  amylumreicher,  aU  alle  andere  Sorten, 
und  zeichnet  sich  durch  ihren  gelben  Holzkem 
und  ihre  langen  Wurzeln  aus,  die,  über  einaa- 
cler  gelegt^  oft  6  —  8  Fufs  Länge  erreichen  und 
dabei  das  Besondere  haben ,  dafs  sie  gewShn- 
lich  gegen  das  Ende  zu  dicker  sind,  als  beim 
Auslaufen  rom  Wurzelstocke,  welcher  4kantige 
stachlige  Stengel  hat,  aus  welchen,  so  wie  ans 
den  oft  Yorhandeoen  grofsen  oyal  lanzettiSnni» 
gen,  mit  starken  Nerven  durchzogenen  Blät- 
tern, Herr  B.  schliefst,  dab  sie  meiatena  TOn 
Sinilax  ofücinalis  komme.  Sie  kommt,  wie  er 
hinzusetzt,  gewohnlich  in  Sourona  in  mehrfach 
über  einander  gelegten  Bündeln  mit  den  Wor* 
zelküpfen  im  Handel  vor.  Auch  die  Caracas" 
Sarsaparille,  welche  Herr  fi«  die  gelbliche  nennt, 
5oll  von  Smilax  officio  aus  kommen ;  die  amy« 
lumreicheren  Stücke  derselben  haben  ein  roth- 
liches  Cindenmark,  einen  meistens  dunkel  ge- 
färbten Uolzkern  und  in  den  magern  Wurzeln 
besonders  viele  Luftporen« 

Herr  Jolst  hält  Honduras-  und  Caracas* 
Sarsaparille  nicht  für  wesentlich  verschieden; 
sie  kommen,  wie  er  sagt,  in  der  Regel  in  vier«- 
cckigen  oder  runden  Packen  oben  und  unten 
mit  Thierhäuten  überzogen  zu  uns,  und  enthal- 
ten länglich -runde  Bündel  von  4  —  8  Pfand 
und  darüber;  diese  Bündel  bestehen  aus  meh- 
reren ganzen  "V^'urzeln,  die  schon  in  dem  Lande 
von  den  gröbsten  erdigen  Theilen  gereinigt 
worden  zu  seyo  scheinen.  Die  Fasern  sind 
lang,  schwärzlich  grau  oder  helibräunlich  mit 
rüthlicbcn  Erhabeuheiten ,  von  der  Dicke  einet 
Haben-  bis  zu  der  eines  Gänsekiels, 


—      46      —    .. 

D]«Aoonbme,  dafs  dieJarnaika*  und  Hon* 
dBras-Senaparilleyon  eioarlei  Mutterpflanze  kom- 
neo,  scheint  noch  durch  den  Umstand  hesta* 
tigt  xa  werden  9  dafs,  wie  Hr.  Richard  Baitley 
ia  London  berichtet,  die  Jamaika-Sorte  eigent- 
lid  Ton  dem  Tbeile  der  Honduras -Küste  be- 
m|Mi  wird,  welcher  Moskito-Küste  heifst« 

S,  Smilax  syphilitica  Humboldt,  Ihrem  Va- 
lerhode  und  ihrer  Verbreitung  gemäfs,  so  weit 
ioldie  bekannt  ist^  dürfte  angenommen  werden, 
dsb  Ton  ihr  die  Lima- Sarsaparilla  komme» 
Kacb  Herrn  Job$t  besteht  sie  aus  lauter  düo- 
nen,  bisweilen  besenreisartigen  Fasern  von  hell- 
ksaoer  Farbe  mit  weifser  oder  gelblicher  Mark- 
Substanz.  Sie  erscheint  im  Handel  meistens  in 
kleinen  cylindrischen  Bündeln  1§  bis  2  Pfund 
schwer,  mit  Papierstreifen  und  Bindfaden  um- 
wonden;  man  macht  davon  mehrere  Sorten  und 
mkanft  sie  zu  verschiedenen  Preisen,  und  un« 
ter  willkührlichen  Benennungen,  was  yiel  dazu 
beiingt,  dafs  die  Kenntnifs  der  Sarsaparill-Sor- 
tsD  so  schwierig  ist.  Herr  Batka  führt  die 
Lima-Sarsaparille  nicht  als  eigene  Sorte  auf. 

4«  Smilax  cordato-ovata  Willdenow,  Nach 
dem,  was  besonders  Hr.  Poppig  über  die  Ein- 
sammlung der  Sarsaparille  miltheilt,  wird  man 
aonebmen  müssen^  dafs  yon  dieser  Art,  die 
aadi  in  Cayenne  wächst,  wenigstens  theilweisa 
die  Brasilianische,  Para,  oder  JLissaboner  Sar- 
saparilla  herrühre.  *)  Die  Packe  bilden  nach 
Jabst  walzenförmige  Bündel  ron  4|  Fufs  Länge 
and  8  —  12  Zoll  Dicke,  von  30  —  70  Pfund 
Schwere^  welche  ron  unten  bis  oben  mit  Bei- 

*}  Nadi  Hem  tu  MmÜus  wird  sie  Ton  Smilas  vyifhU 
üAm  nad  ofSwuüis  geasmiBett. 


—     46      — 

f«n  oder  Ranken  ömwattclen  und  darefi '  dbit 
Verpackungsart  ron  allen  andern  Sorten  Tei^ 
schieden  «ind.  Die  Fasern  find  lichtrothlU 
braun  oder  «cbwärzlichgran,  ihre  Marksabateni 
ganz  weifs.  Hr.  Batka  nennt  rie  die  s^wartf 
lichbraune^  die  hie  und  da  harsig  gefleckt,  nkht 
so  reich  an  Amjrlum  sey,  ^ie  die  HondvfM^ 
ihre  Wurzeln  seyen  dünn^  I^Qf  t  »üt  Tielea 
Saug-Fatern  besetzt  u.  s«  w. 

Wenn  man  Herrn  Hancock  Glanbea  bei^ 
messen  darf,  so  kommt  die  beste  Sarsaparille 
Ton  einer  neuen,  bis  jetzt  noch  nicht  hoschris« 
benen  Art  Ton  Smiiax, 

§.  2*     Vorherrschende  Besiandihnle.     IXe 
Sarsaparilla   ist   vielfach    chemisch    untersucht 
worden,    so   dafs  man   leicht  eine  lange  histo- 
rische Abhandlung  über  diesen  Gegenstand  schfei* 
ben   konnte.     Das  Neueste  und  Interessanteste 
hat   Herr  Poggiale  in  Yal  de  Graca  geliefert, 
'Während  dessen  Paloita  bereits  im  Jahre  1824 
das   wirksame  Princip   dieser  Wurzel    anlland 
und  es  Parillin  nannte*    Fast  zu  derselben  Zeit 
glaubte  Folohi   einen   neuen  Stoff  in  derselben 
Wurzel  gefunden   zu  haben  |   den  er  mit  dem 
Namen  Smüäcin  bezeichnete;   Thubeuf  schrieb 
im  Jahre  1831  abermals  Yon  einem  neuen  ^  in 
der  Sarsaparilla  enthaltenen  Stoffe^  den  er  ab 
Sarsaparin   auffuhrt^    und  ßttka   glaubte   183S 
eine  eigene  saure  Materie  entdeckt  ca   habtttf 
der  er  den  Namen  ParilHnsäure  beilegt;    allaia 
Poggiale  bewies^  dafs  diese  Tier  Stoffe  idantisdi 
sind;  er  zieht  den  Namen  Sarsaparin  vor  ond 
zeigt,   dafs  diese  Substanz  durch  Krystallisiiett 
aus  Alkohol  in  kleinen  strahlenförmigen  Nadeln 
erhalten  werden  kann*  Die  Krjrstalle  aiad  weUl 
und  schmecken^  in  Wasser  oder  Alkohol  «nfr 


-     47     - 

gdott',  berb  bitten  Diese  AuflosaDgen  tcbüii- 
men  etarl:  beim  Umschütlelo.  Ein  scbwe« 
felMom  Sanaparin  koante  Dicht  dargestellt 
wwdeib  — • 

Baika  fand  In  der  Spidermis  der  Jamaika* 
Saisaparill:  ätherisches  Oel,  Färbestoff ,  essig- 
saure Salsa,  SchaumharZy  Extraclirstoff,  Eiweifs, 
Bassorin,  Chlorsalze,  Stärke  und  Gummi;  in 
dem  Mmdenmarke:  Stärke,  Gummi i  FflauseD«* 
leimi  ExtractiTStoff,  EiweiCi,  harzigen  Färbe- 
ttoffy  Scärkefaser  und  Tegameote ;  in  dem  Holz^ 
kerne  und  dem  Marke:  gelbes  Weichharz, 
Starke,  Gummi»  gallertsaure  Salze,  Pflanzenleim, 
Schaamhars,  Spuren  Toii  Kreosot  und  Holzfaser. 

Die  Eigenschaften  des  Schaumharzes  oder 
der  PariUinsäare  sind  schon  oben  angegeben; 
sonst  ist  besonders  nächst  dem  Amylum  noch 
das  ütberische  Oel  interessant,  welches  durch 
seinen  scharfen  kratzenden  Geschmack  und 
durchdringenden  Geruch,  der  dem  des  Ol.  ae- 
ther.  Petroselini  ähnelt,  sich  auszeichnet;  es 
kommt  in  Verbindung  mit  dem  Weichharze 
und  Fatbestoff  Tor« 

$.  3.  Welches  Ut  die  heste  Sarsaparille 
Serie  zum  medicinischen  Gebrauche?  Seit  Jahr- 
hunderten schon  werden  diese  Wurzeln  als  Arz- 
neimittel Terordnet;  man  sollte  also  denken, 
dafe  in  so  langer  Zeit  den  Aerzten  Gelegenheit 
genug  geworden  wäre,  die  besten  Sorten  ken- 
nen zu  «lernen.  Dies  ist  aber  kaum  der  Fall 
und  an  auffallenden  Widersprüchen  in  dieser 
Hinsicht  fehlt  es  ganz  und  gar  nicht.  Hr.  Baika 
sagt,  er  habe  sich  auf  seinen  Reisen  besonders 
daiSr  interessirt,  die  Ansichten  derAerzte  über 
diesen  Gegenstand  kennen  zu  lernen  |  allein  er 


—     48     — 

mSssa  gestehen  X  dars  er  nie  dadardi  beAIeAg) 
'worden  sey.  Man  verschreibe.  Sarseparille  der 
Gewohnheit  nach,  allein  welcher  Ton  den  b^ 
kannten  sechs  Sorten  man  den  Vorsag  geben 
solle,  darüber  scheine  Niemand  gründlich  Aus- 
kunft geben  zu  können.  ^)  Besonders  auffal- 
lend kann  jedoch  dieser  Umstand  nicht  sejo, 
"wenn  man  bedenkt,  dafs  iriele  Aerzte  beim 
Verordnen  der  Sarsaparilla  sich  gar  nicht  darum 
bekümmern,  welclie  Sorte  sie  erhielten,  and 
auf  der  andern  Seite  die  Droguisten  ihren  Was- 
ren  oft  ganz  willkührliche  Benennungen  geben 
und  eine  und  eben  dieselbe  Sarsaparill- Sorte 
ganz  verschiedene  Namen  trägt.  Das  Erste, 
was  uns  also  Noth  thut,  ist  eine  sichere  uod 
feste  Nomenklatur  für  dieses  Arzneimittel,  nicht 
"wie  bisher  entlehnt  von  den  ProTinsen  odet 
Städten,  aus  denen  es  angeblich  gebracht  wird| 
sondern  yielmebr  entnommen  Ton  den  phy- 
sischen Eigenschaften  der  Drogne  selbst»  Schon 
früher  habe  ich  darauf  aufmerksam  gemacfal^^)i 
dafs  von  dem  Geschmacke  dieser  Wurzeln  weit 
besser,  als  von  der  Farbe  derselben,  auf  ifaie 
Güte  und  Brauchkarkeit  geschlossen  werden 
könne,  um  so  mehr,  da  der  Geschmack  weit 
mehr  als  die  Farbe  mit  den  Bestandtheilen  der 
Vegelabilien  übereinzustimmen  pflegt.  Man  kann 
nach  diesem  Grundsatze  die  Sarsaparill- Sorten 
folgendermafsen  eintheilen  und  benennen: 

1.  Sarsaparilla  acris^  ausgezeichnet  durch 
den  scharfen  kratzenden  Geschmack,  der  seinen 

*)  Man  Tcrgleiche,  was  Ich  darüber  znsammeDgestdlt 
habe  in  Brandes  neoem  Archi?  iür  Pharmade.  Bd.  4i 
Heft  1.  p.  80  u.  d.  f.  •      i 

**)  Heidelberger  klinische  Annalen.    Band  9»    EMI  'S* 
pag.  538; 


tM  «ORDKiwel^«  iö  der  WnMdiiaä«  Hat  vii 
b«  2w«iM  TOD  damOue^ö  dw.kl&erkclwa 
d«  in  YMnndiiD^  mit  dem  iVtichTiarvr  nail 
rtwatoS»  ftbbSagt.  Bs'  gehSrao  iAin  dik  Sar- 
Miilla  Toä  Jamiika  and  di«  Voa  Hoadarai. 

'..'  2.'  S^amporilla  sMaHemki,  luigenithmt 
tch  dfin  cleuilicli  bervontechandka  tltteillefaRn 
»cbmacki  der,  ^vie  el  tcfaeiDt,  TonogamiM 
r  Gegenwart  jeaes  kryaUUiuichttB  :St(uia,  dan 
iggiaU  Sarinparin  oeDtit,  liuaackraibwi  tat. 
ifalo  gehören  iagbesoodan  Jana  Soita* ,  dU  . 
I  jetzt  unter  dem  Namao  Vara- Cnis-,  Colt*«' 
i  Caracai-Sarsaparille  in  dso  .Haadal  kamao« ' 

S.  StrtapKriUa  fatua .  iiafyrida.  Laicht  *ai 
iliava^atdta  .Ton  den  baidan  TorisaD,  daEtf 
AtaKaiiMte'Wnnelrind«  wedardar  ach^fia» 
teb  dar  billara  Geschmack  dauilicb  herrbrtritt. 
icM  QaactuaaelLloai^ait  faüngl  aatwader  idaron 
^4ala  daa  AiajlnmTarhältnibinStBiK  in  piUmtt 
eB|e  Trabaadan  iit,  als  die  übrigen  Baataod- 
eiU  und  aomit  dateo  Geachniack  alDbültt,  wla 
i  dar  BratütMchm  SarMopariNe,  dia  man  beaön^ . 
«  biafaar  Mcbnan  mub,  oder  aber  dar  acbatfll 
iä  Ullara  Gaacbmack  itt-dnrcb  daa  Alte^  var- 
■«■  gegaagtn,  wodorch  dia  Wonela  tan 
idäräuadien  Gabtaacbe  untaaglich  werdaa<    - 

Schm  dia  älteren  Pharmakolugen  acbätztan 
IT  die  (tau  friacbe  Sanaparille,  und  Baneoak 
iBOflct,  man  müue  iminer  die  friscti  einga- 
hrt«  nnd  nicht  seit  lacgar  Zeit  gefpallena  an- 
andea,  dann  aooBt  bebe  aia  eile  mre  Witk- 
imknt  varloren.  Die  gul'e  Sanaparilie,  setzt 
f  binin^  hn\  eina.eigeDthümliche  unaogenehma 
ebirf«)  und  dies  i>t  dar  baate  Cbarakter,  tim 
•  am  fABmm.  Anch  Fordyce,  ^ei  ta  ailnw 
Jam.LZXIIF.A2J»  D 


-i^     60     — • 

Zeit  wieder-  von  Nenem  auf  dies  lUütel  anf- 
mefksam  machte »  Terlaogt  aosdriickUch^  dab 
die  Wurzel  so  frisch  als  möglich  sej.  -—Auch 
Herr  Jobst  sagt,  zu  den  Keonieichen  einer  gu- 
ten SarsapariUa  gehöre,  dafs  sie  beiia.  Kaues 
einen  anfangs  mehligen,  etwas  bitterlichen,  spa- 
ter einen,  merklich  zusammeasieheoden  und 
kratzenden  Geschmack  besitze« 

Wenn  man  nun  noch  weifs^  dafs  bereits 
zu  den  Zeiten  des  Monardes  die  Honduras  am 
meisten  geschätzt  war  und  die  jamaikanische 
heut  zu  Tage  Ton  mehreren  englischen  Aerzten 
für  die  beste  gehalten  wird,  so  mub  man  noth- 
wendig  zu  dem  Schlüsse  und  Wunsche  kom- 
men^ dafs  in  unsern  Officinen  nur  die  SarMar 
pariüa  acrü  eine  gesetzliche  Stelle  erhalt^  un- 
ter welchem  Namen  sie  auch  immer  in  den 
Handel  gebracht  worden  sey« 

In  ganz  frischem  Zustande  -soll  iibrigeDS 
manche  Smilax-  oder  Sarsaparill- Art  so  scbarCs 
Wurzeln  haben,  dafs  Coxe  nach  dem  Genosse 
derselben  Speichelflufs  entstehen  sah  *);  er 
machte  diese  Beobachtung  an  dem  Columbia 
River/  wo  die  Sarsaparilla  in  Menge  wtld  wachst 
Wenn  aber  Hr.  C*  dabei  auf  das  homSiqpathi- 
sche  Princip  yerweist  und  an  den  Mercur  ab 
Antisyphiliticum  erinnert,  so  hat  er  Tergeasen, 
dafs  noch  manche  andere  scharfe  Vegetabilien 
Speichelflufs  erregen ,  ohne  desb&ib  aia  Lust* 
Seuche  zu  heilen.  **) 

§•  4.  Primitive  und  einfache  Anwendungi- 
eni  der  Sarsaparilla  als  AniisyphüUieum*     Die 

*)  Froriefm  Notizen.  1834.  p.  922. 
^)  The  Oablin  Journal  of  medical  aad  chamcal  sdiaa- 
Des.  Sept.  1834."  p»  149. 


—      51     — 

K«nBtmb  4!^^'  Woneln  als  einet  BCltek  ge^ 
gea  die  Lnatieache,  icheioen  die  Spanier  von 
den  Mezikanerü  erbalten  2tt  haben.  iNacb  dem 
Bericbie  des  Monatdes  gebrauchten  es  die  Me- 
xikaner auf  folgende  Weise :  Ein  halbes  Pfand 
Sarsaparille  wurde  klein  geschutlen»  mit  etwas 
Wasser  macerirt  und  dann  in  Maew  Mörser  so 
fange  gestofsen,  bis  die  Wurzel  gaos  in  einen 
dicken  Schleim -übergieng,  den  man  durch  ein 
Tnch  prefste«  Von  dieser  Flüssigkeit  mubte 
der  Patient  Morgens  früh  ein  Glas  yoU  trinken^ 
dann  sich  gut  zudecken  und  zwei  Stunden  lang 
achwitsen.  Hatte  er  am  Tage  Durst  ^  so  be* 
kam  er  nichta  Anderes,  als  solchen  Sarsapsrill- 
achleim;  Abende  mubte  er  wieder  ein  (Sias  roll 
davon  wann  nehmen  und  abermals  den  Schweifs 
abwarten.  Dieses  Verfahren  wurdet  drei  Tage 
lang  fortgesetst,  während  welcher  der  Kranke 
nichts  Anderes  lu  essen  oder  tu  trinken  bekam, 
als  den  gedachten  Schleim.  Und  damit,  sagt 
M<marde8f  habe  er  anfangs  Viele  und  sicherer 
geheilt,  als  mittelst  der  andern  Anwendnngsart, 
die  später  gebräuchlich  geworden  sey. 

Diese  bestand  in  Folgendem:  Zwei  Unzen 
gerwascbene,  gespaltene  und  klein  geschnittene 
Sarsaparille  wurden  in  einem  neuen  Topfe  mit  3 
Sehoppen  (sextarius>  Wasser  übergössen  und 
24  Stimden  lang  in  dem  gut  yerschlossenen  6e« 
fafse  macerirt,  dann  auf  gelindem  Kohlenfeuer 
bis  zu  2  Schoppen  eingekocht  ^  .nach  dem  Er- 
kalten duechgeseiht  und  in  einem  rerglasten 
Topfe  aufbewahrt*  Die  nämliche  Sarsaparille 
wurde  nun  in  demselben  Topfs  wieder  mit 
Wasser  Sbergossen,  etwas  gekocht,  kalt  colirt 
und  gleich  dem  Yoiigen  aufbewahrt. 

D  2 


—     62    — 

Der  gehörig  gereinigte  Kränke  mafeta  eich 
nun  in  eioem  erwärmten  Zimmer  aufhalten  and 
Morgens  10  Unzen  des  ersten  Sarsaparill-Was- 
•ers  trinken,  swei  Stunden  lang  schwitsen  und 
nach  abgetrocknetem  Schweilse  Hemd  ond*  Bett- 
wäsche wechseln.  Acht  Standen  nach  dem  Es- 
sen mufs  dasselbe  geschehen.  Seine  Speise  be- 
steht in  Rosinen,  Mandeln  und  Zwieback »  und 
Wasser  zum  Trinken«  Diese  Ordnung  ist  15 
Tage  lang  zu  beobachten;  sollten  jedoch  die 
Kräfte  des  Kranken  zu  schwach  seyn,  so  ist 
ihm  etwas  gebratenes  Hühnerfleisch  zu  erlaii- 
ben.  Wenigstens  während  der  ersten  9  Tage 
müfs  er  im  Bette  bleiben^  die  übrige  Zeit  aber 
sich  im  Zimmer  aufhalten  und  Luft  ond^  Kille 
vermeiden«  Am  löten  und  30sten  Tage  erliilt 
der  Patient  ein  leichtes  AbfiihrnngsmitteL  Aber 
auch  noch  bis  zum  SOsten  qnd  40steB  Tage 
soll  er  sich  des  Weins  und  der  Weiber  enU 
halten.  Dieses  ist,  setzt  Moncrdes  binmUf  die 
gemeine,  lange  geheim  gehaltene  und  so  be- 
rühmt gewordene  Gebrauchsart  der  Sarsa- 
parille. — 

Sehr  ausführlich  ist  dieser  alte  Schrifkstel* 
1er  bei  der  Beschreibung  der  Wurzeln  selbig 
der  Auswahl  der  besseren  Sorten  und  bei  den 
Vorsichtsregeln  der  Zubereitung,  wobei  beson- 
ders interessant  ist,  dals  er  öfters  das  Mark  der 
Wurzeln  herausnehmen  lieb  und  nur  die  Bin- 
densubstanz  als  den  wirksamsten  Theil  benutzte, 
und  dies  ist,  yne  er  sagt,  die  beste  Methode. 
Man  soll  dann  4  Unzen  gewaschene  Sarsaparill- 
Rinde  mit  4  Schoppen  Wasser  24  Stunden  lang 
tnaceriren  und  dann  bis  zur  Hälfte  einkochen; 
fürchte  man ,  dafs  dieses  Dekokt  den  Kraakee 
zu  sehr  erhitze  |  so  könne  i  Unze  Gente  su- 


—     63     — 

geMist,  oder  etatt  gemeinen  Walters  Aqua  de- 
etillata  Cicborei  angewendet  werden. 

Bisweilen  gab  Monardes  auch  die  Sarsa- 
parille in  PiÜTerform,  und  zwar  Morgens  nüch- 
tern und  Abends  eine  Drachme^  wobei  der  Kranke 
ein  scliwacbes  SarsapariU- Dekokt  nachtrinken 
miibte.  Letzteres  nennt  er  Aqua  Sarsaparillae; 
sie  wurde  bereitet,  indem  man  eine  halbe  Unze 
der  Wurzel  mit  4  Schoppen  Wasser  bis  auf 
eineo  einkochen  lieb. 


bediente  sich  Monarcf et  auch  eines 
einfacfaen  Sarsaparill-Sjrrups,  dessen  Bereitungs- 
art er  amstMndlich  angiebt;  es  wurden  daron 
Morgens  und  Abends  3  Unzen  genommen  und 
ein  schwaches  Sarsaparill- Dekokt  nacbgetrun- 
ken,  nnter  Beobachtung  einer  strengen  Diät«  *) 

Viele  Aerzte  des  16ten  Jahrhunderts  be- 
stätigten schon  die  grofsen  Heilkräfte  der  Sar- 
saparille gegen  die  Lustseuche,  tn  denen  na- 
mentlich der  berähmte  Mathiolus  gehört,  der  sie 
besonders  da  noch  nützlich  fand,  wo  das  da- 
mals so  berühmte  Gnajacum  fruchtlos  gebraucht 
worden  war.  Einer  der  gröfsten  Lobredner  des 
Mittels  in  jener  Zeit  ist  Julius  Palmariu8\  er 
▼erordnete  sie  auf  ganz  einfache  Weise  und 
behauptet,  dafs  dieses  Mittel  die  Eigenschaft 
habe,  die  Keime  der  Terlarvten  Syphilis  zu  zer-- 
stören,  daher  er  es  immer  anwende,  um  den 
Wieder- Ausbruch  des  Uebels  sicher  zu  hin- 
dern. **) 


*)  De  umpKcibiii  medicamentis  ex  occidentali  India  de> 
Ulis.  Antwerpiae  1574.  p.  37  et  fceq, 

**)  /iil«  FnlfRArü  C(Mi«/fftiftfti  de  morbis  eontagioau  Li- 
bri  isptsoi.  Parisiis  1&78.  p.  69. 


—     64     — 

Aber  auch  Aerzte  spKiwpef  uod  selbst  der 
nenetten  Zeiten  bettgtigteo  die  lleilkraft  des 
Mittele  gegen  die  Syphilis,  was  mit  Tielep  Zeog- 
nisseo  zu  belegen  ka^um  nSthig  ist. 

Eine  der  ältesten  qnd  einfachsten  Sanapa- 
rill-Bereitungen  ist  das  Decoctum  Sarsapariliat 
Simoniii  weiches  ai^fser  der  Sarsaparille  blos  Kn- 
sinen  und  etwas  Zimmt  entbaU, 

§f  5.  Zweite  Periode,  ^nyjendung  verschie* 
dener  Compositionen  mit  Sarsaparille.  So  sehr 
auch  der  Gebrauch  des  einfachen  Mittele  alle 
Heilzwecke  erfüllte,  ßo  waren  doch  die  Aerste 
schon  anfangs  damit  nicht  tufkiedeiiy  oder  sie 
glaubten  Tielmehv,  dafs  die  Kpnst  darch  pas* 
sende  Zusätze  das  einfache  Jllittel  noch,  kräf- 
tiger piachen  kSnne ;  und  sie  bandehep  bieiio 
ganz  im  Geiste  ihres  Zeitalters.  Qqlen^s  phar- 
juakplogisches  System  stand  {m  sechzehnten 
Jahrbundf^rte  noch  in  dem  gröfttei^  ilpse- 
hen.  Den  Grundsätzen  desselben  gemäfs 
mufste  ancb  die  Sarsaparilla  behandelt  wer- 
den, Pie  Arzneipflanzen  theilte  man  damals, 
nach  ihren  sogenannten  Qualitäten,  in  vier 
Hauptklassen,  in  warme,  trockene,  feuchte  qnd 
kalte  ^  die  ihrerseits  wieder  nach  dem  Grade 
ihrer  Stärke  ip  Unterklassen  zerfielen,  and  so 
rechnete  man  die  Sarsaparille  za  deo  trockenen 
und  warmen  Mitteln  im  zweitep  Grade,  BJo^ 
nardes  sagt :  Calida  et  sicca  est  in  secpndo  fere 
gradu,  :r-  Die  grofae  {^unst  bestand  nun  darin, 
die  Mittel  so  zusammenzusetzen,  dafs  nicht  nur 
irgend  eine  Qualität  des  Arzneimittels  praedo- 
minire  und  dadurch  schädlich  werde,  soödem 
auch  die  ganze  Composition  mit  dem  Tempe- 
ramente des  Kranken  und  des  leidenden  Organs 
harmonire.  Nach  diesen  Grundsätzen  beurtheilte 


—     66     — 

man  damab  jedet  Batammengotetsta  Amai- 
mittel  I  und  jeoe  Compositiopao ,  dia  aich  am 
ungeswiing^DstaD  nach  ihnen  erklären  lieftan, 
konnten  auf  ungetbailten  Beifall  zählen.  Dahin 
gehörte  denn  auch  der  Syrupu»  Sarsaparülae 
compasiiuB  des  SJonardes.  Wir  wollen  die 
Sache  mit  aaioen  eigenen  Worten  mittbeilen.  *) 

mit  der  geborigen  Menge  Zacker  konnte 
man  daraus  leicht  einen  Syrup  bereiten,  und 
wer  nur  mit  dieser  uralten  Vorschrift,  die  Com* 

{»osilionen  des  noch  beut  za  Tage  gebrauch« 
ichen  Roob  de  Laffecteur,  Syrop  de  Cuisiniec 
u.  a«  m.  Tergleichen  will,  der  wird  ibr^nwab« 
ren  Ursprung  nicht  Terkennen,  und  den  wie* 
aanscbafUicben  Werth,  der  diesen  Zusammen- 
setzungen sämmtlich  zukommt,  richtig  zu  baur- 
theilen  wissen. 

Dasselbe  gilt  auch  von  den  noch  immer  so 
geschätzten  und  beliebten  antisypbilitiscben  De- 
kokten, deren  Ursprung  gar  kein  anderer  ist; 
eine  der  ältesten  Cornposilionen  theilte  der  be- 
rühmte Botaniker  Ca^salpin  mit.  Auch  sie 
mag  hier  wortlich  stehen.  ^^) 

*)  Ism  annas  est  quintns  flecimas^  qnbd  Sjrupam  con« 
fed,  Bon  1BOH0  in  liac  urbe,  sed  tota  Hispania  lau- 
dstiirimom,  ad  morbam  Gallicuin,  aliosqne  proftigan- 
dot,  nam  neqoe  calefacit,  neque  inflaminat^  Goajaci 
Tidelicet  sicdtate  temperata,  et  Sarsaeparillae  calore 
mitiaato  hoc  modo.  Kp.  Sarsaparillae  Cnc.  duas, 
Ligni  Gaajaci  Unc.  qnatuor,  ZiziphorNo.  xvjjj,  Pran. 
paas.  No.  xxj?.  utraqae  ossiculis  purgat*,  Floriim  Bo- 
raginu,  Flornm  Violarom  aa  Unc.  dimidiam,  Hordei 
mondi  aliqaot  grana.  In  tribu&  aqaae  sextariis  lento 
igne  coquunCur  ad  duoram  sextariornm  consnmptto- 
nem,  et  decem  buios  decocti  unciis  una  Syrapi  vio- 
lati  admbcetur. 

*^  'Quoniam  tsio  saepe  fit,  ut  propter  aegrotantiuiii  tem- 


~     86     — 

Man  sUht ,  dab  dia  Voracfarift  das  Cataal' 
pin  fast  gaojB  mit  der  des  Monardes  überein- 
stimmt^ so  me,  dafs  alle  io  baiden  Vorschrif- 
tSD  vorkommeedeD  Drogaen  in  mehreren  an* 
dern  Compositiocen  sich  er.balten  haben,  noc 
sind  an  die  Stelle  der  Flores'  Violarum  groben- 
ifaeils  die  Flores  Rosarum  getraten. 

§.  6.  Dritte  Pviode,  Verbindung  der  Sar^ 
ßaparille  mit  Abfuhr ungsmitteln»  Schon  war 
durch  die  Verordnung  der  Sarsaparille  in  Ver^ 
bindnng  mit  Guajacum^  Borago  u.  s.  w»,  denea 
bald  noch  mehrere  andere  nach  gleichen  Grund- 
sätzen folgten  9  der  erste  Schritt  gethan,  aber 
die  wahre  Wirkungsart  der  Sarsaparille  Irrthn- 
xner  herbeisufBhreo  und  sie  am  Ende  am  allen 
Credit  zu  bringen,  wie  dieses  in  der  That  auch 
geschah ,  so  dafs  es  auch  jetzt  noch  Aerzte 
giebt,  die  ihr  überall  Leine  Heilkräfte  zutraoen, 
aber  man  ging  bald  noch  weiter,  indem  man 
sie  zugleich  mit  Furgirmitteln  verordoeto» 


peramentam  calidios,  non  sine  pefieolo  ßampsnns 
exhibeatar,  escogitatae  sant  a  xnedicis  Tariae  cosipo- 
sitiones,  quibus  contemperetur  medicamenti  Tis:  com- 
pertnm  autem  experientia  est  Sarzaeparillae  teoipera- 
mentum  pauIo  calidius,  ligni  Guajaci  aatem  panlo  aic- 
cioB  esse;  idcirco  ntramqne  commiaceat ,  et  Gaajaci 
•iccitatem  bomectantibus  contemperant :  Sarzaeparillae 
autem  caliditatem  refrigerantibos,  in  bonc  modam: 
assumant:  Sarzaeparillae  Unc  dnaa,  Ligni  Gnajact 
Cnc.  quataor,  Jajubaruni  demtis  ossibas  No.  xvxvj, 
Prunoram  [lassonun  demtia  o«aibns  No.  xxjv,  Flo- 
rum  Violarum,  Floram  Boraginis  aa  Une.  dimidiamy 
Hordei  mundi  pagillum  nnum,  Aqoae  libras  duode- 
ciiB.  Coquuntor  donec  redeant  lil>fae  qnaCuor«  Hains 
deeacti  exbibent  mane  et  Tesperi  andas  decem^  ad- 
dftntes  Syrupi  Tiolati  Unciam  unam.  (Da  plantis  libri 
XVI.  Flgreotiaa  1683,  p.  220.) 


—    57     — 

Von  wem  diese  Neuerang  eigentKch  her- 
lärtf  bebe  ich  bis  jetzt  nicht  mit  Sicberheit 
Msmilteln  können,,  aUein  eo  yiel  iet  gewifi, 
lUb  dies  sa  Anfang  des  17ten  Jahrhunderts 
geiehah.  Man  nannte  diese  Methode«  die  Lust- 
iMche  zu  heilen,  die  Diaeta  sudorißco^cathar-» 
ära;  sie  bestand  wesentlich  in  der  Verbindung 
lud  dem  Gebrauch  der  sogenannten  vier  scbweifs- 
timbeoden  Holzer,  Guajacum,  Sassafras,  Sarsa« 
pifille,  Radix  Chinae  ^)  mit  milderen  pderstär« 
koeo  Laxantien  in  der  Beobachtung  einer  stren« 
gta  Diät. 

Peter  Morelü  giebt  hierüber  nähere  Aus« 
ioaft**^)     Die  Abfübrungsmittel,  welche  er  an-*  • 
(ewendet  wissen   will,  sind;   Senna ,    Polypo« 
dionif  Rheum,    Agaricus   und  mehrere   andere 
jelst  yeraltete.  ***) 

% 

Diese  Methode  hat  sich  nun  bis  auf  unsere 
Tage  ToUkommen  erhalten ;  so  ^nthält  der  noch 


*)  Anflallend  ist  es ,  dafs  in  den  Jüngsten  Zeiten  Sar-* 
irat  den  gedachten  Yegetabilien ,  so  wie  noch  meh- 
reren andern,  alle  achweii'streibenden  Kräfte  ganz  ab-*> 
sprach« 

**)  Diaeta  sadorifero-catbartica  est  decootnm  sndores 
fflOTena  et  per  al? am  simul  eTacoans,  medicornm  ma- 
xime  recentium  inventum  est,  et  ante  paacos  annos 
Tiz  ositatuin,  neque  tarnen  sine  spe  fructns  nberrimi 
excogitatnm;  ciim  huius  o^e  bumorum  partibus  te- 
Buioribus  resolotis  per  sndores ,  reii()aae  crassiores, 
qaae  alias  solent  pertinaciter  restagnare  in  alvo  et 
aliis  partibus,  bac  ratione  simul  ntiiiter  eradicantur 
u.  s.  w.  Am  Ende  setzt  er  noch  hinzu :  Ctilissima 
autem  maxime  omniura  est,  et  usitatissima  in  lue  ve- 
nerea  curanda,  tractanda, 

***)  Methoduf  praescribendi  formulas*  BasiL  1627«  p.  117. 


—     68     — 

immer  beliebte  Trank  tod  Vigaroux  towoU 
Polypodium  als  Ja  läppe,  das  Roob  de  Läfibctenr 
eotbait  Senneablätter  u.  e,  w.  Aach  Tergfeiche 
man,  was  Dr,  Strunze  von  der  Behandlang  der 
Syphilis  ohne  Qaecksilber  io  dem  Charit4-KraiH 
keohause  zvl  Berlin  sagt  (Vereiot^Zeituog  183& 
No,  39),  Aber  diese  Sitte  bat  auch  ihre  ent^ 
schiedenep  Gegner^  unter  denen  man  besonders 
Naumann  nennen  mufs;  er  behauptet  unter  ao« 
dern,  dafs  Alles,  was  die  Ansdüostuog  schwäche, 
mithin  anch  die  Laxantia,  der  Wirkung  der 
Sarsaparilla  als  Antisyphiliticnm  durchaus  hio- 
derlich  sey» 

^.  7»  Vierte  Periode^  Das  Umhängen  m»- 
neralischer,  zumal  metallischer  Stoffe  .in  die  an» 
tisyphilitischen  Dekokte.  Diese  Sitte  ist  spatem 
Ursprungs  und  scheint  keinesweges  auf  irgend 
einer  pharmakologischen  oder  therapeotischea 
Theorie  zu  beruhen,  wie  die  bis  jetxt  beriilir- 
ien  Zusätze,  alle  Umstände  deuten  vielmehr 
darauf  hin,  dafs  sie  nur  ein  Kunstgriff  der  Char« 
latans  war,  um  ihren  Präparaten- den  Anstrich 
Yon  Neuheit  zu  geben  und  ihren  Gewinn  lo 
vermehren.  Darum  mochte  es  auch  gleicbgnl- 
tig  seyn,  welche  unlösliche  Stoffe  man  wäh- 
rend des  Kochens  hineinhing.  Der  Eine  be- 
nutzt dazu  Antimonium  crudum,  ein  Andeier 
Zinnober,  der  Dritte  laufendes  Quecksilbert  der 
Vierte  Mercnrius  dulcis ,  der  Fünfte  Eisenfeile^ 
noch  Andere  Gold,  BimssCeia  u.  s.  w^.  Schon 
dieser  Umstand  hätte  mifstrauisch  machen  soIleD* 

Eines  der  ältesten  Beiü^piele  der  Art  fuhrt 
Horstius  in  seiner  1651  gedruckten  Pharmaco- 
poea  catholica  an;  ein  gewisser  Charlatan,  Na- 
mens Henricus  van  Siran,  besafs   nämlich  als 


—     69     - 

Gebeimmittel  ein   Decoctum  sudorißcum  confra 
luem  veneream\  er  rerkaufte  es  aaf  der  Prank- 
fttrter  Messe,  ^o   er  io  einem  WeiokeUer  ein 
FaCs   roll   davoo   yorräihigp  hatte.     Das   Mittel 
,  machte    damals   grofses  Aufsehen   und  Horstius 
hatte  die  Gewandtheit,  sich  die  Vorschrift  dazu 
ZQ   verschaffen  9   aus  welcher  man   sieht,   dafs 
rinige  Pfund   Eisen    und   Stahlstürke   wahrend 
des  Kochens   der   vegetabilischen  Ingredienzien 
eingehängt  worden.      Denselben   Zusatz   findet 
man  auch   in   dem  Decoctum  sudorificnm  con- 
tra Inem  veneream  M^lii. 

Das  noch  jetzt  sehr  gebräuchliche  EinhHo-i 
geo  wön  Antimoniom  scheint  besonders  durch 
das  Decoctum  Musitani  verbreitet  worden  zu 
sfjTD,     Dieser  Musitanus  soll   in  Neapel  wirk- 

'  lieh  Medicin  ttudirt  haben  und  wufste  sich  auch 
Pnzis  sa  verschaffen^  aliein  er  war  seines  Am- 
tsi  elgentUch  «ein  Priester*  Im  Jahre  1698  gab 
er  eio  Weik  fiber  Syphilis  herauf  ^  was  ich 
leider  nicht  gesehen  habe  und  worin  sich  wahr- 

,     uheiolich  die  primitire  Formel  zu  seinem  De^ 
coct  finden  mag,  das  nach  andern  Angaben  An- 
timonium  nnd  Bimsstein  enthält.     Allein  schon 
der  beriihmte  Astnic    ist    diesen   Einhängsein 
nicht  günstig;    er  führt  die  zu  seiner  Zeit  be- 
liebteste Formel   zur  Bereitung  des  antisyphili- 
tischen Decocts  an,   setzt  aber  bei  dem  Zusatz 
des Antimonium  hinzu;  ^,Si  ita  Tideatur^%  Auch 
gedenkt   er   mit    hartem  Tadel  zweier  Charla- 
tans,    wovon   der   eine   {Calat)   vorgab,    sein 
Dekokt   durch    einen  hineingehängten  Goldkalk 
sehr  wirksam  machen  zu  können,  und  der  an- 
dere (  Vinache )   dasselbe   Von    einem   Antimo- 
nial-Präparale  behauplele« 


—     60    ~ 

I 

Paul  Herrmann  gedenkt  ^)  eioer  Vor- 
schrift, wo  10  das  Dekokt  ein  halbes  Pfund 
Antimoniam  cradom  uod  eben  so  viel  laufendes 
Quecksilber  eingehängt  wird«  Froher  schon 
scheint  man  den  Zinnober  auf  diese  Art  be- 
nutzt zu  haben,  indem  bereits  Horstiiis  eine 
solche  Composilion  mitl heilt,  dagegen  das  Ein- 
hängen des  Mercurius  dulcis  ofiEenbar  eioor  nene« 
ren  Zeit  angehört. 

Es  ist  zwar  bekannt  genngi  dafs  diese  mit 
dem  heutigen  Zustande  der  Pharmakologie  and 
Pharmacie  schwer  zu  yereinigenden  Zuberei- 
tungen ihre  Freunde  und  Yertheidiger  auch  an- 
ter den  neueren  Aerzten  gefunden  haheo,  alleia 
bedenkt  man ,  dafs  es  überall  angewib  ist,  ob 
und  was  von  jenen  metallischen  Präparaten  in 
das  Dekokt  übergehen  kSnne;  bedenkt  man, 
dafs  andere  Compositionen ,  die  diese  EinhSng- 
sel  nicht  enthalten»  eben  so  wirksam  hnfunden 
wurden,  und  vergifst  man  insbesondere  nichti 
dafs  die  Sarsaparille,  lediglich  für  sieb  gebrauchtp 
zu  einer  Zelt  die  Lustseuche  heilte,  wo  diese 
Krankheit  noch  meistens  viel  bartnickiger  tvar, 
als  sie  es  heut  zu  Tage  zu  seyn  pflegt;  ruft 
man  endlich  dem  Gedächtnisse  den  wahren  Ur- 
sprung aller  dieser  Compositionen  snriick^  die 
auf  Grundsätzen  beruhen,  die  man  länget  als 
irrig  Terliefs:  so  mnfs  man  wohl  so  dem 
Schlüsse  kommen,  dafs  Präparate,  wie  das  De« 
coctum  Zittmanni  und  ähnhche,  unsere  gegen- 
wärtigen Zeitalters  unwürdig  sind,  dafs  es  an 
der  Zeit  sey,  sie  zu  yerlassen  und  zu  der  allen 
hippokratiscben  Einfachheit  zuröckzukehreo. 

*)  CynosuraMsteriae  medicse.  Argentorat»  1710-  p*  42» 


-*     61     — 


mm 


HL 

üeber 
die  HeflqaeUen  zu  Meinberg, 

namentlich 

die   dortigen  llineral- Schlammbäder    und    die 
Denen  KinrichUiBgen  zur  Benutzuog  des  kohlen- 

tanren  Gases* 

Von 

Dr.  Gerliard  von  dem  Busch, 

praktiichem  Arzte  zu  Bremen» 


Der  im  Farstenthume  Lippe-Detmold^  1  Meile 
Ton  Detmold  und  3  Meilen  yoq  Pyrmont  bele- 
gene Kurort  Meinberg  stand  in  früheren  Jahren 
wegen  seiner  überaus  grofsen  Wirksamkeit  in 
einem  so  hohen  Rufe^  dals  er  häufig  auch  von 
Kranken  ans  fremden  Ländern  zur  Wiederher- 
stellang  ihrer  Gesundheit  besucht  wurde.  Durch 
die  Zeitrerhältnisse  und  andere  ungünstige  Um- 
stände gerieth  derselbe  leider  fast  ganz  in  Ver- 
gessenheit^ ward  wenigstens  Ton  Kranken  aus 
weiterer  Entfemnng  wenig  benutxt^    obgleich 


—     62     — 

er  TOD    seiner    froheren  WlfisamlMit    nidilil 
eiogebiifst  halte. 

Die  Fürstlich  Lippesche  Regierang  fieb  « 
sich  immer  besonders  angelegen  saja^  doitk 
zweckmäfsige,  auf  die  liberalste  Weise  getrof- 
fene Einrichtungen,  die  HeilsphStce,  wekhi 
Meinherg  darbietet,  zur  Anwendong  geeignet 
zu  machen,  und  so  "wurden  die  Schlaminbädor 
und  die  in  neuerer  Zeit  getroffenen  Binrichtai- 
gen  zur  Benutzung  des  kohlensauren  Gaset  ini 
Leben  gerufen* 

Durch  yerschiedene  Schriften  *)  mä  die 
Aerzte  freilich  wiederholt  auf  diesen  Kurort 
aufmerksam  gemacht  worden,  jedoch  scheint 
es,  als  wenn  sie  denselben  bisher  nicht  so  wür- 
digten, wie  er  es  mit  Recht  Terdient. 

Da  ich  Meinberg  im  Sommer  1836  Mar 
Kur  besuchte,  so  habe  ich  mich  während  eioM 

*)  J.  ß.  Trampd,  Besohreibang  der  Bf  elnbei|«  Iflee* 

ralqaellen.  177S.  —  J.  E.  F.  Scherfy  Brieib  ibec  die 

Gesandhdtswasser  zu  Meinberg.  1794.  — —  Pm  F,  QiiU^ 

haus,  Bemerkungen  über  die  Mioeralqnellen 

berg.  1820.    In  dieser  Schrift  wird  al»ar  ^  4srtiges 

Schlammbäder  besonders  gehandelt   ^   JL  Bnmin, 

die    Mineralquellen    und    SchwefelsohlanrnbUBT   SU 

Mdnberg,  nebst  Betragen  snr  KmelaUs'  dsr  Ts|Sla- 

tion  und  der  klimatischeir  und  minerslogiseb-fpQgM** 

•tischen  Beschaffenheit  des  Furstenthams  Iiims*  .1831» 

Ein  voluminöses  Werk ,  das  nicht  allein  iar  dea  Aa^ 

sondern  besonders  tnr  den  Chemiker  Qnd 

Ton  Interesse  ist    — -    K,  Piderii,  die 

Gasquellen  zu  Meinberg ,  deren  medidaisohe 

zung  und  Wirksamkeit.  1836.     Bine  höchst 

»ante  nnd  lehrreiche  Schrift,  die  sehr  sosföhHidl  wkß$ 

die  in  Mdnberg  in  den  letzten  Jahren  fsftpoffaess 

Einrichtungen  zur  Benutzung  des  Itohlennneni  6e* 

ses  und  der  Wirksamkeit  desselbee  hsmdalt     (YmI 

Jon»,  d.  pr.  B.  £d,  LXXXUk«!^  4  & Uft>   . . . . 


_     63     — 

rbrTrÖchenllichen  AurenthallB  d«MH»t'TOa  dta 
naocherlei  HeiUchätzeo,  die  e»  darbittot,  aoA 
Jen  überaus  zwedLinnfsigen  ElarichtiiDgen  mat 
^enulzuQg  derselben  hiorsichend  üban«U|(,  ood 
nüchle  durch  nachfulguade  MitlhailsaiSB  aaf 
Jiesen  leider,  aber  g.ewih  mit  groCiam  Unnchl, 
tu  sehr  Ternacbläuiglea  Karott  TOS  Nnsm 
lufmerktatn  machen  und  ihn  xiir  ttuntsaDg 
unpfebleo. 

XtbAerg  Todltat  anHre  Aofmn'kMmkfljt 
iMMvden  wagsn  mimf  SchufftUohlmmmbadtr 
■mI  <iagM  MiflM  ihtraua  gro/Mtn  Rtiohihitm» 
■n,  dnn  Seboobe  der  Eide  enlströmeodeB,  kok^ 


pie  lÜBanL-  Sehlemmbädor  ui  ,lldnberg 
und  blchi  ■■••cell  Urspniogt.  Sie  wiüden  »«cb 
Schtiff  X|b4*  Mf  Betrieb  dea  Dr.  GtUhm» 
oingericbteL;  scboit  im  Jnbre  1820  wurden,  Mi- 
DMnül-ScU^qiiBbüdei  in  Heioberg  gegeben.  Ab- 
im  |<Mfe .  d«r  Zeit  die  grorie  VFirkHinkeit 
bmelbea  aicb  immer  mshr  beatäligtsj  ,wnr- 
d«n'  «n  den  beiden  grobes  Logirbäiueni  Ao- 
bant^n  «jargefSlut ,  die  geganiröriig  gröJe- 
Ifvtffffi^  aUeia  xa  dieaen  Badera  benntxl 
vrerdm.  Vtv  cn  diesen  benntite  BUnaml- 
ScUanuiL  ftodet  aicb  gans  in  dar'Nübn.Uein- 
bcrge  auf  einet  groben  Wiese,  den  aoge- 
Bnntiten  Btook,  woaelbat.  et  eine  weiche,  torf- 
Bbnlicbe  phaae  bildet.  Denelbe  ist  in  äberens 
poikar  Hange  rorbanden ,  und  in  neuerer  Zeit 
Vt  rä.ao  bedeutenden  Üineral- SchlammUger 
ia  dar  Rabe  der  Schwefelquelle  entdeckt,  daJ« 
Hvaberg  fQr  die  Folge  binreicbend  damit  rar-, 
Hrgt  »I.  MTs  acheint.  Aaf  der  .Wiese  »elbst 
Vnd  der  Uueral-Scblamm  von  tUea  gröberen 
TbiiUp  «QVifiiltic  -ganinigt  nitd  dum   täglich 


~     61     — 

io  die  bei  den  Badehäasern  befiodlichen  Reser- 
Toire  gefahren.  Aus  diesen  "wieder  in  aafRot 
len  stehende  und  mit  Nummern  rersehena  Ka; 
Bten  gefüllt,  von  denen  jeder  Badende  fSr  die 
Zeit  der  Kur  seine  eigene  Nammer  behilt  la 
diesem  Kasten  wird  der  Mineral-Schlammi  oon 
jeden  Morgen  in  einem  sehr  geräamigen  Locale 
durch  Schwefelwasserdämpfe,  unter  sorgsamem 
Umrühren,  bis  zur  Temperatur  yon  28  —  SO.GiC 
R.  erhitzt.  So  wie'  der  Badeode  in  die  Bad- 
atube  tritt  y  wird  der  Kasten  aus  der  Erwäi- 
mungsanstalt  in  den  zu  seiner  Aufoahipe  be* 
Btimmten  Baum  im  Fufsboden  des  Zimmerf 
geschoben  und  dann  mit  einem  festschlieJseDdea 
Rahmen,  der  an  den  Seiten  mit  Leder  gepol- 
stert und  mit  den  nöthigen  Handhaben  und  Trit- 
ten Tersehen  ist,  geschlossen.  So  wi*  der  Ba- 
dende die  Badstube  yerläfst,  "Wird  der  Kasten 
heraufgezogen  y  mit  einem  Deckel  Yerschlossen 
und  bis  zum  folgenden  Tage  bei  Seite  gesetit. 
Die  Einrichtung,  dafs  der  Schlamm  in  traosp^ 
table  Kasten  gefüllt  und  in  einem  besondisreo 
Räume  erhitzt  wird,  scheint  mir,  besonden 
sweckmäfsig  und  verdient  gewifs  Tor  der,  ai 
anderen  Kurörtern  üblichen  Einrichtung',  nach 
\7elcher  der  Mineral- Schlamm  in"  feststehende 
Wannen  gefüllt  und  in  den  Badstoben  selbst 
erhitzt  wird,  den  Vorzug.  In  manchen  aoIcheB 
an  und  für  sich  schon  kleinen  Badstuben  findet 
man  4  bis  5  mit  Mineral  -  Schlamm  gefüllte 
Wannen,  die,  wenn  der  Mineral- Scblanun  in 
ihnen  erhitzt  ist,  einen  Dunst  im  Zimmer  ver- 
breiten, der  den  Badenden  höchst  lästig  wird 
und  für  Manchen  gewifs  nicht  zuträglich  aeyn 
kann.  Es  liefse  sich  vielleicht  gegen  die  io 
Meinberg  getroffene  Einrichtung  der  Einwarf 
machen  y  daA  bei  nicht  durchaus  featechlieftea* 


—     C5     — 

\A«m  Babman  am  den  Badekasten,  dav  Badende 
dnrch  die  ans  der  Erwärinungsanstalt  eindrin- 
gende Luft  sieb  im  Bade  erkälten  Trird;   allein 
icb  kann  Teraichern,  dafr  ich  niemaU  im  Bade 
irgend  eine  Spor  von  Zoglaft  empfunden,  noch 
Ton  andern  Badenden  irgend  eine  Klage  Gber 
aolche  gebort  habe.     Sehr  empfehlen  »ich  die 
sn  den  Schlammbädern  in  Meinberg  bestimmten 
Zimmer  darch  ihre  Gröfse  und  Hohe,  die  Laft 
in  denselben  ist  dabei  möglichst  rein.     In   der 
Begel  gebraacbt  der  Badende  den  einmal  ge- 
lallten  Kastea   fSnf ,  seltener  sieben  Mal  snm 
Baden,  -dann  ^rird  neuer  Mineral-Schlamm  ein« 
gefiillL     Da  in  Meinberg  ein  grofser  UeberflnCi 
an  Mineral -Schlamm  ist,  so  fvird  der  einmal 
gebraacbte    den  Landleuten    sofort    iiberliefert| 
die  ihn  som  Dangen  benutzen,  nicht  aber,  wie 
an  andern,  an  Mineral-Schlamm  minder  reiche- 
ren Kurortern,  in  besondern  Reservoirs  aufge- 
hoben,  um   ihn   nach  Jahr  und  Tag  nochmals 
benutzen   so  kSnnen,     Ob  ein  solches  Aufbe- 
wahren des  einmal  gebrauchten  Schlamms  und 
spätere  Wiederbeoutzung    desselben   überhaupt 
xweckmäfsig  sey,   kann  ich   nicht  bestimmen; 
indessen  scheint  es  mir,  dafs  ein  solcher  Mine- 
ral-Schlamm, wenn  er  auch  eine  geraume  Zeit, 
wie  dieses  üblich  ist,  mit  Schwefelwasser  über- 
gössen steht,  unmöglich  die  Wirkung  mehr  ha- 
ben  kann,    als  der  frisch   gegrabene,   da   die- 
ser  noihwendig   an   flüchtigen   wirksamen   Be- 
standtheilen   reicher  seyn  mufs,   als  jener,  der 
durch  frühere  öftere  Erhitzungen  bereits   seiner 
flüchtigen  Bestandtbeile   beraubt,  letztere  durch 
Uebergiefsen     mit    Schwefelwasser    schwerlich 
wieder  erbalten  dürfte*    —   Der  Meioberger  M. 
Schlamm   hat    manches    EigenthSmliche ,    wo- 
durch er   sich    namentlich    ron    dem  Eilsener 
Joum.  LXXXJV.  B.2.8U  E 


-     66     -^ 

Schlamm  antencheldet.  Er  ist  weit  dünner  ab 
dieser^  tod  bräuolic her  Farbe,  and  eothält  nach 
Brandts  (a,  a.  O.)  Untersuch angen  keinen  freiei 
Schwefel  und  nur  Spuren  von  Hydrothiontaare, 
ist  dagegen  überaus  reich  an  schwefelsaorei 
Salzen,  namentlich  an  schwefelsaurem  Kalk, 
Natron  und  Kali,  so  wie  an  kohlenaaarea  Sal- 
sen,  besonders  an  kohlensaurer  Kalk,-  und  Talk- 
erde, so  dafs  die  DI.  Schlammbäder  nach  Brwh 
des  mit  Recht  zu  den  salinischen  Schwefel- 
Schlammbädern  zu  zählen  sind,  wie  ans  der 
achon  erwähnten  Schrift  Ton  Brande»  hemw- 
gebt,  in  welcher  sich  eine  sehr  iatereaaante  nad 
gründliche  Vergleichung  des  M«. Schlamms  too 
Bfeinberg,  Elisen^  Driburg  und  Fiestel  bandet. 
Der  Meinberger  U.  Schlamm  entwickelt. nach 
mehrmaligem  Gebrauche  immer  mehr  Schwe- 
felwasserstoff, welcher  sich  durch  den  stärken 
Geruch  zu  erkennen  giebt«  Diese  Entwickehog 
scheint  beim  3ten  und  4ten  Bade  am  stärkitcii 
isEU  seyn«  Brandes  erklärt  diese  Tbatsache  da- 
durchj  dafs  eine  Zersetzung  der  schwefelsanreo 
Salze  durch  Einwirkung  der  organiachea  Be- 
standtheile  und  unter  dein  Einflüsse  der  Wänns 
erfolge,  indem  sich  aus  den  Sulphaten  Sdlphü- 
ren  bildeten,  und  dafs  aus  diesen  i  wahrselieiB- 
lich  unter  Begünstigung  der  Hnmussäore,  •  der 
Schwefelwasserstoff  sich  in  steigender  Menge 
ausscheide.  Nach  den  Untersuchungen  .dieses 
Chemikers  enthielt  ein  Pfund  des  einmal  er- 
hitzten Meinberger  SL  Schlamms  4614  Grao 
Scbwefelnatrium,  ein  Pfund  aber  aae  einem 
Bade,  das  fünfmal  erhitzt  worden  war,  enthielt 
15,082  Gran.  Wenn  fiian  die  Analyse  des  Mein- 
berger M.  Schlamms  Ton  Brandes  mit  der  Ana- 
lyse des  Eilsener  Schlamms  von  du  Menü  rtr- 
gleichti  so  ergiebt  sich  eine  grofse  VeiechiedeB- 


—      «7      — 

beit  iD  dem  Gebalte  ihrer  Bettandtheile,  da- 
her aatih  beide  in  ihrer  Wirkaog  verschieden 
•ind.  Die  Meiobi  BI.  Schlammbäder  scheinen  io 
ihren  Wirktingeö  milder  zu  sejn^  werden  bes- 
ser ireiirAgetoy  als  die  an  substanäellem  Schwe- 
fel reicheren  M*  Schlammbäder^  und  die  Mein-» 
berger  Aerste  schreiben  diesen  Umstand  beson- 
dert dem  grofserett  Gebalte  an  Salzeik  fea^^Sie 
dürften  sich  daher  besser  fdr  Personen ,  die  an 
Congestioaeiiy  besonders  nach  edleren  Org<^nen 
leiden,  so  wie  fat  mehr  reizbare  IndiTidaen 
eignen  als  jene,  welche  für  solche  Kranke  oft 
tu  erhitzend  und  anfregend  zu  wirken  scheinen. 
Beim  Gebrauche  der  Meinberger  dchlammbflder 
tottteht  oft  Trägheit  des  Stuhlgangs  oder  Ytus- 
atopfnug,  die  Urinsecretion  wird  dagegen  Yer- 
-itlenrt;  aU^  das  Hantorgan  wirken  sie  sehr  er- 
regend ^  Teranlassen  häufig  den  sogenannten 
fiadefrietkefy  tnweileil  sehr  ptofusd^  säuerlich 
riechende,  kritische  Scb weifsei  wie  ich  in  eini- 
gen Fällen  selbst  beobachtete*  Während  des 
Schlammbades  wird  der  Puls  rollet,  jedoch  nicht 
Ireqnenter »  wie  dieses  beim  Gebraothe  der 
Schlammbäder  in  Nenndorf  ^)  immef  def  Fall 
eejril  scdli  Die  dortigen  Aerzte  tersicbeHeb  in- 
dessen, dafs  der  Puls  bei  einigen  Personen  al- 
lerdings ftequentet,  bei  andern  aber  anch  lang- 
samer wurde.  Ferner  entsteht  ein  Prickeln  Und 
Jucken  in  jäei  Haut,  ein  angenehmes  Gefühl 
ToH  Warme,  die  Haut  wird  geröthet,  die  Haut- 
wärtfcheil  geräthen  in  Turgescen^  Und  bald 
bricht  ein  reichlicher  Schweifs,  besonders  am 
Kopfe,  aus«  Nach  dem  Bade  wird  in  der  Regel 

*)  Die  Schwefeiwasserqaellen  za  Nenndorf,  cbemisrh- 
^jfikfllitCh  and  meHicinisch  dargestellt,  Toa  Dr^  U. 
tCaitm  and  Dr.  F.  Wöhler,  183^.  p.  139. 

E  2 


•     —     68     — 

•id  stärket  Drang  com  Urinlassen  TerspSrt  ui 
Tial  Urio  ausgeleert,  et  entsteht  ein  Gefahl  ^m 
Erraattang  und  Abspannung  und  grobe  NeigOBf 
xum  Schlaf.  Der  bereits  im  Bade  aoagebro- 
chene  Schweifs  wird  reichlicher,  nnd  hält  Im 
gehöriger  Abwartung  eine  Stande  lind  oft  noch 
länger  an,  worauf  sich  dann  das  Gefühl  fos 
Ermattung  rerliert,  «^  Die  Krankheiten,  gegss 
welche  die  Meinbjerger  Schlammbäder  aich  heL 
sam  erweisen,  sind  dieselben,  gegen  welche  a» 
dere  Schlammbäder  mit  Nutien  gebraucht  ws^ 
den*  Da  es  sich  aber  wohl  mit  Recht  annel^ 
men  läfst,  dafs  der  Schlamm,  dessen  Bestaad- 
theile  nicht  überall  dieselben  siadf  nicht  fibersil, 
gleiche  Wirkungen  haben  wird,  so  wäre  es  an 
wünscbeo»  daüs  genau  angestdlte  BeohnehbiBp 
gen  uns  lehren  mochten,  in  wiefern  die  SrhlaiuMr 
bäder  zu  Meinberg  den  Schlammbädern  andenc 
Kurorter  Torzuziehen  oder  denselben  neffhi» 
setzen  sind* 

Die  überaus  grofse.  Menge  Ton  Aoftlcniee- 
rem  Gas^f  die  zu  Meinberg  ausströmt,  verdieat 
Torzüglich  die  Beachtung  der  Aerste  und  Na* 
turfprscher.  Hufeland  *)  machte  anf  dj^sei 
Reichthum  an  kohlensaurem  Gase  bereits  autr 
merksam,  und  äufserte  den  Wunsch,  datt,  df^ 
selbe  in  Meinberg  gehörig  benutzt  weriea 
mochte*  Dieser  Wunsch  ist  nun  seit  einigsn 
Jahren  in  Erfüllung  gegangen,  da  die  FfintKch 
Lippesche  Regierung  keine  Kosten  gescheut  l|Bt| 
um  Einrichtungen  mannigfacher  Art  zur  B^ 
Dutzuog  dieses  Gasreichthums  zu  treffen*  lieber 
diese  Einrichtungen  bat  der  um  Meinbeff  äehr 


")  Deberfticht  der  Torziiglichiten  HeÜqoeDee  ' 
Uods.  3(»  AntU  S.  107. 


—     69     — , 

YerdienUi  Herr  Hofralh  Piderii  in  seiner  schon 
erwähnten  Scbrifl  aasfiihrliche  Nachricht  ge- 
geben. 

Dia  Ausströmung  des  kohlensauren  Gases 
erfolgt  aus  dem  sogenannten  Alt-  ondNeubrun- 
nen^  und  ist  so  reichhaltig^  dafsiiach  eiuer  ge- 
oaa  angestellten  Berechnung  in  der  Minute  20 
Cub.  Fnfs,  iq  der  Stunde  1200  Cub.  Fufs  und 
in  24  Stunden  28800  Cub.  Fufs  Gas  ausströ- 
men. Der  sogenannte  Polterbrunnen  fu  Fran- 
zensbad  kann  in  Hinsicht  dieset  reichhaltigen 
Gasausstromung  einigermafsen  mitBürinberg  ver- 
giicben  werden,  alle  andere  bekannten  HeilqueU 
Tan  halten  aber  eine  solche  Vergleichuog  nicht, 
ans«  Aber  auch  der  Polterbrunnen  steht  in 
Hinsicht  des  Gasreicbtbums  Meinberg  bei  wei** 
fem  nach  9  denn  nach  der  Angabe  von  Osann 
und  Tromm^dorj^strömen  daselbst  in  der  Minuta 
nur  4|  and  in  24  Stunden  nur  5760  Cub.  Fufs 
Gas,  also  23,040  Cub.  Fufs  weniger  als  in 
Uieinberg  aus.  Auch  die  Heftigkeit,  mit  der 
das  Gas  cu  Meinberg  dem  SchooCse  der  Erda 
entströmt,  iBt  überaus  grofs*  AI»  im  Jahre  1801 
Bohrrarsuche  zur  Auffindung  einer  reichhaltig  ^ 
garen  Mineralquelle  gemacht  wurden,  denen  der 
fatciga  Neubrunnen  sein  Entstehen  yerdankt, 
entstand,  als  der  Bohrer  bis  zu  45  Fufs  Tiefe 
gedrungen  war,  plötzlich  unter  einem  donner« 
ähnlichen  Getöse  eine  furchtbare  Explosion  von 
Wasser  und  Gas.  Der  ganze  Brunnenplatz 
ward  so  mit  Gas  angefüllt,  dafs  ein  Arbeitec 
betanbt  hinstürzte,  die  übrigen  flüchten  mufsten ; 
Faustgrofse  Steine  wurden  in  die  Luft  geschlen« 
dert,  und  der  hervorbrechende  Wasserstrahl 
hatte,  vom  Grunde  des  Bohrlochs  an  gerechnet, 
«ioe  H8ba  ton  72  Fnis.  Nur  nach  yieiar  Mühe 


-    70    - 

gelang  es,  ein  hBkernes  Rohr  io  das  Bohrlodt 
eiof  qlpsseD,  worauf  die  Heftigkeit  der  WasHN 
ausströmupg  qachliefs.  Das  Gas  drang  ajNi 
nach  wie  vor  mit  splcl^er  Heftigkeit  her?prp 
dafs  es  fortwährend  den  gaosi^Q  Br||Daeii{ilatf 
aofUUte  und  die  Bewobaer  der  ao  demselbeo  bet 
legeneo  WoboMDgeo  durch  dasselbe  sehr  hell 
stigt  wurdeoj  weshalb  der  Brunoen  bedeckt^ 
und  sein  Gasreichthum  gegenwärlig  in  den 
Badebause  benuUt  wird.  Wenn  man  das  Gu 
durch  ein  Gasrohr  ausströmen  ]Hfst|  so  bemerkt, 
man  den  Strom  noch  deutlich  auf  2Q  Fnls 
Weite,  und  er  ist  noch  so  stark,  dab  er  auf 
16  Fufs  Weite  ein  l<icbt  aussublasen  rermag^ 
Durch  Seitenleilqngen  in  das  ungefähr  100  Fub 
entfernte  Badehaus  geführt,  und  durch  eigjM. 
Ton  diesem  abgebende  und  mit  fpineo  Oeffnua* 
gen  yersebene  ßöbren  in  die  Padewannen  gelei« 
tetji  überwindet  das  aqs  diesen  Oeffnnngen  her- 
Torströmepde  Gas  den  nicht  qnbedeutenden  Druck 
des  in  den  Wannen  befindlichen  Wassers,  nnd 
darchströmt  mehrere  gleichseitig  leum  Gehraqdi 
benutste  Bäder  iq  gleicher  Menge,  •«-*  ein  sprs« 
chender  Beweis  von  der  Heftigkeit  und  fieich- 
haliigkeii ,  mit  der  das  Gas  aus  der  Erde  dangt 

Die  chemische  Untersuchung  bat  ergaben, 
dafs  das  üleinberger  Gaa  reines  koblensanres 
Gas,  mit  höchstens  t  Procent  atmosphärischer 
Luft  gemischt^  aber  sonst  keine  Spur  Toq  3cbwe« 
fei  -  Wasserstoffgas  enthält,  |n  den  oberen 
Dnnstschichten  des  Altbrqnnens  ist  indessen  ein 
gröfserer  Gehalt  yoq  atiuospbäriscber  Lqft  Tor? 
banden.  Die  Temperatur  des  Gases  ist  yu  ak 
len  Jahreszeiten  dieselbe,  nämlich  7^  R, 

Die  Einrichtungen  sqr  medicinitcben  Ad« 
wendupg  des  Gas^s,  welche  beinah  sämmtlicb 
neueren  (Jrsprqngs  »iod  j  bestebeq  io  folgeqdea; 


—     71     — 

1«    DU   sogenannten    Sprudelbäder.     Efa« 
holsemo  oder  steinerDe    Waooe,  angafSbr  ei» 
D«n    halben   Fufs    hoch   über    deo  Boden  dee 
Kimmen   berTorrageod   und  mit  Tritten  cum 
Biniteigen   TerseheOf   hat  einen  doppeUen  Bq« 
deoj   Ton  denen    der  obere  von  Hole   und  an 
rielen  Stellen  durchbohrt,  der  notere  aber  Ton 
Stein  ist*    Zwischen  diesen  beiden  Boden  liegt 
ein   kupfernes  y    spiralförmig   gewundenes,  mit 
vielen     kleinen    Löchern    rersehenes    Gasrohr. 
Dasselbe  geht  an  der  Seite  der  Wanne  hinab,  \ 
ist  durch  einen  Hahn  yerscbliefsbar ,   and  sieht 
mit   einer    der    Leitungsrohren,    durch  welche 
dae  Gas  aus  den  beiden  Brunnen  in  das  Bade* 
haus  geführt  wird,  in  Verbindung,     Die  Wanne 
wird     auf   gewöhnliche    Weise    entweder    mit 
Meinberger  M«  wasser,  oder  mit  dem  SaUwas» 
ser   aus  der  Quelle  von  Schieder  gefüllt«     So 
wie    der  Badende  in   das  Bad  tritt,   öffnet  er 
den   Hahn   des  Bohrs,    worauf  das   Gas  unter 
einem  stark  polternden  Geräusche  aus  den  Oeff- 
Dungen  des  zwischen  den  Böden  liegenden  Rohrs 
und  dem  durchlöcherten  oberen  Boden  heryor- 
dringt,    und   auf  die   Oberfläche   des  Wassere 
unsählige  Bläschen  wirft.     Ein  solches  sprudeln- 
des Bad  bat  die  gröfste  Aehulichkeit  mit  einem 
Gefäfse  mit  Wasser,   das   zu   kochen   anfängt« 
Ein  Theil'des  Gases  wird  vom  Wasser  aufge- 
nommen,  ein  anderer  legt  sich  iri  Gestalt  fei- 
ner Bläscbsn,  besonders  wenn  der  Badende  ru- 
hig sitzt,   am  Körper  desselben  an,    oder  aber 
zerplatzt    in    Bläschen    auf   der    Oberfläche  des 
Wassers,   und  bildet,  wenn   das  Gas  eine  län- 
gere Zeit  durch  das  Wasser  geströmt  ist,    eine 
deutlich  wahrzunehmende  Schicht  auf  der  Ober- 
fläche desselben.     Es    dringt  sich  hierbei  nolh- 
wendig  die  Frage  auf,  ob  diese  Gasschicht  dem 


—     72.    — 

Badeadeo^  äer  8ich  mit  dtm  KopCa  dicht  ihm 
denelbeo  befindet^  nicht  sachthttlig  werdat 
könne?  Ich  aelbtt  legta  diaai  Fraga  dan  Hai»- 
berger  Bronneoörzten  vor,,  nachdaai  mir  da 
Predigetr  arzäblt  hatte,  dab  ihm  ini  Sprodalbada 
sehr  unwohl  geworden  aej.  Später  habe  idi 
mich  indefa  beim  eignen  Gebrancha  daa  SpA- 
delbadea  und  durch  Befragung  vieler  Badagaita 
überzeugt^  dafa  diese  Gasachicht  keine  iiblan  Za- 
falie  erregen  kann  ,  wenn  man  nämlich  im  Bade 
Yortichtig  und  nach  Vorschrifl  Teifiihrt.'  Dar 
Prediger  hatte,  wie  er  hinterher  aelhat  einge- 
atand ,  des  Guten  zu  viel  gethan,  und  .dnivier* 
tel  Stunden  lang  das  Gasrohr  bei  mhigam  Silzaa 
im  Bade  offen ,  und  das  Gaa  dnrchatrSman  ga* 
lassen.  Dafs  sich  bei  einem  so  widarainnigaa 
Verfahren  eine  sehr  bedeutende  Gasachicht  aaf 
dam  Wasser  ansammeln  mubta^  dio  dam  ra- 
hig Sitzenden  den  Kopf  einnahm  ond  dia  Ba» 
apiration  beengte ,  läJat  sich  leicht  bagreifaD. 

Da  die  Wannen  hoher  als  dar  Fafabodea 
und  die  Wasserfläche  sind,  auf  welche  daa  Gas 
seiner  Schwere  wegen  niedersinkt,  ao  ragt  dai 
Kopf  des  Badenden  an  und  für  sich  hedaatead 
über  den  Rand  der  Wanne  herror,  ao  dab.dia 
G.asschicht  dem  Badenden  nicht  leicht  lästig  fsl- 
len  kann.  Findet  er  sich  dennoch  durch  die- 
selbe belästigt^  so  kann  er,  ohne  Gefshr  der 
Erkältung^  die  Schultern  aua  dem  Bade  her- 
vorheben ,  und  wird,  da  dieselben  mit  dar  Gas- 
schiebt  in  Berührung  bleiben,  keine  Kälte  var* 
spüren.  Für  Personen  kleiner  Statur  sind  Saa* 
sei  vorhanden «  die  in  das  Bad  gestellt  werdeOf 
auch  bedienen  sich  die  Badenden  wohl  einea 
blätterreicben  Strauchs,  mit  dem  sie  die  Gas- 
scbicht  wegfächeln»     Niemala  wird  aich  aber 


—    78     — 

Ai%  Gas  in  to  bedeutender  Menge  aiif  dem 
Wnuer  antammeln  können,  daft  es  gefahrli- 
che Folgen  herbeiführte  I  wenn  der  Badeode 
Dor  die  Yonchrifty  den  Hahn  de»  Rohrs  mit- 
unter m  schlieben,  befolgt.  In  jedes  BaJ 
strömt  bei  Nrollig  geöffnetem  Hahne  ungefähr 
1^  Cub.  Fafs  Gas  in  der  Mioute,  ein  überaus 
grober  Reichthum  dieser  Bäder  an  kohlensau- 
rem Gase,  wodurch  sie  sich  vor  allen  bekann- 
ten Bädern  der  Art  auszeichnen.  —  Bei  eini- 
gen der  zu  den  Sprudelbädern  bestimmten  Wan- 
nen findet  man  Gasdouchen ,  um  den  Gasstrom 
auf  eincelno  Theile  des  Körpers  zu  leiten.  Die- 
selben bestehen  ans  einem  beweglichen  Schlauch 
von  dicht  geflochtenem  Garn,  der  an  das  Gas- 
rohr, ehe  OS  in  die  Tiefe  der  Waone  hina)«- 
steigt,  angebracht  ist,  und  an  dessen  Ende  sich 
eine  hörnerne  Spitze,  die  abgescbroben  werden 
kanny  befindet  An  diesen  Schläuchen  ist  das 
Orlaterial,  ans  dem  sie  angefertigt  sind,  zu  ta- 
deln. Sie  werden  bei  öfterer  Befeuchtung  und 
wiederholtem  Trockeowerden  am  Ende  hart, 
onbiegsam,  nnd  lassen  sich  dann  nicht  gut  hand- 
haben. Schläuche  von  elastischem  Gummi 
wären  wohl  zvieckmäbiger. 

2.  Das  Gasdampjbadf  in  der  Absicht  ein- 
gerichtet, um  Wasserdämpfe  nnd  Gas  auf  den 
ganzen  Körper,  mit  Ausnahme  des  Kopfs,  ein- 
wirken lassen  zu  können,  da  die  Erfahrung 
gelehrt  bat,  dafs  bei  trockner,  untbätiger  Haut 
die  Anwendung  von  Wasserdämpfen  die  Auf- 
nahme und  Wirksamkeit  des  Gases  uugemein 
erhöht.  Der  Apparat  zu  diesem  Gaadampf- 
bade  besteht  aus  einem  gut  geformten ,  hölzer- 
nen, möglichst  luftdichten  Kasten,  in  welchem 
ein  Sitzbrett  von  veränderlicher  Höhe  so  aoge- 


—    7i:  — -    .. 

Dracbt  iftt|  dar«  der  Kopf  des  Baden'deo  danh' 
eineo  Ausschnitt  im  Deckbrette*  desselbeD  heiw' 
vorragt.  Aö  diesem  AQsschoitt  befindet  sieh 
ein  Leder,  welches  dicht  um  den  Hals  anliegt| 
und  das  AqsslrBmen  des  Gases  yerfaiiidert.  Der 
Kasten  hat  eioen  doppelten  Boden,  too  denen 
der  obere  d(irchlÖ<'hert  ist«  Zwiscbeq  diese» 
Boden  liegt  ein  Dampfrohr ,  inittelat  dessen 
der  Kasten  schnell  mitDäinpfen  angefüIU  ^ird* 
Das  Gasrohr  öiTnet  sich  ^Fufs  über  dem  ober«' 
sten  Boden  im  ionern  Räumendes  Kastens,  und 
beide  Röhrep  sind  aufserhalb  durch  Hähno  ver- 
«chliefsbar;  Die  vordere  ]Bek|eidung  des  Ka- 
stens dient  als  Thür  nnd  T^ird  geschlossen^  so« 
bald  sich  der  Badende  niedergesetzt  and  sein 
K<'pf  durch  den  Ausschnitt  iq  dem  Deckel 
ausgeschlossen  ist.  Wenn  männliche  Kranke 
das  Gasdampfbad  gebrauchen,  so  ist  immec  der 
Bademeister,  bei  Tveibtichep  Kranken  eine  Ba- 
defrau gegenwärtig,  yondeneQ  das  Dampf« 
robr  und  dann  das  Gasrohr  geoffaet,  Uttd-sodei 
Kasten  gleichveifig  oder  wechselsweue  niijt 
Wasserdampf  und  Gas  angefüllt  wird,  Für  den 
Uogewobntea  hat  dieses  Einsperren  in  den-  KaN 
sten,  in  welchem  er  sich  selbst  nicht  belfeif 
kanP)  etwas  Peinliches,  was  sich  aber  baldiger- 
liert,  wenn  er  mit  der  Wirkung  nn^  eCwas 
Tertraoter  wird^  und  sich  durch  die  gegenwär- 
tige Bedienung  picht  yerlassen  fühUt 

Dieses  Gasdampfbad  scheint  vor  den  durch 
das  Kochen  von  Säuerlingen  an  einigep  Knr- 
Srtern  eingerichteten  Gasdampfbädern  den  Vor- 
zug zu  haben,  daf§  bei  dem  Gasdampfbade  in 
IVJeinher^  Gas  und  Wasserdampf  nicht;  wie 
dietf9   bei    deq    Gasdampf hadern ,   die    durch 


-     75     - 

Kocfaeo  TOD  Säuerlingen  bereitet  werden,  der 
Fall  üt,  an  eine  oder,  gebunden  sind,  und  man 
daber  nacb  Belieben  bald  d«s  eine,  bald  das 
andere  Agent  einwirken  lassen  kann,  und  dafs 
das  Meinbergier  Gasdampfbad  durch  seinen  rei- 
chern Gasgebalt  ^eit  kralliger  wirkt, 

3.  Das  sogenannte  trockne  Gasbad i  die 
älteste  Art  der  Anwendung  des  kohlensauren 
Gases  ?u  Meinberg,  besteht  darin,  dafs  sich 
der  Kranke  den  Ausdünstungen  der  Gntquelle 
des  Altbrunnens  aussetzt,  AJan  steht  Entweder 
auf  dem  Fufsboden  der  Brunnenbäder,  oder 
setzt  sich  aqf  die  um  die  Quelle  terrassenfor-r 
mig  angebrachten  Bänke.  Das  Gas  afficirt  hiev 
seiner  Schwere  wegen  besonders  die  unteren 
Tbeile  des  Korpers,  daher  hier  Vorsicht  niWhii; 
ist ;  denn  wenn  man  sich  zu  weit  in  die  Tiefe 
wagen  oder  gar  auf  den  Boden  -  niederbücken 
wollte,  SQ  könnten  leirht  die  gefährlichslen  Zu^ 
fälle,  ja  der  augenblickliche  Tod  erfolgen.  Der 
Stand  des  Gases  ist  in  dem  Brunnenbade  nicht 
immer  derselbe;  am  Morgen  und  Abend  ist  er 
gewohnlich  höh^r  als  um  Blidag,  eben  so  soll 
er  bei  Gewitterluft  mitunter  über  die  gewöhn- 
lichen Sitze  emporsteigen,  Dnher  ist  der  Alt- 
brunnen  unter  heslöndige  Aufsicht  eines  War-* 
ters  gestellt,  und  nur  zu  gewissen  Stunden  des 
Tages  zur  Benutzung  geöi^^net.  Gewöhnlich 
findet  man  in  diesen  S(ündeo  eioe  grufse  Menge 
Yon  Landleuteju  nn  diescfn  Orte  versninmelt, 
die  von  deu  Ausströmungen  des  Gases  die  Wie- 
derkehr ihrer  Gesundheit  hoil'cu.  Wer  dieseq 
Baum  nicht  besuchen  will,  kann  das  trockne 
Gasbad  in  dem  zum  Gasdampl'bade  bestiininten 
Apparat,  oder  dadurch  erhallen ;,  dafs  er  svcb  ia 


—     76     — 

eine  sam  Sprndelbade  dlenencle  was«erleen 
WaoDe  %eM,  and  das  bei  derselben  befindliche 
Gairohr  ofFoet. 

4  Qod  5.  Die  Gasdouche  nnd  Gasdampf" 
doüche  sind  in  dem  Zimmer,  in  welchem  das 
GasJampfbad  sich  befindet.  Jene  besteht  ans 
einem  ledernen ,  mit  dem  Gasrohre  in  Yerbio« 
düng  stehenden  Schlauche,  mit  einer  messioge-' 
nen  Spitze  und  einem  Terschllefsbaren  Hahn« 
Daneben  befindet  sich  ein  eben  so  construirles 
Rohr  für  Wasserdämpfe.  Nach  der  ärxtUchen 
Verordnung  "wird  nun  bald  der  Strom  des  Ga« 
f;es  allein,  bald  dieser  wechselsweise  mit  den 
Dämpfen  yon  dem  Bademeister  oder  der  Bade« 
frau  auf  einzelne  besonders  leidende  Tbeib 
geleitet 

6.  Um  das  koblensamre  Gas  auch  sam 
Rinathmen  in  Krankheiten  der  Respirationsor« 
gane  benutzen  cn  können,  hat  man  in  Mein- 
berg ein  sogenanntes  pneumafisc/^«^  Äaftinef  eia« 
gerichtet.  Dasselbe  besteht  aus  einem  14  Fab 
langen,  11|  Fufs  breiten  und  13  Fafs  hohen 
Zimmer  mit  doppelten  Fenstern  und  Thüreo. 
An  einer  der  Seitenwände  desselben  läuft  ein 
Gasrohr  bis  zur  Mitte  der  Decke  in  die  Höhe; 
hier  krümmt  sich  dasselbe  etwas  and  ist  an 
seinem  Ende  offen.  Einige  Fuls  über  dem 
Fufiboden  befindet  sich  ein  Hahn  com  Ver- 
schliefsen  des  Rohrs ,  das  an  seiner  AusmSn» 
düng  Too  einem  aus  Eisenblech  bestehenden 
hohlen  Kranze  umgeben  ist,  der  mit  einem 
Wasserrohre,  welches  das  Wasser  aus  einem 
höber  belegenen  Reierroir  in  denselben  leitet, 
in  Verbindung  steht  Wird  das  Wasserrohr 
geöffnet^  so  dringt  das  Wasser  durch  die  im 


—     77    — 

der  tinteni  Fläche  des  Kranzes  lich  befinden* 
den  feinen  Oeffnungen  in  Gestalt  eines  feinen 
Regeos  berfor,  und  fäilt  in  ein  in  der  Dlitte 
des  Zimmers  stehendes  steinernes  Bassin*  An- 
Xserdem  befindet  sich  in  dem  Zimmer  noch  ein 
Dampfrohr  y  durch  welches  Wasserdämpfe  in 
dasselbe  eingeführt  werden.  Diese  Vorricbiun- 
gen  dienen  dazu»  die  Luft  im  Zimmer  feucht 
so  erhalten  und  so  das  Gas  respirabler  und  we- 
niger reizend  für  die  Lungen  zn  machen.  Das 
Gasrohr  hat  seine  Oeffnung  deshalb  an  der 
Decke  des  Zimmers  erhalten  ^  damit  sich  das 
Gas  in  demselben  allgemeiner  ausbreiten  k^nn*. 
Da  dasselbe  sich  vermöge  seiner  Schwere  in 
dem  untern  Baume  des  Zimmers  allmälig  an- 
sammelt  I  so  sind  für  Kranke,  die  eine  weniger 
gasreiche  Lufl  einathmen  wollen,  erhöhte  Sitze 
angebracht  In  Zeit  Ton  15  Minuten  kann  das 
Zimmer  mit  einem  Gasgehalte  ron  2  Procent 
angefüllt  werden,  und  wird  derselbe  immer  ge-> 
oaa  dnrch  den  Gebrauch  eines  Gasometers  be- 
stimmt« Das  Zimmer  hat  aufserdem  noch  ein 
Vorzimmer,  in  welches  die  Kranken,  um  das 
Gas  dicht  anhaltend  einzuathmen,  sich  von  Zeit 
XU  Zeit  begeben. 

Dieses  waren  die  höchst  zweckmäfsigeti 
Eiiirichtuugen,  welche  man  zur  Anwendung  des 
kohlensauren  Gases  in  neuerer  Zeit  in  Meinberg 
getroffen  hat. 

lieber  die  Wirkungen  des  kohlensauren 
Gases  im  Allgemeinen  hat  Hr.  Hofratb  Piderü 
in  seiner  Schrift  sehr  ansführlicb  gehandelt^ 
and  glaube  ich  mich  auf  das  daselbst  Gesagte 
basieben  so  ~ 


—  .78     — 


• 


AeDfierlith  ange'vfeodefy  icbeint  das  lob-M 

leoiaure  Gas  erregend    auf  die    peripherisch«  h 

Nefren,   das  Blut  und  die   übrigen   Säfle  daiw 

Körpers  einzuwirken    und  eine*  gröfsere   Tbä-  p 

tigkeit  in  den  Secretionen  so  Teranlasseo«  Dab 

dasselbe  durch  'die  Haut  absorbirt  wird^  erlei- 

det  wohl  keinen  Zweifel,  indessen  erfolgt  diese 

Absorption  rascher  und  starker,  wenn  das  Gfti 

mit  Wassjer  Terbiinden    auf  die  Ha^t  einwirkt 

Dieser   Erfahrung    verdanken    das  SprUddhai^ 

das     Gasdampf bad    Und    die   Gasdampf doUett 

ihr  Entstehen;   diese  Ein  rieht  angen^  sind   dabtr 

weit  wichtiger^    als   die^  welche   Atir  die  Aa- 

wendüng    des  Gases  in    eine^  mehr  trockenea 

BeschaiTenheit  zulassen«     Beide  Arten  der  Aa^ 

Wendung  sind  in  ihren  Wirkungen  TerschiedeH 

•^  Das  Sprudelbad  ^  welches  ich  yerachiedaile 

Male  delbst  genommen   haba>    wird   nnr  küUi 

2ü  23 --25  Gr.  R.,  angewandt      Beim  Binlrilt 

in  das  Bad  fühlt  man  gewohnlicli  eib  FtoatilB, 

welches  sich  aber  sofort  Verliert  ^  sobald  |  nach 

Oeffnung  des  Gasrohrs ,  das   Gas  das  Bad  n 

durchsprudeln   beginnt.     Es   scheibt  dann  dem 

Gefühle    nach    um    einige    Grade    wärmer  ta 

seyn^  wahrdcheinlich  in  Folge- dei^  Reiznnf  der 

aensitiven    Hautnerven   durch    das   Gas«     Oafs 

das  Gaä  das  Wasser  erwärme^    ist    durchaus 

flicht  der  Fall|  wie  ich  mich  davdti  durch  soff» 

fältig  angestellte  Messungen  mit  dem  Tfaermo* 

meter   iibei'zeügt    habe*      Die  Temperatnr  des 

Wassers  blieb  wahrend  der  Dufchstromong  dal 

Gases  tind  gleich  nach  derselben  gant  dieselbe^ 

die  es  nach   dem  Anlasseti   des  Bades   gehabt 

hatte,  und  hatte  auch  nach  |  Stünden^  dei^Zeit 

der  Beendigung  des  Bades  ^    weder  kq-  nocli 

abgenommen,   obgleich  in  •  dieser  Z^il  diAs  fiM 

wiederholt    aod   reichlich  das  T/V  asser    durch* 


—     79      — 

>int  hatte,  so  dab  sich  höchstens  annehmen 
.t,  dafs  das  Gas  die  Temperatur  des  Whs- 
s  eine  geraume  Zeit  hindurch  crhiilt.  Kbeii 
W^nig  war  die  Temperatur  meines  Korpers, 

ich    beim  Einsteigen   in  das  Bad   mit  dem 

die  Achsefhöhle  gehaltenen  Tliermomeler 
rS|  im  Bade^  wo  ich  die  Afeüsung  wieder- 
Itei  Yermindert  worden,  so  daTn  ich  nicht 
übe,  dafs  das  im  Bade  bemerkte  erhöhte 
ärmegefühl  auf  Rechnung  einer  schnelleren 
ttiehung  der  körperlichen  Wärme  vermilleUt 
I  GAses  gebracht  werden  kaiwi.  Dieses  Wiir- 
•gefuhl  äufsert  sich  besonders  an  den  mit 
er  £arten  Haut  bedeckten  Körperstellen,  na- 
Dtiicb  an  den  Genitalien^  woselbst  es  oft  in 

firennen  und  Prickeln  ausartet.  Im  Bade 
:  man  das  Gefiihl  .von  ungemeiner  Erfri« 
UDg  Und  Belebang^  welches  auch  nach  dem- 
beo  fortdauert.  Die  Haut  wird  gerlSthet^ 
ih{    die  Hautwär2chen  gerathen  in  Ereclion; 

Haut  dünstet  im  Bade  nicht  aus,  jedoch  er- 
§t  in  der  Regel  nach  demselben  ein  gelinder 
bweiis.  Ein  heftiger  Drang  zum  Uriniren 
rd  schon  im  Bade  verKp'drt  und  nach  dem- 
beo  eine  reichliche  Menge  Urin  gelassen. 
9  Respiration  leidet  beim  vernünftigen  Ge- 
luche  des  Sprudelbades  nicbt,  jedoch  ver- 
irt  ma&i  besonders  nach  längerer  Durchstro- 
mg  des  Gases,  einen  eigenthümlichen  säuer* 
^-metallischen  Geruch  und  Geschmack.  Der 
la  wird  in  dbr  Regel  toII^  aber  nicht  be- 
ileilnigt«  Werden  die  Gasdurchströmungen 
ht  übertrieben,  so  bleibt  das  Gefübl  von  Be- 
UDg  noch  lauge  Zeit  nach  dem  Bade;  im 
tgegengesetzten  Falle  erfolgt  aber  Erjiialtung. 
ät  am  Abend  ein  Sprudelbad  zu  nehmen, 
ichte   Ich  nicht   anratben^    da  ich   gefunden 


^     80     — 

habe,  dnfs  es  zu  sehr  aufregt  nnd  dann  Sch1at> 
losigkeit  Yerursacht. 

Die  Wirkungen  des  ans  der  Quelle  aoi-' 
strömenden  Gases  sind :  Erregung  eines  lebhsf- 
ten  Wärmegefübls,  rerbunden  mit  Stechen  nnd 
«Prickeln  in  der  Haut,  besonders  an  der  unten 
Körperbälfte ,  und  Schweifs.  Dasselbe*  erregt 
immer  Slattigkeit  und  Abspannung;  die  Be* 
schairenbeit  der  Haut^.  der  Puls  und  die  Urio- 
secrelion  Tverden  durch  dasselbe  nicht  afißdrt^ 
und  die  Wirkungen  gehen  schneller  TorBbert 
Die  Sprudelbäder  g^ebören  nach  dem  Urlheils 
Aller,  die  solche  genommen,  zu  den  angenehm- 
sten, erfrischendsten  und  belebendsten  Bädero. 
-^  Sehr  wirksam  sollen  diejenigen  seyn,  la 
denen  man  das  Salzwasser  aus  der  Quelle  Toa 
Schieder  nimmt.  Dieselben  regen  die  Hant 
kräftig  an,  wodurch  denn  die  Aufnahme  der 
im  Wasser  befindlichen  Salze  sehr  befordert 
wird.  Die  Aerzte  Meinbergs  haben  Ton  diesen 
Sprudelsalzbädern  treffliche  Wirkungen  in  re- 
DÖsen  Stockungen  gesehen,  und  dürften  sie  ia 
Fällen  der  Art  gewifs  alle  Anfmerksamkislt  Ter- 
dienen. 

Welche  Heilwirkungen  lassen  sich  Ton  der 
Kohlensäure  im  Bade  erwarten?  Diese  Frage 
läfst  sich,  glaube  ich,  am  besten  mit  dem  be- 
antworten, was  Kreyssig  ^)  über  die  an  Koh- 
lensäure reichen  Wasser  zu  Marienbad  anführt. 
„Die  an  Kohlensäure  reichen  Bäder, *'  sagt  er, 
,^8ind  als  belebend  und  stärkend  anzusehen, 
und  besonders  da  anzuwenden,  wo  man  ent- 
weder die  Folgen  Ton  nach  Innen   gelagerten 

*)  üeber  den  Gebraach  der  Minenlwasser.    Ste  AuiL 


kl 


—     81     — 

SraoLbeiUpriDcipieo  aufheben  oder  dureb  Star- 
cong  (und,  mocbte  ich  hinzufSgao,  durch  £r- 
"egung)  der  Haut|  die  FaoktioDen  derselben  auf 
line  höhere  Slufa  der  Yollkominenbeit  erheben 
and  dadurch  das  gestörte  Gleichgewicht  .init 
3en  innern  Organen  herstellen  will«  —  Sie  sind 
Dicht  nur  bei  UnterleibskrankeUi  um  die  Circu» 
lation  des  Blutes  gleichiorxniger  cu  machen,  so 
wie  Blutstockungen  cu  heben  uud  verhaltene 
BluCansscbeidungen  wieder  hervorzurufen,  heil- 
lam,  sondern  sie  sind  auch  bei  solchen  Uebel»^ 
Sie  anfDyskrasieen  des  Blutes  und  derLympho 
bernhen,  von  Nutzen«  So  empfehlen  sie  sich 
namentlich  bei  der  Gichtanlage,  weil  sie  das 
Organ  y  welches  die  kritische  Ausscheidung  zu 
ibernehmen  bat,  stärken  und  zu  gröfserer  Tbä- 
jgkeit  anregen,  was  bei  atonischcr  Gicht  be- 
londers  wichtig  ist,  und  weil  sie  zugleich  dazu 
beitragen,  die  Anlage  dazu  zu  verbessern.  End- 
lich •mpfehlen  sie  sich  in  -manchen  Nerven* 
Übeln,*  die  entweder  durch  allgemeine  Dyskra* 
lieen  bedingt  werden,  wo  diese  feindlich  auf 
das  Nervenleben  einwirken,  oder  wo  letzteres 
Rn  und  für  sich  geschwächt  ist,"  Hieraus  wür- 
den sich  also  die  allgemeinen  Anzeigen  für  die 
Anwendung  mancher  der  Einrichtungen  zur  Be- 
nutzung des  kohlensauren  Gases  zu  Bleinberg, 
namentlich  aber  für  die  Anwendung  der  Spru- 
delbäder ergeben. 

Die  Krankheiten,  in  welchen  sich  diese 
verschiedenen  Einrichtungen  den  bisherigen  Er- 
fahrungen zu  Folge  nützlich  erwiesen  haben, 
oder  bei  denen  man  Nutzen  von  ihnen  erwar- 
ten darf,  hat  Piderit  in  seiner  Schrift  ausführ- 
lich angegeben, .  Ich  will  daher  hier  nur  das 
anführen,  was  ich  über  die  Wirksamkeit  dieser 
Jooni.LXXXiy.B.2.St«  F 


—     82     — 

Eiorichtangen  selbst  beobachtet,  odef  durch  Mtt- 
theiluogen  von  den  Meinberger  BruDoenänteo, 
dem  Hrn.  Hofrath  Du  Piderit  ond  dein  Hern 
Physicas  Dr.  Ktmper,  in  Erfahrung  gebracht 
habe. 

Das  Gasdampfbad  vrhi  mitunter  da  ge- 
braucht, wo  eine  grofse  Untbatigkeit  der  Haut 
Torhanden  ist,  die  man  beseitigen  mufs,  weas 
die  Schlammbäder  wirksam  seyn  sollen.  Bei 
Terscbiedenen  Kranken ,  die  die  Schlammbäder 
gebrauchten,  wollten  keine  Schweifse  entstehen; 
nachdem  aber  durch  ein  oder  cwei  Gasdampf- 
bäder  die  Haut  kräftig  angeregt  war,  fingen  sie 
nach  jedem  Scblammbade  an,  in  einen  gebori- 
gen Schweifs  zu  kommen.  Die  Sprudeibädtr 
sind  dagegen  zur  Nachkur  nach  den  Schlamm- 
bädern sehr  zu  empfehlen,  und  passen  beton- 
ders  in  den  Fällen^  wo  der  Gebrauch  der 
Schlammbäder  eine  grofse  Abspannung,  Schwä- 
che in  der  Haut  und  beständige  Neigung  za 
Schweifsen  zurückläfst.  Sie  sind  überhaupt  da, 
wo  man  nach  dem  Gebrauche  Ton  Schwefel- 
und  Schlammbädern  die  Haut  zu  stärken  wünscht, 
den  eisenhaltigen  kohlensauren  Bädern  bei  wei- 
tem vorzuziehen,  da  diese  nach  Hufeland  durch 
ihren  chemischen  Gegensatz  und  ihre  contrihi- 
rende  Wirkung ,  die  durch  Schwefel  -  oder 
Schlammbäder  hervorgebrachten  Hautkrisen  stö- 
ren, was  die  Sprudelbäder  durchaus  nicht  thao, 
indem  diese  der  Haut  den  gehörigen  Tonus 
verleihen,  ohne  die  Ausdünstung  derselben  cn 
unterbrechen. 

Eine  besondere  Beachtung,  glaube  ich,  ver- 
dient die  Anwendung  des  kohlensauren  Gases 
in  Fällen  von  Lähmungen  ^  da  ich  mich  wäh- 
vead  meinet  Aufenthalts  in  Meinberf  voa  der 


I 


—     83     — 

l/Virksamkeit  dieses  Mittels  io  eioigen  FäHen 
der  Art  oberseugt  habe.  Der  eioe  Fall  war  der 
eines  Borschen  tod  17  Jahreo ,  der,  nach  dem 
Berichte  seines  Arstes ,  Tor  2  Jahren  ein  Ner^ 
Tenfieber  gehabt  haben  sollte ,  nach  dem  eine 
Läfamnng  des  Rückens»  der  Beine,  Arme  und 
■ogar  der  Augenlider  curiickgeblieben  war.  Nach 
Tergeblicher -Anwendung  aller  nur  irgend  gegen 
Peralj^sis  empfohlenen  Mittel  hatte  der  Kranke 
am:  Sommer  1835  ohne  Nutzen  auch  Schwefel- 
und  Schlammbäder  in  Meinberg  gebraucht.  ,Im 
SoBuner  1836  war  er  wieder  nach  Meinberg 
gekommen«  Die  Paralyse  der  Augenlider  war 
gehoben  9  aber  ein  starkes  Schielen  Torhanden, 
Der  Kranke  konnte  nur  liegen^  sich  nicht  nach 
Tom  oder  den  Seiten  bewegen«  Die  Hände 
waren  nach  innen  cu  gebogen ,  die  Finger  la- 
gen in  den -Händen,  die  Handwurzeln  standen 
weit  herror,  und  die  Hände  konnten  nnv  durch 
aubere  Gewalt  ausgestreckt  werden^  was  dem 
Kranken-  immer  schmerzhaft  war.  Mit  den 
Ellbogen  nnd  Schultergelenken  konnte  keinerlei, 
auch  nicht  die  geringste  Bewegung  ausgeführt 
werden*  Die  untern  Extremitäten  waren  eben- 
falls in  demselben  Grade  gelähmt,  und  nur  un» 
ter  den  heftigsten  Anstrengungen  gelang  ei 
dem  Kranken,  ein  kaum  merkliches  Anziehen 
derselben  cu  Stande  in  bringem  Das  Gefühl 
war  in  den  gelähmten  Theilen  vorhanden;  der 
Appetit  und  die  Verdauung  waren  gut,  die 
Slublansleemng  und  der  Urinabgang  gingen  ge» 
hörig  Tor  sich  und  die  übrigen  Functionen  un- 
gestört Hr.  Physikus  Dr»  Kemper  hatte  diesem 
Kranken,  da  er  die  Lähmung  als  rom  Rücken-* 
marke  ausgehend  ansah,  zuerst  längs  der  Wir- 
belsäule blutige  Schröpf  köpfe  setzen  lassen, 
deoo  aber  den  Gebrauch    des  Gasdampfbadea 

F  2 


,—     84    -^ 

I 

Yarordoet.  Nach  14tagig«in  G^brAncbe  deaiil'*' 
beo  war  der  Kranke  so  weil  gebeMert^  dab« 
sich  im  Bette  aufi-ichten  nod  den  Körper  naA 
den  Seiten  hin  wenden  konnte.  Naeh  weitetMi 
Gebrauche  fing  die  Bewegung  in  den  Schall«» j 
gelenken  an  wiederzukehren,  so  dafa  der  Kraa* 
ke,  obschon  mit  Anstrengung,  die  Arme  auf  dii 
Brust  zu  werfen  anfing  und  Ton  da  aue  aock 
wieder  zurückzog.  Diese  Bewegungen  ^  hattit 
etwas  höchst  Linkisches,  ähnlich  denm  bei  im 
Chorea.  Gleichzeitig  trat  eine  grolaere  Knft 
in  den  Beinen  ein,  und* er  Termochte  dieselbei 
kräftiger  anzuziehen.  In  der  letzten  Zeit  seia« . 
Aufenthalts  in  Meinberg  sah  ich  diesen  Barschsi 
einige  Male,  in  einem  Wagen '  aitsend|  !■ 
Freien  nmberfahren.  Durch  dUe  UnhemitlellhMl 
der  Eltern  mnfste  die  so  viel  yersprechendeK» 
leider  zu  fräb  unterbrochen  werden,  nnd  dsr 
Kranke  kehrte,  nachdem  er  24  Bäder  genom- 
men, in  seine  Heimath  zurück.  Hr«  Dr.  JCmh- 
pcr  ertbeilte  ihm  den  Rath,  ein  fliegendes  Ys- 
aicatorinm  auf  das  Riickgrath  anzuwenden,  and 
später  erfohr  ich  Ton  demselben,  dab  sich  die 
Paralyse  der  Arme  bei  dem  Kranken  so  sskr 
verloren  habe ,  dafs  der  Kranke  seine  fiäods 
wieder  zum  Munde  bringen  könne* 

Während  der  letzten  Zeit  meines  Anfont- 
balts  in  Meinberg  kam  ein  anderer  Kranker  da- 
selbst an,  der  ein  Seitenstück  zu  dem  Tongss 
abgab«  Derselbe  war  ein  19jähriger,  woUgs- 
bauter  und  ziemlich  muskulöser  Mensch,  tos 
Profession  ein  Schneider.  Seiner  -  Erzählong 
nach,  hatte  er  Tor  einem  Jahre  an  einem  hef- 
tigen,  4 bis 6 Wochen  Janganhaltenden  Schmos 
im  Nacken  n^d  obern  Theile  des  Rückens  ge- 
Utten,  fegen  den  das  flüehtif e  Linirnsnl,  Sat 


—     85     — 

ben  und  Blaieopflaster  aogeweDcl«!  worden 
ren  and  der  sich  beim  Gebrauche  denelbe^ 
auch  Torlor.  Wahrend  der  Aboahme  der  Schmer* 
«an  bemerkte  der  Kranke  bereits  xam  öfteren, 
dafs  er  beim  Gehen  mit  der  Spitze  des  linken 
Fo/ses  anstiefs  und  dafs  sich  eine  gewisse 
Schwäche  im  linken  Arme  eingestellt  hatte. 
Gans  allmalig  hatte  sich  nicht  aliein  eine  Tol- 
lige  Paralyse,  der  Extremitäten  der  linken  Seite 
entwickelt,  sondern  es  waren  anch  die  der  rech- 
leii  Seite  gelähmt  worden.  In  das  Hospital  ei- 
ner nicht  sehr  entfernten  Stadt  aufgenommen, 
batte  der  Kracke  daselbst  7  Wochen  lang  Ter- 
geblicb  Leberthran  gebraucht  und  war  dann 
nach  Meinberg  gesandt  worden.  Der  Kranke, 
den  ich  am  Tage  seiner  Ankunft  mit  den  dor- 
tigen Aorsten  besuchte,  lag  wiü  ein  Klotx  im 
Bette,  hatte  durchaus  keinen  Schmerz,  ver- 
mocbte  aber  die  Beine  und  den  linken  Arm 
gar  nicht I  den  rechten  Arm  nur  wenig  zu  be- 
wegen«. Den  Kopf  bewegte  er  ziemlich  frei 
nach  vorn  und  hinten,  so  wie  nach  den  Seiten 
hin,  Yermochte  es  aber  nicht,  sich  aufzurichten 
oder  sich  auf  die  Seite  zu  legen.  Bei  der  Auf- 
forderung, die  Beine  anzuziehen  oder  die  Hand 
zu  geben,  strengte  er  sich  gewaltig  an,  um  der 
Aufforderung  zu  genügen,  —  aber  vergeblich. 
Eine  genaue  Untersuchung  der  Wirbelsäule  mit« 
telst  Aufschiagens  mit  den  Fingern  und  Ueber- 
binfahrens.  mit  einem  heifsen  Schwamm,  liefe 
Keine  besonders  empfindliche  Stelle  entdecken, 
auch  war  die  Gegend ,  wo  der  Schmerz  ur- 
sprünglich vorhanden  gewesen  war,  nicht  em- 
pfindlicher, als  andere  Tbelle  des  Rückgralhs« 
Die  Respiration  und  Uautwarme  Waren  natür- 
lich, der  Puls  normal,  das  Gefühl  war  in  den 
gelähmten  Theilen   Torhanden,  jedoch   schwä- 


—     86     — 

eher  all  früher,  der  Appetit  war  gal,  SlnU- 
und  HaroansleeraDg  gingen  gehörig  vor  sieb. 
Die  Krankheit  ward  als  eine  in  Folge  eiaci 
Torangegangenen  Entsündung  des  Rückenmarki 
oder  seiner  Häute  entstandene  Paraplegie  dis- 
gnoslicirt  und  beschlossen,  dein  Kranken -caenK 
blutige  Schröpfköpfe  längs  der  Wirbelsäule  sei- 
sen,  ihn  einige  Tage  mit  Calomel  und  Jalappt 
purgiren  ubd  dann  das  Gasdampfbad  gebran 
eben  SU  lassen.  Am  Tage  vor  meiner  AbrsiN 
hatte  der  Kranke  etwa  acht  solcher  Bäder  gt- 
Dommen ,  durch  die  er  sich  bedeutend  gestarit 
fühlte.  Den  rechten  Arm ,  der  noch  etwas  be- 
weglich gewesen  war,  konnte  er  bereits  Hl 
sur  Scbulier  hinbringen,  und  war  auch  du' 
rechte  Bein  etwas  beweglich  geworden,  so  Üb 
die  Besserung  in  den  zuletzt  befallenen  Thrilw 
zuerst  wieder  eintrat.  Der  Kranke  hatte  aoch 
mehr  an  Kraft  im  Rücken  gewonnen  und  tsi^ 
mochte  es,  sich  im  Bette  etwas  hin  und  her  la 
wenden.  Ob  bei  diesem  Kranken  noch  eist 
grofsere  Besserung  eingetreten  ist,  kann  ich 
nicht  sagen,  nach  dem  aber,  was  er  in  so  ksN 
zer  Zeit  durch  den  Gebrauch  des  Gasdampibt* 
des  gewonnen  hatte ,  läfst  sich  wohl  auf  eias 
weitere  Besserung  schliefsen* 

Man  hat  freilich  mitunter  beobachtet,  dab 
Paralysen,  welche  in  Folge  ron  Fiebern  mitAf- 
fectionen  des  Gehirns  oder  Rückenmarkes  za- 
rückblieben,  im  Laufe  der  Zeit,  ohne  Zuthoa 
der  Kunst,  gebessert  werden,  wenn  nämlicb, 
wie  dieses  wahrscheinlich  ist,  irgend  ein  ent- 
standenes Exsudat  resorbirt  wird.  Ich  glaube 
indessen,  dafs  die  in  den  eben  erwähnten  Fal- 
len erfolgte  Besserung  wohl  nicht  füglich  auf 
Rechnunn;  eines  solchen  Vorgangs  gebracht,  sob- 


.    —     87'  — 

dero   allein   Jer  EIo'mrkoDg   des  Gases  c«ge» 
schrieben  werden  miifs.     Daft   das*  kohlensaare 
Gas  ein  gewifs   sehr  za  beachtendes  Heilmittel 
in  Fällen  von  Paralyse  tej,  dafür  sprechen  nicht 
allein   einige   Ton  Piderit    in   seiner  Schrift  er* 
sähhe  Fälle  ,   sondern   auch    die  vielen  Heiinn« 
gen  Ton  Paralysen,   die  in^  Marienbad    erfolgt 
sind.     Manenbad  verdankt  einen  grofsen  Theil 
seines    wohlbegrüodeten    Bufeis    gerade    seiner 
Heilkräftigkeit  in  Läbmuogen ,   und  ist   es  Ibier 
doch  wohl  die  Kohlensäure,  der  wir  diese  HeiU 
kraft  Kuschreiben  müssen,  da  diese  in  dem  Me* 
rienbader  Wasser  überaus  reichlich    Torbandea 
ist,   fixe  Bestandtheile   hingegen    nicht  vible  in 
demselben    gefunden   werden«     Fernere   Brfah« 
mngen  müssen  freilich  erst  feststellen  9  in  wel* 
eben  Arten   der  Lähmung  das  kohlensaure  Gas 
sich  nützlich  erweisen    kann ,   denn  dafs  es  in 
allen  Arten  derselben  heilsam  seyn  sollte,  dürlte 
wohl  mit  Becht  bezweifelt  werden  müssen« 

Aach  in  Neuralgieen  verdient  das  kohlen- 
eaare  Gas  beachtet  zn  werden.  Mir  ward  in 
Meioberg  eine  Frau  von  52  Jahren  bekannt, 
die  seit  einigen  Jahren  an  einer  rein  nervösen 
Prosopalgie  der  rechten  Hälfte  des  Gesichts^  die 
sich  in  der  letzten  Zeit  zur  unerträglichsten 
Heftigkeit  gesteigert  hatte,  litt.  Der  Schmerz 
stellte  sich  oft  bis  zu  18  Ual  in  einer  Stunde 
•in,  dauerte  einige  Miouten,  mitunter  auch  wohl 
eine  Viertelstunde,  und  folgte  dem  Laufe  des 
Nerv«  communicans  faciei.  Während  des  Schla- 
fes stellten  sich  selten  Schmerzanfälle  ein«  Merk« 
ifvürdig  war  es,  dafs  der  Schmerz  sich  auch 
anf  die  Zunge  und  zwar  nur  auf  die  rechte 
Balfle  derselben  erstreckte  und  hier  gerade  am 
ynerträ|licbsten  war«     Die  kranke  Hälfte  der 


^   öß    - 

Zunge  tfvar  weifslich  belegt,  die  linke  Seite 
aber  reio»  Wahrend  der  Anfalle  war  dieZuirge 
gelähmt,  unbeweglich  und  das  Sprechen  aebr 
erschwert.  Die  kranke  Hälfle  des  Gesichts  war 
verzogen.  Diese  Kranke  trank  Salzbrunnen  uod 
nahm  Schlammbäder;  gleichzeitig  wurde  aber 
auch  die  Gasdouche  in  den  Bland  und  auf  die 
leidende  Seite  des  Gesichts  und  hier  abwech- 
selnd mit  der  Dampfdouche  in  Anwendung  ge- 
bracht. Der  Erfolg  dieser  Behandlung  war 
iiberaus  günstig;  die  Anfälle  Terloren  an  Häu- 
figkeit und  Hefligkeit  und  blieben'  in  der  letzr 
teo  Zeit  völlig  aus,  so  dafs  die  Kranke  hoeh 
erfreut  in  ihre  Heimath  zurückreiste.  "—  Eben 
•o  verschwand  ein  rein  nervöser  Zahnschinere, 
an  dem  eine  Frau  seit  einem  halben  Jahre  ge- 
litten halte,  und  gegen  den  vielerlei  Mittel  ver- 
geblich gebraucht  worden  waren,  bei  dem  an* 
l^altenden  Gebrauche  der  Sprudelbäder» 

Eine  besondere  Beachtung  verdient  die  Ad« 
Wendung  des  kohlensauren  Gases  in  verschie- 
denen Krankheilen  des  weiblichen  GeschLechte. 
Ob  man  die  Sprudelbäder  in  der  ChlorosU  deo 
Eisenbädern,  die  zugleich  kohlensaures' Gas  ent- 
halten, wie  z*  B.  Pyrmont,  hinsichtlich  ihrer 
Wirksamkeit  gleichstellen  darf,  wage  ich  nicht 
tu  bestimmen,  und  mufs  hierüber  die  fernere 
Erfahrung  entscheiden.  Meines  Dafürhaltens 
nach ,  beruht  die  Wirksamkeit  der  genannten 
Eisenbäder  allerdings  mit  auf  ihrem  Eisengebalt, 
da  die  Erfahrung  den  Nutzen  der  reinen  Lima- 
tura  ferri  in  der  Chlorose  ja  hinlänglich  nach- 
gewiesen hat.  Zu  leugnen  ist  indessen  wohl 
nicht,  dafs  diese  Bäder  einen  grofsen  Theil  ih- 
rer Wirksamkeit  gerade  ihrem  Gehalte  an  koh- 
lensaurem Gase  verdanken  ,   indem  dieses  ü^^ 


t  -t^XL. '»  . 


-     89      — 

Haut  kräftig  anregt,  cur  sfärkeren  Abiarption 
de»  EUens  geneigt  macht  und  die  Tbäligkeit 
des  Capillargefiifsftyfltems  überhaupt  fördert.  Es 
Jäfat  sich  freilich  nicht  nach  weiften,  dab  daa  im 
Wasfter  enthaltene  Eisen  wirklich  von  der  Haut 
aufgenommen  und  in  das  Blut  übergeführt  wird ; 
alleio  wahrscheinlich  ist  diese  Annahme,  beson- 
ders wenn  man  nicht  in  Abrede  stellt,  dafs  das 
Gas  die  Haut  besonders  geschickt  macht,  Saixe 
und  andere  im  Wasser  befindliche  Bestandlbeile 
aufsanehmen  und  in  die  Blutmasse  überzuiub- 
reo.  Die  grofse  Wirksamkeit  der  kohlensauren 
fiisenbäder  in  der  Chlurosis  mufs  daher  den  bei- 
den Hauptagentien  derselben,  dem  Eisen  und 
dam  kohlensauren  Gase,  zugeschrieben  werden« 
lo  manchen  Fällen  von  Chlorons ,  haben  die 
Sprudelbäder,  nach  den  Versicherungen  der 
Meinbarger  Brunnenärzte,  trelTllche  Wirkan^n 
gehabt,  jedoch  mochte  ich  bezweifeln,  dafs  sie 
im  Allgemeinen  das  zu  leisten  Termügeo,  was 
die  kohlensauren  Eiseubäder  leisten,  glaube 
aber,  dafs  sie  den  an  kohlensaur<^m  Gase  ar- 
men Eisenbädern  Torgezogen  werden  müssen. 

Das  trockne  Gasbad  und  Sprudelbad  haben 
sich  den  JVIeinberger  Brunnenärztea  in  man- 
cherlei Anomalien  der  Menstruation  äusserst 
heilsam  erwiesen.  Mehrere  Beobachtungen  von 
Fällen  zu  sparsam  fiicjsender  oder  zu  spät  er" 
scheinender  31enses  ^  so  wie  Yon  Fällen  allmä-' 
lig  unterdrückten  Monaisßusses,  durch  verscbie- 
deoarfige  Ur^nchen  yeraolafst,  die  durch  die 
Anwendung  des  kohlensauren  Gases  iu  Meio- 
berg  geheilt  wurden,  sind  mir  von  den  durligen 
Brunnenärzten  initgelheilt  worden.  Ganz  Tor« 
treiTUche  Dienste  leisten  die  Sprudelbiider  in 
Fällen    schmerzhafter  Menstruation,    und   mir 


~     90     — 

selbst  siod  zwei  Kranke  iet/Ltt  bekannt  g&vm* 
den,   die   tod  diesem  Leiden    in  Meinberg  h%» 
freit  wurden.   Die  Frauencimmer,  beide  in  d«a 
zwanziger  Jahren,  hatten  von  der  Zeit  des  Er- 
scheinens des  MonaUfluftses  an,  während  jeder 
Periode    die   heftigsten  Schmerzen,    mit  Erbre« 
eben  und  andern  heftigen  Zufallen  begleitet,  ge- 
habt.    Beide  gebrauchten  die  Sprudelbäder  ond 
tranken  das  mit. kohlensaurem  Gase  geschwän- 
gerte   Salzwasser    Ton    Schieder.      Bei 
stellte  sich  der  Monatsflnfs  nach  einem 
chentlichen  Gebrauche  der  Bäder  ohne  alle  Be« 
schwerden    ein.      Ob  diese  anscheinei^den  Hei- 
lungen, in   beiden  Fällen    Ton   Daner    gewesen 
sind^   Terroag  ich  nicht   zu  sagen,    allein   deo 
Meinberger  Aerzten   sind   nicht  allein  Terschie- 
dene    Beispiele   von    dauernden   Heilungen  der 
Art  bekannt  geworden,    sondern   ihrer  Versi- 
cherung nach  ist  kein  Krankheitsz ästend  dieser 
Art  Torgekommen,  der  nicht  wesenlKch  gebes- 
sert  wurde»     Einige  Fälle  worden    Ton  ihnen 
auch  beobachtet  y  wo  durch  schmerahafle  Men- 
struation und  gestörte  Function  des  Genitalner- 
Tensystems  Sterilität  veranlafst  wurde,  die  nach 
Hebung     des    Krankheitszustandes    darch     dae 
Sprudelbad  ebenfalls   gehoben    wurde.    —    Bei 
zu  reichlicher  und  häufiger  Menstruation  erfor- 
dert  die   Anwendung    des    kohlensauren   Gases 
gewifs  Vorsicht,  und  ist  es  bei  manchen  Fraaen- 
zimmern,  welche  die  Sprudelbäder  gebrauchen, 
nicht  selten ,    dafs   der  Monatsflafs   Tor  der  .be- 
stimmten Periode  erscheint.  In  der  Leukorrhoe^ 
die    auf  einer  Schwäche   der    Schleimhaut  der 
Sexualorgane  beruht,   hat  man  das  Sprudelbad 
mit   gleichzeitiger    Anwendung    der   Gatdouche 
im  Bade  heilsam  befunden.  — >  lieber  den  Muz- 
sen  des  kohlensauren  Gases  in  verschiedenen 


—     91     — 

KrftDkheil0D  der  SiDneswerkzeuge  hat  ^sich  JPi* 
derit  in  seiner  Schrift  aosgesprocheo.  Mir  ist 
our  folgendler  Fall  besonders  deshalb  interes«* 
sant  gewesen,  weil  Fälle  der  Art  oft  sehr 
sciiwer  zu  heilen  sind,  iind  hier  eine  völlige 
und  schnelle  Heilnng  durch  die  Anwendung 
des  kohlensauren  Gases  zu  Stande  kam.  Eine 
Frau  von  47  Jahren*  litt  seit  2  Jahren  an  hef- 
tigen Schmerzen  in  dem  linken  Sinua  frontalis, 
wobei  ein  gelblicher  übelriechender  Ausflufs  aus 
der  Nase  Torhaudeo  war.  Der  Ausflufs  er- 
folgte meist  aus  dem  Nasenloche,  mitunter  auch 
aus  der  Choana.  Die  Schleimhaut  der  Nase  War 
to  Verschwärung  übergeganj^eu«  Mehrere  Aerzte 
hatten  Terschiedenartige  Mittel  und  zum  Theil 
sehr  angreifende  Kuren  vergeblich  versncht* 
Auf  Aortthea  des  Hrn.  Hofraths  Cansbruch  in 
Bielefeld  war  die  Kranke  nach  Meinberg  ge-^ 
kommea,  um  daselbst  die  Gasdouche  zu  ver« 
suchen.  Die  Kranke  führte  das  halbgeöffnet« 
Gasrohr  in  das  linke  Nasenloch  und  liefs  das 
Gas  so  lange  einstHJmen^  als  sie  den  Athem 
•Dhalten  konnte.  Nachdem  dieses  drei  Tage 
lang  wiederholt  geschehen  war,  fing  der  Aus-» 
flafs  an  abzunehmen,  ward  geruchlos  und  horte 
nach  dreiwöchentlicher  Anwendung  völlig  auf. 
Dar  Schmerz  in  der  Stirnhöhle  nahm,  so,  wia 
der  Ausflufs  geringer  wurde ^  ebenfalls  ab,  und 
versicherte  mir  die  Frau  vor  ihrer  Abreise^  dafs 
derselbe  völlig  aufgehört  habe.  In  diesem  Falle 
war  die  krankhaft  ergriffene  S^chleioihaut  der 
Stirnhöhle  allen  andern  örtlichen  Mitteln  unzu- 
gänglich gewesen,  daher  das  Mifsliogen  der  Be- 
mühungen verschiedener  Aerzte;  nur  das  Gas 
wirkte  topisch  ein  und  brachte  die  Heilung  zu 
Stande.  —  Ich  glaube,  dafs  das  Gas  überhaupt 
im  Stockschnupfen,  herpetiacheitf  Ausschlage  ia 


•-     92     — 

der  Nase,  so  wie  im  ObrenfloiM  alle  Anfmerk* 
f^amkeit  yerdieot,  und  dafs  dio  durch  letzteren 
bedingte  Schwerhörigkeit  ia  manchea  Fäliea 
sehr  durch  dasselbe  gebessert  werdep  kann. 

lieber  den  Nutzen  der  Einathmung  des 
kohlensauren  Gases  in  dem  oben  beschriebetoea 
pneumatischen  üabinet  habe  ich  keine  Erfah«» 
rungen  sammeln  können^  Da  dasselbe  erst  im 
Jahre  1835  eingerichtet  worden  ist,  so  ist  es 
auch  wenig  benutzt  worden,  und  es  fdhlt  dea 
Ueipberger  Aerzfen  daher  auch  noch  an  Erfah* 
rungen  über  diese  Anwendungsart  des  Gases. 

Wenn  sich  die  Anwendung  dea  koUensao« 
ren  Gases  für  die  Folge  so  bewähren  sollte^ 
wie  sie  sich  in  Meinberg  im  Allgemeinen  be» 
währt  hat ,  so  wird  dieser  Kurort  gewib  sehr 
bald ,  seiner  trefflichen  Einrichtungen  wegen, 
seine  frühere  Celebriiät  wieder  erhalten.  Recht 
▼iele  Erfahrungen  müssen  aber  erst  gesammeU 
,  werden  y  um  bestimmen  zu  können,  wo  das 
Mittel  nützen  kann  und  wo  nicht,  und  steht  su 
hoffen,  dafs  die  Mein  berger  Bruonenärzle  recht 
häufig  den  Aerzten  die  von  ihnen  gemachten 
Erfahrungen  mittheilen  werden,  um  dieselben 
in  den  Stand  zu  setzen  ,  selbst  bestimmen  eu 
können,  io  welchen  Fällen  sie  von  den  Mein« 
berger  Einrichtungen  Nutzen  für  ihre  Kranken 
erwarten  dürfen  oder  nicht«  Dafs  dieselben  in 
yielen  Krankheiten  äufserst  wohlthatig  seyn 
werden  ,  davon  bin  ich  überzeugt,  und  war  es 
diese  Ueberzeugung,  die  mich  zu  der  obigen 
Mittheilung  yeraniafste. 

Sehr  zu  bedauern  ist  es,  dafs  es  Meinberg 
an  einer  kräftigen  Mineralquelle  gebricht«  Das 
eigentliche  Meinberger   Wasser,   das  aus  dem. 


-^     93     — 

JIU*.  tni  NeobrüDneD  entipringt  ,*  ist  ein  erdige 
saiiniscber  Säuerling^  ^er  dem  Herster  Wasser 
Dabe  kommen  soll.  Derselbe  "wird  vorzüglich 
EQ  Bädern  benut;ßt.  -—  Eine  Viertels4uDde  too 
Meioberg  befindet  sieb  eine  Scbwefelquelle,  di^ 
hinsichtlich  ihrer  festep  Bestand  theile  nach 
Brandes  mit  den  Scbwefelwassern  von  Eilsen 
und  Neondorf  viele  Aebnlichkeit  haben  soll,  an 
Schwefel wasserstoflPgas  abe^  .weit  ärmer  als 
diese  ist*  Am  nächsten  soll  das  ^Wasser  dem 
Ton  Fistel  kommen.     Man  benutzt  dasselbe  sa 

Bädern    und    Erbitzung  der   Schlammbäder. 

Andertbalb  Stunden  yon  Meioberg  be6ndet  sieh' 
in  dar  Nähe  ron  Scbieder  eine  Salzquelle,  die 
in  ihren  Bestandtheilen ,  besonders  ihrem  Ge- 
halte an  salzsaorem  und  scbwefelsaurem  Natron 
und  salzsaurar  Bittererde  nach  Brandes  viel 
Aehnlicbkeit  mit  der  muria tisch «  salinischen 
Quelle  zu  Pyrmont  und  dem  Kissinger  Ragotu 
haben,  aber  weniger  Kohlensäure  als  diese 
'Wasser  entbalten  soll«  Um  diesem  Mangel  ab- 
sabelfen ,  wird  das  angefahrene  Wasser  in  ein 
steinernes  Reservoir  gebracht,  und  aus  diesem 
iD  einen  im  Altbrunnen  befindlichen  Trinkstein 
geleitet*  In  diesen  Trinkstein  mündet  ein  Gas- 
rohr so  ein,  dafs  es  den  Boden  desselben  durch- 
bohrt und  durch  einen  Brausekopf  das  Gas  durch 
das  in  dem  Steine  enthaltene  Wasser  durch- 
eprudeln  iäfst.  Durch  diesen  Vorgang  soll  das 
Wasser  gleiche  Volumina  an  Kohlensaure  auf- 
nehmen und  so  den  genannten  Wassern 
gleich  gemacht  werden.  Im  Winter  soll  das 
Wasser  besonders  reichlich  Kohlensäure  auf» 
pehmen,  und  wird  es  dann  auf  Flaschen  gefüllt 
Qod  zum  Gebrauche  aufgehoben.  Das  ron 
Schieder  angefahrene  Wasser  wird  viel  zu  Bä- 
4«rii|    BamentUch  zu  Spmdelbäder0|    benatzt; 


I  • 
I 


fördernd« 


1 


—     96     -i 


IV. 

Medizinisch-praktische  Beidräge. 

Von 

Dr.  Carl  August  Tott, 

fnktudieiii  Ante  und  Wnndarzte  zu  Ribnitz  im  Groüi;- 
berzogthopie  MecMeobarg-Sobwenn. 


BinigM  Falte  von  Durchlöcherung  des  Magene 

(Gastrobrosis)  *). 


1.  Gastrobrosis  spontanea  und  zwar  uZce- 
rasm.  Im  J.  1816  sah  ach  einoD  36jähr.  Tagelöh- 
ner ärztlich  behandeln^  welcher  seit  laDgerZeit 
an  dytpeptischeii  Beichwerden^  AofstofteD,  Uebel« 
keit,  Erbrechen I  öftern  Durchfällen,  Drack  im 
Megea  nach    aem  Genuste   tod  Speisen   und 

**)  VgL  „Sehneller  Tod  darcb  spontane  DardilÖcheniiig 
des  Ifsgens  herbeigeföhrT^  too  Dr.  S,  B.  Becker  \m 
Jeoni.  d.  f»r.  Heilk«  Bd.  LXIY.  8t  3«  S.  3.  -*  8t,  4. 
S»  §7.  — ^  8i.  &  &  13» 


I    • 


—     9G     — 

GetrHokeo,  Edterodyoe,  ja  formlichei'  Kolik,  »1 
\?ie   sugleicb  an   einem  bald   bohrendeD,  bali] 
stecbenden^    breoDeDden   Schmerze  im  Kopfi^ 
unter   dem  Scheitelbeine  rechter  Seite,    gelitin 
hatte.  Von  der  Idee  ausgehend,  dafs  dieQaellt 
dieser  Beschwerden   in    anomaler  Gicht   zu  lO" 
eben  sey,  hatte  man  dem  Kranken  Antarthrtlkt 
mancherlei  Art  Terabreicht,   ohne   auch  nur  im 
geringsten    eine   Aenderung    in    dem  Kopfabd 
bewirken    zu    könoen.       Das    AbdominalieideD 
hatte  den  ihm  entgegengesetzten  krampfstiUen- 
den  und  bittern  Mitteln   eben   so   getrQtzt,  «ris 
das  Kopfübel  der  spätem^  wiederholtep  AppU- 
cation   Ton  Blutegeln,  w^elche  aO'  die  achohef*. 
zende  Stelle  gesetzt  wurden.   Eine  syphilitische 
scabiose  Dyskrasie  oder  sonstige  Ursachep  «rei- 
che das-  eine  oder  andere  Uebel  oder  beide  IQ- 
gleich    hätte   erzeugen   könfaen,    wä)r  darchaos    j 
nicht  zu  ermitteln,  und  es  gingen  Jahr  und  Tag    ^ 
unter  der  Behandlung  ohne   allefti  Notsen  ni^ 
nur    dahin  ^    sondern    das    Unterleibsübel   Ter- 
schlimmerte  sich  sogar  und  setzte  fast  gar  nicht 
mehr  aus.  Am  Kopfe,  da  wo  der  Schmers  ei»-' 
pfunden  wurde,  zeigte,  sich  aber  nur  ein«  W^ 
senartig    anzufühlende   Geschwulst,    als    wenn, 
ein  Eiterdepot  zwischen  den  Kopfint egnmenten 
und  dem  Scheitelbeine  sich  gebildet  hätte  ;^  ein 
Druck  mit  dem  Finger  drängte  die  Geachnvolst 
in  die  KopfhShle  hinein,  so  dafs  eine  forralicb 
runde  Vertiefung,  über  welche  die  nmgebendea 
Theile  hervorragten,   zu   sehen  und  ab  SOntL 
gleichsam  dieser  runden  Vertiefung  ein  harter, 
unebener  Rand  zu    fühlen    war.  '   DaCs'  diäter 
Rand   und   die  Möglichkeit ,  die  Geschwidst  in 
die  Tiefe  zu  drücken,  so  dafs   eine  flachrttnde 
Grube  ron  der  GrÖfse  eines  yiergroach^aptncfcs 
entstand |  auf  eine  Oeffnnng  ibtScbädel »dttito- 


—     97     — 

feni  lag  klar  am  Tage  und  wardo  noch  deoN 
licher  dadurch^  dafs  der  Kranke,  wenn  man 
etwas  stark  druckte,  schläfrig  wurde  und  gelinde 
flickte  y  der  za  dem  Drucke  benutzte  Finger 
aach  ein  Pulsiren,  ein  Klopfen  der  Hirngefafse^ 
'foder  die  anf-  und  absteigende  Bewegung  des 
Gehirns)  wahrnahm.  Es  wurde  beschlossen,  in 
die  Geschwulst  einen  Kreuzschnitt  zu  machen 
und  dann  zu  überlegen,  was  weiter  zu  thun  sej* 

Der  Schnitt  wurde^  ohne  Störung,  für  den 
Leidenden,  vollzogen  und  ein  Eiterdepot  ent- 
deckt. Nach  behutsamer  Entfernung  desselben 
seigte  sich  im  Scheitelbeine,  wie  vermuthet, 
eine  cariöse  runde  OeiTanng  Ton  der  Grofse 
eines  Preufs.  Viergroschenstücks,  mit  unebenem, 
ausgezacktem,  angefressenem,  cariüsem  Rande^ 
die  harte  Hirnhaut  aber  noch  unverletzt.  Eine 
Entfernung  dieses  Knochenrnndes  mittelst  Ope- 
ration, um  dadurch  eine  runde  Wunde,  wie  bei 
der  Trepanation,  zu  erhalten ,  wollte  sich  der 
Kranke  nicht  gefallen  lassen,  und  es  wurde  der 
cariosa  Knochenraud  daher  mit  Phosphorsäure 
und  Sabinaaufgufs  verbunden ,  die  OeiToung 
ganz. einfach  und  lose  mitCharpie  bedeckt,  um 
sie  gegen  Luft,  Druck  und  Schmutz  zu  schützen, 
und  der  Kranke  zugleich  höchst  antiphlogistisch 
behandelt,  ihm  dabei  aber  sehr  nährende  Kost 
gereicht.  Der  Kopfschmerz  war  seit  Entfer- 
Dung  des  Eiterdepols  verschwunden.  Ehe  aber 
noch  in  dem  Rande  der  Schädelöirnung  eine 
bedeutende  Veränderung  herbeigeführt  werden 
konnte,  starb  der  Kranke  plötzlich  unter  hefti- 
gem Erbrechen  und  allen  Zeichen  einer  durch 
nichts  zu  lindernden  und  in  Brand  übergegan- 
genen Gastritis« 
,louro.  LXXXiy.B.2.St.  G 


—     98     — 

Die  Leicbefiodroaog  ergab  TSIlige  lotegrU 
der  Schädel«  bi»  auf  die  carioee  Slelle,  so  im 
auch  völlig  normale  Beftchaffenheit  des  Gehirn^ 
seiner  Häute  und  Gefafse;  der  Beinfrafs  kaüi 
die  oberste  Lamelle  des  Scheitelheios  ergriffisii 
die  innere  dem  Gehirne  zugewandte  Fläche  die* 
868  Knochens  war  ganz  gesopd;  in  der  Bms^ 
höhle  keine  Abnormität  zu  finden.  In  der  Baach- 
hohle  zeigte  sich  die  Ursache  des  Todee«  iiäni- 
lieh  eine  Ansammlung  Ton  Speiseresten,  wd* 
che  durch  eine  Oeffnung  im  Magen  in  das  C%- 
Tum  abdominis  entleert  worden  waren' nnd  Hit 
Entzündung  und  Brand,  deren  Spuren  in  be> 
deutendem  Grade  in  die  Augen  fielen,  eneogt 
hatten.  Diese  Oeffnung  befand  /sich  jän*  der 
vordem  Seite  des  Magens,  in  der  Mitte  desssl- 
ben,  hatte  die  Grobe  eines  PrenOs.  AcbtgttMche^ 
Stücks,  einen  zerrissenisn ,  nicht  glatten  ead 
scharfen  Rand  und  war  von  eineni  etwas  schwie- 
lig anzufühlenden,  sonst  nicht  abnorm  gefarfaMh 
Saume  umgeben.  Uebiigens  war  der  Miges 
ganz  natürlich  beschaffen,  so  auch  die  Gedmi* 
und  übrigen  Baucheingeweide.  Auf  jeden  Fall 
war  der  Tod  durch  eine  Zerreibnng  der  Titf» 
dern  Wand  des  Magens  und  durch  EntleMMg' 
seines  Inhalts  in  die  Bauchhohle,  wodurch  En^ 
zündung  und  Brand  entstanden,  erfolgt. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  dieee  in  Rede  a!»' 
bende  MagendurchVocherung ,  ausgegangen'  wm 
aufgehobener  Göntinuität  der  Magenhänte«  doch 
das  heftige,  vielleicht  krampfhafte  Eibieckee, 
also  durch  eine  mechanische  Ursache  eDtstaal-' 
den  war  —  ob  wir  es  also  mit  einer  RuMDa 
a  causa  mechaniea  zu  thnn  hatten,  oder  ob  «A 
Perforation  durch  innere  djrnamische,  im  Ch^ 
ganismus   gegründete  Kienkheitssosliiilde   tik- 


—     99     — 

I 

aolafst  worden  war.  Ich  fit  meineo  Theil 
glaub«  mehr  ao  die  zuletzt  genantste  Eotste- 
buDgsart  des  Uebels  und  zwar  durch  eipe.  un- 
erkannte Dyakrasie,  weil  eines  TheiU  auf  sol- 
che Art  nur  die  Genesis  des  zugleich  bestehen* 
deo  Beinfrafses  im  Schädel  zu  erklären  ist,  und 
andern  Theils,  weil  sich  im  Ui^fange  der  Oeff- 
nung  im  Magen  eine  schwielige  Härte  wahr- 
nehmen liefs/die  sich  allmälig  in  die  natürlich 
beschaffenen  Magenhäute  verlor.  Höchst  wahr- 
scheinlich war  durch  Ablagerung  irgend  eines 
Krankheitsstoifes^  vielleicht  eines  syphilitischen 
oder  tcabiosen,  auf  die  nachher  durchlSohiten 
Stelleo  ein  chronischer  localer  Entzündungsztt- 
tland  hervorgerufen  worden  und  in  Folge  des- 
••D  Garies  im  Schädel ,  Verhärtung  und  Exul- 
ceration  iqi  Magen,  wodurch  die  Oeffnung  im 
Schädel,  so  wie  die  Zerreifsung  der  schwären«. 
den  Stelle  im  Magen  herbeigeführt  wurde.  So 
lange  der  Entzüodunga-p,  Verfaärtungs-  und  Ex- 
olcerations-Procefs  im  Magen  bestand^  hatte  der 
ILranke  an  dyspeptisch/en  Beschwerden  aller 
Art  gelitten;  mit  ZerreiTsong  der  desorganisir-« 
ten  Stelle  erfolgte  Ergufs  des  Mageninhalte  in 
die  Baochhohle^  Entzündung  und  Brand« 

■  — 

2.  Gastrobrosis  per  accidenB  nach  Beckerm 
a)  Gastrobrosis  traumatica.  Eine  Tagelöhner- 
fran,  hoch  in  den  dreifsiger  Jahren,  stach  sich 
(es  blieb  unausgemittelt^  aus  welcher  Ursache? 
TieUeicht,  da  sie  Trunkenhold  war,  im  Zorne) 
ein  ]|anges  Brod^ies^er  in  die  Herzgrube,  so 
dafs  dasselbe,  wie  die  von  einem  Wundarzte 
meines  damaligen  Wohnorts  vorgenommene  Un- 
tersnchung  mit  der  Sonde  lehrte,  die  vordere 
Magenwand  durchbohrt  hatte  unid  in  die*  Ma*  . 
MAhöbid  gedrungen  war,   ,Der  Blutverlust  war 

G\2 


—    100    ^ 

nicht  sehr  hedeatend,  da  dta  Verlotsmig  lii 
Mitte  delr  vordem  Magenwand  gatroSen' hatti, 
welche  our  mit  feinen  Aasten  dar  artaria  coro* 
naria  yarsahen  ist.  WiedieWanda  bahanddt 
warde,  darüber  habe  ich  nichts  ar£ahran;  atr 
so  viel  ist  zu  meiner  Kenntnifs  gekommen,  dab 
die  Verwundete,  obgleich  die  Speisen  aas  d« 
WundolFnung  heraastratan  ^  dennoch  mehrai 
'Monate,  freilich  in  einem  höchst  kläglichen  Za- 
staode,  lebte  und  zuletxt  an  völliger  AostelK 
ruog  starb.  Die  Section  nnterbliab,  würde  absr 
wohl  weiter  nichts,  als  eine  Oeffnnng  im  He- 
gen, vielleicht  mit  Extravasaten  in  der  Baock 
höhle ,  Entziindang  im  Umfange  der  Oei&Nng 
und  andere  Zufalle  der  Verwandang  nacbgs» 
wiesen  haben.  Au  NervensufäUen  oder  ent- 
ztindlichen  Affectionen  battd  die  Yarlatila  ksi 
Lebzeiten  nicht  gelitten. 

V)  GasIroWosis  venenaia  a*  foxieom    Eis 

Dienstmadehen ,   welches  beim  Reinigen '  eiasi 

Kanfmannsladens  aus  einer  mit  Oleum  VitiioS 

gefüllten  Flasche,  in   der  sie  Branntwein  vsr- 

muthetei  einen  guten  Schluck  genommen  haHs^ 

zeigte    alle   Symptome    einer    acuten   Gastritis 

und   wurde  dem  gemäfs   auch  behandelt*     Die 

Symptome   der  Entzündung   schwanden   swaTf 

aber  es  entstand  eine  Oeffnung  nach  aaÜMn  im 

Magen,  welche  sich,  unter  fürchterlichen  Qos- 

len   der  Vergifteten,    immer  mehr   ond  mehr 

vergröfserte  und  in  sechs  Wochen  dem  Laben 

derselben  ein  Ende  machte.     Leider  vmrda  die 

Section  nicht  gestattet. 

2.  Erfahrungen  über  den  Kettemourm  (Tae* 
mia  cucurhitima)^  Bereits  in  Ca$per*s  lyocbaa- 
aehrift  für  die  geiammte  Hailkttiida»  Jahrg aag 


-   101   - 

1834.  Haft  i,  liabe  Ich  den  Fall  ^d«*  Illäd- 
cfaens  nitgetheilt,  io  vrelchem  es  mir  felaog, 
durch  daa  Extractnm  Filicia  maris  aetheream 
einen  Kaltenffurm  abzutreibeo.  Dieaes  Miltbl 
bewies  lich  nua  aber  aacfa  zur  Ablreibaeg  einea 
Bweileo  Exemplars  dieses  Wurmes  bei  demsel- 
ben jnogen  Mädcheo ,  das  ich  drei  Vierteljahre 
nach  EntfernuDg  des  ersten  Wurmes  wieder  in 
die  Kar  bekam,  nicht  nur  nirksam,  uod  es  hat 
■ich  nie  nieder  eioe  Spur  von  Ba&dwunnsglie- 
dera  bis  jetzt  gezeigt,  sondern  befreite  auch 
noch  eine  kraoke  Frau  tod  tyrti  Ezemplareo 
der  Taenia  cucurbitiaa.  Diese,  einige  Ewanaig 
Jahre  alte  Frau,  welche  wegen  einer  Menge 
Krampfbeschwerden ,  die  man  beim  Abgänge 
TDD  Bandwurmsgliedern  toh  diesen  ableitete, 
tnit  vielen  Antheluiinlicis  ( Compositionen  der 
alten  Scbule,  dem  JVw^erscben,  Htrrmschwand- 
echen  nnd  andern  Jlliileln)  Ton  zvi-eien  Aerzten 
behandelt  worden  war,  ohne  dafs,  was  doch 
auber  der  Zeit  der  Kur  geschah,  wahrend  der 
Behandlung  des  einen  Arztes  auch  nur  ein  Frag- 
ment -Ton  Bandwurm  abging,  bei  der  Verord- 
snag  des  andern  Arztes  mehr  als  unbedeutende 
Glnder  entleert  wurden,  und  ohne  dafs  die  Be- 
aehwerdea  auch   nni  im  geringsten  Grade  ab- 


I 


Ich  gab  Abenda  am  9  Uhr ,  nacbdem  ich 
«ine  karge  Mittagsmablzeit  hallen  und  gar  nicht» 
bslle  geniersen  lassen :  Rec.  Extracli  FiUcis  mar. 
B«lberei  gr.  xxx,  Pulrer.  Kadic,  Filic.  maris  q. 
I.  ut  r.  pilalae  Nro.  xxx,  consp.  PnWere  Cin- 
tikmami,  D.  s.  Abends  um  9  Uhr  15  und  eben 
M  viel  nm  Üj  Ubr  nehmen  zu  lassen.  Um  8 
CAr  da»  darauf  folgenden  ftlorgens  liefs  ich  drei 
all*  halbe  Stunde  eine  Uuze  Infus.   Seo- 


—    102    — 

vae  compositain  verbranchefa^  tid4  iiin  |0  übr 
Vormittags  war  schon  ,eioe  grobe  Qlooge  Bafei- 
warmglieder  abgegaogen« 

Nach  ^  dreien  Tagen  antersuchte  idh  dii 
Bandwurmgliedert  konnte  aber^  trbts  der  loif- 
«  fältigsten  Nachforschung  mit  eine»^  Loupe»  dsi^ 
noch  nicht  das  Kopfende  d$s  Wurmea  aufli»- 
den ,  obgleich  das  Halsende  dentlicb  Tor  Angei 
lag.  Ich  setzte  dieserhalb  zwei  Tage  lang  Je» 
des  Arzneimittel 'bei  Seite,  g|ib  darauf  abeiv 
um  das  etwa  noch  zurSckgebliebene  Kopfenda 
abzutreiben,  Abends  6  Efsloffel  toU  Öleqm  Bi> 
cini  und  Tags  darauf  ein  Decoctum  CorücisBa- 
dicis  Punicae  Granati  (unc.  jj.  Wurxelrinde  nSt 
Pfd.  jjr  Wasser  bis  auf  Pfd.  j.  Colatur),  woToa 
ich  jede  halbe  Stunde  den  dritten  Theilneb- 
men  liefe.  Dessen  ungeachtet  zeigte  sieb  keia 
Wurmstück  mehr. 

■ 

Da  ich  jetzt  annehme^  zu  miisseD  gTanlitSi' 
dafs  die  fortdauernden  Abdominalkrampfe  dar 
Frau  ihren  Grund  nur  in  erhoheter  EiDpSad« 
liebkeit  der  Unterleibsnerren  hätten,  und  dieie, 
trotz  entfernten  Causalmoments ,  des  Bandwnv* 
mes,  wohl  nur  als  habituell  gewordene  Nerreo- 
Terstimmung,  wie  dies  so  oft  bei  Krämpfen  tod 
materiellen  Ursachen  der  Fall  ist,  fortdaaeifeni 
so  gab  icby  um  diesen  auf  die  AbdominalneireD 
gemachten  Bindruck  zu  erlSscheo  vnd  zugleich 
die  Digestionsorgane  zu  stärken^  Antisj|»asoH>Aei 
in  Verbindung  mit  bittern  und  wurmtreibendei 
Mitteln ,  so  dafs  dieselbe  ein  halbes  Jahr  bog 
Aicht  klagte. 

Doch  allmälig  stellten  sich  die  alten  Be- 
schwerden wieder  ein,  und  die  Frau  rerlor  is 
Terschied^nen  Zeiten  wieder  Bandwuimj 


^   103    — 

Eid  etwa  dre!  Vierteljahre  oacli  der  ersteh  Kur 
wiederholter  Gebrauch  der  oben  genanDten  Mi«- 
»chuDgen  (der  Farrnkrauteittract- Pillen  und  des 
laxirenden  Infusums)  hatte  abermals  Abgang 
eines  Kettenwurmes  Ton  4  Eilen  Länge  zur 
Folge  (der  erste,  war  etwas  kurzer) ;  doch  trotz 
der  sorgfältigsten  Untersuchung  konnte  ich  auch 
jetzt  das  Kopfende  des  Wurmes  nidbt  finden. 
Der  Name  Taenia  sollum  gebührt  dem  Kelten- 
warme  also  nicht  mit  Recht ;  denn  in  dem  Falle 
des  früher  behandelten  Mädchens  war  ron  mir 
ein  Wurm  mit  dem  Kopfende  abgetrieben  wor« 
den,  und  deAnoch  entfernte  ich  drei  Vierteljahre 
später  noch  einen  zweiten  Wurm  derselben' 
Art  Ton  mehreren  Eilen  Länge  ^  die  auch  der 
erste  hatte*  Alan  wird  hier  einwenden:  der 
sweite  Wurm  habe  mit  dem  ersten  nicht  zu-* 
gleich  existirt,  sondern  sey  nur  nach  Entfer- 
nung des  ersten  entstanden,  weil  die  Disposi- 
tioD  zur  Wiedererzeugung  eines  zweiten  Wur- 
mes nicht  gehoben  worden  sey.  Dagegen  er«, 
widere  ich ,  dafs  zur  Hervorbildung  eines  zwei- 
ten Wurmes  aus  derDiathesis  helmintica  wobt 
ein  längerer  Zeitraum ,  als  der  von  drei  Vier-* 
teljahren,  erforderlich  gewesen  wäre,  weil  sonst 
der  Wurm  9  wenn  ihn  Leute ,  die  nuir  wenige 
Glieder  desselben  Terlieren,  Jahre  lang  bei  sich 
trogen ,  Wohl  länger  seyn  mäfste ,  als  er  ge« 
wohnlich  ist,  -<-  ein  Beweis,  dafs  viele  Zeit 
dazu  gehöre,  ehe  er  zu  mehreren  Ellen  wieder 
anwächst  Die  Kurregel,  unbedingt  das  Kopf- 
ende des  Wurmes  abzutreiben^  um  die  Reprb- 
doction  desselben  zu  verhüten,  ist  wohl,  wie 
aoch  schon  ändere  Aerzte  bemerkt  haben,  nicht 
so  streng  zu  nehmen^  denn  bei  dem  in  Rede 
stehenden  jungen  Mädchen  trieb  ich  den  zwei- 
ten Wurm  ohne  Kopfende  ab,  und  dennoch  hat 


^    104    — 


sich  me  wieder  eine  Spar  von  BandwarmgUe" 
dem  oder  irgend  eine  auf  den  Wurm  hinde«- 
tende  Beschwerde  gezeigt.  Ob  nach  Eotfer- 
nnng  des  zweiten  Wurmes  bei  der  letxtes 
Kranken,  der,  wie  der  erste,  ohne  Kopfende 
abging ,  keine  Glieder  mehr  abgehen  werdeD, 
wird  die  Zeit  lehren.  ' —  Bleibt  die  Fran  toi 
Beschwerden  frei,  und  gehen  keine  Wnrmglte« 
der  mehr  ab,  so  ist  es  ausgemacht,  dals  der 
zweite  Wurm  nur  durch  Reprodnction  das  nicbC 
ganz  abgetriebenen  ersten  entstanden,  oder  aoch 
wirklich  ein  zweiter  Wurm  vorhanden  gewe« 
sen  sey.  Sicherer  bleibt  es  also  hnmer,  mit 
jedem  Wurme  auch  den  Kopf  abzutreiben«  weil 
man  dann  gewifs  sicher  ist,  dafs  derselbe  Worm  | 
sich  nicht  wieder  erzeuge,  sondern  ein  xweittr  \ 
Wurm,  wenn  ein  solcher  sich  ankündigt,  enU  j 
weder  neben  dem  ersten  bestand,  oder  sich  die 
Glieder  an  das  Kopfende  wieder  ansetzten,  was 
nach  meiner  Meinung  aber  immer  erst  in  län» 
gerer  Zeit  geschehen  kann. 

3.  Ueher  die  Wirkung  der  Radfsc .  CaÜH 
cae  als  Hydragogum.  Den  ersten  Versuch  mit 
dieser  Wurzel  machte  ich  bei  einer  Schiffer- 
frau, welche  an  Hautwassersucht  litt.  Das  aua 
unc.  jj.  Radix  Gaiucae  und  unc.  XTJjj.  Wasier 
zu  unc.  }x.  Colatur  bereitete  Dekokt,  dem  ich 
*noch  unc.  j.  Syrupus  Flor.  Aurantii  zusetzte^ 
bewies  sich  nicht  nur  in  Bezug  auf  die  Haut- 
Wassersucht,  sondern  auch  in  Bezugs  auf  sa- 
gleich  bestehende  hysterische  Beschwerden,  bei 
welchen  ich  die  Wurzel  übrigens  nur  .  für  ein 
Nebenmittel  halte,  höchst  hülfreich,  indem  die 
Wassersucht  ganz  dadurch  beseitigt  wurde«  die 
hysterischen  Beschwerden   aber  sehr  an  Inlen« 


^    105    — 

8it3tt  Bboabmeo ,  seitdem  das  Mittel  die  Harn* 
excretioa  sa  yerstärken  anfing. 

Bei  einem 'Fischersohne ,  der  spüterhin  an 
Langenscbwindsucht  starbt  bewirkte  die  in  obi^ 
ger  Form  gegen  Haut-  und  Bauch  Wassersucht 
angewandte  Cainca würzet  eine  starke  Diuresa 
(Abgang  Ton  wohl  10  Berliner  Quart  Harn); 
doch  war  hier  der  Gewinn  nur  ein  temporä- 
rer: denn  schon  nach  einigen  Monaten  war  al- 
les Wasser  wieder  angesammelt^  und  kein  Mit- 
tel Termochte  den  Tod  abzuwenden,  der  durch 
Schwind-  und  Wassersucht  zugleich  erfolgte. 

Auch  nicht  einmal  temporären  Nutzen  sah 
ich  TOD  dem  Caincawurzel  -  Dekokt  hei  einem 
achtjährigen  Mädchen,  welches  an  Hydrops  as- 
cites  in  Folge  organischer  Leberfehler  a  causa 
acrophnlosa  litt;  doch  hier  hätte  auch  kein  an- 
deres Mitlei  geholfen,  und  die  Kranke  starb« 

In  yielen  anderen  Fällen  von  Haut-  und 
Brustwassersucht  leistete  mir  das  Dacoctum  Ra- 
dicis  Caincae  zwar  auch  nur  Toriibergehenden, 
aber  noch  immer  gröfseren  Nutzen ,  als  jedes 
andere  Actihydropicum ;  nur  bei  Uydrothorax 
tbat  die  Digitalis  mehr«  Oft  wirkte  das3iittel^ 
statt  auf  die  Harnorgane^  was  auch  ^pitta  in 
Rostock  bemerkt  haben  will,  auf  den  Darm- 
kanäl,  in  welchem  es,  mit  oder  ohne  Nutzen 
für  den  Kranken ,  gelinde  die  Absonderungen 
vermehrt;  Schweifs  habe  ich  auf  den  Gebrauch 
dieses  Mittels  nie  erfolgen  sehen • 

Radikale  Hülfe  schaffte  das  Mittel  bei  einer 
Bauerfrau,  welche  in  Folge  eines  lange  bestan« 
denen  und  von  mir  endlich  geheilten  Wechsel- 
fiebers Oedem  der  Füfse  bekam,  weldies  all- 
mäUg  in  allgemeine  Uautwassersucht  überging« 


—    106    — 

Da  die  Fraa  seit  JaIikd  mil  Djfpooe  and 
Scbleimhoaten  zu  kämpfeD  gehabt  halte ,  gab 
ich  ein  CaiocawurseU  Dekokt  too  nac.  jz  mit 
dr«  }jj  Tartarus  boraxatus,  am,  Yreap  das  Was- 
ser blos  in  Folge  des  lange  bestandenen  Wecb- 
selfiebers  sich  in  der  Haot  angesammelt  hätte, 
radikal  9  wenn  es  aber  auch  in  der  Brusthöhle^ 
in  Folge  ihres  längern  Brustleidens ,  Torhanden 
wäre,  durch  Verstärkung  der  Diurese  wenig« 
stens  pallialir  zu  wirken.  Erst  nach  einem 
halben  Jahre,  als  ich  zu  der  Frau  wegen  Aath- 
ina  spastico-pituitosum  geholt  wurde,  erfahr 
ich,  dafs  die  hydropischen  Anschwellungen  dent 
dreimaligen  Gebrauch  der  ojben  genannten,  mit 
Tartarus  boraxatus  yersetzten  CaincawnrzeI*Ab- 
kochung  (alle  3  Stunden  zu  1  ElsiSffel  toU) 
gewichen  wären,  und  sich  nie  wieder  eine 
Spur  Ton  Wassersucht  gezeigt  habe*  Die  Fraa 
wurde  durch  mich  auch  yon  dem  Asthma  .be« 
freit,  und  ist,  ihre  alte  Engbrüstigkeit  abgerech- 
net,  an  die  sie  aber  schon  gewohnt  ist»  wohl* 

Das  2  Jahr  alte  Kind  eines  Kuhpäcbten 
war  in  Folge  eines  lange  bestandenen ,  auch ' 
nicht  erkannten  Wechselfiebers  hjdropisch  an- 
geschwollen. Ein  Decoctum  Radicis  Caincae 
(unc.  jx),  in  welchem  ich  gr.  jx  Chinii  sulphnrici 
aufloste,  hob  das  Fieber  und,  unter  rerstärkter 
Diurese,  auch  den  Hydrops.  -^  Dasselbe 'war 
der  Fall  bei  einem  Baoernknechte ,  der  bereite 
drei  Vierteljahre  lang  von  einer  Febr,  intermit- 
tens  quartana  geplagt,  von  einem  Apotheker 
tergeblich  mit  Cbininpulvern  bebandelt  worden 
nnd  an  einem  hoben  Grad  von  Wassersucht  er- 
krankt war.  Ein  Decoctum  Badicis  Caincae 
(unc.  jx)  mit  unc,  j  Tinctura  Chinioidinae  be- 
seitigte das  Wechselfieber  und,  ohne  sichtbar 


—    107    — 

auf  e!ad  Excretloo  zu  ivirkeD|  0ac1i  deD'Hj« 
lirops^  to  dafs  der  Kranke,  der  mich  späterhin 
öfter  and  aach  nüch  vor  kurzem  gefahreo^  bat, 
seit  2  Jahren  ganz  gesund  geblieben  ist. 

Eine  hier  privatisirende  Fächterwittwe,  die 
früher,  als  sie  noch  in  der  Nähe  Rostocks 
wohnte,  Ton  einem  Arzte  einen  Thee  aus  Ra- 
dix Levistici,  Baccae  Juniperi  und  Semen  Pe« 
troselini  erbalten  und  Nutzen  davon  gesehen 
hatte,  gebrauchte y  da  dieser  Thee  am  Ende 
nichts  mehr  leisten  wollte,  Caincawurzel-Ab« 
kochungeo  mit  Tartarus  boraxatus,  und  ihre 
hydropischen  Anschwellungen,  die  auch  den  Un-^ 
terieib  ergriiFen  hatten  ^  so  dafs  ein  beateliör- 
miger  Sack  an  demselben  zu  fühlen  \?ar,  so 
wie  die  dadurch  bedingte  Dyspnoe  schwanden , 
temporär;  dafs  dies  aber  yon  wirklicher  Dauer 
•eyn  werde,  mofste  ich  bezweifeln,  da  die 
Kranke  Seit  zwei  Jahren  nacli  einer  gehabten 
Langenentzündung  fortwährend  hustet,  und  ihr 
Lungenorgan  seit  jener  Zeit  ernstlich  zu  leiden^ 
scheint.  Es  kann  wohl  am  Ende  Hydrothorax 
folgen.  Aber  welches  3Iittel  vermag  eine  An* 
eammloDg  von  Wasser  in  der  Brust^  wenn  die« 
•elbe  als  Consecutiyübel  ^aus  organischen  Fehlern 
oder  Organverletzungen  herTorgegangen  ist,  fiijr 
die  Dauer  zu  heben?  Die  Frau  lebt  gegenwär«* 
lig  wieder  in  der  Nahe  Rostocks,  soll  jetzt  ein 
lofusum  Juniperi  trinken  und  sich  dadurch  die 
Wassergeschwulst  temporär  vertreiben,  was 
liier  durch  dieses  Mittel  nicht  gelingen  wollte, 

4.  Ein  Fall  von  '■■  glücklich  geheillem  Ge^ 
sichtsschmerze  (IVeuralgia  facialis).  Ein  junges 
Jndenmädchen,  höchst  nervöser  Constitution^ 
litt   seit   drei  Monaten    am  Gesichtsschmerze, 


—    108    — ' 

weichet  jedoch  sieht  Tfle  in  dem  io  Benm^ 
mann*s  Beiträgen  Meckl«  Aerste  sar  Medida 
und  Chirargie  1.  Bd.  2.  H.  p.  83  a«  bescbiie- 
beoen  und  bei  einem  Fräulein  beobachteten 
Falle,  Ton  der  AWeole  det  unteren  yerletstet 
Backsebnes, 'sondern  von  dem  ersten  Badusahne 
des  Unterkiefers  linker  Seite  ausging,  ohne  alle 
Vorboten  und  ohne  besondere  Veranlaasnn|| 
bei  dem  Yerscbiedenartigsten  Baro«,  Thermo-« 
Hygro-  und  Aräometerstande,  atypisch  eintraf 
reiftender  Art,  mit  Nadelstichen  ähnlichen  Em- 
pfindungen Termiscbt  war,  sich  von  der  Vt^  . 
Sprungsstelle  aus  über  die  ganze  linke  Backe 
und  Koletzt  fast  über  die  ganM  linke  KopfhaliW 
Terbreitete,  und  wenn  letzteres  geschehen  war, 
allmälig  in  dem  Grade,  in  welchem  er  ange- 
fangen hatte,  an  In-  und  Extensität,  nach  atua«  ~ 
denlanger  Dauer,  wieder  abnahm«  Anachwet 
Inng  der  Backe,  aboormea  Colorit  denelbeo, 
Blasenbildung  an  den  Lippen,  an  der  Nase,  wie 
ich  dies  Alles  früher  in  meinem  Falle  bei  flen- 
nemann  beobachtete,  oder  sonst  eine  AbnormiF- 
tät  der  Haut  oder  Muskeln  habe  ich  nicht  be- 
merkt. .  Neben  diesem  Gesichtsachmerse  be* 
stand  eine  vorübergehende  Abgespanntheit,  ao 
wie  eine  öftere  eintretende  Cephalalgiei  wdche 
beiden  Zufälle  aber  schon  Jahre  lang  ror  Eio- 
tritt  des  Gesichtsschmerzes  Statt  gefanden  hat^ 
tea,  und  gegen  welche  ich ,  ohne  data  ich  ir- 
gend einen  Causaloexua  mit  dem  GesichtaDer« 
Yenleiden  aulTmden  konnte,  mit  Nutzen  einaa 
Ton  mir  bei  chronischen  Nervenbeach werden 
erprobten  Thee  aus  Radix  Valerianae,  Herba 
Blillefolii,  Chenopodii  ambrosioidis  und  Folia 
Auraotii  mit  Erfolg  schon  früher  anwandte  und 
der  dadurch  auch  gehoben  worden  war.  Nadi- 
dem  Tinctura  Strammonii,  die  in  dem  Falle  dM 


—    109    — 

Hennemann  Heilnng  bewirkte  |  6  Wochen  lang 
aogewandt  worden ,  aber  eben  so  wenig  gelei» 
stet  hatte ,  wie  die  ron  eioe'ln  Zahnarzte  i  ror 
der  Consultation  mit  mir,  in  Gebrauch  gezoge- 
nen   Zahnopiate ,    oder    der  oben   angegebene 
Tbee,   durch,  welchen  ich  nicht  nur  dem  Kor^ 
per  die  allgemeine  neryöse  Stimmung  '  zu  be^ 
nehmen^  sondern  durch  welchen  ich  auch  rot^ 
tbeilhaft  auf  das  ortliche  Leiden  des  Facialner- 
Ten  einzuwirken  glaubte,  machte  ich  einen  Var- 
sacfa  mit  dem  Ferrum  carbonicum,  welches  roa 
dem  Kranken   in   dem  Torerwnhnten  Fälle  bei 
Hennemann  nicht  ertragen    wurde«      Der  acht» 
^wöchentliche  Gebrauch  dieses  Mittels,   anfangs 
taglich  dreimal  zu  gr.  x  mit  gr.  ▼  Pulvis  Gin« 
samomi,  nach  einigen  Wochen  nur  zweimal  in 
derselben  Gabe,   bewirkte,    dafs   der  peinliche 
Gesicbtsschmerz  ganz  schwand,  und  es  hat  sich 
aoch  seit  fast  drei  Jahren  keine  Spur  desselben 
Xffieder -gezeigt,  während  er  sonst  wöchentlich 
eintrat,  nar  höchst  selten  einmal  in  einer  Woche 
aasblieb,  und   obgleich  die  allgemeine  nerTÖse 
Stimmung  trotz  zweimaliger  Seebadekur,  wenn 
auch  gegen  früher  bedeutend,   so  doch  immer 
noch  nicht   ganz  beseitigt  ist«      Der  Gesichts« 
schmerz  war  hier  also  ein  für  sich  bestehendes^ 
TOD  der  allgemeinen  Nervosität,  yon  der  er  öf- 
ters  wohl  Symptom  seyn  kann,  wie  ich   dies 
manchmal  beobachtet  habe,  unabhängiges  Uebel, 
wich  daher  nicht  den  gegen  krankhaft  erhöhete 
Narren -Empfindlichkeit    überhaupt  gerichteten 
Mitteln,  sondern  einem  Specificum  —  dem  Fer- 
rum  carbonicum«     Dafs   das  Seebad  aber  auch 
▼arbessernd  auf  die  nervöse  Stimmung  der  beim 
Gasichtsschmerze  leidenden  Nerven  gewirkt,  da- 
bar  anch  die  Neigung  dieser  Nerven  zu  Pertnr- 
batioaen  ^aDd  Sensibilitäts-Excassen   beseitigt. 


—  .110    — 

midiiD  Recidire  irerhiitet  habe^  ist  wohl  nUt 
in  Abrede  su  stelleaJ  Zum  Nachlesen  fiberG^ 
sichUsctiinerz  erlaube  ich  mir  auf  den  Yon  nir 
rerfafilen  Artikel  y^Prosopalgia"  in  Mastis  Ea- 
cjclopädie  der  niedic.  chirurg«  Praxis.  *2.  Bd. 
S.  413;  aufmerksam  su  machen,  den  ich  theib 
nach  den  besten  vorhandenen  Quellen,  ÜMib 
nach  eigener  Erfahrung  bearbeitet  habe,  mit 
einer  Nachschrift  yon  dem  Herrn  Heransgebd 
der  gedachten  Encyclopädie,  Dr.  Mostm 

5.    Kurze  ZusammensteUung  deB  Winm»* 

werthesten    über  die  Erweichring    der  Liagaif 

nebst  drei  Fällen    dieser   Krankhmt*      Die  Eiw 

vpeichung    der  Lungen    (Malacosis   polmnoui^ 

Pneumonomalacia,  yon  Laennec  fälschiieh  Gsa* 

graena  pulmonum  genannt)  ist , yon  dlMem  (ii 

der  Schrift :  ,,Die  mittelbare  Ansknltatfon.  Bach 

deip  Franz.  im  Auszuge.  Weimar  1822.  EflM ' 

Theil.  S.  100. )  9  Ton  Basedow  (Jonrn.d.  pr# 

Heilk.  Bd.  LXVU.  St.  6.  S.  82.),  ao  wie  m 

Balling  (Hecker*s  liter.  Annalen  d.  ges.  Heflb 

1830.    März.    S.   257.)    beschrieben    wordsii 

Symptome  dieser  Krankheit  sind;   plottlichst 

allgemeiner  Coliapsus  yirinm,  hoher  Grad  fon 

Hinfälligkeit,  Ohnmacht,  schy^acher  Pali,  An^ 

falle  Von  kraftlosem  Husten  mit  donnen,  ffva 

gefärbten^  sehr  stinkenden  (brandig  riechnndaa) 

ziemlich  copiosen  Sputis,  die  aber»  utar  lo- 

chelnder  Respiration,  bald  stocken,  yforaafiü^ 

focatorlscher  Tod  folgt.     In  der  Leicha  fipte 

sich:  Brand  der  Longen  anf  eine  weite StMcka^ 

yon  nicht  umschriebener  Form,  yon   rrtifwiüa 

(1.-  c.   8.  101. )  Gaogrene  de  ponmoB  aon  cit- 

conscrite  genannt.     Von  dieser  Art  toü  IfHft» 

geoerweicbung  trennt  Laenneo  eine  sweila  FonB| 

die  Gangräne'  da   poumon  circonscrito^  .wdchp 


—  111  -* 

BdyU  mft  dam  Namen  „Phthisii  nlceros«*'  be- 
legt. '    Diese  Art  ron  LuDgenerweichuDg    Ter* 
läait  langsamer,  giebt  sich  zuerst  durch  Syrap-^ 
kome  der  PleuropDeamonie,   grofse  Angst,  -be- 
deatende  Hinfälligkeit,  dünne,  stinkende,  grün- 
lich gelbe  Spata,  unbedeoteodes  Fieber^  blasses 
Geaicht,  starken  Brustschmerz,  Ton  Zeit  zu  Zeit 
eintretenden  filathosten,  dnrch  später  (nach  2  — 
3  Wochen)  eintretendes  Fieber  mit  Colliques- 
cenz    und  unerträglich  stinkendem   Athein    za 
erkennen»     Das  Stethosop   giebt  Pectoraloquie^ 
und  wenn  die  erweichten  Partien  mit  der  Pleura 
und  den  Luftrohrenästen  in  Verbindung  stehen, 
eiach   einen   metallischen  Klang  an.      Der  Tod 
tritt  auch  hei  dieser  Form  durch  SuiFocation  ein. 
Pradisposition  znr   Lungen  ->  Erweichung  geben 
neb  wache  Constitution^    das  vorgerückte  Alter, 
icachektischer  Znstand.     Zu  den   Gelegenheits* 
uAacben  des  Hebels  gehören  dagegen :   schwä- 
chende Einflüsse  aller  Art,  schlechte  Kost,  de^ 
primirende  Leidenschaften,  grofser  Säftererlust, 
falsch  behandelte   Febr.   iotermittens ,   scropbu* 
loee^  syphilitische  Dyakrasie^  zumal  wenn  Lun«- 
gentuberkeln    Torhanden    siod^    oder    typhose 
Poenmonie,   Schleimschwindsucbt  der   Lungen 
Statt   finden,  und  vielleicht  erregen   auch   die 
Brnstwassersucht,  die  rheumatische  Pneumonie 
und  Seelenstorungen  Lungenerweichung,  wohin 
wenigstens   die  Angaben  StolVs   und   PoigtePi 
deuten,  daüs  sie  bei  den  an  diesem  *Uebel  Ver- 
storbenen welke,  schlaffe,  leichtere  Lungen  ge-? 
fanden  haben   wollen.     Die  Lungenerweichung 
ist  nicht  gleichbedeutend  mit  Anthrax,  pustnla 
maligna,  Pestkarbonkel,  wie  Laenneo  und  Bayl& 
annehmen;  sie  ist  nioht  Ausgang  des  höchsten 
Grades  der  Lungenentzündung,  welcher  eiotre- 
Im  soU^  wenn  der  Ausgang  in  Eiterung  oder 


—    112    — 

Ansscbwitmog  aasbleibt  (Baef'hatfe,  O.  jL  JT^ 
gel,  Berends^  Nicot,  Biight):    denki   nie  faai 
lieh  in  dea  Luogen  an  solcher  PnaümooM  Ya^ 
storbener  vrahre   Gaogräa^  aondern    granaliili 
Härte;   jene  waren   hellstrohfarbeo^  beim  Ei»- 
schDeidea  in  dieselben  kam  eine   gelbe,   eitei^ 
ahnlicbe,  mit  blutigem  Seram  rermiachte  3li^ 
terie  beryor.     Ich  glaube  ^  dah  die  LuDg^n-Bi^. 
weicbong  in  dem  Gewebe  der  Lungen  auf  diir 
selbe  Art  wie  die  Malacose  in  andern  OrgaMt 
Bu  Stande   komme,    halte  also  diese  Kraokbeit 
Ton  den  oben  namhaft  gemachten  Uebelo,  iJBs 
auf  keiner  Erweichung  des  Gewebes  bemlMk 
ganz'  verschieden.     Für  die  wirkliche   Enrsir 
chung  des  Lungengewebes  sprechen,  aniser 'dai 
Gelegenbeitsursachen,  das  Fehlen  einer 'Voifesi^ 
gehenden  Pneumonie,   der  plötzliche   Collapsw 
\irium,    das   Vorkommen    der   Krankheit  hm 
flchwäcblicben,  cacbektischen  Subjekten  a.  a.w. 
Die  Heilung  der  Lungen -Erweichung  ist  sehr 
problematisch,  bei  der  umschriebenen  Form  da- 
gegen allein  nur  möglich,  wenn  die  Hülfe  froh 
eintritt»    Zu  Anfange  der  Krankheit^  beiSrnp- 
tomfen   Ton  Pleuropneumonie    ist    eine    EUas. 
Venäsection    zu   yeranstalten ,  jedoch  mit  Voi^ 
sieht;  sind  Schwäche  und  die  oben  beschriebe- 
nen Sputa  Torhanden,  dann  excitirende  JUittsls 
Arnica,  Kampher ^  China,  aber  anch  ScbweSsl- 
säure,  Vesicantien  n.  &•  w«     , 

Als  Beläge  folgende  Fälle  ans  dem  Krsiie 
meiner  eigenen  Erfahrung: 

1)  Im  Jahre  1823  wurde  ich  von  der  Orts- 
behörde  zu  P.  aufgefordert,  einem  Schlosser- 
gesellen Hülfe  zu  leisten,  dem  auf  Anordnnag 
des  damaligen  Apothekers,  durch  einen  Bader 
(wegen    vermutheter   Lungenentsündang)    mr 


—    113    - 

Aiet  g^rAMea' wordteo  war  und  iDneriich  eine 
Milram-EmuViiQn  erhalten  hatte.  Bei  der  ton 
mir  Torgenommenen  Untersochang  fand  iich, 
dab  der  Kranke  wirklich  alle  Zeichen  derPneo^ 
mönie  habe,  und  der  Aderlab  wenigstens  ganz 
•B  seiner  Stelle  gewesen  sey ;  dafs  aber  gegen- 
wärtig alle  Zeichen  der  Pnennionomalacie  yor- 
handtn  waren,  als :  Oppression,  Athemnotb,  bo- 
bar  Grad  ron  Schwache,  suweilen  intermilti- 
nendil  Respiration ,  starker  Husten  mit  grün- 
achwteaen,  atinkendeni  der  Brandjauche  ahn- 
Heben  9  copiSsen  Spntis,  dabei  lifide  Färbung 
dea  Gesiclita  (in  Folge  gehemmten  Blntumtrie« 
bea^n  der  Brosts  gehemmten  Decarbonisations- 
PfOCQiaee  des;  Blutes  und  Anhäufung  des  Blutes 
im  Kopfe) >  schwacher  Puls,  Betäubung^  vSlIip* 
ger  Coliapsus  ririum ;  Zeichen  eines  Fiebers 
fehlten.  Ich  gab  eia  Decocto  -  infusum  Chinae 
et  Florum  Amicae ,  legte  ein  Vesicator  auf  die 
Brust,  gabf  da  der  Auswurf  stockte  und  diö  Re« 
spiration  erschwerte,  alternirend  mit  der  obigen 
lUtschung ,  Moschus  mit  Goldschwefel;  doch 
Alles  yergeblicb,  •—  es  erfolgte  Tod  unter  suf- 
focatorischen  Zufällen  schon  nach  dreitägiger 
Behandlung  Ton  meiner  Seite  und  am  sechsten 
Tage  der  Krankheit-,  ohne  dafs  der  Apotheker 
einer  Kunstwidrigkoit  hätte  beschuldigt  werden 
können:*  denn  die  Anamnese  lehrte,  dafs  der 
Znstand  primär  wirklich  entzündlich  gewesen 
sej,  wie^  das  öfters  im  Anfange  der  Lungen- 
erweichung der  Fall  ist;  und  dnfs  auch  hin 
länglich  Blut  entleert  worden  sey,  dafür  sprach 
das  mir  Torgezeigte  Quantum  Blut  und  der  von 
mir  Torgefundene  Zustand.  Ob  mehr  Ton  mei- 
ner Seite  für  Rettung  des  Kranken,  dessen  Tod 
mich  übereilte,  hätte  geschiehen  können,  über- 
lasse ich  SacbTersländigen. 

l<Mirm  LXXXIV.  a  Z  St  U 


—    114    — 

3)  Im  WiDter  1825  bebandelte  ich  maes 
Schäfer  in  der  Nähe  tod  Ribnitx,  ao  Bmstb» 
•chwerden,  Eogbriistigkeit  mit  flachtigen  SticheD, 
starkem  Hasten,  mit  SpatiS|  welche  Stückes 
eines  yerfaalteo  festen  Breies  ähnlich  sahen, 
und  die  der  Kranke  immer  mit  Hähnerköpfen 
rerglichi  remittirendem  Fieber,  mit  yoliem,  frv- 
quentemPabei  hohem  Grade  ron  plötzlich  ein- 
getretener Schwäche  and  Erstickun^szofälleD, 
welche  innerhalb  eines  Tages  dem. Leben'  des 
Kranken  ein  Ende  machten.  Reizmittel  und 
ein  Vesicans  nutzten  nichts.  Data  hier  Lttogew»» 
erweichang  Statt  gefunden  habe,  erleidet  kev- 
nen  Zweifel.  Zu  bedauern  ist|  dats  io  diesem 
wie  in  dem  ersten  Falle  die  Sectioat  inidit  e»> 
laubt  wurde* 


•••  ? 


^  m  ^ 


V. 

Inrse    Nftcb  richten 

und 

A  n  s  z  u  g  e. 


1. 

Fl«» 


•l^er  allgemein  ansgesprocbene  Wontcli  nn^  das  wirklich 
drfi^goide  BediirfniU  einer  Wittwen-UnterstützungB-Kasse 
für  Aerzte  im  Preofs.  Staate  hat  den  Stifter  dea  ärztlicbea 
Holfiverdna  bewogen ,  ebenfalls  eine  Anstalt  zar  Unter-- 
Btützong  der  von  Preuis.  Aerzten  hinterlassenen  dürftigen 
Vfittwen  zq  begründen^  und  dazn  den  Ertrag  eines  neue» 
rten  WeriLeSy  bestehend  in  einem  Kapital  von  Dreitausend 
Tbal«ra y- Sit  bestimmen.  I>ie  Grandsätze,  nach  welchen 
gedachtes  Institat  einzurichten  und  zu  verwalten  wäre« 
dürüten  folgende  seyn. 

$.1. 

.  Mit  der  frufet^iTschen  Stiftung  fenr  Unterstützung 
n^tbleidender  Aerzte  im  Prenfs.  Staate  Wird  ^ine  Wittwen- 
Dnt^rsCetzungB -  Ka9se  verbunden^  aus  der  so  viel^.  notor 
tiscb'  d&HUge  WIttwen  von  MitgUeitern  des  ärztlichen 
HilfiHrcrtitti  w«lehe  t»&fiit|iob  und  ununtei-brochen  zu  tets- 

H2 


—     llü    -^ 

m 

terem  beigetcagea  Iiabes »  eine  CsfaitiiCiiuig  eAattca,  di 
es  die  Mittel  der  Autalt  gestattea« 

$.  2. 

Die  Cntentutzongy  weldie  dne  Wittwe  atis  der  ge- 
dachten Kasse  erhält,  wird  Yorlaufig  aaf  den  Ertrag  der 
Zinsen  eines  Kapitals  Yon  Eintausend  Thalern  jäbrliä 
festgestellt^  gleichviel,  ob  es  die  Wittwe  dnes  promoTirten 
Arztes,  oder  Wandarztes  I.  Klasse,  oder  eines  als  Kreia- 
Chirnrgen  angestellten  Wundarztes  11.  Klasse  ist,  ond  wird 
in  halbjährigen  Raten  so  lange  gezahlt,  als  die  Wittwe 
sich  nicht  wieder  yerheirathet,  oder  ihre  Umstände  sich 
nicht  gunstiger  gestaltet  haben,  -oder  sie  nicht  durch  ihre 
moralische  Fahrang  sich  der  Unterstatzang  nn^ordig 
macht.  Hier&ber  mofii  die  Wittwo  jahriidi  eia  &egiiHi 
der  Ortsobrigkdt  beibringen. 

§.3. 

Die  Einnahmen  der  Wittwen-Untarstatzangt-KaMe 
bilden  die  frdwiUigen  Beiträge  der  Mitglieder  des  Snt- 
liehen  HülfsYerdns,  deren  Höhe  von  dem  frden  Willen 
d6r  Contriboenten  abhängt^  aber  nicht  unter  Einem  Tha- 
1er  jährlich  betragen  darf.  Die  Bdtrage  sammdn  die  Her- 
ren Kreis -Physiker  im  Janaar  jeden  Jahres  gldchzdtig 
mit  denen  zam  ärztlichen  HülfisTerein  dn^  übersenden  die^ 
selben  an  den  Herrn  Regierangs-Medidnal-Rath  ibraaDe- 
partements^  welcher  sie  an  das  Direktorium  der  Hofdand^ 
sehen  Stiftung  gelangen  läfst» 

Um  den  Wittwen  die  ihnen  bewüligie  Unterstüteng 
so  Tid  als  möglich  zu  sichern,  wird  festgestellt^  daÄniolit 
die  jährlidi  eingdienden  Bdträge  Terthttlt,  sondern  dafe 
dieselben  zu  einem  Grund  -  Kapital  angdegt  werden^  ana 
dessen  Zinsen  die  Wittwen  ihre  Unterstützung  be^akaM^ 
dergestalt,  dals  so  viele  .Wittwen  eine  jahrliche  Catnstiar 
sang  erhalten ,  als*  Kapitalien  von  1000  Thir.  foibaa- 
den  sind«  .   ., 


»  ■  «1 


§.5. 

Dasjenige  Mitglied  des  ärztlichen  Hulfsverdni .  .wd- 
ebes  seinen  Bdtritt  zur  Wittwen-Unterstotanngs-J^Mia  er- 
klärt hat^  ist  gehdten,  dl  jährlich  seinen  Beitrag  püakllidi 
so  Idsten.  Unterläfst  er  dies,  wenn  auch  nur  dnaMlf.  la 
variiert  die' Von  ihm  hinterlassene  Wit^e  alla  nad* jede 
«       ^..1^^  ^^£  Uotentiitzung^  mag  auch  der  Bako^^jikae 


—    117    — 

reHs  Bodi  lo  lange  geleistet  leyn.  Treten  *  FSlle  ^  em 
welche  eine  Ansnabme  hierton  al^  tiillig  erscheinen  latr- 
seO}  so  bebalt  sieb  das  Direktorium  die  Entscheidung  vor, 

f  6. 

Dasjenige  Mitglied,  welches  seine  Beiträge  znm  lirzt- 
Heben  HQlfsYjsrein  nicht  pünktlich  entrichtet»  verliert  sein 
AiireclU  an  die  Wittwen-Unterstiitzungs -'Kasse,  wenn  es 
ancb  in  Betreff  der  letztem  sich  keiner  Unpiinktlichkeit  im 
Zahlen  der  Beiträge  schuldig  gemacht  bat. 

'.       .  5.  7,  . 

Die  Wittwen  derjenigen  Aerzte,  welche  der  Wittwen- 
UnCerstützungs-Kasse  ein  Kapital  von  mindestens  100  Thlr. 
schenken  9  sollen  bei  übrigens  gleichen  Coiständen  eine 
Torzüglichere  Berücksichtigung  finden« 

$.  8. 

Die  Aufsicht  iiber  die  Wittwen -ünterstützungs- Kassa 
übernimmt  das  Direktorium  der  Hofeland'scben  Stiftung. 
Dasselbe  untersucht  die  Ansprüche  der  angemeldeten  Witt- 
wen und  bestimmt,  ob  dieselben  zum  Genufs  einer  Pen- 
sion gelangen  können,  so  wie  gleiciiermafsen  nach  seinem 
alleinigen  Urtheile  die  Wiedereinziehung  der  Pension  in 
den  im  §.  2.  bezeichneten  Fällen  erfolgt  Jährlich  giebt 
das  Direktorium  Öffentlich  einen  kurzen  Bericht  über  den 
Zoatand  der  Anstalt. 

§.  9. 

Die  Verwaltung  der  Kasse,  so  wie  überhaupt  dieLeit 
tang  des  Geschäftsganges ,  findet  nach  den  Principien, 
welche  in  dieser  Hinsiiät  bei  der  Hofeland'schen  Stiftang 
obwalten  9  statt« 

§.10- 

Die  Wittwen ,  welche  Ansprüche  auf  eine  Unterstüz« 
znng  machen  zu  können  glauben,  wenden  'sich  an  das 
Direktorium  der  Hufeland'scben  Sdftung  unter  genauem, 
amtlich  zu  bescheinigenden  Ausweis  iiirerVerroögens-Ver* 
biUnisse,  ihrer  sonstigen  Umstände,  der  GrÖfse  ihrer  Fa- 
milie, des  Todestages  des  Mannes,  ihrer  moralischen  Füb« 
mng,  nnd  gewärtigen  den  Bescheid  des  genannten  Direkt 
(orinnuk 

§.  11. 

Das  Durektoriom  hält  ein  genaues  Verzeichni£i  der 
WHtweo»  welche  snr  Perception  einer  Unterstüuoog  be- 


^    118    — 


rMlidgt  tin3,  und  toll  daiMlba  «■!  Aagibe  taMni 
taget  des  Mannes,  dea  Datomi  der  AameUaag,  d«  Tr 
niögenf-VerlialtniMe  o*  •.  w.^  aoe  weldiea  MoMiteii 
Prioritatireobt  lienorgebt,  Teneben  weju» 


VorBtehender  Stiftangs*PIan  wird  wmt  de«  Gmlli, 
in  beglaubigter  AbBcbrift  beigebeftetea  AUerbodiilvli'l 
binetf -Ordre  Yom  22.  d.  M,  in  «llea  MHieB  Pn 
luit  genebmigt  und  bestätigt. 

Berlin,  den  30.  September  183& 

(L.  8.) 

Mlnlttcriam  der  GtUtliehen^  Untenidili-  nd 

AngelegenbeiteBt 

(gez.)  Jitmtt9ku 


mt 


Königliche  BfMfätiffnnff^ 

Auf  Ihren  Bericht  Yom  12.  d.  M,  Qsd 
Antrage  genehmige  loh  die  in  dem  snrficlc 
Kntworf  des  Plans  einer  Stiftung  des  Terewigteo 
ratli«  Dr.  BufeUtntl  zur  Unterstützung  der  dfirfdgea  m^ 
wen  Inlfindisober  Aerzte  in  Verbindung,  mit  Mncr  wm  lii 
No?«  1830  Yon  Mir  genehmigten  Stiftung  sar  Unimfir 
zaog  nothleidender  Aerzte,  and  bewillig« |  dab  di«  dm 
ausgesetzten  Dreitausend  Thaler  zum  Fonda  dieier  ttfP 
tung  angenommen  werden,  indem  Ich  Uwea  dig 
erforderlichen  Verfügungen  Oberlasse, 

Berlin,  den  22,  September  1836, 

(gez.)  Friedrich  WiHelm 

* 

Ao 
dtn  Staats-  Minister,  Freiberm 
«•  Mtintt9in. 


—    119    — 


•r 


t$fi0ht 

der 
KlMglf  BchutzimpfmffS^AnttdH  zu  Birtln. 

r<nm 
Vanteher  dwteXbtn^  Medtc.  Hath  Vr*  Brtm^r. 


mm 


In  den  Jahren  1835  and  1836  worden  In  der  biesignn  K* 
Scbntzimpfungs-Anattdt  mit  Erfolg  nnentgeltlicb  geimpft, 
mit  üüssiger  Lymphe  von  Arm  zu  Arm^  6538  Personen* 
Unter  diesen  befanden  sich  160  Kinder  aus  den  nahe  ge-* 
legenen  Dorfscbaften  und  361,  meistens  Krwachsene,  y^el-* 
che  reyaccinirt  wurden.  Die  Total -Summe  aller  in 'der 
Anstalt^  seit  ihrer  Gründung  im  Dec.  1802,  yerrichteten 
Impfungen  belauft  sichi  bis  zum  Schlufs  des  vorigen  Jab- 
lee,  auf  84,860,  Die  Anzahl  der  Versendungen  echten 
Imp&toffs  betrug  in  den  beiden  Jahren  992 ;  theiU  in  trok- 
kener  Form,  auf  6633  elfenbeinernen  Nadeln,  2  feinen  Haar-« 
pinseln,  8  Paar  Glasplatten  $  tbeils  flüssig  in  39  Haarröhr- 
chen. 806  dieser  Versendungen  gingen  in  die  verschie-; 
denen  Regierangs- Bezirke  des  Inlandes,  namentlich  er-^ 
hielten  die  R.  B,  Oppeln  nnd  Liegnitz  je  2,  Trier  and. 
Düsseldorf  je  3,  Breslau  4,  Arensberg  6,  Bromberg  7, 
Stralsund  10,  Magdeburg  und  Danzig  ie  14,  Posen  16^ 
Gambinnen  17,  Erfurt  und  Königsberg  je  20,  Minden  22, 
Marienwerder  37,  Cöslin  60,  Stettin  60,  Merseburg  65, 
Frankfurt  83,  Potsdam  361  (davon  116  für  Berlin).  AugIi 
mehrere  Aerzte  des  Auslandes  benutzten  den  in  der  An» 
•talt  fortgepüanzten  Impfstoff,  daher  geUingten  187  dieser 
Veraendiingen  ins  Ausland,  nnd  zwar  nach  Hannoyer, 
Schweden  und  Schwarzburg- Kudolstadt  je  2,  den  Nieder« 
landen  3,  der  Wallachei  (Bukarest)  4,  Anhalt -Köthen  6» 
'  Anhalt'Bernburg  6,  Polen  7,  Sadisen-Weimar  9,  K.  Sach- 
sen 14,  Galizien  16,  Anhalt -Dessau  28,  Mecklenb.  Stre* 
litz  36,  Mecklenb,  Schwerin  66.  —  Der  zu  obigen  Im- 
pfungen und  Versendungen  erforderliche  Impfstoff  wurde, 
nue  den  vollkommensten  Pusteln  von  612  gesunden,  noch 
mcbt entwöhnten  Kindern  eotnommeOi  stets  in  dtmselben 


—    120     — 

Stadiom  der  Krankheit »  nie  Irubcr  odar  •pSfer»  •!§  tm 
7ten  Tage  nacli  der  ImpfDogi  aeit  36  Jabren,  jeden  Sonn- 
tag; von  12  bU  "Z  Uhr. 


3. 

JTittenmffS'  und  Krnnkheii»-  ConMiUuium  in  Käin  am  BMm 

mnd  dessen  Umgeaend,  vom  tfintersolstüiMm  (22.  JDfe.)rl836 

hi»  sum  FruhlrngMoeifuinoctium  (20*   März  tndtf^ 

sive)  1837« 

Nach 


den  Beohachtwnffen  de»  Dr,  und  MMeUud^tUdhß 
itüntker  in  Kölm, 


m\ 


Am  22.  December,  diesem  ersten  Tage  dea  Winter^TH- 
mesters^  var  die  Witterung  nelugtigt,  und  spSt  Abende 
trat  etwas  Regen  ein,  bei  herrschendem  Westwinde  und 
einer  Temperatur  iron  +  7®  R.  Der  23ste  war  ein  ätn^ 
mischer,  regnerischer  Tag,  mit  Wasser-Schnee  verbandeni 
bei  eingetretenem  NNW.  Am  24.  'sank  die  Tem|iefatur^ 
und  täglich  mehr,  so  dafs  am  29. ,  wegen  dea  Eisgangei 
im  Rheine^  die  hiesiga,  über  denselben  (uhrende  stehende 
BrQcke  abgenommen  wurde,  welche  Witternng  unter  hSa-^ 
figem  Flocken-Schneefall  bis  Knde  December  fortdanerte* 
—  Der  höcbste  Stand  des  Thermometers  während  dieser 
lOtä'gigen  Periode  war  (wie  gesagt)  -f  7®  R.  Abende 
(Nachmittags)  1  Ühr^  der  tiefste  —  7^  R.  Morgena  7 Uhr 
beobachtet;  die  mittlere  Wärme  war  —  2,2 <>  R.  —  Der 
höchste  Barometerstand  war  28'^  2"' ,  der  niedrigste  27" 
ö'";  der  Regen  bringenden  Tage  iiatten  wir  2,  der  Sehten 
bringenden  6;  Nord  war  yorherrschender  Wind.  —  Der  ^ 
erste  Tag  des  Jahres  (1837)  war  trüb  bei  Nordwinde^ 
am  2,  trat  Thauwetter  ein,  mit  etwas  Regen,  so  aoofa  nm 
3.  und  4.,  mit  etwas  Schnee  vermischt;  bei  dem  übrigem 
hohen  Barometerstande  Yon  28''  3'^'  und  herrschendem 
Westwinde;  am  6.,  einem  heitern  Tage,  sank  die  Tempe>- 
ratnr  wieder,  die  aber  schon  am  6.  wieder  za  steigen  an-. 
fing,  bei  eingetretenem  Regenwetter  und  stürmischem  West* 
winde;  der  7,  war  ein  regnerischer,  stürmischer  Tag;  der 
8.|  9«  und  10,  waren  theils  heiter,  theib  trüb»  und  mil^ 


^121    — 

unter  etwas  refnerisdi,  bei  SW.  qnd  dlner,  der  ZeH  ge- 
tsäfs  hoben  Temperatar,  welche  aber  am  II.  wieder  bi« 
auf  —  1®  R.  herabsank;  der  12.  war  ein  trüber  Tag;  am 
IB.  Regen  nnd  Schnee,  bei  dem  niedem  Barometerstande 
von  21"  A"*y  eben  so  am   14.^  einem  sehr  atürmiachea 
Tage»  bei  berrscbendem  Westwinde  und  einer  Temperatur 
von   4"  2^  ^*   uiid  starkem  Flocken  -  Schneefall  in  der 
Nacht  anf  den  15*^  wo  Morgens  die  Temperatnr  wieder 
bis  auf —  2^  R.    herabgesunken  war;  am  17;  trat  Mor- 
gens, unter  starkem  Nebel,  wieder  Thauwetter  ein,  und 
vben  so  am  18.  und  19.  •    Am  20.  hatten  wir  deit  ganzen 
Tag  hindurch  starken  Flocken  -  Schneefall,  so   wie  auch 
am  21.;  am  22.  und  23.  Regen;  am  24.»  einem  trübea 
Tage,  £ind  sich  Morgens  7  Uhr  das  Thermometer  sogar 
anf  dem  Stande  Ton  -|-  7<^  R.;  am*  25.  Morgens  in  der 
Frühe  etwas  Regen,  bei  SO.;  der  26.  war  theils  trüb» 
theils  heiter,  bei  einer  Temperatur  Ton  sogar  -f  Qo  R.; 
.  am  27.  etwis  Regen,  und  in  der  Nacht  auf  «len  28.  Was* 
Kerscboee  mit  Flockenschnee  yermiscbt,  :nnd  eben  so  am 
28-  selbst  t  wo  die  Temperatur  wieder  bis  auf  -4-  2  *  R. 
herabgesunken  war,  bei  eingetretenem  NO. ;  am  29.  Mor* 
gens  in  der  Frühe  Schneefall;  am  30.  heiter »   bei  einer 
Temperatur  Yon  —  2^  R.  Morgens  7  Uhr  und  schneiden- 
dem Süiostwinde,  später  trüb;  der  31.  war  ebenfalls  ein 
heiterer  Tag,  bei  einer  Temperatur  von  -f  3^  R.  —  Der 
höcfaite  Stand  des  Thermometers  wahrend  dieses  Monats 
war  (wie  gesagt)  4*  d^  ^  Abends  (Nachmittags)  1  Ubr, 
der  tieCite  —  4^  R.  Morgens  7  Uhr  beobachtet;  diemtft- 
\\are  Warme  war  -f  1^5^  R-     I^er  höchste  Barometerstand 
war  28"  3"%  der  niedrigste  27''  4'".     Der  Regen  brin- 
genden Tage  hatten  wir  12,  Schnee  bringende  11.     Weed 
war  in  der  ersten  und  80.  in  der  letzten  Hälfte  des  Mo- 
nats vorberrscbender  Wind.  —  Der  ereie  Februar  war  eis 
regnerischer  Tag  bei  Südwinde  nnd  einer  Temperatur  Yon 
-)-  2,5^  R.    Morgens  7  Uhr;  am  2.  und   3.  hatten  wir 
Morgens  starke  Nebel  bei  SO,,  später  war  die  Witterung 
heiter;  der  4.  .und  6.   waren  theils  trübe,  theils  heitere 
Tage;   der  6.,  7.  und  8.  waren  sehr  heitere  Tage,  b^ 
iorCwährendem  SO.  und   bei  hobem  Barometerstande  von 
28''  4,6"'  und  einer  Temperatur  von  —  4^  R*  Morgens 
7  Uhr;  am  9.  war  die  Witterung  trübe,  mit  etwas  Regen 
verbunden   und   wieder  steigender  Temperatur,   bei  herr- 
schendem Südwinde ;  der  10.  theils  heiter,  theils  trüb;  am 
11.  war  die  Temperatur,  selbstMorgens  7  Uhr,  bis  «f  S^R* 
'   gestiegen,  ht\  eiogetretenem  Regenwetter;   der  12.|  13» 


—    122    — 

nn^  14.  wiren  efienfalla  etwu  rtgnoriMht  Tafa;  m  Üb' 

Morgeni  itarker  Nebel;  am  16.  tlieili  heiter ^  tbeUs  trib; 

am  17«  Morgeni  etwas  Regen,  bei  äebr  wechselnder  Tea- 

(leratiir,  welche  Abendi  (Nachmittagi)  ■  1  Uhr  aogmr  +  9' 

U»  erreichte;  eben  so  am  18.,  wo  Morgens  starker  NtM 

und  später  der  Himmel  heiter  war  and  sich  Abendi  7^  Uhr 

ein   prachtiges  Nordlicht  in  NNO.  zeigte ,  anterhalb  des 

grofaen  ond  Meinen  Bären.     Gegen  8  Uhr  log  sich  dan 

selbe  tbeils  Jiacb  Osten ,  theils  nach  Westen  bin ,  bewa-' 

ders  nach  dein  Stern  a  im  Cepheus,  woranf  dasselbe  laa- 

Jiientan   gänzlich  zn  verschwinden  schien »    bald  nacfabi^ 

aber  wieder  im  bedeutenden  Glänze  herrortrat»    Ristasch 

halb  12  Uhr  verzog  sich  die  Rötbe  nach  Osten  hin  bis  sa 

den  Forderfüfsen  der  Zwillinge ^  so,  dals  nm  12  Uhr  atf 

noch  «ine  seur  schwache  örtliche  Brhdlong  swischan  dqa 

ZaiUifKjett  und  dem  kleineii  Hunde  merkbar  war«     DjeMf 

Erscheinung:  ging  ein  schneller  Wechsel  der  TampenM 

{vi'ie  gesagt)  am  17.  und  18.  selbst  vorher,  oad  ab  Bs- 

gleiter  derselben   zeigten  sich  mehrere  Feuerwtdkmtj  die^ 

M'ie  Howard,  Forster   und  Brandes  annehmen ,  als  eisi 

Kette  von  Niederschlägen,  durch  Einwirkung  4et  Laft* 

ICIektricität,  zn  betracliten  sind,   was  sich  an  die  eWMrt- 

magnetiscke   Theorie   zur   Erklärung  jenea  Meteors  sa« 

schlieikt.  -^  Am  19.  Regen  und  in  der  Nacht  aaf  dea  Ml 

sehr  regnerisch  und  sturmisch  aus  Westen,  so  wie  aodl 

die  Witterung  am  20«  selbst,  sehr  stürmisch  -and  regsa« 

riscb,  mit  Hagel  verbunden  war,  bei  dem  sehr  niedrigM 

ßarometeratande  von  27''  3"',  auch  der  21»  war  aia  leg* 

nenscher,  stürmischer  Tag,   und  Abends  7  Uhr  hattaa  vir 

starken  Uagelfall;  eben  so  der  22.  und  23.;  die  Naekt 

auf  den  24.  war  äutse^st  stürmisch  bei  Westwinde,' aslsr 

Regen  und  Srhnep,  wo  sich  Morgens  7  Uhr  der  BifO«a- 

ter  bis  zu  27''  2'^'  herabgesunken  fond,  so   wie  an  %L 

selbst  die  Witterung  sehr  stürmisch ,  mit  starkem  Schaaa» 

fall  verbunden  war ;  der  26.  war  tJieils  heiter,  theili  tiiib^ 

unter  Graupen-  und  Schneefall,  bei  herrsollendem  Nord» 

west  und  einer  Temperatur  von  0^  JX,  Morgens  7  Uhr; 

der  20.  Morgens  heiter,  später  Schneefall;  aoi  27«  slaiksK 

Schneefall;  am  28.  theils  heiter,  tlieils  trüb,   bei  eiac^ 

Temperatur  von  —  2**  R,  Morgens  7  Uhr  und  eingetreta- 

neui  NO,  ~  Der  höchste  Stand  des  Thermometers  wah- 

rf«fid  dieses  Monnts    war  (wie  gesagt)   «)•  9*  R  Abends 

(Nachmittags  )1  \jhv,  der  tiefste  •—  4^  R.  Morgeaa  7  Cbr 

h«ohaohtat)  die  mittlere  Wärme  war  «f*  2^<^  iL    -^  Der 

höcUsta  Barometerstand,  war  26"  4,6'''»   der   niodrigata 


—    123    — 

27^'  S'i';  Set  Regin  bringenden  Tage  hatten  wir  IS,  der 
Schnee  bringenden  5;  80.  war  in  der  ersten  und  W.  oml« 
NW.  in  der  letzten  Hälfte   des  Monat»  vorherncliender- 
Wind.    —    Der  erste  März  war  Morgens  trüb  bei  NNW«< 
lind  der  niederen  Temperatur  Ton  — *  S^  R.y  der  Abends 
Schnee  folgte;  am  2.  hatten  wir  Wasserschnee  bei  West^' 
winde;  am  3.  war  die  Witterung  theils  trüb,  tlieils  heiter^ 
und  am  4.  erfolgte  wieder  Schnee&ll,  so  anch  am  5.;  der 
6.  trüb  mit  etwas  Schneegestöber»  später*  heiter;  am  ?• 
Morgens  heiter,  bei  der  wieder ,  der  Zeit  gemäfs;  einge* 
tretenen  .  niederen   Temperatur  von  -—  3  <>  R«,  bei  berr* 
sehendem  NNW.,   die  aln^r  schon  Abends  6  Uhr  wieder 
mit  Regenwetter  abwechselte;  den  8L  Morgens  trüb,  ne* 
beligtt  bei  NW.  and  einer  Temperatur  von  4*  2^  R. ;  der 
Ol  eben  so;  der  10.  Morgens  in  der  Frühe  trüb,  spater 
sehr  heiter,  bei  einer  Temperatur  Ton  -(*  ^^^  ^«  Abends 
(Nachmittags)  1  Uhr$  am  11.  fand  sich  Morgans  bei  NW« 
der  Barometer  bis  zu  27''  6'''  herabgesunken  ^  dem  ein 
etwas  stürmischer  Tag  und  Abends  7  Uhr  starker  Regen 
folgte;   der  12«  war  etwas  re^rneriscb,  bei  dem  niederen 
Barometerstande  ?on '27''  6"';  der  13.  sehr  regnerisch 
bei  NW«,  der  spater  in  Nordwind  überging^  der  14.  Alor^ 
gens  trüb,  nebeligt,  später  heiter  bei  Ostwinde;   der  15, 
sehr  heiter  bei  NO.  und  einer  Temperatur  von  +  12<*  R« 
Abends  (Nachmittags)  1  Uhr;  der  16,  war  ein  trüber,  ne» 
beugter  Tag  bei  NW.  und  einer  bis  zu  -f*  ^  R.  Abends 
(Nachmittags)  1   Uhr  wieder  herabgesnnken«fn  Tempera« 
tttr;.derl7>  trüb,  mit   etwas  Regen   bei  NW. ;   der  IS* 
Morgens  trüb  bei  NNO, ,  wobei  sich  der  Thermometer 
auf  dem  Eispunkte  fand^  s|)iiter  heiter,  welche  heitere  Wil^ 
terung  Abends  (Nachmittags)  wieder  mit  trüber  Luft  ab« 
wechselte ;  der  19.  sehr  heiter  bei  NO.  und  N.  und  der 
niederen  Temperatar    von  —  2^5  ®  R^  Morgens  7  Uhtf 
Abends  spSt  trübte  sich  der  Himmel,  und  am  20.,  diesem 
letzten  Tage  des  Wintettrimesters,  hatten  wir  wieder  star» 
ken  Flocken- Sc!) neefüU  bei  NW,  und  -einer  Temperatur 
(Morgens  7  Uhr)  von  «^  2^  R«  —  Der  höchste  Stand  des 
Thermometers  wahrend  seiner  20tägigen  Periode  war  (wi9 
gesagt)  +  12^  R.  Abends  (Nachmittags)  1  Uhr,  der  nie* 
drigsta  —  3®  R.  Morgens  7  Uhr  beobachtet;  die  fii«^f/ers 
Temperatur  war  «f»  2,9*^  R.    Der  höchste  Barometerstand 
war  28"  1'",  der  tiefste  27"  5'".     Der  mehr  oder  weni, 
ger  Regen  bringenden  Tage  hatten  wir  6,  Schnee  bringend« 
i;  NW.  and  NNO.  waren  vorherrschende  Winde« 


—    124    — 

Anfangs  dieses  Trimesters  war ,  bei  cf emllch  bedeo« 
tenifem  Kältegrade,  die  eiitzündliche  Constitittion  (als  am- 
siitntio  annua)  vorherrschend^  die  sich   namentlich  dareh 
Seitenstechen  nnd   selbst  mitunter  durch  wirkliche  Bru^ 
aitzümlungen  aussprach.     Bei  der  sehr  wechselnden  Wit- 
terung im  Monate  Januar  litten  mehr  wie  gewöhnlich  in 
Jicflitjen  Katarrhen  und  gichtischen AnfaUen,  und  unter  deo 
Kindern  herrschte  hin  und  wieder  der  Ketichhusteny  so  wie 
bei   Erwachsenen  Halsentzündungen^      Im  letzten  Dritte 
dieser  Monate   erschien    mit    einem  Male    die  Infnensä, 
und  zwar  sehr  frecjuent.    Die  Kranken,  plötzlich  ergriffeflf 
litten  an  heftigen  Kopfschmerzen  in  der  Stimgegend,  mit 
Husten  und  Schnupfen   yerbunden»   mit   Schmersen   uad 
Hnuhigl'eit  im  Halse  und  einem  drückendefi  Gefühle  in  dtr 
Magengegend^  bei  gänzlichem  Mangel  an  Efslust  and  Nei- 
gung zum  Erbrechen^  wobei   die  Funktionen    des  Dann- 
kanals sehr  trage  vor  sich  gingen  und  die  Kranken  mei- 
stens an  hartnäckiger  Verstopfung  litten.     Ueberdies  litten 
alle  an  grofser  Jbgeschlagenheit  und  Ermüdung  in  alle» 
Gliedern^   bei  gänzlicher  Mifsstimmnng  des  GemiJths,  mit 
fieberhaften  Anfällen   nnd  grofser  Neigung  zum  Schwitzen 
verbunden.     Bei   der  Mehrzahl  war  das  Uebel  rein  rhen- 
matischy  bei  Andern,  deren  Constitution  sehr  irritabel  war, 
nahm   es  einen  entzündlichen  Charakter  an,  welcher  sich 
dnrch  einen  hrennenden  Schmerz  in  der  Brost,  gehinderte 
freie  Resjnration,  starlen,  schnellen  Puls,  Schwindel  und 
Höihe  des  Gesichts  deutlich  aussprach,   so  wie  bei  Indivi- 
duen von  schwächlicher  Constitution,  und  bei  alten  Per* 
sonen  sich  ein  nervöser  Charakter  entwickelte;  diese,  so 
wie  diejenigen ,  welche  von  schwindsiichtiger  Anlage  aar 
Ten,  starben  häutig  an  den  Folgen  dieser  Krankheit,  so 
Viie  überhaupt  die  Sterblichkeit  während  des  letzten  DriU 
tele    des  Monats  Januar  bis  zum   letzten  Drittel  des  Fe- 
bruar  bedeutend  zugenommen  hatte.     Nach  dem  Eintritts 
der  stürmischen,   mitunter    regnerischen   nnd   mit  vielem 
Schneefall  verbundenen  Witterung,  vom   19.  Febrnar  bis 
zu  Ende  dieses  Monats,   schien  dieses  in  der  Atmosphäre 
liegende  Miasma  an  Intensität  abzunehmen  und  selbst  sU^ 
iiiälig  zu  verschwinden,  indem   die  Anzahl  der   Kranken 
dieser  Art  sich  sehr  verminderte^  doch  litten    diejenigen, 
welche  die  Inüuenza  überstanden ,  noch  lange  an  allge" 
meiner  KÖrpersch wache  nnd  einem  quälenden  Husten,  wie 
sich  dieses  bei  allen  Kpidemieen   dieser  Art  gezeigt  hat, 
wo  sich  mir,  gegen  letzteren,  die  Anwendung  der  Elix, 
anticatarrhaH.   Hufelandi  als    sehr   wirksam    erwies«   — 


^    125    — 

Ret  äem  iteten  Wedisd  der  Witterang:  in  den  ertten  Ta- 
^en  det  Monate  März  war,  als  intercarrirende  Constito- 
äon,  die  rhewnatM^  Torberrschend ,  nnd  (wie  gesagt) 
nach  fast  ganslicbem  Vencbwondenseyn  der  Ini]iienza  lit- 
ten jetzt  Viele  an  einfachem  Katarrh  nod  andern  rJieitma- 
iUehen  Affectionent  die  sich  durch  reifsende  Schmerzen  in 
den  Maskeln  der  aa(seren  Glieder,  der  Schultern  j' Anne, 
Schenkel  etc.  zeigten;  hin  nnd  wieder  herrschte  der  Ty^ 
pkiu  nervosHSy  eine  Erscheinung,  die  der  Ton  anderen 
miasmatischen  Krankheiten,  namentlich  auch  der  Influenza, 
häufig  folgt,  wie  ich  mich  durch,  eigene ,  lange  Erfahrung 
fiberzengt  habe.  »—  Im  zweiten  Drittel  dieses  Monats,  ge* 
gea  das  -  Ende  des  Wintertrimesters ,  zeigten  sich  diese 
^beamatischen  Schleimbanta£feetionen  mehr  als  Angina  cn- 
imrhdlis,  wobei  namentlich  das  Zäpfchen  und  die  Alan- 
de litten,  die  sich  aber  naeh  wenigen  Tagen,  bei  gehö- 
riger Diät  und  Warmhalten,  doreh  rdehlicheB  Aosworfj 
ohne  alle  wettere  Arzneii  entschied» 


4. 

Monailicher   Bericht 

über 

denOemmdhiitisUitaniy  Oehurten  und  Todeefatle  von  Berlin* 

Milgetlieilt 

mu»  den  Akten  der  Hyfeland^schen  med*'cUrurg.  OeeeUsdiafi. 
Mit  der   dazu  g^Mgen  Wittervng$  --  taheUe. 


Januar^ 
(vom  4ten  Februar  bis  Sien  März.) 

Ceber  die  Witterung  rerweisen  wir  auf  die  beigefdgte  TafeL 


Es  worden  gelteren:    402  Knaben^ 

392  Mädchen, 

794  Kinder. 


—  126    — 

I 

£•  ttarbeo:    220  männfichieir, 

172  weiblichen  Gesdüecfeti  ttbeCi 
und  285  Kinder  anter  10  Jahren. 

-  677  Personen* 
Mehr  geboren  117« 

Im  Febrnar  des  tergangenen  Iahtet  wurde» 

*  gebogen:      452  Knaben, 

381  Madchen, 

*»^»—  ■Ulf 

853  Kinder.   . 
Ba  ttaibeor;    170  männlichen, 

134  weiblichen  Gesdileehta  ^her,' 

.    «nd  302  Kinder  tmter  10  Jabrtn. 

■ '    ■    '  >    '   "  ■  ■ ' 
.606  Personen..       .       . 

Meht  gebosoati  227. 

Im  Verhältnifs  zam  Monat  Febrnar  "des  vorigen  Iah« 
res  wurden  im  Febrnar  dieses  Jahres  weniger  gebofen  30 
und  starben  mehr  71« 


Mit  diesem  Monat  Verschwand  die  im  vergangenen 
Monat  geherrscbte  Grippe,  'doch  mehrten  sich  die  Kran« 
ken,  so  an  den  Fpigen  derselben  litten;  namentlich  wa-r 
ren  Leiden  der  Btöhchien ,  Pneäinonien  nnd  Con- 
gestions  -  Zustände  tfiicht  selten,  so  wie  nervöse  Fieber, 
Gegen  jBnde  des  Monats  nahmen  die  Knnk&diten  'tonn 
'gastrisch  -  rheumatischen  Charakter  an«  von  Aossohlags- 
Krankheiten  zeigten  sich  nur  Urticarien^  nnd  zwar  sehr 
Jianfig,  noch  Pocken  waren  nicht  sekerr,  ca  starben  darab 
8'Personeni  unter  denen  2  JSrwadbfeng»    . 


« ^ 


w    127    — 

Spttit'tle   Krankkttian. 


AnEnt] 


:d«T-id 


te^Ä'.  ...... 

Ma  Skrophcfn  und  DrÜiaiiknnUitil 

Ab  Sdiwüinmen. 

Ab  6p|uniw»SFniiclit       . 

Am  WiorrLopf 

Ad  HluikliiuteD.  .       , 

An  dsn  Pockaa  . 

An  dpr  hnitigeb  Bräune  C' 

An  di^F  t^elüjriiaBtEimdiiHE 
An  (tu  LanuenfiitiiiDdoni- 
An  der  llnlerl>'ih>«nliiüidii..„. 
Ab  drr  RalicBlzundunc  (AiaunsJ 
An  d«  Brnilenteiuiiliing. 
A«  EatziindoBaiSsb»       . 
An  der  liiinpn    ,       , 
Ah  NsrrenAtbei',        ■ 
AiB  Sobli-ioüiibn.      . 
Am  KindbEltficb«.     .       . 
Am  abHliRDden  s.  gcbleicbFi 


Aa  oniiisiiiA>n  F >hl«ii 

A.  or|.n.  Feldern  iin  C „  . 

An  oTB«ni<iheii  Fehlem  dei  Ueneni. 
Ata  BnicIiBahadeB       ,       -        .        . 

tm  Xrebl.  .         . 

ui  Mn^enLreba 


Am  MuTlirk..» 
Am  Bnitkieb« 
Am  Bntd 


I>wjtr]i. 

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Krantheiten. 

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Jahf-bücW  Jm  BrMtlkhen  Fereim  tm  UimAm.  II,  •Mr- 

gang. 
Kurze  litteräriicht  Ahiäitgelt. 

Jt.  Kütlmer,  Mediciniiche  Ptiatnonu%eJogie,     2.  Bd, 
Iiäwenhardt,   Oiagnaitüch-praktüctte   MlumiBuiifftn 
aa»  il«fn  Gtbiete  der  Medicin  wui  CMrviyic.   1.  TA. 
XiR«rnIirunnefl. 

O.    C.   L.    SigwitTt,    Ueherttda   itr  m>   KhiiffrfiiA 
WSrtrmlerg   und  i»   den  ri»grtn»tndtm  Oegendm  lt~  ■ 
■   pniUichm  Ümentlurnner. 
Fr.    J.'Rtrgt,    Die  Sthaxfel^u^m    luid  Bäder    s« 

LaagenWäcitn  im  Grofgheraoglhum  Baden. 
J.  M.  A.  Prohtt,  Die  ZaüeiAaiuer  SAwefttifudten. . 
Aicdemisc 
Berti* 
J.  Bruener,  dt  Msiculitnm  mmgiM»  Mhm  cbter- 


Schriften    der    ünivertiiät  zu 


«  mtcraftopicae. 


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C.W.  Hufeiao  d's 


Journal 


deir 


practischen   Heilkunde. 


FortgeseUl 


von 


Drt  Et  Osanu; 


ordentl*  Professor  der  Medidn  an  derUniTerritatnnd  der  med» 

diirurg/Academie  für  das  Militair  za  Berlin,  ptrector  des 

Mi.  Foliklin.  Institats  y  Ritter  des  rothen  Adler-  Ordens  drittel 

Klasse  und  Mitglied  mehrerer  geldbxten  Geselisciiafleiv» 


€frau,  Freund,  ist  alle  Theorie, 
Jhdi  ffrim  dee  Lehen»  goldner  Bauntm 

Qöihe. 

III.  Stück.    März. 
Berlin. 

Citdrackt  und  rerlegt  b^  G.  Retmer« 


I 
'      I 


üeber 

die  Qaarantame-Änstfilteirza 

Marseille« 

Vom 

Geheimen  Medicinalrath  Dr.  Link 

zu  Bertin* 


(Vorgetragen  4. 17.  Febr.  18.^7  in  der  Hafe1anä.med«  chirnrf^ 

Gesiillscbait  za  Berlin.) 


A.U  ich  im  Jahre  1833  eine  'VVooha  in  Att 
Quarantaine  auf  der  Insel  Zantbe  und  nachher 
14  Tage  in  der  Quarantaine  zu  Triesl  gesesseo 
hatte,  las  ich  bald  darauf  in  dieser  GeselUchaft 
einen  Aufsatz  über  die  Quaraixfäine- Anstalten 
gegen  die  Pest  überhaupt  vor.  *)  Ich  suchte  be- 
sonders einige  Vorurlbeile  über  Desiofection  za 
berichtigen,  unter  andern  über  den  Nutzen  des 
Wassers  und  des  Waschens,  den  man  in  der 
Ferne  sehr  hoch  anschlägt  und  der  in  allen 
Quarantaine- Anstalten  sehr  gering  geachtet 
wird.  Man  sej,  yermutbete  ich,  auf  den  ge- 
ringen Nutzen   des  Wassers    gar  leicht  durch 

*}  Jonni»  d.  pr;  Heilk.  Bd,  LXXVIIL-  $(•  3.  8. 10. 

AS  - 


^      4 

die  BeraerkbBg  gekommeD,  Jab  unter  deDTv-li 
keo,  die  sich  oft  baden  nnd  waschen,  die  Peäl« 
deDDoch  am  meisten  wiithet.  Ich  zeigte,  dafall 
die  DesinfectioD  in  jenen  Anstalten  in  eioali 
Oxydation  bestehe,  die  al]#r  fast  allein  dorck  |t 
Lüftung  und  nur  in  wenigen  Fällen  dorchye^ 
sengen  und  Verbrennen  ausgeführt  werde« 

Als  ich  im  Vorigen  Herbst  in  Marseilli 
war,  yersäumte  ich  nicht  die  Quarantaine-Aa* 
stalten,  so  Tiel  es  erlaubt  ist,  sa  beanchen  asd 
mich  nach  allen  Umständen  zn  erkundigen«,  Idi 
that  dieses  um  so  geflissentlicher,  da  man  is 
allen  Häfen  des  mittelländischen  Meeres  ubA 
Marseille  verwiesen  wird,  als  dem  SeehafeB|- 
wo  die  besten  Quarantaine- Anstalten  sich  be- 
finden. — -  Und  das  ist  allerdings  richtig,  Sis 
haben  einen  gröfseren  Umfang,  als  in  irgend 
einem  andern  Seehafen^  auch  sind  sie,  so  ^M 
sich  Ton  aufsen  sehen  läfst,  f^undlicher  nad 
bequemer,  als  man  sie  sonst  sieht«  —  Das« 
kommt  noch  ein  Umstand:  Marseille  läfsC  al- 
lein SchiiFe  zu,  welche  Pestkranke  am  Boid 
haben,  da  man  sonst  Schiffe,  auf  denen  dis 
Pest  wirklich  ausgebrochen  ist,  überall,  sogar 
zu  Triest,  abweiset.  Darum  steuert  jedes  Sdn^j 
sobald  die  Pest  darauf  aosbiicbt,  sogleich  naä 
Marseille« 

Ich  begab  mich  zur  Cons!gne  in  Miaiaeille; 
um  zu  fragen,  ob  es  nicht  erlaubt  sej,  mit  den 
gehörigen  Wächtern,  die  ich  sehr  gern  Jieiah- 
len  wolle,  in  die  Anstalt  selbst  hereinsageben«* 
Man  Terneinte  dieses,  wtnn  ich  nicht  einer 
Quarantaine  mich  willig  nnterwerf«!  wolllt. 
Dazu  konnte  ich  mich  nun  nicht  entecUielseBi 
aue  dem  Hauptgnmde^  wtil  dieWicbter  diem 


.         —      6      — 

für  eioen  strüflicbeb  Vorvrit    half 90,  vri^  icii 
aus   den   Unterredungen  mit  diesen  Leuten  sh 
Marseille  und  anderwärts  tcfaliefien  mufs.   Dar- 
aus folgt  dann  ^eine   ungewöhnliche^   neckende 
Behandlung.     Ich   erzählte  den  Herren    in  der 
Consigne,  dafs  man  zn  Triest  einigen  Bankiers 
erlaubt  habe,  zu  dem  damaligen  Finanz-Direk-« 
tot  des  KcSnigreichs  Hellas   in   sein  Zimmer  in 
der   Quarantaine   zu    gehen ,    worin    ich    mich 
auch  befunden  9    allerdings  mit  Wächtern   toq 
beiden   Seiten,   um  jede  Berührung   der  Klei- 
dungsstücke zu  Terhindern.    Man  würde  dieses 
nicht  anders  erlauben  können,  meinte  ^man^  als 
wenn  der  Marine-Minister  es  befehle^  auch  %^j 
eine  grofsere  Strenge  nöthig,   weil  man  wirk.-* 
liehe  Pestkranke  aufnehme.  —  Die  Consigne  zu 
Marseille  liegt  am  Eingange  des  Hafens,  da  wo 
mt  in  die  Stadt  tritt,   an   einer  Ecke   auf'  der 
Nordseite  und  ist  übrigens  so  eingerichtet  ^  wie 
ich  sie  an  vielen  Orten  gesehen  habe.  Da  man 
wegen    des    sehr   vermehrten  Verbrauchs    der 
Baumwolle  in   unsern  Manufakturen    hier  und 
da  Besorgnisse  hegt,  als  ob  man  in  den  Häfen 
des  mittelländischen  Meeres  nicht  streng  genug 
sey,    da    auch   vielleicht  Viele  nicht  Gelegen-» 
beit  gehabt  haben,  das  Verfahren  zu  sehen;  so 
will  ich  die  Strenge  beschreiben^  mit  der  man 
hier  und  anderwärts  verfährt. 

Jedes  Schiff,  welches  auf  der  Rhede  tob 
Marseille  ankommt,  mufs  unter  der  Insel  Po- 
megue,  etwa  eine  Stunde  von  der  Stadt,  vor 
Anker  gehen.  Es  fährt  ihm  dann  ein  Boot  ent-» 
gegen  und  erkundigt  sich,  woher  das  Schiff 
komme  und  was  es  für  einen  Pafs  (patent) 
habe.  Ist  nun  die  Antwort,  der  Paus  sey  rei*" 
Coet)i  so  erlaubt  man  dem  Schiffi-Capitain,  in 


Wächtern  nach  der  Consigne   zn   fahren;  aoälii 

kommt  ein  Wächter  an  Bord,  um  allen  Ve^lta 
kehr  mit  andern  SchiiTeD  zu  verhindern.  Du  ISi 
i'onsigne  ist  ein  eckiges  Gehäude;  um  zwcle 
Seiten  desselben  läui't  ein  bedeckter  Gang,  aoflc 
ivelchen  man  durch  einige  Stufen  sogleich  Tomli 
Boote  aus  kobimen  kann«  Er  ist  wohl  Ter- 
schlossen  und  von  dem  übrigen  Gebäude  ge- 
sondert« Gegen  das  Geschäftszimmer  befiodet 
sich  auFserhalb  ein  Gitter,  so  dafs  man  aui 
einem  Feniter  des  Zimmers  nach  dem  Gittar 
sehen  k<inn.  Vor  dem  Gitter  breitet  nun  i« 
Schiffs -Capitain  seinen  Pafs  aus,  welcher  voa 
dem  Geschäftszimmer  aus  gelesen  wird*  Aach 
mufs  der  Schiffs- Capitain  auf  manche  Fragen 
antworten;  er  mnfs  die  Zahl  seiner  Matroaei 
angeben y  ferner  Namen,  Stand  und  Geburtsort 
der  Passagiere  auf  dem  Schiffe,  und  nun  wirl 
entweder  der  Verkehr  ganz  freigegeben  (prati- 
c|ue  libre) ,  oder  es  wird  eine  Quarantaine  tob 
8,  14  bis  30  Tagen  ausgesprochen.  Die  Scbilfft' 
leute  ])allen  ihre  Quarantaine  auf  dem  Schiffe, 
weil  sie  beim  Anniaden  derWaaren  seyn  miia* 
sen,  und  das  Schiff  bleibt  bei  der  Insel  Poine- 
gue  liegen ,  bis  die  Quarantaine  beinahe  To^ 
über  ist;  in  den  letzten  Tagen  darf  es  in  dea 
Hafen  einlaufen ,  mufs  aber  beim  Eingange  auf 
der  Südseile  liegen  bleiben«  Der  auf  dem 
Schiffe  angestellte  Wächter  mufs  die  Quaran- 
taine luidtiachen  und  wird  Terhaltnifsmälsig 
Ton  dem  Schiffer  bezahlt.  —  So  sah  ich  es  io 
i^Iarseille  und  so  ist  es  auch,  nur  mit  Lokal- 
Acnderungen,  überall  in  den  Häfen  des  mittei- 
len Ji^cheu  Meeres«  Jedes  Schiff  wird  auf  diese 
Weise  empfangen,  es  komme  woher  es  wolle, 
und  der  Schiffer  mufs  immer  nach  der  Con- 
^i^ue  fahren,  die  nach  der  überall  im  mittellan- 


SicIieB  Mter»  henrtcbendeD  itaIieDffdb«u  Spmdie 
'4miio  di  s&oita  oder  ka»  la  saoita  beiftt.  Die 
Sacbe  ist,  'wie  xnao  sieht »  sagleich  eine  Poli* 
lei'-Malsregel  geworden.  Nur  die  Kriegsschiffe 
i^nelben  Nation  machen  eine  Ausnahme;  der 
Capilain  giebt  auf  sein  Ehrenwort  an,  woher 
»r  komme  und  wie  die  Gesundheit  der  Oerter 
beschaffen  gewesen,  wo  er  Verkehr  gehabt* 

Alles  dieses  ist  aber  nur  der  Fall,  wenn 
ias  Schiff  von  einem  reinen  oder  Terdächtigen 
Otim  kommt.  Ist  es  aber,  wenn  auch  nurkurse 
TMtp  an  einem  Orte  gewesen,  wo  die  Pest 
wirklich  ausgebrochen  ist,  wie  jetzt  zu  Con« 
BtaotiDopel,  oder  sind  gar  Festkranke  am  Bord, 
■o  wird  der  Schiffer  nicht  zur  Consigne  gelas- 
eeby  eondern  er  muls  sogleich  zum  Lazareth 
fobren,  um  dort  seine*  Angaben  zu  idachen« 
Auch  die  Peelkrauken  werden  ins  Lazareth  ge« 
bracht.  Die  Waaren  behandelt  man  rerschie* 
den,  die  giftfangenden  kommen  nach  dem  La- 
saretb,  die  weniger  oder  gar  nicht  giftfangen« 
den  kommen  in  das  Magazin  auf  Pomegue. 

Das  Lazareth  liegt  an  der  Nordseite  der 
Stadt, -und  zwar  an  der  Bay,  Ton  welcher  der 
Hafen  ein  Arm  ist.  Es  nimmt  einen  grofsen 
Umfang  ein  und  ist  überall  Ton  einer  hohen 
IVJaoer  umgeben.  Wenn  man  durch  das  grofse 
Thor  binebgegangen  ist,  so  sieht  mav  rechts 
und  links  die  bedeckten  Gänge  mit  den  Fen- 
stern, aus  denen  man  sich  mit  den  im  Laza- 
reth eingeschlossenen  Personen  unterhalten 
kann.  Ein  zweites  Thor  trennt  die  beiden  be- 
deckten^ Gänge  ^  damit  nicht  die  eiogeschlosse- 
oen  Personen  mit  den  aufserhalb  befindlichen 
in  Berührung  kommen«  Ein  grofser  freier  Platz 


r-      8      - 

nimmt  den  ionern  Raum  eio;  dort  sielit  man 
das  Haus  des  Kommandaoten ,  der  ein  ausgor 
dienter  See- Offizier  ist,  so  wie  die  Häuser  an- 
derer Beamten,  auch  einige  Restaurateara  u.  dgL, 
ferner  die  Wohnungen  für  diejenigen,  -welche 
eine  strenge  Quarantaine  halten  müssen,  uod 
diejenigen ,  welche  eine  gelinde  zu  halten  ha- 
ben; beide  gehörig  getrennt«  In  Triest  hat 
man  zwei  Quarantaine-Anstalten,  die  eine  stren- 
gere auf  der  .Nordseite  der  Bay  oder  der  soge- 
nannten deutschen  Seite,  die  andere  gelindere 
auf  der  Süd-  oder  istrischen  Seite.  Ein  langer 
Tisch  trennt  nur  die  Eingeschlossenen  Ton  den 
aufserhalb  Befindlichen,  und  oft  ist  ea  ao  Toll, 
dafs  man  nicht  ankommen  kann,  besonders 
wenn  die  Speisen  gebracht  werden,  welche 
man  aus  der  Stadt  holen  läfst*  Der  Prior,  so 
faeifst  der  Kommandai/,  kommt  dea  Morgens 
ins  Geschäftszimmer,  weil  er  nicht  in  der  Qua« 
rantaine  wohnt,  welches  mancherlei  Unbequem- 
lichkeiten veranlassen  kann.  Die  Plätze  zum 
Spazierengehen  sind  viel  kleiner,  'ala  zu  Mar- 
seille. Allerdings  ist  die  Aussicht  auf  den  Molo 
zu  Triest,  der  zum  Spaziergange  zuweilen  er^ 
laubt  istj  aufserordentlich  schon,  aber  der  Molo 
ist  klein,  und  wenn  die  Borra  weht,  gehen  die 
Wellen  oft  darüber  weg.  Im  Anfange  wird 
der  Eingeschlossene  immer  von  einem  Guardian 
begleitet)  zuletzt  aber  läfst  man  ihn  gehen, 
weil  er  sich  selbst  schon  in  Acht  nehmen  wird, 
Jemanden  zu  bei^ühren,  der  länger  eiogescblos- 
sen  bleiben  mufs« 

tJebrigens  gelten  in  der  Quarantaine  za 
Marseille  dieselben  Grundsätze  über  die  Desin-' 
fection,  wie  an  Triest  und  in  andern  Häfen  des 


—      Ö      — 

I 

knittellSnjIiscIieii  Meeres.  Der  erste  Grondiatx 
ist:  das  Pestgift  if?ird  durchaus  nicht,  auch 
nicht  auf  die  geringste  Weite,  durch  die  Luft 
übergetragen;  dieses  geschieht  allein  durch  Be-» 
rührung.  Ferner:  das  Pestgifl  haftet  nur  an 
Sachen  von  rauher  Oberfläche,  besonders  an 
Wolle,  Baumwolle,  Papier»  doch  auch  an  Seide 
und  Leder,  wenig  an  Holz,  Matten,  Brot  und 
andern  Efswaaren,  gar  nicht  an  Metali,  wenn 
nämlich  die  Oberfläche  rein  ist.  Endlich  das 
sicherste  Desiofectionsmittel  ist  Aussetzen  an 
die  freie  Luft«  Die  Marseiller  Qaarantaine  hat 
et  nicht  gewagt ,  Ton  dem  alten  Desinfections- 
Verfahren  abzugehen;  sie  wendet  nur  in  einem 
einzigen  Falle  die  Bäucherungen  mit  Chlor  an^ 
nämlich  bei  der  Desinfection  der  Briefe.  Aller- 
dings ist  es  eine  grofse  TJDbec|uemlichkeit  zu 
Triest,  dafs  man  alle  Briefe  mufs  erbrechen 
nnd  sie  mit  Schwefel  räuchern  lassen ,  worun« 
ter  man  Kolophonium  ii.  dgl.  mengt,  um  eine 
gprolsere  Plamme  zu  machen*  Das  ist  nun  hier 
nicht  der  Fall,  und  man  hat  eine  einfache  Vor« 
aichtung  zum  Räuchern  der  Briefe  mit  Chlor 
in  der  Consigne  zu  Marseille. 

Es  ist  eine  gewohnliche  Yorscbrift  id  allen 
Qoarantainen,  dafs  die  Ankömmlinge  in  Gegen- 
iFfart  des  Arztes  sich  mit  der  Faust  unter  die 
Achseln  und  in  die  Weichen  klopfen  müsseuj^ 
om  zu  zeigen,  dafs  sie  keinen  Schmerz  empfin- 
den.  Die  Sache  scheint  thöricht ,  denn ,  meint 
man,  wer  geschwollene  Achsei«  und  Leisten«» 
drüsen  von  der  Pest  hat,  wird  nicht  mehr  um- 
her gehen.  Aber  dem  ist  nicht  so.  Es  giebt 
in  der  Pest-Epidemie  Personen,  die,  ohne  ir«« 
geed  eine  Veränderung  oder  eine  Störung  unjF 


I 


—     10     — 

VerletsoDf  in  ihren  Verrieb  tob  gen  su  erteideBi 
Bubonen  und  KArbuokelo  an  sich  iiaben,  die 
«ich  allmalig  erbeben  und  leicht  in  Eitemgi 
li hergehen,  auch  zuweilen  sldrrlo»  werden,  sei« 
tener  aber  unmerkbar  und  ohne  alle  weiten 
Folgen  verschvvinden«  Zur  Zeit  der  grofaea 
Pest  zu  Marseille  im  Jahre  1720—21  rechnete 
man  die  Zahl  solcher  Patienten  auf  fanffeha 
bis  zwanzig  taMsend ,  und  hätte  die  Pest  nicht 
sehr  oft  diese  Wendung  genommen ,  eo  würde 
Marseille  mehr  als  drei  Theile  seiner  Einwoh- 
ner verloren  haben.  Kranke  dieser  Art  gingea 
auf  Sirafsen  und  öffentlichen  Plätzen  nmhei^ 
verbanden  sich  selbst^  oder  Terlangten  bloe  Mit- 
tel zur  Heilung  solcher  eiternden  oder  akirrkiH 
sen  Geschwülste* . 

Ein  vortreffliches  Gemälde  von  Crenonit 
welches  eine  Scene  dieser  schrecklichen  Pest 
darstellt,  hängt  in  der  Consigne  zu  Marseille^ 
wohl  geeignet,  um  die  Beamten  za  waroeBf 
dafs  sie  ihre  Pflicht  nicht  aus  den  Augen  sei« 
zen»  Auch  hat  jene  Pest  erst  den  jetzigen  Qua- 
rantaine-Anstalten  ihre  strenge  Form  gegeben* 

Qoarantaiae-r  Anstalten  hatte  man  aehon  in 
der  Mitte  des  siebzehnten  Jahrhunderts.  In  der 
Pest-Ordnung,  welche  der  berühmte  Wienerische 
Arzt  Managhetta  als  Manuscript  1665  hinter- 
lassen und  welche  nachher  ein  ebenfalls  be- 
rühmter Wienerischer  Arzt  Paul  de  SorbaÜ 
1679  herausgegeben  hat,  heifst  es  (Aasgabe 
1729  S.  38):  ^^Da  aber  einer  von* einem  pest- 
süchtigen  Ort  abreisend ,  wichtiger  Geschäft 
halber ,  in  die  Seuchbefreyte  Stadt  und  deren 
Borgfried  oder  Vorstadt  »ich    einsulassen  biH 


-   11   — 

felirle^  soll  ihm  die  EJokehrung  ehender  nicht 
rergüottiget  und  zogelasteo  werdeo,  er  habe 
daoD  den  anschuldigen  Verdacht  des  anstecken- 
den Giftes  dorqh  StiUIigen  an  einer  gewissen 
iiod  ausgezeichneten  Walbtadt  eine  geraume 
Zeit  erwiesen.  Hierzu  erfordert  die  Wienneri- 
scbe  Ordnung  nur  14  Tag,  die  vorsichtige  Stadt 
Venedig  aber  ganzer  40  Tag,  uud  solches  ganz 
billig  y  weil  die  Erfahrung  in  Sterbens**  LäuiFen 
genugsam  bezeiiget,  dafs  mancher  wohl  3,  4^ 
5  oder  mehr  Wochen  das  anklebende  Festgift 
in  oder  am  Leib  mit  sich  herum  getragen,  ehe 
es  ihn  krank  gemacht  oder  ins  Betb  geworfen." 
'Venedig  hatte  also,  das  bestätigen  anch  andere 
Nachrichten^  die  ersten  Quarantaine- Anstalten, 
«—  Die  40  Tage^  die  man  anch  in  neuem  Zei- 
ten beibehalten  hat,  rühren  ohne  Zweifel  von 
einem  Aberglauben  her ;  es  sind  die  40  Fakten- 
tage.  Erfahrungen  über  die  Dauer  des  Gifts 
jsn  und  in  Körpern  hatte  wohl  der  gute  Ma^ 
nagketta  nicht,  noch  weniger  die  Venetianer, 
welche  40  Tage  wählten.  Aber  allen  diesen 
Anstalten  fehlte  es  gewifs  an  den  gehörigen 
Einrichtungen ;  dies  beweiset  das  Eindringen 
der  Pest  durch  die  Quarantaine- Anstalten  am 
£nde  des  17ten  und  im  Anfange  des  18ten 
Jahrhunderts«  Noch  im  Jahre  1730  hagiKeyfs^ 
1er  in  seinen  Reisen  von  den  Anstalten  zu  Ve- 
nedig, man  müsse  sich  in  Acht  nehmen ,  wenn 
man  die  Anstalten  besehe,  dafs  man  nicht  un- 
ter diejenigen  gerathe,  welche  Quarantaine  hal- 
ten müssen«  Ein  Hauptgrund  dieser  Vernach- 
lässigung war,  dafs  die  Aerzte  selbst  nicht  an 
ihren  Nutzen  glaubten,  dafs  sie  die  Pest  Toiri 
Wetter,  Nahrungsmitteln,  Ausdünstungen  u.  dgU 
entstehen  Uefsen,  besonders  aber,  dals  sie  mein- 


^     12     •* 

ten»  Bia  stecke  clarcb  die  Laft  an«  ESo«  foldit 
Vernacblätsigaog  brachte  auch  die  oben  erwähnt» 
Pest  nach  Marseille.  Ee  war  im  Januar  1720^ 
als  ein  Kauffahrteischiff,  CapU  Cbatand,  Toa 
Sldon  in  Syrien  abreiste,  wo  bald  nachher  dis 
Pest  ausbrach«  Chataud  war  Tom  Sturm  ge- 
zwungen, in  Tripolis  einzulaufen  und  sein  Schiff 
'auszubessern ,  so  dafs  er  erst  im  Alai  sa  Mu- 
eeille  ankam.  Er  hatte  einige  Todesialle  aa 
Bord  und  Termuthete  selbst,  dafs  es  die  Pest 
sey,  denn  er  schlofs  sich  in  seine  Kajüte  eia 
und  gab  von  dort  seine  Befehle.  Chataud  s^igte 
bei  seiner  Ankunft  die  Sache  den  Ober-Sani* 
Ints* Aufsehern  aä,  mit  dem  Bericht  des  Schifiih 
chirurgus,  der  an  den  Gestorbenen  etwa»  Pest- 
artiges entdeckt  habe.  Ablsr  man  achtete  nicht 
darauf;  man  behauptete ,  die  Krankheiten  wä- 
ren von  schlechten  Nahrungsmitteln  entstanden^ 
so  dafs  sich  Chataud  dagegen  Tertbeidigea 
mufste.  Die  Waaren  wurden  ausgeladen^  die 
Kranken  Tom  Schiffsvolk  in  die  gewohnlidieB 
Krankenhäuser  gebracht  und  das  Schiff  nicht 
nach  der  Insel  Jarr^  yerwiesen,  wo  damala  die 
Quaraotaine  war.  Die  Krankhext  ging  offenbar 
ganz  von  den  Schiffsleuten  und  Ton  den  Waa- 
ren ans  und  Terbreitete  sich.  De^  Ruf  Ton  An- 
steckung wurde  allgemein,  nur  ein  WondarzI 
Cevard,  der  die  Todten  besichtigte,  behauptete 
immer y  es  wäre  nicht  die  Pest,  bia  er  selbst 
angesteckt  wurde.  Die  Mafsregeln,  welche  nan 
ergriffen  wurden,  kamen  zu  spät,  die  Pest  stieg 
zu  einer  schrecklichen  Höhe«  und.  die  Erzäh- 
lungen TOn  dem  damaligen  Zustande  in  Mar- 
seille sind  Schauder  erregend«  In  dieser  Stadt, 
die  90,000  Einwohner  zählte,  starben  Tom  10. 
JuH  1720,  wo  die  grofse  Sterblichkeit  anfing, 


—     13     — 

bis  emn  28.  Mai  1728»   wo  die  Pest  gXnzItch 
aufborte,  39,134  Menschen,  und  ia  der  ganzen 
Prorence,    welche  247,869  Einwohner  zählte, 
starben    in    derselben    Zeit    87,666  MenscHeo* 
Han  bilde  sich  aber  nicht  ein»  dafs  die  Mehr^ 
heit  der  Aerzte  die  Pest  fiir  ansteckend  gehal- 
ten   hätte.      Keinesweges.     Als    die  Pest   za 
Marseille  ausbrach,    wurden  yon   der  hochbe- 
riihmten  medicioischen  Fakultät  za  Montpellier 
drei  Aerzte:    Chicoyneau,   Vtrney  und  Didier^ 
dahin  geschickt,  Duvtrnty  und  Boyer  Ton  Pa«* 
TIS  und  uiatruc  von  Toulouse.     Die  ersten  drei 
leugneten  alle  Ansteckung  und  behaupteten,  die 
Pest  sey  ein  Produkt   einheimischer  Ursachen 
gewesen  und  Chataud's  SchiiT   am  Uebel   ganz 
unschuldig*      Sie  gaben  gemeiDSchaflUch    1721 
sa  Lyon  and  Paris  heraus:  Observatioos  et  re« 
flexions-  toachant  la  natura,  les  ^t^nemens  |et' 
le   Iraitement  Ae  la  peste  de  Marseille.     Man 
widersprach  und   so   erschien   Ton   einem  der- 
selben, Ton  Chicoyneau,  eine  Lettre  pour  prou-» 
Ter  ce  qu*il   a  avanc^   dans  les  obseryations  a 
Lyon  1721  und  das  Jahr  darauf  Ton  demselben 
eine  Oratio   de   contagio  pestilenti  1722  Mons- 
pelii,*  auch  französisch«  Man  mufs  indessen  tob 
Chicoyneau  loben,  dafs  er  24  Jahr  nachher  mit 
der    gröfslen  TJnpartheilichkeit    die  Sammlung 
?ron  Schriften  über   die  Pest  zu  Alarseille   auf 
Befehl  des  Königs  herausgab,    die   den    Titel 
führt:  Trail6  des  causes,  des  accidens  et  de  la 
eure  de  la  peste.  Par.  1744*  An  der  Spitze  der 
Contagionisten  stand  der  berühmte  Astruo.     Er 
schrieb  zuerst :  Sur  l'origine  desmaladies  epid^- 
miques  principalement  de  la  peste,  Montp.  1721* 
Dann   die  Dissertation   sur  la   contagion   de  la 
peste  oü  Ton  proare^  que  cette  maladie  est  re- 


—     14     — 

Atablement  cootagietise.  Tonloose  1724.  bbI 
2le  Aufl.  1729.  Diese  Meinuiig  wurde  die  alige- 
meioe,  sie  faatte  das  Volk  für  sich,  und  die 
Strenge  der  Quarantpine  warde  too  dieser  Zeä 
an  zuerst  in  Marseille^  dann  io  allen  Häfen  dai 
mitteliändischen  Meeres  die  Reg^« 


~     16     — 


IL 

Erfahrangen 

über 

den  NotKen  des  kohleniaiireii 

Eisens. 

Voo 

Dr.  E.  Münchmeyer 

■Q  Lüneborg, 


In* wie  Uftn  das  Eisen  in  die  Reihe  unserer 
kräftigsten  Heilmittel  zn  rechnen  sey,  bedarf 
wohl  kaum  einer  Erwähnung«  Ueberall»  wo 
der  Arst  den.  Tonus  des  ganzen  Organismus 
vermehren,  die  Maskelkräfte  heben,  dem  arte- 
riellen Blate  eine  kraftigere  Mischung  geben 
und  städuind  auf  die  Nertensphäre  einwirken 
will»  wird  er  unter  richtigen  Verhältnissen  in 
dem  Bisen  stets  eins  der  wirksamsten  Heilmit- 
tel finden«  Abgesehen  rondem  aufseren  Ge- 
brauche, kommt  es  jedoch  bef  der  inneren  An- 
wendong  desselben  auüierordentUch  darauf  an, 
in  weldbei  AUnge  und  Bereitung  es  gegeben 


—     10     — 

wird.     Wird^es  in  se  groher  nnd  anbalteiiAer 
Dosis  gegebeoi  so  entsteheo  leicht  Blutvrallaag, 
BeäogsliguDg,  BlutuDgeo  aus  Nase,  Langen  and 
anderen  Theilen  und  Neigung  su  wahrhaft  ar- 
terielien  Eotzünduugen«    Nicht  minder  kann  dii 
Wahl  unpassender  Präparate  die  erzielte  Wir- 
kuog   leicht  verhindern.     Die  roheren  Fornüa 
belästigen     die    Verdauung    und    Temraachea 
Bchneü   Aufstofsen    und  Flatus   .TOn  SchweiU- 
^wasserstoifgas«      Dabei    führen  sie  nur  we^  ' 
Eisen   in   den  Organismus  ein,   sondern  gehsa 
grofstentheils  mit  dem  Stuhle  tvieder  ab ,  wes- 
halb sie  selten   die   gehörige  Wirkung  harrop* 
bringen«     Ganz  anders  dagegen  Terbält  es  sidi| 
wenn  das  Eisen  in  flüchtiger,  für  Jen  Orgaais* 
xnus  leicht  zugänglicher  Form  angewandt  wild» 
Wird  es  so   unter  richtigen  Indikationen  beige» 
bracht,   so   wird   nie  die  erwünschte  Wirkaog 
fehlen.  —  Am  schwersten  werden'  ionerlieh  dii 
Limatura  martis,  das  Ferrum  snipharicam,  da 
Ferrum  oxydulatum  nigrum  Tertragen;   xn  des 
leichteren  Formen    gehören    die  Terschiedenei 
Tinkturen,  die  Flores  salis  ammoniaci  xnartia- 
les,  das  blausaure  und  yorzüglich   das  kohlear 
saure  Eisen.    Bei  den  Tinkturen,  widche  eiae^ 
seits  so  leicht  sind ,  dafs  sie  selbst  io  grS&em 
und    lange  fortgesetzter  Dosis    die  Yerdanimg 
nicht  angreifen^  ist  andererseits  doch  sn  bemer- 
ken,  dafs  sie  wegen  ihrer  Schwäche  oft  dea 
Zweck    verfehlen    und    nicht    immer   di^   er- 
wünschte Heilung  hinterlassen*    Einige  der  an- 
deren Präparate  sind   zwar   kräftiger^    wirken 
aber  auf  die  Dauer  feindlich  auf  die  Verdaoang 
ein.     Das  Eisen  in  Verbindung  mit  .der  Koh» 
lensäure  vereinigt    in   sich  die  .  erwünsehtasta 
Eigenschaften.  '  Es  durchdringt  in  dieser  flfieh^ 
tigen  Form  rasch  den  Organisoiaa  vnd  ontfidieC 


—     17     — 

krÜftig  seine  ipedflscho  WIrkddg  auf  dat  Nei^ 
yensjalem  und  das  arterielle  GefSfssjitera ;  et 
belästigt^  selbst  in  gröfserer  Dosis,  durcbao» 
nicht  die  Verdaauogsörgaoe.  Das  beste  Zeug«- 
nifs  hierfür  liefern  die  natorlicheo  Eisen-  oder 
Stahlwässef,  io  welchen  sich  das  Eisen  iikVer^ 
bindong  mit  der  Kohlensäure  TorGodet.  Jähr- 
lich kehren  Taulende  aus  diesen  Bädern  cnriick^ 
Tfelche  sich  Ton  den  schwersten  und  hartnäk» 
liigil^n  Uebeln  iheils  TÖllig  genesen,  theils  he* 
deatend  gebessert  fühlen.  Wenn  aber  aach 
diese  natürlichen  Wässer  am  höchsten  stehen 
und  weder  Ton  deo  künstlichen  Eisen wässemy 
noch  Ton  irgend  einem  Präparate  der  Officinen 
jemals  erreicht  worden  sind,  so  läfst  sich  doch 
nicht  leugnen,  dafs  das  durch  Kunst  gewonnene 
kohlensaure  feisen  sich  ebenfalls  heilsam  genug 
erweisen  kann  und  da,  wo  der  Gebrauch  der 
eisenhaltigen  Heilquellen  unmöglich  ist,  sur 
Anwendung  aufforciert.  Zur  ferneren  Beetäti« 
gong  dieser  gewifs  schon  vielfach  von  Anderen 
gemachten  Erfahrung  möge  Nachfolgendes  die- 
nen. Bevor X  ich  jedoch  etwas  Weiteres  über' 
die  Wirkung  anführe,  glaube  ich  noch  Einiges 
über  die  Art  und  Weise  der  Anwendung  deH 
koblensanren  Eisens  andeuten  za  müssen. 

Statt  das  Präparat  20  wählen,  welches  sich 
in  den  meisten  Apotheken  als  Ferrum  oxyda* 
tnm'  siibcarbonicum  oder  Subcarbonas  Ferri  Tor» 
findet,  ziehe  ich  eft  Tor,  es  gleichsam  von  den 
Kranken  selbst  'verfertigen  zu  lassen.  Denn 
jenes  Präparat  der  Apotheken  enthält  bald  nach 
seiner  Bereitung  wenig  Kohlensäure ;  *es  wird 
an  der  Luft  schnell  zersetzt  und  unter  Einbufse 
seiner  Kohlensäure  in  ein  Eisen -Oxyd -Hydrat 
mit  niir  getingiem'  RütkstAhde  von '  Kohlensäaxe 
Jmsm.'LXXXir.  B.  S.  8L  B 


->     18     — 

T^rwaadelt«  äh  wirklich  koblensanret  EiM 
dagegen  gelaogt  et  in  den  KSrner^  wenn  mia 
es  nach  der  Vorschrift  des  Dr.  Meurwr  in  Drt» 
den  ^)  auf  folgende  'Weite  Terordoet :  Baci 
Ferr.  solphuric.  cryst,  gr»  jj  (jjj)»  Sarchar.  alk 
Setup,  ß,  M.f.  p.  Disp.  taL  dos«  No.  XII.  D.& 
No.  1.  «^  Rec,  Natr.  carbonic«  acidnl«  gr«  jj 
(jjj),  Sacchar«  alb.  tcrop.  ß^  M«  L  p*  Diap.  ttL 
dos.  IVo.  XIL  D.  &  No.  2.  Ana  jedem  Pack- 
eben  läfat  man  znr  Zeit  ein  PnWer  far  aiäi 
mit  Wasser  anrühren,  dann  beide  suaammant 
giefsen  und  ao  nehmen.  Durch  dieae  Zntem* 
meomischnng  bildet  sich  kohlenaanree  Pitia 
und  schwefelsaures  Natron.  Dea  letsteren  Yfitm 
kung  neben  der  des  Eisens  ist,  obgleich  nidü 
stark  i  doch  gewils  in  den  meisten  Fällen  gav 
erwUoscht«  Die  Dosia  dea  Eisena  m  dtotsr 
Form  mag  Tielleicht  etwaa  gering  eracheiati^ 
da  man  meistens  die  Vorschrift  findet,  eiasn 
halben  bia  gaoxen  Skrupel  pro  Doai  aod  aethsl 
darüber  an  geben«  Die  Engländer  gehaa 
noch  weiter  und  geben  ea  bis  an  mehrenn 
Drachmen  zwei-  bis  dreimal  täglich.  **)  A* 
IMson  gab  es  selbst  zu  einer  halben  Uoae  alla 
swei  Stunden  und  Blacktii  liela  acht  Ubub  ja 
einem  Tage  ohne«  Nachtheil  Terbrancheik  In« 
dessen  spricht  die  Erfahrung  dafür,  dafa  in  obi» 
ger  Form  daa  Mittel  bei  weitem  kräftiger  ist 
und  eben  so  Tiel  kohlensaures  Eiaen  enthS^ 
alt  eine,  rielfach  Tergrollserte  Gabe  dea  tiocfc* 
neu  Präparats«  Ich  habe  mich  noch  nicht  fe» 
zwungen  gesehen,  die  Doaia  mm  Teratärkaa, 


»)  SOmUtes  Jahrb.  ISSd.  M.  CC.  Pag.  II.  «•  TiHil. 
Biichof  Haadbodk  te  ArmsiaitttlUiei  U.  ffi 
p«  723. 

^  NeDe  Sand,  awml,  AUaadL  U   Xm»  K  111^ 


—     19     — 

den  erwHoschteB  Errol^  so  bewlrkao,  obgleich 
ich  sie  stets  nui^  ein-  bis  sweimal,  höchst  teU 
ten  dreimal  aa  einem  Tage  Dehmeo  liefs.  «^ 
Ich  werde  )etst  einige  Fälle ,  ia  denen  ich  die 
gote  Wifkang  des  kohlensaaren  Eisens  besoo» 
äers  heryortreten  sahi  anreihen» 

Gewisse  amenorrhoische  Zustande ,  bsi 
denen  alle  krankhaften  Erscheinungen  die  toni» 
•irenden  Heilmittel  erheischeni  passen  sich  to^' 
BÜglich  f&r  den  Gebrauch  des  kohlensauren  Ei» 
MOS.  Ausgeschlossen  miissen  hier  diejenigen 
Amenorrhoeo  werden ,  welche  durch  orgaoi* 
sehe  Verbildungea  der  äufseren  oder  innereo 
Geschlechtstheile^  so  wie  durch  bedeutende  De« 
Btmktionen  der  Abdominal -Eingeweide  bedingt 
eiod,  eben  so  diejenigen,  welche  zwar  aus  det 
allgemeinen  Gonstituiion  entspringen^  aber  mehr 
den  sthenischen  Charakter  haben  und  bei  Sub«> 
jekten  Torkommen,  bei  welchen  sich  eine  übef» 
wiegende  Thätigkeit  des  arteriellen  Sjstemi 
seigt.  Ich  rechne  hier  dagegen  besonders  die 
Fälle  her,  wo  eine  wirkliche  Asthenie  als  Hin« 
dernifs  der  Menstruation  auftritt  Wir  finden 
dies  bei  aarten,  gracil  gebauten  Subjekten,  mit 
blasser  Gesichtsfarbe,  bei  denen  die  voUstän* 
dige  Ausbildung  des  ganxen  Korpers  durchaus 
noch  nicht  zu  Stande  gekommen  ist,  bei  deaen 
das  arterielle  Gefafssystem  mehr  in  den  Hinter- 
grand tritt  und  das  Nerrensyslem  sich  sehr 
reizbar  zeigt.  Daher  pflegen  hier  krampfhafte 
Beschwerden  den  höchsten  Grad  zu  erreichen 
and  am  Ende  doch  gar  keinen  oder  nur  einen 
geringen  blafs  gefärbten,  schleimigen  Ausflufs 
aas  den  Geschlechtstheilen  zu  bewirken.  Es 
•lad  dies  solche  Zustände,  welche  wir  liber- 
banpt  natar  dem  Namen  der  Chlorosis  begrei* 

B  2 


«»     20     «- 

fen.  In  diesen  Fällen,  ist  das  Eisen  ein  gi- 
rühmtes  und  allbeksDotes  Mittel;  es  Tennehrt 
den  Graor  des  Bluts  nod  giebt  dadurch  dem 
ganzen  Organismas  mehr  Tonus«  Die  Blatge- 
fäfse  bekommen  mehr  Energie,  ihr  Conteotooi 
fortzutreiben,  und  die  Nerren  mehr  ThätigkeiL 
allen  ihren  Funktionen  kräftiger  TorzusteheD.*) 
So  sehr  sich  diese  Wirkung  des  Eisens  über- 
haupt bestätigt,  so  ge^ifs  ist  es  doch  anch^  wis 
ich  schon  oben  bemerkt  habe,  dafa  Tiele  Pii- 
parate  desselben  theils  zu  schwach  wirken^ 
theils  wegen  schädlicher  Einwirkung  auf  die  '■ 
Verdauung  nicht  lange  genug  fortgehraacht  wer»  \ 
den  können.  Den  gröfsten  Ruhm  in  diesen  Za<r 
ständen  haben  die  Heilquellen  Pyrmont ,  D»* 
bürg,  Brückenao,  Bocklet  n.  m.  •• 

m 

Nicht  minder  aber  habe  ich  die  knftigp 
Wirkung  des  kohlensauren  Eisens  in  oben  er- 
wähnter Form  zu  rühmen,  da  es  sehr  ras(Ä 
diese  Zustände  hebt  und  nie,  wenn' nicht  wirk« 
lieh  organische  Veränderungen  rorhanden  sin^ 
üble  Folgen  nach  sich  zieht.  Wenn  der  Zweck 
der  Kur  in  so  fern  nicht  immer  Tollständig  er- 
reicht wurde,  dafs  die  Menses  sich  einsteUtSBi 
so  hatte  dies  seinen  Grund  im  Mangel  der  gas« 
zen  körperlichen  Ausbildung.  Das  Verschwin- 
den der  übrigen  krankhaften  Beschwerden  b#- 

*)  Wendt  fuhrt  bei  seiner  BiatbcDoBg  der  Cblsraii 
tine  Art  an ,  die  sehr  zo  unterscheiden  iit.  Sie  ssB 
iliren  alleinigen  Grand  in  einer  erhöhten  En^fiad- 
lichkeit  des  NerTensystems  ^  darcbaas  niefat  in  eizon 
primären  Gesnnkenseyn  des  irritabeln  Lebena  Üea 
ond  grofse  Tendens  zer  Zebrform  «eigen.  Hier  sol- 
len statt  des  Eisens  ond  der  anderen  Tonica  nnr  die* 
ienigen  Mittel  passend  seyn  »  weloh^  den  B 
besehranken,  ohne  die  Gegfstbiti^wtt  an 
Um«  Mogax.  Bd«  4S.  H.  d» 


^      21    — 

stStIgfe  inclelii  gtim^am  ien  berrllcbeD  Eioflub 
des  Heilmittelt»  Ohne  Tielo  Fälle  hier  aozu- 
fuhren,  "werde  ich  nur  zwei  erzäbIeD,  die  mir 
besoDder»  herrorstecbend  «cbeioeD« 

1)   Sophie  K.,  20  Jabre  alt,  Ton  leoko- 

Ifhlegmatitcbem  Habitus,  bekam  im  fanfzehoteo 
ahre  zuerst  ihre  MenslrualioD«  Diese  kehrte 
mehrere  Male  unter  bedeutenden  Beschwerden 
wieder;  jedoch  war  der  Ausfluft  jedes  Mal  sehr 
gering  und  hielt  nur  ein  bis  zwei  Tage  an« 
Darauf  blieben  die  Menses  allmälig  fort»  wie 
die  Umgebung  meinte»  in  Folge  einer  Erkal- 
tung« Jedoch  schienen  mir  besonders  die  Ver- 
hältnisse» in  denen  das  Mädchen  lebte»  Schuld 
daran  zu  seyn.  Sie  gehört  einer  sehr  armen 
Familie  an,  bat  stets  nur  schlechte  Nahrung  ge« 
habt»  dagegen  sich  oft  schweren  Arbeilen  un- 
terziehen miusen.  Von  der  Zeit  her  fing  sie 
an  zu  kränkeln»  bekam  eine  blasse  Gesichts- 
farbe» litt  hin  und  wieder  an  Ohnmächten  und 
krampfhaften  Beschwerden.  Diese  Zufalle  hat- 
ten in  diesen  yier  Jahren  beständig  zugenoin« 
men»  In  der  letzten  Zeit  hatten  die  Kranke 
die  Krafte  wollig  Terlassen,  so  dafs  sie  mei- 
stens im  Bette  bleiben  raulste*  Häufig  litt  sie 
an  Ohnmächten»  die  mit  starkem  Herzklopfen 
anfingen;  diese  wechselten  mit  förmlichen  epi- 
leptischen Anfällen  ab*  Sie  war  beständig  müde, 
wurde  aber  während  des  Schlafs»  besonders  in 
der  IVacbt»  yon  schweren  Träumen  gequält. 
Kopfschmerzen  rerliefsen  sie  fast  nie ;  ihre  Ge- 
müthsstimmung  war  sehr  trübe»  so  dafs  sie  häu- 
fig weinte^  ohne  den  Grund  davon  angeben  zu 
können.  Ihr  Appetit  war  sehr  mäfsig»  die 
Darmansleerungen  kamen  regelmäfsig»  enthiel- 
ten aber  Tiel  Scldeim«     Wegen    der  äufseren 


^     Sit     -- 

I 

Verhältnisse  4er  -KranXeo^  welche  nlchl  gebeii 
sert  vrerden  konnten^  schien  die  Prognose  niclil 
hasoodiirs  giiostig  gestellt  werden'  cu  konneik 
Um  desto  mehr  mufste  der  Erfolg  Hberrascbei. 
Nachdem  ich   die  Diät^  so  weit  et   eich  thm 
liefs,  geregelt  hatte,  verordnete  ich  ihr  12  6s- 
beo   des  kohlensauren  Eisens  in   ohiger.  Formt 
Ton  denen  sie  täglich  eine  nehmen  sollte.    Ab 
diese  Terbraucht  waren  t  war  der  Erfolg  schal 
sehr  bedeutend.     Die   Kranke  lählte   eich  bei 
weitem  stärker,  konnte  den  ganzen  Tag  aeÜMi 
dem  Bette  seyn,  hatte  nur  hin  und  wieder  Ai" 
Wandlungen  Ton  Ohnmächten ;  die  epileptiKhca 
Anfalle  waren  ganz  ausgeblieben^    der  Ko|ifr 
schmerz  hatte  sieh  sehr  gemäfsigt,      Bia  sdilisl 
ruhiger,  der  Appetit  wnrde  besser,   die  Dar»^ 
Ausleerungen  waren   dunkler,   nicht   mehr  nü 
Schleim    gemischt*      Während   dee   jSobraochs 
der  zweiten  Verordnung  Ton  12  DoseOj  welds 
ich  jetzt  machte,  war  der  Erfolg   noch  spre- 
chender.    Die  allgemeine  Besserung  nahm  wäL 
jedem  Tage  zu,  und  am  achtzehnten  Tage  im 
Kur   stellten   sich    unter  Kreazschmercea    die 
Menses  ein,    obgleich  nur  eine    unbedaateadt 
Menge  Bluts  sich  entleerte  und  sie  schon  am  a» 
dern  Tage  ausblieben.  Während  dee  Gebraochs 
der   andern  sechs  Dosen  der  zweiten  Tcvoid* 
nung    verschwanden    die    übrigen  Krankbeil»" 
Symptome   gänzlich,    so   dafs  eine   dritte  Ver- 
ordnung nicht  nothig  wurde»    Die  Kranke  war 
jetzt  wieder  heiter  gestimmt,  ihr  Gesieht  ceigle 
mehr   Farbe;   der  Appetit  und  die  Verdanaag 
waren   gut;   Kopfschmerzen   stellten   sich  nicht 
mehr  ein,     Sie  hatte  ordentliche  Kräfte  wieder 
erlangt,  so  dafs  sie  ihre  gewohnlichen  Arbeiten, 
selbst  schwerere^  jetzt   gut   verrichten  konalei 
Ton    Ohnmächten    ond   kr^^mpfliaAeit   AniaUiB 


—     23     •» 

hMe  sla  Dlctift  mebr  bemerkt.  Ifacfa  swei  Bfii- 
taateo  sab  ich  die  Kranke  zufällig  wieder.  Sie 
tabmte  ihr  Befiodea  aufserordeotlich,  halte 
nicht  eiDmal  eioe  Aowandluog  too  Ohnmacht 
oder  Hersklopfeo  wieder  gehabt«  Ihr  gutea 
Ansaeheo  bestätigte  diese  Aussage  TÖliig. 

2)  Elise  P.f  Tiersebo  Jahr  alt,  ist  aus-  einer 
Familie,  in  welcher  die  Chlorosis  förmlich  erb« 
Höh  sa  seyn  scheint,  indem  swei  ihrer  Schfre« 
Stern   diese  Krankheit  im   höchsten  Grade  ge* 
habt  haben.     Bis  in  ihr  dreisehntes  Jahr  halle 
•i«  sich  immer  wohl  befunden.     Dann  fing  sie 
an  SU  kränkeln,   verlor  die  Kräfte,  bekam  ein 
bleiches   Aussehen«     Als   dieser  Znstand   nach 
einem  halben  Jahre  immer  bedeutender  wurde,, 
nahmen  die  Eltern  meine  Hülfe  in  Anspruch. 
Ich    fand    in    der    Kranken    ein    cartgebautes, 
•chwäcbliohes  Mädchen,  mit  dem  ausgeprägte« 
eten  Bilde  der  Bleichsucht.     Sie  war  sehr  ma- 
ger, die  Farbe  ihrer  Haut  war-  nicht  allein  blab, 
aondero  spielte,   wie  man  es  bei  den  höheren 
Graden  dieser  Krankheit  findet,  etwas  insGelb- 
griine.     Sie  besafs   kaum  so   viel  Kräfte,   um 
sich   auf  dem  Stuhle  sitsend  au  erhallen ;   be- 
wegte sie  sich,  so  trat  Hersklopfen   ein;  stand 
sie   auf,    so   wurde   sie   ohomächlig.      Heftige 
Kopfschmersen,  'vollige  Appetitlosigkeit,  leerer, 
trequenter  Puls  begleiteten  diesen  Zustand«    Sie 
erhielt  das  kohlensaure    Eisen  täglich  in  zwei 
Dosen  xu  nwei  Gran«     Als  sie  zwei  Wochen 
hindurch  dies  Mittel  gebraucht   halte,   trat  der 
erwünschte  Erfolg  schon  ein.     Sie  bekam  wie- 
der bessere  Farbe  ^   hatte   so  weit  ihre  Kräfte 
wieder,  daCs  sie  kleine  Spaziergänge  im  Freien 
«nternehmen    konnte;    selten   trat  Herzklopfen 
(ün^  nie  wurde  sie  ohnmächtig«     Der  Appetit 


—     24     — 

batle  sich  bedeutend  eingestellt     NAch  Vetlsrf 
der  sweiten  vierzehn  Tage  fiiblte  ^ch  Palien- 
tin  Tollig  wohl,  hatte  eine  gute  Gesichlsfarbei 
war  ganz  frei  von  Kopfschmerzen   und  Hers* 
klopfen.     Der  Puls  'ging   kraftiger  und  voller» 
Die  Mutter  erhielt  nun  den  Auftrag,   das  koh« 
lensaure  Eisen   so  lange  als  möglich  fortzuge- 
ben.   Nach  abermals  viei^ebn  Tagen  horte  sie 
indefs  auf^  durch  das  Wohlbefinden  der  Tech* 
ter  dazu   veranlafst.     Dies  schien  zu   fKib  n 
aeyn.    Denn  nach  Verlauf  einiger  Wochen  ver» 
lor  die  Kranke  wieder  ihren  Appetit,  ohne  dies 
durch  irgend  einen  Diätfehler  veranlafst  za  ha- 
ben,   die  Gesichtsfarbe  wurde  bleicher  und -die 
Kräfte  fingen  an  zu  schwinden«    Es  wurde  so- 
gleich wieder  zu  dem  vorigen  Heilmittel  ge» 
schritten   und  schon  nach  drei  bis  vier  Tagen 
kehrte  der  Appetit  und  mit  ihm  sehr  'bald  das 
ganze  Wohlbefinden  zurück.     Jetzt  ist  wieder 
ein  Monat  verflossen,  die  Kranke  hat  bestand^ 
das  kohlensaure  Eisen  genommen  und  ueh  ver- 
trefflich  dabei  befunden,  so  dafs  sie  Sbef  nichts 
zu  klagen   weifs.     In  der  letzten   Zeit  haben 
sich    öfier    Kreuzschmerzen    eingestellt,    Was 
wohl  auf  baldiges  Erscheinen  der  Menatmation 
hindeutet« 

Der  Nutzen  des  kohlensauren  Eisene  in 
rbeuiDatalgischen  und  neuralgischen  Zuständen 
ist  längst  beobachtet  und  durch  die  Erfahrnng 
berühmter  Gewährsmänner  bestätigt.  Vorzug- 
lieh  rühmen  Einige  den  Nutzen  desselben  ge« 
gen  den  Gesichtsschmerz.  ^^  Jedoch  scheint  es 
gegen  den  eigentlichen  FothergiÜM^ibtn  Geaichti- 

*)  Nene  Samml.  auserles.  Abband!«  XYIL   Mr.  115: 
Vü.  psg.  3ie, 


^    25     — 

•ebnen  keine  Kraft  su  haben,  sondern  bat  sich 
bis  jetst  noch  immer  ohne  Erfolg  gegen  dieses 
furchtbare  Leiden  gezeigt.  "*)  In  nacbfolgendem 
Falle  Tertrieb  es  gleichwohl  vollkommen  den 
Gesicbtsscbmerz,  der  sich  jedoch  nicht  als  Pro- 
sopalgia  FothergUIi  zeigte« 

Die  Frau   des  Kaufmanns    T.  in  Bf   der 
Periode  der  Gessalion  nahe,    seit   einer  langen 
Reihe  Ton  Jahren  an  ausgeprägter  Hysterie  lei- 
dend,  wurde  schon  seit  längerer  Zeit  Ton  Ge- 
sichtsschmerzen geplagt,  welche  Ton  der  linken 
Snpraorbitalgegend  ausgingen  und  sich  über  die 
linke  Gesichtshälite  verbreiteten«    Seit  drei  bis 
Txer  Monaten  waren  diese  Schmerzen  sehr  bef« 
tig  geworden.     Der  dortige  Arzt  halte  dagegen 
Mervina,  AntiarCKritica  und  das  Chinin  verord- 
netp  aber  keinen  Erfolg  gesehen.  Als  das  Allge« 
meinbefinden  sich  immer  schlechter  zeigte,  Wurde 
mein  Vater,  der  lUedicinalrath  iU«,  als  zweiter 
Arzt  hinzugerufen.  Er  fand  die  Kranke  in  einem 
sehr  aufgeregten,  febrilischen  Zustande.     Der 
Gesichtsschmerz  peinigte  sie  fast  beständig,  wo- 
durch der  Mundwinkel  und  die  übrige  Gesichts- 
hälfie^   welche  befallen  war,   nach  unten  hän- 
gend  erschien.     Nachdem   durch   ruhiges  Ver- 
halten  und   kühlende  Arzneimittel   die  Torban-« 
dene  Aufregung  beseitigt  war,  trat  jetzt  ein  sehr 
kraftloser   Zustand    hervor,    bei   dem  der    Ge- 
sichtsschmerz in  geringerer  Heftigkeit  fortdauerte. 
Neben  einer  gehörigen  Diät    und  dem  Gebrau- 
che von   Malzbädern    nahm   die   Kranke   hier- 
gegen das  kohlensaure  Eisen.     In  Flolge  dieses 
kehrten  die  Kräfte  sehr  bald  wieder |  die  An- 

*)  Vcrgl.  8acK$  und  Dtdh  HandwÖrterb.  d.  prakt.  Arz« 
nsimitUUebre.  Tb.  U.  Abtiu  U.  S.  642, 


—     2»     — 

fälle  der  Prosopalgia  worden  sellenrnr,  bamn 
ders  de»  Nachts,  uod  raubten  Dicht  mehr,  wie 
früher^  den  nächtlichen  Schlaf.  JNach  änem 
Monate  wer  der  Gesichtaschmers  TÖlIig  Ter» 
scb wunden,  die  Kranke  fahlte  sich  kräftig  and 
klagte  über  nichts ,  als  einselne  nnbedeuteBde 
Symptome  des  Hjsterismusi  welche  sie  wohl 
nie  ganz  Terlassen  werden,  -—  Dals  der  6e- 
sichttschmerz  in  diesem  Falle  nicht  piStiÜch 
durch  den  Gebrauch  des  kohlensaurea  Eisens 
gehoben  wurde,  wie  es  Ton  anderen  Aerzten 
beobachtet  ist,  mag.  theils  in  der  IndiTidaalilit 
des  Falles  begründet  gewesen  seTo,  theils  lag 
es  vielleicht  an  der  geringeren  Gabe  des  Mit- 
tels. Was  in  Bezug  auf  die  Dauer  der  Hei- 
iung  bei  solchen  Gesichtsschmerzen  TortbeUha^ 
1er  sey,  ob  die  plötzliche,  oder  die  allniiligp 
Vertreibung,  will  ich  dahingestellt  lasscfn«  Ge- 
nügend ist  es  wohl,  dafs  die  Kranke  sehr  bald 
Linderung  erhielt,  bis  jetzt,  nach  Terlaof  yfvk 
fast  einem  ganzen  Jahre,  keioeo  Biekfall  ge- 
spürt hat  und  während  der  Kur  dqrchans 
keijoe  schädliche  Nebeowirknog  dea  Eiaeoa  be- 
merkte« 

Bei  jungen  Männern,  welche  aich  aagt* 
strengt  längere  Zeit  hindurch  geistigen  ArbeiteB 
hingeben,  ohne  in  gehöriger  Bewagang  aad 
Aufheiterung  den  nothigen  Wechsel  sa  eaebea, 
tritt  nicht  selten  ein  Zustand  -von  wolliger  Ab- 
spannung des  Geistes  und  KSrpere  ein,  dar 
eines  langen  Zeitraums  bedarf,  um  wieder  ge- 
hoben zu  werden*  Das  Nerrensjratem ,  fiber- 
reizt theils  durch  die  Arbeiten,  theils  dmk 
künstliche  Reizmittel,  Terliert  zuletzt  seine  Eaei^ 
gie,  um  allen  Funktionen  richtig  Torsnatahea. 
Von  Seiten  der  Vardauungsorgana  liar  biUst 


—     27     — 

•icb  ebenfallt  tio  Krankheicskelm  tfu ,  iodem 
wegen  der  aitseoden  Lebeoswebe  die  Ver* 
danuog  nicht  mit  gehöriger  Thätigkeil  Tor  *ich 
flieht.  Die  Chylifikatioo  und  Sanguifikation  wer* 
den  feblerbafl.  —  Das  Resaltat  Ton  allem  die« 
eem  ist  jener  Zustand  Ton  Schlaffheit  aller  gei* 
stigen  und  körperlichen  Funktionen.  Die  erste 
Aufgabe  des  Arztes  wird  hier  seyn,  etwa  Tor- 
bandene  Stockungen  in  den  Abdominalorganea 
KU  heben,  dann  aber  überall  den  gehörigen  To« 
DOS  wiederherzustellen«  Das  Eisen  ist  auch  hier 
an  seinem  Platze*  Da  indefs  die  Verdauung 
leidet,  wird  es  besonders  der  Vorsicht  bedär« 
fen,  dafs  man  dasjenige  Präparat  wähle,  wel- 
ches leicht  den  Organismus  durchdringt,  am 
wenigsten  genannte  Funktion  belästigt,  beson« 
dera  nicht  durch  seine  adstringirende  Eigen - 
jschaft  Obstruktionen  herrorbringt,  flieine  Er 
fahrung,  die  freilich  bis  jetzt  nur  aus  einem 
Falle  hergenommen  ist,  spricht  auch  hier  für 
den  Nutsea  dea  kohlensauren  Eisens, 

Ein  junger  Gelehrter,  ron  nicht  gerade 
kräftiger  Constitution,  wurde  durch  Umstände 
genöthigt,  mehrere  Monate  sich  sehr  eifrig  mit 
den  Wissenschaften  zu  beschäftigen,  Während"' 
dieser  Zeit  waren  den  ganzen  Tag  über  die  Bii-* 
eher  fast  seine  einzige  GesellscbafI«  Oft  arbei- 
^  tete  er  bis  tief  in  die  Nacht  hinein  und  suchte 
sich  den  nahenden  Schlaf  durch  Kaife  und  ahn-' 
liehe  Reizmittel  zu  vertreiben.  Körperliche  Be- 
wegungen nahm  er  nur  selten  Tor,  So  lange 
er  dies  fortsetzte,  glaubte  er  sich  ziemlich  wohl 
KU  befinden ;  als  er  aber  in  diesen  Arbeiten  nach- 
liefs,  trat  als  Folge  die  gröfste  Abspannung  ein. 
Die  fräheren  körperlichen  Kräfte  fehlten  ihm, 
•o  dafs  er  auf  den  Spaaiergängen,  welche  ejr  zu 


n  .   ^ 


•^     28     ^ 

■einer  Erbohng  nnteroaliin,  leicht  ermüdete«  Er 
euchte  sich  durch  kräftige  Nahmbg  Wieder  n 
stärken^  f^nd  aber  nicht  den  erwnnscbten  E14 
folg;    auch    fehlte   ihm  der  gehörig«  Appetit. 
Seine  GesichUfarbe  war  blasser,  tvie  gewohif* 
lieh.   Nachts  schlief  er  fest,  hatte  aber  hänlig«^ 
saweilen  in  einer  Nacht  2*— -3  Mal   eich  wie« 
derholende  Pollutionen.     Statt  sich  am  Bfoigen 
gehörig  erquickt  zu  fühlen ,  war  er  bestand^ 
echläfrig^   so  dafs  er  schon  nach  einigen,  filoar 
den,  wenn  er  sich  einen  Augenblick  luhig  hin? 
setzte,  wieder  einschlafen  konnte«      Zu  elis^ 
geistigen  Arbeiten  war  er  gänzlich  mitaiigUch. 
—  Viele  Bewegungen  im  Freien,  soDstige  Ad: 
heiterungen,  Unterlassung  aller  geistigen  Arbsi?- 
ten  und  der  Gebrauch  gelind  eröffnender  Mill|l 
veränderten    den   Zustand    nur   wenig.      Bau- 
schien  etwas  Besserung  einzutreten,   bald  TW' 
lor  sich  diese  wieder.   Am  bedenklieheten  scUs« 
uen  die  häufigen  Pollutionen  zu  sejn,    die  bei 
ihm  ganz  unbemerkt  eintraten,  dorchane  niAt 
in  Folge  Ton  äppigen  Traumbildern.     Eine  se 
bedeutende    Ausleerung    dieses    edlen    Secreü 
war  schon  an  and  für  sich  hinreichend,  nm  dsa 
Schwächezustand    nicht   allein   zu   nntierhalteo, 
sondern   auch'  noch  zu  rermehren.    «—    Gegen 
dieses  Uebel  gab  ich  dem  Kranken  das  kohlea« 
saure  Eisen,  liefs  ihn  aber  die  friihera  Diät  zo- 
gleich  noch   beibehalten.     Dadurch   wurde  in 
Verlauf  *?on  drei  Wochen   der  Zustand  gebe« 
ben.     Der  Kranke  ftihlte  sich  nach  dieser  Zeit 
irollkommen  gekräftigt^  besonders  da  die  Polio- 
tionen  sehr  bald  seltener  wurden,  und  jetzt  nur 
noch  in  solchen  Zwischenräumen,  wie  es  frBber 
geschehen  war,  eintraten.  Sein  Schlaf  war  nihig 
und  erquickend;    sein  Geist  hatte  die  friihere. 
Thätigkeit  mid  Regsamkeit  wieder  erlangt 


—     29     — 

Aebnlicbe  ZastanSe  lonnen  rielfach  Tor« 
kommen  und  zwar  durch  yerschiedeoe  Ursachea 
herbeigeführt*  Dergleichen  entsteheil  nach  häu- 
figen und  profusen  Blutungen,  dem  Verluste  an- 
derer' für  den  Organismus  nothwendiger  Saft«, 
überhaupt  nach  den  meisten  Proflurien.  Hier 
wird  ebenfalls  das  kohlensaure  Eisen  bald  bIs 
wirkliches  Heilmittel  dienen,  hald  wenigstens 
die  Kur  kräftig  unterstützen. 

Was  den  Nutzen  des  kohlensauren  Eisens 
gegen  krebsartige  Leiden  anbetrifft^,  gegen  wel- 
che es  besonders  Ton  Carmichael  und  If^opp  er* 
probt  wurde,  so  lann  ich  hierüber  aus  eigener 
Erfahrung  nicht  firtheilen.  Eben  so  kann  ich 
weder  über  seine  Tor  kurzem  empfohlene  Heil- 
kraft hei  der  Tussis  convulsiva^  noch  über  dea 
▼on  Vanderburgh  und  Elliotson  *)  gerübmtea 
Hntzen  desselben  gegen  die  Chorea  StiViti  bis 
jetzt  etwas  Bestimpites  anführen. 

*)  Nene  Samml,  anseil«  AUi*  IX«  S.  482« 


—     30     -* 


UI. 


-praktisclie 
Adversarien, 


mitgetheilt 

▼  00 

Dr.  P.  J.  Schneider, 

GroIsherzogL  Bädisehem  Mediciimlrttht  lud  Pl^rilni  iM 

Oberamts  Ofienborg, 


^ 


tm    Von  Jer  Kran1chintS''Constiiution  und  dm 
herrschenden  Krankheiten  im  Jahre  183S* 


Piach  mtinen  Beobachtaogen  glticht  das  Jahf 
1835  io  seinen  meteorologischen  VerhäUoisiM 
und  in  Bezug  auf  die  anhaltende  Trocktn)!«! 
und  den  fast  unerträglichen  Grad  von  Bitso  sehr 
dem  Jahre  1834«  Wir  hatten  nämlich  in  Ar 
•em  Jahre  124  ganz  heitere  find  moe,  117 
Schnee»  und  Regen-  und  124  T6riiad«ilickl 
Tage. 

Der  höchste  Barometerstand  fand  am  2.  Ja* 
ttoar  mit  28^'  3^^'^  der  niediigsla  dagegen  m 


—     31     — 

.  October  mit  26^'  9^  »taU.  BeHa  Ex- 
me  gehören  in  meinem  PbysikaU-Bezirke  so 
a  sehr  teltenen. 

Die>  sjärkste  Hitse  zeigte  das  Thermometer 
I  16.  Juli  Nachmittage  2  Uhr  im  Schalten 
t  -4*  29^  R.,  die  etreogate  Külie  dagegen  am 
.  Morember  Morgens  7  Uhr  mit  —  7^  R, 


Die  herrschenden  Winde  waren  SW«^  NOi^ 
and  SO» 

Das  Jahr  1835,  wie  das  Ton  1834,  gebSrte 
den  sehr  tro€kenen\  der  Entwicklung  der 
tterge wachse,  Gemüse  und  tbeil weise  auch 
m  Obste  war  es  sehr  nachtheilig.  Kleine 
che,  Quellen  und  ^iele  Brunnen  trockneten 
t  ganz  anSf  und  manche  Brunnen  in  Ort* 
laflen  mnfsten  zwei  und  drei  Mal  tiefer  ge-> 
iben  werden»  nm  Wassermangel  Torzubeugen. 

Eine  so  stabile,   durch  keine  sehr   grelle 

I  plötzlich  eintretende  Veränderungen  unter- 
»chene  Witterungs-Constitution ,  wie  die  von 
34  und  1835,  konnte  daher  im  Ganzen  nur 
chst  utrohlthätig  auf  den  allgemeinen  Gesund« 
itszustand  einwirken,  und  diesen  in  derThat 

Allgemeinen  so  befestigen,  wie  es  seit  zwei 
ic^nien  kaum  je  der  Fall  war;  zum  wenig- 
m  darf  ich  keck  behaupten,  dafs  mir  seit 
14  noch  kein  solches  Jahr  Torkam,  welches 
h  so  sehr  durch  einen  so  auffallend  und  an- 
Itond  geringen  Krankenstand  ausgezeichnet 
tte.     Denn  nicht  nur  fanden  während  dessel- 

II  weder  Epidemieen^  noch  Epizootien  in  mei- 
n  Amtsbezirke  statt,  sondern  selbst  die  chro- 
.chen  Krankheiten  verliefen  in  der  Regel  weit 
li^er  und  erträglicher^  als  in  andern  Jahren^ 
i  manchem  Sitcheo  ward  sein  iuriinkelndes 


^'    33     — 

Pebeo  weit  langer  gefristeli  als  et"  unter  entg» 
gepgesetzten  meteorologiacben  VerbältDieMn  Ü 
Fall  geweseu  seyn  würde.  Es  scheint  dahd$ 
dafs  eine  beständige,  warme;  trockene  und  seUicl! 
beifse  Witterungs  •  Constitution  dem  animahl' 
Lebensprocesfte  weniger  nachtheilJg  is^  als  eni| 
dieser  enigegengesetste«  '  .      .'A 

Die    Krankbeiten    Tom   Januar   bis  Endl 
März  bestanden   in   leicbten  galHcbten ,  Sabitf^ 
ral-,  rbeuroatiscben  und  katarrbalischen  Fiebsn^ 
in  ächten  und  falschen  Lungenentzündongep,  n 
WechseKiebern   und   Rosen.      Nur    sehr   seil« 
traten  heftige  topiscbe  EntzSndungen  anf^  wil« 
rend  der  sporadische  Typhus  sich    hier  nnd  d^ 
blicken  liefs.    —    Von  den  chronischen  Kraal' 
beiten   waren   Lungen  -  und   Wassersdeht  eil 
veraltete  Hautautschläge  dl«  gewohnliehsteD.  — 
In  therapeutischer  Beziehung  bewahrte  uch  die 
antigastriscbe  Methode  ^   auf  welche  gelind  dia- 
phoretische Mittel  folgten.     Gegen  heftige,  Is-i 
pische  Phlogosen   blieben   allgemeine   and  Silr 
liehe  Blutentziebnngen  in  Yerbindnog  mit  itas» 
ken  Dosen  Salpeters  nie  ohne  achnelieii  aal' 
erfreulichen  Erfolg. 

Vom  Anfange  Aprll's  bis  Ende  *  Joah 
herrschten  yorziiglich  Sabnrral«  imd  6alleafls> 
her,  rheumatische  Brustfell- Bntsiindangen,  La* 
her-  und  Unterleibs  -  Entzündungen  nnd  ^«fi* 
discher  Typhus  als  prädominirende  UehalsejapM 
formen  bei  Erwachsenen,  bei  Kindern  dagsgfll 
Gehirn -Entzündungen.  —  Zn  Ende  Joni's  ka^ 
xnen  mir  fast  gleichzeitig  mehrere  Fälle  Toa 
Morbus  haemorrhagicus  maculosns  H^erlheß 
iror,  welche  mit  wirklich  gefSbrlichen^nnd  kaeii 
zu  stillenden  Blutungen  aus  ])Iund  mid  HaiS' 
Verbunden  wallen.    Eben  so  lEeigtva  aidi  Ve* 


—     33     •— 

rioloiden  sporadisch  und  ron  Sofserst  gubarti-^ 
gern  Verlaufe,  so  wie  Influenza  Ton  sehr  ge- 
linder ArL  Sanft  ausleerende  Mittel,  {e  nach 
der  Turgescenz  der  angehäuften  Gruditalen  ge^ 
wählt,  strenge  Diät,  zweckmäbiges  Regimeh 
und  Beförderung  der  Krisen  durch  diaph'oreti^. 
sehe  Mittel  mit  mehr  oder  weniger  örtlichen 
Blutausleerungen  entsprachen  vollkommen  dem. 
Heilzwecke.  Bei  dem  Morbus  JFerlhqfii  wur-» 
den  zuerst  säuerliche  und  kühlende  Pqrganzen, 
nachher  Styplica,  namentlich  das  uicidum  pyro-'. 
lignosum  mit  einem  concentrirten  Ghinadekokto 
mit  erwünschtem  Erfolge  inqc^rlich  angewandt«. 
Nur  sehr  langsam  schritt  jecjoch  die  Genesung 
bei  diesen  Mitteln  Toran ,  weil  durch  die  Tor* 
ausgegangenen  höchst  beträchtlichen  Blutungen 
die  Reproductionskraft  zu  feindlich  niedergedrücfcjt 
worden  war. 

Vom  Juli  bis  Ende  Septembers  herrschten 
Torzüglich  Gallenßeber,  Cholerine,  Wurmfieber» 
Diarrhöen  und  sporadischer  Keuchhusten  unter 
den  Kindern,  von  welchem  selbst  einige  Er- 
wachsene durch  Ansteckung  ergrüTen  wurden« 
Dagegen  entwickelte  sich  der  sporadische  Ty*  , 
phus  immer  mehr  und  deutlicher  und  mehr  proto* 
pathischf  denn  als  ansteckende  Krankheit,  •—  Ebeji 
SO  beobachtete  ich  mehrere  deuliich  entwickelte 
und  ausgesprochene  Gastro  -  Enteritides  nach 
Sroussais,  Auch  hier  zeigten  die  ausleerenden 
lüttel  gegen  gallichte  und  Saburralßeber  ihre 
entschieden  treffliche  Wirkung,  namentlich  wenn 
sie  mit  säuerlichen  Getränken  unterstützt  wur- 
den, während  sich  gegen  habituelle  Diarrhöen 
nachfolgende  Mischung  überaus  heilkräftig  be- 
währte: Rec.  Aquae  Foeniculi  Unc*  quatuor^ 
Polr«  Cretae  ppt  vel  Concb«  ppt«  G«  arab., 
Jou».  LXXXIV.  B.  3.  St  C 


-     34     - 

TiBct«  Calom*  arom.  aa  Drachra.  daas,  Syrm. 
cort.  Aur.  Udc.  ud.  M.  D.  &  Täglich  1  EtüWA 
voll  so  nehmen. 


Gegen  den  Keuchhusten  befolgt«  ich 
Ton  mir  (Aonalen  für  die  gesammte  Heilkunda 
unter  der  Redaction  der  Mitgl.  d.  Grofsh.  Bad, 
Sanitäts-Commission  1.  Jahrg.  1824.  II.  H.  S.  6Q 
angegebene  Methode,  namentlich  folgendes  Pnl- 
Ter:  Rec.  Pnlr.  Rad.  Ipecacnanh.,  Palr.  Rad. 
Belladonn.  an  gr.  }j,  Flor.  Sulphur.  lot.  gr«  xzzgi 
Sacch.  alb.  Drachm.  duas.  M.  f.  PuIt,  et  din- 
datur  in  Tjjj  partes  aequales.  S.  Täglich  3  hii 
4  Pulver  zu  nehmen.  —  Hierbei  fahle  ich  mich 
jedoch  SU  der  Bemerkung  Terpflichtet^  dafs  iA 
Yon  dieser  Mischung  diesmal  im  DuriAiscbnitte 
keine  so  ausgezeichnet  günstige  Wirkang  als 
früher  beobachtete,  der  Keuchhusten  sich  nichts 
desto  weniger  in  die  Länge  zog,  und  die  kl«« 
nen  Kranken  höchst  elend  und  abgemattet  wor- 
den. Ich  eröffoete  daher  späterhin,  nach  Tour- 
touaVs  Rathe  *)^  die  Kur  mit  einem  Brechmit- 
tel, welches  ich  zuweilen  wiederholte  ^  und 
Setzte  überdies  obiger  Mischung  noch  eiaei 
halben  bis  ganzen  Gran  Opium- Extrakt  hinan, 
nach  welchem  Ach  erst  eine  rorzüglich  gnla 
Wirkung  beobachtete.  Das  ron  Dr.  Fäisditfi 
empfohlene  Pulver  aus  Herb»  Nicotianae  und 
Tartarus  emeticus  war  nur  dann  Ton  «ioem  er- 
freulichen Erfolge,  wenn  es  noch  mit  einem 
Gran  Opium-Extrakt  rerbunden  wurde,  wobei 
jedoch  die  Brechmittel  nicht  aufser  Acht  gela^ 
sen  werden  durften.  Auch  kann  ich  hier  nicht 
anberührt  lassen  |  dafs  sich  bei  mehreren  nü 

*)  Praktiiehe  Beitrage  zar  Therapie  d«  KindailBaBl' 
heitsn.  Monsler  1829|  S.  100  o«  s»  £1 


-     35     — 

Kaachbustto  behafteten  Kindern  plStcKch  wt 
Metaschematismani  theils  Langen-  theils  ue- 
hirn-Entzündangen  Ton  meist  sehr  bedenklicher 
Art  einstellten,  mit  deren  Eintritte  der  Keuch- 
basten  wie  weggezaubert  war,  nach  deren  Be- 
kämpfun'g  aber  sich  urplötzlich  und  in  demsel* 
ben  Grade,  wie  vor  dem  Ausbruche  der  letzt- 
genannten Krankheiten,  wieder  einstellte.  Mit 
Keuchhusten  befallene  Erwachsene  erfuhren  we- 
nig oder  gar  keine  Linderung  nach  dem  Ge- 
brauch obiger,  obgleich  verstärkter  Pulrer,  da- 
gegen bewährte  sich  sehr  hilfreich  folgende  Mi» 
■chung,  die  ich  auch  als  das  Torzügiichite  So« 
lernen  Phthisicorum  et  Tabescentium  aus  riel- 
jäbriger  Erfahrung  empfehlen  kann ,  nämlich : 
Reo.  Morphii  acet.  gr.  duo,  Acid,  acetic*  gutt. 
duas,  Aqu»  Yalerian.  Unc.  tres,  Syrup  Ciroci 
Unc  un.  M.  D.  S.  Alle  3  Stunden  einen  star- 
ken Kaffeelöffel  Toll  zu  nehmen.  *) 

Vom  September  bis  zu  Ende  des  Jähret 
grassirten  noch  immer  Gallenfieber,  Diarrhoen, 
katarrhalische  und  rheumatische  Affectionen  und 
nur  äufserst  selten  rein  entzündliche  Krank- 
heitsEustände.  Ganz  besonders  griff  aber  der 
(fporadischt  Typhus  in  mehreren  Ortschaften 
am  eich ,  ohne  dafs  jedoch  dadurch  eine  form- 
liche Epidemie  yeranlafst  worden  wäre*  Vom 
Monate  Jali  herrschte  dieser  nämlich  als  proto- 
paihische  üebelseynsform  in  mehreren  Ortschaf- 
ten   meines  Amtsbezirks  und   wurde  ^  wie  ich 

*)  Je  fiadidem  ich  besondere  Heilzwecke  2n  errciclien 
heal>sicLt]ge  9  steigere  ich  die  Dosis  des  Morpbintnff^ 
nod  verbinde  damit  bald  Tartarus  emeticns  zn  gr.  j, 
bald  Bxtract*  Myrrbae^  Syrap.  baisam.,  Tinct.  Digi- 
tal, a.  b.  w»»  —  rnois  aber  bemerken,  daOi  das  Mor-* 
phiam  nicht  selten  StraDguiie  und  Iscbo  deerreg^t! 

C2 


—     36     - 

mich  ganz  surerlässig  überzeugte^  durch  An^ 
steckung  immer  vreiter  Terbreitet,  obgleich 
gleichzeitig  nie  mehr  als  sechs  bis  acht  Kranke 
in  einem  und  demselben  Orte  davon  ergriiFen 
waren  ^  welche  dadurch  anfänglich  in  ein  sehr 
langes  Siechthum  versetzt  worden  waren  und 
sich  deshalb  kaum  wieder  vollkommen  erholen 
konnten.  Denn  in  der  Regel  hielt  dieser  omi- 
nöse Krankheitszustand  bei  den  meisten  Kran- 
ken 31  bis  40  Tage  an,  wahrend  welcher  Zeit 
sie  meist  sich  in  fast  völlig  bewolstlosem  Zu- 
stande befanden. 

Dieser  hSchst  gefährliche  Krankhaitszusland 
charakterisirte  sich  gleich  anfangs  durch  folgende 
pathognomonische Zufälle :  Schwere  des  Kopfe«' 
und  der  Glieder,  Eiogenommenhelt  desselben, 
dumpfes  und  drückendes  Kopfweh,  Ohrenbrau-' 
sen.  Schläfrigkeit,  Unlust  zur  Thätigkeit  der 
Arbeit,  verstimmtes,  äufserst  reizbares  Gsmiith, 
starker  Durst,  Ekel  vor  Speisen,  bilterer  Mund 
bei  meist  unbelegter  und  stark  gerolheler,  fast 
spiegelglatter  Zunge,  Brechreiz,  Magendrücken» 
Aufstofsen,  wässeriger,  mehr  oder  weniger  mit 
starkem  Kollern  im  Unterljeibe  verbundener 
Durchfall,  oder  auch  Verstopfung.  Unter  die- 
sen Zufällen,  mit  welchen  sich  die  Kranken 
einige  Tage  herumschleppten,  schritt  das  Uebel 
immer  mehr  vorwärts,  und  die  Kranken  wu^- 
den  jetzt  von  heftigem  Schwindel  und  einer  so 
starken  Fieberhitze  befallen,  dafs  sie  brennend 
heifs  anzufühlen  waren  und  gleich  delirirten. 
Meist  trat  unter  diesen  Erscheinungen  gleich 
eine  wässerige  Diarrhoe  ein,  die  sich  in  24 
Stunden  6  bis  20  Mal  einstellte  und  dadurch 
einen  so  raschen  Zerfall  der  Lebenskräfte  her- 
beifohrte-,  dafs  die  Kranken  schon  nach  Vex^ 


-     37     - 

lauf  TOD  10  bi«  12  Tagen  gana  daa  AnseeliM 
der  an  Marasmus  seDÜis  Leiaenden  batteD«  Jetxt 
-war  die  Zuoge  rauh,  trocken^  rufsigt,  oder 
schwarzbraun^  Haut  und  Muskeln  des  Korpers 
v?elk^  eingeschrumpft,  kühl  und  pergamentar- 
li^y  das  Auge  glänzend,  gläsern  und  stier,  das 
Gehör  fast  ga^z  aufgehoben,  das  Atbmen  bei,^ 
den  meisten  Kranken  äufserst  beschleanigt,  kurz, 
mühsam  und  ron  einem  mehr  oder  wenig  hef- 
tig anstrengenden  und  trockenen,  in  der  Regel 
gegen '  den  siebenten  Tag  sich  einstellenden, 
Husten  mit  heiserer  Stimme  unterbrochen ;  im 
Verlanfe  .der  Krankheit  häufig  Sehnenhüpfen, 
Flockenlesen,  oder  ein  rastloses  Streben,  aus 
dem  Bette  zu  fliehen,  sich  anzukleiden  und 
Zimmer  und  Wohnung  zu  rerlassen«  Bei  Vie- 
len waren  die  Delirien  ganz  still  und  sanft,  bei 
Andern  heftig  und  tobend,  und  viele  Kranke 
waren  mit  einer  förmlichen  Typhomanie  befal- 
len. Jedesmal  am  dritten  Tage  bemerkte  maa 
eine  deutliche  Exacerbation  der  Krankheit,  ohne 
dafs  sie  jedoch  vor  dem  31«  oder  40«  Tagel 
eine  Tollige  Remission  hätte  erkennen  lassen. 
Der  Puls  war  aufserordentlich  schnell,  klein, 
härtlich  und  fadenarti^;  der  specifische  Geruch 
der  Ausdünstung  solcher  Kranken  glich  sehr 
jenem  der  Pockenkranken.  Endlich  hatten  fast 
alle  Kranke  ein  unbeschreibliches  -  Verlangen 
nach  dem  Genüsse  des  Weins. und  weiogeisti- 
ger  Getränke.  Nie  trat  Schweifs  oder  kriti- 
scher Auswurf  freiwillig  ein ,  nicht  einmal  ein- 
xelne  duftende  Stellen  der  Haut  wurden  bei  die- 
sen Kranken  wahrgenommen,  namentlich  wenn 
sie  sich  selbst  überlassen  blieben.  Mit  dem 
Durchfall,  welcher  den  Tod  wesentlich  beschleu- 
nigte, wurde  ein  sehr  dünner,  grau  oder  gelb- 
lich gefäibter  Schleim  mit  wenigen  Faecalmas- 


.-     38     — 

I 

ien  iitiBgeleert,  der  Uno  war  entweder  gm 
wasfierhell,  oder  blafsgelb  and  zeigte  meiat  eiM 
gaDE  oben  auf  schwimmende  leichte  wei&i 
Wolke. 

Das  Stadium  der  ReconTaleacens  daneria 
anfänglich  bei  den  meisten  Kranken  4^-8  Vf  o- 
chen,  erst  daon  fühlten  sie  sich  stark  genog^ 
ihre  gewohnten  Geschäfte  wieder  yerricbten  n 
können.  Mehrere  bekamen  Furnnkeln  ondAb- 
scesse  an  verschiedenen  Theilen  des  Korpen^ 
andere  einen  Frieselausschlag  mit  offenharer  Er« 
leichteruDg  und  baldiger,  glücklicher  Entschei- 
dung der  Krankheit;  doch  nur  ausnahmsweiiSi 
Bei  andern  Kranken  erfolgte  Nasenbluten  snU 
weder  zu  Anfange  oder  gegen  die  Mitte  der 
Krankheit,  nnd  in  der  Regel  mit  einiger  Er- 
leichterung. Alle  aber  waren  in  den  erstes 
acht  Tagen  so  hinfällig  und  kraftlos ,  dals  sis 
schlechterdings  nicht  im  Stande  waren ,  sich 
freiwillig  im  Bette  aufsurichteni  noch  das  ibneo 
dargereichte  Getränk  selbst  zu  sich  zu  nehmaiii 
da  das  ununterbrochen  anhaltende  und  sehr 
starke  Zittern  ihrer  Hände  ihnen  dieses  uninSg- 
lieh  machte.  Endlich  war  das  Bewnfstseyn  ba 
den  meisten  Kranken  so  sehr  getrübt^  dab  sis 
nur  selten  lichte  Zwischenräume  hatten. 

Thatsache  ist  es,  dafs,  sobald  einmal  dar 
T3rphus  in  einem  Hanse  eingekehrt  war^  in  der 
Folge  die  meisten  Familienglieder  davon  nach 
und  nach  ergriffen  wurden,  nnd  in  dem  Grads^ 
dafs  zuweilen  nur  ein  oder  zwei  Indiridoen  sis 
der  Familie  davon  rerschont  blieben«  BesoiK 
ders  rasch  entwickelte  sich  der  Typhus  im  Mo* 
nat  September  beim  Eintritte  des  RegenweltefS 
in  einigen  Ortschaften,  Wer  im  steten  Ver- 
kehr mit  diesen  Kranken  stand ,  wurde  suTi^ 


-     39     - 

USssIg  bald  früher ,  bald  später  daTon  befalleii^ 
so  dars  keiD  Alter  und  Geschlecht  davon  Ter«, 
schont  blieb,  ja  sogar  eine  Schv^angere  daroD 
ergriffed  wurde  und  abortirte.  Doch  srbiea' 
das  jugendliche  Alter  und  das  von  16 — 24  Jah- 
ren am  häufigsten  Tom  Typhus  befallen  zu 
vrerdeui  wiewohl  auch  Greise  und  Kinder  von 
7  Jahren  nicht  verschont  blieben^  ohne  dafs  je- 
doch, die  heifse  Temperatur  des  Sommers  und 
die  starken  und  unausgesetzten  körperlichen  An-' 
strengungen  der  Landbewohner  in  dieser  Jafa- 
resseit  abgerechnet,  eine  weitere  Veranlassung. 
dazu  Ton  mir  hätte  ermittelt  werden  können. 

In  prognostischer  Beziehung  fand  ich  Fol- 
gendes durchgängig  bestättigt: 

Baldiger  Eintritt  und  fortdauernde  Diarrhoe 
bedingte  eine  baldige  und  höchst  lebensgefahr« 
liehe  Neuroparalyse  des  Gangliensystems,  sojmit 
den  sicheren  Tod  des  Kranken,  wenn  sie  picht 
bald  beseitigt  wurde.  Wehe  dem  Kr^nken^. 
der  sich  zu  Abführmitteln  verleiten  liefs;  er 
Tivar  dem  Tode  verfallen,  oder  ihm  wenigstens 
ftehr  nahe  gebracht!  «—  Je  später  eine  ratio- 
nelle Knnsthilfe  nachgesucht,  und  je  mehr  dea 
sonderbaren  Gelüsten  des  Kranken  nachgegeben 
und  gefröhnt  wurde^  desto  sicherer  war  er  ver- 
loren« Dies  gilt  namentlich  vom  Weioe^  nacn 
Trelchem  die  Kranken,  wie  bei  dem  Typhus 
io  den  Jahren  1813  und  1814,  ein  in  der  Thai 
unersättliches  Verlangen  bezeigten.  -*—  Die 
Schwerhörigkeit  war  dagegen  ,  wie  ich  dieses 
schon  so  oft  erfahren  habe,  kein  ungünstiges 
Zeichen ;  die  meisten  Kranken ,  welche  lange 
fast  ohne  Gehör  waren,  wurden  gerettet.  -^ 
Plötzlich  eintretendes  Sinken  der  Kräfte,  mu- 
mienartige  Metamorphose  des  Körpers^  Sehnen- 


—     40     — 

bSpten,  Flockenlesen,  Siogaltns  und  BTttfcknngi« 
zufalle  waren  stela  höchst  bedenkliche  Erschei« 
auogen,  und  oft  Vorläufer  des  Todes« 

In  Betreff  der  Therapeutik  galt  anch  lieri 
wie  früher,  die  Regel,  da/s  gegen  keine  Kranke 
heitsform  einfacher^  und  gegen  keine  tuemger 
tjumultuarisch  verfahren  werden  dürfe,  als  ge» 
gen  den  Typhus,  —  eine  so  grofse  und  onifi» 
dersprechliche  Wahrheit,  Ton  so  grofser  YTidk 
tigkeit  für  die  Behandlung  und  die  Rettang 
solcher  Kranken^  dafs  sie  wahrlich  oiGht  ulk 
genug  "wiederholt  werden  kann.  • 

Getreu  meinen  früher  ausgesprochenen  An- 
richten nnd  Gruodflätzen  über  das  Wesen  du 
sporadischen  Typhus  *) ,  welche  ich  seilkei 
durch  fortgesetztes  Studium  und  durch  ssU- 
reiche  Beobachtungen  am  Krankenbette  nidiK 
nur  wiederholt  in  der  Natur  bestätigt,  soodAi 
auch  noch  mehr  oder  weniger  mit  andern  fl^<v<f 
ien  in  verschiedenen  seither  über  Typhtts 
nenen  Schriften  achtungswürdiger  jiutoren 
dergegehen  fand,  dafs  nämlich  das  Wesen  As 
Typhus  in  einer  specifischen  Entzündung  'in 
Gangliensystems  fresfe^e, 'befolgte  ich  meioe  dort 
amitäDdlich  angegebene  Kurmethode,  und  io 
der  Regel  mit  einem  so  erfreulichen  Erfolgs^ 
dafs  ich  dadurch  in  meiner  seitherigen  AnsicU 
nur  noch  mehr  bestärkt  werden  mafste. 

Und  dennoch  erschien  mir  diese  Karmethodt 
in  der  jüngsten  Zeit  nicht  einfach  genug,  und 
ich  kam  dabei   oft  in  den  sehr  anangenehmes 

*)  Meine  med.  prakt.  Adrersarien,  3te  Liefbrnng;  s.  & 
d.  T.:  Ueber  den  »poradiscliai  Tt/phus  und  das  Tfied- 
sclfiehcrp  als  Kraoklieitsfonnen  des  GangUensritenft 
Tübingen  1826. 


—     41     --. 

FflII,  die  fatale  Diarrhoe ,  als  Symptom  der  ty- 
phösen Lähmung  der  Ganglien ,  nicht  schnell 
und  wirksam  genug  beseitigen-  za  können  f  ab- 
gesehen davon,  dafs  manche  Kranke  oft  die 
>fviderlich  schmeckende  Arznei  Ton  Valeriantiy 
Amica,  Angellca,  Kampher  u*  s.  w.  im  Ver- 
laufe der  Krankheit  nicht  standhaft  und  unun- 
terbrochen genug  fortnehmen  konnten,  insbe- 
sondere jugendliche  Kranke  und  Kinder« 

Ich  erinnerte  mich,  früher  die  ^qtia  oxy-» 
muriaiica  gegen  den  sporadischen  Typhus  zwar 
versucht I   aber  wAiger  benutzt   zu  haben,  da 
sie    nicht   gleich    eine    entschieden    erfreuliche 
Wirkung  gezeigt  halte.  Wenn  auch  neuerdings 
die   jiqua  oxy muriaiica ,   von   Burdach  ^)   mit 
iprofsem  Unrecht   zii   den  entbehrlichen  Slitteln, 
die  höchstens  nur  äufserlicli  zu  gebrauchen  wä- 
ren, gezählt  wird,  so  gedachte  ich  der  glück- 
lichen Versuche  Spangenher g's^  welcher  sie  als 
das  einzige  und  vorzUglicbste  Mittel  gegen  eine 
znit  Leberleiden   complicirte   Typhus -Epidemie 
in   jedem  Zeiträume   der  Krankheit«   nur  nicht 
bei    heftigem  Durchfall,    starkem  Husten    und 
beständigen^  Erbrechen   anwandte  ^*);  ich  er- 
innerte mich  ferner  der  wiederholten  Empfeh- 
lungen dieses  mittels  gegen  contagiosa^   exan- 
thematische  nnd  faulige  Fieber,    mit    starkem 
Orgasmus  des  Blutes,  grofser  Hitze,  Eingenom- 
ineofaeit  des  Kopfes,   gegen   ansteckenden  Ty- 
phus u.  s.  w*  ^^^),  und  entschlüfs  mich  daher^ 

**}  System  der  Arzneiinittellelire.  1S09.  3.  X\i\  S.  417. 

*'^)  In  7/on/«  und  Kasse'a  Archiv.  Bd.  X*  Stw  1.  S.  51 
o.  «•  f. 

^^)  ITandbucIi  der  speciellen  Ileilmittellehre,  von  C.  Sun» 
delitu  2.  Bd.  1^'8,  b,  20G.  m^  VoiijC$  Lttbrbuth  der 


~     42     ~ 

duMdbe  auch  hier  gegen  4«d  epondisdieo  T^ 
phas  sn  yersucheii. 

Wurde  ich  nämlich  gleich  in  den  enICi 
Tagen  der  Krankheit  gerufeui  so  Terordoele  ick 
Erwachsenen,  ohne  alle  Rücksicht^  ob  die  Zuigi 
rein  oder  belegt  war,  folgendes  Brechmittel; 
Rec.  Tartar.  emet«  gr.  j/9,  PuIt.  Rad.  Ipecacnaoki. 
Drachm.  dimid.,  Aqn.  destill.,  OxjmelL  sqslL 
aa  Drachm.  sex. ,  AmyL  opt.  Drachm.  dinu  vi 
un.    M.  D.  S.  Alle  Viertel-Stunden  1  ""■"•' 


voll  2u  nehmen,  bis  einigemal  Erbrechen  «fr 
folgt,  welches  durch  schwiphen  ChamillenAii 
unterstützt  wurde.  —  Meist  wurde  hierauf  vi 
Galle  und  zäher  Schleim  ausgeleert^  eine  geUail 
Transpiration  und  Remission  des  Fiebers  bs" 
wirkt.  Zuweilen  versetzten  mich  aber .  ascl 
die  Klagen  der  Kranken  über  Bitterkeit  o.  s«  Wi 
bei  reiner  Zunge  in  die  Noth wendigkeit,  dil 
Brechmittel  im  Verlaufe  der  Krankheit  ein  kü 
zwei  Mal^  und  zwar  mit  sehr  gutem  Erfolge 
zu  wiederholen. 


Nahm  die  Krankheit  nichts  deato 
zu,  trat  bei  genauer  Untersuchung  des  I^nls^ 
leibs,  namentlich  an  der  Stella  zwischen  die 
Magengrube  und  dem  Nabel,  hei  stärkaiSH 
Drucke  ein  dumpfes  Wehegefiihl  ein,  oder  war 
der  Unterleib  hart,  gespannt  und  normwidrig 
aufgetrieben,  so  liefe  ich  18  bis  28  Blntegll 


Pharmakodynamik.  2.  Bd.  1831.  8.  47.  —  IKaiscik 
die  neaesten  Entdeckungen  in  der  Materia  raed.  Itt 
8(  585  n.  8.  {.--^Dr^  RinHav,8arenbiich^9tLopüdanuk 
der  Torzüglicbiten  Kararten,  Heilmittel  a.  s.  w,  1833> 
2.  Bd.  S.  445.  — •  Desselben  KUnisches  Jahrbach  da 
laufenden  JabrzelinU.  1835.  S.  343.  —  P.  MmI«^ 
Speoiello  ürKtUche  Reieptirkiuist  u.  s.  w«  Bsriia  IUI 
9*47. 


—    43     — 

• 

auf  einmal  an  diese  Stelle  appHcireo,  bteraaf 
eine  reichliche  Nachblatnog  unterhalten,  and 
nachher  den  ganzen  Unterleib  mehrere  Tage 
und  Nächte  lang  und  nnunterbrochen  mit  Brei- 
umscblägen  aus  Speciebns  emollieot.  c.  Herb. 
Hyotcyami  et  Cicutae  in  Seifen watser  gekocht 
bedecken,  \¥ährend  innerlich  blos  folgende  eio- 
Tache  Arsnei  gegeben  wurde :  Rec.  Emuls«  Olei 
Amygdal,  dulc.  Unc.  sex,  Syrup.  ejusd.  Uno.  an» 
M.  D.  S.  Alle  Stunden  1  Ebloffel  toU  xu 
nehmen. 

Liefe  bieranf  die  typhSse  Diarrhoe   nicht 
nach,  steigerte  sich  Tielmehr  das  Fieber,  blieb 
die  Haut  trocken  und  nahmen  die  Delirien  su, 
so    verordnete   ich    alsdann    unverweill :     Rec. 
Aqu.  oxymuriat.  Unc.  nn.  ^),  Arju.  destill.  Uno« 
8eZ|  S}rrup.  Althaeae  Unc.  an.    M.  D.  in  Vilr. 
Charta   nigra    color.  involut,     S.   Alle  Stunden^ 
oder  nach  Umständen   alle  anderthalb  Stundea 
1  EfsloiFel  voll  zu  nehmen.   -—    Das  Glas  lieCs 
ich   stets   nicht  blos  sorgfältig  mit  schwarzem 
Papier  überziehen^   sondern   auch  jedesmal  an 
einem  ganz  dunklen  Orte  aufbewnhren,  um  eine 
Zersetzung  des  Chlors  zu  verhüten.      Zugleich 
5PVurde  diese  i^rznei  vor  dem  Gebrauche  stark 
umgeschüttelt  und  nach  demselben  gleich  wie- 
der und  gut  verstopft.      Und  mit  dieser  so  ein» 
fachen  Medizin,   welche  häufig  G   bis   10  Blal 
oacheioander  repefirt  und  von  alten  und  jungen 
Kranken    stets    gleich   willig   genommen   ward^ 
Vfurde   nun  einzig  und  allein  bis  zur  Genesung 
des  Kranken  fortgefahren^ 

*)  Die  Jr/fm  onjmuritttica  wurde  in  den  hiesigen  Offi- 
einen  nach  Gcigcr*a  Handbuch  der  Pbamiacio.  4le 
Aull   1833.  I.  Bd.  S.  'i2ö  bereiUt. 


-e       44       — 

I 

Die  AnvrenclaDg  dieses  Milteb  trar  b  fa 
That  TOD  dam  ausgesseichDeUten  Erfolge ,  uid 
auch  dann,  weoD  schon  eiaige  Zeit  lang  lofiUL 
lud.  ValeriaDae,  Angelicae,  Flor.  Amic.  aaÜ 
ähnliche  Olittel  ohne  Besserang  gereicht  won 
den  waren;  in  der  Regel  fand  ich  achoa  am 
isweiteo  oder  am  dritten  Tage  nach  dem  6e* 
brauche  der  Aqua  oxymur.  eine  äofserst  wohl- 
tbätige  YeraoderoDg,  und  wie -der  köhlendi 
Regen  an  einem  schwülen,  Allee  niederdrücksip 
den  und  sengenden  Gewittertage  die  Natur  plSll* 
lieh  neu  helebt,  erfrischt  und  erquickt,' so  bei 
den  Typhnskranken  :  denn  nach  dieser  Zeit  fsnd 
ich  stets  eine  neuerwachte  kräftige  ReaktioB 
der  Natur,  einen  über  den  ganzen  Organitiiini 
^oa  dem  Centralheerde  des  Lebens  Dach  seises • 
Peripherie  bin  gleichzeitig  ausströmenden  Tor- 
gor  Tif  alis,  lebendigere  Farbe  des  GesichtSi  Falls 
der  eingesunkenen  und  wie  ausgetrodnetsi 
weichen  Theile,  gleichmäfsige  Wärmei  sehr^be- 
deutend  Terminderte  Hitze «  weiche,  carte,  bUf 
mälig  duftende  Haut,  und  bei  schneller  Vemiia* 
derung  der  Durchfälle  und  der  sich  gleichseitig 
immer  mehr  Termindernden  Delirien^  die  Er- 
scheinung Ton  nicht  selten  sehr  reichlichen  nsd 
über  den    ganzen  Körper  verbreiteten   und  er* 

8 nickenden,  später  regelmäfsig ,^  besonders  sur 
iachtzeit  eintretenden  Schweüsen;  die  Za^gs 
verlor  ihre  Härte,  Trockenheit  und  Sprodigksk 
und  der  quälende  Fieberdurst  verminderte  sich 
bedeutend.  Ich  kann  unbedingt  versichern,  dsk 
sich  Kranke,  deren  Bettung  kaum  zu  erwartse 
stand,  am  zweiten  und  dritten  Tage  nach  dem 
pünktlichen  Gebrauche  der  Aqua  oxymnriat 
nicht  nur  aulTaKend  besserten,  sondern  dafs  ihre 
Genesung   von  diesem  Augenblicke  an  scboell 


«*     45     -^ 

ortschritt  ubd  manche- schon  nach  Verlauf  von 
ehn  TageQ  keiner  Arznei  mehr  bedarften» 
»elbst  Kindern  von  7  und  9  Jahren  verordnete 
3h  dieselbe  Arznei,  nur  in  geringerer  Dosis, 
;nd  tnii  demselben  höchst  erfreulichen  Erfolge« 

Zur  Unterstiitzung  der  Kur  wurden  über- 
lies  fleifsig  Senfteige  auf  die   Fufssohlen   und 
Wadeoi  und  kalte  Umschläge  auf  die  Stirn  ap- 
plicirt;  bei  heftigem  und  anstrengendem  Husten 
ein    Blasenpflaster    auf    die   Brust   gelegt    und 
einige  Zeit  in  Eiterung  erbalten ;  bei  sehr  star- 
ken   Congestionen    der   Safiemasse*  nach    dem 
Kopfe,    namentlich  bei  Typbomania   und  Deli- 
rium furiosnm  ein,  auch  zweimal  6  bis  10  Stück 
Biotegel  an  die  Schlafe  gesetzt,    und  in  Fällen 
endlich^  wo  die  Haut  kalt,  welk  und  wie  ein- 
getrocknet,, der  Puls  äufserst  kleln^  zitternd  und 
fadenförmige  Flockenlesen  und  starkes  Se&oen- 
hnpfeo  mit  Zittern   der  Hände   und  comatosen 
AiFektionen  zugegen  waren,  liefs  ich  aufser  der 
Aqua  oxymur.   noch   einen  Gran  Kampher  mit 
Zucker  abgerieben  alle  3  Stunden  reichen,  und 
habe-  auf  diese  Weise  einige  Kranke  gerettet, 
dereo  Wiedergenesung  fast  unmöglich  schien. 

In  diätetischer  Hinnchi  gestattete  ich  wah- 
rend der  ganzen  Krankheit  nichts  als  schwachen 
Kaffee  (ohne  Cichorien)  mit  Milch,  Anis-  oder 
Gersteuscbleim  mit  Hammelfleisch-Bouillon  ge^ 
kocht  und  gut  ausgekochten  dünnen  Mehlbrei 
oder  Mehlsuppen.  Alle  Bouillons  von  Rind- 
und  Kalbfleiscby  alle  säuerlichen  Früchte,  Sauer- 
und Buttermilch,  so  wie  alles  Fleisch  wurde 
streng  untersagt,  weil  ich  in  dieser  Beziehung 
schon  zu  oft  erfahren  hatte,  dafs  das  Genannte 


—     46     -i- 

die  typhSse  Diarrhoe,  anterhielt  nnd  die  Krank- 
heit yerschliminerte.  Weio  wurde  ebenfaUi 
Terboten ;  leider  starben  Olehrere  io  dei^  Reron- 
ralescenzy  die  mein  Verbot  nicht  beachtet  hat- 
ten. Zum  Getränke  empfahl  ich  dBone  Mao- 
delmilch,  oder  gekochte  siifte  Milch  mit  Wif- 
8er«  oder  kühles,  aber  nicht  ganz  friacbes  Wat- 
aer,  was  den  Meisten  am  liebsten  war«  *) 

Das  Krankenzimmer  wurde  aorgfallig  kSU 
gehalten ,  Leibwäsche  and  Bettseug  moglidiiK 
oft  gewechselt  y  die  Stuben  fieifaig  gelüftet  aad 
mit  Essig  nud  Wachholderbeeren ,  TorEugKch 
aber  mit  Chlor  aasgeräuchert,  die  Leibstnbls 
schnell  ausgeleert  und  gereinigt  und  endlich 
alle  überflüssigen  Besuche  streng  untersagt 

Nur  zweimal  beobachtete  ich  In  dem  Sfi- 
dium*  der  Reconvalescenz  während  dea  Portgs- 
brauchs  der  Aq.  oxymuriat.  in  der  achon  w» 
wähnten  Form  und  Gabe,  bo  furchtbare  Gluder^ 
schmerzen  f  dafs  das  laute  und  iinausgesetils 
Jammern  und  Schreien  der  Kranken  Ton  dsa 
Nachbarn  vernommen  wurde,  ähnlich  den  Er- 
fahrungen von  Kopp,  ^^)  Nach  dem  acblenai- 
gen  Gebrauch  des  Älorphii  acetici  in  der  obsa 
mifgetheilten  Form  wurden  jedoch  die  genanB* 


*)  Alle  Salze  müssen  im  sporadischea  Tjphas 
ihrer  nacbtheiligen  Wirknng  auf  den  Darmknnal 
mieden  werden ;  me  aber ,  namentlich  Ton  Baglas*- 
f  dern,   starke  nnd  drastische  Abföhrangen    in  dicscf 

Krankheit  empfohlen  werden  können  ^  iit  mir  nnba- 
greiflieb ! 

**}  Dierhach  neueste  BntdeekongeJk  ia  der  Uatvia  aisi 
1828.  S.  68a 


m.      417      ^ 

ten  Beschwerden  schon  nach  swei  Tagen  faift 
Tollkummen  beseitigt. 

• 

Vom  Monate  Janaar  bis  December  183d 
behaudelte  ich  in  verschiedenen  und  sich  gans 
entgegengesetzten  Ortschaften  meines  Amtsbe- 
sirks  achtzig  Kranke  am  sporadischen  Typhus^ 
Ton  welchen  70  genasen  nnd  10  starben;  un*  ' 
ter  den  letzteren  waren  wenigstens  6,  zu  wel- 
chen ich  erst  nach  dem  vierzehnten  Tage 
der  Krankheit  9  ja  sogar  anderthalb  Tage  Tor 
ihrem  Tode  gerufen  wurde,  zwei  andere  Kranke 
hatten  ihren  Tod  während  der  Reconvalescenz 
selbst  durch   grobe  Diätfehler  verschuldet;   die 

frofste  Anzahl   der  Typhuskranken  fiel  in  den 
ommer  und  Herbst, 

Nach  meinen  Erfahrungen  fühle  ich  mich 
Tersucht  zu  behaupten^  dafs  die  Aqua  oxymu» 
riatica  als  ein  specifisches  Heilmittel  gegen  den 
sporadischen  Typhus,  wenn  es  überhautot  Spe-> 
cifica  giebt,  betrachtet  werden  kblinK^z  Auch 
kenne  ich  keine  Methode,  welcfapec:}^ld£acher 
und  so  sicher  diese  gefährliche  Krankheit  za 
bekämpfen  im  Stande  wäre,  kein  Büttel,  wel- 
ches so  schnell  und  andauernd  die  gefährliche 
Diarrhoe  beseitigt,  das  gesunkene  Leben  iet 
Gangliensjrstems  hebt,  und  Lysen  oder  Krisen 
besonders  durch  Schweifs  herbeiführt,  als  die- 
ses. ^)  Die  complicirtesten  Fälle  von  sporadi* 
schem  Typhus  gewährten  keine  Contraindika- 
tion ,    ich  gab   vielmehr  in  allen  Stadien   der 

*)  Ich  behandelte  seit  24  Jahren  Sber  500  Kranke  am 
■poradiicben  Typhus,  man  wird  mir  daher  wohl  das 
Recht  zagesteben^  Uerin  meine  Sdmme  abzugeben, 
and  beziehe  mich  daher  anf  meine  oben  angegebene 
Sehrift  ület  den  sporadiicken  T^phui  Und  das  Wech* 
setfUher. 


«>     48    -^ 

Krankheit  die  Aq.  oxjraciQriatp  mit  aicblbar  gu- 
ter WirkuDfT,  —  aber  das  Mittel  mub  fr^lich 
mit  Beharriicbkeit  und  piinktlich  forlgeaeCit 
werden; 


2. 
Oleum  Terelinthinae  gegen  Neuralgien. 

Bekanntlich  wur^e  das  Oleum  TerebintKi« 
nae  nach  Recamiers  Empfehlung  gegen  JV^mrat 
gieen  aller  ^rt  gerühmt  and  in  der  Mehrzahl 
der  bekannt  gewordenen  Fälle  mit  Nutzen  an- 
gewendet. Auch  ich  gebrauchte  dasselbe  seit 
einigen  Jahren  in  vielen  sowohl  frbch  entstan- 
denen ,  als  veralteten  Fällen  von  Ischias  und 
Coxalgia  mit  meist  ausgezeichnetem  und  zu- 
'  weilen  wirklich  überraschend  schnellem  und 
glücklicbttui  Erfolge,  Die  beste  Form  ist  nach 
meiner Erführung folgende:  Rec.  Ol. Terebiatki 
6.  aräbiaaadDrachm.  duas^  Sacch.  alb.  Unc.  di- 
mid«y  Aqü.  Menth,  crisp.  Unc,  quatuofi  Syrnp. 
Menth,  pip«  Unc.  unam.  M.  D«^S.  Taglich  3 
Mal  zwei  starke  EfsIolFel  toU  so,  nebmea» 
Gleichzeitig  lasse  ich  das  Terpendunol,  mit  2 
Theilen  Liniment,  volat.  campb.  Termisdil^ 
täglich  einigemal  in  den  leidenden  Theil  eio- 
reiben» 

In  frisch  entstandeneti  Fällen  weicht  das 
Uebel  in  der  Regel  nach  einer  dreimaligen  Ae- 
petition  dieser  Arznei^  bei  mehr  eingewurzeltsB 
und  veralteten  Neuralgieen  mufs  es  aber  öfter 
wiederholt  und  längere  Zeit  fortgesetzt  werden. 

Gegen  mehr  chronische  Rheumatismen  und 
Gicht f  besonders  mit  Infarcten  und  Stockoiigen 


—     49     — 

in  don  UnterleibsorgaDeo  bei  mebf  ^pipbatK 
sehen  und  Tenosen  Coostitationeo  bewährte  da^ 
gegen  keine  Mischung  sich  hilfreicher ,  als  fol* 
gendes  Ton  Stark  *)  mit  Recht  gepriesene  PälyeTy 
nämlich :  Rec  Pulr.  6.  Gnajaci  Drachm«  dnai^ 
Flor.  Solphur.  Drachm.  ün.,  Calbmel.  Scrnp.  nn«, 
Pulr.  Rad.  Ireos  florent.,  Pnlr.  Semin,  PoenicuU 
aa  Drachm.  un«  et  dimid.|  Laudan.  pnr«  gr.  fl, 
Sacch,  alb.  Unc.  dimid.  M.  f.  Punr«  exactis- 
aime.  D.  S.  Morgens  und  Abends  ein  ElafTea- 
loffelchen  toU  in  Wasser  geruht!  zu  nehmen. 
Um  kühlender  oder  abiiihrender  cu  Wirken^ 
labt  sich  dieses  Pulrer  mit  Nitrum  oder^^ol. 
Sennae  verbinden* 


3. 

r 

SübUmat  gegen  $yphi1itisch9  Itnöch^oHnifficen 

mü  rheumatischen  oder  gicMischen 

Complicationen. 

Nach  Burdach  ^)  soll  der  Sublimat  elb 
wahres  Specificum  gegen  rheumaüsche  Oicht  iji 
folgender  Form  seyn:  Rec.  Mercur.  sublinli 
corros.  gr.  }},  Aq.  Cinndniom.  e.  V.ITnd.  Hn.  et 
dimid«,  Yin.  Semin.  Colchici  Unc.  dimid.  91. 
D.  S.  Alle  2  Stunden  30  bis  50  Tropfen  20 
nehmen« 


*)  Dr.  J.  Chr.  Stark*t  t^andbncli  snt  KenntsKs  qdcI 
HeUoBg  innerer  Krankheiten.  Jena  1799.  *  1.  Bd. 
8.  662. 

**)  Ote$  Zeitschrift  der  prsUiBcben  lledida»  Gbinurgie 
uad  Gebnrtsh'dlfe.  1831. 1.  Bd.  4  Heft«  S.  344. 

Jem.LXXXlV.B,3.St  D 


—     50     — 

I 
•  •  •  •  ■  ■  ■  . 

lo  wiedarbolten  FSIlen  hat  sich  mir  & 
aosgezeichnet  schoelle  und  andauernd  günitigi 
Wirkung  dieser  Mischung  bewährt,  und  iwv 
in  den  verschiedensten  i^en  von  syphiUtinAa 
Knochensehmerzen  mit  rheumatischer  oder  giA 
tischer  Complication ,  so  MTie  bei  chronisdui^ 
oft  schnell  sehr  heftig  sich  steigernden  rheafl» 
tischen  AfEectionen;  —  und  so  bestätigt  awk 
dieser  Erfolg  die  Ton  Boerhave,  van  Sunetm 
und  Friedrich  Hqffmann  mit  Recht  schon  gh 
priasene  Heilkrfifl  des  Sublimats  in  gti^^f^Af^ 
oft  TesBwriMteo  Fallen. 


4. 


Bydrargyrum  iodimcunt  gegen  kartnaeUgt 
syphilitische  Ges^wÜre, 

Zuweilen  widerstehen  syphiiitistAe  Gt 
schwüre,  namentlich  wenn  sie^  schon- alt  sia^ 
oder  einen  bedeutenden  Umfang  gewönheli  hi- 
ben^  oft  lange  der  rationellsten  Heihnitikili^ 
namentlich  den  von  Wedekind  und  DzoHÄ  Ol- 
pfohlenen  Terschiedsnen  Formen,  den  SiibGflMt 
anzuwenden,  selbst  bei  pünktlich  and  mitAm- 
dauer  fortgesetztem  Gebrauch.  Gegen  dieke  fi- 
stige und  zuweilen  ungemein  hartnäckige  FoiB 
der  Syphilis  fand  ich  durchgängig^  das  Hjint- 
gyrum  iodioicnm  von  einer  so  sicheren  nai 
schnellen  Wirkung,  dsJs  es  bis  jetstin  allei 
Fällen  mich  nie  tauchte.  Ich  Terordnete  f  Rec 
Bydrargyr.iodinici  Drachm,  dimid.,  AznngieeDaei 
un.  et  cUmid«,  Essent  Bergamott.  gatt  irr.  IL 


—     51      — 

i;  ^zactSsatme«  8.  Salbe,  *)  Sforgen«  und  Abends 
^Verden  die  sjrphilitischeo  Geichwüre  gaoc  ein- 
fach damJt  Terbandeo,  bis  die  HeUang^  die  io 
manchen  Fallen  unglaablich  schnell  erfolgt,  toH- 
bracht  isU  Dafs  es  bei  grofser  Geschwiirsfläche 
ofl  aehr  heftige  Schmersen  errei^^  braucht  eben 
so  wenig  erwähnt  za  werden,  als  dals  auch 
gleichzeitig  damit  noch  eine  geregelte  innere 
Sublimatkur  yerbanden  werden  müsse.  Gans 
Tortrefflich  bewährte  sich  diese  Salbe  gecen 
syphflitische  Geschwüre  im  Gesichte,  «n  den 
Kopfluiochen  und  den  Extremitäten. 


6. 

ArgenMn  nttricum  gegen  krampßtq/te  ^fftk^ 

tionen  des  Herzens. 

In  den  letzten  Jahren  kamen  mir  mehrere 
Fälle  Ton  Krampfsucht  des  Herzens,  HerzzH» 
fem  und  Herzklopfen  yot,  welche  ich  in  auf- 
fallend kurzer  2^it  durch  folgendes  einfache 
mittel  hei  strenger  Diät  heilte:  Rec.  Argenti 
nitrid  fnsi  gr.  j,  Aqu.  aromat.  Unc.  dnas.  M.  D. 
S.  Tä^ch  2  bis  4  Mal,  jedes  Mal  zuvor  wohl 
«mgeechattell,  1  Kaffeelöffel  Toll  zu  nehmen. 


^'KoMS  Femnilsv-  etidReospi-TuchaAech  ete.  Nsob 
SL  de  Ifoirfmalboei  tob  Dr.  J.  8.  Wsber.  Tübiflgsa 
1838^  S.3M. 

D2 


-      52     — 
6. 

I 

Seoale  eormäam  gegen  BluffliUse  amgewuniL 

In   der  neoeiteh   Zeit  vurde   dai    Secdi 

corDutum  als   ausgezeichoetes  Mittel  bei  fifttf- 

ßiissen .  angewendet*     Folgende  Fälle  halte  icb 

6elegenheit  zu  beobachten  und  Ea  behanddo: 

1)  Im  Jali  1833  worde  ich  ca  leinem  18 
Jahre  alten  ^  kraftig  und  rüstig  gebauten  nai 
vorher  stets  gesund  gewesenen  Landmäddisi 
gerufen,  welches  6  Tage  zuvor  ihre  Menses  ii 
sehr  starkem  Grade  wie  immer  gehabt  hitb^ 
wobei  sie  sich  jedoch  sehr  erkältete,  gIsU 
hierauf  erkrankte  und  nun  in  der  letsten  NsdA 
▼on  einem  so  heftigen  Nasenblaten  und  Bbrt- 
brechen  befallen  wurde,  dafs  man  ihren  Toi 
jeden  Augenblick  befürchtete.  Bei  meiner  Ai- 
kuDft  um  7  Uhr  Morgens  blntete  die  Kraab 
noch  immer  sehr  stark  aus  dem  rechten  Ns- 
senloche;  das  Blut  war  sehr  dünn,  die  Kranb 
ganz  wachsgelb  ron  Farbe ^  der ^ Puls  httdiik 
und  ungemein  beschleunigt* 

Eine  Arznei  ans  Aqu.  Cinnam.,  llnctGa' 
nam.,  Tinct.  Thebaic.  und  Spirit*  VitrioL  add. 
half  eben  so  wenige  als  unausgesetzte  kalte  Rr 
mentationen  des  Kopfes ,  des  Nackens  ond  im 
Brust  und  Sinapiamen  auf  den  Fufssohlea.  ll 
diesem  verzweifelten  Zustande  Terordnete  iA: 
Bec.  Pulv.  Secal.  cornut.  gr.  Tjjj,  Sacchar.  alk 
gr.  X.  M«  D.  ad  chart.  cerat.  S»  AU^  Vis^ 
telstunden  ein  Pulver  mit  Wasser  zu  nehmesb 
Kaum  hatte  die  Kranke  einige  PnlTer  genoB- 
ftnen,  so  mufste  sie  Sich  wiederholt  iiefiig  «- 
brechen  I  wodurch  vi^l  coaguUrtea  Blzt  «ii||e- 


-*     Ö3     ~ 

feeit  wurde  I  }edoch  «tand  di^  Blutong  auf  dbt 
ianfte  Fairer  still ,  t? eiche  aber  nichts  desto 
sreniger  noch  fortgebraucht  Trurden»  — -  Die 
ELranke  Terfiel  hierauf  wegen  gro&er  Eotkraf- 
:ang  in  einen  Typhus  mitior  und  zuletzt  in  eio 
IVechselfieber,  wovon  sie  Jedoch  ToUkoquneo 
IxergesteUt  wurde« 

2)  Am  14.  Juli  Abends  erschien  ein  Land« 
mann  mit  der  Anzeige  bei  mir,  dafs  seine  33 
Jahre  alte  Ehefrau  schon  seit  fünf  Wochen  an« 
aufgesetzt  an  Mutterblutflnfs  leide,  welcher  mit 
ihrer  Menstruation  eingetreten  wäre  und  seit 
]aoer  Zeit  ungeachtet  ärztlicher  Hülfe  nicht  onr 
nicht  nachgelassen,  sondern  sogar  meist  heftiger 
geworden  wärei  ohne  dafs  seine  Ehefrau  schwan^ 
ger  sey. 

Ohne  dl»  Kranke  selbst  sehen  zu  kSnnen, 
verordnete  ich  daher  obige  PuWer  und  empfahl, 
wie  in  allen  diesen  und  ähnlichen  Fällen,  ho« 
rizontale  Lage  des  Körpers,  Ruhe  und  Vermei- 
dung aller  erhitzenden  Nahrungsmittel  und  Ge« 
tränke«  "*<-  Die  Blutung  stand  ebenfalls  auf  das 
fünfte  Pulver  und  kehrte  nicht  wieder,  aber  die 
Kranke  fählte  sich  unglaublich  erschöpft  und 
angegriffen.  ■  Mit  dem  Stillstände  der  JBiutung 
wurden  auch  die  Pulver  ausgesetzt. 

Als  ich  am  andern  Morgen  die  Kranke 
selbst  sah,  fand  ich  sie  ruhig,  heiter  und  ohne 
Blutung.  Da  die  Kranke  sich  vollkommen  her- 
gestellt glaubte»  stand  sie  gegen  Mittag  auf  und 
"veranlafste  dadurch  augenblicklich  einen  neuen 
Blniflufs,  welcher  aber  eben  so  schnell  durch 
die  sogleich  eingenommenen  Pulver  wieder  ge- 
stillt wurde,  jedoch  beim  Aussetzen  derselben 
gleich  wiederkehrte^  in  Folge  des  wahrhaft  un- 


—     64     — 

TeroHnMgeii  BeoehmeDS  der  Kraoken.  «^  Am  ti. 
erbielt  die  Kranke  noch  einige  PaWer^  wonach 
sich  mehrmaliges  Erbrechen  und  hefÜger  IVt 
derwille  gegen  die  Polrer  einstellten,  so  dab  m 
ausgesetzt  werden  mafsten  und  dagegen  folgend! 
Arznei  rerordnct  wnrde:  Rec,  SecaL  oomnl 
Drachm.  un.,  coqu.  c.  Aqo»  fönt.  s.  q, ,  Cab^ 
Unc.  sepL  adm.^  Opii  pnr«  gr.  jji  Syrop.  Cin« 
nam«  Unc.  un.  M.  D.  S.  Alle  1  —  2  Standst 
einen  EfslofEel  roll.  Gleichzeitig  wurde  dm 
Unterleib  mit  kaltem  Branntwein  fornentirC;  — 
Nach  dem  Gebrauche  dieser  Arznei  wurde  dii 
Kranke  in  wenigen  Tagen  ToUkommen  lls^ 
gestellt 

S)  Eine  aufserst  schwächliche  and  lelir  ssnr 
sible  Frau^  welche  schon  seit  einem  gamss 
Jahre,  so  oft  ihre  Katamenien  eintraten |  ves 
den  heftigsten  MatterbluifliisseD  12  — 14  Tsgi 
lang  ununterbrochen  befallen  wnrde,  und  tim 
Menge  Heilmittel  fruchtlos  dagegen  g^brandl 
hatte,  erhielt  am  18.  Juli  1833  Ton  mir  objgl 
Fulrer,  Auf  das  fünfte  Pulrer  trat  indeb  su 
aufserst  heftiges  Erbrechen  mit  Delirita  siii 
ohne  dafs  der  Blutflub  aufgehört  hatte;  <i 
Pulver  wurden  ausgesetzt  und  das  adiOB  «• 
wäbote  Dekokt,  doch  ohne  Erfolg,  gereidi 
Nun  wurde  das  Seeale  cornutnm  wieder  in  Fat 
rerform  zu  6  Gran  alle  Viertelstunden  gerodt 
und  dieses  in  einer  anderen  Officin  beMiWi 
worauf  sich  beim  zehnten  Pulver  heftiges  LsBh 
weh^  Erbrechen,  Schwindel  und  OhnrnnchCaa 
einstellten  und  ein  yiel  stärkerer  Blatflob  ver- 
anlalst  wurde,  der  nur  dem  schwefelsaaren  Ei- 
sen mit  Opium  wich ,  durch  daa  Motterinfft 
aber  stets  TenchUmmiBrt  und  TWftSrht  V9* 
den  war» 


r-     55     — 

4}  Eioe  23  Jahre  alte  Frao  tod  kleber 
«nd  schwächlicher  Statur^  erst  seil  einem  Jahre 
verheirathet,  früher  aber  stets  gesund  .und  re- 
gelmälsig  menstrairt,  abortirte  Tor  vier  Wochen 
izn  dritten  Seh wangerschafls  -  Monate  und  litt 
seit  dieser  Zeit  an  einem  so  anhaltenden  and 
entkräftenden  Mutterblutflusse  ^  daCs  sie  kaum 
mehr  gehen  konnte.  Sie  besorgte  gleichwohl 
noch  fortwährend  unter  der  grolsten  Anstren- 
guBg  ihre  häuslichen  Geschäfte,  h^tte  Appetit^ 
^esiinden  und  ruhigen  Schlaf  qnd  geregelten 
Stuhlgang. 

Am  15.  August  1833  erhielt  sie  Yon  nur 
obige  Pulver  aus  Mutterkorn  zu  6  Gran  pro 
Dosi,  Ton  welchen  sie  alle  Viertelstunden  bei 
gehürigem  Regimen  ein  Stück  nehmen  mufste» 
Am  17«  erschien  die  Kranke  bei  mir  mit  der 
Versicherung^  dals  sie  den  Blutflufs  bei  dem' 
zweiten  Pulver  verloren  hätte  und  sich  seither, 
ungeachtet  sie  eine  Stunde  Wegs  zurückgelegt 
hatte«  sehr  wohl  befände.  Sie  erhielt  nun  noch 
-einmal  24  Pulver  in  derselben  Dosis,  um  da- 
von alle  halbe  Ständen  ein  Stück  zu  nehmen. 
Durch  diese  wurde  Pat*  vollkommen  hergestellt 
und  blieb  auch  später  von  ähnlichen  Blutflüs- 
sen  bis  auf  diesen  AugenbUck  verschont« 

fi)  Eine  30  Jahre  alte  Frau ,  Mutter  meh- 
rerer gesunder  und  kräftig  entwickelter  Kinder, 
gesund,  robust  und  nie  von  Krankheiten  früher 
befallen,  erlitt  zu  Anfange  Octobers  1833  einen 
sehr  bedenklichen  Mutterblutsturz,  ohne  dafs 
Schwangerschaft  zugegen  gewesen  wäre.  Nach- 
dem von  der  Hebamme  die  Kranke  in  eine  ho- 
rizontale Lage  im  Bette  gebracht,  kalte  Bähun- 
gen des  Unterleibs  aus  Essig,  Branntwein  und 


«*     55     ^ 

Wateer  wlederboll  gemacht  und  die  Itnct«  Cb- 
oamoin.  Ihr  rergebeos  gereicht  wordeo  ware^ 
wurde  ich  Ahends  gerufen  und  fand  bei  meiMi 
Apkonft  eiueo  achnelleo,  Ideioeo  Puls,  dieH^ol 
eiskalt,  "virechsgelb  upd  dabei  so  sehr  eqikraffaBC, 
dafs  ich  nur  die  nogÜDstigste  Prognose  stellM 
konnte,  —  )ch  Terschrleb  sogleich  eechiebi 
Pulrer  Ton  Secale  cornntpm  «nd  liefe  alle  Vi•^ 
telstupden  7  Gran  Secal.  cornat,  nehmen.  Schoi 
liach  dem  sechsten  Pulter  stand  der  Blotatmt» 
Der  Vorsicht  wegen  wurden  jedoch  die  geoans» 
ten  Pulver  noch  einmal  wiederholt  ond  in  finp 

{eren  Pausen   genommen ,  worauf  die  Kraoki 
isher    von    Hämgrrbagiey^  dieier    Art  yoüSf 
Tersphont  blieb, 

Seil  1833  yersucbte  ich  dieses  ansgeielek 
Qete  Heilmittel  noch  in  vielen  anderen  Art« 
▼on  Hämorrbagien  I  und  ich  kann  der  Wsb* 
heit  gemäfs  versichern,  dafs  f  derselben  jedsiv 
mal  schnell  geheilt  wurden ,  «  aber  vBUig  u- 
geheilt  blieb  und  mit  andern  Mitteln  bekanipft 
werden  mufste.  Das  Secale  cornntam,  bei  Bi» 
wachsenen  unter  ö  Gran  pro  Dosi  alle  Viertst 
stunden  gereicht,  blieb  meist  völlig  erfolgliii^ 
-find  veranlafste,  über  8  Gran  gegeben,  nehc 
oder  weniger  heftige  narkotische  Wirkongesi 
das  Pulver  war  wirksamer^  als  der  Anfgafti 
Mntterkorni  welebee  ttber  ein  Jahr  alt  ist;  seigts 

bei  weitem  m^^bt  jeoe  fioiU»gft|  ils  daa  ftisaki^ 


rnnrnm 


—     57     w 

7, 

MÜt^  gegen  entzun^etf  Bnuiwarxmu 

Trotz  der  üpsabl  gepriesener  Hittel  gegen 
wunde  Brustwarzen  bediene  ich  mich  fait  aas« 
Bchliefslich  folgender  einfacher  und  unschäd- 
licher Verfaturangsari  meist  mit  dem  besten 
Erfolge. 

Ich  lasse  camlich  «iDeo  WarzendecLel  in 
Form  eines  Fingerhuts  aus  einem  Stück  Kreide 
verfertigen  and  so  aashohlen,  dafs  dieser  .die 
ganze  Warze  genao  bedeckt  und  umschliefit^ 
ohne  einen  Druck  auf  dieselbe  berTorzubringen» 
Damit  dieser  Deckel  nicht  so  leicht  zerbricht,' 
-müssen  seine  Wände  wenigstens  .eine  Linie 
^ck  reyn»  Nun  wird  dieser  Warzendeckel  aoe 
Kreide  inwendig  mit  Kirschengei^t  stark  be« 
netzt  und  dann  über  die  Warzd^  gestürzt,  auf 
welcher  er  pnunterbrocheo  so  lange  bleibt,  bie 
die  wunde  Warze  geheilt  ist,  was  oft  schon 
nach  wenigen  Tagen,  längstens  na(^  Verlauf 
einer  Woche  der  Fall  zu  seyn  pflegt«  So  oft 
daa  Kind  zum  Trinken  an  die  Brust  engelegl 
wird  5  wird  der  Deckel  abgenommen  und  nach 
Beendigung  des  Trinkens  mit  Kirschengeiste 
?on  neuem  befeuchtet  und  wieder  aufgelegt^ 
was  so  oft  geschehen  mufs,  als  der  Warzenv 
deckel  trocken  ist.  Dafs  die  Säugende  Acht  ba<p 
beq  miisse,  den  Deckel  nicht  «n  icerbr^cben^ 
Tersteht  ^cb  top  nelbst. 

Bei  Frauen  4  die  gleichsam  habituell  an 
wunden  Brustwarzen  wahrend  des  Stillens  zu 
leiden  pflegen,  lasse  ich  mit  dem  besten  Erfolge 

et#u  Ü  Tfig«  lof  ilmr  Enitdndung  di«  nu^b 


—     58     — 

ganfli  gesandea  BruBtwarzeo  tSglkb  swm  Kai 
mit  Kirschengeiste  waschen,  wodurch  ea  in  -rie- 
len  Fällen  gelang ,  das  Wundwerden  der  War« 
zen  glücklkb  su  varhüten« 


8. 
Pomade  gegen  Calvities* 

Gegen  Calvities,  welche  ao  häafig  gen  nadi 
Typhus,  Kindbettfieber,  Sjphilia,  EntxiiiidiiDg^ 
Krankheiten  und  starken  Blutflüsaeo  za  entsts- 
hen  pflegt  und  auch  leider  das  acbSne  Ga» 
schlecht  nicht  verschont,  fand  ich  folgend«^ 
wiewohl  kostspielige ,  Haarpomade  in  der  B^ 
gel  sehr  wirksam:  Bec«  Succi  Citri  recesM 
ezpressi  Drachm.  un«^  Extract.   Chinae  frigidi 

?arat.  Drachm.  duas,  Medull.  oaainin  Unc  deai^ 
'inet.  Cantharid..  Drachm.  an.,  Olei  de  Cedit 
Scrup.  an.,  Olei  Ber^amott.  gnttx.  M»  Tan 
exactissime.    D.  S,  Haarpomade. 

Vor  ihrer  Anwendung  wird  'der  ganze  ba* 
haarte  Kopflheil  mit  Seifeowasaer,  ^rekbaa 
einige  KalFeelöiFel  Kirschen-  oder  Kollnisch« 
Wasser  zugemischt  werden,  rein  abgeweachea 
und  abgetrocknet.  Am  anderen  Ü^Iorgen  wild 
alsdann  eine  starke  Messerspitze  toU  der  Po- 
made eingerieben  und  damit  täglich  Ibrtgaiah- 
ren.  Nach  4  —  6  Wochen  iat  meist  die  Kor 
beendigt  und  der  Kopf  mit  schönem,  kräfligiM 
und  üppigem  Haare  reichlich  bedeckt; 


—     59     — 

9. 
Delirium  tremens» 

Ein  OfanD  von  50  Jahren  aas  der  gebildet 
ten  Klasse  trank  mit  rinem  guten  Freunde  auf 
dem  Lande  ein  Maafs  1825r  Weins  Ton  yot" 
;vuglicher  Qualität«  Beide  fuhren  froh  und  Ter« 
gnägt  nach  Hause  |  ohne  acch  nur  im  gering- 
sten berauscht  zu  seyn;  imGegentheil  besorgte 
dieser  noch  Abends  seine  gewöhnlicheil  Ge^ 
Schäfte  in  gröfster  Ordnung  und  Pünktlichkeit» 
Als  er  aber  Abends  8  Uhr  mit  seiner  Famülei 
zo  Tische  safs^  um  su  Abend  zumessen,  verfiel 
er  piötzHch  und  tvie  auf  einen  Zaüberachlag 
unter  den  heftigsten  ionischen  und  elonischen 
Kräm-pfen  und  bei  fast  gänzlicher  Bewu/stlo-^ 
sigkeii  in  jenen  entsetzlichen  Grad  von  Trun^ 
JcenheU,  der  sich  bei  so  Vielen  durch  eine  Al- 
les um  sie  her  zerstörende  Manie  ausspricht» 
Kaum  konnte  er  Ton  3  bis  4  Personen  in  einem 
solchen  8  — 14  Minuten  lang  andauernden  tob« 
snchtigen  Paroxysmns  gebändigt  werden^  vor« 
auf  alsdann  eine  eben  so  lange  anhaltende  Le* 
tbargie  eintrat ,  in  welcher  der  Puls  nur  sehr 
'wenig  frequent ,  die  Respiration  änderst  lang- 
sam ond  schnarchend  und  das  Gesicht  auffal- 
lend blals  war.  Allein  plötzlich  fingen  die  ent- 
setzlichen couTulsiviscben  Erschütterungen  in 
den  Extremitäten  wieder  an,  und  so  stieg  es 
wieder  stufenweise  bis  zur  heftigsten  RasereL 
Im  Zustande  der  Relaxation  trat  regelmä&ig 
einiges  Bewurstteyn,  jedoch  nur  Ton  äuberat 
flüchtiger  Daner^  ein:, 

So  hatte  dieser  sonderbare  Vorfall  schön 
sek  I  Stunden  oimntsrfaroshep  angÄritaa^  alt 


1«     00     ^ 

tob  barbdgerafeD  ward^»  Ich  gestehe^  dak  U 
mich  bei  dem  Kranken  im  cnteo  AagenblkM 
in  der  wirklich  peinigendsten  Verle^nheil  k* 
fand.  Ich  Teriuchte  sogleich  kalte  Umschliii 
auf  den  Kopf,  mit  momentaner ,  aber  dnrehaii 
flicht  eigentlich  reeller  Betaernng;  ionerlich  liib 
ich  den  Ton  Dierbach  *)  gegen  BeraatcbaM 
als  Specificum  empfohlenen  Spiritus  Mindern 
zu  einem  Kaffeelöffel  unTormiacht  Dehmen  nal 
kältet  Wasser  nachtrinken«  Nach  Verlauf  «si- 
ger  Minuten  trat  Erbrechen  einer  säuerlich  lii» 
chenden  Flüssigkeit  mit  etwas  Erleichlenuf 
ein.  Nach  einer  Viertelstunde  wurde  ihm  dtf 
zweite  Kalleelöifel  voll  gegeben,  und  da  sich 
abermals  hierauf  die  Zufalle  yerminderten ,  lo 
wurde  nach  der  dritten  Viertelstunde  der  dnUs 
Kaffeelöffel  voll  gegeben,  worauf  alle  ZofiiUs 
gänzlich  verschwunden  waren.  Der  Kraaks 
verfiel  hierauf  alsbald  in  einen  ruhigen  ul 
sehr  erquickenden  Schlaf,  aus  welchem  er  nid 
einigen  Stunden  ganz  geheilt  erwachte ,  dii 
übrige  Zeit  in  der  Nacht  wieder  ruhig  fiiiii 
schlief  und  am  andern  Tage  nicht  die  gerimito 
UobequemUchkeit  yerspurt^* 

Nachher  erfuhr  ich,  dafs  äef  Kranka  ab 
ein  Jüngling  von  16  ^17  Jahren  denselben  Aa- 
fall  zum  erstenmale  nach  dem  Genüsse  einsi 
Bouteilla  guten  Rheinweins  einen  gaosen  Tsf 
lang  in  einem  so  furchtbaren  Grade  gehabt 
l^ät^e,  dafs  er  von  4  starken  Männern  12  Sto» 
den  lang  festgehalten  werden  mulste,  und  da* 
mals  kein  Heilqaittel  bei  ihm  geholfen  bitte. 
Späterhin  erlitt  er  einen  Anfall  fast  ganz  vps 
d^rf§ll>9P  Dauer,  und  der  letzte  Anfall,  den  ich 

*.    *)  Dia  afmtt  Eotdecb  io  4«  Mstai  med,  8.  SIL 


—     Ol     — 

so  beoBacIiteO  Gelegenheü  hMe^  war  d«r  dnit«. 
Nacb  diesem  trateo  später  nach  dem  Geaaue 
des  Weins  io  sehr  maCri^er  Do«a  wiedef  ähn- 
liche Pamx]rsmeo  eio^  die  abery  wie  OMa  mir 
aagte,  durch  den  schleoDigen  Gebraeeh  de«  Spt- 
ritas  JUindereri  auffallend  schnell  bekäcr|»ft  wor- 
den waren.  Schliefslich  mafs  ich  noch  bemer- 
ken» daCs  der  Kranke  von  periodiKh  wiedi^r- 
kehrendem  Podagra  in  leichtem  Grade  befallen 
^fird,  eine  aufserst  geiegeke  Lefaensweife  fährt, 
atark  arbeitet  und  sich  Tor  allea  FTfssfle»  in 
der  Diät  batet,  auch  keioeewtgea  tu  der&Iaasa 
dar  Trinker  gehört.— 


Innerhalb  24  Jahren  sind  mir  za\U 
TOB  Detirium  tremens  Tcrzekr.znsr.«»?!  n.id 
■war  nor  bei  anagezeichoetea  alten  and  jin^ea 
Bacchanten,  bei  denen  ich  nie  in  den  Fai:  kam, 
Blatentziehnngeo  Tomehmeo  m  mmmem,  samal 
aie  dorch  ihre  Trankfalli^keit  auf  eine  tieft 
Stufe  Ton  fast  paralytischer  Schwäche  herab' 
gekommen  waren.  Die  constanfe^tem  und  ha«s- 
iigsten  Hallncinationen  bei  deoseiöen  bestanden 
in  Täaschun;?en  des  Gesicbtsslnoes ;  die  meieten 
sahen  entweder  Fiedermäose,  lliuse  and  Kr'>- 
ten,  oder  TenfeL  -^  Erst  in  dem  letzten  -Som- 
mer  behandeile  ich  znm  djiktea31aieeioea  b4e- 
chanten,  der,  wo  er  einen  danklea  Flecket:  oder 
Schatten  erblickte,  diesen  &t  einen  Tenfe»  hielt. 
Als  ich  des  ?iacbts  12  Uhr  za  ihm  rercfen 
wurde,  stand  er  halb  angekleidet  mitrea  in  sei- 
nem hellbeleuchteten  Zinuner,  ein  Krozi^z  ia 
deo  Händen  haltend,  stürzte,  wo  er  eine»  donk« 
len  Fleck  erblickte,  aDgenhlickiicb  auf  densel- 
ben los,  und  bedeckte  diesen  mit  dem  Kruzi- 
fixe mit  den  Worten:  „da  Teufei^  kost  etns. 
—  Ich  gebe  stets  cu  Anfange  der  Km  einige 


—     62     — 

LaxaDsen,  die  nicht  aelten  eine  Meng«  itiBl»|fa 
der  Faeces  and  lofarcteo  eotfenien^  später  Ovnilin 
in  folgender  Form :  Rec«  Opii  pnr»  gr»  P'lk 
Pulr.  rad.  Ipecacaanhae  gr.  ^,  Sacch.  alb.  gr.i^» 
M.  F.  Polr«  D.  tal.  Dos.  q.  s.  S.  AUe  2-^IIe 
Stunden  ein  Pulver^  bis  Rabe  and  Schlde»!! 
tritt,  was  in  der  Regel  bald  erfolgt,  wora!dii|ii 
Pulyer  in  längeren  Zwiacbenräamen  bb  n>|l 
gänzHcben  Wiederberstellung  des  Kranluii  (tk  |l 
schon  in  8  bis  12  Tagen)  forlgegeben  Wite 
Anderweitiger  Mittel  bedorfte  ich  nicht 


10. 

'  f  •  

Pem§  EisenspKtter  im  jtug9k 

Drei  Mal  kamen  mir  Schlosser  und  Schmiaii 
snr  Bebliodlung  Tor,  denen  bei  ihrer  Arbeit /int 
Eisensplitter  in  das  jiuge  gedrungen  w 
Durch  die  Applikation  des  Magnets  in  Foim< 
Hufeisens,  hart  an  das  affizurte  Aoge  geblaßt 
nnd  daran  mehrere  Minuten  lang  festgehallBib 
gelang  es,  schnell  die  Eisensplitt^r  su  entfems, 
ohne  dafs  dem  Auge  der  geringste  Nnrhftri 
durcjd  diese  Verletzung  rerarsacht  wurde. 


11. 

Im   Habe  stecken  gMiebene   Fischgräiem  wd 

kleine  Knöchern. 

Fischgräten  lind  kleine  Knochen  vom  G^ 
flügel,  die  im.Halse  stecken  blieben  and  sn  deM 


—     63     — 

^  BntferotiDg  oft    eine  Meoge  Mittel   TergcUkb 

*  J^^ucht  worden  waren,  entfernte  ich  tebr  ein- 
^  Mch  qod  schnell  dadurch,  deh  ich  lietb,  so 
^'^■^nell  als  möglich  nach  einander  einige  starke 

*  ^^bela  voll  rohen  Sauerkrauts  (Saoerkohit)  rm 
^_  ^^n,  wodurch  die  augenblickliche  Entfemvog 
^^  ^^  fremden  Körpers  im  Halse  bewirkt  wind«. 

*  ^5^^  ™^  letzten  Sommer  sind  mir  zwei  FSUe 
'^   dieser  Art  mit  augenblickluh  gatcm  Erlöse  tot- 

(tkommeo. 


12. 
Epilepsitm 

1)  Bn  Knabe  Ton  12  Jahren,  einziges  Kind 
eines  Chirurgen ,  litt  schon  sek  fast  zwei  Jnb- 
ren  an  Anfallen  von  Epilepsie,  welche  bei  Tag 
nnd  Nacht  erschienen   uod  den  Kranken  lebr 
geschwächt    halten«     Viele   Aerzte    und    eine 
SIenge  gepriesener  nnd  nicht  gepiiesenet  Ueil- 
miltel  waren  vergeblich  yersuchl  worden.  Keine 
Ursache  konnte  aasgemittelt  werden.     Ich  he- 
rdrchtete    Onanie^    bei    genauer    Untersuchung 
entdeckte  endlich  der  Vater  Terdächtige  Flecke 
iia  Hemde  seines  Kindes,  nnd  nach  einigen  Ta- 
gen gestand  Patient  unter  Thränen,  dals  er  schon 
seit   bald   zwei  Jahren   durch    böse  Camerad- 
schaft  zu   diesem  Laster  rerleitet  worden  sej. 
Nachdem    das   Kind  hierüber    gehörig    belehrt 
worden    und   der  Vater  seine   Aufmerksamkeit 
verdoppelt  hatte,  blieb  auch  die  Epilepsie  unter 
dem   Gebrauche   der  Tinctora  Ferri    pomati   c. 
Tinct.  aromatica  mehrere  Monate  gänzlich  ans. 


•     64     -. 

UobewacTil  fei^fM  Jedoch  de?  Knfd>Q  Ton  oeaM 
in  dieses  Laster^  und  nait  demselben  ttellte  sid 
ancb  wieder  Epilepsie  ein.  Der  Fortgebrsnck 
obiger  Tinktar,  so  wie  einet  Palrers  ausKan^ 

£ber  vor  dem  Scblafengeheo,  das  Waschen  te 
>euzes  mit  Essig  und  aas  Unterlasten  der  Oos* 
nie  hoben  die  Epilepsie ,  die  sich  aber  f^wl^ 
wieder  einstellen  wird^  wenn  Patient  der  SelbU 
befleckung  nicht  auf  immer  entsagt. 

2)  Im  Jahre  1834  behandelte  ich  tun  sek 
Jahr  altes,  zwar  sehr  sensibles,  aber  doch  nictl 
schwächlich  zu  nennendes.  Fräulein  an  Krawh'. 
j)fen,  welche  das  Mittel  zwischen  Epilepsie  wd 
Catalepsie  hielten,  auf  die  geringste  psychisciw 
Veranlassung,  Schreck ,  Zorn^  Freude  n.  s«  Wt 
jedesmal  fast  augenblicklich  hervorgerufen  ws» 
den  und  von  einer  halben  bb  2a  zwei  Standes 
anhielten.  Ursachen  waren  nicht  aassnmittelo; 
auch  hier  besorgte  ich  Onanie,  obgleich  die  Bt* 
weise  fehlten  und  die  Kranke  sehr  aorgfaUg 
beobachtet  und  beaufsichtigt  wurde»  Alle  lEtr 
tel  blieben  nicht  nur  erfolglos,  tondem  schitoet 
togar  das  Nervenleiden  noch  an  TertchlimmerSi 
Da  nun  ihre  Eltern  hierBber  tehr  bettünt  ws- 
ren  und  die  vollige  Entwickelung  und  Aosbil- 
dung  der  Epilepsie  befHrchteten ,  so  entschloß 
ich  mich  zur  Anwendung  des  animaliacheo  Msp 
gnetismus. 

Ich  setzte  mich  mit  ihr  in  magnetisclitfi 
Rapport  und  schickte  ihr  alle  zwei  Tage,  dt 
sie  2|  Stunden  entfernt  von  mir  wohnte,  eioe 
Glasplatte^  welche  ich  zuvor  einen  halben  Tag 
auf  der  Herzgrube  getragen  hatte  und  weicht 
sie  ebenfalls  auf  der  Herzgrube  tragen  nuistt. 
Ich  besuchte  sie  von  vierzehn  zu  vierzehn  Ta- 
gen^ verstärkte  den  magnetischen  Rapport,  nad 


—     65     ^ 

war  so  glficUich,  diese  Kleine  nacb  ond  iMidi 
■Tollkommen  za  heilen,  wobei  ich  bemeriLen 
mafs,  dals  die  Krämpfe  fast  angenbllcUich  nacl^ 
lielseoi  wenn  sie  die  toq  mir  erhaltene  frisch 
magnetisirte  Glasplatte  auf  ihre  Herzgnibe  legte. 
Merkwürdig  ist  es,  dals  die  Kranke  schnell 
ihre  Krämpfe  Terlor,  so  oft  ich  sie  besuchte 
und  in  ihre  Nähe  kam.  Einmal  rergals  ich  die 
Platte  zu  magnetisiren,  nnd  da  der  Bote  sie  «i 
holen  schon  bereit  war,  mir  aber  keine  Zeit 
mehr  übrig  blieb,  sie  gehörig  za  magnetisifeDp 
eo  schickte  ich  die  alte,  von  mir  nicht  frisch 
magnetisirte  Platte  der  Kranken  znrBcky  wor« 
auf  sie  so  heftige  Krämpfe  bekam,  dab  mao 
fSr  ihr  Leben  besorgt  worde.  Die  inzwischen 
Ton  mir  dnrch  das  Tragen  anf  der  Herzgnibe 
magnetisirte  und  ihr  alsbald  zugeschickte  Glas- 
platte beschwichtigte  jedoch  den  Anfall  fast  an* 
genblicklich«  Diese  Kur  dauerte  nngefahr  seche 
Monate;  Patientin  ist  ToUkommen  gesund  ge» 
blieben  und  schreitet  in  ihrer  somatischen  und 
psjchischen  Entwickelung  sehr  yortheilhaft 
Torwärtt. 


13. 
Krätze* 


Gegen  üe  Krätze  habe  ich  sowohl  in  dem 
hiesigen  Krankeohause  ^  als  in  meiner  Privat- 
praxis,  eine  Menge  Heilrersuche  mit  neuerlich 
gepriesenen  Blittelo  gröfsteotbeils  ohne  Erfolg 
gemacht  Die  englische  Methode  half  nichts, 
und  Ffeufer^B  Schmierknr  erwies  sich  nur  in 
Jonra.  LXUIV.  B.  9.  Sl.  E 


—     66      —  / 

•inigeo  PHIlon  frisch  enUtandener  Kriitze  UIIA* 
reich.     Meine  Methode,  die  ich  in  Tielen  bnfikf 
dert  Fällen  stets   mit  dem  besten  Erfolgs  « 
Hülfe  nehme^  besteht  in  Folgendem: 

Bei  der  Aufnahme  des  Kriltskranken  in  im 
hiesige  Krankenhaus  erhält  er  sogleich  ein  mh 
mes  Seifenbad  und  als  Abführung  eine  Dodi|| 
PiluL  laxant  mercur.  offic  Am  andern  Tap 
reibt  er  sich  Morgens  und  Abends  in  die  Kiils- 
stellen  folgende  Salbe  ein,  welche  nach  eise 
halben  Stunde  ^wieder  mit  Seifenwasser  a^ 
gewaschen  wird:  Rec.  Flor»  Sulphur.^  Um 
sulphur«,  Ol.  Lauri  aa  Drachm«  duas,  Azas^ 
Porci  Unc.  duas«  M^  f.  S.  Einiga  KaffeeloU 
roll  daron  Morgens  und  Abends  einsureibeib' 

Innerlich  erhält  der  Kranke  ein  Pnlver  av 

Flor.  Sulphur.,  Cremor  Tartari,   Sacch.  alb.  sa 

Unc.  dimid.,  Pnlv.  rad.  rhei.  Drach.  duas.  K 

S.  Morgens  und  Abends  einen  Ka£Eselo£Eel'  ToD^ 

nebst  einem  Thee  aus  den  Spec.   pro  Decoct. 

Lign.  Einen  Tag  um  den  andern  wird  ein  Sii- 

feobai  genommen,    Kleider,    Leibwäsche  und 

Bettzeug  fleifsig  gewechselt  und  so   forlgefsJi- 

ren,  bis  der  Kranke  geheilt  ist,   was  bei  nicfat 

JEU  yeralteter  Krätze  und  bei  nicht  sa  sehr  es- 

chektischen  Subjekten  innerhalb  10  bis  14  Tagfl^ 

in  bartnäckigeren  Fällen    aber  längstens  Snoer- 

halb  4  Wochen   gelingt.      Ich    habe   noch  nis 

Rückfalle,  noch  nachtheilige  Wirknngaa  hisr» 

durch  entstehen  sehen ,  aber  öfters  Fälla'  baoh- 

achtet,    wo   ich    dennoch  mit  diäter  Mathodi 

nicht  ausreichte  und    die  Heilung    der  KiSas 

sich  in   die  Länge  zog,  besonders  bat  aiiaaiy 

cachektischen ,  schlecht  genährten  Laoten ,  bei 

denen  grofse  Uoreinlichkeit  herrscht,  und  A 

sufser  Stande  sind,  Leibwäsche  Aeibig  ms 


—     67     ^ 

sein.  Hier  half  mir  türerTinüg  fotgefrfa  Wft- 
schuDgi  Ret*  Flor.  Salphun  Uoo.  tres,  SaLam- 
moDiaei  Unc.  ud.^  Rad.  Bnulae  Vtic^  daas,  coqne 
c.  Aqu«  Calcis  rir.  libr,  quinqde  ad  rematieiitk 
lib«  trei^  colat.  add.,  Mercar.  Sublimat,  corrosb 
io  Aquae  Calcis  beAö  solat  gr,  xx,  asqne  ^ad 
gr.  x£s«  D.  S.  Abends  die  Krätzstellen  damit 
EU  waschen^ 

In  der  Priratpra^ds  Ist  letzteres  Mittel  ro^ 
soziehen.  Bei  bemittelten  Kranken  liasse  iph 
täglich  9  oder  aach  einen  Tag  um  den  andern^ 
Bäder  ron  Schwefelleber  nehmen« 

Mit  dieser  WaSchdng  habe  ich  Dicht  selten 
weit  Terbreitete  und  Teraltete  Krätze  innerhalb 
14  Tage  yollständig  geheilt«. 

Unerläfslich  ist  strenge  Diät^  grofse  Rein-, 
lichkeit,  fleifsigef  Wechsel  der  gereinigten  Kie»* ' 
der  ood  frischer  Leib-  und  Bettwäsche. 


14. 

Tinea  oapiiii. 

Gegen  den  i^rfr-  oder  Kopfgrind  habe  ich 
nachstehende,  yon  TMursinna  und  Schock  em» 
pfohlene  Jb^^er^sche  Salbe  mit  dem  besten  und 
schnellsten  Erfolge  angewandt:  Rec,  Sulphnr* 
purificat«,  Vitriol,  alb.  aa  Une.  dnaS|  Axung. 
porci  recent  Unc«  sex.  HL  L  unguent«  S.  Hier- 
mit "wird  zuerst  eine  Stelle  des  Grindkopfs  ein- 
gerieben, worauf  nach  einigen  Tagen  Risse  im 
Schorfe  entstehen  und  dieser  alsdanb  abblät- 
tert.   Alle  Hebt  Tage  wird  ein  Laadmf  alilr  dM 


•1 


.     68     — 

PiloL  mercarb  öff.  laxant«  genommen  und  m|a 
Thee  ans  den  Spec.  pro  Decoct.  Lign.  getnt-lg, 
ken,  worauf  diesem  Üebel  meiet  nach  Vediill| 
ToA  4—5  Wochen  geheilt  i/in  1, 


SpMhelßi^ß  nach  QuteksiJberm 

Gegen  MerkuriahpeicheJflufs  gebrauche  ink 
schon  seit  Jahren  folgendes  Gargelwasser  nA 
grofsem  Nutzen :  Rec,  Decoct.  Gort.  Qaercni  ex 
Unc.  duab«  parat.^  colat«  libr.  duab.  add.,  Acidi 
'pyrolignos*  Drachm.  tres  usqne  ad  sex,  Tinctt 
Bfjrrrh*  Unc*  un.^  SIell.  rosat«  Unc.  dnas«  M.D. 
S»  Anfänglich  wird  hierTon  ein  halbes  Triok- 
glas  ToU  mit  eben  so  viel  Thee  aus  Salbcj 
▼ermischt  ^  und  einige  Minuten  lang  im  Monde 
behalten^  nach  und  nach  weniger  Terdiinnt  nsl 
zuletst  ganz  rein  genommen,  worauf  der  Spew 
ebelflufs  längstens  innerhalb  acht  Tage  ToUig 
beseitigt  ist.  -^  Gleichzeitig  verordne  ich  mn 
innerlichen  Gebrauche  das  Pnlvia  Dowen  vä 
einigen  Gran  Kampher  vermischt. 


16. 

Skrophülost  Liehlseheu  und  sltrophulSst 

jiussehWge» 

Gegen  skrophulSse  Lichtscheu  und  slrf^hur 
Jose  JluSMMäge  im  Gesichte   der   Kinder  bf- 


-    69    - 

m 

^^tthriß  sieb  mir  in  der  MebrcaU  der  Falle  am 

Wspriefalicbsteo,   nachdem  Antbelmiotica  aoge» 

Sendet  "worden  waren,  falls  Warmer  sich  rer» 

inathen   liefsen,   folgende  Bllscbnng  nach  Jim» 

mon:  Rec.  Tinct.  Ghinae  Unc.  nn«,  Barjt.  ma« 

riat,  Drachm.  un.  M.  D.  S.  Morgens  nnd  Abends 

iO  bis  20  Tropfen  zu  nebmen,  •—  In  der  Re« 

gel  verlieren  ticb  obige  Uebel  innerhalb  14  Tage 

gänzlich  y    doch  fordert  es  die  Vorsicht ,  obigs 

Mischung  in   geringerer  Gabe  noch  einige  Zeil 

fbrtgebraachen  nnd  alles  Saure^  Fette  and  stark 

Gesalzene  sorgfaltig  Termeiden  zu  lassen. 


17. 
Tripper  und  allgemeine  Syphüis. 

Gegen  den  Tripper^  wenn  er  noch  Irisch 
ist,  leistete  mir  ein  Pulrer  aus  Pnlr,  Cabebar; 
und  Sacchar.  alb.  aa,  täglich  2  bis  3  Kaffeelöf- 
fel Tolly  bei  einer  strengen  Diät  und  zweckmä- 
fsigem  YerhaUen,  nebst  einem  Thee   aus  Rad« 
AUhaeae,   Liquirit.    Herb.   MaWae   und    Semin* 
Cannabis,  in   der  Mehrzahl  der  Falle   die  beste 
und   schnellste  Hilfe.      War  er   dagegen  schon 
mehr  ioTeterirt,   so  half  meist  FaWs  Tinktur: 
Rec.   Balsam«  Canadens.  Unc.  dimid. ,  G.  Gua- 
jaci  Drachm.   duas,   Spirit.  vlni  rectificat.   libr; 
dimid. ^  Digere  leni  calore,  dein  faecibus  subsi- 
dentibus  tiocturam  limpidam  cola  et  Colat.  add., 
Olei  destill.  Menth,    pip.  Drachm.    uu.      M.  D* 
S,  Täglich  dreimal  40  bis  60  Tropfen  zu  nehmen. 

In  den  hartnäckigsten  Fällen,  ivo  der  Trip- 
per schon  einige  Jahre  angehalten  hatte  und 


T-     70    r* 

mh  •loer  Menge  ron  Bfittelo  fraohdot  beliu» 
delt  worden  war,  erprobte  sieb  mir  WakK% 
treJHiche  Fillenmasse ;  Rec»  Ferri  salphur.  oj* 
stal.,  Ij^DO  pulvff  aaDracbm»  an.  et  aimid,,Te" 
rebiDtnl  laricinae,  Extract»  Geotian,  mbr.  aa 
Dracbxn.  tres.  M.  f»  Piliil.  e,  vvlr^  rad.  Liqoi» 
rit.  et  fiaot  pilql.  ]V,  270.  Coosp.  pulr,  rad. 
Ireos  flor.  o»  Täglich  vier  Mal  10  Stück,  n 
nebmen.  Gleichzeitig  werden  lojecüoneii  top 
einer  AoflSsung  des  salpeteraanren  Silbers,  mit 
Opium  versetzt,  gemacht,  eine  strenge  Diät  pni 
sweckmäfa^ges  Regimen  beobachtet. 

_  * 

Gegen  allgemeine  Syphilis  Ist  nach  meiiMS 
Beobachtungen  und  Erfahrungen  das  Decoctui 
JSittmanni  das  erste,  beste  qud  sicherst«  Hcib 
mittel,  nächst  diesem  die  Pzondisch^  Methods 
und  in  leichteren  Fällen  die  v«  WedeküiiPteb§ 
Heilart.  IVpr  fin  wahrhaft  desparater  Fall  tob 
allgemeiner  und  weit  yorgeschritteoer  Sjrphilii 
kam  mir  Tor,  der  vergeblich  mit  obigen  BeS' 
methoden  und  «war  wiederholt  bebandelt  wvidi^ 
Alle  Erscheinungen  eines  bennruhigMide&  ton» 
tescirepden  Fiebers  mit  bösartigen  nod  Jiail^ 
nackigen  Geschwüren  liefsen  kaum  mehr  evasn 
Strahl  von  Hoffnung  zur  Wiedergenesnng  das 
Kranken  aufkommeUf  Doch  ward  erdwKbdia 
mit  aller  Vorsicht  und  Sorgfalt  Yorgenonuneps 
strenge  Busfiche  Schmierkur  wieder  voUkOBH 
men  hergestellt.  Diese  Heilmethode  gehBrt  ge» 
wifs  zu  den  wichtigsten  und  segenvollsteo,  de- 
ren sieb  die  praktische  Medicin  erfreut,  und  sie 
kann  gegen  die  verzweifeltsten  intrikatsten  Falle 
der  Lues  nicht  genug  gerühmt  werden» 

Die  übrigen  gepriesenen  Merkurialpräparate^ 
oeioientlich  das  Hyarargjrum  oxydatom  robma 


—     71     — 

praeclphatoiD,  kaoo  kh  in  dar  Thal,  troti 
1er  Versudiei  nicht  rübmeD, 


Natron  carhonieunr. 

Zq  den  werthyollsten  Beitragen  der  prak^ 
tischen  Medicin  in  neuester  Zeit  gehört,  meiner 
Ansicht  und  Erfahroog  oach^  die  FiscAer'sche 
Schrift  ^),  worin  das  kohlensaure  Natron  als 
eins  der  kräftigsten  and  mächtigsten  riicX:6iM€ii- 
den  Mittel  gegen  die  verzweifeltsten  Unterleib»- 
Sbel  mit  Recht  angerühmt  und  zur  Prüfung  an- 
empfohlen wird.  Vorzüglich  hilfreich  bewährt 
eich  dieses  in  der  That  treffliche  Heilmittel  in 
der  Ton  Fischer  Torgeschriebenen  Verbindong 
mit  andern  höchst  zweckmäfsig  unterstützenden 
Heilmitteln  und  der  überaus  strengen  Diät  ge-» 
gen  Gicht,  hartnäckige  Drüsenrerhärtungcn,  be- 
sonders der  weiblichen  Brüste»  der  Bauchspei- 
cheldrüse, des  Gekröses,  der  Leber,  der  IlilZf 
der  OTarien,  Gebärmutter,  Hoden,  der  Schild- 
dräse  u.  s.  w. 

Ich  habe  eine,  allen  Mitteln  viele  Jahr% 
lang  trotzende  bedeutende  Verhärtung  des  lin- 
ken Eierstocks ,  der  ganz  höckerigt  und  yon 
monströser  Grösse  durch  die  magere  Bauch- 
wand zu  fühlen  war,  so  wie   eine  so  höchst 

§ 

*)  Bekanntmachang  eines  überaus  m'aclüigcn  Hoilmit- 
tek  gegen  Gicht,  gegen  clie  hartnäckigsten  Drüsen- 
verhärtungen  ond  cbionischtt  Untcrleibsübel  u«  ••  w« 
Toa  Dr,  AnU  Friedr.  Fischer,    Meisscn  1835. 


~     72     — 

bedeutende  und  metastatlscb  entstandeDe  Spioa 
yentosa  an  dem  Schieo-  und  Wadenbeine  einer 
jungen  Frau  geheilt ,  gegen  welche,  nach  der 
einstimmigen  ErkFärung  sehr  geachteter  und 
kenntnifsToUer  Aerzte,  die  Amputation  des  Fu- 
üses  als  das  einzige  Rettungsmittel  yorgescbla^ 
gen  worden  war. 


Singeklemmti  Briichem 

Gegen  eingeJdemmU  Brückt  bediente  ich 
micb  in  den  meisten  Fällen  des  von  Stark  schon 
empfohlenen  Oels  ^)  mit  dem  herrlichsten  Br* 
&]ge,  wenn  gleichzeitig  innerlich^  je  nach  Um* 
standen,  Emulsionen  mit  oder  ohne  Opium, 
oder  Oleum  Biciai  mit  Syrup.  mannat.  Ter« 
mischt,  oder  Calomel»  oder  Oleum  Crotonia, 
der  oft  kaum  zu  bezwingenden  Verstopfung 
wegen,  stark  mit  Butter  versetzte  Buttermilch, 
erweichende  Umschläge  u.  s.  w.  gegeben 
werden.  Ich  babe  Fälle  gebeilt,  wo  die  Kunst 
bereits  alle  ihre  Schatze  yergebens  erschöpft 
hatte  und  nur  von  der  Herniotomie  Bettung  er* 
wartet  wurde.  Und  zwar  erfolgte  in  den  mei<« 
sten  Fällen  die  Rettung  des  Kranken  auf  die 
Anwendung  des  Oels  aufserordentlich  schnelL 

Erst  dieses  Spätjabr  wurde  ich  a^u  einer 
40  ^abre  alten  Frau  gerufen,  die  an  einem  ein* 


e\  Joh,  Chr»  StarVs  Handbuch  znr  Kenntnifii  vmd  Hd* 
long  innerer  Kranktieiten  des  menscblicteü  Körpers» 
Jena  1799^  i»  Bi,  Sf.  607. 


-.     73  ^  — 

geklemmteD  Leistenbrache  rechteneiti  füofTaga 
Tergebens  mit  Aderlässen,  Blategelo,  erweicbenr 
den  Breiamscblägen,  eröffoendeo  Klystiereo,  Ca« 
lomel,  Emalsionen  u.  s.  w.    tod   einem  Ober- 
Wundarzte    bebandelt    worden    war.      Zaletst 
wurde  noch   die  Hilfe  eines  Homöopathen  an» 
gesprochen  y    jedoch   Tergebens«     So   ward  ich 
gerufen,     Irh   fand   die  Kranke  in    einem  sehr 
aufgeregten  Zustande,  den  Pols  klein,  hart,  fre* 
guent|  die  Temperatur  der  Haut  heifs,  die  Ver- 
stopfung seit  fünf  Tagen   anhaltend;    der  Durst 
war  unerträglich,    Schlaflosigkeit    und    Unruhe 
im   höchsten   Grade ,    Neigung  zum  Erbrechen, 
und  wirkliches  Erbrechen  nach  genossenen  Ge- 
tränken ;  der  Unterleib  war  aufserordentlicb  auf^ 
getrieben    und    gegen   BerühruDg    schmerzhaft. 
Der  Bruch  hatte   die  Gröfse   eines  HüliDereies, 
war  brannroth  und  durch  die  vergeblich  rorge*  r 
Dommene   und   oft  wiederholte  Taxis  brennend 
beifs*    Ich  trug  auf  die  Operation  an :  sie  ward 
Jedoch  Ton   der  Kranken   standhaft  verweigert» 
So  wenig  Rettung  zu   hoffen   war,  verordnete 
ich  gleichwohl  Oleum  Ricini  mit  Sjrup,  man« 
sat.  vermischt,   Klystiere  aas  einem  Infus.  Fo- 
lior«  Senn,  mit  Sal.  mirabiL  Glauberi  und  Tar- 
tar,   emet.    versetzt,    und.  äufserlich    das    von' 
Stark  empfohlene  Oel,  nämlich:  RecOlei Per- 
fol., Olei  Pini,   Olei  Juniperi  aa  Drachm.    tres« 
m.  D.  S,   Alle  Stunden    einen  Kaifeelöfiel  voU 
in  die  Bruchstelle  und    deren  Umfang  einz»*' 
reiben. 

Der  Erfolg  war  bewundernswürdig;  denn 
der  Bruch  wurde  nach  einigen  Standen  kleiner, 
minder  schmerzhaft,  und  war  nach  12  Stunden 
-völlig  verschwunden.  OelFnnng  trat  reichlich 
ein^  die  Kranke  war  gerettet  und  ift  )etst  volL* 


—     74     ^ 

kommen  gaaimd  und  wobi,  obgleich  eie  tplM 
TOD  einer  Enteritis  befallen,  aber  ToIIkommei 
gebeilt  wnrde«  leb  babe  Fälle  von  eingeklem»» 
ten  Brüchen  geheilt,  die  bäufig  nach  4—6  Sten-, 
den  nach  dieser  Einreibung  gewichen  waic% 
nnd  mit  dem  grofsten  Danke  gegen  Stark  wi 
aus  voller  Ueberzeugnng  nnterschreibe  ich  im 
L'>b,  welches  dieser  ausgeseicbnete  Arzt  (&  66Z 
ia  dem  angeführten  Werke)  diesem  Oele  cott» 


20. 
JFeohsel/iebefm 

Dafs  die  nächste  Ursache  des  TFtohM^^ 
hers  in  einem  Krämpfe  des  Gangliensysimm 
bestehe,  habe  ich  in  meiner  schon  erwähnto 
Schrift  über  den  sporadischen  Typhus  and  im 
WechselGeber  ausführlich  nachsaweis^n  iw- 
suchty  und  es  freut  mich^  dafs  diese  Anslcbl  k 
der  jüngsten  Zeit  von  anerkannt  gelehrten  Sil 
gefeierten  Blänoern  mehr  oder  weniger  aasgi- 
sprochen  wurde« 

Es  giebt  fast  keine  Form  Ton  Waehsells- 
ber,  die  irh  nicht  zu  beobachten  und  sa  babaa- 
deln  Gelegenheit  gehabt  lätte,  nanoentlieh  vide 
Fälle  Ton  insidiüsem  verlarvtem  Jfechs^fi/Aer* 

Das  Chioinum  sulpburicum  erwies  skk 
auch  mir  sehr  hilfreich  und  namentlich  in  fol- 
gender Art :  Zuerst  erhält  der  Kranke  in  dar 
Apyrexie  ein  Voniilir,  oder  ein  kräftig  erregen- 
des Laxans,  je  nachdem  die  Turgescenx  der  an*  ' 
gesammelten  Crudiläten   das  eine  oder  das  aa- 


—     7»     — 

dere  gebietet;  doch  siebe  icfa  das  VomitiT  sei» 
Der  oberaos  wobltbäfig  erscbüUemdea  und  um* 
sthnmeDdeo  ^ebeowirkon^  Tregeo  dem  f.axans 
vor,  —  dann  am  andern  Ta^  in  der  Aprrexie 
Folgendes:  Rec«  Cbinin«  salpbor«  gr.  xxxxTiJj, 
Tartar.  emat.  gr.  j  in  Aqaa  Laoroeeras  q.  a» 
solot.,  Opii  pur,  gr«  ifj,  ExtraeL  Vatertan.  q.  a.' 
ut  £»  piloL  If.  xxxTJ,  Coosp.  polr.  Cinnaiii. 
D.  S.  Alle  2  bis  2y  Standen  ein  Stuck  so  neb* 
inen,  nebst  folgendem  Tbee:  Rec*  Sommitat. 
Uillefoi«,  Siunmitat.  Centaor.  min.,  Flor.  Cba«* 
momilL  Talg. ,  Rad.  CaiyopbjlL  aa  Uno;  ob« 
C.  M.  D.  S.  Tbee,  ^oron  täglicb  einige  Tas» 
aen  getronken  werden. 

Die  Pillen  müssen  Tag  und  Nacbt  cur  be» 
stimmten  2^it  in  der  Apyrexie  gegeben,  in  der 
Pjrrejde  aber,  so  wie  der  Tbee,  ganz  ausge&etsi 
werden.  Die  Diät  mafs  streng  seyn ,  nament- 
lieb  alles  Fette,  Ssore,  Bläbende,  Obst,  Käse 
u»  s.  w*  gemieden  werden»  Zotn  Getränke  er* 
laabe  ich  gern  Kranken,  die  scbon  längere  Zeit 
an  Wecbselfieber  leiden,  entweder  gutes  Bier, 
oder  oocb  lieber  guten  alten  Wein  mit.  Was* 
ser  Termischt.  —  Der  Kranke  imifs  sieb  warm 
kleiden,  feucbte  Luft  Termeideu  und  sich  im 
warmen  Zimmer  aufhalten,  sieb  for  Diätfeh- 
lero  und  Erkältungen  auf  das  sorgfaltigste  bSten. 

meinen  Erfahrungen  zufolge  y  wird  der 
iiacbste  Anfall  entweder  auiTdllend  stärker,  oder 
gelinder,  der  zweite  Paroxyftmus  bleibt  dage- 
gen in  der  Regel  ganz  aus,  und  der  Kranke 
ist  geheilt»  Zur  Vorsicht  lasse  ich  obige  Pil- 
lenmasse, wenn  sie  aufgebraucht  i3t,  noch  ein- 
mal repetiren  und  daron  alle  3--^4  Stunden  ein 
Stück  nebst  obigem  Thee  geben,  bis  sie  eben- 
falls aufgebraucht  ist,  worauf  der  Kranke  bei 


—     76     — 

I 

guter  ond  erknifdgender  Diät  wich  6  — 10  Tt- 
gen  wieder  so  rollkommen  hergeftlellt  ist.  dab  V 
er  sich  seinen  gewoboten  BescbäftigungeD  bis»  1- 
geben  kann.  \\ 

Bei  strenger  Anwendung  dieser  Metbodi, 
vorgsamer  Vermeidung  aller  Excesae  in  der  Diät 
und  dem  Regimen,  rubigem  Verbalteo  in  den 
ersten  acbt  bis  zeboTagen,  sah  ich  keine  Rodt 
fälle  entsteben;  der  Kranke  bleibt  irollkommoD 
wobL  —  Gleichwohl  sind  Recidive  bei  Land- 
leuien  keine  Seltenheit.  Denn  kaum  fübleo  lit 
sich  von  den  ersten  zwei  Anfällen  befreit  ool 
sehen  ihre  Kräfle  wiederkehren  ,  so  setzen  lia 
nicht  nur  die  erste  Dosis  der  Pillenmasse  aiu^ 
sondern  überlassen  sich  auch  wieder  ihren  Be« 
rufsgeschäften  und  fehlen  in  der  Diät.  So  hil^ 
reich  das  Chinin,  sulpburic.  sich  auch  dann  be- 
weiset, giebt  es  doch  Falle,  wo  dasselbe  we- 
gen Idiosynkrasie  nicht  yertragen  wrird,  oder 
für  unbemittelte  Kranke  zu  kostbar  ist.  h 
dergleichen  Fällen  von  sehr  hartnäckigen  Reci- 
diven  wendete  ich  das  schon  in  meiner  erwähn* 
ten  Schrift  (S.  308)  empfohlene  Kali  carboni- 
cum  mit  gutem  Erfolge  an ,  entweder :  Rec. 
Kali  carbon.  Drachm.  duas,  Solr.  in  Aqu.  Rub. 
Idaei  Unc.  sex,  add.  Syrup.  ejusd.  Unc.  ud. 
M.  D.  S.  Alle  Stunden  einen  LöiTei  voll  in  der 
fieberfreien  Zeit  zu  nehmen,  -—  oder  yerstärkt 
mit  einem  Zusatz  von  einem  Skrupel  Tinct 
Opii.  —  Auch  mehrere  meiner  Herren  Kollegen 
haben  diese  Mischung  mit  grofsein  Nutzen  an- 
gewendet. 

Zwei  Fälle  yon  Wechselfieber  kamen  mir 
innerhalb  24  Jahre  zur  Behandlung  Tor,  die 
durch  die  seither  genannten  Mittel  zwar  gemil- 
dert uud  etwas  beschwichtigt ,  nie   aber  TÖUig 


-P.     77     — 

gebetlt  werden  konnteo,  and  allen  übrigen  Heil- 
mitteln trotzig  vriderstaoden,  ohne  dafs  es  mir 
(egltickt  wäre,  biervon  die  Ursache  auszaniit- 
leln  9  und  diese  wurden  allein  durch  den  Ge* 
brauch  der  bitteren  Mandeln  schnell ,  gründlich 
and  bleibend  geheilt»  Ich  liefs  nämlich  diese 
b«iden  Kranken  eine  Viertelstunde  vor  dem 
anfalle,  das  erste  Mal  7,  das  zweite  Mal  9  Stück 
bittere .  Mandeln  kauen  und  Terschlncken ,  letz- 
tere Zahl  mehrere  Tage  nach  einander  um  dier 
Belbe  Zeit  fortgebraucben  und  obige  Diät  und 
BL^^imen  beobachte o*  Der  nächste  Apfall  ward 
hierauf  schon  geringer,  der  zweite,  noch  schwä- 
cher»  und  der  dritte  blieb  gänzlich  aus^  obne 
dafa  ein  Recidir  gefolgt  wäre.  —  Zur  Nachkur 
verordnete  ich  die  Tinct.  Ghinae  composita  kaf- 
Feelofielweise  zu  nehmen. 


m^ 


—     78     — 


IV. 

Fortgesetzte  Erfalirongen 

ü  b  «  r 

die    Epilepsie 

and 

die  grobe  Kraft  des  Zinks  zur  HeÜang  derselben. 


durch 


mehrere  Fälle  glücklicher  Heflung  dieses  Uebds 

dargestellt, 


▼  on 


Dfi    Siedler 

zn  SchSnebeck* 


(Fortsetzung«    S«  dieses  Jonmal  Bd«  LXXYIII.  St.  5. 8. 3.) 


12- 

j&.ndreaB  K.,  Schiffer ,  19|  Jahre  alt^  grobair 
Figur»  dankelbraanen  Haaren^  gemischten  Tem- 

SeramentSy  an  den  Masern  im  6ten  und  am 
charlachfieber  im  lOten  Jahre  bedeutend  krank, 
mit  Erfolg  vaccioirt,  war  als  Kind  sehr  ner* 
▼enschwach^  bekam,  wie  die  Mutter  bebaaptat^ 
leicht  Ohnmächten  und  Krämpfe^  und  soll  an 
letzteren  einmal  22  Wochen  gelitten  haben. 
Vor    ungefähr    anderthalb    Jahren    bemerkten 


~    79     ^ 

»eine   Eltero^zor  Nachtzeit  die  ersten  epilepti- 
schen  Anfälle,   die   eich   dann  auch  »ehr  bald 
iKuweilen  am  Tage  zeigten»     Dabei  verrichtete 
Patient,   weil  er  aaf  seines  Vaters  Kahne  fuhr 
itnd    immer  beobachtet   werden  konnte,    seine 
A.rbeit  ungestört^  bis  er  endlich  am  8.  Novemt^ 
ber  1833  itt  der  Nacht  \on  einem  so  heftigen 
Unfall  ergriffen  wnrde,  dafs  sein  Vater  giaubtei 
er  "^vUrde  sofort  sterben.   Diesem  folgten  am  0. 
und  in  der  Nacht  auf  den  10«  noch  sieben  eben 
Ho  starke  epileptische  Anfälle,    so   dafs  Patient 
in    dieser  Zeit   gar  nicht   zur  Besinnung    kam 
und  mehrere  Tage  nachher  nicht  arbeiten  konnte. 
Da  er  sich  auf  der  Reise  befand   und   zur  Zeit 
dieser  Anfälle  kein  Arzt  in   der  Nähe  wlEir^  so 
muf&te  er  sich  auf  den  Gebrauch  yon  Chamil-* 
lenthee  beschränken.     Am  20.  November  kam 
er    hier   an  und  yrurde  mir  sofort  in  die  Be^ 
handlung  durch  seine   Mutter   übergeben;    die 
noch    berichtete,    dafs  er  seit    dem   10.  zwar 
nichts  Yon  epileptischen  Zufällen  gehabt,  wohl 
aber   zuweilen    über  Schwindel    geklagt    habe. 
Ich    fand  den    epileptischen  Blick   ToUkommen 
ausf^ebildet,  den  Puls  klein  und  träge,  die  Zunge 
nach  hinten  wenig  belegt,  den  Körper  wohl  ge* 
nährt   und   die   Gesichtsfarbe  munter.      Patient 
klagte  über  Mangel  an  Appetit,  Drücken  in  der 
Nabelgegend  und  hatte  in  den  letzten  10  Tagen 
nur  4  Mal  Stuhlgang  gehabt.     Ich   verordnete: 
Rec.  Magnesiae  sulphur.  unciam,  solve  in  Aquae 
Blenthae  piperitae  unciis  tribus,  admisce :  Tinc- 
turae    ämarae,     Syrupi    corticum    Aurantiorum 
aoa   UDciam   dimidiam«     D.   S.   Omni  bihorio 
cochlear. 

In    der   Nacht    auf  den  21.  ^hatte  Patient 
einen   epileptischen   Anfall;   aber  Xtoiz  diesem 


II 


—     80     -.. 

erlanb^e  ilim  sein  Vater  erst  am  QS»,  nachdflm  Ij 
sein  Schiff  Ton  der  Ladung  geleert  und  gegM  Ig; 
Morgen  dieses  Tages  ein  neuer  epileptisch«  L 
Anfall  eingetreten  war,  yon  der  obigen  Medino  Ij 
Gebrauch  zu  machen*  Diese  bewirkte  Hat 
Darmausleerungen  und  Verschwinden  deeDmt 
kes  in  der  Nabelgegend.  V  .  |i 

Am  27«  klagte  Patient  nber  krampfhafte  Zn- 
sammenschniirung  .der  Brust,  Mangel  an*  Schlaf 
und  periodische  Zuckungen  in  den  Muskeln  dsif 
rechten  Armes«  Ich  verordnete:  Kec.  Ziaci 
oxydati  grana  sex,  Extracti  Hjoseyami  graDom, 
Pulyeris  Badicis  Paeoniae  grana  decemi  H. 
Dispens,  tales  doses  Nr.  duodeciaii  D.S*  UsM 
et  vespere  pulvis. 

Den  4.  December  berichtete  der  ELranks^ 
dafs  noch  kein  epileptischer  Anfall  wieder  da 
gewesen  sey  und  die  übrigen  Krampfbeachw«^ 
den  sich  seltener  und  schwächer  einstelllaai 
Er  bekam  eine  Stunde  nach  jedem  PnlFer  tTebet 
keiten^  aber  zum  Erbrechen  kam  es  nicht  Dil 
Gabe  des  Zinks  wurde  um  2  Gran  erhöht* 

Am  10.  berichtete  Patient^  dab  er  gar  kons 
Zuckungen  gehabt  und  nur  ganz  geringe  üebel- 
keiten  auf  die  Pulver  bemerkt  habe.  Er  be- 
kommt :  Rec.  Zinci  oxydati  grana  decem.  Ex- 
tracti  Hyoscyam«  grannm,  Pulveris  RadicitPaMK 
mae  grana   sedecim,  BI.   Dispens*   taies  doeii 

Vr«  duodecim^  D.  S,  Slorgeos  und  Abesdsen 

Pulver. 

Den  17.  erschien  die  Mutter  des  Kranial 
und  zeigte  an,  dafs  ibr  Sohn  am  13.,  hlonisdie 
Krämpfe  in  dem  rechten  Vorderarme  und  dar 
Hand,  aber  keine  Uebelkeiten  gehabt  habe^  sich 
auch  sonst  stets  wohl  fühle.    Er  nimmt:  Bau 


—     81     —      • 

Ziöd  azjdaä  grasa  doodadm,  Bxincli  Bjoft« 
cTami  granmn»  Polrais  Radids  PaeoDiae  tcnK 

Ealam,  M.  Dispant.  lales  dotes  Nr,  dvodadiiii 
K  S.  Morgens  und  Abends  ein  Pidrer. 

Am  25.  fand  sich  id  wieder  ein  und  be» 
ricbtete,  dals  er  am  20.  Abends  switchen  (^ 
und  7  Uhr  wiederholt  Zncknogen  in  der  ledw 
ten  Schulter  gehabt  habe^  aber  sonst  sich  gaw 
wohl  befinde.  Er  bekommt  Morgens  and  Abends 
15  Gran  Zink  mit  den  Zusätzen  yom  17. 

Da  sich  hierauf  bis  zum  2«  Januar  1834 
auch  nicbt  die  geringste  Spur  Ton  Krämpfen 
hei  dem  Patienten  eioie;e8tellt'9  dieser  viehnehr, 
trotz  der  ungünstigen  Jahreszeit,  schon  mehrere 
Tage  im  Freien  bei  dem,  eine  gute  halbe 
Stunde  Yon  hier  gelegenen  und  durch  den 
Sturm  am  18.  t.  M.  eingestürzten  Gradirwerke 
sa  Elmen  gearbeitet  hatte  und  nur  am  Morgen 
und  Abend  warme  Getränke  und  Speisen  in 
sich  nehmen  konntCi  so  liels  ich  nur  )edett 
Abend  1  Ton  den  erneuerten,  obigen  Pulvern 
nehmen/ 

Am  16«'  Januar«  K^  spurte  nichts  Ton  sei- 
nem epileptischen  Leiden  und  erfreut  sich  einer 
Tollkommenen  Gesundheit,  Er  nimmt  atle  i 
Abende  ein  Pulver  nach  der  Formel  tom  2« 
Januar* 

Den  10.  Februar  erschien  K,  mit  blühen- 
der Gesichtsfarbe  und  erklärte,  dafs  er  sich  ganz 
wohl  fühle  und  auch  schon  Tor  10  Tagen  das 
sogenannte  Fastoachtsfest,  welches  die  Schiflisr 
ia*  der  Regel  f  wegen  der  frühzeitigen  Abreise 
mancher  Kameraden,  schon  Ausgangs  Januar 
feiern,  und  wobei  sie  gew5hnlicb  zwei  Tage 
ud  Nächte  in  jeder  Alt  fegen  dU  Cw— üfciH 
Jem.I«XXXnr.&I.9fc  t 


—     82     — 

•iiiicljgeti^  mitgemacht  habe*  Ich  fand  weiter 
nichts  an  ihm,  als  den  epileptischen  Blick  noch 
nicht  ganz  yerschwunden «  yerordnete  i  daher 
noch  6  Stück  der  letzteren  Pulyer  und  lieüs  alle 
4  Abende  eins  davon  nehmen» 

Im  Sommer  1834  war  K.,  in  Folge  der 
anhaltenden  grofsen  Hitze  und  ungewöhnlichen  '. 
Anstrengung  bei  der  Schiffahrt  i  wiederholt  an 
einem  leichten  nervösen  Fieber  krank,  wobei 
sich  zwar  leise  Zuckungen  in  den  Extremitä- 
ten zeigten^  aber  seine  epileptischen  Leiden  tra- 
ten nicht  wieder  ein,  ' 

Im  Monat  Februar  1835  bekaüi  JT.  die 
Varioloiden  in  einem  bedeutenden  Grade,  die 
zwar  mit  epileptischen  Krämpfen  eintraten, 
dann  aber  ohne  dergleichen  regelmäfsig  Yerlie- 
fen  und  keine  antiepileptischen  Büttel  erfor- 
derten. 

Seit  einem  Jahre  istÄ.  Soldat  und  bat  nie 
wieder  die  geringste  Spur  von  Epilepsie  bemerkt» 


13. 

Der  12}jähTige  Sohn  des  Victualienhand- 
lers  Christian  L.  in  Salze  ^  Ton  kräftiger  Kor- 
per-Constitution,  wurde  mit  Erfolg  raccinirt 
und  überstand  die  Kinderkrankheiten  leicht,  litt 
seit  seiner  zarten  Kindheit  häufig  an  Nasen- 
bluten, welches  aber  seit  obngefahr  einem  Jahre 
nicht  mehr  eintrat.  Etwa  10  Tage  nach  dem 
letzten ,  ziemlich  bedeutenden  Nasenbluten  be- 
kaln  er  Abends  gegen  8  Uhr  den  ersten  epi- 
leptischen Anfall  und  hat  seit  dieser  Zeit  noch 
fünf  starke  Anfalle^  hiervon  dep  letzten  em  g«» 


_     83     — 

sh*igen  Vormittage  am  11  Uhr  and  den  Yor* 
letzten  vor  14  Tagen  zu  derselben  Stande  gehabt« 

Die  Eltern  dee  Kranken  hatten  schon  meh« 
rere  Haasmittel  versucht  and  auch  wiederholt 
Blutegel  an  die  Stirn  und  Nase  appUcirt^  aber 
ohne  Erfolg« 

Ich  fand,  als  mir  der  Kranke  am  21.  Rb- 
Tember  1833  in  ärztliche  Behandlung  überge;- 
ben  wurde,  deo  epileptischen  Blick  yollkommen 
ausgebildet,  die  Pupille  bedeutend  erweitert/  die 
Zunge  belegt  und  einen  kleinen  unterdruckten 
Puls*  Verordnet  wurde  ein  Brechmittel  aus 
Brechweinstein  und  Ipecacuanha* 

Am  23.  November.  Patient  berichtet,  dafs 
er  gestern  in  6  Blalen  eine  Masse  zähen  Schleims 
und  Galle  ausgebrochen  habe  und  sich  nun  ganz 
'Wohl  fühle.  Die  Zunge  fand  ich  rein  und  den 
Puls  normal.  Er  nimmt  jeden  Abend  ein  hal- 
bes Quentchen  Rad.  Artemisiae  vulgär*  mit  war« 
tnem  Biere. 

Den  2.  December  ^berichtete  £#•>' dafs  er 
nach  jedem  Pulver  etwas  Schweifs  und  noch 
keinen  epileptischen  Anfall  wieder  gehabt  habe» 
Die  Gabe  der  Artemisia  vulgaris  wird  auf  zwei 
Skrupel  erhöht. 

Hierauf  erfolgte  kein  Schweifs  i  and  oacli« 
dem  Patient  dieses,  schon  in  mehreren  Fällen 
mit  sehr  gutem  Erfolge  von  mir  angewendete 
antiepiieptische  Mittel  bis  zum  16.  December 
pünktlich  fortgebraucht  hatte^  trat  in  der  Nacht 
auf  den  17.  ein  starker  epileptischer  Anfall  ein^ 
dem  grobe  Unruhe  eine  halbe  Stunde  vorher- 
gingi  wobei  die  Mutter  des  Kranken  bemerkte, 
dafa  die  Krämpfe  in  den  Füüsen  anfingen.|  aieh 
trat  nach  einer  Minute  über  den  gauMii  KSff» 

F2 


•^     84     —     ' 

per  TerBreiteteb  und  dann  GefKhl  ond  BewnbU 
seyn  aufborte.  Patient  erhielt:  Rec.  Zinci  0x7- 
dati  grana  tria,  Extracti  Hyoscyami  granom  di- 
midiamy  Pulreris  Radidt  Paeoniae  grana  odo^ 
M.  Dispens*  tales  doses  Nr.  octo«  D.  S.  Mim 
et  Tespere  pulvis. 

Am  21.  la.  blieb  bis  dahin  gaas  frei  tw 
seinen  Beschwerden,  Terspurte  nur  etwas  üebel* 
keilen  nach  den  Pulvern  und  bekommt  ditM 
nun  mit  "vier  Gran  Zinkblumen  und  sehn  Gm 
PäonienTTurzel.  Den  24*  wurden  dieae  repeliit 

Den  29.  klagte  Patient  fibet  periodisdw 
Kopfschmerzen  in  der  Stirngegend,  die  sichseft 
swei  Tagen,  TorzSglich  Nachmittags,  einsfellteiii 
und  am  Morgen  zeigten  sich  Udbelkeiten  oach 
den  Pulverii,  aber  sonst  fdhlte  er  aich  giac 
wohl  und  frei  von  epileptischen  Anfallen.  Er 
bekommt:  Rec.  Zinci  oxydati  grana  quinqae, 
Extracti  Hyoscyami  granum  dimidium,  Folvs- 
ris  Radicis  Paeoniae  grana  decem,  M«  Dispeoii 
talea  doses  Nr.  octo*   D.  S*  Abends  ein  Palnr. 

Am  6*  Januar  1834.  Patient  hatte  gar  kei- 
nen  epileptischen    Anfall,   aber    seine    Matkr 
sfiiirte  bei  ihm  seit  einigen  Tagen  jeden  Aben^ 
so  wie  er  im  Bette  eingeschlafen  war,  Zuckno-' 
gen  in  den  Armen  und  Schenkeln,  die  sich  ent 
nach  12  Uhr  langsam  Terloren.    Uebrigens  bst- 
ten  sich  die  Kopfschmerzen  verloren,  der  Knab 
fiihlt  sich  wohl ,   und    nur  das  Auge  zeigt  dsi 
noch   nicht  gehobene  epileptische  Leiden;  is- 
inentlich  ist  die  Pupille  sehr  erweitert.    Er  bs- 
kommt   nun   wieder  Alorgens   und  Abends  ds 
Pulver  Yon  folgender  Mischung:  Hec.  Zinci  oty- 
dati  grana  sex,  Extracti  Hyosrjami  granum  di- 
midium,  Pulveris  Radicis  Paeoniae  grana  dno- 
decimi  ÖL  Dispens,  tales  doses  Nr*  daodecim.  D. 


—     85     — 

Am  14.  zetglQ  die  Mutter  des  Kranken  ao, 
däb  die  nachtlicheo  Zuckaogeo  fortdaaorten^ 
sonst  aber  vreitpr  keine  Veränderungen  einge- 
treten wären ,  als  dafs  seit  zwei  Morgen .  daa 
Palrer  eine  halbe  Stunde  nach  dem  Einnehmeii 
wieder  weggebrochen  werde  ^  wobei  sich  ihr 
Sohn  aber  ganz  wohl  fühle.  Die  letzten  Pul>- 
Ter  wurden  erneuert. 

Den  20.  berichtete  Patient,  dafs  die  Zak- 
kongen  bedeutend  nachgelassen  hätten  und  we^ 
der  Erbrechen  noch  Uebelkeiten  auf  die  Pulrer 
eingetreten  wären.  Die  Pnlyer  werden  noch- 
pials  erneuert. 

Am  27.  Die  nächtlichen  Zuckungen  haben 
noch  mehr  nachgelassen ;  da  «ie  aber  noch 
nicht  ganz  verschwunden  sind^  so  wird  die  Zink- 
gabe um  2  Gran  erhöht. 

Den  31,  zeigte  jL.  an^  dafs  die  Zuckungen 
immer  geringer  und  yon  kürzerer  Dauer  wür- 
den. Er  sieht  sehr  blühend  aus,  alle  Verrich- 
tungen seines  Körpers  geben  normal  von  Stat- 
ten und  der  epileptische  Blick  verliert  sich. 
Die  am  27.  verordneten  acht  Pulyet  werden 
erneuert. 

Den  5.  Februar  berichtete  Patient,  daftf  die 
Zuckungen  in  der  Nacht  auf  den  1.  d.  M.  von 
seinen  Eltern  kaum  bemerkt,  seit  dieser  Zeit 
aber  ganz  ausgeblieben  wären.  Patient  be- 
merkte zwar  nach  jedem  Pulver  Uebelkeiten^ 
aber  sonst  befindet  er  sich  wohl.  Er  bekommt: 
Reo.  Zinci  oxydati  grana  octo,  Extracti  Hyo- 
scyami  granum  dimidiura,  Pulveris  Radicis  Paeo- 
Diae  grana  decem^M.  Dispens,  tales'doses  Nr.octo. 
D.  S.  Abends  ein  Pulver. 


—    86     —    ' 

Am  14.  berichtete  Patient,  da  Fe  eeine  Mb 
ßafmerkBame  Mutter  in  den  ereten  Näcbteo  nach 
seinem  letzten  Hierseyn  wieder  leise  Zockas- 
§^n,  aber  seit  dieser  Zeit  keine  weiter  bemsikt 
Jbätte*  Er  nimmt  nur  alle  2  Abende  ein.Fri- 
▼er  nach  der  Formel  vom  5*  d«  M« 

Vom  3«  März  an  nahm  L«,  da  sich  nA 
nicht  die  geringste  Spur  ron  Krämpfen  cdgli 
und  auch  der  epileptische  Blick  beinahe  gSBi 
Terschwunden  war,  nnr  alle  rier  Abdnde  w 
Pulyer  nach  der  letzten  Verordnung, 

Am  3.  April  wurde  L/  aus  cter  Kur  .«oU 
lassen  und  ihm  statt  der  Bezahlung  die  ▼«• 
pflichtung  aufgelegt^  sich  mindestens  alle  Yic^ 
teljahre  bei  mir  persönlich  zu  melden  und  üb« 
sein  ferneres  Befinden  genaue  Nacbricbt  n 
geben« 

Diesem  kam  er  pünktlich  nach  and  sds 
Gesundheitszustand  liefs  zehn  Monate  lang  iiiclili 
zu  wünschen  übrig.  Allein  am  4.  Februar  1835 
erschien  L.'s  Schwester  und  zeigte  an,  dais  ikr 
Bruder  in  Terwichener  r^acht  —  um  12  oad 
um  4  Uhr  — -  zwei  starke  epileptische  AnfiDib 
wahrscheinlich  5n  Folge  einer  bedeutenden  E^ 
kältuDg,  gehabt  habe.  Da  Patient,  welchen  ich 
gegen  Mittag  noch  im  Bette  und   äafserst  ss- 

fegriffen  fand,  über  Uebelkeiten  klagte  und  db 
runge  stark  belegt  war,  so  verordnete  ich  A 
Brechmittel^  nach  welchem  L.  eine  Masse  Schlcini 
und  Galle  ausbrach* 

Am  7«  Februar  kam  der  Kranke  wisdir 
selbst  zu  mir  und  berichtete,  dafs  er  sich  s^ 
gestern  ganz  wohl  fühle  und  weder  Zacknngss, 
noch  einen  epileptischen  Anfall  bemerkt  habe. 
Er  bekommt  aber  dennoch  ^  Rec^  Zinci  ozydstit 


-     87     - 

Pulverlt  Radlcls  PaeoDiaet  Folioram  Aurantii 
ana  grana  quiuqae,  Extracti  Hyoscyami  graoum 
dimidium,  Jtl«  DiApens.  tales  doiei  Nr»  octo« 
J).  S.  Abends  ein  Pulver* 

Den  11,  Der  Kranke  batte  io  der  rergan« 
genen  Nacht  —  abermals  um  12  und  4Uhr-^ 
swei  epileptische  Anfälle.  £r  nimmt  täglich 
drei  Stück  von  den.  am  7*  yerordneten  Pnlrero^ 
die,  "wenn  sie  rerbrajiicbt  sind,  erneuert  werden« 

■ 

Am  18.  erschien  Patient  mit  seiner  Mutter; 
letztere  erzählte ,  dafs  am  11.^  dem  Tage,  wo 
Lt,  am  Morgen  bei  mir  gewesen  war,  fünf  epi« 
leptische  Anfälle  eingetreten  wären,  ein  Anfall 
war  immer  in  den  andern  übergegangen  >  so 
dafs  ihr  Sohn  erst  am  andern  Morgen  zur  Be- 
sinnung gekommen  sey.  Nachher  habe  er  meh« 
rere  Tage  laof;  über  Flimmern  vor  den  Augen 
qnd  grofse  Blödigkeit  derselben  geklagt;  dabei 
war  sein  Gesicht  aulTallend  blafs'und  das  Auge 
sehr  matt«  Jetzt  ist  von  diesem  nur  noch  der, 
minder  stark  ausgebildete  epileptische  Blick 
sichtbar.  Der  Kranke  fiihlt  sich  wohl  und  bat 
dringend,  ihn  Ton  heute  an'  täglich  nur  zwei 
Pulver  nehmen  zu  lassen.  Diesemnach  yerord- 
jpete  ich:  llec.  Zinci  oxydciti  grana  sex,  PoWe« 
ris  Kadicis  Paeoniae,  Folioruia  Aurantii  ana 
grana  Septem^  Extracti  Hyoscyami  granum  se-< 
iiils,  M.  Oispeos.  tales  doses  Nr.  duodocim.  D. 
S.  Mane  et  yespere  pulris. 

« 

Den  28.  erschien  L,  wieder  und  berich- 
tete, dafs  er  zwar  noch  keinen  epileptischen 
Aufall  wieder,  wohl  aber  in  jeder  Nacht  bedeu- 
tende Zuckungen  in  deu  Ober-  und  Unter-Ex- 
tremitäten gehabt  habe ,  sich  sonst  wohl  fühle 
und   Ton  den  zuletzt  verordnelen  Pulvern  die 


^    88     — 

Hälfle  Yor  4  Tagen  babe  enieueni  lassen.  Er 
bekommt:  Rec.  Zinci  oxydati  grana  octo.  Ex* 
tracti  Hyoicjami  granam,  Polyeris  Radids  Paeo« 
iiiae,  Foliorum  Aurantii  aoa  grana  decem,  H. 
I)ispeDt.  tales  doses  Nr.  daodecim»  D.  S,  Mob» 
gßüB  und  Abends  ein  Palyer. 

Am  6«  jUärz.  Die  nächtlichen  Zacknngen 
vermiodern  sich  an  Stärke  nnd  Dauer  ^  Patient 
iShlt  sich  übrigens  wohl  und  die  letzten  PoItw 
TFerden  erneuert. 

Den  13.  hatten  sich  die  Zuckungen  so  be^ 
deutend  vermindert,  dafs  sie  in  mancher  Nacbt 
kaum  zu  spüren  waren.  Patient  nimmt  nor 
jeden  Abena  ein  Pulyer  nach  der  abermals  er?* 
säuerten  letzten  Verordnung. 

Slit  dem  17.  borten  die  Zuckungen  gans 
nur,  und  der  epileptische  BHck  verschwand  mit 
Jedem  Tage  mehr;  ich  liefs  daher  den  L»  vom 
20.  Olärz  an  nur  alle  zwei,  und  rom  2*  bis  zum 
18»  April  alle  vier  Abende  ein  Pulver  nach  dev 
Verordnung  vom  28.  Februar  nehmen  und  ent« 
liefs  dann  denselben  als  geheilt  ans  der  Be» 
bandlung. 

Seit  dieser  Zeit  sind  nun  über  anderthalb 
Jahre  verflossen^  L,  erfreut  sich  eiuer  vollkom- 
menen Gesundheit  und  hat  nie  wieder,  die  ge» 
ringste  Spur  seiner  Krampfleiden  bemerkt. 


14. 

Die  Tochter  eines  armen ,  kränklichen  Ta- 

Ihnertfe  Dorothea  T.,16|  Jahre  alt^  vor  drei 

Vito0  lUiile  menstruirt^  briinet^ 


—      80    ^ 

TOD  8eTir  8cbtiR8chI!cbem  Körperbau,  bleicbexn, 
aufgedunsenem  Gesiebt  mit  matten  |  kummer« 
Tollen  Augen,  deren  Blick  nicht  nur  das  ept- 
>  leptiscbe  Leiden  deutlicb  zeigt,  sondern  drin« 
gender  um  Hilfe  als  ihre  Worte  bittet,  war  mit' 
Erfolg  Taccinirt  worden ;  ihre  Mutter  weifs  nicht 
genau,  ob  die  Leidende  sonstige  Kinderkrant- 
beiten  gehabt  bat,  berichtet  aber,  dafs  Fat,  ^eit 
ihrer  zarten  Kindheit  an  krampfhaften  Be-* 
seh  werden  verschiedener  Art  gelitten  hat,  diö 
jmehr  und  mehr  zunahmen,  bis  sie  endlich  yoc 
etwa  einem  halben  Jahre  in  formliche  Epilep-^ 
sie  übergingen« 

Am  8.  Januar  1834,  Morgens  gegen  ^  Uhr; 
trat  ein  so  bedeutender  epileptischer  Anfall  ein, 
dafs  die  Mutter  fürchtete,  ihre  Tochter  in  dem-^ 
selben  zu  rerlieren,  und  endlich  um  8  Uhr 
jnelne  arztliche  Hilfe  verlangte.  — Ich  fand  die 
Leidende  im  Bette  in  einem  bewufstlosen  Zu* 
Stande,  mit  bleichem  Gesicht,  Schaum  vor  dem 
Munde,  fest  yerschlossenen  Augen,  kleinem, 
krampfhaftem  und  langsamem  Pulse,  kurzer, 
schwerer  Respiration,  zwar  ohne  klonische, 
aber  noch  nicht  frei  von  tonischen  Krämpfen* 
Erst  gegen  Mittag  kam  sie  so  weit  wieder  zub 
Besinnung,  dafs  sie  nur  die  stark  belegte  Zunge 
Beigen  und  dann  Yon  folgender  Mixtur  einneh- 
men konnte:  Rec.  Magnesiae  sülphuricae  un- 
ciam,  solye '  in  Infusi  Florum  Chamomillae  ex 
Qocia  parati  unciis  tribus ,  admisce :  Tincturae 
amarae,  Syrupi  simplicis  ana  unciam  dimidiam» 
D«  S.  Alle  drei  Stunden  einen  £fslöiFel  yoU  zu 
nehmen«  • 

Am  10.  Patientin  hatte  hierauf  7  bis  8 
bmartige  Darmausleerungen  ;  keine  Krämpfe 
«nd^   anlseir   dem   Gefühle   grofs^i    Schwache^ 


—     ÖO     — 

keine  Klagen*  Ich  verordnete  eine  nabrluili 
Diät ,  starken  ChamilleDthoe  and  folgende  Pnl- 
.yer:  Rec*  Zinci  oxydati  graqa  tria,  Eztnrf 
Hyosc}  ami  grantua  dimidiam ,  Pulrerii  fiadkii 
Paeoniae  grana  decem^  M.  Dispens,  tales  doM 
Nr.  octO|  D.  S»  Mane  et  yespere  pulvist 

Den  12.  meldete  die  Kranke^  daCi  ihe 
grofse  Mattigkeit  noch  nicht  abgenommen  «W 
^ie  nach  jedem  Pulrer  Uebelkeiten  gehabt  ImImi 

Am  14«  berichtete  sie,  dafs  tich  am  geifai- 
gen  Mittage  zwar  bedeutende  krampfhafte  Be* 
-weguDgeu  im  Unterleibe  gezeigt  hätten;  skl 
ein  von  ihr  befürchteter  Anfall  nicht  eingetnta 
sey.  Heute  fühlt  sie  sich  wieder  ganz  wohl 
und  erhält:  Rec.  Zinci  oxydati  grana  qaatoor, 
Extracti  Hyoscyami  granum  semis^  PulTerisBft- 
dicis  Paeoniae  grana  decem^  M.  Dispenst  taki 
düses  Nr.  octo,  D.  S.  Morgens  und  Abendi  (M 
Pulver. 

Den  18«  hatte  Patientin  'weiter  nicfati  n 
erinnern,  als  dafs- sie  nach  dem  Polrer  UeM* 
keiten  verspürt  habe»  Die  Verordnnng  vot 
14.  wurde  dahin  erneuert^  dals  nie  12  Stück 
Pulver  erhielt. 

Am  24.  erschien  dieSLranke  mit  derBol- 
Duog  baldiger  Genesung  in  ihrem  Gesichte«  Dia 
bleiche  Gesichtsfarbe  schwindet«  alle  kSrpsili' 
eben  Verrichtungen  gehen  normal  von  Staltei 
,  vnd  auf  die  Pulver  bekam  sie  nar  laweiki 
schnell  vorübergehende  Uebelkeiten*  Die  ktsit 
Verordnung  wird .  erneuert  und  Morgens  huI 
Abends  starker  Chamülenthee  fortgetrunkeo« 

Vom  30.  bekam  die  Kranke  Mdrgene  ui 
Abends  fünf  Gran  Zinkblomen. 


—   Ol    -. 

Deo  3.  Pebraar  erzahlte  Patlentia,  iat$  ^le 
gestern  Mittag  gegen  1^  Uhr  das  Herannahea 
eines  Anfalles  Terspiirt,  sich  aber  bemäht  habe, 
diesen,  wie  sie  sich  eusdriicktei  zu  Terlaufen^ 
dafs  er  sie  gleich wohr übermannt,  and  dafs  sie 
auf  der  Hausflur,  wo  sie  sich^  doch  ohne  eft 
eich  nachher  zu  erinnern  ,  niedergesetzt, 
schwache  Zuckungen  bekommen^  habe«  Wäh- 
rend dieser  wurde  sie  Ton  ihren  Angehörigen 
sofort  in  die  Stube  getragen  und  auf  ein  Bett 
gelegt«  Nach  einigen  Sekunden  waren  dieZnk- 
kungen  yerschwunden ,  das  Bewufstseyn  toII- 
kommen  zurückgekehrt,  nnd  die  Kranke  fühlte 
sich  nicht  nur   nicht  angegriffen,    sondern   fing 

fleich  an   zu    arbeiten    und  verlangte  zu  essen« 
>ie  nimmt  yon  den  am  30.  t.  M.   Terordneteo 
Pulvern  täglich  drei  Stück« 

Am  5.  meldete  die  Kranke^  dafs  sie  gestern 
Abend  am  5  Uhr  krampfhaftes  Ziehen  im  Un- 
terleibe vier  Minuten  lang  bemerkt,  welches 
eich  heute  Morgen  zwischen  7  und  8  Uhr  auf 
sehr  kurze  Zeit  wiederholt  habe.  Die  Puher 
werden  in  der  obigen  Art  .fortgebraucht  and 
ieifsig  starker  Chamillenthee  getrunken» 

Den  11.  Patientin  bemerkte  in  den  lets- 
len  sechs  Tagen  nichts .  von  Krämpfen«  Die 
Pulver  wurden  unverändert  fortgetiommen«  Am 
Uittage  dieses  Tages  trat  ihre  Regel  ohne  die 
geringste  Spur  von  Krämpfen  ein  und  dauerte 
bis  zum  14«  y  wobei  sie  sich  ganz  wohl  fühlte 
und  auch  nicht  die  geringste  Uebelkeit  oder  ein 
sonstiges  Unwohlseyn  nach  den  wahrend  der 
Menstruation  -pünktlich  gebrauchten  Pulvern  be- 
merkte; allein  schon  einige  iStunden  nach  dem 
Aulhören  derselben,  Mittags  gegen  12  Uhr,  trat 
ein   epileptischer  Anfall  ein.     Dieser  kündigte 


B 


I 


—     92     — 

sieb  einige  Minuten  vorher  durch  Schwindel, 
Angst  und  leise  Zuckungen  in  den  ExlrenailäteB 
an,  80  dafft  sie  sich  uiedersetzen  und  ihren  Koi^  1  r 
per  in  Sicherheit  briogeo  konnte.  Das  Stadiom  1  j 
conyuIsiTum  dauerte  5  bis  6  Olinnten^  das  St 
Boporosum  bis  3  Uhr  Nachmittags ,  und  aa 
Abend  klagte  die  Kranke  noch  über  grobe 
Zerschlagenheit  der  Glieder  und  Kopf8chme^ 
zen«  Sie  bekommt:  Rec«  Zinci  oxydali  graoa 
octo,  Extracti  Hyoscyami  granum,  PulyerisRa- 
dicis  Paeouiae  grana  duodecim,  SI.  Dispens,  ta- 
les  doses  Nr.  duodecim,  D.  S.  Morgens  nol 
Abends  ein  Pulver. 

Am  22.  Morgens  gegen  8  Uhr  meldete  Pa- 
tientin, dafs  heute  Morgen  nach  5  Uhr  ein  epi- 
leptischer   Anfall   erschienen    sey,    dessen  Sta- 
dium   convulsivum     vier    Slinuten     angebalte0| 
doch  ohne  dafs  ein  Stadium  sopörosum  erfolgt 
sey.    Als  muthmafsliche  Ursache  dieses  Anfalb 
ist   Erkältung    anzunehmen;    die  Kranke  batte 
nämlich   ihren  einzigen  wollenen  Unterrock  as 
ihre   Schwester,    welche   gestern   einen   Dienst 
als   Kindermädchen   antrat,    abtreten     und  seil 
dieser  Zeit,   bei  der  jetzigen  kalten  Witterunf, 
in  einem   dünnen  Kattunkleide    gehen    miisieo. 
Patientin  erhält :    Rec.   Zinci  oxydati  grana  de- 
cem,  Extracti  Hyoscyami  granum,  Pulreris  Ba- 
dicis  Paeoniae    grana    quindecim,    M.    DispeDi. 
tales  doses  Nr.   duodecim^  D.   S«   Ter  in  dis 
pulTis. 

Den  27.  Februar  und  5.  Mä'rz  berichtete 
die  Kranke,  dafs  sie  keine  Spur  von  ihrem 
Krainpfleiden  bemerkt  habe  und  sich  ganz  wohl 
fühle.  Die  zuletzt  verordneten  Pulver  wurden 
beide  Blale  erneuert  und  Abends  und  Morgens 
genoumien« 


--     93     -P 

Am  14.  Mans  meldete  Patientio,  daft  sie 
einen  epileptischeD  Anfall,  wohl  aber  ihre 
lenstruatlon  Tom  9»  bis  13.  gehabt  habe  und 
ich  TollkommeD  wohl  fühle.  Sie  nimmt  dqd 
eden  Abeod  ein  Pulyer  nach  der  letxten  Yer« 
»rdnuog» 

f  a 

Patientin  blieb  nun  frei  Ton  Jedem  korper- 
lidben  Leiden  und  ihre  Menstruation  stellte  sich 
pünktlich  alle  Tier  Wochen  ein.  Die  Pulyer 
Vf  nrden  am  27.  März  und  23.  April  erneuert, 
and  Ton  jenem  Tage  alle  zwei  und  Ton  diesem 
alle  Tier  Abende  ein  Stück  genommen. 

Am  25«  Mai  1835  wurde  Dorothea  T.  aus 
der  Kur  als  geheilt  entlassen  und  hat  nie  wie* 
der  etwas  Tonibrem  epileptischen  Uebel  bemerkt. 


15. 

Johanne  M,^  20  Jahre  alt,  Tochter  eines 
Schiffs  -  Steuermanns  in  Barby,  Ton  gesundem 
Aeulsern,  kleiner  Figur,  braunen  Haaren  und 
mit  einem  ausgebildeten  epileptischen  Blicke, 
deren  Eltern  nie  an  Krämpfen  gelitten  haben, 
'  seit  ihrem  16ten  Jahre  und  bis  jetzt  regelmäfsisr 
aber  schwach  menstruirt|  leidet  seit  anderthalo 
Jahren  an  Epilepsie, 

Diese  trat  die  beiden  ersten  Male  mit  einer 
Zwischenzeit  Ton  zwei  Monaten  ein;  aber  dem 
2ten  Anfalle  folgte  schon  nach  4  Tagen  der  3te 
und  diesem  nach  2  Tagen  .der  4te  Anfall«  Nun 
trat  wieder  eine  Pause  Ton  2  Monaten  ein, 
worauf  in  einer  Woche  3  Anfälle  folgten ,  und 
seit  dieser  Zeit,  ohngefähr  einem  Jat>re^  gebt 


-     Ö4     - 

selten  eine  Wocbe  ohne  Anfall  TorSber,  and 
nicht  selten  tritt  drei  bis  vier  Tage  hinter  ein- 
ander jeden  Morgen  ein  solcher  ein*  Die  An- 
falle erscheinen  entweder  gleich  beim  Erwachen^ 
oder  während  des  Aafstebens  aus  dem  Bette. 

Sie  kam  heute,  den  21.  October  1834|  in 
meine  ärztliche  Behandlung,  nnd  da  ich,  anfser 
dem  obigen  Leiden,  alle  Verrichtungen  normal 
nnd  besonders  die  ersten  Wege  rein,  die  Assi- 
milation gut  fand,  so  verordnete  ich  gleich: 
Rec.  Zinci  oxydati  grana  quinque,  Extracti 
Hyoscyami  granum,  Polveris  fiadicis  Paeoniae, 
Foliorum  Aurantii  aoa  grana  sex,  M.  Dispens« 
tales  doses  Nr«  duodecimi  D.  S*  Mane  et  yes-* 
pere  pulrii. 

Am  26.  October  berichtete  die  Mutter  yon 
der  Leidenden,  dafs  diese  den  22*  Morgens  öj 
Uhr  eine  kleine  epileptische  Anwandlung  gehabt 
habe,  dafs  sich ,  während  sie  Bewufstseyn  und 
Empfindung  behielt,  unbedeutende  Zuckungen 
in  den  Extremitäten  eingestellt  und  daCs  Fat. 
Eber  Schwindel  geklagt  habe.  Nach  dem  2ten 
der  obigen  Pulyer  erfolgte  Erbrechen  und  auf 
die  übrigen  nur  unbedeutende  Uebelkeit.  ^Sie 
bekommt  einen  Gran  Zink  in  jeder  Gabe  mehr. 

'  Den  2.  November  meldete  die  Mutter  gans 
freudig,  dafs  sich  ihre  Tochter  ganz  yrohl  be- 
finde und  in  den  letzten  11  Tagen  nicht  die 
leiseste  Spur  von  ihrem  epileptischen  Leiden 
und  auch  keine  (Jebelkeiten  naeh  dem  Pulver 
wieder  bemerkt  habe.  Sie  bekommt  in  einem 
jeden  der  heute  verordneten  vierzehn  Pulver  7 
Gran  Zinkblumen  mit  den  obigen  Zusäteen* 

Am  9.  brachte  die  Mutter  dieselbe  freudige 
Nachricht,     Johanne  M.  nimmt  jeden  Molken 


-^     95     — 


eioe  halbe  Stunde  vor  dem  Aufstehen  8  Gran 
Zink  mit  den  früheren  Beimischungen^ 

Vom  16.  bekam  die  M.,  da  \]ch  keine 
Krämpfe  zeigten,  nur  alle  zwei  Morgen  ein 
Pulver  der  letzteren  Verordnung. 

Mit  dem  30.  November  fing  Patientin  an, 
alle  yier  Morgen^  ein  solches  PuWer  zu  neh- 
men, wurde»  da  sich  keine  Spur  von  ihrer  Epi- 
lepsie wieder  gezeigt  hatte,  am  28.  December 
aus  der  Kur  als  geheilt  entlassen  und  ist  bis 
jetzt,  beinahe  zwei  Jahre,  stets  gesund  geblieben» 

(Fortsetzung  folgt.) 


- ' .  • 


i 


—     9G     ^ 


V. 

Geschichte 

'einer 

glacklich  geheilten  Mania  eroiiciu 

Fon 

Dr.  X  W.  Gittermanil. 


Der  Kranke  fm  rorliegenden  Falle  waf  ein 
Mann  Ton  36  Jahren^  seines  Handwerks  ein 
Zimmermann,  und  von  ganz  gesuxideB  Eltern 
geboren*  Seit  ohngefahr  13  Jahren  aber  litt 
derselbe  an  Epilepsie^  und  zwar  in  einem  nicht 
geringen  Grade,  so  dafs  wöchentlich  öfters  5 
bis  6  Anfälle  erfolgten»  TJeber  die  erste  Ver- 
anlassung zu  dieser  Epilepsie  war  nichts  wei- 
ter ausfindig  zu  machen ,  als  dafs  der  Kranke 
öfteren  GemüthsalFekten  ausgesetzt  gewesen 
war,  und  darauf  die  epileptischen  Anfalle  an- 
fänglich selten^  nachher  aber  häufiger  bekom- 
men hatte.  In  den  13  Jahren,  die  er  an  dieser 
Krankheit  litt,  war  er  sonst  von  andern  Krank- 
heiten ganz  verschont  geblieben»  Der  Korper- 
bau des  Kranken  war  schlank,  aber  hager;  der 
Hals  lang  und  die  Gesichtsfarbe  blafs;  seine 
Physiognomie  war  ganz  die,  welche  man  bei 


—     97     — 

der  babltaellen  Epilepsie  gewöhnlich  bemeilit, 
und  die  eich  leichter  wahrnehmen  und  fühlen, 
als  beschreiben  läfst  ^)  Vor  etwa  drei  Jahren 
hatte  sich  Patient  Terheirathet,  schien  aber  mit 
seiner  Fraa  nicht  in  dem  besten  Verhältnife  zu 
stehen,  nnd  mochte  nach  Aassage  der  letzteren 
TTohl  auch  «aafser  der  Ehe  der  Liebe  opfern. 
Seit  einigen  Wochen  war  der  Kranke  mehr 
ivie  gewöhnlich  still  nnd  in  «sich  gekehrt^,  hatte 
des  Nachts  wenig  geschlafen  nnd  auch  weniger 
-wie  sonst  gegesseni  da  Appetit  nnd  Verdannng 
sonst  immer  sehr  gut  gewesen  waren.  Die 
.Verwandten  des  Kranken  glaubten,  diese  Ter-* 
änderte  Stimmung  seines  Gemüths  rühre  da-» 
Ton  her ,  dafs  er  ron  einem  Bekannten  noch 
eine  Summe  Geldes  haben  müsse ,  die  er  aber 
sieht  bekommen  könne,  obschon  er  lange  dar» 
auf  gewartet  Kabe«  Er  habe  sich  dies  so  sehr 
so  Herzen  gezogen  nnd  darüber  nachgedacht, 
dafs  er  immer  mehr  in  sich  gekehrt  geworden, 
zaweilen  still  yor  sich  hin  gemurmelt .  und 
aach  mitunter  die  an  ihn  gerichteten  Fragen 
unrichtig  beantwortet  habe;  niemals  aber  sej 
er  dabei  heftig  und  böse  geworden.  In  diesein 
Zustande  blieb  der  Kranke  ron  der  Mitte  Ja* 
onars.  bis  zuni  eiiften  Februar,  an  welchem 
Tage  er  gleich  nach  dem  Mittagsessen ,  wobei 
er  aber  nur  wenig  gegessen  hatte ,  in  die  hef- 
tigste Raserei  rerfiel ,  und  sowohl  seiner  Frau, 
ala  auch  seinen  übrigen  dabei  gegenwärtigen 
Verwandten  nach  dem  Leben  trachtete,  so  dafs 
diese  mehrere  Personen  zu  Hilfe  rufen  mulsteni 


^  Das  am  meisten  Charakteristische  derselben  scheint 
in  den  Augen  und  im  Mande  za  liegen,  was  Tiel- 
leicht  die  Folge  der  heftigen  MasknlarbewegiiDg  wäh- 
lend der  epileptischea  Parojjsmsn  ist 

Jeun«L3UÜUy.B.3.St.  G 


—     98     — 

am  ihm  alle  Instramente  ood  sdmeideode  Werk- 
.  sauge  BQ  Debmen,  was  nur. mit  grohtr  Mube 
gelangt  da  der  vorher  nur  aGb^aGbe  Mensoh 
jetzt  mehreren  sonst  stärkeren  Menschen  sehr 
an  körperlichen  Kräften  überlegen  war.  Aller 
Werkzeage  beraubt,  fing  er  nun  an,  sich  die 
.  Haare  aus  dem  Kopfe  zu  raufen  und  dann  wie- 
der seine  Geschlechtstheile  zu  zerren  and  xa 
reifsen,  wobei  er  mit  der  gröfsten  YTutb  aos- 
rieft  dafs  man.  ihn  in  dieselben  mit  Nadeln 
steche  und  ihn  morden  wolle«  Die  Umstehen- 
den fiel  er  mitunter  wuthend  an«  und  bemühte 
sich,  auch  dieseq  nach  den  Gescblechtstheilen 
SU  greifen,  so  dafs  pan  sich  endlich  genSthigt 
sah|  ihn  so  zu  -  binden,  dab  er  weder  Arme 
noch  Beine  rubren  konnte.  In  dieseni  Zustande 
traf  ich  ihn  am  12.  Februar  Nachmittags  an, 
nachdem  er  seit  gestern  Mittag  anunteitiiochMi 
gerasei  hatte« 

Ich  trat  isu  ihiü  an  das  Bett,  in  welcheni 
er  mit  Stricken  gebunden  und  an  der  Maner 
befestigt  lag«    Er  beantwortete  mir  alle  an  iha 
mit  Ruhe  und  Ernst  gerichtete  Fragen  Terkebrt 
und  überliels  sich  nach  einigen  kurzen  rubigeq 
Augeoblickeo  plötzlich  wieder  den  Ausbriichfia 
der  beftigsteq   Tobsucht,    redete  unsinnig  and 
Terfiel  voo  dem  Einen  gleich  wieder  ins  Andere» 
In  allen  Beden  aber  behauptete  er^  dab   man 
ihn    in   die  Genitalien  mit  Nadeln  steche  und 
mit  Zangen  an  denselben  reifse,  wobei  er  sich 
alle  mögliche  Blühe  gab,   die  Häode  von  den 
Stricken   zu   befreien;    dies     gelang    ihm  auch 
einmal  und  er  fuhr  gleich  damit  unter  die  Bett- 
decke.    Die  Augen  rollten  bei  diesen  Anstren- 
gungen umher;    die    sonst  schwache   Sprache 
war  jetzt  heftig  und  gebietend;  der  Urii^  floia 


—     9»     — 

iiowillkurllch  ab,  oder  wenlgstent  obne  dafSi  clet 
Kranke  etwas  dayon  sagte,  und  war  Too  waa» 
serheller  Farbe;  aa^h  die  Baachmuskeln  wareo 
io  einer  ähnUcheo  Beweguogi  als  ob  Sldblgang 
erfolgen  sollte,  doch  ohne  dah  es  geschab« 
Alles,  auch  ein  sehr  ernstesZnreden  schien  auf 
den  Kranken  nicht  den  geringsten  Eindruck  sn 
machen,  wenigstens  liefs  er  sich  dadorch  io 
seinen  Reden  nicht  stören ,  die  mit  den  an  iho 
gerichteten  Fragen  in  gar  keiner  Verbindang 
standen  und  oft  sehr  lasciy  waren.  Ich  erwar* 
tete  eichen  rollen  und  harten  Pub,  fand  aber 
ganc  das  Gegentheil;  derselbe  war  nämlich,  so 
riel  ich  ihn  bei  der  heftigen  Muskglarbeweguog 
gehörig  unterscheiden  und  würdigen  konnte^ 
häufig,  dabei  klein,  schnell,  ungleich,  leicht  zu 
comprimiren,  und  iotermittirend.  Die  Halsadero 
pulsirten  nur  schwach ;  das  Gesicht  war  nach 
Aussage  der  Verwandten  nicht  röther.  wie 
sonst,  ohne  Schweifs,  und  hatte  eine  nathrlicb« 
Temperatur»  Auch  Hände  und  FiÜse  Warett^ 
mehr  kalt,  als  warm.  Das  dargereichte  Trio« 
ken  weigerte  der  Kranke  zu  sich  zu  nehmen^ 
ohne  jedoch  Abscheu  dagegen  zu  zei|ep«  Stuhl* 
gang  war  gestern  Morgen  in  gehöriger  Meugtt 
erfolgt. 

'  Ich  gestehe,  dafs  ich  anfänglich  zweifelhaft 
und  sorgenvoll  am  Bette  des  Kranken  stand, 
und  erst  nach  mehrerer  Ueberlegung  die  Dia- 
gnose der  Krankheit  zu  bestimmen  wagte. 
Nach  reifer  Wiirdigung  der  hier  gegenwärtigen 
Symptome  konnte  ich  die  Krankheit,  für  nicht« 
Anderes ,  als  einen  Anfall  von  Manie  halten, 
und  danach  meine  Knrmethode  einrichten ^  die 
auch  Yoo  dem  glücklichsten  Erfolge  war« 

02 


—    100    — 

So  oft  aach  sonst  die  Manie  eipen  fttbeni« 
sehen  Charakter  annimmt,  so  Tranig  war  dies 
doch  hier  derFalL  Die  ganze  Constitution  des 
Kranken ,  die  Temperatur,  der  Puls  und  der 
Urin  mit  noch  mehreren  anderen  Symptomen 
sprachen  deutlich  für  das  Gegentheil^  so  dafs 
ich  mich  zu  einer  schwächenden  Hellmethode 
in  diesem  Falle  nicht  entschlielsen  konnt^. 

Eine  Unthätigkelt  und  Verstopfung  in  den 
Unterleibsorganen  war  eben  so  wenig  anzuneh- 
men, so  sehr  ich  es  auch  in  Hinsicht  meiner 
Prognose  wünschte,  um  dann  durch  MuzePs 
Methode  den 'Kranken  desto  leichter  zu  heilen» 
Derselbe  hatte  sich  aber  nie  über  Beschwerden 
dieser  Art  heklagt,  und  zudem  als  Zimmer- 
mann eine  Lebensart  geführt,  die  nicht  leicht 
zu  diesem  Uebel  hätte  Veranlassung  geben  kon« 
nen.  —  Auch  yon  Gewaltthätigkeiten,  die  äu«^ 
fserlich  auf  den  Kranken  gewirkt  haben  konn- 
ten, war  nichts  in  Erfahrung  zu  bringen.  — 
Hitzigen  Getränken  war  er  nie .  sehr  ergeben 
gewesen,  und  noch  weniger  schien  die  Krank- 
heit einer  zu  grofsen  Geistesanstrengung,  Fröm- 
melei oder  Bleditation  zugeschrieben  werden 
zu  können.  Das  Einzige ,  was  als  Ursache  in 
Betrachtung  kam,  war  der  Aerger  über  die 
Geldsumme»  die  der  Kranke  zu  fordern  halte 
und  nicht  bekommen  konnte ;  ich  wenigstens 
nahm  dies  als  eine  Veranlassung  und  entfernte 
Ursache  der  Krankheit  an. 

Ferner  aber  schien  mir  der  gegenwartige 
Fall  von  der  Art  zu  seyn,  dafs  man  denselben 
eine  Erotomanie  oder  Satyriasia  hätte  nennen 
können.  Schon  der  Habitus  des  Kranken,  und 
Alles,  was  ich  von  den  AnVer wandten   über 


-r    101    — 

Mitkb  Mher  geführte  Lebensart  und  sein  vor- 
berigea  Beoebmen  erfahren  konnte,  schien  mir 
za    beweisen  y    dtth   das    gegenwärtige    Leiden 
durch  eine  hier  vorhandene  krankhaft  erhShete 
Sensibilität  überhaupt ,   and  insbesondere  durch 
eine    abnorm    gesteigerte  Reizbarkeit    der  Ge- 
schlechtsorgane bedingt  werde,  nnd  dafs  über- 
haupt die  Krankheit  als  ein  Analogon  der  bei 
Weibern  Yorkommendenl^^mpT^omaTiie  betrach- 
tet werden  müfste.     Zwar  hatten  hier,  so  viel 
ich  erfahren  konnte,  keine   unmittelbar  auf  die 
Geacblechlstheile   einwirkenden   Ursachen   Statt 
gefunden,  wodurch  der  Geschlechtstrieb  zu  sehr 
hätte  hervorgerufen  werden  können ;  allein  die 
AeoCserungen  des  Kranken,  die  mitunter  obscS- 
nen    Reden    nnd     das   Greifen    nach    den    Ge- 
schlechtstbeilen  schienen  hinlänglich  für  die  er- 
höhte Vitalität  dieser  Organe  zu  sprechen.    Die 
Erscheinung  I   welche  Auenhrugger  bei  diesem 
Zustande  beobachtete,    nämlich  ein  Zurückzie- 
hen des  Penis  uod  der  Hoden  ,   war  hier- nicht 
zu  bemerket,  dagegen  litt  der  Kranke  während 
der  heftigsten  Rasereien  an  öfteren  Erectlonen, 
doch    dhne    wirkliebe   Saamenergiefsung,  ^was 
niich   in   meiner  Annahme  von  Satyriasis   be- 
stärkte* 

Bei  der  Behandlung  war  gewifs  auf  psy- 
chischem Wege  nicht  -viel  zu  erwarten,,  doch 
vernachlässigte  ich  denselben  nicht  ganz.  Nach- 
dem für  eine  bessere  und  zweckmäfsigere  Be- 
festigung des  Kranken  geborgt  war,  da  man 
ihn  nur  mit  dünnen  Stricken  gebunden  hatte 
und  durch  diese  an  Armen  und  Beinen  eiue 
starke  Geschwulst  veranlafst  worden  war,  em- 
pfahl ich  das  Zimmer  so  viel  als  möglich  dun- 
kel zu  halten^  Frauen  daraus  zu  entfernen,  wäh- 


~    102    — 

nnd  der  beftigeran  Paroxjsmeo  lyenlg  mit  ävm 
Kracken  za  sprechen,  in  den  ruhigeren  Zvri- 
•chenzeiten  aber  ihm  TerDunltig  und  isrnatbaft 
Ton  ganz  andern  GegenständeUi  s.  B.  über  leio 
Bandwerk  ala  Zimmermann^  zu  reden* 

Iffeine  gröfste  Hoffnung  tetzte  ich  auf  die 
cweckmäfsige  Anwendung  kräniger  innerer  Qod- 
aufserer   Arzneimittel.      Da   in    gegenwärtigem 
Falle  indefs  ein  sthenischer  Charakter  der  Krank» 
beit  ganz  fehlte,  hielt  ich  eine  schwächende  Be- 
handlung für  unpassend.     Die  Organe  der  Re- 
produktion des  Kranken  waren  weder  jetzt  noch 
iriiher  gestört  gewesen,    und  Ton  materiellen 
Krankheitsstoffen    Im    Unterleibe  waren    keine 
Zeichen  Torhanden^  so  dafs  ich  Tom  sogenäon« 
ten  Helleboritmus  ebenfalls  wenig  Nutzen  er* 
wartete.     Ich  will  hiermit  nichtf  gesagt  banen, 
ab  ob  gerade  viele  Unreinigkeiten  und  Anbau« 
fungen  in  dem  Darmkanal   zugegen  aeyn  miia« 
•en^  wenn  die  ausleerende  Methode  Nutzen  etif« 
ten  soll,  da  alle  gegen  die  Manie  ej^pfoblenen 
Laxirmittel  neben  der  darmausleerenden  Wir* 
kuog  gleichzeitig  noch   eine  so  ausgezeichnete 
"Wirkung   auf  das   Abdominaloerrensystem   be« 
sitzen.     Wie  liefse  es  sich  sonst  erklären^  dafs 
einige  Drastica  in   solchen  Fällen  sich  so  sehr 
hilfreich   erwiesen   haben  ^  z,   B«  die   Gratiola 
nach  Leniin  ^),  da  die  Darmausleerungen  auch 
durch  andere  Mittel  eben  so  stark  bewirkt  wer- 
den können,   ohne  dafs   gerade    die  Krankheit 
dadurch  geheilt  wird.     Ich  beziehe  mich  «tatt 


*^  Dessen  BeitrSge   znr   ansübencf.  AnuMiwisseosebafta 
Leipzig  17d8.  2r  Bd.  S.  l^  iL 


—    4W    - 

aller  ancleni  onr  auf  das /was  Bufitanä  dar- 
ober  sagt«  *) 

Da  bei  meioaiii  KraDkea  keine  besonders 
sa  berockiichtigenden  maferiellen  Stoffe  yor- 
handen  waren  ^  im  Gegentheil  das  Uebel  für 
rein  djmamisch  aod  für  die  Folge  einer  abnorm 
erhöhten  Sensibilität  des  OrganiAnins  Sberhanpt 
und  desGescbtecbtsaystems  insbesondere  gehal- 
len werden  mufste,  so  gründete  ich  hierauf 
ineine  Indikationen  und  meine  Heilmethode. 
Bekanntlich  empfahlen  Locher  ond  Auenbrug" 
ger  ^^)  den  Kampher  gegen  die  Maniei  nnd  die 
Er&hning  hat  gezeigt,  dafs  derselbe  in  den  Fäl- 
len dieser  Krankheit ,  wo  die  SensibiUtät  des 
Gescblechtasystems  dsngleich  krankhaft  erhöht 
ist,  von  ausgezeichneter  Wirksamkeit  ist,  na- 
znentlichy  wenn  kein  athenischer  Charakter  vor« 
banden  ist.'  Mehrere  hierher  gehörende  Bei- 
spiele liest  man  schon  bei  Murray.  *^^)  Auch 
neuere  Aerzte  empfehlen  für  diese  Fälle  den 
Kampher ,  sowohl  bei  dem  männlichen  f)  als 
vreibUcben  ff)  Geschlecht,  und  es  fehlt  nicht  an 
neaeren  Beobachtungen  ^  wo  durch  denselben 
eine  völlige  Heilung  bewirkt  wurde,  Ton  wel- 

*)  Joam.  d.  prakt.  Arzneik.  XlV.  Bd.  1.  Se.  S.  184  ff. 

**)  Experiinentum    nascens   de    remedio    specifico    sub 
signo  Bpeciüco  in  martia  Tirorutn.  Yiennae  1776. 

***)  Apparat.  Medicaminam*    Goetting,  1787.    Tom.  Vf. 
pag.  449  ü. 

i)  F.  Jahn,  Klinik  der  cliron.  Krankti.  Erfurt  1815. 
S.  148  IT.  —  Dessen  IVIateria  medica.  li)riuit  1807. 
1.  Bd.  S.  246  ir. 

•J-f)  E,  V.  Sieholdy  Handb.  zur  Krkenntn.  n.  Heilung  der 
FAoeBzimmerkrankb.  1.  Bd.  BYankf.  1811.  S.  317. 


—    104    - 

ihen  ich  nur  an  d«D  in  dleiam  Joaraal  mltM« 
theilten  Fall  erioDdre«  ^)  Ich  enUchlofi.iiucIi. 
also,  dieses  Mittel ,  mit  Estif  yerbancleii|  aadi 
in  dem  gegenwärtigea  Falle  anzQ wenden ,  und 
gab  es  in  folgender  Form:  Rec  Camphorae 
Dracbm.  ß,  Gammi  arab«  Drachou  j,  Aceti  rioi 
Unc»  ],  Aquae  destili.  Unc«  TJ j«  SL  S«  Alle  2  Standen' 
einen  Eftlöffel  voll  sa  nehmen«  Fernetr  wark»< 
den  Sinapismen  an  die  Füfse  gelegt  (yoq  Can^ 
tbariden  wollte  ich  wegen  des  besonderen  Lei« 
dens  der  Geschlechtsorgane  keinen  Gebrauch 
machen)  und  die  Geschlechtstheile  mit  einer 
Mischung  ron  Kampheressig  g.  Bleiwastfer  und 
Aqua  Lauro  carasi  gewaschen,  und  mit  den  da» 
mit  benetzten  Tüchern  bedeckt,  um  hierdurch 
auch  orlUcb  di^  «rböbta  Sensibilität  herabmfer 
aümmen,  .  > 

Am  folgenden  Tage  (13.  Febmar)  fand  Ich 
den  Zustand  des  Kranken  nicht  sehr  verändert 
Er  hatte  die  Nacht  wenig  geschlafen,  allein  din 
Anfalle  der  heftigen  Tobsucht  hatten  in  Hin« 
sieht  der  Dauer  etwas  abgenommen,  da  die*ra« 
higen  Interralle  länger  gewährt  hatten,  in  yr^U 
chen  jedoch  der  Kranke  auch  immerfort  deli» 
rirte  und  mehr  das  Bild  einer  Mania  mussitana 
darstellte»  Die  Frequens  des  Pulses  aber  yvBx 
Termiodert  und  die  Xntermission  desselben  gann 
verschwunden.  Mit  den  Arzneien  wurde  fort- 
gefahren« 

Am  14«  Februar  war  der  Zustand  des  Kran- 
ken augenscheinlich  besser,  da  er  in  der  vori- 
gen Nacht  mehrere  Stunden  ganz  ruhig  geacbia- 

<^)  Htiner  10  H«£glamr# Joaro^  d.  prakt«  Ar^encik  XIY.BdL' 
3.  SU  S.  99  #^ 


-^    106    -*- 

fett  •  und  die  fibrige  Zeit  ohii6f  h^Igor  Ilasare! 
auigebracht  hatte.  Einige  Fragen  beantwortete 
der  Kranke  ganz  natürlich^  auf  andere  erfolgte 
aber  gar  keine  Antwort;  Stuhlgang  war  sowohl 
gestern  als  heute  von  selbst  erfolgt.  Gegessen 
hatte  der  Kranke  nichts,  wohl  aber  etwas  kal- 
tes Wasser^  das  ich  verordnet  hatte,  getrunken» 
Die  erfolgte  Besserung  war  ein  'Beweggrund 
mehri  um  mit  deo  yorigen  Arsneiea  fortzu- 
fahren. ' 
t 

:  Den  15.  Februar  konnte  ich  den  Elranken 
erat  Nachmittags  besuchen  ond  fand  ihn  jetst 
fMt  ganz  wieder  in  demselben  Zustande  ^  wie 
Vor  drei  Tagen,  als  ich  ihn  zuerst  sah.  Die 
Slacht  hindurch  war  er  unruhig  gewesen,  hatte 
fast  gar  nicht  geschlafen,  und  darauf  diesen 
Horgen  wieder  die^  heftigste  Raserei  bekommen, 
welche  bis  Nachmittags  anhielt.  Die  Mittel 
vriuden  fortgesetzt. 

iBei  meinem  Besuch  am  16.  Februar  traf 
ich  den  Kranken  wieder  in  einem  sehr  guten. 
Zustande;  er  war  gestern  gegen  Abend  txxYAfi; 
geworden,  hatte  die  Nacht  einige  Stunden  ru- 
hig geschlafen  und  ziemlich  stark  geschwitzt. 
Diesen  Morgen  war  er  ganz  ohne  Delirium  ge* 
Wesen.    Die  Arzneien  wurden  fortgesetzt« 

Am  folgenden  Tage  befand  sich  der  Kranke 
soch  besser  und  war  von  selbst  aus  dem  Bette 
aufgestanden.  Er  schien  etwas  tiefsinnig  zu 
%ejn  und  hatte  etwas  Unstätes  und  Rollendes 
in  seinem  Blicke.  Die  Nacht  hatte  er  sehr  ru- 
hig geschlafen  und  geschwitzt.  Alle  Fragen 
beantwortete  er  jetzt  gut.  Diesen  Morgen  hatte 
er  zuerst  wieder  etwas  gegessen;  Stuhlgang 
war  gestera  und  beute  von  selbst  erfolgt.    Der 


—    106    ~ 

Pol»  war  jetzt  gaos  Dormal.  —  Ich  Ueh  nodi 
mit  den  Arzneieo  fortfahren,  minderte  aber  ÜB 
Dose  des  Kamphers  and  Esiige  etwas» 

Die  darauf  folgenden  Tage  befand  eich  der 
Kranke  immer  besser  und  näherte  eich  det 
ToUkommenen  Heilung.  Sein  Schlaf  war  dub 
ganz  natürlich  I  der  Appetit  gut^  so  wie  auch 
der  Puls,  und  von  dem  Delirium  war  keine  Spar 
mehr  übrig.  Er  wufste  sich  Ton  seinem. knui- 
ken  Zustande  nicht  das  geringste  zu  erinnern^ 
hatte  nur  noch  etwas  Sohwibdel,  weicher  je- 
doch nach  dem  fortgesetzten  Gebrauch  der  to*- 
rigen  Arzneien  mit  einem  schwachen  Aufgtib 
der  Valeriana  ganz  verschwand,  so  dafs  kh 
mit  dem  Arzneigebrauch  am  27«  Februar  gaos 
aufhören  liefe  und  den  Kranken  als  geheiit  be« 
trachten  konnte.  BemeriLenswerth  ist  der  Um- 
stand,  dafs  die  früheren  Anfälle  von  Epilepsie 
.wegblieben  9  um  so  mehr^  da  Simniims  sonst 
nach  dem  Gebrauch  des  Kamphers  in  dar  Ma« 
nie  epileptische  Anfalle  als  Folge  daron  bemerkt 
haben  will,  womit  sich  die  Manie  glücklich 
entschied.  *)  Vielleicht  wurden  dieselben  aber 
wohl  durch  eine  gar  zu  dreiste  und  reichlicfaa 
Anwendung  des  Kamphers  heryorgebracht,  wo- 
nach man  sowohl  bei  Tbieren  ^^)  als  Bfen^ 
sehen  *^^)  ahnliche  Zufälle  erfolgen  sah.  ' 

So  hilfreich  in  Yorliegendem  Falle  der  Kam- 
pher sich  erwies ,  so  bin  ich  gleichwohl  weil 

♦)  nichier'B  cbirarg:.  BibL    7.  Bd.    S.  772. 

**)  Menghini  Comraent  Bononieof.  Tom.  IV«  pag.  201 
seq. 

***)  Akxandcr'd  mediz.  Versache  nnd  Erfahr.  A.  d.  Bnffl. 
Leipzig  1773.    6«  96  if« 


—    107    — 

entfernt,  die  Wirkang  desselben  tn  (iberschäz- 
zen  and  ihn  unbedingt  in  FäMen  von  Mania 
erotica  als  ein  specifisches  Mittel  zu  betrs^ch- 
ten;  allein  unter  gevvissen  Umständen  und  in 
bestimmten  Fällen  dürfte  doch  wohl  derselbe 
zu  den  sehr  wirksamen  Slitt^ln  gegen  Satyria« 
•is  zu*  rechnen  und  dann  allerdings  speciiisch 
zu  nennen  seyn^ 

Es  fragt  sich  nun^  in  welchen  Fällen  der 
SatyriasisderKamphery  sowohl  bei  dem  mann- 
lieben  als  weiblichen  GeschlecHte,  indicirt  ist? 

Müller  sagt  ziemlich  dllgemein  ^) ,  der 
Kampher  Terhiodere  die  Gongestionen  der  Säfte 
nach  den  Geschlechtsorganen  und  schwäche 
wohl  dadurch  die  Zeugungskraft.  Ersleres  ipag 
wahr  seyn^  insofern  bei  der  im  System  der  Ge« 
8(!hlechtsorgnne  erhöhten  Vitalität  auch  Con- 
eestionen  nach  diesen  Theilen  Statt  finden  kön- 
nen; letzteres  möchte  jedoch  nur  sehr  bedingt 
anzunehmen  seyn. 

In   den  Arten  ron  Mania  erotica  oder  Sa- 

tynasiSy  wo  dieselbe  einen  wahrhaft  sthenischea 

Charakter  zeigt,  ist  Kampher  gewifs  unpassend. 

Ja  contraindicirty  da  die  Erfahrung  die  kühlende 

"lYirkung,  die  man  demselben  früher  zuschrieb, 

hinlänglich   widerlegt  hat«      Dagegen    wird  in 

^ÖD  Fällen  y   die  dem  von  mir  hier  beschriebe«* 

len   Beispiel  ähnlich  sind,   wo   die  Krankheit 

len   entgegengesetzten  Charakter  der  Astbeni^^ 

»der  wohl  gar  der  Paralysis  zeigt,   der  Kam- 

iber  gewifs  mit  grofsem  Nutzen  gegeben  wer- 

^^en,  wobei  jedoch   die   Gröfse  der  Dosis   den 

B  ^desmaligen  Umständen  nach  zu  bestimmen  ist 

*)  iu  a.  O.  S.  101. 


~    106    — 


VI. 

Kurze    Nachrichten 

and 

Auszüge. 


1. 

n  i  i  c  Je 

auf  den  gegemcUrligcn  Zustand  der  Medkin  in  En^anä^ 


(AoB  Lee,  Coup  d'oeil  sor  les  hdpüaax  de  Londret  eCC| 

Paris  1837.) 


Aeit  der  Beseitigung  der  Hindernisse i  welche  sich  dem 
Studium  der  Anatomie  in  England  entgegenstellten,  Yi'ud 
die  pathologische  Anatomie  ganz  besonders  fleilsig  in  den 
Hospitälern  cultivirt.  Da  die  Engländer  kräftigere  Medi- 
kamente und  gröfsere  Dosen  als  die  Franzosen  geben,  eo 
wird  viel  Aufmerksamkeit  auf  die  Grad -Wirkungen  der 
Mittel  verwendet  und  das  praktisch  Er^irobte  ohne  Knck« 
sieht  auf  Theorieen  beibehalten.  Dies  ist  z.  B.- der  Fall 
mit  dem  9  auf  dem  Continente  wenig  gebräuchlichen  (?) 
Colchicum ,  während  man  Ptisanen,  Theeaufgüsse,  Synipe 
D.  dgl.  meist  nur  als  Vehikel  anwendet  Auch  bedient 
man  sich  gern  znsammeugesetzter  Mittel ,  welche  die  Er- 
fahrung bewährt  hat,  wie  s.  B«  des  Dovecschen  PolTera. 


p«    109    ^ 

• 

Alteemeioe  nncl  SrÜiche  BIntentziebiingea  wtTdcn  ia 
den  Pariser  lioBpitalern  weit  öfter  Torgenommen  und  wic^ 
dlerbolt^  als  in  den  Londoner;  haB^tsachlich  wohl,  weil 
man  ihre  Wirkung  in  England  mehr  durch  ausleerende  u. 
m,  Mittel  unterstützt.      Hier  gebranclit  man  Tielfadi  Dia* 

ßoretica^.Vesikatorien,   Torzüglich  aber  Purganzen  und 
ixanzen,  die  nicht  allein  direkt  antiphlogistisch,  sondern 
auch  revulsorisch  wirken  und  durch  Ausleerung  dcsDarm- 
luinals  die  örtliche  Reizung  Terhnten  oder  mindern.    Man 
ist  hierbei  weit  entfernt  von  den  unbegründeten  Befürch- 
tungen der  Franzosen  und  bebandelt  selbst  den  Durchfall 
oft  mit  Krfolg  durch  Abführmittel  allein,  oder  mit  andern 
Medikamenten,  indem  man  einsieht,  dafs  dieses  Symptom 
toft  nur  durch  materielle  Intestinalreize  unterhalten  wird. 
Am   häufigsten  wendet  man  die  schwefelsaure  Magnesia, 
Ricinus -Oel^  Senna  im  Aufguüi,  Rhabarber^  Kalomei  und 
Koloquinthen-Kxtrakt  an. 

Ueberhaupt  aber  sucht  man  die  Krankheiten  hier  nicht 
durch  ausschiie(sliche  Anwendung  dieser  oder  jener  Klasse 
Ton  Mitteln  ^  sondern  durch  eine  Verbindung  derselben 
nach  den  Heilanzeigen  zu  behandeln.  Die  Aerzte  der 
Hospitäler  Londons  haben  keine  unwandelbaren  Methoden 
und  behandeln  dieselbe  Krankheit  je  nach  dem  Stadium 
und  dem  Individuum,  hier  etwa  mit  Blutentziebungen, 
Purganzen,  Diaphoreticis  und  strenger  Diät,  dort  vielleicht^ 
mit  gelinden  Abführmitteln,  Gegenreizen^  ja  selbst  Reiz*' 
und  Stärkungsmitteln  mit  passender  Lebensweise.  Nach 
dem  Auiliören  der  entzündlichen  Symptome  ycrlangert 
man  in  Kngland  die  schmale  Diät  nicht  so  sehr,  als  in 
Frankreich ,  und  denkt  eher  an  Stärkungsmittel.  Dabei 
muIJi  man  freilich  mehr  Acht  geben  und  wenn  Verstopfung 
droht,  mit  Abführmitteln  einschreiten« 

Die  meisten  englischen  Praktiker  betrachten  die  ty- 
phösen Fieber  als  essentielle  (idiopathische)  Krankheiten^ 
deren  Natur  in  einer^  oft  yon  miasmatischen  und'endemi- 
•chen  Einflüssen  herrührenden  Verändernng  des  Blutes  zu 
bestehen  scheine*  Die  durch  das  Fieber  erregten  Con- 
gestionen  bringen  wohl  oft  entzündliche  Complicationen, 
bald  im  Gehirn^  bald  in  den  Brnst-  und  Unterleibs -Ein- 
geweiden hervor,  aber  keiner  der  Engländer^  welche  den 
Continent  besucht  haben,  ist  zu  der  Meinung  bekehrt  wor- 
den, dafs  diese  Krankheiten  von  einer  Entzündnng  eines 
Theils  des^  Nahrungskanals  abhängen.  Mit  mehr  Recht 
Uelfle  sich  ihr  Biiz,  wie  CluHerhudt  anmduni  iio  Gehirne 


—   110   -^ 

andien,  desMn  Mhergriflenseyn  weit  ^entlfdier  TorifegU 
Za  Paris  sieht  man  freilieb  AlTekdonen  des  Darmkanalt 
veriiältnifsmäfsig  weit  häufiger,  aber  mir  scheint,  als  ob 
llieiec  Umstand  Ton  der  seit  einigen  Jahren  herrschenden 
Kurmethode  herrühre ;  da  man  heine  Sorge  für  Entleerung 
der  Fäcal -Materien  in  den  oberen  Darmfmrtieen  so  tra- 
gen und  gewöhnlich  nur  darch  Klystiere  den  Leib  in  er- 
öffnen pllegt.  Und  dennoch  giebt  es  Faile  offenbar  ty- 
phöser Fieber^  wo  anch  hier  diese  Symptome  ganz  felilen* 
8eit  man  in  den  Hospitälern  Ton  Paris  wieder  zq  den 
ausleerenden  Mitteln  zurückgekehrt  ist^  hat  die  Steirblicb* 
keit  sich  Termindert. 

Als  Üauptindikationen  betrachtet  man  In  England  die 
Mäfsigung  der  Gefälstbätigkeit  in  der  ersten  Periode^  die 
Verhütung  von  Congestionen  und  die  Unterstützung  der 
Kräfte  in  der  späteren  Zeit,  Ein  Aderlals  am  Arme  be~ 
ginnt  oft  die  Kur,  ^ber  er  wird  nicht  wiederholt^  wenn 
nicht  dringende  Anzeigen  da  sind.  Oft  besdirenkt  man 
lieh  auf  Blutegel  am  Kopf,  niemals  TernaGhlassigt  man  die 
Beinigung  des  Unterleibes.  Alle  4—6  Stunden  giebt  man 
einige  Löffel  eines  diaphoretischen  Mittels,  am  beliebteaten 
sind  die  Antimonial-Pra|>arate ,  wie  das  JamespnlTer,  oder 
Yinnm  Antimonii  tartarisati  der  Pharm.  Nur  bei  Zeichen 
wirklicher  Entzündung  wendet  man  BIntegel  auf  Bnitt 
oder  Unterleib  an.  Die  Empfindlichkeit  des  letzteren  bdm 
Drucke  verschwindet  oft -nach  dem  Gebranciie  einei  Ab- 
iührmittehi. 

Später  richtet  man  sich  nach  den  Symptomen  und 
dem  Zustande  des  Kranken  und  benutzt  die  Lazanzen, 
Vesikatorien ,  die  China  und  das  Chininsnlphat,  die  aro- 
matische Mischung  der  Pharm.,  Bouillon,  Portwein  oder 
weifsen  span.  Wein  u;  dgl.  Die  sogenannten  Specifica, 
wie  Chlor,  Moschus  n.  dgl.^  werden  nicht  angewendet» 

Bei  akuten  Entzündungen  der  serösen  Haute  and  BSIb» 
geweide  entzieht  man  kräftig  Blut.  Kalomel  und  Opiam 
in  kleinen,  oft  wiederholten  Gaben  werden  häufig  angewen- 
det« Letzteres  wirkt  sehr  wohlthätig  nach  reichliobea 
Aderlässen,  indem  es  die  fieberhafte  Keaction  hindert« 

Bei  Schleimhaut -Entzündungen  läfst  man  sparsamer 
xnr  Ader,  gegen  Kheuniatismus  wendet  man  allgemeine 
und  örtliche  Blutentziebungen,  Purganzen,  Diapboreticl^ 
Opium  und  Colchicum  an,  auch  wohl,  wo  Fieber  und  Cra- 
strieumos  geiing  «ind«  China  in  greisen  Gaben  oad^  jffny* 


->  111  — 

garfh.  Bei  cfaronischeni  Rhennia(!«nQB  t!nd.5rfllclie  Blot^ 
entziehangen ,  Zugpflaster,  Laxanzen^  Doyerspulve^,  Cpl* 
cbiom,  Gaajaki  Chinaj  laue  und  Dampf- Bäder  am  ge^ 
braocblicbsten. 

Die  endermatisclie  Methode,  so  wie  die  neoeren  Mit-? 
(d,  ausgepommen  Chinia,  Jod^  Morphium  and  Blausäare, 
Mild  kl  England  wenig  gebräacblich»  Eben  £0.die  revul* 
aoriscben  Methoden,  obgleich  sie  oft  sehr  zweckniälsig 
sind.  Brechmittel,  Klystiere  nnd  Bäder  brancht  man  in 
Bngland  gleichfalls  selten* 

Auskultation  und  Perkassion  werden  in  einigen  Hos- 
pitalern Londons  gelehrt,  sonst  aber  wenig  benutzt^  bfr* 
sonders  wegen  der  Vorurtbeile  der  Kranken;  Mineralwas- 
ser und  -Bäder  werden  bei  chronischen  Krankheiten  nicht 
haofig  genug  angiewendet.  Man  bedient  sich  bei  diesen 
ganz  besonders  der  Merkurial-Präparate^  die  man  oft  sehr 
stark  mifsbraucht*  Kalomel  ist  HaoptmUtel  bei  Kinder« 
kcankheiten» 

Bei.  den  iQ^sten  aolserlichen  Leiden  gebrancht  man 
sogleich  innere  Mittel,  trägt  Sorge  für  Regnlimng  der 
Verdaoangsthätigkeit,  wendet  AntiphlogistiGa^  Sedativa^ 
Tonics^  Alterantia,  Alkalien  und  üuecksilber  an,  letzteres, 
besonders  Kalomel,  welches  zu  3—5  Gran  p.  Dosi  in  akn* 
leo,  in  kleineren,  öfter  wiederholten  Gaben  and  mit  Opiiim 
Teibanden  in  chronischen  Krankheiten  gegeben  wird» 

Anch  die  Pilulae  Hydrargyri  nnd  die  PÜul.  Hydrarg. 
sabmurlatis  werden  sehr  oft  bei  chronischen  Krankheiten 
-g^bfancht. 

Die  englischen  Praktiker  versnehen  fast  immer  dit 
nnmittelbare  Vereinigung  der  Wunden.  Nack  Ampntatio« 
Ben  hält  man  die  Wandränder  durch  Klebpflait^rstreifen 
xosammen,  die ,  mit  einer  leichten  Compresse  mit  kaltem 
Wasser  nnd  einer  Bandage >  den  ganzen  Verband  bilden. 
I>«r  Apparat  wird  oft  mit  kaltem  Wasser  n.  Hgl.  benetzt 

g   Paris  scheinen  viele  Unglücksfalle  yon  der  enormen 
enge  Cbarpie  und  Compressen  herzurfihren  ^  womit  man 
den  Stumpf  bedeckt 

Die  Unterbindung  der  Arterien  wird  in  England,  wie 
ia  Frankreich  ausgeführt ;  am  liebsten  mit  einem  einzigen 
Faden.  Für  das  Aneurysma  Popliteae  dient  mit  geringen 
Abänderungen  Hunten  Methode»  Die  Tonion  ist  in  Eng- 
ItBd  sieht  eipgeiahrt. 


^    112    — 

Der  Seftenschnftt  ist  fast  cHe  efndg:e  In  Engend  ge- 
braoclilidie  Methode  der  Litliotomie;  zum  Einschndden 
des  Blasenbalses  gebrancbt  man  meist  das  schneidende 
Gorgeret,  bisweilen  auch  ein  yerstecktes  oder  ein  •  breitei 
geknöpflea  Bistouri,  besonders  bei  Kindern« 

« 

Die  mit  der  Lithotritie  in  den  Londoner  HospitSIem 
angestellten  Versuche  haben  keinen  gunstigen  Erfolg  ge- 
habt* Dieses  Mittel  erfordert  grolse  Sorgfalt  in  Aniinihl 
der  tauglichen  Subjekte ,  und  der  blinde  Eifer  teiner  Ai" 
bänger  schadet  seiner  allgemeinen  Verbreitung« 

Gegen  Harnrohren  -  Verengerungen  bedient  man  sld 
der  Kerzen  too  gewichster  Leinwand  und  Gummi  elasti- 
cum^  oder  der  krummen  Metallsonden ;  selten  kauterisirt 
man.  Bei  Harnverhaltungen  ruft  man  Aderlässe»  Bäder^t 
Sedativa,  z.  B.  Opium  und  Fomentationen  zu  Hilfe,  Nie- 
mals habe  ich  in  London  einen  Fall  gesehen ,  der  Pane^ 
tion  nöthig  gemacht  hatte.  Ist  durchaus  eine  Operatiott 
erforderlich,  was  jedoch  selten  vorkommt,  so  ueht  man 
die  Boutonniere  {Thevenins  Methode  der  Spaltung  des  Blft- 
seohalses)  vor« 

Die  Krankheiten  des  Uterus  kennt  man  In  Frankreidi 
besser,  ahi  in  England^  wo  das  Speculnmi  selten  angewen- 
det wird.  Bei  Polypen  zieht  man  die  Ligatur  der  Bzd- 
sion    vor«     Die  Amputatio  CoUi  Uteri  vnrdia  London 

nicht  ausgeführt. 

Hydrocele  behandelt  man  mit  Einspritzungen  von 
Portwein,  ohne  diese  jedoch^' wie  in  Paris,  mehrmals  w&b- 
rend  der  Operation  zu  wiederholen^  was  auch  nup  Aus- 
weichen der  Canüle  und  Eintritt  der  Flüssigkeit  ins  Zell- 
gewebe zur  Folge  haben  kann.  Nach  Hodenezstbrpation 
Tersocht  man  immer  die  erste  Vereinigung. 

Hämorrhoidalknoten  und  Mastdarmfisteln  heilt  man 
oft  durch  innere,  erfahrungsmäfsig  heilsam  wirkende  Mit- 
tel, wie  die  Confectio  Piperis  nigri*  Hämorrhoiden  wer- 
den öfter  unterbunden,  als  ausgeschnitten«  Nach  letzterer 
Operation  gebraucht  man  niemals  das  Glüheisen  gegen 
die  Blutung ,  wie  überhaupt  dieses  Mittel  wenig  oder  gar 
nicht  gebräuchlich  ist. 

Bei  eingeklemmten  Brüchen  wird  die  Reduction  mit 
Hilfe  .von  Aderlässen,  Badern,  Eis  u.  s.  w«  oft  zn  lange 
versucht.  Nach  der  Operation  giebt  man  g6m  Magn« 
sulpli«  oder  Ricinus -Oel  in  kleinen  Dosen  i  de  Entzun- 


—    113    — 

dofigtsyniptome  werden  mit  geeignete«  Mitteln  beUmpfil; 
der  Qb!e  Erfolg  dieser  Operation  in  Frankreich  und  Ita** 
Ken  scheint  mir  besonders  nnf  YernacblasBigung  der  Ab" 
iührmittel  zn  bernben* 

Seit  einigen  Jahren  ist  die  schwierige  Diagnostik  der 
Krankheiten  der  Gelenke  sehr  erweitert  worden  nnd  die 
Behandlung  durch  allgemeine  and  örtliche  Mittel  ist  jetzt 
so  TeryoUkonimnet^  dafs  Amputationen  in  Folge  solcher 
Krankheiten  jetzt  in  England  weit  seltener  als  anderwärts 
sind.  Selten  hört  man  den  Ausdruck  Tumor  albus ^  Tiel- 
mehr  unterscheidet  man,  ob  die  Krankheit  von  einer  Ent** 
ziindang  der  Synovialhäote,  Strukturveränderungen,  Knor-« 
pelverschwärung,  Skrophulosis  n.  s.  w.  abhängt.  Ruhe^ 
Blntentziehungen,  schweifstreibende  Mittel^  Purganzen,  Re« 
Tnlsiva,  kalte -Waschungen;  Reibungen,  Druck,  Colchicum, 
Kilomel^  Zink  und  Opium,  so  wjle  Quecksilber  bis  zu  leich« 
tem  Speichelflusse  werden  angewendet;  letzteres  jedodi 
nichts  wo  skrpphüIÖse  Afiektion  der  Knochenenden ^  oder 
Tollständige  Entartung  der  Gelenke  vorhanden  ist 

.  Ge^hwure  an  den  Beinen  werden  zn  London  oft 
durch  Einwickelung  nnd  Klebpflaster,  nach  Bttyntor(s  Me« 
thode^  geheilt;  giebt  man  zugleich  geeignete  innere  Mit-* 
tel,  so  kann  der  Kranke  seinen  Geschäften  nachgehen« 
Bei  entzündlichen  Zuständen  oder  Neignng  znm  Brande 
sind  Jlinhe,  geeignete  Medikamente  nnd  Diät^  Umschläge^ 
einfoche  Salben  oder  kalte  Waschungen  die  gewöhnlichen 
Mittel.  Bei  schwer  einzurichtenden  Verrenkungen  errej|t 
man  durch  Blutentziehungen  und  heifse  Bäder  einen  Zu- 
stand der  Erschlafl'ung. 

Die  Syphilitischen  werden  fast  immer  mit  Merkur  be* 
bandelt,  Einreibungen,  Kalomel  nnd  die  Pil.  hydr.  braucht 
man  bei  den  primären  ^jniptomen^  bei  den  secondären 
ancb  Räncherungen  und  Sublimat  mit  Sarsaparillen- De- 
fekt. Seitdem  jedoch  Hr.  üo^e  und  andere  Wundärzte  ge-^ 
zeigt  haben  ^  dafs  alle  Geschwüre  der  Geschlecbtstheife 
aoch  ohne  diese  Mittel  heilbar  sind  und  secundäre  Symp- 
tome dann  weder  so  häufig ,  noch  so'  heftig  eintreten ,  als 
nach  dem  Gebrauche  des  Quecksilbers  bis  zum  Speichel- 
flüsse ^  gebrauchen  viele  Praktiker  dieses  nur  ausnahmst 
ireise  in  kleinen  Gaben  als  Alterans  mit  Sarsaparillen-Ab« 
kochnng  n*  s.  w. 

Kooehenbriiche  behandelt  man  in  England  nach  der-' 
•dben  Methode,  wie  in  Frankreich« 

loiini.L3i;XXiy.B.3.St.  H 


-    114    - 

Blfll^Kfiiillieiteii  der  Uilnwege  wefdea  adhr  orlblc- 
filflb  dnreh  innere  Büttel  behandelt,  wie  die  BlennorrhSei 
■lit  Cobeben«  Sehr  wirksam  xeigen  nch  anoh  bei  Biaien' 
leiden  Opium^  Alkalien,  Mineraliauren,  erweichende  Tranke 
and  die  Abkochung  der  Pareira  brara;  letztere  beeonden 
bd  sehr  reichlichen  ■chleimig^eitrigen  Absonderangf  n  am 
der  Blaae,  die  ticb,  eben  so  wie  die  Reizbarkeit 
Organsi  in  Folge  dieses  Mittels  bald  inindeni« 


2. 

B€$iäUfft§  Wifhumg 
der 

Bfltodenatf^Klysttor»  Im  IKnii» 
Fofi 


Mir  kam  Im  October  des  Torigea  Jahres  felgeqder 
anggezeichneter  Fall  Ton  Ileos  Tor,  in  welchem  die  toa 
JHaniui  gerühmten  Belladonna -Klystiere  (Joorn«  d.  prakC 
Heilk.  Bd.  LXXXII.  St.  2.  S.  3.)  sich  gleichftlli  dueh 
ihre  schnelle  und  gunstige  Wirkung  bewahrten« 

S»,  über  SO  Jahre  alt,  unlängst  verheiratheif  torSaer 
Constitution,  wulste  sich  aus  ihrer  Kindheit  keiner  Krank- 
heit zu  erinnern,  nur  dafs  ihr  im  dritten  ond  dann  im 
sechsten  Lebensjahre  von  ihrem  eigenen  Vater«  der  aelbst 
ein  Chirurg  war,  zur  Ader  gehissen  worden  wafi  ohne  je-  * 
doch  die  dabei  gehabte  Krankheit   angeben  sn  können. 
Im  neunzehnten  Jahre  menstruirt,  hatte  sie  ihre  Regehi' 
immer  stark,  früher  alle  drei  Wochen,  dann  alle  TieraBehi^ 
Tage,  weshalb  sie  mediciniren  mu&te,  seit  mehreren  Jah-  • 
ren  jedoch  im  regelmäfsigen  Typus  stark  wiederkehrende 
Dabei  liU  sie  stets  an  Digestionsfehlern  mancherlei  Art; 
Neigung  zum  Durch&ll,  zeitweise  Appetidosigkeit  und  ela 
binnges,  leeres  Anfstolsen  waren  die  haofigsten  Beachwer- 
deni  an  Kranpfeo  hatte  ü»  jedoch  nie  gefittelk 


—    115    — 

Am  5.  Octobcr  1836  wurde  leb  za  ihr  gertfen.  Ohn« 
bekannte  Veranlassung  Jiatte  sie  heftige  Schmerzen  anter^ 
balb  des  Nabeis,  die,  beinahe  nicht  aussetzend,  sich  zeit« 
weise  zum  Magen  zogen,  und  alsdann  Ohnmächten   mit 
peinigendem  Aufstofsen   und  fruchtlosem  Würgen    vemr-i-. 
sachten.      Der  Unterleib   war  übrigens   weich,  die  Zungt 
mit  weifsem   Schleim  dick   belegt,    der  Kopf  frei,    keia 
Durst  Torhanden ,   der  Puls  fieberlos ,  Iiartlich »   die  regel- 
mäfsigen  Menstrua   waren   gerade    vorüber.      Umschläge» 
Einreibungen »  Emulsionen  »  krampfstillende  Mixturen   mit 
Opium,  häufig  applicirte  Klystiere  änderten  im   Verlaufe 
des  Tages  in  nichts  die  qualvollen  Leiden  der  Kranken« 
Die  Verstopfung  blieb  hartnäckig ,  das  häufige  AafstoOieii 
war  furchtbar,  alles  Genommene^  selbst  in  kleinen  Quan-« 
titäten,  reizte  zum  Erbrechen,  und  da  Patientin  seit  zwei 
Tagen  nichts  genossen  hatte,  wnrde  nnr  wenig  Schleim 
mit  Anstrengung  ausgebrochen ;  am  Abend  wurde  der  Puls 
■chnell»  voll  nnd  hart^   und  es  stellte  sieh  Druck  auf  der 
Brost  ein.     Nach  dem  Ausdrucke  der  Kranken  lag  an  der 
Stelle  unterhalb  des  Nabels ,  von  wo  der  Schmerz  unaus- 
gesetzt ausging,  etwas,  so  schwer  wie  Blei,  von  welcher 
Last  sie  sehnlichst  befreit  sejn  wollte.     Die  Nacht  Ter- 
ging  ohne  alle  Erleichterung. 

Am  6.  Morgens  waren,  bd  fortdauernder  bartnäcki« 
ger  Verstopfung  und  häufigem  Erbrechen,  dfe  Schmerzen 
wothend.  Ich  entschloTs  mich  nun,  angeregt  durch  d^ 
Hrn.  Dr.  Haniua  Vorschlag,  Belladonna  im  Klystier  zOt* 
geben,  liefs  gleichfalls  nur  von  der  schwächeren  Herb«. 
Belladonn.  Drachm.  jjj  auf  Unc.  vj  infnndiren ,  nnd  davon 
am  7  ühr  Morgens  den  vierten  Theil  mit  etwas  laovrar« 
mem  Cbamillenthee  im  Klystier  beibringen.  Um  10  Uhr 
bestimmte  ich  das  zweite  Klystier« 

um  9J-  Uhr  wurde  ich  gerufen.  Unmittelbar  nach 
dem  Klystier  war  wieder  ein  heftiger  Anfall  von  Schmer- 
xen  eingetreten ,  der  aber  bald  nachgelassen  hatte,  alle 
Sbrigen  Schmerzen ,  sanimt  dem  Erbrechen  und  dem 
Dr&cken  auf  der  Brost,  waren  ganzlidi  verschwanden; 
des  iraber  häufige,  ängstliche  Aufstofsen  war  seltener  vrie« 
dergekehrtf  nur  befand  sich  die  Kranke  in  einer  bedeuten- 
den Narkose*  Sie  safs  im  Bette  aufrecht,  mit  terwirrtemi 
amubigem  Blick,  die  Pupillen  vrören  erweitert,  der  ganze 
Körper  mit  einer  tiefen  '  Scharlacbröthe  übergössen ,  der 
Pole  Solserst  achneU  nnd  klein ;  die  Kranke  sprach  ver* 
wirrt  und  li4atig  tom  Sterben*     leb  beruhigte  die  UjMte- 

H2 


ym^t%  m  ^MiA  k&aaitt  ead  Idii  ndOM  alt 


euüft»  Scctt'ien:  g^^^a  Al'*^'!  £^*frC*  ^-t  Kljitiere  ■■! 
«was  Dir*. «'-•--  ab:  :a  d-rr  Ni^^  eT::!rt«i  «oefc  zwei 
starke  S:*/*'fir?»,  iinea  natc.  cer:  G±£«-cise  tob  Riö- 
lifsiA  '■^tA  V  .'.skt  ^',%Q•s\'■JZltl  s:l;0^ua  iLrea  reidüicbca 
Fortgar.g  cr.i  die  Kn&ke  gtc^.  — 

A7i  H.  NoTeTsher  beging  IL  5.  Au«ii<!s  einea  gro* 
Uen  D.iiiehltr,  uni  d:es«Lte Scer.e  wi«^eiiioice  sich,  jedocb 
in  einem  milderen  Grade.  Aal'  der  alteo  Steüe  dieselben 
ScLsierzen:  nachdem  am  Torigen  Tage  Boch  zweimal 
Slabigang  erfolg  war.  trat  Verstopfung  dn,  kioflges  Auf- 
stofieo,  jedoch  diesmal  chae  Ohnmächten,  nor  mit  üebel- 
keiten  begleitet  |  und  kaofiget  Erbrechen  von  au  wenig 
GzUe. 

hh  Terschrieb  sogleich  ein  Brechmittel  ans  fpecn- 
cuanha,  worauf  den  ganzen  Tag  liindurch  eine  ttedentende 
Menge  scharfer  Galle  aasgebrochen  warde.  Die  üebel- 
keiten  hörten  hiernach  zwar  aof ,  das  Anfstofsen  blieb  ie« 
doch,  so  wie  die  Verstopfung,  und  periodisch,  aber  bai^ 
traten  heftige  Schmerzen  ein.  Eine  Opiatmisctnr  wurde  weg- 
gebrochen ,  nnd  Klistiere  mit  Tinctara  Opii  finderten  nur 
auf  karze  Zeit  die  Schmerzen.  Da  die  Kranke  kein  B^ 
ladonnaitljstier  wieder  nehmen  wollte ,  nm  nicht,  nach  ifah- 
rem  Aiisdrocke,  wieder  närrisch  za  werden,  liefs  Ich  din 
Herb.  Beilad«  mit  Spec.  aromat.  fleilsig  als  Umschlag 
brauchen,  und  aaiser  diesem,  Polrer  ans  Calomel  mit 
Opium  nehmen.  Der  heftige  Schmerzanfall  erschien  hier« 
nnf  kurze  Zeit  nur  dreimal  am  Tage »  die  Kljstiere  gin- 
gen jedesmal  mit  sehr  lielem  nnd  scharfem  Schleime  nnd 
einer  befleutenden  Menge  Ton  Winden  mit  grofser  Er- 
leichterung ab ;  die  Nacht  Tergjng  im  ruhigen  Schlafe.  »- 
Den  Tag  darauf  fühlte  sich  Patientin  sehr  matt»  jedoch 
schmi^rzcnlos ;  es  stellte  sich  blos  Schneiden  Tor  jedem 
Schleiniabgang  durch  den  Stuhl  ein;  die  Regeln  enehie- 
ncn  wieder  stark,  wenn  auch  nur  aof  kurze  Zeit  —  nnd 
milde  Kcftoifcntia  in  VerbindoDg  mit  Nerrinis  ToUendeten 
bald  die  Kur. 

In  dem  letzten  Falle  bewirkte  die  Herb.  Belladonnan 
in  Form  von  Umschlägen  schon  unverkennbar  grofse  Be* 
ruhigungf  und  in  Verbindong  mh  Opinm  Nadäad  der 
hnnpflialUn  Jkmkwmäm  und  in  Fotgn  dlcMi  teen  be« 


—   117   — 

^enlwfe«  ■chleiroibgaiig  mh  Brlekktoraiigw  -r  Saht 
AeufaleiiiwerUi  for  die  Anwendang  der  Belltdoniift  in 
■teticben  Fällen  «olieint  mir  die  schnelle  Wirkung  der 
*B>lhiUiiine  i  aber  eucb  lagleicb  die  heftige  durch  eie  ?er« 
4nlft(ite  £(aii»M  in  der  Form  der  Kljstiere« 


3. 

\ige  AneHik''  TerpifHmg. 

m 

fH*.  Cramer  tsm  KaamX^ 

Durch  die  Untorsichtigkeit  lelncr  Eltern  bekommt  eh 
•ehoner,  gesander,  5  Jahre  alter  Knabe  grob  gepalvefftea 
Anenik,  mit  Krumen  von  Weifsbrod  Termiicht,  als  Ter-* 
meintUches  Zuckerwerk  zu  essen.  Um  9  Uhr  Abends  war 
diesei  geschehen,  und  gegen  11,  wo  die  Kitern,  durch 
nelirmiiiiges  Krbrechen  des  Kleinen  aufmerksam  gemacht, 
xnerst  auf  den  furchtbaren  Gedanken,  ihr  Kind  TergifteC 
za  haben,  kommen,  werde  ich  geholt.  Kin  anderer  Arzt 
Latte  schon  einige  Dosen  Schwefelleber  reichen  lassen, 
wonach  sich  das  Erbrechen  vermehrte. 

Der  arme  Kleine  befand  sich  in  einem  mir  auflallen- 
den günstigen  Zustande,   was  mich   anfangs  auf  den  Ge- 
danken brachte,    daüi  nur  wenig  der  verderblichen  Mi- 
schung genommen  worden  sey,  indem  die  unglückliche 
Mutter  so  ergrÜfen  war,  dafs  sie  sich  des  Herganges  der 
Sache  nicht  genau  erinnern  konnte;  erst  am  andern  Tage 
.erfuhr  ich,  da(s  er  es  theelöllelweise  zu  sich  genommen 
habe.     Anf  vnederhoUes  Fragen  versicherte  er  jedesmal, 
dafs  ihn  nirgends  etwas  schmerze;  keine  Klagen  über  un- 
angenehme Gefühle  im  Halse,  keine  Schmerzen  in   der 
Magengegend;  der  Unterleib  hatte  die  gewöhnliche  Wei- 
che, war   weder  krampfhaft  nach  innen  gezogen,   noch 
aulgetrieben,    selbst  für  einen  starken  Druck  der  Hand 
nicht  emplindlicii;  Athmen  war  frei,  Gesichtszuge  unver- 
ändert; die  einzige  Erscheinung,  wenn  man  eine  um  we- 
nig Schläge  vermeiirte  Pulsfrequenz   und  das  höher  gerö- 
thete  Geiici^t  ausnimmt,  was  bcidta  aber  such  auf  Uech^ 


--    118    — 

arni^  dei  hefUgen  Brlyradieni  koimneii  konntr»  mät  Am 
dieses  Krbrecben,  das  ich,  darch  hSafig  gereichte  Mildi 
mit  Seifen wasser  Termiscbt^  möglichst  enthielt.  —  In 
Verlaafe  einiger  Standen  Snderte  sich  der  Zattänd  dv 
niolits ,  und  der  Knabe ,  dorch  das  hiafige  Erbredien  •!•« 
gegrifren,  verweigerte  jetzt  hartnäckig  die  fernere  Anmhme 
Ton  irgend  einer  Flüssigkeit,  die  mir^  wieder  aiisgewor* 
fen,  in  der  letzten  Zelt  auch  keine  Arseniktheilchen  mehr 
zu  enthalten  schienen«  Ich  liefs  ihm  deshalb  eine  halbe 
Stunde  Ruhe,  dann  aber  Haferschleim  abwechselnd  mit 
einer  Kmulsion,  worunter  efwäs  Ricinusöl  war,  so  viel  als 
Bitten  und  Drohungen  Termochten,  reichen»  nnd  begab 
mich  mit  der- üeberzengung  eines  glacklichen  Ausganges 
nach  Hause*  Den  Rest  der  Nacht  über  dasselbe  gute  Be- 
finden, so  dafs  Patient  sogar  aufzustehen  yerlangt  hatte 
und  in  der  Stube  nmhergegangen  war.  Einige  Stühle 
und  noch  mehrmaliges  Erbrechen  waren  erfolgt.  Morgeaa 
7^  ühr  klagt  er  auf  einmal  über  Enge  im  Hälfte;  dieser 
•chwillt  etwas  auf,  einige  Zockungen  stellen  eich  tiß^  and 
mit  ihnen  der  rasche  Tod« 

Am  3ten  Tage  nach  dem  Tode  zeigte  der  KSrper 
noch  keine  übermälsig  lifide  Färbung  9  sondern  nar  die 
gewöhnlichen  Todtenflecken ,  wohl  aber  eine  merkliche 
Steifheit  aller  Gelenke.  Der  Oesophagus  bot  nichts  Beson- 
deres dar,  eben  so  das  aufsere  Ansehen  der  Gedärme;  da- 
gegen fand  sich  im  aufgeschnittenen  Magen  eine  dorch 
Bluttheilchen  rötblich  gefärbte  Flüssigkeit,  die,  gleich  einer 
Art  Gallerte^  sehr  fest  an  den  Magen wandongen  adharirta 
und  es  zweifelhatit  liefs,  ob  sie  aus  if eränderter ,  von  dem 
Blute  abgeschiedener  Fibrine,  oder  aus  einer  Secretion  der 
Magen  -  mucosa  bestehe  und  noch  eine  bedeutende  Menge 
ArsenikkÖrnchen  enthielt.  —  Die  herTorragenden  Falten 
des  Magens  waren  vorzugsweise  dunkelroth  gefärbt ,  weU 
che  Färbung  an  einzelnen  Stellen  so  scbarf  begrenzt  wari 
dafs  man  im  ersten  Augenblick  nicht  sagen  konnte  9  ob  es 
Ton  Blut  strotzende  Venen  seyen.  Die  Schleimhaat  selbst 
war  keinesweges  erodirt  oder  mürbe,  das  Duodenum  nicht 
Terandert,  nur  durch  Galle  stark  gefärbt. 

Merkwürdig  bleibt  das  Nichtvorhandenseyn  der  sonst 
so  stürmischen  Symptome  bei  Intoxication  durch  scharfe 
Gifte,  namentlich  durch  arsenige  SSure,  welcher  Tod,  so 
oft  ihn  auch,  sonderbar  genug,  das  Verbrechen  oder  der 
Selbstmörder  zur  Erreichung  seines  Zweckes  wählt  (Tiel« 
leicht   wegen  der  Bekanntschaft  mit  dem  weilsen  Anenik 


—    119    — 

nmd  der  leiehtonii  Aatchaffaiig  dattdbaa  alt  Rattett- 
cift  eCo.)»  doch  alt  einer  der  fbrditbarsten  and  scbmers» 
Mfteiten  lelbtt  den  Laien  bekannt  ist  Orfila  (Ceber* 
■elsnn^  Ton  EÜkn  8,  324)  theilt  ans  den  Beobaehtangeo 
Anderar  drei  analoge  Falle  mit,  ohne  eine  KrUamng  die- 
ses nngewobnlicben  Yerlaofet  hinsuzufagen.  AutbUend 
iet  mir  die  bedeutende  Menge  Gi/It,  die  in  allen  diesen 
FSIlen  verscblnckt  worden  war)  ob  bierdurch  Tielleicht 
aihe  rasdie  Labmang  des  Nerms  Tsgos  stattfiind,  ähnlich 
wie  andere  Nerren  ihre  Rm(>fangliGbkeit  für  änlsere  Reiza 
sinböÜsten^  unbeschadet  der  Muskeltbätigkeit,  der  Bewe- 
gnng,  des  Tbeils,  —  hier  des  Krbreobens^  —  in  dem  sis 
sieb  aosbreitsten  ¥  — So  konnte  man  es  sich  allenfalls  er- 
klären, wie  einmal  der  Magen  selbst,  als  das  zunächst  an« 
gefeindete  Organ,  frei  Ton  Schmerz  blieb^  und  sodann  die 
Leitung  der  Reizung  längs  des  Verlaufes  des  NerTus  Ta- 

gis,  die  bei  den  meisten  Vergiftungen  mit  ätzenden,  schar* 
n  Dingen  so  ausgezeichnet  ist^  in  der  Brust  als  Beäng- 
stigung, Herzklopfen,  im  Halse  als  zusammenschnürendes 
Gefühl  in  der  Kehle^  bei  Auftreibung  desselben^  im  Hirne 
als  Schwinden  der  Sinne^  Convulsionen ,  Ohnmächten  sich 
darstellt,  nicht  statthaben  kann.  Die  Analogie  läfst  sich 
bei  Yielea  Neurosen  nachweisen ,  z.  B.  bei  dem  Gesicbts- 
sebmoze;  schneidet  man  zwischen  der  schmerzhaften  Ner- 
^enpartie  nnd  der  Fortsetzung  des  Stammes,  der  zum  Ge- 
birne  geht,  ein  Stück  heraus^  so  ist  hiermit  der  Schmerz 
lor  einige  Zeit  gehoben,  wenn  gleich  er  später  durch  neu 
erzeugte  Zwiscbensubstanz  zwischen  den  beiden  Nerven- 
enden^ oder  durch  üeberspringen  auf  andere  Nervenpar- 
licen  idch  wieder  erzeugen  kann.  Eben  so  bei  der  Hy« 
sterie,  wo  die  Reizung^  Tom  Uterus  ausgebend,  sich  bis 
aom  Magen  erstreckt,  hier  vom  N,  vagus  aufgenommen 
wird,  und  durch  dessen  Ausbreitung  in  Magen,  Brust, 
Herz,  Half  bis  zum  Hirne  strömt.  Wird  entweder  in  der 
-Involntionsperiode  die  Thätigkeit  und  Function  des  Ute- 
rus aufgehoben,  oder  durch  die  häufig  hysterische  Car- 
dialgie,  die  Nervenpartie  des  Magens  für  solchen  Reiz 
gaaz  abgestumpft,  so  hören  hiermit  auch  die  Brnstkrämpfeetc. 
auf,  iadem  in  der  Nervenkette  ein  IsoUr' Punkt  sich  be- 
findet. 

Die  an  den  meisten  Stellen  des  Magens  nur  auf  die 
bervorragenden  Falten  desselben,  als  diejenigen  Theile, 
die  am  meisten  und  zunächst  mit  dem  Gifte  in  Berührung 
kameoj  beschrankte  dunkle  Röthe  bestätigt  die  aiigemei- 


I 

MM  MeMinngf  da(i  der  Aneniktod  und  di«  bti  Om.iUb 
lindende  Färbang  det  Magens  in  sehr  •  YSelen  FSQea  lUI 
Folge  dner  Kntziindung  lej,  sondern  letztem  mr  vosiM 
Rindiingen  des  Blutes  in  ^e  Hatrgelalse  absaleitei  li 
Denn  abgesehen  TOn  den  noth wendigen  Synptomei  dw 
akuten  Gastritis  im  Leben ,  bfitte  die  rotbe  Farboe|  «dl 
gleicbmäfsiger  über  die  Magenbäota  verbreitet  Msh  rm 
finden  müssen» 

Za  beachten  ist  aacb  die  trotx  des  heftigen  naä  Uh 
figen  Erbrechens  durch  den  der  Magenschleimhut  iM* 
rirenden  gelatinöien  Stoff  Temiittelte  Znrn^halCniff  M 
Arseniktlieilcben.  Ob  hier  nicht  yieOeidit  ConsfaleMli 
als  Milch,  z.  B.  Brei,  geeigaeter  gewesen  «ixe^  bdhl 
yogldch  jberaufZQwerien? 


mm 


4. 

$mson  1836  des  Kuroriei  Miioaaaer  1»  SdHUßt^ 

Von 
Dr,    Aue» 

KMgh  Kreisphysikut  und  Badeani  ae 


Mit  immer  gleicher  Ergiebigkeit  spenien  Ibitwftnii 

die  hiesigen  Mineralquellen  ihr  heükriltigea  WasMr  ■ 
günstigen  Wirkungen,  und  die  mit  aaseren  QaeUei  |Hi 
vertrauten  Aerzte  senden  immer  mehr  Kranke  cor  Kor  ■ 
denselben.  Selbst  drei  bejahrte  Aerzte  (von  deneq  einer  seit  II 
Jahren  ausschliefslich  nnr  der  Homoopatliie  siigewaedt  |S* 
iresen  ist)  sind  in  der  vorigen  Saison  zum  eigeaei  Kir* 
gebrauch  hergekommen  und  haben  sidi  dadnlrah  Tea  dV 
belebenden,  das  Gesundbeits  -  Wohl  fordernden  IHifcHB* 
keit  hiesiger  Brunnen  genügend  überzeugen  können» 

Die  mannicbfaltigen  und  yerscliiedenen  KranklMb* 
ialle,  welche  im  Jahre  1836  hier  yorkamen«  dl^  wlM 
wahrgenommenen  Genesungen  und  Gesnndbeits-Veitan^ 
Hingen  maditen  es  immer  gewisser  9  dafs  alle  KraaUicii* 
Gefühle ,  welche  dusch  elsenhakig-alkadisdi-cidigo  Wmt 


—    121    — 

/ 

'  I 

ftfim  irgendwo  baieltigt  wurden »  anch  hier  doördli  Hde^ 
bang  dd^  Nerven^  Tennittelst  des  leicht  assimiKrbaren  kolv 
lenMuren  ßiseÖB,  durch  Losung,  Neatralisirung ,  Zerth«^ 
loDgf  Ausscheidung  mittelst  der  Alkalien,  Erden  und  Salze^ 
io  wie  Termöge  der  innigen  Verschmelzung  dieses  Ve* 
liikelt  haben  entfernt  werden  ]i:Önnen  und  so  zur  Tonisi«« 
rang  der  Muskelfiebern  und  erhÖhcten  organischen  Kraft 
|g;ebracht  worden  sind*  Diese  Heil -Resultate  treten  am 
fo  zuverlässiger  ein,  als  die  drei  Badehäuser  durch  vier 
Terschiederie  Quellen  Tersorgt  werden,  wodurch  selbige 
gar  oft  die  Anwendung  nach  individuellen  Erfordernissen 
gestatten.  Nicht  selten  haben  selbst  Krankheiten,  deren  ' 
Sitz  und  Ursache  unbekannt  geblieben  war,  oder  zum 
Theil  einem  nicht  afücirten  Organe  zugeschrieben  wur-^ 
den,  durch  diese  Quellen,  worin  die  Vis  medicatrix  natu-  ■ 
rae  individui  et  mineralium  sich  zu  gleichen  Heilzwecken 
verbinden,  hier  gehoben  werden  können.  Bei  manchen 
Individuen  sind  noch  kleine  Abhilfen,  Vorbereitungen,  Ent-, 
Haltungen,  Auflösungen  etc.  nÖthig  geworden,  bevor  der 
Erfolg  den  Erwartungen  ganz  entsprechen  konnte.  Die 
friiheren  gunstigen  Wirkungen  haben  schon  den  ImpuU 
für  Aerzte  und  Kranke  gegeben,  da|s  in  der  vorigen  Sai- 
ten 449  Familien,  aus  deren  Mitte  511  die  Kur  hier 
turauchten,  hergesandt  worden  sind-,  mithin  weit  mebr  alt 
1b  irgend  einer  iriiheren  Saison  und  fast  um  die  Hälfta 
nelir,  als  irgend  ein  scblesisches  eisenhaltiges  Bad  au^ 
zofubren  vermag.  Ein  Viertel  dieser  Kurgäste  hat  zui 
Verbindung  gemeinschaftlicher  Heilzwecke  und  Familien- 
Verhältnisse  wegen  in  Salzbrunn  gewohnt  und  von  dort 
aus  die  hiesigen  Bäder  benutzt  Hinsichtlich  der  erwähn-', 
ten  Zahl  der  Kurgäste  sind  darin  nur  Erwachsene  und  27 
notorisch  Arme,  aber  keine  Kinder,  vielmehr  nur  solch» 
Individuen  mitgezählt  worden,  welche  einer  besonderen 
"Wanne  benöthigt  waren.  Ein  Theil  der  Kranken  bediente 
sich  der  hiesigen  Bäder  und  Brunnen  gegen  Erscblaifun*. 
gen,  Vorfalle,  Chlorosis,  Amennorrhoe,  Sterilität,  Bläh- 
tuchten ,  gegen  Mattigbeitsgefulile  atonischer  Art,  um  dit 
Schwachen  des  Alters  zu  mäfsigen  und  sodann  mit  erhöh- 
ten Kraftgefublen  den  tellurischen  und  kosmischen  Ein«* 
flüisen  kräftiger  widerstehen  zu  können. 

Von  den  günstigen  Heilwirkungen  ist  ein  Mehreret 
in  den  Jahrbüchern  über  sämmtliche  Heilquellen  Deutsch- 
lands (welche  in  diesem  Monat  erschienen  sind)  von  Alt- 
Wtimcx  getagt  worden«    Patelbtt  tiod  aber  durch  eioo 


—    122    — 

Zililfendireilniiig  im  Manoteript  ttatt  BUer  te' 
Klatie  4918  nur  4118  angegeben  worden,  woAmh  dhi 
Kedartion  die  Additions-4Samme  zu  TerSndem  sieb  l&r  ym» 
anlaliit  gehalten  bat,  to  daft  diMlbpt^  ak  Ton  mir  an« 
^geben,  nar  11,406  Bader  aufgeführt  stehen.  Ki  find 
aber  mit  den  Kiir-,  Kegen-,  Probe-  nnd  hemehaftliehcr 
Seite  bewilligten  Bädern:  409  gratüp  in  S  Terychiedeaea 
Klassen  wirklich:  12,206  Bäder  veiabraicht  worden» 

Da  Ton  der  Herrschaft  kraftig  gesorgt  wird,  Altwasser 
in  allen  Verhältnissen  immer  gunstiger  zu  gestalten,  so 
baben  sich  aacli  in  den  letzten  Jahren  schon  Mehrere  bei 
zunehmender  Frequenz  bereit  gezeigt,  nene  Haoaer  n 
bauen  und  lur  angemessene  Wohnungen  immer  mehr  u 
sorgen.  Geeignet  ist  übrigens  die  von  der  Natur  sa 
freundlich  mit  vielen  Reizen  und  Heilkräften  reichlicb  be^ 
gabte  Gegend^  da(s  hier,  wie  in  einzelnen  Östreichisehea 
Kurorten ,  sich  Begüterte  zum  Anbau  kleiner  Villen  bereit 
finden  mochten.  Manche  kommen  überdies  scbon  Tialo. 
Jahre  hinter  einander  her,  um  durch  Wieder|iolnng  den 
Kurgebrauchs  ihrem  Körper  Ersatz  der  aus  mannichibcheK 
Lebensverhältnissen  Terlorenen  Kraft  zu  geben,  so  wia 
Erheiterung  und  Belebung  des  Geistes  bervorznrnfen. 

Ein  Kurgast  bat  seinem  individoellen  Ermessen  nach 
aogar  19  Jahre  ununterbrochen  die  Wiederkehr  emenert 
nnd  will  dadurch  allein  die  jedesmalige  fieftttigong  nnd 
Bekräitigung  seiner  Gesundheit  bewahrt  gninnden  babcuu 


Gelbsucht 

hei 

ftnem  nevgehomen  Kinde  mit  tödtlickem  ÄMegmige, 

mitgetheiit 

von  ' 

Dr.    Bennewitz, 
in  Berlin. 

Seit  mehreren  Jahren  habe  ich  die  Gelbsucht  nntnr 
Auk  Naogebornen  als  eine  nicht  ganz  ungewöhnliche  Br- 


^    133    ^ 

wdvAmtig  zd'  beoUditen  GeleganMt  fcihii't«  gawetha 
nah  ich  sie  nach  dem  Venchwindcii  der  Rötho  swiicbeB 
dem  5ten  bis  8ten  Tag  entstehen,  wo  nlsdann  d^e  Htn^ 
beVof  sie  weifs  worde,  diese  gelbliche  Färbaog  annahm« 
Aber  nur  selten  war  damit  wirkliche  Gefahr  Terbandeo» 
«nd  in  der  Regel  yerlief  sie,  Ton  Arzt  und  Eitern  iasi 
gleich  unbeachtet.  Ich  setzte  ihr  Erscheinen  in  dieses 
Fallen  aof  Rechnung  der  erst  nach  und  nach  sich  ordnen^ 
den  Thätigkeit  der  Leber  und  des  Gallensystems,  in  Folga 
dessen ,  wie  ich  mir  dachte ,  die  gallichten  Theile  •  dem 
Blute  niddt  TÖllig  entzogen ,  und  somit  auf  die  Haut  um} 
die  anderweitigen  Gebilde  des  Körpers  abgelagert  wor-^ 
den.  .  Wenigstens  wurde  es  mir  wahrscbeinUcb^  dals  dler 
ser  gewöhnlichen  Gelbsi:cht  der  Neugebornen  keine  andere 
Ursache  weiter .  zum  Grunde  liegen  möchte ,  da  ihre  Er^ 
scbeinung  auch  ohne  alles  Hinzuthun  der  Kunst  und  oi|( 
recht  bald  wieder  yerscbwand. 

• 

In  andern  Fällen  war  jedoch  die  Gelbsucht  nicht  im-^ 
Hier  eine  so  gefahrlose  Krankheit»  Es  gesellten  sich  als- 
dann entweder  gleich  anfangs,  oder  im  Verlaufe  derselben, 
Krämpfe  und  Conyulsionen  hinzu,  und  machten  den  Aus«  ^ 
gang  oft  tÖdtlich.  Hier  waren  meist  immer  andere  Ursar* ' 
eben  daran  Schuld^  die  manchmal  entdeckt  wurden,  noch 
öfter  aber  ganz  unentdeckt  blieben,  und  zu  mancherld 
Vermutbungen  Anlals  gaben»  Wie  mir,  so  erging  es  ge- 
ifÜs  auch  anderen  Beobachtern^  und  scheinen  die  Tielen 
Hypothesen,  welche  wir  über  das  Patbogeniscbe  dieser 
Krankheit  besitzen,  dies  zur  Genüge  zu  beweisen» 

Ohne  indessen  mich  hier  auf  die  Erörterung  der  ein« 
seinen  Hypothesen  weiter  einzulassen,  will  ich  nur  der 
von  Chambon  "*)  erwähnen,  welche  auf  meinen  sogleich 
naher  mitzutheilenden  Fall  die  schickliebste  Anwendung 
XU  finden  scheint.  Nacli  Chambon  entstände  nämlich  die 
Gelbsucht  bei  den  Neugebornen  consensuell,  durch  den 
Druck  des  Gehirns,  welchem  der  Kopf  des  Kindes  wäh- 
rend der  Entbindung  ausgesetzt  ist.  —  Diese  Chambon^ 
«che  Theorie  scheint  mir  sehr  plausibel,  und  dürfte  die 
Richtigkeit  derselben  in  gewissen  Fällen  nicht  zu  bestreik- 
ten seyn.  Wenigstens  leuchtet  mir  ein,  dafs^  Termöge 
des  Consensus,  welcher  zwischen  dem  Gehirn  und  der  Le- 
ber besteht,  Verletzungen  des  ersteren  gerade  hier  um  so 

•)  N,  Chambon*   Hb.  d.  Krankheiten  d,  Kinder.     A«  d«  Franz. 
ttbtit.  Ton  /.  A  Beckir.  fiesliA  I8üi»   8.  252. 


aachthelHser  whlen,  alt  dia  LebertblÜiMt  in 
aen  noch  nicht  geordnet  und  wege«  detveriadartwiBtal- 
wnlaafB  nnd  der  beginnen  Jen  nenen  Verriobtoag  det 
Darmkanalg  Storangen  nm  ao  leiehtar  «oageaetat  iat.  Abar 
»iefat  allein  wahrend  der  Bntbindnng»  aondaro  aiieh  wmdk 
denelhen  besteht  dieser  Consensoa  noch  fort  oad  wUk 
nit  ziir  Krzeiigung  der  Gelb8tlch^,  wanigataoa  ao  hagi^ 
bis  erst  im  Naugebornen  die  Leberthäügfc«t  yöUig  gooid« 
net  ist.  Ceberall,  wo  daher  die  Gelbsucht  mit  coBTnlai- 
iriachen  Bewegungen,  die  ihre  Entatebong  meiat  immer 
den  gestörten  Verriebtangen  dea  Gehima  Todankea^  tof- 
banden  ist»  können  and  uiGssen  wir  auf  etae  aolcba  Vai^ 
anlassiing  scbUefsen»  -*  Vielleicht  durfte  folgender  FaD 
dazu  dienen,  das  Gesagte  anacbaalichcr  za  machen. 

Eine  junge  gesunde  Frau,  Anfiinga  der  Zwanziger, 
belebe  schon  vor  zwei  Jahren  geboren  halte»  wurde  aber« 
mals  von  einem  Knaben  entbanden.  Derselbe  kam  aebr 
achwer^  und  leblos  zur  Welt.  Erst  mit  Mühe  gelang  ea»  ibft 
ins  Leben  zurückzurufen.  Der  Knabe,  dem  Anscliein  aach 
Tollkommen  ausgetragen  und  woblgebildet,  war  nicht  allsn 
atark  9  hatte  einen  kleinen  mit  dichten  ichwaraen  Haaren 
bedeckten  Kopf  nnd  blaue  Augen.  —  Nachdem  er  meh- 
rere Stunden  geschlafen  hatte,  reichte  ihm  die  Mutter  die 
Bruit;  er  sog  kräftig,  und  bald  darauf  .erfolgte  die  Ent- 
leernng  des  Meconiunis.  Schlaf  und  ErnShrang  weebael«- 
ien  in  den  nächstfolgenden  Stunden  des  Lebens  ragebsS« 
Ölig  ab,  und  es  war  alle  Hoffnung  für  das  Gedeihen  nnd 
das  Wachsthum  des  Kindes  vorhanden,  ala  mit  dem  6t6D 
Tage  sich  plötzlich  die  Sceae  änderte.  Das  Kind  fing  mit 
einem  Male  jämmerlich  an  zu  schreien,  übergab  aiä  in 
einem  fort  und  zurktc  an  Händchen  und  Füfsen,  so  dalb 
niclits  es  zu  bemhigen  vermochte.  Doch  da  die  Mntter 
aich  der  Veranlassung  hierzu  bewufst  war  und  sich  erin- 
nerte, fiafs  das  Kind  Abends  beim  Anlegen  an  die  Bmat^ 
als  es  sich  mit  dem  Köpfeben  unversehenda  anrückwarf, 
etwas  unsanft  auf  ihren  Arm  gefallen  war^  so  war  aio 
durchaus  nicht  besorgt,  hoffend,  dafs  es  sich  mit  der  Zeit 
wieder  bessern  sollte.  —  Am  andern  Morgen  war  jedoch 
der  Zustand  noch  eben  so;  das  Kind  blieb  In  länem 
Sclireien,  verweigerte  die  Brust,  und  jeder  Versnob^  ihm  « 
etwas  Thee  einzuUöfscn^  wurde  von  Erbrechen  b^^leitet» 
Ge<j;cn  Abend  liels  man  mich  rufen. 

'Als  ich  ankam ,  üel  mir*  zuerst  die  über  dem  ganzen 
Körper  verbreitete  dunkelgelbe  Fficbung   der. Baut«  din 


—    125    — 

T^i  Totberooeh  totenrodi  Wiftr^  auf.  X>n»  Sdiralte  m 
periodisch  heftiger  und  wurde  von  Kraoipfen  und  Con- 
Tulsionen  begleitet«  Der  Herz-  und  Pulsiclilag  w^ren  Ter* 
bältniüsinäfsjg  langsam  (70  Schlage  i«i  der  Minute).  Stuhl« 
gang  fehlte  seit  24  Stunden.  — -  Ich  liefs  demnach,  sogleich 
ein  mit  Zucker  yersetztes  Chamillenklystier,  welches  einen 
gelben  Stuhlgang  bewirkte»  und  innerlich,  weil  jede  Flüs- 
sigkeit^ selbst  der  Rhabarbersyrup »  ausgebrochen  wurden 
eine  Potio  Kiveri  cum  Aq.  Flor.  Aurant«  et  Sjtupo  Pap« 
albi  reichen. 

Nach  dem  pünktlichen  Gebrauche  dieser  MUtel  Ter- 
ging  die  Nacht  etwas  ruhiger.  Das  Erbrechen  liefs  nach| 
allein  die  Krämpfe  kehrten  zwar  seltener,  aber  desto  hef- 
tiger wieder.  Das  Kind  verweigerte  noch  jetzt  jede  Nähr 
rung,  und  zum  Saugen  an  der  Mutterbrust  schien  es  za 
matt  zu  sejn,  —  Da  der  Stuhlgang  wieder  ausgeblieben 
var,  so  verordnete  ich  nunmehr  Rhabarber  mit  kleinen 
Gaben  Calomel^  und  liefs  nebenher  ein  Chamillenbad  be- 
reiten« Doch" trotz  aller  Vorkehrungen  und.  ungeachtet  des 
noch  erzielten  offenen  Leihes>  starb  das  Kind  unter  Con« 
Tidsionen  am  achten  Tage. 

Bei  der  äufsern  Besichtigung  der  Leiche^  deren  Oeff» 
nung  leider  nicht  gestattet  wurde ^  fiel  wieder  die  gelbe 
Farbe  auf.  Auch  fand  sich  aufserdem  eine  auffallende .  feh- 
lerhafte Bildung  des  Kopfes  vor.  Alle  Knochen  desselben 
waren  nämlich  nur  sehr  unvollkommen  entwickelt,  und  taut 
nirigend  fand  eine  Verbindung  unter  ihnen  statt.  Alle 
Nähte  waren  noch  offen:  die  Kranznaht >  die  Stirn-  und 
die  schuppige  Naht.  Die  Scheitelbeine  standen  mit  ihren 
obern  Rändern  so  weit  von  einander,  dafs  ein  freier  Zwi- 
schenraum von  zwei  Fingern  Breite  zu  fühlen  war.  Fast 
eben  solche  Forche  war  auch  an  der  Stelle  der  Lambda- 
nalit.  —  Cebrigens  war  an  der  kleinen  Leiche  nichts  Norm- 
widriges weiter  wahrzuTkebmen.  Der  Unterleib  war  ein- 
gelallen  und  die  Lebergegend  weich. 

Bisher  habe  ich  diesen  merkwürdigen  Krankheitsfall 
getreu  so,  wie  ich  ihn  in  meinem  Tagebuche  aufootirt 
habe^  wiedergegeben.  Schliefslich  mag  es  mm  erlaubt 
seyn^  Einiges  über  die  Entstehung  desselben  in  Beziehung 
aof  die  oben  aufgestellte  Behauptung  hinzuzufügen.  Ein 
ansehnlicher  Theil  des  greisen  und  fast  des  ganzen  klei- 
nen Gehirns  entbehrten  der  sie  schützenden  knöchernen 
Kopfbedeckung  fast  ganz.  Jeder  aufsere  Insult  wirkte  da« 
lier  fast  unmittelbar  auf  das  Gehirn  selbst  ein«  Schon  das 
Uolte  Liegen  auf  dem  Hinterkopf  brachte  Erscheinuiigen 


—    126    ~ 

von  Diti^,  wohin  namentlich  der  langnme  Polt  geilbtt 
KU  werden  TerdienC,  hervor}  um  wie  viel  naobtheiliger  elao 
mafste  erst  hier  ein  ziemlich  heftiger  Stofi  aof  den  Kopf 
einwirken.  Krämpfe  und  Convnliionen  bekundeten  die  ge« 
•törte  Verrichtung  des  Gehirns  nur  zu  deutlich^  Und  es 
nimmt  wohl  nicht  Wunder,  wenn  wir  sehen,  dsis,  nach* 
dem  das  Gehirn  bereits  so  alienirt  worden ,  auch  ein  ndt 
ihm  in  enger  Mitleidenschaft  stehendes  Organ,  wie  die 
Leber,  secundar  — -  per  sympathiam  —  in  seinen  Fnnk« 
tionen  gestört  wurde*  Wenigstens  die  liier  hat  nmnittet- 
iMir  auf  die  Verletzung  des  Gehirns  erfolgte  Grelbsücht  Ter- 
häit  sich  zu  jener,  wie  Wirkung  zur  Urmch.  Somit  leoeh» 
tet  also  der  Einünfs,  welchen  das  Gehirn  anf  die  Entste- 
hung der  Gelbsucht  bei  den  Neugebomen  hat,  wenigstem 
in  diesem  Falle,  zur  Ejidenz  ein ;  nur  möcbto  es  achwcc 
eeynj  ihn  überall  so  Uar  nachzuweisen* 

6. 

MonatluJier   Bericht 

aber 

ien  Oesttnäheifisustand,  Geburten  und  TodeifStttvonBetiyik 

Mitgfttheilt 
am  den  Akten  der  Hufeland  stehen  med»  Mmrg.  OeMeOwKafU 
Mit   der  dazu  gehörigen   H'ittenmj/M  -  TäbdUm 

März^ 
Ueber  die  Witterung  verweisen  wir  aof  die  beigefügte  TaleL 

Bi  wurden  geboren:    471  Knaben, 

406  Mädchen, 

877  Kinder. 
Es  starben:    181  männlichen, 

150  weiblichen  Gesdileehts  Sber^ 
und  270  Kinder  unter  10  Jahren^ 

601  Personen« 
Mehr  geboren  276. 
Im  März  des  Tergangenen  Jalires  worden 
geboren:      458  Knaben, 
448  Mädchen, 

906  Kinder. 
Et  starben:    236  männlichen, 

173  weiblichen  Gesehledits  fiber^ 
und  343  Kinder  unter  10  fahren. 

752  PeEsonen«  .    . 

Mehr  geboren  15|* 


tm  TeAinntlii  zun  Monat  Witt  d«i  Tot^gen  Jahra 
mrjen  im  USa  di«Mi  Jkliref  weniger  geboren  2(t,  und 
Marben  weniger  161. 

Der  Theomtliti^-kaUrTbBlische  Cliarakter  der  Krank- 
Üdten  blieb  drä  bsrncbende;  havGg  gingen  ilie  Krank- 
lieileB  in  Entaündung,  beiondera  der  Langen,  nber;  KSf 
naä  da  fanden  (ich  audi  gaitrisclie.  Fieber.  Von  Üxäu^ 
tlnnien  fand  aicb  ein  roienaniger  AnssehJag  häo&g.  Pok- 
ften  kamen  leltener  vor,  docb  (tarben  dann  ö  Ptrtaam, 
■inUf  denen  Ein  Erwwibiener. 


8p»*l»ll0    Kr«nkkttt»n 

Enruh-I 
.e„..     ; 

Kindei.  j 

J. 

a| 

Kriakhelten. 

:| 

1 

1 

i 

Au  Scbwicb.  e.ld  n«eh  d?r  lieb« 

IT 

36 

Vnwiiig  und  lodi  EFbar« 

A»  8urrkru.pt.        :       .       . 

■Vau,  Kriünpfen.        .       .       . 

Ab  Sluopticln.    .       .       i       , 

; 

Amw«,«k,Dpf    .   :   : 

An  den  Pocken          ,       ,       . 

3 

im  d<rr  l.iiüligea  Biui». 

A«derHcMef      .... 

1 

1 

An    er  Leberentiüiidiing.         , 

An    rr  Hnltentiimdiinc    .        , 

Ad  BückeniDArkiPnriiuidang    . 

"in  NerrenfiebS^"       .*       '. 

Au  Selileiinfieber.      ,       . 

:b*r    Hl 

33 

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Ab  der  DarerlcibauliwEndmthl 

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J,ZplIge»^Kr«i.ifr(Bo(,        .       . 


an  oiol'il  hMni'iTi'lpn  KnullLlii 
DoiOll  Ungliuikirtlla 


Die  BUtUoAA  ila-  pnAl.  HeiUimät 

Jtaimituit,  J.  N.  mbilis  ae,  i 

'iTifrtipiiit  ^icäala  mtdicae,  i 

taoitiitH.     Tom.  I.  et  II. 

Larreji,  D.  J.,  fleoitriAftipSM 

vertehiedMe  «mene  mtd  fWsn 

I-yim^.  von  Dr.  Ametung. 

KNfae   lillfrUritch^   Ansei 

Leu,  F.fitrin,   Otisi'maliofie   an 

wsliltithrtsniuljnrmikt  ufFriai 

J,t>c,  Eilwi»,  Coiiji  lioeit.eiiT 

ilrcs  et  »a*  l'Hitt  aatutl  dt  tq. 

rnr'jie  cii  J?ijr(e(«Te.  ^ 

J'Hlfntiii,  <i-,  Revcrfurivm  fi 

luijic.     isifn  Siwtlea  1,  unil- 

Herr,  A.,   Ifcber  Ji.'r  Eüi^^ 

ilelmnii   ilcr  Sraiikheilai, 

vtid  AiusrhlnjitficbfT. 

Akademischt     Sckrifte 

Berlin. 

Ocf«oit,Jac.|WTiCTv-w 


ti 


EronkhelteiD 

1 

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der. 

1 

An  dpr  T.d>''rT-rl.üitiing.  . 

£8-sa„.»  :   :   :   : 

An  der  llHnbeuteliratieriucliI. 
Au  Ut.,>.l..r. 

its'siii^'-"';;d-s«ddj.,f..  :  : 

An  d>'r  -I'^nk....-!,!.           .       .        . 

SsSix-Ji^eJ;:.   :  :  :  : 
AntenirtisiLPiv.  ."   ;   :   : 

An  Z<-l1gri"-bev^rJiarIulig. 

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10 

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1 

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601 

Sie  BailotAd  der  prakl.  Heiihmde,   Mürz  1837  MiAAttl 

JtnitiinHn,  J.  AT.  IfobilU  de,  Principia  Faliologm  mc 

'UifTitpiae  tjieciali»  mtdicae,  umi   acnäemum   <nfcn»> . 

moilitla.     Toni.  1.  el  II. 
liBTrr<j,  D.  J.,   BeobacIiUirigen  und  ETfahnmge»  9ier 

vcrsehieilenc  innere  ufuj  üi^scre  £neii£Aeit«i.     A.'ä, 

hViinz.  voll  Dr.  Amelang. 
KHr=c   (i[r.T(ir/iicÄe  Anzeigen. 

hee,  Eilitl«,   Vbtenatimn   on  tht    principaf  nteJIcnl 

inflH iit Ions  and  jiraelke  of  France,  Jlahj  and  Qfnaai^ 
l.ee,  Edwin,  Coup   doeil   sur  let  Itipitaux   de  Lait- 

thc»  et  »ur  l'elat  aclHtt  de  la  meäecine  «t  ie  ia  dM< 

rnri/ie  «i  Angteferre. 
Tülentin,  O.,  Repcrtiirium  für  Annlomie  und  fl^rf»- 

lo!fic.    igten  Sandes  l.  und  2.  Heft. 
Bert,  A.,   ütber  den  Einftuß  der  SäfX»   auf  die  £tat- 

ste/atnii   der  Krankheiten,   tntiesünilera  der  Kardinäl- 

twd  Atiurhlagtficber. 
Alademische    Schriften    der    VntvertHat  XU- 
Berlin. 
O  e  r  «  0  w  1  Jaty  experiinenta  de  ekymifiuilioM  artlfciattt 


« 


C.  W.  Hufeland's 


Journal 


der 


practischen   Heükimde. 


Fortgesetzt  , 


Ton 


Dr.  E.  Osann, 

mäeoXL.  Professor  der  Medicin  an  der  üniTeraitSt  ond  der  med, 

dumrg,  Academie  für  das  MiUtair  zn  Berlin ,  Director  des 

K*  Poliklin.  Institats ,  Ritter  des  rothen  Adler  -  Ordens  dritter 

Klasse  und  Mitglied  mehrerer  gelehrten  Gesdlscfaaften« 


Orauy  Freund  y  ist  atte  Theorie, 
Doch  grün  des  Lehens  goldner  Baum* 

Göihe. 

IV.  Stück.    April. 
Berlin. 

Gedmckt  und  verlegt  bei  G.  Reimer« 


\ 


* 


iM«l 


I. 

Geschichte 

e  i  n.  e  r 

inveterirten  und  larvirtenSyphiliie^. 

welche  '      ^ 

Apoplexie   und  halbseitige  Lähmuog  cur  Fo^ 

halte.  *) 

Von  ' 

Dr.  Fr.  Busse, 

KönigL  Medldnalrathe  und  Hofin^dicut  Kn  Berlin. 


(Yorgetragen  in   der  Versamml.  der  Hafeland.  med.  cKrf* 
rurg.  GeieUscb.  d.  17."März  1837.) 


Ixegeostand  der  hier  zu  erzählenden  Krank- 
heitsgeschicbte  ist  ein  junger  Mann  von  schlan- 
kem Körperbau )  blähender  Gesichtsfarbe  utid 
kräftiger  Constitutiou.  Er  war,  als  er  im  Jahre 
1833  zuerst  syphilitisch  angesteckt  wurde,  nicht 
ToH  24  Jahre  alt,  hatte  sich  bis  dahin  stets 
einer  guten  Gesundheit  zu  erfreuen  gehabt  und 
seine  Schul«  und  Unirersitäts-S Indien,  auch  das 

*)  Des  Falles  ist  bereits  in  C7<tsper'«  Wochenschrift  18M 
Nq.  4.  mit  einigen  Worten  erwähnt  worden,  nach 
einer  mündlichen  Alittheiiang,  die  ich  einigen  ärzt- 
lichen Freunden  damals  gemacht  hatte.  B* 

A2 


—     4     — 

sweiM  jaridkclie  Examen  gloiUich  absolriit 
Er  gehört  einer  hiesigen  hSchtt  achtbaren  Fa- 
milie an,  deren  Haaiarzt  ich  seit  etwa  acht  Jab» 
ren  bin  nnd  cwar  gemeinsch^fllich  mit  dem 
TerdieostTolIen  Veteran  der  hiesigen  Stadt- 
wundärzte ,  Hrn.  Mohr.  Dies  hier  an  erwab* 
nen,  fühle  ich  mich  besonders  Terpflichtet,  w«l 
Hr.  Mohr  dem  langwierigen  nnd  hartnackigen 
Krankheitsfall  grofse  Aufmerksamkeit  nnd  nn* 
ermüdete  Sorgfalt  gewidmet  hat  nnd  ihm  da- 
.her  mit  Recht  die  Anerkeontnib  gebnhrt,  smr 
Herbeifiihniog  eines  möglichst  giinstigen  Resnl- 
tats  unserer  Knr  wesentlich  mitgewirkt  sn 
haben«  — - 

Es  war  in  den  ersten  Tagen  des  Monats 
März  1833,  als  ich  gelegentlich  der  Familie  des 
Fat.  einen  Besuch  machte  und  erfuhr,  derselbe 
sey  seit  etwa  8  Tagen  unpäfslich  nnd  leide  an 
fieberhaft  -  gastrischen  Beschwerden ,  wogegen 
Hr.  M.  auch  bereits  Arznei  Terordnet  hätte« 
Der  Kranke  ward  mir  vorgestellt.  Der  sehr 
dicke  Beleg  der  Zunge,  so  wie  das  aufgelok* 
karte  Zahnfleisch  fielen  mir  auf;  ich  näherte 
mich  dem  Munde  des  Kranken  und  ein  nicht 
SU  Terkennender  penetranter  Merkurial-Gernch 
kam  mir  entgegen.  Ich  nahm  den  Fat.  hei 
Seite^  und  auf  meine  Frage:  weshalb  er  Mer- 
kur gebraucht  hätte?  gestand  er  nach  einigem 
Zögern,  dafs  er  seit  etwa  4  Monaten  an  einem 
Chanker  leide  und  Pillen,  welche  ihm  ein  hie- 
siger Arzt  Terordnet,  gebraucht  hatte.  Falacha 
Scbaam  hatte  ihn  abgehalten,  sich  an  Hrn«  Jlf. 
oder  an  mich  zu  wenden ;  übrigens  rersicherta 
er  aof  das  feierlichste,  Ton  syphilitischen  Uebeln 
früher  nie  befallen  gewesen  zu  sejn. 


—      5      — 

Die  Lokal -Uoteribchuogergalb  •in' sehr 
speckiges  Vlcas  syphiliticom  aa  derEicheV  Tt»« 
der  Grofse  eines  Fingernagels«  Es  bestand  Mt 
December  1832  und  Pat.  hatte  bisher  dagegen 
Sublimat  ununterbrochen,  aber  ohne  Erfolg  ge« 
braucht,  hatte  indefs  auch  während  der  ganzen 
Zeit,  aus  Furcht  sich  seiner  Familie  zu  Terra« 
then,  gar  kein  geregeltes  diätetisches  Verhalten 
befolgt.  Er  hatte  vielmehr  seine  Berufsgeschäfta 
als  angehender  Jurist  fortgesetzt,  war  täglich 
in  der'  nngiinstigsten  Jahreszeit  ausgegangen  and* 
hatte  überdies  an  Familienfesten  und  Ta'nizpar-* 
tieen  thätigen  Antbeil  genommen,  wobei  man- 
cherlei Excesse,  Erhitzung  und  Erkältung  nicht 

hatten  können  t ermieden  werden. 

• 

Es  ward  nun  zunächst  das  erforderliche 
Heilrerfahren  gegen  den  gastrischen  Zustand 
eingeleitet  und  die  Genesung  erfolgte  bald.  Un- 
geachtet aber  Fat.  hierbei  eine  sparsame,  anti- 
fhlogistische  Diät  geführt,  das  Bett  gehütet  und 
ühlend  abführende  Mittel  gebraucht  hatte,  ao 
^ar  dennoch  das  Geschwür  in-  und  extensiT 
bedeutend  gewachsen,  und  es  blieb  demnach 
nichts  weiter  übrig,  als  zum  Gebrauche  dea 
Quecksilbers  zurückzukehren*  Dies  geschab^- 
H&d  zwar  ward  wieder  Sublimat  gereicht ;  aber 
Pat.  mufste  dabei  eine  schmale  Kost  führen, 
das  Zimmer  hüten  und  sich  warm  halten.  Der 
Erfolg  war  sehr  günstig.  Der  Ghanker  reinigte 
aich  und  vernarbte  allmälig,  ohne  dafs  irgend 
•twasBemerkenswerthes  dabei  vorgefallen  wäre^- 
Die  Mittel  wurden  noch  einige  Zeit  nach  dem- 
Schwinden  der  örtlichen  Symptome  als  Nach-^ 
knr  in  verminderter  Dosis  fortgebrancht ,  Fat,* 
achien  gesund  und  ging  wiederum  seinen  Ge-^ 
acbäflen  nach* 


—    •    —     ' 

Dies  dauert«  vngdSlir  7  bis  8  WoAm; 
Ja  saigta  sich  nil  eiDem  Mala  ew  iiauaa  Ga* 
achwSr  an  der  Vorhaiit.  Dia  ünmS^lidikdb 
aioer  arDenleD  Aosteckuog  beechwor  Pat,  hod 
ond  theuer^  aber  der  sjphilidache  Charakter 
des  Ulcus  war  aicbt  so  Terkenaen  und  wir 
kehrten  daher  snm  Gebraoch  des  Snblimata  so- 
rock.  —  Dieser  war  jedoch  diesmal  gans  ar- 
folglof.  Das  GeschwBr  TergroÜBerte  sich  mit 
jedem  Tage,  und  es  blieb  meines  EraditaBa 
nichts  iibrig,  als  an  einer  kräftigen  lannctiona* 
knr  SQ  schreiten.  Ich  war  jedoch  gerada  im 
BegrüF,  eine  Reise  sa  ontemehmen,  nnd  Hr. 
Mohr  wünschte,  dab  noch  ein  anderer  Arzt 
während  meiner  Abwesenheit  den  Kranken  be^ 
obacbten  mochte«  Dies  ward  den  Eltern  des 
Pat.  Yorgettrilt  und  ihre  Wahl  fiel  auf  den  Hrn. 
Geh.  Ober-IHed.-Rath  Klug,  ihren  Tiel jährigen 
Hansarzt  und  Freund.  Dieser  sah  den  Kran« 
ken  und  mit  seiner  Zustimmung  ward  am  17. 
August  1833  eine  kräftige  Inunctionakar  begon* 
nen  und  während  4  Wochen  forlgesetat»  Ea 
erfolgte  starke  Saliration,  sonst  aber  keine  nn* 
gewohnliche  Erscheinung.  Man  liefs  nachhat 
den  Kranken  noch  einige  Wochen  Zittmann« 
sches  Dekokt  trinken,  aber  das  LocaUibel|  weit 
entfernt  zu  heilen,  richtete  ytelmehr  die  grola« 
tan  Zerstörungen  an. 

Nach  einer  Abwesenheit  Ton  11  Wochen 
aah.  ich  den  Kranken  wieder.  Der  Znstand  aai« 
nes  Penis  erschreckte  mich.  -  Die  ganze  obere 
oder  Tordere  Wand  der  Vorhaut  war  von  den 
Gaichwiiren  durchfressen ,  so  dab  das  Präpu» 
tinm  zu  beiden  Seiten  der  ganz  entblobten  Ei* 
ehel  wie  ein  dicker  Fleischkluropen  herabhing« 
Dia  irulstigen  Bänder  boten  eine  groise  ^ecfcig^ 


•TP..     7.     — 


•dualerige  Getchwonfiäcbe  dar,  Too.wdcber, 
•«8  oaeh  pb6ii  sich  mehrere  Fiitelgänge  1—2. 
Zoll  tief  zwisoben  den  «ubern  HautdeckeD  des 
Gliedes  aod  den  Corporibps  caTsrnoais  gebildet 
hattea^  die.  bald  die  Hfiutgebilde  tbeils  durch 
schlechte  Eiterung,  tbeils  durch  Verwaodlttog 
derselben  in  eine  schmierig»  käsige  Masse ,  wi« 
beim 'Hospitalbrande y  gäoslicb  zerstörten,  der- 
gestalt, dab  das  Glied  wie  abpräparirt  da  lag 
und  blofs  nach  unten,  wie  gesagt,  Ton  dem  an« 
fSrmlicben  Fragmente  des  Praeputii  noch  eini- 
germaisen  bedeckt  wurde.  —  Das  Allgemein-« 
befinden  des  Kranken  war  dabei,  wie  leicht 
SU  erachten ,  sehr  traurig.  Er  war  im  höch- 
sten Grade  abgelnagert,  konnte  das  Bett  nicht 
▼erlassen  ond  litt  an  einer  Febris  lenta  con- 
linna» 

Es.  kam  nun  darauf  an,  sn  bestimmen,  was 
für  ein  Heilrerfabren  einzuschlagen  sey.  Der 
Habitas  der  Eiterfläche  schien  mir  unbedingt 
für  das  Fortbestehen  der  syphilitischen  Dyskra- 
•ie  zu  sprechen,  hingegen  die  grobe  Schwäche  ^ 
ond  Abmagerung  des  Kranken,  so  wie  die  zer-^ 
störende  Verjauchung  der  Hautgebilde,  jedeMer- 
knrialknr  eben  so  absolut  zu  Terbieten«  Dies 
yeranlabfe  mich,  eine  Berathung  mit  einem 
Arzte  zu  verlangen,  dem  eine  reiche  jErfabrung 
in  der  Syphilis  und  besonders  in  solchen  Ter** 
zweifelten  Fällen  durch  seine  Stellung  zu  Ge- 
bote stände.  Dies  war  der  Direktor  des  Cha* 
rit^Krankenbauses,  Hr.  Geb.  Med.  Ratb  Kluge^ 
mein  Tieljähriger  Freund.  Er  hatte  die  Gefäl- 
ligkeit, den  Kranken  zu  besuchen  und  erklärte 
■kh  dahin:  „dafs  die  bedeutende  Zerstörung 
der  Haulgebilde  offenbar  und  lediglich  durch 
Hospitalbrand  bewirkt  vordeq  ^äre|  dab  er 

r 


^     8     ^ 

daliar  die  Sjpbilis  for  exstiiigiilrl  balte^'kam^' 
•eioer  Tieljährigen  Brfahning  nach  ,  SyphiHt 
und  Hospicalbrand  oiemals  beisammen  in  #in«m 
DodiTiduum  beitändeD,  sondero  jene,  bei  ihiem 
Uebergaoge  in  lelzlereDi  gleichaam  erioeche  ood 
ibreo  Tod  fände." 

Dieser  Aussprach  war  mir  sehr  erfreoUch; 
ich  kooote  ihm  aus  Erfabrang  nichts  entgegen- 
setzen  und  mit  dem  Tom  Hrn.  Geb.  Med.  Rath 
Kiuge  Torgescblagenen  Heilyerfabren  war  ich 
ToUkommen  einverstanden.  Es  wurden  inner- 
lich China  mit  Mineralsänren  und  nährende 
Diät,  äufserlicb  antiseptiscbe  Ueberschläge  ver- 
ordnet und  wegen  einer  zu  fürchtenden  Blu- 
tung Pat.  unter  specielle  chirurgische  Aofsicht 
gestellt. 

Diese  Kur  wurde  während  des  Herbstes 
1833  mit  dem  besten  Succefs  fortgesetzt.  Eine 
Blutung  erfolgie  nicht,  das  schleichende  Fieber 
verschwand,  die  Kräfle  des  Kranken  kehrten 
wieder  und  die  örtlichen  Zerstörungen  sistirten 
sich  und  kamen  zur  Vernarbung.  -^  HVährend 
aber  die  kräftigste  Granulation  zum  lYiednr- 
ersatz  der  verlorenen  Uautpartieen  am  Penia 
sich  zeigte  und  das  wirkliche  endliche  Erlo'^ 
schenseyn  der  Syphilis  zu  dokumentiren  schieD4 
traten  ganz  neue  und  drohende  Symptome  anf^ 
die  wiederum  jene  Ansicht  gänzlich  zerstorlea» 
Es  kamen  nämlich  bedeutende  KnochenauftrH^ 
hungen  an  mehreren  Stellen  zum  Vorschein 
und  zwar  namentlich  am  Processus  orbitalis 
des  Stirnbeins  rechter  Ssits,  am  linken  Ol#- 
craoon,  am  linken  Schlüsselbein  und  am  rech- 
ten Schienbein.  In  der  rechten  Augenbraae 
bildete  sich  eine  dicke  Kruste  von  der  GroCsa 
eines  halben  Silbergro8cbenS|  die  bald  aufbrach 


--      0      — 


irild  skh  iB  ^io^-tleftt  specLigtfi:  Gescbwär  rw* 
.^trandelle.  .£odlich  gefeilten  sich  datu  aucb 
jwch  ächte,  kopferfarbeDe  Maculae  renereae  in 
grpfferZabl,  jih  ^anseD  Gesicht^  <  auf  denSchul- 
torn  und  an  den  ExtrainitätQn« 

In  diesem  Zustande  ward  Fat.  dem  Hro^ 
Geb.  Med.  Bath  £/i/^e  wieder  TorgesteHt.  Der- 
■elbe  erkannte  die  INothwendigkeit  einer  aber- 
maligen durchdringenden  Merkurialkur  an  und 
tiatb,  da  Fat  sich  im  Allgemeinen  sehr  gut  er- 
Ikolt  hatte,  cur  innern  Anwendung  des  reihen 
Qutcknlheroscj'ds  nach  der  Bergschen  Methodem 
Dias  Slittel  brauchte  nun  unser  Kranker,  nach- 
dem er  in  den  letzten  yier  Monaten  gar  kein 
Quecksilber  genommen  hatte,  ^om  21.  Decbr. 
1833  bis  zum  8.  Februar  1834  genau  nach  der 
Vorschrift  *)  in  Verbindung  mit  einem  Deco- 
ctnm  Lignornm*  Er  ertrag  es  ohne  alle  Be« 
•ch werde;  Salivation  stellte  sich  nicht  ein,  das 
Geschwür  beihe,  die  Flecken  und  die  Knochen* 
aultreibnngen  schwanden  langsam,  aber  toU« 
kommen.  Fat.  hatte  während  der  ganzen  Zeit 
nie  über  irgend  einen  Schmerz,  noch  sonstiges 
Unwohlseyn  geklagt  und  erholte  sich  nach  dem 
Cessiren  des  Merkurialgebrauchs  bald  so  gut, 
dafs  er  seine  frühere  blühende  Gesichtsfarbe 
wieder  bekam  und  überhaupt  yollkommen  ge-* 
bellt  zu  seyn  schien«  Er  trug  yon  dem  über* 
atandenen  schweren  Uebel  nur  noch  ein  Resi- 
duum an  sich,  nämlich  das  an  der  hinteren 
Fläche  des  Fenis  herabhängende  noförmliche 
Fragment  der  Vorhaut.  Um  dieses  legten  wir 
einen  Faden    und    erwarteten    die    Absiofsung« 


*)  8.  HttfeUndTs  Journal  Bd.  XXYU.  St.  4.  S.  149  und 
Bd.  2UUX,  tiU  2.  S.  113. 


—    10    — 

■ 

Aas  Vorsicht*  bebielten  wir  iodeb  den  Patrnich 
etwa  8  Wochen  unter  specieller  Aufsiebt,  and 
er  durfte  das  Zimmer  nicht  rerlassen.  Da 
gisubte  ich,  nach  abermaliger  Beratbang  mit 
den  HU.  Kluge  und  Mohr^  den  Pat.  für  ge- 
aand  erklären  zu  könneä  und  gestattete  ihm, 
EU  seinen  Berufsgeschäften  suräckcukebren»  was 
er  langst  sehnlich  wünschte  und  was  die  begid- 
sende  milde  Witterung  (Anfange  April)  auch 
xuliefs. 

Der  Genesene  fühlte  sieb  überglacklich, 
endlich  von  seinem  14  Monate  langen  Leiden 
befreit  zu  seyn.  Er  arbeitete  fletlüg,  um  das 
Versäumte  nachzuholen« 

Etwa  6  Wochen  yerstrichen  so  im  er* 
wünschten  Woblseyn,  da  bekam  Fat.  einige 
Tage  Zahnschmerzen  und  eine  rosenartige  Ge- 
schwulst der  linken  Backe,  Dazu  gesellten  sich 
noch  gastrische  Beschwerden,  übler  Geschmack, 
eine  dick^weifsbelegte  Zunge  und  Neigung  zum 
Erbrechen.  Es  war  am  18.  Juni  1834»  Ich 
verordnete  ein  Brechmittel,  welches  Pat«  gegen 
Mittag  nahm  und  reichlich  Schleim  und  Galle 
ausleerte,  wonach  er  sich  besser  fohlte.  Gegen 
Abend  erfolgten  mehrere  fnculente  Stühle.  Bei 
der  dritten  oder  vierten  derartigen  Ausleerang 
Terweilt  Pat.  ungewöhnlich  lange;  man  wird 
unruhig,  eilt  nach  ihm  zu  sehen  und  findet  ibn 
neben  dem  Nachtsluhl  herabgesunken  ohne  Bt« 
wufstseyn  und  ohne  Bewegung.  Hr.  Mohr 
ward  sogleich  gerufen,  erkannte  einen  yollstän« 
digen  losultus  apoplecticus  ^  und  verfuhr  dem- 
eemäfs.  Pat.  kam  wieder  zu  sich,  aber  die 
Zunge  und  die  ganze  rechte  Körperseite  waren 
gelähmt  Es  wurden  Blutegel  an  den  Kopf 
gesetzt,  kalte  Umschläge  gemacht,  SenAeige  au 


^-  II   — 

I 

die  Wadeo  upplicirl'  and  «ine  kShlende  Bnxtor 
Terordnet,  Etwa  eine  Stunde  später  sah  ich 
den  Kränken  and  mufste  dem  eingeschlagenen*' 
KurTerfahreo  TollkomoieD  beistimmen,  wenig- 
etens  indicirte  der  kleine  scbwacbe  Puls  yoü 
etlicben  und  sechzig  Schlägen  einen  Aderlafs 
niohU 

Am  folgenden  Morgen  (den  19.  Juni  1834) 
ward  ich  schon  vor  4  Uhr  gerufen.  Ein  neuer 
apoplektischer  Anfall  war  erfolgt,  oder  vielmehr 
Fat*  schieil  im  Sterben  zu  liegen.  Der  Pula 
war  kaum  zu  fühlen  und  schlug  etwa  dreifsig 
Schläge  in  der  Minute;  die  Extremitäten  waren 
kalt,  das  Gesicht  coUabirt,  der  Athem  schwach 
und  fast  nicht  zu  hören«  -—  Nur  ein  kräftiger 
und  schnell  wirkender  Reiz  auf  das  Sensorium 
konnte  hier  noch  nützen.  Ich  entscblofs  mich 
daher  kurz,  schnitt  dem  Kranken  die  Haare 
Tom  Wirbel  und  applicirte '  auf  die  entblöfste 
Stalle  einen  grofsen  eisernen  Hammer,  den  ich 
in  siedendem  Wasser  stark  erhitzt  hatte»  Es 
entstand  augenblicklich  eine  starke  Brandblase; 
Fat«  fahr  mit  einem  dumpfen,  unartikulirten 
Schrei  aus  seiner  Betäubung  auf  und  Kopf  und 
Stirn  bedeckten  sich  mit  dicken  Schweifs« 
Iropfen«  Der  Puls  hob  sich  sogleich ,  stieg  in 
tioigen  Minuten  auf  yierzig  Schläge  und  kehrte 
bald  zur  normalen  Frequenz  zurück.  Die  Läh« 
moog  der  Zunge  und  der  Extremitäten  blieb 
aber  unverändert.  —  Ein  erregend  belebendes 
Heilrerfahren,  bei  sorgfältig  erhaltener  Eiterung 
der  Brandwunde  durch  Reiz*  und  Aetzmittel, 
Ifihrte  eine  zwar  langsame,  aber  doch  mit  Con« 
tinnität  fortschreitende  Besserung  herbei,  so  daf$ 
Pat«  den  Gebrauch  seiner  Sinnesorgane  wieder 
tehidt,  wieder  geheoj  unroUkommen  sprechen^ 


~     12     — 

Hand  nnd  Arm  dar  rächten  Saita  aber  nicht  ba- 
wegen  koonte.  Wäbreod  deaten  dorchachoitt 
der  umgelegte  Faden  das  entartete  Präpatiam, 
es  fiel  ab  und  die  Schnittfläche  Ternarbt«  faat 
ohne  alle  weitere  Behandlung«  Die  Brand- 
wunde auf  dem  Kopfe  eiterte  Tortrefllich  nod 
graoulirte  so  lebhaft ^  dafs  man  beständig  Aets- 
mittel  appliciren  mufste,  am  sie  offen  ca  #r^ 
ballen.  Zuletfct  vernarbte  sie  YoUkommen  in 
wenigen  Tagen,  als  man  einen  hloa  bedecken- 
den Verband  anwandte« 

Es  entstand  nun  die  grofse  Frage :  waa  fer- 
ner zur  Hebung  der  Lähmung  geschehen  aollte? 
-—  Die  Beantwortung  derselben  kannte  aich 
nur  ergeben  ans  einer  sichern  Erforschung  der 
etwa  noch  fortwirkenden  entfernten  Ursachen^ 
denen  man  die  Entstehung  der  Apoplexie  sn^ 
zuschreiben  hatte,  so  wie  der  organischen  nnd 
materiellen  Veränderungen  in  der  SchädeIhSblei 
die  entweder  schon  Tor  dem  apoplektischen 
Anfalle  bestanden  hatten ,  oder  etwa  ala  Folga 
desselben  zurückgeblieben  waren. 

Disposition  zur  Apoplexie  durch  Alter,  Co^- 
atitütion  oder  erbliche  Anlage  war  bei  dem  PaL 
auf  keine  Weise  anzunehmen.  Die  einzigen 
schädlichen  Momente^  die  auf  ihn  eingewirkt 
hatten^  waren:  SyphilU  und  der  iange  Gt* 
brauch  des  Quecksilbers.  Das  Eine  wie  dai 
Andere  konnte  die  Apoplexie  erzeugt  haben. 

Dafs  Syphilis^  besonders  wenn,  wie  in  ua« 
sermFalle^  eine  so  vollständige  und  inveterirte^ 
immer  in  neuen  Formen,  hervorbrechende  Sät* 
tiguDg  des  Organismus  mit  der  Seuche  enge* 
nommen  werden  mufs,  durch  feindliche,  gifliga 
Heizung,  des  Hirn'^    und  Rückenmarks  aUeiii 


—     13     — 

tichoii  mae  Apoplexie  herbeifahren  konnex  ist  a 

Jriori  oicht  abzuleugnen  und  aus  der  Erfahrung 
ann  ich  Beispiele  aufstellen,  welche  eine  solche 
lYirkung  des  Teuerischen  Giftes  auf  das  be- 
stimmteste beweisen.  Es  sind  mir  swei  Fälle 
bekannt,  wo  nach  unrollkommen  geheilter  Sy- 
philis wiederholte  Anfälle  von  Apoplexie  ein- 
traten und  erst  gebeilt  wurden  und  nicht  wie« 
derkehrten,  als  man  durch  eine  kräftige  anti- 
syphilitische  Behandlung  das  Lnesgift  in  der 
.Wurzel  Ternichtet  hatte*  Mehr  -  secundär  und 
indirekt  kann  die  Syphilis  zu  einer  entfernten 
Ursach  der  Apoplexie  werden,  durch  die  orga- 
nischen Veränderungen,  welche  sie  in  den  Häu- 
ten und  Knochen  der  Schädel-  und  vielleicht 
aoch  der  RHckenmarks- Höhle  erzeugt,  Aus« 
achwltzungen,  Yerdickungen  und  Enostosen. 

Dafs  Syphilis,  in  unserm  Falle,  dieHanpf« 
Ursache  der  Apoplexie  wäre,  daron  war  ich 
überzeugt.  Ob  sie  aber  mehr  dynamisch  und 
primär  eingewirkt  und  eine  rein  nerröse  Apo- 
plexie oder  einen  Blutschlag  durch  Gongestion 
und  Hirnblutung  erzeugt  habe,  oder  aber  ob  sie 
mehr  materiell  und  secundär  durch  die  Ton  ihr 
bewirkten,  das  Hirn  und  seine  Häute  verletzen- 
den Desorganisationen  das  Uebel  herbeigeführt 
habe,  das  wagte  ich  nicht  zu  entscheiden,  Sym- 
ptome, die  auf  eine  zu  fürchtende  Apoplexie 
und  nicht  weniger  solche,  die  vor  dem  Anfalle 
auf  ein  organisches  Kopfleiden  hätten  schUefsen 
lassen,  fehlten  gänziicb«  Nie  hatte  Fat.  über 
Kopf'  oder  sonstige  Schmerzen  (Dolores  osteo- 
copi  nocturni),  noch  über  Sinnestäuschungen 
oder  Schlaflosigkeit  geklagt.  Er  hatte  vielmehr 
seine  Geschäfte  ganz  gut  verrichtet,  und  nur 
•tat  später  erfahr  ich,  dafs  er  schpn  mehrere 


—     14     «« 

Wochen  Tor  dem  apoplektifcben*  ABfall«-,  '  k 
Betreff  einer  ihm  übertragenen  Arbeit,  eiaem 
seiner  Vorgesetzten  schrifüich  eina  Fnga  toiw 
gelegt  hätte  9  welche  gaac  notinnig  yi^aean 
seyn  soll«  ,Die  Insultus  apoplectici  aelbit  mit 
ihren  Folgen  waren  von  der  Art,  dafs  aia  so- 
wohl die  eine  als  die  andere  Deatung  niliabaB^ 
schienen  aber  doch  mehr  für  eine  Affectio  ner- 
Tosa  als  für  die  Anwesenheit -aines  ExtraTSsats 
tu  sprechen  y  und  wenn  organische  Verände- 
rungen im  Innern  der  Schädelbohle  obwalteten, 
so  war  kaum  mehr  an  eine  Kur  so  danken« 
Alan  konnte  dies  am  Ende  auf  sich  berahan 
lassen» 

Viel  wichtiger  war  dagegen  die  Frage :  ob 
die  Lues  als  solche  noch  fortbestehe  oder  nicht? 
IVluhte  man  diese  Frage  bejahen,  so  war  die 
Kur  auf  das  bestimmteste  Yorgeseichnet  und 
jedwede  antisyphilitische  Behandlung  werde  sn- 
gleich  das  Zweckmäfsigste  gewesen  seyn,  waa  ' 
man  den  etwaigen  Desorganisationen  hafte  anN 
gegen  stellen  können«  Gegen  das  Fortbestahan 
der  Syphilis  sprachen  indefs  die  oben  angefShih» 
tan  Erscheinungen:  dafs  die  eiternde  Stallaf 
so  wie  die  Schnittwunde  des  abgebundanaa 
Präputii  keinen  bösen  Charakter  annahmen, 
vielmehr  rasch  und  kräftig  vernarbten,  dann 
die  seit'  Monaten  bestehende  Abwesenheit  aller 
syphilitischen  Symptome.  Mit  .apodiktischer 
Gewifsheit  durfte  jedoch  hierüber  nicht  abge- 
sprochen werden;  das  hartnäckige  Uebel  hatta 
cu  oft  unsere  Prognose  zu  Schanden  gemachU 

Es  kam  nun  noch  das  zweite  pathologischo 
Moment  zu  erwägen :  der  lange  und  starke  Ge^ 
hrauch  des  Quecksilbers  ^  gleichsam  eine  chro* 
nische  Vergiftung   durch  Merkur.     Man  hätt« 


—     15     — 

bebaupten  können  and  swar  anscber« 
neod  nicht  ganz  ohne  Grund  ^dafs  die  Apople- 
xie in  unserm  Falle  lediglich  einer  solchen  In- 
tozication  durch  Quecksilber  zuzuschreiben  wäre^ 
•«-•  eine  eolche  Behauptang  bliebe  jedoch  rein 
hypothetisch,  da  wir  zwar  wohl  wissen,  dafs 
Merkur  auf  das  Nervensystem  einwirkt ,  Tre- 
mor artunm  und  Delirien  erzeugt,  nicht  aber» 
dafe  man  jemals  eine  Apoplexie  oder  Paralyse 
daoUch  hätte  entstehen  sehen,  und  abgeseheo 
'daroD,  fehlten  in  unserem  Falle  die  gewöhn- 
lichen allgemeinen  Erscheinungen  der  Merka* 
lialTergiftang  gänzlich« 

In  diesem  Zostande  der  Ungewifsheit  war 
'M  indefs  jedenfalls  Pflicht ,  sich  einstweilen 
mehr  expectando  za  verhalten ,  und  ich  be«- 
schränkte  mich  somit  auf  ein  gelind  excitirend 
balehendes  Verfahren,  durch  Nerrina,  Robo« 
rantia^  leichte  Nutrientia,  Bäder,'  Einreibungen, 
Elektricität  und  Galyanismus.  Hierbei  gedieh 
der  Kranke  sehr  gut;  die  Kräfte  der  gelähmten 
Tbeile  nahmen  allmälig  zu  und  die  Sprache 
besserte  sich.  So  ging  es  während  drei  Monate 
fort,  ohne  dafs  irgend  etwai  vorgefallen  wäre, 
"Was  mich  hätte  veranlassen  können,  den  ein- 
geschlagenen Kurplan  zu  ändern,  als  ganz  un- 
Termuthet,  wenigstens  ohne  dafs  Pat.  vorher 
Sber  irgend  ein  Uebelseyn  geklagt  hätte,  ich 
mochte  beinahe  sagen  plötzlich  (es  war  gegen 
die  Mitte  des  Monats  October  1834)  nicht  zu 
Verkennende  Maculae  venereae  von  neuem  ans- 
prachen und  sich  bald  über  den  ganzen  Korper 
Isebr  zahlreich  verbreiteten» 

Es  ward  der  Kranke  demnächst  dem  Hrn. 
Ceb.  Med.  Rath  jK/i/^e  vorgestellt,  welcher  sich 
ifer  Mator  dmr  vorhandenen  Symptome  über- 


—      16     -i^ 

cengte  «od  dem  intendirteD  HeilreAiilirai '  (aUft 
Inunctionskur  und  zwar  der  sweiteD|  dia  Pat 
machte )  beistimmte.     Diese  Ward  am  23.  Oa- 
tober  1834  begonnen   and  während   Tier  Wi^ 
eben  anter  hefligem  Speicheln,    aber  ohna  an- 
dere Zufälle  fortgesetzt.     Die  Flackao  Schwan^ 
den  und  Pat.  ging  zwar  schwach,  aber  anschei- 
nend ganz   gesund  ans  der  Kar  herTor«     Dar 
paralytische   Zustand   hatte    sich    jedoch    nicht 
Bonderlich   gebessert.      Es  wurden   noch  laaga 
Zeit  danach  Decocta  Lignornm  getrunken^   aUa 
Arten  Bäder  und  abermals  Elektricität  angawaa« 
det.  In  Bezng  auf  die  Lähmung  schien  die  Zeit 
das  Beste  zu  thun«  insofern  der  Gang,  des  Kran* 
ken  fester   und  die  Sprache  deutlicher  wnrde^ 
die  Geisteskräfte  desselben  aber  nur  in  aebr.  g^ 
ringem  Maafse  zunahmen« 

So  vergiog  der  Winter  1834  und  das  FrSh- 
jabr  1835.  Pat.  sah  blühend  ans  und  War  wohl 
genährt;  ich  glaubte,  den  bösen  Feind  endlich 
ganz  aus  dem  Felde  geschlagen  zu  haben.  Aber 
-—    dem  war  nicht  so.      Im  Anfange  det  Jon^ 
nachdem  ich  den  Pat.  seit  10 — 12  Tagen  nidjt 
gesehen  hatte,  ward  ich  nicht  wenig  überrascht^ 
wiederum  einzelne  Maculae  yenereae  auibrechen 
cu   sehen,    die  in   wenigen  Tagen  sich  so  ge- 
waltig Yermehrteui  dafs  das  Gesicht  ganz  hnat 
aussah   und  Jeder,   der   in   seinem  Leben  der- 
gleichen  Flecken  nur   einmal  gesehen ,   sie   aaf 
zehn  Schritte  als  solche  hätte  erkennen  müssen« 
Ich  hatte  es  mir  zur  strengsten  Pflicht  gemacht^ 
nicht    allein    und    eigenmächtig    zu    yerfahren^ 
stellte  daher   den  Kranken  wiederum  erst  dem 
Brn.  Geh.  Med.  Bath  Kluge  vor  und   wir  ka« 
xnen  iiberein,   die  dritte  Inunctionskur  zu'  instl- 
tuiren.    Zu  dieser  Zeit  sah  auch  Hr.  VtolL  lud 


-r     17     ^ 

Med,  Bath  Dr«  Betschier  aua  Bmim  den  KraiHC 
ken,  slimmte  ganz  fiir  die  Wiederholaog  der 
Schmierkar  and  hegte  die  Hoffnang^  die  ich  lei- 
der nicht  theilen  konnte,  dafe  durch  dieselbe 
auch  eina  bededtende  Besserong  der  Paraljee 
endelt  werden  würde, 

Diete  dritte  Innnctionskur  war  denti  end-« 
lieh  auch  die  letzte.^  Sie  begann  am  12«  Juni 
1835  und  Terlief  gan^  wie  die  früheren,     Pat, 

Seichelte  stark  und  dieFleckeq  rergingen«  Der 
■folg  ist  aber  ein  dauernder  gewesen,  denn 
•eit  jener  Zeit  bis  jetzt,  also  wahrend  fünfzehn 
Blonate^  blieb  Fat.  Ton  allen  syphilitiachea 
Symptomen  befreit,  dSrfte  aber  auch  überhaupt 
wohl  in  Bezug  auf  sein  übriges  Leiden  dem 
Grad  der  Wiederherstellung  erreicht  haben, 
welchen  die.  Kunst  in  diesem  Falle  sa  bewu^ 
ken  rermag. 

.  Schliefslich  erlaube  ich  mir  noch  Yon  deat 
Geisteszustände  unsers  Kranken  eine  kurze  Schil-« 
derung  zu  geben.  Die  Wirkung  der  Apoplexie 
ftitf  seine  intellektuellen  Fähigkeiten  war  eine 
hSchst  zerstörende.  Nachdem  er  aus  dem  zwei- 
ten apoplektischen  Anfalle  zum  Leben  zurück- 
gekehrt war,  zeigte  sich  bald,  dafs  Fat.  das  Be« 
wufstseyn  und  den  ungetrübten  Gebrauch  sei* 
ser  Sinne,  des  Gehörs  und  Gesichts,  wieder  er- 
langt hatte.  Die  rechte  Seite  des  Körpers,  so- 
wohl die  Extremitäten  als  auch  die  Gesichts* 
snoskeln  waren  paralysirt,  letztere  jedoch  nur 
VDTollkommen,  und  Fat.  konnte  die  Zunge  Tor- 
•trecken,  so  zwar,  dafs  sie  etwas  zitterte  nnd 
«Chief  herrorkam.  In  wenigen  Wochen  bes- 
serte sich  der  Lähmungszustand.  Das  Gesicht 
"war  weniger  verzogen,  Fat.  schien  mit  der 
2unge  jede  Bewegung  machen  zu  können.  Audi 
Joufik  I4CXXiy.B.4,  SL  *  B  - 


~     lÖ    ■•> 

/ 

lenito  €t  witder   gehen  |    anbogt    mit  Untor- 
stiitcnog«  dann  mit  Hilfe  eines  StDekes,  endlich 
•Hein«     Während    dessen  aber  war  nnd  blieb 
er  der  Sprache  Yollfttändig  beraobt,   nogeachlet 
er   durch    Gebehrden    und    unartikulirte    T5ae 
deutlich   zji   erkennen    gab,   dafa   er   höre  nnd 
Teratehe^  was  man  ihm  sagte«  Das  erste  Wort, 
.welches  er   beryorbrachte ,    war  ein   selbstge* 
achaffenes.  Allen  nnyerständliches :  ,^Mantihii^. 
Uonate  lang  hörte  man  Ton  ihm  kein  andereS| 
aber   an  den   rerschiedenen  Modulationen   der 
Stimme  I  mit  welchen  er  es  aussprach  nnd  oft, 
weil  man  ihn   nicht  teratand,   10  bis  12  Mal 
wiederholte^    konnte    man    deutlich    erkennen, 
dafs  es  ihm  nur  an  den  Worten  fehlte,  aeine 
Gedanken  kund  zu  geben«     Er  schien  also  des 
Innern  geistigen  Vermögena  der  Sprache  ca  er- 
mangeln,   während   andere  GeiateathätigkeiteUi 
Einbildungskraft,  Gedächtnifa   und  richtige  Ur- 
thlBilakraft  nach  und  nach  auftanchten  nnd  sich 
auf  mannigfache  Weise  zu  erkennen  gaben.  So 
war  es  höchst  merk^^iirdig,  dafs  Fat*  schon  da- 
mals, wo  sein  ganzer  Sprachschatz  in  dem  ein- 
sigen    selbstgeschaiTenen   Worte    Maniihn  be- 
stand,  Dame  und  Schach  spielen  konnte,   die 
Regeln  dieser  Spiele  ganz   gut  wufste   nnd  sie 
richtig  und  zweckmäfsig,  wenn  auch  nicht  nach 
einem  weit  angelegten  Plane,  anzuwenden  Ter- 
ataadf  so  dafs  er  manche  Partie  gewann«    Kar* 
tenspiele  wurden  ihm  schwerer,  doch  zeigte  es 
aich,  dafs  er  auch  das  Whist-  und  Bostonspiel 
keinesweges  ganz  verlernt  hatte,  wobei  ich  nor 
bemerken  wHI,  dafs  er  in  gesunden  Tagen  we^ 
4er  ein  guter,  noch  ein  leidenschaftlicher  Spie- 
ler gewesen  sejn  solK 

In  allen  übrigen  Dingen  war  sein  Gedächt- 
AiCs  -f*  Tabula  rasai   -«    Allmälig  lernte  er 


^    id 


>  • 


Worte  sprechen ,  zuerst  ja  i^id  neifi^ 
die' er  aber  oft  verwechselte ,  daQn^  ipr^di  er 
Bachstabeo  nach.  Die  Zuogenbuchstaben  macth 
ten  ihm  die  gröfste  Schwierigkeit  und  Zisch^^ 
laute  kann  er  auch  jetzt  noch  nicht  faeraa^brIn-< 
gen.  Seine  Rede  besteht  in  einem  Aneinan-^ 
derreihen  einzelner  Worte  ohoe  VerbindutigJ 
er  vermag  nicht  einen  ordentlichen  Satz  zu  hiU 
den  und  fangt  in  der  Regel  mit  dem  If amen 
desjenigen  an,  zu  dem  er  spricht,  höchst  seltea 
sagt  er:  ich.  Als  er  sich  einigermafsen  Ter« 
ständlich  machen  und  das  Vorgesprochene  gnt 
«ad  deutlich  nachsprechen  konnte,  legte  man' 
ihm  ein  Buch  vor  u^d  et  fand  sich,  dafs  ev 
weder  lesen,  schreiben  noch  rechnen  konnte^' 
ja  er  kannte  keinen  Buchstaben,  Seit  Jah^ 
und  Tag  hat  man  unterm  Pat.  einen  sorgfälti« 
gen  systematischen  Unterribht  in  diesen  Gegen^ 
ständen  gegeben ,  aber  die  Früchte  desselben 
•ind  sehr  gering.  Er  hat  nicht  so  viel  gelernt, 
als  ein  4jährige8  Kind  in  eipigen  Monaten  er- 
lerat haben  würde.  Sein  Schreiben  (mit  der 
Iioken  Hand  )  besteht  in  einem  blofsen  Nach* 
qsalen  des  Vorgeschriebenen.  Er  kennt  die 
Buchstaben  und  weiCs  in  seinem  Lesebuchci 
einen  Gonsonanten  mit  einem  Doppellauter;  zdi 
einer  Sylbe  zu  vereinigen,  wobei  er  aber  oft 
Fehler  macht  und  z.  B.  l^  au:  aul  ausspricht. 
Im  Rechnen  ist  es  eine  schwere  Aufgabe  für 
ihn:  6  und  7  zusammen  zu  zählen.  Er  sagt 
7,  macht  dann  sechs  Striche  und  zählt  8,  9 
a.  s,  w.  bis  13.  Das  Facit  richtig  anfzuschrei'^ 
ben  ward  ihm  schwer,  er  schrieb  5  statt  3  und 
man  mufste  ihn  mehrmals  aufmerksam  machen^ 
ehe  er  das  richtige  faad.  Nach  vielem  und 
Hfiederholtem  Vorsprechen  hat  er  einen  kleinen 
Glückwunsch  in  Versen  und  das  Vaterunser  ge* 

B  2 


—    20      -^ 

lernf.  DIeft  ist  dai  Stärkste  ^  was  man  Mioem 
Gedächtnifs  bat  zamuthen  konneD.  Letxteiei 
recitirte  er  mir  kürzlich  unaufgefordert ;  all  et 
aber  einen  Fehler  machte  und  ich  ihm  eiohel- 
fea  %YoIlte,  kam  er  ganz  heraus  und  mulite 
von  vorn  anfangen.  Auch  einer  Partie  Schach 
wohnte  ich  bei^  die  Fat.  spielte.  Man  suchte 
ihn  in  eine  Falle  zu  rerlocken  uod  machte  dei 
sogenannten  Schaferzug  (Echec  du  Berger),  er 
merkte  es  aber  und  wuTste  durch  passende  Zage 
den  Plan  zu  yereiteln« 

Schmerzlich  ist  es^  deü  blUhencI  und  woU 
aussehenden  jungen  Dlanui  der  so  schone  Hoff- 
nungen erweckte^  in  einem  solchen  Zustande 
der  Imbecillilät  zu  erblicken.  Er  ist  freundlich, 
heiter,  dienstfertig  und  zuvorkommend,  sod 
verrichtet  kleine  häusliche  Geschäfte ;  fiir  Allel 
aber^  was  auch  nur  eine  unbedeutende  Geiites- 
Operation  nötbig  macht,  aufser  jene  Spiele,  ilt 
er  vollkommen  unbrauchbar  pnd  das  Traurigete 
ist,  dafs  er  seine  unglückliche  Lage^  wenigstsni 
momentan,  tief  zu  ^hlen  scheint  und  inTlui- 
neu  ausbricht,  wenn  zufällig  in  seinem  Bsisds 
von  seiner  Zukunft  did  Kede  ist^ 


21     » 


MM 


Ueber  einige 

endemische    Krankheiten 

im  Fünteothaiiitt  HohenzoUenii 

«amciitHeh 

Gallensteine   ond  Cretinitxnnt; 

Vom 

Medicinalratlie  Dr.  Heyfelder. 


JLo  dermecliciDlscheo  Zeitung,  heraaegegeben  tob 
dem  Verein  fiir  Heilkunde  in  Preufsen ,  (Jahrg. 
1836. Nr. 5.)  habe ichheteiiB über  Harnsteine f  als 
•ine  in  diesem  Lande  endemische  Krankheit  ge* 
-eprochen,  und  erlaube  mir  hier,  mit  Beeiehung  anf 
die  an  diesem  Orte  mitgetheilten  allgemeinen 
Bemerkungen  über  diese  Krankheit  hier  einige 
Noiizen  über  zwei  andere  endemische  Krank- 
heiten dieser  Gegend,  das  Gallensteiniibel  und 
'den  Cretinismus ,  folgen  zu  lassen» 

Die  Gallensteine 

kommen  hier,  wie  wahrscheinlich  überalli  Tor- 
zugsweise  beim  weiblichen  Geschlechte  im  Tor- 
gerückten  Alter  vor.  Ich  besitze  die  Gallen- 
eteine  Ton  yierzig  yerscbiedanen  Indifiduen»  die 


—     22     ^ 

cogefäbr  im  Verlaufe  der  letzten  zAn  Jahte 
hier  gesammelt  und ,  mit  Ausnahme  tod  zweieDi 
erst  bei  der  Section  gefunden  Tvurdeo«  Uoler 
diesen  rühren  nur  drei  Ton  Männern  (toii  ei- 
nem 35)ährigen^  einem  IGjährigen  und  eioem 
22jährigen ,  welcher  letEte  sich  vergiftete),  alle 
übrigen  von  Weibern  in  dem  Alter  zwischen 
32 —  70  Jabren  her.  Einige  dieser  Individoeo 
waren  aufiallend  dick  und  fettleibig,  andere  da- 
gegen sebr  mager.  Das  Klima  und  die  Le- 
bensweise in  hiesigem  Fiirstenthume ,  wie  io 
ganzem  Oberschwaben^  worüber  ich  mich aocbii 
Schfnidt^s  Jahrbüchern  derMedicin  1835,  Kr.  10. 
S.  99  geäufsert,  dürfte  die  Galle nsteinerzenguog 
nicht  wenig  begünstigen.  Vor  Allem  gilt  dies 
Yon  dem  bäuGgen  und  starken  Genufsdes  Braao- 
biers^  der  schwerverdaulichen  Mehlspeisen  und 
des  Schweinefleisches.  Hierzu  kommt  die  seht 
mangelh^rie  Pflege  und  Ernährung  der  neuge- 
bornen  Kinder ,  wodurch  schon  die  DispoaitioB 
zu  Stockungen  im  Pfortadersvatein ,  zu  Lebe^ 
krankbeiten  und  Hämorrboidalübeln  gelegt  wird, 
welche  hier  auffallend  häufig  beobachtet  werden. 

In    den   Fällen «   wo   die   Gallensteiae  enl 

bei  der  Leicbenöfl*nung  gefunden  wurden,  wa- 
ren im  Leben  dieser  Individuen  fast  nie  Zufälle 
wahrgenommen  worden,  die  die  Gegenwart 
der  Gallensteine  angedeutet  hätten ,  und  dock 
seigten  diese  oft  eine  ungewöhnliche  Grofoi 
oder  waren  in  gröfserer  Anzahl  vorhanden.  Bei 
einer  GOjährigen  Frau  bahnte  sich  ein  taubeoei- 
grofser  Gallenstein  einen  Weg  durch  die  Baucb- 
wand,  luid  binterliefs  mehrere  bis  jetzt  oodi 
nicht  Tollkommen  geheilte  Fisteln, 

Manche  Kranken  jedoch  klagten  über  fixi 
Scbmerzeu   iux  i^cUUd  Hy^ochondrium^    über 


\ 


-i^    23    — 

* 

CarAialgl^  nnd  Erbrechen ,  trelche  ZofaOd  lo« 
Sonderheit  nach  jeder,  wenn  auch  leichten^ 
Mahlzeit  herrorzatreten  pflegten*  Ihr  Stuhl» 
gang  war  träge  und  zeigte  nicht  die  natürliche 
Farbe.  Die  Dauer  der  erwähnten  Zufälle  war 
zuweilen  kurz,  oft  aber  auch  anhaltend,  so  dafe- 
sie  selbst  den  Verdacht  einer  Hepatitis  er« 
weckten. 

Zwei  der  Individuen  ^  bei  welchen  nach 
dem  Tode  Gallentteiqe  gefunden  wurden^  hat-^ 
ten  Ton  Fett  durchdrungene  Lebern  und  tuber^ 
kulos  entartete  Lungen.  Zwei  andere  waren 
an  Ruhr,  zwei  an  Lungenschwindsucht,  zwei 
an  Scirrhus  Ventriculi,  zwei  an  Bjdrops  Ova^ 
r\\,  vier  an  allgemeioer  Bauchwassersucht,  eins, 
an  Scirrhu^  Hepatis  gestorben,  zwei  waren  ge- 
miithskrank,  drei  hysterisch  gewesen.  Zwei 
batten  in  ihren  ersten  Lebensjahren  kleine  Harn- 
stein»  mit  dem  Urin  ausgeleert.  Verschiedene 
Mal  wurden  Gallensteine  bei  gerichtlichen  Sectio« 
npn,  besonders  von  Selbstmordern,  angetroffen« 

Die  im  Fürsten thume  gesammelten  Chole- 
lithen  bieten  in  Bezug  auf  Grofse,  Form,  6e« 
stalt.  Gewicht,  Farbe,  Consistenz  und  Anzahl 
manche  Verschiedenheit  dar.  Sie  waren  von' 
dem  Umfang  und  der  Gestalt  eines  Taubeneies 
bis  zu  dem  einer  Erbse  herab,  oral,  kirsch- 
vond,  würfelähnlich,  drei-,  vier-,  sechs-  und 
achteckig,  platt  gedrückt,  drei  Gran  bis  drei 
Drachmen  schwer.  Zuweilen  enthielt  die  Gal- 
lenblase nur  einen  Gallenstein  Von  mehr  oder 
weniger  bedeutender  Gi^ofse,  in  zwei  Fällen 
swei,  die  auf  ihrer  Berührungsfläche  gleichsam 
eine  Art  Gelenk  bildeten ,  hier  in  einander  ge- 
schoben waren  und  eins  zu  sejn  schienen^ 
oft  aber  auch  zwanzig^  vierzig  bis  fanüsig 
Ueine« 


^  u  ^ 

RSckilcbtUcb  ihrer  Farbe  fancleo  sicbgiCnef 
und  zwar  pUtacieDgrUnef  oder  ans  dem  GriU 
jieo  ins  Braune  oder  ins  Gelbe  spielende;  fer- 
ner branne,  and  zwar  rothbranne,  oder  aas  dem 
Braunen  ins  Grüne  und  Gelbe  spielend;  aach 
glänzend  schwarze,  oder  malt  schwarze ,  ond 
in  diesem  Falle  bald  brüchige,  bald  feste.  Ei« 
nige  sind  orange ,  andere  blafsgelb,  gräugelfar 
und  haben  diese  Farbe  entweder  gleichfSrmig, 
oder  gefleckt,  andere  grau,  mattweifs^  oder  mit 
Wachsglanz  I  oder  selbst  glänzend  wie  Katzen« 
ailberf 

Der  Kern  und  überhaupt  das  Innere  der 
Cholelilhen  entspricht  selten  ihrer  Oberfläche 
in  Bezug  auf  Farbe  und  Coasistenz,  Oft  fin- 
den sich  in  denselben  mehrere,  Von  einander 
in  dieser  Beziehung  durchaus  yerschiedene  La* 
gen»  Die  gröfsern  haben  in  der  Regel,  nicht 
immer ,  einen  lockern  ,  die  kleinen  einen  festero 
Bau*  Ich  sage  nicht  immer,  denn  der  erwähnte 
taubeDeigrofse  Gallenstein,  der  einen  Weg  durch 
die  Gallenblase  und  die  Bauch  wand  sich  gebahnt 
hatte,  zeichnete  sich  durch  eine  seltene  Festig- 
keit und  eine  rauhe  Oberfläche  aus.  Die  gro- 
fsern  haben  in  der  Regel  einen  lockern ,  die 
kleinen  einen  festern  Bau, 

Die  Oberfläche  ist  bald  glatt,  bald  hocke^ 
rig  und  iaub|  bald  wie  mit  einem  ataubigea 
Anflug. 

Der  Creiinismuf 

findet  sich  auf  dem  nördlichen  Abhänge  der 
schwäbischen  Alp,  vorzugsweise  in  einem  Toa 
Westen  nach  Osten  verlaufenden  Seitenthale 
des  Neckar  y  obgleich  auch  in  einigen  benach- 
barten Ortschaftea  Spuren  Yon  dieser  Itteoicben- 


•^    25    -^ 

witef  tong  (wie  Troocler  und  Andere  im  Cred- 
iBennut  neoneo)  aogetroffen  werdeo.  Jeoet  SeW 
liaihal  des  Neckar  ^  io  welcfaem  der  CrelioiM 
in  einem  hohen  |  Grade  endemitofa  ror* 
imt,  itt'.#Bg,  Ton  einem  sur  Hokflöfserei* 
Montstan  Flfibchen^  Namena  Glatt,  dnrchitrSmV 
■M  enthält  einen  Ton  ungefähr  4d0  Seelen  be^ 
jputnten  Ort,  ebenfalls  Glatt  genannt |* der  aofi 
pMSchailenseile  dieses  Thaies  Hegt  Das  Trinkt 
fnaeer  iet  hier  schlecht,  die  Luft  schwül,  dumftf ■  ' 
itod  druckend ,  ijier  Boden  feucht ,  der  Begräbt 
idl^ilatn  bis  ror  Kurzem  neben  der  Kirche  mit« 
itfso  im  Ort  und  den  Ueberschwemmnngen  dev 
Vergwasser  ausgesetzt.  Der  Boden  ist  Muschel- 
fenik,   das  Wasser  gypshaltig,   sehr  hart,  undr 

?nch  der  Versicherung  der  Bewohner  selbst  zum* 
Vascfien  nicht  tauglich ,   mithin  hier  eine  Be». 
aÄStigung  Schonlein'sj  welcher  den  Cretinismns,' 
^ie  den  Kropf,  an  Kalkgebirge  und  gjpshaW 
ttge  Wasser  gebunden  betrachtet*    Die  Woh^ 
Snngen  sind  ärmlich,    eng,  feucht  und  fipster, 
die  Lebensweile  und  die  Kleidung  der  Bewoh-« 
ifer  die  des  übrigen  Oberscbwaben    und  in  so^ 
fern   nicht  frei  you   MobieDten ,    welche  einer 
gesuodheitsgemäfsen  Entwickelung   der  psjchi«'^ 
sehen  und  somalischen  Kräfte  entgegentreten.   - 
Bekanntlich  unterscheidet  Troxler  vier  For« 
neu  oder  Stufen  yoo  Cretinismus;  den  Alpen.'* 
ttropf,   die  Leucäihiopie ,    die    Taubstummheit^^ 
den  vollkommenen  Idiotismus,  welche  letzte  Form 
er   als   eine  Mole  der  schaffenden  Natur,    als 
eihe  blinde   und  taube  Frucht,   ohne  Gemüth^ 
ohne  Gefühl,  ohne  Trieb,  ohne  Verstand,  ohne 
Willen   bezeichnet/    Die   erste,    die  dritte  und 
die  yierte  Form  finden  ihre  Repräsentanten  im 
Glatter   Thale,    die  zweite   (die   Leucathiopie) 
iM^b«  ich  bifthec  oocb  nicht  au£&oden  können» 


—     26     — 

KrKpfe  werden  hier  Tielfalllg  und  ron  tel- 
teoem  Umfaog,  Dicht  allein  bei  Fraueq  und 
MädcbeD,  soodern  auch  bei  Knaben,  Jänglin«; 
gen  und  Mäonern  geseben,  und  selbst  an  an- 
dern gesund  und  hoch  gelegenen  Orten  Gehörne 
"^erden  nach  eioem  läogern  oder  kiirsern  Auf- 
enthalt in  diesem  Tbale  kropfig,  wie  Tielei 
Beispiele  beweisen.  Diese  erste  Stufe  des  Cre«^ 
tinisinusi  nicht  selten  yerbunden  mit  einenf- 
aicbtiichen  Zurückbleiben  der  physischen  und 
iotellectuellen  Entwickelung,  findet  sich  hier 
und  in  einem  andern ,  auf  einem  sumpfigen 
Plateau  gelegenen  Dorfe,  Empfingen,  auffallend 
häufig,  so  dafs  ich  zu  glauben  geneigt  bin,  dafi 
nur  wenige  Bewohner  hier  eine  vollkommen 
normale  BeschalTeöbeit  der  Schilddrüse  haben» 
In  diesem  letzten  von  ungefähr  1900  Seelen 
bewohnten  Orte,  wo  der  Boden  ebenfalls  Kalk 
und  das  Wasser  gypshaltig  ist,  stofsl  man  über- 
diefs  oft  genug  auf  ^lenschengestalteny  die  ih-> 
xer  geistigen  und  körperlichen  Entwickelung 
nach  einer  höhern  Stufe  des  Gretinismus  enge« 
hören. 

Die  Ansicht  Haller's  und  Troxler*s ,  dafe 
in.  Gegenden,  wo  der  Gretinismus  einheimisch 
ist,  auch  die  gesündesten,  körperlich  und  gei- 
stig kräftigsten  Menschen  angetroffen  werden, 
findet  hier  keine  Bestätigung»  Es  ist  in  dec 
That  beacbtuogswerth,  wie  wenige  von  der 
männlichen  Jugend  aus  beiden  Ortschaften  zum 
Kriegsdienste  sich  eignen ,  wie  die  zwanzi^^ 
jährigen  Jünglinge  von  Glatt  und  Empfingen 
neben  andere  aus  ganz  nahe  gelegenen  Dörfern 
gestellt,  gleichsam  als  Aftergewächse  der  Men* 
echenrace  erscheinen.  Nur  die  im  Jahre  181S 
Gehörnen  zeichnetea  sich  durch  eine  etwas  edf 


—    27     — 

» 

lere  pijrcbische    und  tomatische  EntwIckeluDg. 
aus  9   und  -  nicht  ohne   Binflufs   dürfte  hier  der*: 
mehrmonatlicbe  Aufenthalt  österreicbischar  Kern- 
truppen   im  Spätjahr  1814  in  diesen  auch  jno^. 
ralisch  deprayirten  Ortien  gewesen  seyn. 

Zwischen  der  ersten  Stufe  des  Cretinisikia«, 
der  Kropf bildungf  und  •derjenigen,  als  deren 
Wesen  Troor/er  die  Taubstummheit  nennt,  so- 
t?ie  zwischen  dieser  und  der  höchsten  Form 
dieser  Menschenentartung ,  fehlt  es  nicht  an  Ue-* 
bergängen^  die  sich  eben  sowohl  in'-der  soikiä« 
tischen,  wie  in  der  psychischen  Sph'är^  kuni 
thon.  Alle  sind  kleine  yerkrüppelte  GesHalteit 
mit  einer  tbieräbnlichen  Korperbildung,  mi( 
difformem  Sobädel,  schielenden  Augen,  mit 
scbeufslicben  Gesichtern,  häfslicben  Lippen  nnd 
Zähnen I  struppigen,  borstenähnlichen  Haaren, 
mit  einer  mifsfarbigen,  rauhen  und  faltigen  Haat| 
mit  Schwerfälligkeit  in  der  Sprache,  Unsicher«» 
beit  im  Gange,  mit  einer  klauenartigen  Foria 
der  Hände  und  Füfse;  aber  der  Grad  dieser 
Mibstaltungen  ist  verschieden ,  welcher  indes- 
een  stets  eine  in  ihrem  Innersten  zerrüttete  Or* 
^anisation  erkennen  läfst« 

Bei  einigen  gestattet  der  Grad  ihrer  intel- 
lectuellen  und  körperlichen  Yerkrüppelung  noch, 
dafs  sie  zu  leichten  häuslichen  Arbeiten  benutzt 
werden.  Andere  dagegen  können  nicht  gehen, 
nicht  stehen,  nicht  reden*  Die  Speise  mufs 
ihnen  in  den  Mund  gestopft ,  dann  auch  noch 
Sorge  getragen  werden ,  dafs  sie  in  den  Magen 
gelange.  Nicht  alle  schliefsen  den  Mund,  nicht 
alle  verstehen  zu  kauen.  Affenartig  zusammen- 
gekauert sitzen  sie  in  einer  dunkeln  Ecke  des 
Zimmers  auf  dem  Boden  oder  in  einem  Ses- 
sd/  zupfen  und  zerren  mit  ibreo  klaueoarti« 


*     28     •- 

gßn  Häoden  an   den  wenig  eotvnckelten»  tuX 
gänzlich   haarlosen  GeschlechUtheilen« 

Die  Gröfse  der  hiesigen  Cretin's  rariirt 
zwischen  3  und  4^  Fufs.  Die  Difibrmiläl  des 
Schädels  spricht  sich  theili  in  der  niedrigen, 
gleichsam  nach  hinten  hin  gedrückten  Stirn, 
theils  in  dem  platten  oder  eigentlich  fehlenden 
Hinterhaupte  aus.  Die  hiesigen  männlichen  Cre? 
tin's  haben  nur  wenige ,  einzeln  stehende  Bari- 
baare  unter  dem  Kinn,  indeb  die  Oberlippe 
und  der  übrige  Theil  des  Gesichts  davon  frei 
ist.  Die  Augenbraunen  sind  znweilen  tehf 
echwach,  zu  vf eilen  str  ^^pig,  wie  das  Kopf» 
haar,  und,  wie  die  Augen  selbst,  in  der  Art 
schief  gerichtet,  dafs  der  äufsere  .Augenwinkel 
büher,  als  der  innere  steht. 

Bei  keinem  Crelin  und  keinem  der  Cretin« 
bildun?  sich  annabernden  Individaum  bemerkte 
ich  eine  dunkelbraune  oder  schonblane,  son« 
dern  immer  eine  widrige  graugrüne,  oder  eine 
gcl!)?rüne  Regenbogenhaut,  bei  allen  eine  dicke, 
vnlürmlirbe,  oft  schcalzende  Zunge,  unform« 
liehe,  schmutzige  Zähne,  nicht  selten  die  An- 
geiiziihne  fehlend«  einen  hafslicheo  kurzen^ 
kropfigeu  Hals,  die  Brust  von  allen  Korper- 
iheileu  noch  am  -natürlichsten  geformt,  dea 
Unterleib  dick  und  aufgetrieben,  die  männlichen 
Geschlecbtslbeile  oft  mif^sestaltet,  schlaff  und 
wenig  behaart,  die  weiblichen  weit,  schlaff 
und  auch  gering  mit  Haaren  besetzt,  den  Mo« 
natsilufs  träge,  schmierig  und  unregelmäfsig» 
Spur  von  Scbamhafligkeit  entdeckte  ich  hei  den 
weiblichen  Cretins  nicht,  und  die  Zeichen  von 
alark  getriebener  Onanie  fehlten  weder  bei  den 
'  lieO|  noch  bei  den  weiblichen,  und  wur- 
jjjida  Vec  wandten  sugegeben.  Nur 


—     29     — 

"bel'^cleii  auf  der  höchsten  Stofls  des  Idiotismus 
stehenden  blieb  es  zweifelhaft^  ob  sie  der  Selbst- 
befleckang  frShnteo« 

Manches  EigenthSmliche  bieten  ihre  obern 
und  untern  Extremitäteti  dar,  welche  schwach, 
dann,  kurz  und  ohne  Matkulator  zu  sejn  pfle- 
gen* Die  Patella  ist  klein  und  nach  innen  ge- 
driingt|  die  Wade  unbedeutend,  der  Fufs  klump- 
fafsartig,  Finger  dünn,  Nägel  klein^  Bände  af- 
fenartig. 

Der  Cretin  zeigt  sich  unempfindlich  gegen 
Hitze  und  Kälte,  und  es  bedarf  einer  harten 
Behandlung,  um  ihm  ein  thierisches  Heulen 
oder  nur  Grunzen  zu  eutlocken,  denn  in  der 
bochsten  Form  des  CretiDismus  mangelt  Lachen 
und  Weinen.  Der  ganze  Körper  eines  Cretin 
kann  mit  Fliegen  und  andern  Ungezieferarten 
bedeckt  se^rn,  die  ihn  fast  verzehren,  der  im« 
iner  offeii  stehende  Mund  und  das  Innere  der 
Ifasa  kann  yon  ihnen  belästigt  werden ,  der 
BInnd  bleibt  geöffnet;  keine  Bewegung  mit  der 
Handj  nichts  geschieht,  um  die  Fliegen  zu  rer-' 
fageo.  Das  schielende  Auge,  ohne  menscbli« 
cfaen  Ausdruck,  bleibt  nach  oben  gerichtet,  die 
Hornhaut  zum  grofsten  Theil  vom  obern  wul- 
tilgen  Augenliede  bedeckt,  die  Pupille  reagirt 
•ebwach  gegen  das  hellste  Licht,  und  die  Be« 
wegung  einer  fremden  Hand  gegen  das  Auge 
bringt  kein  unwillkürliches  Zucken  oder  Schlie« 
Isen  der  Augenlieder  zu  Wege,  Dieselbe  Un- 
«mpfindlichkeit  gegen  Gerüche ,  eine  unbedingte 
Gleichgültigkeit  gegen  die  ihm  in  den  Mund 
gesteckten  Speisen«  Die  Harn^  und  Stuhlent- 
leerong  erfolgt  unbewnfst  und  unregelmäfsig, 
der  Schlaf  ist  unbedeutend ,  kurz,  ron  einem 
Ewfcea  ißi  AugeaUeder  nn4  Ton  gronzendea 


I  ■ 

-^     30     — 

TSnen  anterbrocfaen  f  to  d«It  •elbsl  Sim  bSgIh 
iteD  Umstehenden  nicht  mit  Gewibheit  iiber 
die  Wirklichkeit  nnd  die  Daaer  des  ScUafiit 
sich  aussprechen  können«  — 

Dieses  Bild  des  Greünismns  seigt  uns  «ina 
geistige  ond  körperliche  Verkrappelnng  des 
Menschen.  Die  gesunden  gebtigen  und  körper- 
lichen Anlagen ,  mit  denen  der  Mensch  geboren 
isty  sind  unter  dem  Eioflufs  friedlicheri  an  den 
Boden  geketteter  Momente  zq  keiner  natorg»* 
mäfsen  Entwickeluog  gekommen,  sie  sind  rer- 
kömmert,  und  das  Individuum  ist  sn  einem 
Aftergewächse  zusammengeschrumpft ,  gleich  ei- 
ner Pflancei  die  von  dem  Hauch  eines  rerdeib- 
liehen  Thau*s  berührt  ward« 

Gegen  diese  feindlichen  Machte ,  unter  de- 
ren Einflufs  der  Menich  zu  einer  Mola  entartet 
und  yerkümmert,  ist  jeder  Kampf  fruchtlos« 
Nur  eine  Kreuzung  der  Geschlechter  und  die 
Flucht  von  einem  solchen  Orto  Vermag  einer 
solchen  Entartung  entgegenzutreten«  Ton  ei- 
nem Orte,  dessen  Luft,  dessen  Boden^  dessen 
Wasser  die  Elemente  in  sich  tragen ,  die  das 
geistige  und  körperliche  Leben  in  seinem  Keime 
angreifen  und  yernichten. 

Irgend  ein  Schriftsteller  hat  die  Behauptnng 
•ausgesprochen,  dafs  Gretin's  selten  das  swanr 
sigste  Jahr  erreichen.  Dies  kann  aber  nicht 
einmal  von  der  höchsten  Form  des  Cretiois- 
mus  zugegeben  werden.  Von  drei  Gretin's  io 
Glatt,  die  dieser  Stufe  des  Cretinismus  enge*- 
boren  I  war  einer  21,  der  zweite  23,  und  der 
dritte  27  Jahr  alt.  Fünf,  welche  der  zweiten 
Form  angehörten,  hatten  ein  Alter  von  39  bis 
60  Jahren  erreicht.  Der  eine  von  den  drMea, 
deren  Alter  wir  so  eben  angegeben »  starb  im 


3t     «* 


I 


-Twrflotbetmi  Jahre,  und  ich  tbeile  bierdat  R#- 
^oltat   der  Leichenöffoung    mit,    we^reo   d^ren 
'UoToUkommenbeit  ia  mehr  als  einer  Beziehung, 
ich  die  Nachsicht  der  Leser  in  Ansprach  neh- 
men maus« 

;         Maria  Agathe  K. ,  den  26sten  Mai  1812, 
*  f\tD  Ausgapg  des  Glatter -Thaies,  in  Neckarhau- 
^ien  Ton  gesunden,    aus  dem  Orte  Glatt  stam- 
"menden,.  Aeltern  geboren,  zeigte  noch  als  zwei« 
'|abriges  Kind,  wie  die  Aeltern  and  Andere be- 
^xeagen,  keine  Spar  von  Gretinismus.     Ein  On- 
']K.el  Ton  Täterlicher  Seite  und  ein  Bruder  diesei 
,  Mädchens,  sind  simpelartig,  erster  noch  aufser« 
dem  stumm,  ein  anderer  Bruder,  27  Jahr  alt, 
iit  in  demselben  Grade  Gretin ,   als   die  hier  in 
ttede  stehende  Maria  Ag.  K.     Als  sie  das  zweite 
'Jahr  erreicht   hatte,   kam  sie  nach  Glatt,  und 
[num  zeigten  sich  bald  die  Merkmale  des  Greti- 
nisrous,    der   sich   bis   zur  höchsten  Form  ent- 
wickelte,   und    sich    durch   Taubheit,   Sprach - 
und   Gefühllosigkeit,   Mifsbildung   des   Gesichte 
und  des  Kopfes ,  der  -obern  und  der  untern  Ex- 
tremitäten   aussprach.    Zuletzt   konnte  sie  we- 
der gehen  noch  stehen,    sal^   affenartig  zusam- 
mengekauert, die  klauenartigen  Hände  auf  dem 
dicken   Leibe,    oder   an   den    äufserlich  wenig 
entwickelten    Gescblecbtstbeilen«      Die   Speisen 
worden  ihr  von  fremder  Hand  in  den  stets  ge- 
*  öffneten  und  mit  garstigen  Zähnen  schlecht  gar- 
flirten  Mund  gesteckt,  wobei  es  dann  noch  zwei- 
felhaft war,    ob   sie   den   Mund   schliefsen  und 
die  Speisen  verschlucken  oder  wieder  aus  dem 
Monde  fallen  lassen  würde.     Die  Augen  waren 
-Bach  oben  gekehrt,    und  Yon  den  aufgewulste- 
^  teo  obern  Augenliedern  in  der  Art  bedeckt,  dafs 
man  nur  den  untern  Rand  der  Irie  iah,  die 


•*     32     — 

infsare  Haut  tcfamatzlg,  raah|  fällig^  1«demu 
ti^,  der  Kopf  mit  wenigen  schwarsen  bor- 
«ttDartigen  Haaren  und  mit  Grind  bedeckt; 

Plötzlich  starb  sie  ohne  Tordngegangene 
besondere  Zufalle.  Die  Obduction  ergab:  die 
Gröfie  der  Leiche  3'  6",  der  Umfang  des  Ko* 
pfes  V  8",  der  Umfang  der  Brust  2'  8^^  nichts 
UngewöbnJicfaes  an  den  fveichen  Kopfbedek- 
kungen  aufser  der  schon  erwähnten  Tinea  fa- 
Tosa  c.f  harte  und  dicke  Kopfknochen  ^  starke 
Blutanhäufung  in  den  Gefäfsen  der  harten  ond 
weichen  Hirnhaut,  so  wie  auf  der  Oberfläche 
des  grofsen  und  kleinen  Gehirns  ^  auf  dem  Ce- 
rebellum  an  einigen  Stellen  Blutaustretangeui 
die  Arachnoidea  über  den  beiden  Hämisphären 
milchig  trübe  und  dicker,  als  im  natürlichen 
Zustande«  Der  Umfang  des  groben  Gehimt 
schien  Tom  normalen  nicht  abznweichep,  da« 
gegen  das  Cerebellum  aber  bedeutend  kleiner 
SU  seyn.  Die  Circonsubstanz  war  überall  tehc 
blutreicl  ,  die  Adergeflechte  aufgetrieben  ^  die 
Substanz  der  Hirnmasse  sehr  weich  und  so  sa 
sagen  breiartig,  die  Hirnhohlen  durch  Wasser 
ausgedehnt,  die  Zirbeldrüse  sehr  weich»  Die 
Schilddrüse  war  nach  allen  Richtungen,  etark 
entwickelt,  blutreich  und  stellenweise  rerhär« 
tet^  die  Carotiden,  die  Schilddrüsenschlagadem 
und  die  Jugularyenen  Toluminos^  die  Zunge 
widernatürlich  dick  und  grofs,  die  Zähne  lanh^ 
wie  ohne  Glasur,  ungleich  gestellt,  aber  nir- 
gends carios,  im  Uebrigen  die  Mundhohle  und 
der  Kehlkopf  Yom  Natürlichen  nicht  abwei- 
chend. 

Die  Brusthöhle  war  geräumig,  die  Lungen 
blutreich,  nach  allen  Seiten  frei,  der  Herzbeu- 
tel äufserlich  und  innerlich  geröthet  und  unge- 


-    33    - 

JShr  eine  Unse  einer  rothlichen  FISsngkeit  ent- 
kältend,  d|e  Tier  Herzhöhlen  mit  coägulirtem 
Blote  angefSUty  sämmtliche  Unterleibseingeweide 
Wn  normaler  Beschaffenheit,  die  Gallenfalase 
'Strotxte  Ton  einer  dunkeln  dickflntsigen  Galle. 

Das  Becken  war  in  allen  seinen  Dirnen« 
nonen  yom  Natürlichen  abweichend  und  auffal- 
lend eng,  Namentlich  war  der  Beckeneingang 
Wegen  des  stark  nach  innen  tretenden  Promon« 
toriums  auffallend  eng,  der  Schaamberg  schwach 
nh  Haaren  besetzt,  die  grofsen  Schaamlefzeo 
lang  gezogen ,  Nymphen  und  Gh'töris  sehr  klein^ 
Symen  fehlend,  die  Scheide  so  weit,  als  weno 
geborten  Statt  gefunden  hätten,  die  Gebärmut- 

Sv  mit  ihren  Anhängen  klein,  aber  normal,  die 
rnste  wenig  entwickelt. 


'  Als  einen  grofsen  Mangel  bei -dieser 
Äenoffnung  mufs  ich  selbst  die  unterbliebene 
jiSbere  Untersuchung  der  Knochen  bezeichnen» 
Hatte  diese  aber  auf  eine  genügende  Weise 
Torgenommen  werden  sollen,  so  wäre  eine  Prii« 
fang  des  Skelets  im  Ganzen  und  in  seinen  Ein« 
selnheiten  dazu  erforderlich  gewesen  ^  was  nicht 
ausführbar  war. 

Der  27jährige  Bruder  der  Maria  Ag.  K.V 
Martin,  hat  dieselbe  Körperbescbaffenheit,  und 
seigt  dieselbe  körperliche  und  intellectuelle 
Verkümmerung.  Ihm  fehlen  die  obern  und  un« 
lern  Augenzähne,  und  scheinen  nie  da  gewe« 
•en  zu  seyn,  die  übrigen  glänz-  und  schmela^» 
losen  Zähne  stehen  Tereinzelt,  die  von  borsti- 
gen Augenbraunen  beschatteten  Augen  sind 
schief,  und  aus  seiner  bekropften  Kehle  kom«; 
men  nur  thierisch  grunzende  Tone* 

ioiini.LXXXiy.B.4..St.  G 


—     34    — 

In  eine  vreitere  Beschreibung  diesei,  wi 
der  übrigen  Gretin's  mag  ich  nicht  eiogehi, 
da  ich  nur  das  wiederholen  müfste ,  ^as  kl 
über  die  Maria  Agatha  K.  and  bei  der  Sdnl- 
derung  dei  Cretiaiunu«  im  AllgembioeB  p- 
sagt  habe.  . 


3^ 


«.    .36     «> 


'  \ 


m. 

■        j 

Ueber  den  Begrilf 

11  od 

pathologische  Bedeutung  der 
Hautkrankheiten. 

Von 

Dr.   V  e  1 1  e  ir, 

zo  Berlin. 


Patbologeo  siod  im  Allgemeinen  dariiber 
ttanden,  gewisse  Krao^beittformeD,  wtl« 
af  de^  Oberfläche  des  Körpers  erscheinen, 
lern  Namen  yon  Hautkrankheiten,  morbi 
li  n.  cutis  9  efflorescentiae^  exaotbemata  o«' 
Sil  bezeichnen.  Man  findet  diese  Benen« 
mit  weniger  Consequenz,  in  medicini» 
Systemen  j,  welche  anderweitig  durchane 
umfassende  Rücksicht  auf  den  Sitz  def, 
;heit  nehmen^  neben  Fiebern ,  Entzündun'« 
Kachexieen  u.  s.  w«  zur  Bezeichnung  ei* 
»sondern  Gruppe  Ton  Leiden  benutzt,  noch 
itSfstman  anfeine  Trennung  dieser  Gruppe 
Ji^dem  Verlaufe  und  der  WesentlicbiLeit 
Bgldteoden  Fiebei^,  wobei  jedoch  immec 

C2 


—     36     — 

der  Aascirack  Haatubel ,  Haatleiden  n.  s.  w.  alt 
gemeinschaftliche  BeneDDUDg  für  beide  gebraucht 
vrird. 

Wie  es  scheint,  hat  man  diese  Gruppe  tod 
jeher  für  eine  sehr  natürliche  angesehen,  da 
selbst  die  bedeutendsten  Blonographieea  über 
diesen  Gegenstand  es  nicht  der  Mühe  werth 
halten,  den  Charakter  derselben  näher  so  be- 
zeichnen. Im  Allgemeinen  ergibt  sich  jedoch, 
dafs  man  unter  Hautkrankheiten  abnorme  Zu- 
stände der  Haut  in  Bezug  auf  Färbung  und 
Structur  versteht;  und  dafs  demnächst  aolche 
Erscheinungen  mit  Rücksicht  auf  ihre  entfern- 
teren Ursachen  betrachtet  \?erden,  dergestalt, 
dafs,  wenn  die  Letzteren  selbst  eine  natürliche 
Krankheitsfamilie  bilden,  man  die  derselben 
zugehörigen  Hautleiden  bald  zu  dieseri  bald  sa 
jener  Gruppe  zu  zählen  pflegte* 

Der  Ausdruck  Hautkrankheiten  erscheint 
sehr  leicht  verständlich ,  sobald  man  alle  ahnor» 
men  Zustände ,  als  deren  Sitz  uns  das  Auge 
oder  die  anatomische  Untersuchung  die  Cotie 
und  Epidermis  kennen  lehrt,  unter  diesem  Na- 
men begreift.  Es  gehört  nur  eine  geringe 
Kenntnifs  der  Beschaffenheit  der  allgemeinen 
Bedeutungen  dazu ,  um  zu  entscheiden,  ob  eine 
wahrnehmbare  Veränderung  der  Oberfläche  ih* 
reu  Sitz  dies-  oder  jenseits  des  Maschengewe- 
bes der  Cutis  habe,  und  die  Diagnose  der  Fa^ 
milie :  Hautkrankheiten  wäre  somit  offenbar  eine 
der  leichtesten  im  gesammteu  Gebiete  der  Pa- 
thologie. Das  allen  gemeinschaftliche,  sichere 
und  sichtbare  Kennzeichen  würde  den  Anspra- 
chen nachkommen,  welche,  der  Naturforscher 
an  einen  „Charakter"  macht,  und  wir  hätten 
somit  das  seltene  Glück ,  eine  natürliche  Eami- 


^     37     ~ 

lie  der  Krankbeitßil  au  besitzen ,  iveldhe  io  je«, 
dem'  Systeme  gebieterisch  AnerkennuDg .  fordern. 
kooDte. 

Wie   es  seil  ein  t^    gab   sich    der  treiFlicha 
Willati   dieser  MeiouDg   bin^   als  er,   Tor  Dua 
fast-.  Tierzig    Jabreo ,    seio    beriibmtes   Werk : 
De^fiription  and  treaiment  qf  cuianeous  diseases 
bieraoBgab.     Io  dem  Bewufstseya^  dafs  ein  Pria- 
dp  der  Zweckmafsigkeit  für  die  Einsicht  in  die. 
EracheiDUDgeo   der  Natyr  und   die.  Behapdlung^ 
der   Kraokbeiten   bei  dem  damaligen,   wie  bei 
dem   jetzigen   Zustande   der   Wissenschaft  das 
Einzige  sei,  worauf  man  beider  Anordnung  pa-. 
thologischer  Materien  Rücksicht  nebmen  dürfe», 
und   dafs  nur    ein   solches   den   Arzt  befähigen 
kpnne,   auf  dem    eingeschlagenen   Wege  fort- 
•cbreiteod  Beides:  seine  Erfahrungen  zu  erwei- 
tern   und   seine   Kranken  möglichst  gut  zu  be* 
bandeln  I   suchte  Willan  dieses  Frincip  bei  Ab- 
fassung  seiner  Monographie  in  der  Aufstellung 
•charfer,   auf  die  sichtbaren   Formen  bezügU« 
eher,  diagnostischer  DiiTerenzen. 

Es  erschien  diesem  Schriftsteller  durchaus 
nicht  nÖthig^  darüber  zu  sprechen,  was  hv  ei^ 
gentlich  unter  Hautkrankheit  verstehe,  denn  es 
ergab  sich  von  selbst ^  dafs  er  unter  diesem 
Begriffe  die  Papulae,  Sipamne,  Bxanthemata, 
Pullae,  Pustulae  9  Vesiculae,  Tubercula  und  Ma- 
culae —  gehörig  festgestellte  und  beschriebene 
Formen  —  verband ,  und  dafs,  was  nicht  in 
einer  Feriode  seines  Verlaufs  eine  dieser  acht 
Formen  angcnoiniueu  hatte,  auch  keine  Haut- 
krankheit sein  konnte.  Die  Zwcckinäfsigkoit 
dieser  Anordnung  aber  wäre  um  so  grüfser,  als 
sich  von  diesen  acht  Ordnungen  aus  sehr  leicht 
die  Diagnose  der  einzelnen  Genera  und  S|>eciei 


-    3»    - 

feststellen  Mte  9  und  man  daher  nnr  jedeemal 
die  erprobte  BehaDdlongsmetbode  beizofSgen 
babe,  um  den  Praktiker  über  jeden  mogliobea* 
Zweifel  zu  erbeben. 

Wir  Terdanken  dieser  Aniicbt  eine  mit  mn« 
sterhaftem  Fleifse  und  nicht  gemeiner  Erfahmng 
ausgearbeitete  Darstellung  der  VerschiedeBeii 
eichlbaren  Abnormitäten  der  Haut,  zum  Theif 
unmittelbar  aus  den  Händen  ihres  ersten, Urbe^ 
bers,  zum  Theil  aus  den  nicht  weniger  gis* 
schickten  seines  Schülers  und  Freundes  Thoma» 
Bateman.  Man  kann  diesem  letzteren  Arzte 
nicht  vorwerfen ,  dafs  er  ohne  Critik^  den  An« 
Weisungen  seines  Lehrers  gefolgt  seL  Viel- 
mehr spricht  er  sich  ausdrücklich  darüber  ansg, 
dars  wir  hier  ein  künstliches  System  Tor  uns 
haben ,  dafs  es  „nicht  ganz  frei  sei  ron;  we« 
sentlichen  Unvollkommenbeiten »  dafs  es  aber 
durch  die  Schärfe  seiner  Ißezeichnungen  und 
die  Genauigkeit  seiner  Nomenclatur  das  Blittel 
zur  Unterscheidung  der  hierher  gehSrigen  For* 
men  abgebe"  und  also  praktisch  brauchbar  m\ 
nach  dem  Grundsatze:  q^i  bene  distinguit^  faene 
medebitur. 

Aber  die  Güte  der  Unterscheidung  beruht 
nicht  sowohl  auf  der  Trennung  der  Versclue* 
denheiten  der  Form,  als  auf  der  Erkenntniüi 
des  abweichenden  Wesens,  welches  sich  so  oft 
hinter  ähnlichen  Formen  verbirgt.  Das  Princip 
der  Zweckmäfsigkeit  für  die  klinische  Medicin 
beruht  nicht  auf  der  Befähigung,  die  Benen- 
nungen für  die  äufserlichen  Unterschiede  leicht 
aufzufinden,  sondern  weit  mehr  auf  der,  ein 
Gesammtbild  der  kraoken  Individualität  anfzn« 
fassen ,  um  daraus  den  Plan  zu  einer  Torsich- 
tigen  und  doch  entschiedenen  Uandhabong  all- 


—    39     — 

gemeiner  oder  apecifisdier  Metboden  sn  ent« 
werfen«  Mit  einem  Worte ,  der  Aixt  m>11  tof« 
nämlich  aus  den  Erscheinungen  auf  das  Wesen 
xuröckschliefsen  lercen^  und  dazu  bedarf  er  et-^ 
was  mehr,  als  die  membra  disjecta  des  Sicht«^ 
baren«  Wenige  Gebiete  in  der  Pathologie  sei« 
gen  so  oflE'enbar  die  Unzulänglichkeit  aller  Ver^ 
suche  2u  einer  sogenannten  naturhistoriscbeik 
Anordnung  der  Krankheiten,  als  eben  dieses; 
Die  Schwierigkeit,  äufserliche  charakteristische 
Merkmale  zu  finden,  waltet  hier  durchaus  nicht 
ob,  es  ist  leichter  als  bei  jedem  anderen  pa- 
thologischen Prozesse  möglich  i  das  Bild  der 
Krankheit  mit  Worten  und  Farben  wiederzu« 
geben,  hier,  und  fast  allein  hier,  können  wir 
die  physikalischen  Veränderungen  der  Materie 
am  Lebenden  durch  alle  ihre  Phasen  yerfolgen, 
und  Aehnlicbkeiten  wie  Uoähnlichkeiten  liegen 
eicht-  und  tastbar  zu  Tage.  Aber  das  bedeu«* 
tendste  Hinderoifs  richtiger  Würdigung  liegt  in 
der  Verfatorgenheit  des  Zusammenhanges  zwi- 
schen den  äufserlich  erkennbaren  Formen  und 
ihren  yitalen  Bedingungen.  Es  ist  nur  ein  lee- 
rer Dogmatismus,  auszusprechen,  dafs  die  Form 
in  einem  nothwendigen  Zusammenhange  durch 
das  Wesen  bestimmt  werde,  und  dafs  also  eine 
gehörige  Sonderung  der  Formen  schon  an  und 
for  sich  eine  richtige  Unterscheidung  des  We- 
sens mit  sich  bringe.  Denn  zuvörderst  werden 
wir  bei  der  Beschreibung  der  Form  immer  wie- 
der nur  an  die  Ausdrücke  für  gewisse  charak- 
teristische Einzelheiten ,  niemals  an  das  Ge- 
sammtbild  verwiesen  —  wir  erbalten  nicht  die 
Forma,  sondern  die  Formula,  höchstens  eine 
Skizze  der  Form;  sodann  aber  lehrt  uns  auch 
die  tägliche  Erfahrung,  wie  die  ideelle  Rich- 
tigkeit jeoet  Schlusses  scheitere  an  der  realen 


—     40     — 

Beaclira'nktlicit    unseres    unDlichen   Walineli- 1  h 

tiiuugSYerinögenB^  und  dafs  die  Werkzeuge,  wd«  Ib 

che  uns  für  unsere  Messungen  und  UDten€lMi*|l{i 

düngen   zu   Gebote  stehen,  fiir  die  EDtdeckoi{|iL 

sichtbarer    Reflexe  unendlich  feiner  Ab^anJe-li' 

lungen   ^iel   zu  grob  und  materiell  sind.  ^M^ 

Vireit    T^ir   hier  in   unseren    Anspriicbeo  an  fa  Is 

menschliche  Perfectibilität  gehen  können ,  lalä  |i 

sich  schwerlich  genau  festsetzen ;  der  Arzt  kI 

und   iiiufs,  um   ein  guter  Arzt  zu  seyn,  eise 

grofse  Schärfe  der  Sinne  besitzen ;  aber  die  Ex« 

treine  feinen  Wahrnehmungsvermügens  koosn 

Dicht   als  Regel   dienen ,    und  wenn  Heim  in 

Scharlach  am  Geruch  erkannte,  den  ein  BUnin 

vielleicht  durch  das  Gefühl  mit  Sicherhrnt  &* 

gnosticiren   könnte,  so   darf  man  doch  in  sot 

eben,   nur   für  wenige  Personen   YorbandeMi 

Zeichen  kein  BJittel  zur  Unterscheidung  sucbei 

—  Daher  ist   es   trügerisch    und  unzuYerläbi| 

sich    für  die  Diagnostik    der   Krankheiten  « 

ein  Zeichen  oder  eine  einzige  Reihe  Ton  Ze 

eben  zu  stützen;  gerade  wie  wenn  der  Chen 

ker  nur  auf  die  Bestaodlheile  oder  nur  auf  i 

Krystallisationen  der  Körper  Rücksicht  nehm 

wollte.     Je  mehr  wir  uns  dem  Gebiete  desC 

gauischen   nahern,   desto  öfter    finden  wir  i 

Isomerismus   bei  verschiedenen  Gestalten,  i 

Isomorphismus  bei  heteromeren  Korpern.  Seil 

aus  dieser  Erfahrung  liefse  sich  durch  IndudJ 

schliefsen ,  dafs  die  Aufsenseite  der  Erscheint 

gen   des   Lebens  nicht  immer  die  Verschied 

heit  der  wirkenden  Ursachen  in  deutlich  ab. 

grenzten  Bildern  zurückspiegele. 

Hiergegen  wendet  man  zum  Vortheile  i 
ser  formellen  Charakteristik  allerdings  ein,  c 
die  Ur&achen  dunkel  sind  |  und  das  Kachspü 


~   4i    — 

derselben  leicht  in  das  Gebiet  hjrpotlietiscber 
Toraussetsungen  ableite.  Die  Form  aber  sei 
beständig:  ,.80  lange  das  Menschengeschlecht 
existirt,  zeigen  Lepra,  Herpes ,•  Favus  ,  Zoster 
II«  s.  w.^'  immer  dieselben  Charaktere ;  diese  sind 
unTeränderlich  geblieben  in  jedet  Familie  wie 
in  jeder  Gruppe^  {Alih^rt  Monographie  des  der« 
matoses.  Paris  1832;  introd.  pag.  XL). 

Diese  Behauptung  ist  aber  nur  sehr  theil- 
weise  richtig«     Allerdings  gibt  es  Krankheiten^ 
die   sich   in   ihrer  Form  immer  gleichzubleibea 
pflegen,  und  eben  diese  Beständigkeit  läfstuns 
im  Allgemeinen  auf  die  Identität  der  wirkenden 
Ursache  und  ihres  Wesens  schliefsen ;  ein  Schlufs, 
der  nur  selten  irre  führt.     Dann  besitzen  wir  in 
der  Pathologie  Dasjenige,  was  der  Naturforschet 
immer   hat:  die   äuEserlich  erkennbare  Species« 
Aber  findet  nicht  das  Gegentheil  in  der  Patho« 
logie   weit  öfter  Statt?     Werden  nicht  unend« 
lieh  verschiedene  Formen  aus  einer  und  dersel« 
ben  Ursache  hergeleitet,  durch  dieselbe  Methode 
geheilt  ?    Bestimmt  dann  nicht  die  Ursache  alle 
jene  rerschiedenen   Formen    nur  als  Varietäten 
einer  und    derselben    Species?     Wie   yielerlei 
Formen  entstehen  aus  der  Einwirkung  -der  fixen 
Contagien,   aus  chronischen  Vergiftungen ,  na- 
mentlich   der   Metalle!     Seit   das  Menschenge« 
schlecht  existirt,    haben  diese  Ursachen  sich  in 
verschiedenen   Folgen   geäufsert,   bald   Nerven« 
suialle,    bald   die  mannicbfachsten  Krankheiten 
der   Ernährung  hervorgerufen    u.    s.   w.,    aber 
wenn  man  von  Species  reden  will;  gibt  es  im- 
mer   nur   eine:   die  Bleivergiftung ,  die  Syphi- 
lis n«  s.  w.    —     Hier  also  werden  die  Species 
nach  der  Ursache  gebildet    Aber  in  noch  an* 
decen  Fällen  besüzen  wif  wedw  dne  «rgctib 


i-     42     — 

bare  Ursache ,  noch  eine  ohjektire  Sjrmptomn- 1  ^ 
reihe;  wir  können  dann  die  Krankheit  beinah p 
ausschlierslich  nur  nach  subjektifen  PhäDOiB»-|F 
nen  speciiiciren. 

Und  dies  ist  der  Unterschied;  welcher fil 
Auffassung  des  Pathologen  von  der  des  KatoN 
forschers  trennt.  Der  organische  Leib  istdtB 
schailende  Erde,  aus  welcher  die  Krankheites 
im  Wechselverhältnifs  mit  den  äufseren  Eindiii- 
sen ,  zwar  gesetzmäfsi^,  aber  modificirt  duick 
die  Individualität  selbstständig  und  immer  sob- 
jectiv  primär  erzeugt  werden  ;  er  prodacirt  nick 
allen  Sphären  seiner  Thätigkeit,  nicht  blofs  nach 
dem  bestimmten  Bildungsgesetze  der  ZeugiiB|i 
Vivum  ex  ovo  —  morbus  ex  vivo. 

Ueber  die  Species  der  organischen  "Weiei 
kann  nur  ausnahmsweise  in  Fällen,  welcb« 
der  Beobachtung  nicht  ganz  zugänglich  siol, 
ein ,  durch  die  Kenntnifs  der  Thatsachen  sichei 
zu  beseiligender  Zweifel  entstehen  ^  in  den  mit 
eten  Fällen  ist  es  über  jeden  Zweifel  erhabeo 
zu  welcher  Species  ein  Individuum  zu  recboei 
sei.  Sobald  mau  es  nicht  mit  Geschöpfen  « 
thun  hat,  deren  Beobachtung  noch  nicht  toU 
endet  werden  konnte ,  verständigen  sich  all 
Maturforscher  leicht  und  sicher  über  die  Keoo 
zeichen  der  Art,  und  nur  bei  Unzulänglicbkei 
der  Beobachtungen  kann  der  Fall  vorkominec 
dais  zwei  Wesen  aus  derselben  Species  getreool 
zwei  verschiedene  zusammengestellt  würdeo* 

Sehen  wir  uns  dagegen  um,  wie  es  ini 
den  Species  der  Pathologen  steht,  so  finden  wii 
dafs  sie  nur  fast  eben  so  ausnahmsweise  über 
ein»tijninen ,  als  jene  verschieden  betrachte 
worden.  Im  Folgenden  wird  man  die  scbla 
gendsten   Beispiele  üudeni  wie  sv?ei  Autoien 


—     43     — 

welche  sich  ^  in  gleicher  Weise  der  naf  urhistö«« 
lischen  Behandlong  rühmeo,  io  derselben  Gruppe- 
ganz  yerschiedene  Arien  annehmen,  deren  eine- 
immer*  eine  Jkuswahl  von  Individuen  aas  dea 
Arten  des  Anderen  nanfarst  Denn  die  Natur 
l^at  für  die-physiologischen  Differenzen  der  We-« 

Sn  eine  feste  Grenze  ^  ein  unwandelbares.  Ein- 
eilungfprincip  aufgestellt  —  es  ist  die  Zeu- 
gung! Aber  ein  ähnliches  durchgreifendes  Prin- 
cip  für  die  Yerschiedenheit  der  normalen  und 
abnormen  Lebensprocesse  lälst  sich  nicht  ent*. 
decken. 

Die  Natnrforschung  hat  ihr  Princip  erkannt, 
die  Pathologie  ist  noch  kaum  so  weit,  das  ih- 
rige auch  nur  zu  ahnen.  Jene  wird  nicht  mehr 
aacheto ,  an  die  Stelle  der  natürlichen  Verwandt- 
achaft  der  Individuen  irgend  einen  formellea 
Unterschied  zu  setzen,  wie  bequem  er  aucb 
erscheinen  möge;  sie  wird  nicht  versuchen,  ihre 
Arten  etwa  auf  die  Färbung  oder  den  Aufent- 
haltsort oder  sonst  ein  unwesentliches  Princip 
A  gründen  und  Individuen  für  gleichartig  ca 
erklären,  etwa  weil  sie  weifs  von  Farbe,  oder 
kraushaarig,  öder  schuppig  sind,  oder  einea 
Backel  haben,  oder  im  Meere  leben« 

Ton  der  Species,  welche  in  der  Natur  ge- 
geben ist,  zum  Genus,  zur  Familie,  Ordnung 
und  Klasse  heraufdringend  lernte  man  in  jeuer 
Wissenschaft,  dafs,  wie  die  Zeugung  die  we- 
aentlichste  aller  Uebereinstimmungen  bedinge, 
und  dennoch  oft  sehr  auff'allcnde  äufsere  Ver- 
schiedenheiten zurücklasse,  auch  die  Aehnlich- 
keit  der  Arten,  Geschlechter  und  Familien  in 
der  Verwandtschaft  ihrer  inneren  Organisation 
gesucht  werden  müsse«  lUan  kam  davon  so« 
ruck ,  die  Tbiere  nach  der  Zahl  der  Bewagangi« 


-.     44     ^ 

glieder;  nach  clem'  AafentbalUorta  oder  denall' 
gemeinea  Bedeckangeo  zu  untencheideDp  odA 
das  Croco^il,  weil  Yierföfag,  mit  dem  Lovrea^ 
den  Wallfiach,  weil  achwimmend,  mit  den  Fin 
sehen  in  eine  Reibe  su  setzen*  

Die   Pathologie   der   Hantkrankheiten   gibt 
ein  schlagendes   Beispiel,   wie   anders' man  au|f 
diesem  Gebiete  verfuhr.     Ein  willkührlich  ft'i^f- 
gestelltes    Eintheilungspriocip    diente    zur  Aujß- 
nähme  eben  so  willkübrlich  nnterschiedenerUii-*' 
ierordouDgeny   nnd    schon    dreifsig   Jahre    lanc' 
rechnet  die  Mehrzahl  der  Aerzte  den  Carbunkbl* 
nnd  die  Warze  zn  derselben  Gruppe,  weil  sn- 
lallig  in  Beiden  die  Oberhaut  sich  in  knotigdt* 
Form  erhebt.     Seit  dreifsig  Jahren  betet  mao 
jenem  Systeme  nach,  welches  die  Variola  toi% 
der  Varicella  nnd  Vaccinia,  und  wiederum  allA; 
drei  von  den  meisten  übrigen  fieberhaften  Aoa-^ 
Schlagskrankheiten  trennt,   jene  Erste  mit  loh^ 
petigo   und.  Scabies,   die.  Zweiten  mit  Herpes. 
(Willan),   Miliaria  und  Aphthe  zusammenstelll^* 
hlofs  wegen  des  sonderbaren  Grundes ,  dafa  di^. 
Materie  in  jenen  Bläschen  puriform,  in  dieeeo^. 
lymphatisch   sei»    Nicht  umsonst  spottete  J)io^' 
ffenes  der  platonischen  Definition  des  Menschen^ 
Das   zweibeinige,    ungefiederte    Wesen    macht 
diese   nicht,   die   Vesicula  oder    Pustula  bildet 
nicht  das  Bezeichnende  jener  Formen. 

Der  Gesichtspunkt,  unter  welchem  man 
Ton  Krankheiten  der  Haut  spricht,  istderselbe, 
unter  welchem  man  überhaupt  die  Krankheiten 
den  Organsystemen  nach  Ton  einander  unter- 
scheidet. Dieser  Gesichtspunkt  ist  einer  der 
beiden  einzig  möglichen  in  der  Pathologie^  daCl 
man  nämlich  entweder  den  locus  aiFectus,  oder 
die  INatur  des  Krankheitsprocessea  zur  Gfand- 


I 


»     45     — 

■  I 

läge  der  ITDtersdieiduDgen  maclie«  Da  unr  in 
einigen  Fällen  den  Sitx  der  Krankheit  entwe» 
der  gar  nicht,  oder  doch  nicht  genügend  ange* 
ben  können.,  in  anderen  Leine  zureichenden  Be« 
,griSe  von  der  JVatar  ihres  Processes  haben,  so 
ist  eine  Combination  beider  Gesichtspunkte  al- 
lerdings Tielleicht  eben  so  nützlich,  als  sie  ge- 
zwungen ist,  und  man  sich  ihr  nicht  entziehen 
kann.  Da  man  jedoch  beide  Eintheilungsweir 
«en  einander  unmöglich  coordiniren  kann,  so 
fragt  sich,  welcher  der  Vorzug  zu  gewähren 
Mey,  und  ob  man  also  in  unserem  speciellen  Falle 
lieber  die  Hauthrankheiten  als  eine  besondere 
Abtheilung  wieder  in;  Entzündungen,  Abnor- 
mitäten der  Vegetation  u.  s.  w«  zerlegen,  oder 
die  letzteren  Formen  unter  den  entsprechenden 
Abtheilungen  der  Entzündungsformen ,  der  lym- 
phatischen ond  venösen  Hyper-  und  Anä- 
inieen,  oder  wie  man  etwa  sonst  wolltq,  ein- 
veihen'  soll.  Diese  Frage  ist  nicht  müfsig,  selbst 
wenn  man  ganz  von  dem  Vortheile  absehen 
sollte,  welchen  der  richtige  unter  beiden  We- 
gen für  die  Einsicht  in  die  Natur  des  Gegen- 
standes gewähren  mufs.  Denn  die  praktische 
Brauchbarkeit  einer  jeden  beider  Methoden  be- 
sieht sich  auf  zwei  ganz  verschiedene  Seiten 
der  hier  betrachteten  Krankheitsformen*  Die 
«rstere  weiset  nämlich  sogleich  im  Allgemeinen 
auf  den  Charakter  des  Leidens  hin,  und  be- 
dingt somit  auch  die  Grundsätze  der  allgemei- 
nen Behandlung ;  die  Letztere  dagegen  fafst  zu- 
erst Alles  zusammen,  was  sich  in  Bezug  auf 
den  gemeinschaftlichen  Ort  und  die  durch  ihn 
bedingten  Abweichungen  und  Besonderheiten  in 
der  Behandlung  der  sich  dort  zeigenden  Er« 
ncbcinuDgen  Generelles  tagen  läDst» 


—     46    — 


YTir  haben  bereits  erwähnt  ^  dabMlbstdw 
beiden  aasgeseichneUten  Monographen  sich  aber 
das  Gemeinschaftliche  in   der  Natur  der  Haut- 
krankkeiten  nicht  ausgesprochen  haben;  deig»- 
stalt,   dafs  man  nicht  einmal  entscheiden  kano^ 
wie  weit  dieser  Ausdruck  sich  Ton  einem  aehr 
Tei wandten,    swar    eben    ao  formellen ,    abet 
doch  an  sich  weniger  Tagen i  roa  dem  Begrub 
des  Geschwürs  —  in  allen  Fällen,  wo  die  Hattl 
•rgriffen  ist,  besondere.     Rust  nennt  in  ^ineiB 
meisterhaften   Aufsatze  über  Jenes   (Uandb.  cL 
Chir.   Art.  Ulcus)  das  Geschwor:   «yeine  durch 
Abnormität   des  Vegetationsprocesses  herbeig»» 
führte  Absonderung  Ton  Eiter  oder  Jauche  ana 
einer  zur  secernirenden  Fläche  sich  rerwandela« 
den*  Organstelle."     Indem  dieser  Scbriflatallac 
mit  deutlichem  Bewufstsejn :    dab  er  nur  tm 
einer  Form  spreche,  auf  die  durch  daa  Waaatf 
derselben    begründeten  Differenzen  surSckgehtf 
.  atöfst  er  natürlich   auch  auf  alle  GeschwonfiM«« 
men,    denen   Hautausschläge  Torhergehen,    So 
werden  Ulcus  und  Effiiorescentia  ab  fortbofeadia 
Glieder  eines   gemeinsamen   Processea  ^,aboov» 
mer  Vegetation"  erkannt«    Ja,  dorn  GeschwSr^ 
welches  an    der  Haut  zum  Yorscheia  kommt^ 
geht  im  weitesten  Sinne  immer  eine  Hautkrank- 
heit  vorher,    wobei   die  Haut  allerdings  bald 
idiopathisch^    bald    nur   sjmpathisch    ergrüEBii 
wird. 

Eine  andere  Form  der  Hautkrankheiten  itaht 
der  des  Geschwürs  sehr  nahe;  es  ist  diejenijie^ 
^o  der  abnorme  Yegetationsprocefs  sich  dorck 
widernatürlich  gesteigerte  Absonderung  dee  Ma<^ 
forlichen  Secrets  der  Cutis  — •  der  Epidermb  •-« 
zu  erkennen  gibt«  In  gewissen  acuten  Fonaa» 
hat  man  diesen  Proceb  dem  des  Manaeni  dar 


-^     47     -       , 

Togel  änd  Häatens  der  Schlangen  ri^rglicheb 
{Hoffmann  Idealpatbologie) ,   hier  erscheint  er 
mehr  als  Folge  eines  Absterbens  der  äufsersten 
Schicht    auf    den   Ausgang   der  oberflächlicheo 
EntsUndnogsprocesse   —  in   seinen  chronischeb 
dagegen,  wo  wir  es  nicht  sowohl  mit  Hyper« 
amie,  als  mit  H3rperl7mpho8e   (sit  renia  yerbo) 
so   than   haben,   gibt  sich   die  Verwandschait 
mit    der    Geschwörsform   unverkennbar  knnd« 
ITon  dem  Standpunkte  der  vergleichenden  Pa- 
thologie angesehen ,  finden  wir  die  normale  Haut 
in  den  verschiedenen  Thierklassen  fast  normal 
tjpisch  fSr  die  meisten  Formen  der  Hautkrank- 
lieiteo,  von  der  Schwiele  bis  zu  der  Absonde* 
ruDg  scharfer,  specifischer  Säfte  aus  eignen  Se« 
cretioDsfläcben»     Der  fortwährende  Secretions« 
fnrocefs,  wodurch   die  Epidermis  sich  aus  dem 
seeernireBdeD  Fapillargewebe  der  Cutis  heraus- 
bildet,  kann  sich,  wie  jeder  andere  normale 
Proceb  steigern ,    vermindern ,   umändern ,   die 
Vriacheb  dieser  Erscheinung  können  mehr  oder 
weniger  entschieden  in  allgemeinen  Abweichun- 
gen  der  Thätigkeit  der  Gefafse  und  des  N%r- 
Teoeinflusses   begründet   seyn,   oder  mehr  auf 
lein  örtlichen  Verhältnissen  beruhen«    Sie  kön- 
nen endlich  vorübergehend  oder  anhaltend  wir- 
ken, im  ersteren  Falle  ein  pathologisches  Pro- 
duct  Burücklassen ,  oder  nicht ;  im  letzleren  die 
Abnormität  nur  innerhalb   bestimmter  Grenzen 
*  unterhalten  I   oder    ihre  Verbreitung  bedingen* 
Das  Secret,    welches    den   Namen  Epidermis^ 
und  in  pathologischem  Auftreten  der  Verschie« 
denheit  der  Form  nach  den  Namen  Hornmasse, 
Schwiele,  Kleie  oder  Schuppe  führt,  dasjenige, 
Welches  an  der  Luft  zum  Schorfe  erhärtet,  und 
dasjenige,  welches  dieser  Fähigkeit  ermangelnd, 
TOA  der  FKche  feucht  abläuft  «—  dütfen  um  w 


—     48     - 

weoiger  itreog  too  eiDander  gesondert  Wod^iJ 
aU  sie  ihrem  Wesen  nach  innig  Terwändt^  auch 
in  der  Form  nicht  entschieden  aaseinandei»» 
hen  und  sehr  oft  alle  neben-  und  miteiaapdsr 
TOrgefunden  werden. 

Eine   Veräoderung   in    der    Fnnction  od« 
^Struct-ur  der  Haut  erscheint  als  wesentlicher  Be- 
gleiter,   wenn   nicht  aller,    doch    der   meisten 
Krankheiten  I    welche  mit  miasmatischen  .  oder 
cootagiösen    Bediogungen  im  Zusammeahange 
stehen.     Sie  ist  in   allen   diesen  Fällen  nur  all 
Symptom    der    specifischen   Krankheit    ta   be- 
trachten ,   wobei  es  gar  nicht  -darauf  ankommt 
ob  wir  es  blofs  mit  Störungen  der  Hautpeiapi- 
t'ation  (wie  bei  der  Cholera),  mit  HTperämieen 
des  Papillargewebes,  Entzündungen,  .£cchTB^ 
men,   oder  mit   Entartungen    einielner  Tbeile 
durch    den    directen   Eingriff    des    spepifladüi 
StoiFes  (Hautmasche  heim  Carbunkel^  hjmflh^ 
gefäfsenduog  (?)   beim   Ghanker-  u.  a.   w«).Jn' 
thun  haben,   oder  ob  der  letxtere  sich  auch  ii 
ganz  eigenthümlichen  Bildern  auf  der  Haut  ür . 
fiectirt,  über  deren  Natur   uns   die  biaherigei 
Erfahrungen  noch  nicht  zureichend  belehrt.  h^F«  ; 
ben.     Von  jepem  einseitigen  Gesichtfliptinkte.dü  ., 
befallenen    Organen  Systems    aus    wiirden   abfC  , 
nicht  allein  diese  Symptome,  sondern  auch  dar 
colliquatiTe,     der    scharfe    oder    der    gefaiMe 
Schweifs,   wie  gegenseitig  die  trockene ,  ina^ 
Xnorglatte   oder  rauhe   Haut  (cutis  anserina)  •»• 
eben   sowohl  die  Absonderung  eigenthiimlidief 
Säfte   (z.  B.    Slilch   bei  Milchmetastasen,   iodef 
aus  der  Haut  des  Scrotums  und  Diapedeaen  aln 
1er  Art),  so  wie  jede  durch  die  Haut  sichtban.   j 
Veränderung  in   der  Mischung  des  Inhalte. di|V 
Gefafse   (Icterus  i    Chlorose  u«  dgL)  io  das  Gtf> 
biet  der  Hautkrankheiten  n  rechnen  aein^    . 


—     49     -^ 

sen  Schwierigkeiten  der  ISTStemadk  ist 
cb  eine  "wilikürliche  Beschränkung  des 
;ischen  Begrub  auszuweichen;  indem 
iser  letzteren ,  ganz  im  Gegensatze  mit 
\  Yon  dem  Sitze  und  affidrten  Organe 
mmene  Leiden  nicht  auf  die  reinep 
isstörungen  anwendet,  sondern  auf  die 
Jen  Vera n der ungjen  beschrankt« 

s  ist   der  Gesichtspunkt,   welchen  man 
}i  Pathologen  zuschreiben  ^mufs^   d^ren 
der  Hautkrankheiten  wir  jetxt  yerglei« 
etrachten  wollen* 

'  mhmwnrdige  Verfasser  des  Werkes; 
ndis  hominum  morbis,  bezeichnet  mit 
neinschaftliGhen  Benennung  Exantheme 
Blmehr  efflorescentiae  cutaneae)  zwei  co- 
>  Gruppen  seines  Systems,  die  Exan« 
im  engeren  Sinne  (acuten  Exantheme) 
;hronischen  Haulausschläge  (Impetigines)^; 
le  Hautausschläge  im  Allgemeinen  Ihk  , 
o  definirt  er  dieselben  -^als  ^^Symptome 
nkheit  oder  Krankheiten,  welche  eine. 
:enz  auf  der  Oberfläche  der  Haut  bil« 
ie  erscheinen  theils  flach  gestaltet  and 
rmig  verbreitet,  theils  erhaben ,  als  Flecke, 
le»  Pusteln,  Phlyctänen,  Blasen/  oder 
a  kleine  Knotehen  (tubercula)  und  Rau- 
n  auf  der  Haut,  wo  sie  während  eines 
iten  oder  durchaus  nicht  begrenzten  Zeit« 
verweilen.  Meist  treten  sie  in  Beglei- 
nes  jeden  Fiebers,  öfters  jedoch  ohne 
»auf,  oder  kommen  bisweilen  erst  dann, 
las  Fieber  sich  schon  ausgebildet  oder 
ganz  nachgelassen  hat,  oder  endlich  erst 
im  Tode  zum  Vorschein.  Eben  so  Ter« 
len  sie  ganz  unmerklich ,"  ohne  Haut« 
LXXXlV.B.4.St«  D 


"•    ao    — 

TfritnderoDgeD  cnrUdbralaMen)  oder  endigen  sich 
mit  DeflqnamatioD  ^  SeppoiatfoD  oder  Eznbe* 
ration.^ 

Wenn  mau  yon  dieser  Definition  alle :  ^enV 
weder  ^^  oder'',  welche  tich  gegenseitig  anfr 
heben ^  absieht^  so  bleiben  qds  dieselben  fbr- 
melleo  Unterschiede,  worauf  JFiUän  auae 
acht  Klassen  gegriindet  bat,  allein  übrig.  Wir 
können  demnach  die  Meinung  unserer  Autoren 
(denn  AUb^rt  spricht  sieb  nicht  anders  aus) 
darüber  einverstandeo  erklären»  dalii  die  Hantp- 
krankbeiten :  »ysicbtbare  Yerändemngen  in  Fonü 
und  rärbong  der  Oberhaut  (unter  der  G^rtall 
Ton  Flecken^  Pusteln,  Blasen  |  Knoten  u.a,w.) 
sind*  Wie  wenig  ein  solches  Princip  einen 
pathologischen  Begriff  abgebe^  ist  bereite  inü 
vorigen  geieigt  worden ;  wir  wollen  noQ  se- 
hen f  welche  anderen  Yortbeile  es  gewahrti 

Betrachten  wir  nun  das  GemeinschafUidik 
des  Krankheitsbildes  und  der  Bebandlnngame« 
thode#  welches  ans  demselben  henrorgehen 
mochte*  Da  die  Rücksicht  auf  den  ergriffenen 
Ort  hier  Vorwaltet  |  so  werden  wir  allguneine 
Ansichten  cwar  Torzugsweise  in  Besog  auf  dk- 
^n  cu  erwarten  haben,  aber  es  ist  die  F^gtf 
ob  nicht  gewisse  natürliche  Verbindnngen  be-, 
stehen  zwischen  dem  localen  JPbänomen  des 
Bautleidens  und.  einer  oder  der  anderen  krank- 
haften Erscheinung  oder  krankmachenden  Ui^ 
Sache  u»  s*  w. 

Peter  Frank,  det  sich  wiederum  vorzugs- 
weise auf  diesen  Gegenstand  einlafst^  lehrt  uns 
aber  in  seinen  Untersuchungen  über  die  Phäno- 
mene, Quellen  und  Ursachen  der  Efflorescen- 
cen  das  grade  GegentheiL  Er  zeigt,  wie  die 
Haut  eine  eigenthnmlicbe  Vitalität  besitzei  y#r«i 


—     51     — 

mittelst  der«D  fla  ao  den  krankhaftoo  ZosA^ 
den  dea  Organbrnus  Theil  nehme;  aber  eben 
in  sofern  das  Letztere  der  Fall  ist^  bildet  das 
Phäooinen  auf  der  Haat  nur  ein  Symptom.  Anf 
die  Quellen  der  Exantheme  zurückgebend,  zeigt 
dieser  Schriftsteller  sodann^  \?ie  sowohl  chro- 
nische als  acate  |.bald  sympathisch,  bald  ans 
iBiner  eigenen ,  krankhaften  Beschaffenheit  die^ 
ises  (Hant)  Organs ,  so  wie  endlich  durch  Ein« 
Wirkung  eines  besonderen  Contagiums"  berror- 
gebracht  werden*  Diejenigen,  welche  keinen 
generischen ,  specifischen  Charakter  und  keioe  ^ 
Art  von  Fortpflanzungsvermögen  besitzen«  sind 
nicht  selten  mehr  ein  Fiebersymptom ,  als  die 
Sjrankheit  selbst.  «—  Es  gibt  kritische  Symp» 
tome;  beinahe  endemisch  sind  sie  in  feuchten, 
liefen  ,  heifsen  Gegenden ;  ihre  Ursachen  ruhen 
oft  in  abdominellen  Störungen,  oft  klagt  man 
ttne  gewisse  Schwächung  der  Hant,  oft  eia 
ifenrenleiden ,  oft  eine  specifische  Ursache  ai^ 

Alle  diese  Unteischiede  f   mit  deren  weit* 

länftigerer  Au£zählnng  den  Leser  zu  ermüden 

yiix  Anstand   nehmen,   werden  als  richtjg  an*« 

erkannt;  aber  sie  geben  eben  deshalb  der  Frage s 

^orin  nun  wohl  der  gemeinsame  Charakter  der 

Eiflorescenzen    (nicht  ihre  Form)  bestehe,   nur 

Vm  eo  grofsere  Bedeutung*    P*  Frank  geht  von 

den   ,,Exanthemen  im  Allgemeinen*'  direkt  anf 

die  „Exantheme  im  engeren  Sinne  über^  ohne 

ctafB  er  im  Stande  gewesen  wäre,  einen  Geist 

4er  Einheit  in  diese:  ,,Pusteln^  Rauhigkeiten u* 

n.  w."  auszugiefsen.  — •  Aliberti  welcher  mehc 

nie  unser  grofser  Landsmann  entschiedenen  Be* 

vuf  hatte,    seinen   Stoff  zu  sondern  und  htt^ 

Torzuheben^  konnte  .doch  ebenfalls  nicht  Ter* 

kennen,  dafs  eine  gemeinschaftliche  essenyelle 

D  2 


—     Ö2     — 

Charakteristik  der  Hautkrankheiten  nicht  mog^ 
lieh  sey.  j,Die  Haut",  sagt  er,  ^^dient  aö  man« 
nigfaltigen  Zwecken ,  ihre  Structur  ist  ao  Ter* 
wickelt,  dafs  man  sich  nicht  wundern  darf, 
wenn  sie  einer  grofsen  Anzahl  Ton  Yerände« 
rnngen  unterworfen  erscheint  und  gleichkam 
einen  Auszug  aller  Krankheilen  des  Menschen 
darstellt.  In  der  Tbat  wird  man  schwerlich 
ein  zweites  Organ  finden^  weichet  mehr  pa« 
thologische  Erscheinungen  yereinigte,  und  s»- 
gleich  inniger  an  den  Leiden  aller  anderen  Theil 
nähme." 

Wenn  nun  demohngeachtet  Alles,  was  nur 
irgend  als  eine   Veränderung  der  Haut  gelten 
kann,   Ton  jilibert  unter  dem  Mamen  Derma- 
tose, als  Glied  einer  Klasse  aufgefafst  ist,  wenn 
dieser  Schriftsteller  sich  rühmt:   Torti  a  äerd 
l'arbre  des  fleTres,  je  cherche  K  ^leTer  celni  des 
Dermatoses  -—  je  me  suis  attach^  a  decrire  TbA« 
pitai  St.  Louis ,  comme  les  botanistes  d^diTent 
un  pays  on  un  jardin;  —  so  läfst  sich  achwer 
begreifen ,  wie  man  Ton  einem  und  demselbeil 
pathologischen  Standpunkte  aus   die  Fonctions« 
Störung  im   Gefäfssystem ,   deren  Ausdruck  das 
Fieber  ist,  mit  den  FormTeranderungen  der  all« 
gemeinen  Bedeckung,  welche  ,^pr^sente  en  .qoel* 
que  Sorte  un  abrege  de  toutes  les  maladies  da 
Corps  humain*'  zusammenstellen  -—  coordiniren 
könne!     Wer  das  Beispiel  Linnis  und  die  IM« 
'thode  des  natnralistes    anruft,    mufs  sieb  TOr 
Allem  daran  erinnern,  dafs  man  fiinselnea  nU^t 
syslematisiren   kann ,  ohne   Rücksicht  auf  daa 
Ganze,   und   dafs  es   daher  Tor  Allem  nSthig 
war,  zu  zeigen,  dafs  die  Dermatosen  eine  na- 
türliche Abtheilung  in  der  pathologischen  Welt 
bilden,   aU  z.  B.  die  Moose  in  der  phyaiologi« 
sehen ;  ein  Beweis ,  der  darum  nicht  angeführt 


~     53     — 

tf erden  kano^  weil  weder  der  qualitaÜTe  noch 
der  quantitatire  Charakter  dertelben  in  wesent- 
Heben  Zogen  fibereiDstimmt  Der  Ort,  wo  eine 
Krankheit  zu  Tage  tritt,  begründet  allerdinge 
Verschiedenheiten  in  ihrer  äufseren  ErscheinuDgi 
aber  das  Wesen  der  allgemeinen  wirkenden  Ur- 
sache ist  aufserhalb  dieser  gelegen ,  und  reilectirt 
•ich  nor  anders,  ohne  sich  deshalb  zu  ändern. 

Gehen  wir  nun  ron  der  allgemeinen  Ein<« 
tbeOong  auf  die  besondere  über.  Ein  Irrthum 
in  der  Zusammenstellung  yerschiedener  Grupr 
peo  ^zu  einer  Klasse  zieht  nicht  nothwendig 
•uch  eine  falsche  Auffassung  dieser  Letzteren 
nach  sich.  Die  erste  der  beigefügten  Tafeln 
lehrt  zwar,  wie  wenig  unsere  drei  Autoren  in 
Bezug  auf  die  Unterabtbeilungen ,  Ordnungen 
und  Geschlechter  übereinstimmen.  Wir  sehen 
das,  alle  möglichen  Krankheitsformen  umfas* 
sende  System  Aliberts  sich  mit  Rücksicht  auf 
die  im  Uebrigen  gültigen  pathologischen  Einthei- 
langen,  oft  mit  beifallswerther  Bestimmtheit, 
ordnen;  wir  sehen  P.  Frank  nur  diejenigen 
Baotaasschläge  beachten ,  welche  mehr  oder  we- 
niger entschieden  als  idiopathische  gelten  könn- 
ten, nnd  diese  theils  nach  dem  begleitenden 
Fieber,  theils  nach  der  Form  abtheilen ;  ^-  wir 
sehen  endlich  die  zerrissenen  Glieder  einer  Kette 
von  pathologischen  Erscheioungen  in  dem  Wm 
Bm-  Systeme  zerstreut,  und  demnächst  finden 
wir  eine  Yerschiedenbeit  der  drei  Nomenclatu« 
Ten  unserer  Schriftsteller,  welche  uns  zu  einem 
Commentar  über  diese  Tafel  nothigen  würde^ 
wenn  sich  nicht  in  der  folgenden  Tbfel  das  We- 
sentliche der  Unterschiede  von  selbst  ausführli- 
cher entwickelte. 

Aber  durch  Klasse ,  Ordnung  und  Geschlecht 

liiiidurch  etuiüit  man  endlich  auf~^die  Art  9  «nd 

« 


—     Ö4     «.. 

dSete  ist  e§ ,  welche ,  nach  der  BehanptoDg  der 
satorbistorlschen  Schule  anch  in  der  Pathologie 
i^beständig'*  ist.  Um  hierüber  so  eioem  ge- 
saQeo  Urtheile  zu  gelangeo,  haben  wir  j^Uherti 
Sfstem  als  das  umfasseodste  xum  Grunde  ge* 
legt,  um  die  ron  ihm  aufgestellten  Arten  mit 
ihren  Syoonjmen  bei  den  beiden  anderen  Schrift» 
atellero  zusammenzustellen.  Vielleicht  ist  die^ 
ies  Unternehmen  auch  schon  in  der  Rückiiclil 
nicht  ganz  nutzlos,  daüi  es  einigermaben  zur 
Versöhnung  der  Widerspruche  in  der  neoereo 
Komenclatur  beitragen  kann. 

Der  fluchtigste  Blick  auf  die  Colämnen  der 
zweiten  Tafel  lehrt  uns,  dafs  die  Systeme  no^ 
serer   drei  Noaologen  selbst  in  Beziehung  ax^ 
die  Arten  incommensurabel  sind:   zum  dentb-    , 
eben  Beweise,   dafs  Ton  dem  allgemeinen  aa«    . 
beren  Charakter  oder  der  speciellen  Form  hei^ 
genommene    Unterschiede     nicht      noth wendig 
mit  einander  iibereiostiuimen  *-*  eben  so  wenigi 
als  die  Arten  der  Vogel  bei  Schriftstellern  iiber« 
einstimmen  würden ,  duren  Einer  seinen  Begiift 
der  Species  in  der  Bekleidung  nnd  Bedeckugf 
der  Fiibei   der  Andere  in  Zahl  nnd  Stellung^ 
der  Steuer-  und  Rnderfedem  suchen  wfirdejp 
während  ein  Dritter  sich  bemühte,   den  Com«^ 
plex  der  Aehnlichkeiten  und  das  Criteiium  ÜT 
Zeugung  auf  die  Art  anzuwenden. 

Wo  wir  in  der  Pathologie  das  Ci|terinm 
der  Zeugung  besitzen,  haben  wir  den  festen 
BegrüF  der  Art  (Species).  Alle  Formen ,  wek"^ 
che  aus  demselben  Gontagium  öder  einer  ande- 
ren specjCschen  Ursache  herTorgeben^  sie  mö- 
gen nun  äufserlich  noch  so  Terschieden  auftre* 
ten,  sind  vom  Standpunkte  der  äufseren  UrssK 
che  sowohl,  als  des  Wesens^  nur  rerschiedene 

ladividueo   oder   Kutwiskelungszufttäiidp   oiper 


—     öd     «- 

erselbeo  oaturhbtorhcheD-Speciaflb  Seliiea 
xiehrere  8pecie8  unter  eehr  äboIicbeD  Em 
tungeD  rerlaufen,' so  ist  es  erlaubt ^  sie 
imentastelleii  ea  dem,  was  bereits  eio  kiinsU 
f  Tom  MeoscheD,  nicht  Ton^der  Natur 
ndenes  Gefoge  ist^  zum  Genus» 
Lber  das  Criterium  dtsr  Zeugung  existlrl 
:e  Mehrzahl  der  Krankheiten  gar  oichti  für 
ist  es  nur  zweifelhaft  vorhanden.  In  sein« 
tritt  zunächst  die  Identität  der  veranlas- 

I  und  prädisponirenden  Ursachen  ^  der 
,  des  Verlaufs  und  des  locus  afFectus;  wel- 
isammengenommen  unzweifelhafte  Identi- 
18  Wesens  begründet«  Es  ist  klar,  daüs 
im  Mangel  an  Kenntnifs  von  den  Erste- 
e  Letzteren  entscheiden «  dafs  es  sich  aber 
licht  um  einen  willkürlich  herrorgehobe- 
''heilf  sondern  um  die  Gesammtheit  der 
tnene  bändelt»  Auch  ist  die  Ueberein- 
ung  des  Verlaufs  unter  gleichen  Umstän- 
jchtiger  zur  Bestimmung  der  Art,  als  die 
Qtane  Uebereinstimmung  der  Form,  — « 
itz  dient  bei  genereller  Aehnlichkeit  der 
und  des  Verlaufs  zur  Unterscheidung  der 
venn  die  Verschiedenheiten   der  Erschein 

II  ^  welche  durch  Ihn  bedingt  werden,  eine 

hinlänglich    begründen    und    erfordern* 

aber  die  Ueliereinstimmung  der  specifl- 

Ursache    hinreichend   nachgewiesen  ist, 

die  Verschiedenheit  von  Form,  Verlauf 
3rt  durchaus  keine  eigene  Art,  sondern 
ne  Abart  begründen.  Die  Verwandschaft 
ten  in  Geschlecht  und  Ordnung  wird  aber 
;lich  durch  den  gemeinsamen  Charakter 
imt,  der  aus  der  Verwandschaft  der  in- 
Ursachen hervorgeht,  *) 

,0  tüer  ausgesprochenen  GrondsatM  dndwonSgsteas 


—     00    — 

'Wenden  ^ir  diese  GroDdeatce  aaf  die  TOffi^ 
Begeodeo  Krankheiten  an,  so  bemerken  wir 
SuvSrderst  eine  Anzahl  tod  durch  Zeugang 
feststehenden  Arten*  Dahin  gehören  die  an- 
•teckenden  acuten  Hantauaschläge,  welche,  mit 
einigen  andern  Yermischt,  hei  jilibert  und  Frank 
den  Kern  der  Gruppe  Exantbemata  bilden,  ei- 
nige Arten  yon  Pyropblyctis  und  Carbunculos, 
die  Siphiloiden  und  die  Scabies  Alib.,  demnSchst 
Doch  möglicher  "W  eise  einzelne  Formen  ans  den 
Gruppen  der  Tineae,  Herpetes  und  Leprae,  wel- 
che als  Typen  der  ihnen  nahe  stehenden  Arten 
dienen  können» 

Die  Exantbemata ,  welche  mit  dem  Namen 
Variola,  Rubeola  (DIorbilli)  und  Scarlatina  be- 
seichnet  werden ,  und  zwischen  sich  noch  A' 
nige  andere ,  dem  einen  oder  andern  .derselben 
näher  verwandte »  ächte  oder  Bastard  -  Foris 
(Letzteres  c.  B.  die  Variola  Diitigata  Alib.,  die' 
Varioloide)  haben ,  bilden  zusammen  ein  n^ 
iHrlicbes  Geschlecht,  dessen  Charaktere  sich  >o 
angeben  lassen:  Hautentzündungen  anstein^ 
apecifischen  (miasmat.  contag.)  Ursache^  in  A^ 

die   einzigen^    welcbe   man    natorhistoiisch   nenP^ 
kann.    Pathologisch  lafst  sich  wohl  Manches  dageg^ 
einwenden^  in  sofern   die  Formen  aus   identiacbf^* 
epedüscher  Ursache  doch  oft  so  bedentend  Yon  et^ 
ander  abweichen^  dafs  es  scheint^  als  seien  diePfS^ 
cipien   der  physiologischen  Zeagung  auf  die  Eintb^^ 
lung  der  Krankheiten  gar  nicht  anwendbar.    IndeiM^ 
miifs  man  die  notbwendig  im  Fortbildnngsprooesse  ^^ 
ner  Krankheit  begrüTenen  FormTeränderungen  ni^.^ 
als  Arten  bezeichnen  wollen  (z.  B.  bei  der  sjfphili^* 
Pafs  der  locas  affect.  bei  gleicher  Ursache  keine  V^^ 
•chiedenheit  der  Art  begründe,  lehrt  die  einfädle Ttf^^ 
'  wnndong.  —    Wnnde,  vulnns,  ist  gewils  kein  Geni^ 
sondern  nur  eine  Spedes  morbi^  mit  Abarten  Je  na^^ 
Ort  nnd  Uuifang,  sonst  eber  wescptUdl  SUfib  io  Wof  ^ 

und  Verlauf  ideotisdii 


^    67    - 

$cliDppi]Dg ,  Bortcenbildang  oder  vorlier  earSck« 
lassende  Verscbwärung  ausgehend^  entsteheod 
bei  einer  6ifi;entbumlicbeQ  Anlage ,  welcbe  durch 
den  Verlauf  der  Krankheit  saspendirt  oder  ge« 
tilgt  wird,  —  Dieses  Gescblecht  behält  am  be« 
•ten  deo  Namen  Exantbemata;  es  ist  der  Fa« 
inilie  der  Hautentzündungen  beizureiben,  wel- 
ches: actiye  Hyperämieen  der  allgemeinen  Be- 
deckungen sind,  und  die  unter  die  allgemeine 
pathologische  Ordnung  der  activen  Hyperämieo^a 
gehören.  -^ 

Die  Exantheme  bilden  eines  der  am  besten 
bestimmten  pathologischen  Geschlechter,  und  es 
iäfst  dch  kaum  begreifen,  wie  JFillan  darauf 
kommen  konnte,  sie  auseinanderzureifsen.  Sie 
haben  nicht  allein  das  gemeihschaftliche  der  spe- 
dfischen,  die  eigenthiimliche  Anlage  voraus- 
•atzenden  Ursache ,  sondern  sie  treten  auch  alle 
als  Epidemieen ,  unter  der  deutlichen  Herrschaft 
des  atmosphärischen  Genius  auf,  und  der  Gha«* 
jrakter  des  begleitenden  Fiebers  wird  bei  allen 
gleichmäfsig  durch  diesen  Letzteren  bestimmt« 
Aach  die  Methode  der  Behandlung  bleibt  im- 
mer wesentlich  dieselbe;  sie  ist,  was  die  Srt- 
Hcbe  Krankheit  betrifft,  wesentlich  antiphlogi- 
stisch,  jedoch  mit  Rücksicht  auf  die  gestörte 
Function  des  Organs,  so  wie  auf  die  respecti- 
▼en  Idipsynkrasieen  des  Gontagiums  und  den 
Charakter  der  allgemeinen  Constitution. 

Das  Erythem,  Erysipel  und  die  übrigen 
TOD  Alihert  den  Dermatoses  ^cz^mateuses  zu- 
gerechneten Formen  haben  ebenfalls  einen  über- 
einstimmenden Gharakter,  in  sofern  sie  alle  als 
Hautentzündungen  gelten.  Diese  beruhen  zum 
Theil  auf  einer  specifischen  Ursache ,  ja  bei  ei-* 
nlgeo  derselben  ist  diese  Ursache  ein  wahret 

Cwtagioui^  welche»  abei  yon  jenem  der  Eac*' 


—     58     — 

aothema  dadurcb  anterschledeo  kl,  ^afs  et  miK 
sehen  einea  eotscbiedeo  epidemischen  Cbarak<« 
ter  aonimint  ^-«  uod  zwar  nur  in  dem  Falles 
wo  es  mit  einem  typhosen  Fieber  in  Verhin- 
dang  Bteht  — «  und  dafs  et  die  Anlage  durch 
seinen  Verlauf  nicht  tilgt 

Wir  haben  hier  eine  Reihe  voninflamma« 
torischen  Zuständen  der  Haut  und  des  Zell- 
gewebes derselben  ,  welche  je  nach  der 
Schicht^  die  sie  ergreifen ,  und  nach  der  sie 
das  geiammte  Gewebe,  oder  nur  einzelne  Tez- 
tortheiie  desselben  befallen,  endlich  nach  dem 
Grade  ihrer  Heftigkeit  verschiedenen  Verlauf 
und  neben  den  Ausgängen  in  Abschuppong,  Bor* 
kenbildung  oder  Narben  zaräcklassende  Ye^p 
ischwärung  noch  diejenigen  in  Verhärtung,  Ei- 
terung und  Brand  zeigen.  P.  Frank,  hat  diese 
Beihe  in  so'  weit  getrennt,  dafs  er  einige  For- 
men ,  denen  der  Charakler  des  Chronischen  mehr 
Euznkommen  schien,  unter  die  Impetigioes  warf; 
aber  schon  beim  Pemphigus  zeigt  sich  das  Ud« 
thunliche  der  Begründung  einer  Eintheilung  der 
Eczemata  auf  das  wesentlich  begleitende  Fie- 
ber, oder  die  Schnelligkeit  des  Verlaufs.  Wich- 
tiger ist  der  Unterschied,  welcher  die  Form 
der  Dermatitis  verwischt,  oder  nur  als  Reflex 
einer  tiefer  gelegenen  Adenitis,  der  acuten  Zell- 
gewebs- Entzündung  und  jedes  Apestems  er- 
scheinen läfst.  Diese  Verbaltoisse  entfernen  deo 
Anthrax  und  das  Pseudoerysipel  ans  der  Reihe 
der  Hautentzündungen,  eben  so  wie  dies  etwa 
beim  sypbilit.  u.  s.  w.  Bubo  und  dem  Pestcar-/ 
bunkel  (^denilis  inetastatica)  der  Fall  ist.  So 
wyesentliche  DÜl'erenzen ,  wie  sie  Rust  Yon  deQ 
Erysipel  und  den  Pseudoplhegmonen  nachge- 
wiesen hat,    die  sich  insbesondere  auf  Verlauf 

uod  Behandlung  beziehen,  erfordern ^  auch  eb^ 


—     69     — 

geteheo  toq  der  VerscbiedeBhelt  def  Sitzes^ 
eine  Treobung  als  Arten.  Dies  Ut  auch  .bei 
der  ron;  Hubert  unter  den  Denn,  b^t^romorpb« 
aufgeführten  Onygosis  zu  berücksichtigen. 

Indessen  sind  die  Uebergänge  zwischen  die* 
aen  Formen  und  den  Exanthemen,  so  wie  den 
folgenden  abnormen  Vegetationsprocessen  der 
Oberhaut  mannigfaltig,  einerseits  durch  Variola^ 
Furunkel,  und  dessen  fälschlicherweise  als  Car- 
bunkel  bezeichnete^  höchste  Entwickeln ngsstufe» 
andererseits  zwischen  Miliaria  idiopathica,  zur 
Olophljctis  bidroica  u.  s»  w»  hiedurch  bis  an 
die  herpetischen  Ausschläge  <sind  vielfach  rer-^ 
naittelt;  so  wie  endlich  Aphtha  den  Uebergang 
zu  den  Eoktzünduagsprocessen  macht,  deren  Sita 
die  Schleimhaut  mit  ihrem  Epithelium  ist. 

Den  activen  Hyperämieen  der  Cutis  stehea 
die  passiven  gegenüber«  <*-  Es  gehören  hier- 
ber  die  Derm.  bömatenses  uiliberts  (^Franks  Pe» 
ticulae  und  Eccbymomata)  zugleich  aber  auch 
das  Geschlecht  Pannus  desselben  Schriftstellers 
(Ephelis  und  Chloasma  P.  F.)  und  die  Telian« 
giectasieen  (Naevns,  Kelis?).  Es  erbellet  leicht, 
^amm  alle  diese  Formen  keinen  wesentlichen 
Einflufs  auf  das  Allgemeinbefinden  üben  kön- 
nen. Bisweilen  sind  sie  s/mptomatitch  und  er- 
acheinen  als  Reflexe  mehr  oder  minder  bedeu- 
tender, acuter  oder  chronischer  Leiden,  bis- 
\reilen  erscheinen  sie  rein  ortlich.  Wie  die 
Exantheme  und  Erytheme  zusammen  neben  die 
Gruppen  der  wahren  Catarrhe,  der  Pleuresieea, 
Fneumonieen ,  Hepatitis  u,  s.  w.  treten,  so  wer- 
den diese  Ecchymome  sich  den  passiven  Blutaber- 
füllungen und  Congestivzuständen  nähern  und 
jener  Ordnung  beizuzählen  sejn,  welche  als 
allgemeinen  Charakter  den  dor  venösen  Hyper» 
aoup  zeigtt 


—  ao  — 

I 

Man  kann  es   Dicht  Terkenoeo ,    dafa  dh    ; 
Grappen   der  den»,  teigneusea,  dartreoaea  und    j 
lepreuses  AliberVs  weseotUcb  auf  einem  getturten    j 
Vegetationsprocesse    beraheo,    dessen    Vraaclia    I 
TTir  tiefer,  als  blofs.ia  der  Haut  zu  Sachen  ha*    \ 
ben«    Wo  diese  Formen   kritisch  und  actir  eN, 
acbeineui   nähern    sie    sich   den  activen  Hjper- 
amieen,  unterscheiden  sich  aber  immer  von  ih- 
nen durch  den  Slaogel  des  Typus  im  Verlaufe, 
"welcher  selbst  den    verwandten    Formen   Olo« 
phljctisy   Cnidosis    u«  s.  w.   zukommt«     Diese 
^^Hyperlymphatosen   der  Haut"    sind  entweder 
nur  „gesteigerte  normale  Secretion''  —  welche 
den  Herpes  furfurareus  jilib.^    Yarus,    Poriigo 
und  Leuce,   Ichthyosis,    Verruca   und  Tylosis 
umfafst;   oder  sie  sind  von  Anfang  an  abnona 
aecernirende,  und  hier  haben  wir  die,  mit  Kro- 
aten-und  Borkenbildung,  Achoren,  FavaS|  icho« 
rosen  Absonderungen  u.  s«  w«  begleiteten  übii« 
gen  Tineae,  Herpetes  und  Leprae  mit  ihren  som 
Theil  milderen,  zum  Theil  wahrhaft  destructi' 
Ten  Secreten.     Die  erstere  Form  gehört  io  ditf 
Kategorie  der  reinen  Hypertrophieen ,  deren  ei'' 
genthiimlicher    Charakter    sich    durch  folgende 
Merkmale    bezeichnen  läfst:   Störung  der  Ver^ 
richtungen    des  befallenen  Organs  r^  mangel-^ 
bafte  Ernährung  anderer  Theile   in    Folge  der 
gesteigerten  AlBnilat  des  kranken  Gewehes  £ut 
ErnähruDgftfliissigkeit  —   mechanische    Einwir- 
kungen  durch  Veränderung  des  Volumena  und 
Gewichts. 

Die  zweite  Form  bildet  die  Heterotrophieen 
«—  und  hierher  haben  wir  denn  noch  diejeni- 
gen Formen  zu  zählen,  deren  Producte  ihr« 
Art  fortpflanzen  —  die  Scabies;  welcher  die 
Prorigo  nahe  kommt,  jedoch  irielleicht mit Aaa» 
nähme  der  P«  lateua,  die  man  eben  ao  gut  ab  ^ 


—     61     — 

»  reine  Nearosc  der  Haut  betracbfen  konnte.' 
r  werden   hier  die  reih  lympbalifichen  von 
TenÖB  -  lymphatischen   Beteirotrophieen    za 
arschieden  haben,  in  welchem  Unterschiede 
ptsäcblich  die  Trennung  der  Tineae   als  ei-> 
tbümlichen  Krankheiten  der  jugendlichen  Pe- 
te von    den   impeüginösen  Leiden  (im  äIte-> 
f    engeren    Sinne)    begründet  seyn   wSrde; 
lebe  letztere  im  Grunde  Eigenthum  der  h&- 
en  Lebensalter   und  mit  allen  der  erhöhten 
Qosität  entsprechenden  Dyskrasieen  eng  Ter- 
ndt  sind. 
Die  Syphilis,  das  Carcinom,  and  ähnliche 
einem  specifischen  Gontagium,   oder  einea 
lern    specifischen ,   sich  nicht  fortpflanzenden 
idnkte   der  Vegetation  beruhende  Heterotro- 
seo  worden  zur  Seite  dieser  ihre  Stelle  fin«« 
,    freilich   mit  Rücicsicht  auf  das  allgemei- 
s  und  zugleich  specifischere  Leiden  der  Er- 
rang unter  anderen   Gruppen.     Alrophieen 
Haut   sind  selten«    Die  Achroma  ^lib.  ge- 
t  hierher;  Tielleicht  auch  die  Dermatolysis^. 
che  als  höchste  Form  der  rugae  erscbeinea 
te.  — 

Ich  bin  weit  entfernt,  diesen  Entwarf  ei« 
Einreihung  der  Hautkrankheiten  unter  die 
emeineren  Äbtheilungen  der  Pathologie  fSr 
endet  anzusehen«  aber  gewifs  enthält  er 
richtigen  Weg,  uns  zu  dem  speciellen 
Dkheitsgebilde  allgemeine  Beziehungen  za 
ähren  *)•    Es  kommt  dann  noch  darauf  an^ 

Anderweitige  Versuche  derselben  Art  sind  schon 
TielOach  angestellt  worden,  und  insbesondere  hat  JRnj/^r 
Bioh  um  diesen  Gegenstand  unverkennbare  Verdienste 
erworben,  obgleich  man  ihm  yorwirft,  da(s  er  In  zn 
hohem  Grade  dogmatisch  za  Werke  gegangen  sey. 
Ein  wichtigerer  Vorwurf  ist  wohl  der,  daüi  R»  den 
Begriff  der  Entzündung  zu  weit  ansgedthnt  hat» 


—     ft2     — 

genaue  Untenucfaungeo  über  eolcbe  Poirnfer* 
Bchiedenbeiten  anzustellen^  welcbe  in  einer  eot- 
Bchiedeoen  Beziebung  zu  diesen  allgemeineiii 
wesentlichen  DifTerenzen  stehen» 

Die  EintbeiluDg  der  auf  solche  Weise  fest- 
gestellten  Arten  in  Unter-  nnd  Spielarten  wird 
allerdings  immer  willkürlich  bleiben.     Die  For- 
men  irermischen  sich,   wandeln  sich  um;   die 
Ursachen   verschwimmen   und  werden  andeof» 
lieh ,  die  Zahl  der  Bastarde  ist  Legion.     Uobe« 
dingte    Gesetze    und  Normen  hier  anfstelleo  zu 
wollen,  würde  höchst  unzweckmäfsig  sejn  und 
die  Freiheit  nicht  beschränken ,  welche  sich  Je- 
dermann nimmt:  Arten   dieser  Art  nach  Belie« 
ben  aufzustellen.     Was  unsere  Autoren  betriffk^ 
so  stehen  auch  in  dieser  Beidebung  jilihert  und 
P.  Frank  über  Willan^  der  theils  niemals  an« 
erkennen   will,    wie   Verschiedenheit  der  For» 
men  nicht  unmittelbar  zu  Abtheilungen  herech« 
tige,  theils  sehr  weit  von  einander  abstehende 
Arten   (namentlich   in    den    letzten,    allerdings 
weniger  sorgfältig  bearbeiteten  und  beobachte- 
ten) Klassen,   leicht  wegen  äufserlicben  Aehn- 
lichkeiten    als   identische  annimmt;    Ich  wKrde 
näher  auf   diesen    Punkt  eingehen,    wenn,  ich 
nicht  fürchten   müfste,   bei   der  Beschränktheit 
des  Raumes,  welcher  einer  Mittheilung  in  die- 
sen Blättern  gewidmet  seyn  darf,  und  den  ich 
bereits   überschritten   zu   haben  furchten  mufs, 
die    YerwirruDg,    welche    ich    zu   vermindern 
wünsche ,    bei  oberflächlicher  Behandlung  eher 
noch  zu  vermehren^  und  ich  verspare  also  diese 
Untersuchungen  auf  eine  passendere  Gelegenheit« 

(Hier  folgt  die  TsbeOe.) 


«. 


(ZaScÜeC} 

TaM  11111011111 
fYillaa 

1 
i 

i 

F.  Wilim»  et  MmUm^mm 

1.   CCtfOrd.  I.)  Pafülafc 

«X  Lkbca* 
3.  PAficBu 


Cid.  C^.  '-  Upfa. 
^  ^  Psfirüuu» 

d.  Pitynatis» 
4b  IcbChjoau. 


Gl 


(Ord«  m.)  EzasllieBatm» 
Geiu  1-  Rubeola. 

2.  SciriadM. 

3.  Urticaria. 

4.  Roseola« 
5-  PoTpara» 

6.  BryihcBöU 

7.  Erjüpeias, 

(Ord.  IV.)  Bollae. 

Geo.  1.  Pemphi«» 

2.  PMiipMjs» 


F.  Pranfh 


I.  1.  ErytMi.  1.  Erythems, 
endemicil 

intertrigfl|rtrigo, 
paratrir 

Tar. 


•  .••'■>  t 


•  i 


pernio     }iio. 

per  adai 
S.  Brysipal  1.  Erysipelag,         '  Vliyls.altenu^^*  ' 

exqaisiM)lex   —        —      «—       /  pastalosum. 

phlegmrfgmonodea    —      —7-      I  pblegmono^iefl* 

oederaatdematosam     •»      —  '    /  gangraenosum^ , 
var,  i  jliabituale, 

\oedemat0sam4 
3t  pemphiu.  4.  Pemphigas. 

acQtas     llior    ifebriüs. 

chronical-         (apyredcus  (bysttidcus}« 
4;  Zoster«  j.  1.  Erysipelas»  \^ 

acQtas     1 

cbronicor  * 

5,  Pblysaof 

6.  Cnldosiij.  3.  Urticaria.  * 

acata      Iculosa  —  toberosa  — -  yesicalaris* 
cbronica 


II.  3«  Hydroa. 
Inyctis« 


7«  Epinyclji 
acuta 
chronica  I 

8.  Olophly 

II.  2.  Herpes. 

miliaris     iaris  —  pblyctaenodes. 

Tolatica 

prolabiali  « 

progenia 

hyriroica  '^''*  sndamen  —  febril«  —  nervosum* 
0.  Ophlyct  II-  ^»  Aphthae. 

acuta         iopatlucae. 

chronica    niptouiaticae. 

10.  Pyropli 
sporadi<^ 
endemicaj 

11.  Carba 


>.•* 


F.  PrmnK 


Ex.  II.  3.  Varlolt«; 
dbcretae  —  corymboMie    f dinpL  «—  laiy, 
oohaerentes  —  eonflutatest    i^itr.  —  «om« 

^   pliaiteew. 


La  —  ve- 
ine  area). 

n  .^  varioli«  oiaxime  a£ßnis,  bomiaeB  ooa  ingVldleM)» 
—      £x.  IL  4.  Pemphigai. 


-    '»«-o«""--  tfSZJ- 


ta  —  in- 


—  Ex.  II.  3.  MorbillL 

simpK  —  gastric  -^  nenros.  — -  compticaC» 

—  Ex.  I.  %  S Carlatina« 

—  eimplex. 

—  cynancbico  gangraenosa  — -  maltgna  (uflunnu» 

gastr.^  complicat,  neryoB.)* 

—  Ex.  II.  1.  Miliaria. 

(crystall.  —  alb.  —  rabr» »—  pomleat«  — 
lenticul.) 

—  Imp.  II.  6*  Tinea^ 

•—         faciei. 

—  Imp.  II.  1.  Porrigo«  —  L  6.  Alopeeia. 


—      Imp,  1.  6.  Alopecia? 
^     Imp.  II.  6.  Tinea. 


P.  Frani* 


i    ■ 

•  ^  U,  1.  Porrigo  —  II, 2. Herpes - 
i^  I;  4.  Vitiligo.  II,  7«  Lepra« 

|pec.  gen.  Porrigo  et  Herp.  farinosui. 

\\h,  et  nSgr.  —  -Lep.  sqaamos.  ^  nibr* 
^  ypigo. 


2.  V 


nferantur  Spec  gen.  P^draeHu 


speo«  ^en.  Psydrada  (Prurigo), 


•  gntta  rosacea  8»  Taricodet. 
l  meniagra« 
3*  l^jll.  2.  Herpes»  spec  non  distincta. 


4«  Bin.  2.  H.  phagedaenicas« 


V.  i 

2J 

VI.  ^IL  7.  Lepra. 
Jba« 


2,  Sl  II>  7.  Lepra. 


0||lephantiasis. 


4.  R^ 


VU. 


^.  Frank* 


—      Imp«  II.  i,  P»ora« 


— «     Imp.  IL  1.  PoRigo  <—  IL  5.  PsjdracU» 
i8cri[)t*      8pec. 

-^  /Pfl.yenerea  —  scorbiit«  —  bypocbondrUot  ««i 
I  critica  —  period.  —  opificum  *-*  tb  immaii-- 
—  iirC'  j  ditie  pleüiorica  — -  Infant«  -^  neogamor«  *• 
nulieb.  (     genilis  —  thermarum  -«•  ab  acri  etc. 

•*      /Bx.  !•  4«  Peticoiae  — >  Imp.  1. 3.  Eocbjmoinai 

P.  cbronicae    — •    -^    E.  spontaaeum. 
•—     —     —    —    B.  tcaamatiomn* 
Kt,  I.  4«  Pedcolae. 
cbronicae.. 
acutae« 

f  f ,         Iinp.  J.  1.  Bpbelis.  I.  2.  Cbloaima.  1. 4.  ?itUi(of 

—         K.  (PeÜCQlar.  ipec.)  lentigio^  umbrbMy  apniuu 

-^         Cb.  pseodoporrigo  — ,  gravidar«  «« 

rboiconu 

•*     Inp.  I.  5«  VitUigo. 

primaria  (et  äcaltia). 


•«     Imp.  t  S.  Bacfcr«»*  —  "P*^  »Mtifc 


—      63     ^ 


.^»^„mmmtmmmmmmmmmmammmmmtmmmmm 


IV. 

Darstellung 

der 

asiatischen  Cholera  in  Eger 

im  Jahre  1836.    . 
Von 

Dr.  Franz  Lantner^ 

Stadt-  nnd  Kriminal -Gerichtsarzte  in  EgeUp  piaktitcli^ 

Arzte  zo  Franaentbad» 


JLf  er  Aasbrach  der  Cholera  io  Eger  hat  (ur  das 
aogrebzende  Baiern  und  Sachsen  eine  so  wich* 
fige  Bedeutang  gehabt,  dafs  es  nicht  ohne  In« 
teresse  seyn  dürfte,  einige  Notizen  über  diese 
xäthselbafte  Krankheit,  wie  sie  sich  in  Eger 
seigte ,  in  dieser  allgemein  gelesenen  Zeitschrift 
2u  finden,  um  so  mehr,  als  ansere  amtlichen 
Berichte  nicht  zar  öiTenllichen  Kenntfiifs  ge- 
langten, und  in  auswärtigen  Zeilungsblättern, 
oft  unzuverlässige  Priralnachrichten,  Teroffent- 
licht  wurden,  auch  mehrere  Aerzte,  besondere 
aus  dem  benachbarten  Ober- Mainkreise  hieher 
liamen,  um  die  Cholera  hier  zu  beobachten« 
Io  der  Tbat  sind  zuletzt  mehr  Aerzte  als  Cho« 
lerakraoke  io  Eger  gewesen.  «*» 


—     64     — 

Woher  und  ynle  die  auatische  Plage  n 
uns  gekommen  ist,  läfst  sich  mit  BeatimmdÜBil 
nicht  nachweisen«  So  viel  ist  gewib,  dafa  die 
almoAphäriftch  -  klimatischen  andtellürischen  Vcr« 
hältnisse  die  Herrschaft  dieser  Krankheit  nicht 
hegiinsligten ;  daher  sie  auch  nicht  lange  bei 
uns  verweilte«  Ihre  Verbreitung  blieh  nur  auf 
eine  einzige  Vorstadt  und  einen  abgelegenen, 
kleinen  Theil  der  Stadt  beschränkt,  ond  da 
suchte  die  Seuche  nur  unter  einer  einsigea 
Volksklasse 9  der  ärmsten,  ihre  Opfer.  Die  ao 
rasch  und  so  leicht  yoriibergehende  Encho- 
nung  derselben  in  Eger,  mochte  daher  mit  äan 
Kamen  einer  Epidemie,  d.  i.  einer  in  Folge  et« 
inosphärischer  Verhältnisse  allgemein  herrschen* 
den  und  weit  yerbreiteten  Volksluankheit  inil 
Unrecht  bezeichnet  werden« 

Ich  erlaube  mir  in  dieser  Hinaicht  snrSv^ 
derst  einige  medicinisch- topographische  Bemei^ 
kungen  über  Eger« 

Eger  liegt  unter  dem  50®  if  58|^'  nördli- 
cher Breite,  und  dem  30®  2'  6}"' ostlicheK 
Länge;  1359  Wiener  Fufs  über  der  See  bei 
Hainbur^;;  64^  hoher  als  der  Wasserspiegel  des 
Egerflusses  am  Briickenthore  der  Stadt,  78^  ho- 
her als  Franzensbad,  27'  hoher  aU  Mariehbad^ 
267'  höber  als  Karlsbad,  792'  hoher  ala  Prag  «> 
Die  Stadt  selbst  liegt  auf  einer  Anhohe  Ton 
Tbonscbieferlager,  welche  vom  Oberthore  übet 
den  Markt  herab  durch  die  Steingas^  gegen 
das  Briickenthor,  so  wie  hinter  den  Schalen 
gegen  das  Schiffthor,  und  durch  den  sogenano« 
ten  Graben   gegen    das  Miihlthor  einen  *nierk« 

*)  Astronomische  Ortsbestimmang  des  EgerlaadM  fon 
Alois  David  ^  k.  k.  Astronomen  nnd  Voitteher  do9 
Prager  k,  Stemwarta,   Eger  1824  8.  42.  Sflb 


—     66     — 

Kcjieo  Abbang  bildet  An  diesem  flteftt  de?  Bgei^ 
flaby  vom  MHhltbore  bis  zum  Briickentbore  diu 
Stadtmauer  nnmiltelbar  berührend,  so  dafs  man 
aas  der  Stadt  in  die  am  linken  (nordlichen) 
Ufer  des  Flusses  gelegene  Bruckentborvorstadt 
Sber  eine  hölzerne  Brücke  gebt^  während  die 
Schifftborrorstadt  9  meistens  nur  ans  einer  un- 
mittelbar am  rechten  Ufer  der  Eger  liegenden 
Häuser  «Reihe  bestehend ,  in  der  am  tiefstea 
gelegenen ,  der  Ueberschwemmung  durch  dea 
Egerflufs  häufig  ausgesetzten  Niederung  im  feuch« 
ten  Wiesenthaie  sich  fortzieht.  Die  Häuser  der 
ObertborTorstadt  sind  theils  auf  der  hohem 
Ebene,  theils  auf  verschiedenen  Difiederungen' 
Earstreut«  Die  beiden  Ufer  der  Eger  werdenr 
Ton  dem  erwähnten  Thonscbiefer  gebildet,  wel«« 
eher  am  linken  Ufer,  wo  der  Kammerberg  ei-« 
nen  steilen  Abfall  gegen  den  Egerflufs  bildet| 
in  grotesken  Felsen  ansteht,  an  der  Brücken« 
tborvorstadt ,  wo  die  Strafse  nach  Franzensba^ 
führt,  sich  zu  einem  bedeutenden  Hügel  erhebt^ 
und  vom  südwestlichen  Theile  der  Stadt  an^ 
in  einer  allmähligen  Steigerung  gegen  Westea 
den  hohen  St.  Aunenberg  uud  den  noch  hohem 
Grünberg  bildet.  Diese  sind  gegen  den  Eger« 
flub  herab  bis  in  die  Nähe  der  Stadt  mit  Na* 
clelholz  bewachsen,  und  yerbioden  sich  mit  dem 
Gebirgsrücken ,  welcher  bei  Schirnding  im  Bai-^ 
tenthischen  gegen  das  Fichtelgebirge  fortläuft; 
So  ist  die  Stadt  Eger  Ton  allen  Seilen  mit  be- 
deutenden Anhöhen  und  Gebirgen  umgeben, 
flqrch  das  Egerthal  den  rauhen  Ost-,  und  Tom 
^igtländischen  Kapellenberge  her  den  kalteo 
Nordwinden  ausgesetzt. 

Das  Klima  ist  zu  den  gemafsigten  zu  rech-« 
&16B1  iedodi  wegen  der  Nähe  des  Fichtel*  und 
loiifft.LXXXIV.B.4.Si;  E 


1 


c 


•^     00     ^ 

EfsgebirgM  elo  auffallandar  und  otk  pUUilidifK 
Temperaturwechsely  so  wie  eine  nostata  Wb- 
tamiig  Bicbt  UD^awohnlicb;  dahar  eine  TOfaidi* 
tiga^  warroa  Bakleidang  baiaaba  dan  gaaaaB. 
Sommar  bindarch  nicbt  aaltan  nothwaBdig^  lud 
ein  gater  Pels  im  Wiotar  aahr  notBÜch  iit 
Dia  mitllera  BarometarbSba  iit  20''  S'''  Paii- 
aer  FahmalBes,  ond  dia  mitdara  Wanna  C^ 
Raaumuri  letztara  also  beioaba  2®  garingar  all, 
iö  Frag«  Docb  iat  bier  dia  Vegatation  fijprigi* 
Li  dan  Vorstädten  finden  sich  Tiale  Gamma- 
und  Obstgärten,  und  in  der  Nähe  dar  Stadt 
achüna  Wiesen  and  selbst  aaf  den  A'^hShf 
fruchtbare  Kornfelder. 

Das  Wasser  des  Egerflassea  ist  bei  dam 
aandigan   Boden  des  FluCBbettaa  rein  and  Uar^ 
wird  aber  in  der  Stadt  doch  nar  in  dem  aalte« 
Ben  Falle,  wean  das  Quell wassar  inden Waar: 
aarleitttogen  friert^  cum  Kochen  und  Tiiokea^- 
gebraucht.    Dia  Bewegung  dea  Flnsaaa  iai  be^ 
dam  geringen  Gefälle  dea  Wassere  kaum  merk- 
bar, wie  auch  achoo  sehr  wahr  MSÜMt 
nart  ♦) 

Bei  dieser  langsamen  BawaguDg  und  ^m6^^ 
Umstände ,  dafs  der  Fiufs  Tom  Bruckenthore  an^    ^ 
alle  Kanäle  und  hiermit  fielen  Unrath  ena  der 
Stadt  aufnimmt,   und  auf  diese  Art  mit  mite 
in  Fäulnifs  übergebenden,  thieriscl^eta  nud  Te^ 

Setabiliichen  Substanzen  rerunreinigt  gegen  dil^ 
cbiUtborTorstadt  herabfliebt,  wird  daa  Waaa^ 
für  die  Bewohner  dieser  Vorstadt,  obschon  ilil 
meistens  nur  darauf  beschränkt  sind,  rorsogliflb 
bei  sehr  niederem  Wasserstande,  weniger  ge^ 
niefsbar  und  für  die  Gesundheit  derselben  eben 

*)  Der  EgerfloCs  in  W*  Mütter*M  ^pgrammatiscbatt  Bal- 
lea.  Leipcig  bei  Vois  1827* 


—     67     — 

sehr  Yorlbeilhaft.  Uehrigeiis  irM  gotefl 
->  and  Trinkwasser  aos  eigeoeB,  aof  dea 
i;enden  Bergen  befindlichen,  som  .  Theil 
sh  entfernten  Quellen  in  die  Stadt  oad 
orstädte,  mit  Aasnahme  der  Scbifihoir« 
clt^  in  hölzernen  .und  auch  in  tfaSflcmen 
n  geleitet  y  wobei  der  Uebelstand  nicht 
rmeiden  ist,  dafs  das  Wafser  zur  heiCsen 
erzeit  durch  den  langen  Laaf  nicht  etwas 
werde«  Nur  in  sehr  wenigen  HÄaieni 
es  Brunnen  mit  gutem ,  frischem  Onell- 
*•  Es  wird  anch  das  ganze  Jahr  hindnrdi, 
3er  Jahreszeit  Tief  FranzensqoeUe ,  am 
iten  in  der  gegen  Franzensbad  geleireosa 
enthorvorstadt  als  gewöhnliches  Getränk 
len,  und  es  ist  merkwürdig,  dafs  in  di^ 
srstadt,  wo  zwar  auch  riele  arme  Lenfa 
;en  Hütten  beisammen  wohnen,  ein  ei»« 
Cholerafall  Torgekommen  ist  Ich  mocfct» 
ese  Thatsache  den  Erklärang^gnod  nur 
suchen,  dafs  diese  Leute  durch  den  bei« 
ununterbrochenen  Genafs  des  alkalisch« 
eben  Stahlwassers  das  re^Hiüre  Lebeo 
nem  solchen  Grade  too  Energis  erhailett, 
elchem  dasselbe  den  anbera,  die  Cbolen» 
:enden  oder  dazu  disponirendeo  Eiai3»» 
inreicfaende  Reaction  entgegensetz—  wmi 
n  Entstehen  dieser  bösen  Krankheit  mr 
;sten  widerstehen  kann«  Das  gewohnfi- 
etränk  der  Bemittelten  ist  Bier,  wdcliee 
!r  Ton  Torzaglicher  Qualität  gebraof  wird« 
len  Wohlhabenden  wird  tägticfa  ein  Glne^ 
eine  ganze  Flasche  Wein  getivake«* 
twein  geniefst  in  der  Regel  nur  die  ge^ 
;e. Klasse,  und  diese  ziemlifJi  mafsig. 
j»  gotea  jind  gesunden  Nahrnngemiilela 
Art  eiebt  es  £sine9  MangeL    Qu  Bev* 

62 


-  «.  -      ,    I 

h^bAtttuu  TOB  gMandem  Brode,  Flsbd»  mal 
GvinÜHB  o,  •.  L  wird  tob  d«r  FoliMibahSidi 
lorgMm  überwacht.  Dm  Obat  üt  allardiap 
nicht  Ton  der  bmten  Qualität,  weijM  iMMtw 
ioM  d«m  Saatur  nod  Leitmenbiw  Kimm  hl»* 
her  getchafft  ond  dort  gröfttttalbell«  aanif  ab-  - 
(«DomraeD  wird ;  wobei  dar  Naehtb«il  nkbt  H 
T0rkeDD«o  üt,  dab  Sommerobit,  wricbM  mt 
in  «ioem  dumpfen  Gewölbe  «dar  Keller  auf  dh 
aem  Strohlager  die  oölhige  Reife  amichia 
innia,  der  GeiaodheiL  nicht  anlrÜglichaejrakisi* 
Bemerkeaswerth  iit  der  Umataad,  däfa  milM 
de»  Borgern  dar  aonderbare  Gabranch  bana^ 
dal  Fleiich,  iubeavndare  das  Rindfleiicb»  bde 
am  SoDDSbetid  zu  holen,  ond  in  Teiachleaw' 
Den  irdenen  Gefallen  für  die  ganze  Wocb«  im 
Kaller  anfznbewabreo ,  wodurch  ea' allaidiagl 
mürber  wird,  aber  im  Sommer,  weil  .si  kfline  Eiä> 
kalter  giebt,  leicht  Verdirbt  Der  gemoB«  Hau^ 
ao  wie  di«  ariieiteode  Klaue  der  TagdShaaiv 
leboo  meiiteot  tob  KaitoffelB,  nnd  tß  ^Vt 
nicht  wenige  Familien,  welche  aaUiit  dkaa  ma* 
fachs  Nahrong  &ar  der  WoUtfaXti^flit  Aalt* 
rer  TerdankaB.  Die  Zahl  der  Amun  in  BgN 
iat  grob,  sie  sind  achlecbt  bekleidet,  «ad  bii 
dea  wenigen  KleidnogHtiickea,  die  aie  liaiiUw, 
wird  oft  die  aötbige  Reinlichkeit  Tfliaachlähiib' 
Dafa  aber  naler  des  Einwohnern  tob  Bgarut 
Allgemeinen  doch  lehr  viel  Sinn  fär  RoaUebf 
keit,  nnd  eine  rühmlichs  Sorge  för  dis  Koltatf 
d^r  Haot  herrscht,  mochte  darana  sn  «laalM» 
•«jn,  dafi  ein  während  diese*  Somnian  W 
dem  Müblthore  nen  angelegtea  Badabaaai  iv' 
welchem  man  nicht  nnr  kalte  und  wann«  Bfiv- 
dcr  Tom  £gerilurtvra»er.  sondern  anch  aUa ' 
Arten  TOD  kÜDstlicben  Bädern  b 
tial  Zuqirucb  ( 


*.     60     -^ 

Df«  StnrMo  tlod  im  GaostD  rfgdmlfii^era 
•U  inan  es  in  eioer  so  alten  Stadt ^  wie  Egel 
ist,  erwarteD  sollte,  iSr  ofleotliche  Reiolichkeit 
derselben  ist  durch  Haapt»  uod  Haos-Canäle 
gesorgt.  Die  Haupt-^Straben  sind  ziemliefa  breit 
ond  gestatten  überall  einen  freien  Durchzog  der 
Lafty  so  wie  den  Zutritt  erwärmender  Sonnen- 
strahlen. Die  Hänser  sind  meistens  zwei  Stock- 
werke hoch  und  bieten  den  Wohlhabenden  ge* 
yämnige  und  gesunde  Wohnungen;  doch  giebt 
ce  in  den  Seitengassen  und  in  den  Vorstädten 
Tiele  schlechte,  feuchte  und  dumpfige  Wohann- 

E,  wo  6  bis  8  Menschen  in  einer  einaigen^ 
nen  und  niedrigen  Stube,  die  sie  bei  ran- 
bor  Jahreszeit  oft  wochenlang  gar  nicht  Inflen, 
wie  eingepfropft  beisammenwohnen,  darin  ko- 
cben,  essen,  schlafen,  schmutzige  Wäsche  wa- 
schen und  trocknen,  ond  wenn  sie  Kinder  ha- 
ben, noch  die  Luft  mit  andern  Ausdunstungen 
Teranfeinigen«  Die  Ancahl  der  sammtlicbea 
Einwohner,  ohne  das  Uilitair,  beträgt  10,000; 
Um  Hanseransahl  in  der  Stadt  nnd  den  Vor- 
ntSdten  800.  Dicht  an  der  Fahrstrafse,  welchn 
dnrcb  die  Oberthorrorstadt  nber  Waldsassen 
nach  Regensbnrg  nnd  nber  Schimding  nach  Bay- 
lenth  führt,  nur  280  SchriUe  Tom  Stadtthore 
entfernt,  liegt  zwischen  der'Stadtund  derOber- 
Torstadt  der  Leicbeohof.  in  einem  thonigeo,  nae- 
aen  Boden,  so  dafs  bei  der  Torschriftsraäfsigea 
Tide  der  Gräber,  die  meisten  Särge  io's  Was- 
ser eingesenkt  werden  miissen«  Bei  den  sehr 
rifamlichen  Bau-  und  Verschonernngsplänen, 
Weiche  man  in  der  neuesten  Zeit  in  der  Stadt 
ihrer  näcbsten  Umgebung  anszoflibreo  bs- 
it  ist,  wäre  es  für  das  Gesundbeitsw ohl  dsr 
Bewohner  sebr  «f  iinschenswerth,  einen  entlegne- 
■B  Ort    snc   Begräbnüselädle   sa 


-     7Ö     - 

Endemische  Krankheiten  gi^bt  ei  hier  ei- 
gentlich nicht,  wenn  man  nicht  die  katarrhali- 
echea  und  rheumatischen ,  welche  allerdiogs 
durch  den,  Ton  LokalTerhältniesen  abhängenden 
•chnellen  Temperaturwechsel  bedingt  werdeoi 
darunter  rechnen  will.  Epidemieen  werden  an« 
Iser  den  gewöhDlicbenKinaerkrank.heiten :  Schar« 
lach,  Slasern,  Keuchhusten,  in  derneuetten  Zeit 
Menschenblattern  u.  8.  f»  keine  beobachtet.  Ich 
habe  in  meinem  sechs  und  zwanzigjährigen  Wir* 
kungskreise  nur  die  Typhusepidemie  erlebti 
welche  in  den  Kriegs) ahren  1813  und  1814  io 
Folge  der  häufigen  Truppen -Durchmärsche  hier 
geherrscht  hatte.  Nervöse  Schleim-  und  Gsl« 
lenfieber,  so  wie  Wechselfieber  konunen  mü* 
steiis  nur  sporadisch  Tor.  Die  stationäre  Kraek^ 
heitskoDstitution  ist  durchaus  gutartig  und  die 
Sterblichkeit  zeigt  kein  ungewöhnliches  Yerhilt' 
nifs.  Mehrere  Einwohner  erreichen  da«  seltsne 
Aller  Yoo  80  bis 96  Jahren.  Im  Jahre  1836  sindia 
der  Stadt  und  den  Vorstädten  397  Individuen  gS" 
Blorben ,  worunter  43  Cholerakranke,  27  Indivi- 
duen zwischen  dem  70sten  undSOsten,  and  17 
zwischen  dem  SOatep  bis  96sten  LebensjahiSf 
unter  den  letztern  4  ron  82,  4  von  84,  nndeis^ 
zeloe  von  86»  88,  91,  92  und  96  Jahren,  daf 
unter  8  Männer  9  Weiber,  wovon  1  BeamteTi 
4  bürgerlichen  Standes,  und  die  übrigen  atf 
der  arbeitenden  Klasse  der  Tagelöhner  sind« 

Die  Wilternngs-  und  KrankheitskonstitB- 
tion^  war  im  Jahre  1836  vor  dem  Erscheinaa 
der  Cholera  folgende: 

Der  BaromeUrstand  war  im 

Januar t    Höchster:     27''2'''0  am  2(en. 
Niedrigster:  26  4  0  am  dOsten. 
Mittlerer ;     2«  3  0  iuq  &*"  w  niediig. 


—     71     — 

tt,  fi5cbater:     26''  11'''  6  •m  14to. 

Kiedrigittr :  25      9  f  am  26tteB. 
BUtderer:     26       4  4  za  niedrig. 

»      Hochiter:      27"  0  6  am  Idteo« 
Niedrigster:  25  9  6  am  258ten. 
.  Bfitflerer:  26  5 1  dtmgewöhnlidieoamiilchaCio« 

Der  Thermometersiand  war  im 

r,    HSchster:      +4<>  5  den  24tteiu 
Niedrigster:  —10^  am  Isten. 
Mittlerer:      —3^  zo  gelind. 

r,  Hodister:     +i^  6  den  28stea. 
Niedrigster:  — 8^  den  2lBten« 
Mittlerer :      — 1,9  gewöhnlich. 

Höchster:      +li^  den  22sten. 
Niedrigster:  —0,4  den  Uten. 
Mittlerer: '    -f  6*  8  zn  warm. 

)ie  herrschenden  Winde  waren  im  Januar 
febraar  Nordwest,  im  März  West  Im  Ja- 
Tiele  Sturmwinde  bei  häufigem  Schnee- 
)er;  nnr  0  ganz  heilere^  6  halb  heitere, 
.1  znm  Theil  heitere  Tage.  Gegen  Ende 
r  trat  schon 'Thaawetter  ein,  obscbon  der 
hrttag  der  kälteste  des  ganzen  Winters  war. 

m  Februar  trat  wieder  Kälte  ein ,  und  am 
I  fortdauerndes  Thauweter.  Der  März  war 
rärmer  als  gewöhnlich;  am  22sten  hatten 
choD  die  ungewöhnliche  Wärme  yon  14^ 
ganze y  5  halbe,  und  10  zum  Theil  re* 
>che  Tage.  Der  Torherrschende  Krank- 
barakter,  das  Dynamische  in  der  stehen* 
üdemiscben  Constitution,  war  rheumatisch- 
haiisch,  sehr  zum  nervösen  sich  neigend; 
artige  Entzündungen  der  Sufseren  Haut* 
mng,  rheumatische  Hals-  und  Brustent- 
Qgen,  und  entzündlich- katarrhalische  Fie- 
lt Husten  und  Schnupfen  wurden  bei  In- 
en jedes  Alters  und  Geschlechts  beobach« 


-Ta- 
tet« Im  Janaar  kamen  noeh  •loielii^  Fille  tob 
Varioloidea  und  Menschenblattern  TOTf  weicht 
im  Torigeo  Vierteljahre  faäafii^  herrschten,  and 
initaDter  todtUch  abliefen.  Zwei  Fälle  too  Croopi 
bei  einem  3  and  einem  4  jährigen  Kinde  waiw 
den  im  Februar  mit  Blutegeln  and  Calomd 
gläcklich  gebeilt.  . 

Der  Barometerstand  war  im 

Jfrii,      Höchster:     W  V  4  am  20Bten. 
Niedrigster:  25  10  5  ;iiii  2teii. 
Mittlerer;      26    2  0  tchr  niedrig. 

Jfol,        Höchster:     26'MO"' 6  am  I7tmi. 
Niedrigster:  25    11  6  am  2teB. 
Hittlerer:     26     6  1  niedrig. 

JiHefiit»    Hodifter:      26^'  0'"  8  am  27ttei|. 
Niedrigster:  26     2  8  am  SOsten. 
Mittlerer:     26    6  5  beinahe  gewSholUL 

Der  Thermometerstand  war  im   « 

Jinil,      Höchster  s      +15*  6  am  24itaii. 
Niedrigster;  ^-0,4  am  5ten. 
Mittlerer:      +7^  gewöhnlidlu 

JITelj       Höchster?      «f  17^2  am  23ata0» 
Niedrigster;  +  1  am  lltto^ 
Mittlerer:      4*  9*1  regelmü^g» 

Jwms^    Höchster:      4-21*2  am  17te||. 

Niedrigster:  4*  9  am  Isten. 
Mittlerer:      -h^^V  zu  hoch. 

Der  April  war  schon  nngewShnlich  warm^ 
wir  halten  2  gance,  5  halbe,  12  com  Theil  reg^^ 
nerische    Tage;    im  Mai  und  Junias  nnr  i  Re^i^ 
genfagi    4    cum   Theil  regnerisch;    anhaltend* 
l/Värme  nnd    Dürre    bei  Nordwest  und  WeaU 
winden.     Der  Krankeits-  Genius  blieb  noch'  im« 
tner  der  katarrhalisch -rheumatische;  die  pleo* 
ritischen  BrustalTectionen  erforderten  selten  eünt 
bhitenUiehung.    Sierfenfieber  neigten  aicb  apo^ 


—     73     — 

Ii ;  so'  aach  WecbfieTfieber  und  Terttanty« 
letztere  wichen  bald.  Darb  eiDem  Brech- 
r,  der  anilöseo^eo  Methode  mit  Saliiiiak, 
nach  8  bis  12  Gran  Cfaioio  solphorici, 
•Q  und  Scharlach  seigteo  eich  aalteii  und 

)er  Barometerstand  war  im 

»     Höchster:      26"  8^^'  6  am  28sten. 
Niedrigster:  26    0  8  am  20sCen, 
Mittlerer:      26    4  7  niedrig. 

t  Höchster:  26^'  8'"  4  am  Isten« 
Niedrigster:  25  3  0  am  23sten. 
Mittlerer!       26    ö  7  niedrig. 

>,   Höchster:      26"  8'"  4  am  23stem 
Niedrigster:  25  11  8  am  SOsten. 
Mittlerer:      26    4  1   Her  niedrigste  in  diese« 
Yierteljabre« 

)er  Thermomeierstand  war  im 

Höchster:      +22^2  am  29steiu 
Niedjigster:  +7,6  am  28sten« 
Mittlerers      +14^9  gewÖbnUclu 

y    Höchster:      4-20<'6  am  14ten. 
Niedrigsten  4-8  am  3Isten. 
Mittlerer:      +14^  etwas  za  niedrig. 

»,   Höchster:      *("21<*  am  5ten. 
Niedrigster:  +4  am  23sten. 
Mittlerer:      +12J^  gevföhnÜdb» 

[)i6  Sommermonate  zeichneten  sich  durch 
9  Wärme  und  aobaltende  Dürre  aus.  Ein 
tter  war  eine  höchst  seltene  Erscheinung; 
[orgeu  meistens  ktihl;  die  Kächte  durch- 
alt, bei  Mord west-  und  Westwinden«  Im 
k  hatten  wir  nicht  einen  einzigen  Kegeo» 
m  August  so  wie  im  September  nur  ei- 
§anC|  2  halb^  7  cum  Theii  regnerische  | 
ms,  6  halb,  9  zum  Theil  heitere  Tage, 
lerrschende  iLraukheits*  Genius  war  Uioili 


i 


J; 


—     74     — 

entzuDdlicb'-rheumatiscIii  tbtilt  gaitrlicli-bilSi 
mit  beftoiidererNeigaog  zum  erretbi8ch-oenii> 
sen.    'VVecbselüeher  kamen  selten,  3Iasero  oi 
Scharlach  sehr  gutartig  vor;  bei  einem eioiign 
robusten ,    erwachsenen   SaharlacbkrankeD  wi 
ein  Aderlafs  noth wendig^  um  die  InteDiitätfa 
firteriellen    Erregung    in     der  sensiblen  Sphit 
herabzusliinnien ;    ein    dreijähriges  Kiol  süi 
an    einer  Scharlachmetastase  nach  den  Faioii' 
den.     Die  im  Julius   und   August  jährlich  \k 
Yorkoinmende    einheimische   Brechrahr  irufl 
dielsniai  gar  nicht  beobachtet;   statt  denelba 
©ber  hiiuli^e  Diarrhöe    mit  kongestiv- emtl»' 
scher  Kinplindlichkeit  und  Reaktion  derDad* 
Schleimhäute.     Es  ist  bemerkenswertb,  dalsW 
den    Kurgästen    in   Franzensbad    UDge^üboU 
Ivleine  Gaben  der  Salzquelle,  und  selbst  der  s* 
«enhaltigen  Franzensquelle   beträchtliche  Slnlii'  1  ^ 
cntUerungen  bewirkten,  und  in  Folge  der  lo» 
desten  Erkaltung   oder  sonst  eines  unbedeclCB' 
den  Diiitrehlers  sogleich  Diarrhoe   eintrat,  & 
r.bcr  keinen  biliösen,   sondern  mehr  erretbudh 
nervösen  Charakter  zeigte.     Ich  bin   nicht  ab* 
geneigt   zu   glauben ,    dafs   die  Furcht  vor  1b 
Cholera   den    Unterleib    zum    Centralheerd  b 
Ileüexes  jedes  diätischen  Krankheitsreizesmadilii 
indem    täglich   Kachrichten    einliefen,   dats  & 
i:ei'ürchlete  Krankheit  seit  den  letzten  Tagen  to 
Juuius  in  Wien  grofse  Verheerungen  anrichtA 
und    gegen  Ende    des  Augustmonats    auch  ii 
Trag   schon  ihren    ganzen  Ingrimm  zeigte.  || 
der  zweiten  Hälfte  des  Augustmonates  fiogli* 
Xiuhr  an    zu   herrschen    und    entwickelte  v* 
unge^YÜhDliche  Bösartigkeit.     Ipecacuanha,  &■ 
lomel  mit  Opium,  Kux  vomicai  schleimig -oli^ 
und  zuleisit  schleimig -bittere  und  tonischsSli^ 


—     75     ~ 

tel   2eigleii  sich  hilfreich;    doch   »iod  yod  29 

Krank'en  7  gestorben. 

Der  Barometeraiand  war  im 

Oetoher,  Höchster:     26^' 9''^  8  am  22sten« 
Niedrigster:  25  10  8  am  29sten» 
Mittlerer:      26    5  6  zu  niedrig*  -  ^ 

Novhr.,    Höchster:      26'^  8''' 5  am  9ten. 

Niedrigster:  25      6  5  am  ftten.  ' 

Mittlerer:      26      15  sehr  niedrig. 

Dechr^ ,    Höchster :      26^'  8''^  8  am  18ten  nod  2Uten, 
Niedrigster:  25    5  2  am  lOten. 
Mittlerer:      26    1  0  der  niedrigste  im  Jahre« 

Der  Thermometerstand  ysrar  im 

Ocioler,   Höchster:  -f*16<>y2  am  6ten  uBgewöhnlidi warm* 
Niedrigster:  ,3^2  am  3Isten. 
Mittlerer:  +6®5  zu  warm.  ^ 

Nüvhr.i    Höchster:      +  8^3  am  28sten. 
Niedrigster:  —  4,5  am  2teii. 
Mittlerer:      +1)9  gewöhnlich. 

Declr»f     Höchster:     +7^  am  4ten  angewöbnllch  warm« 
Niedrigster:  — 9"5  am  31steo. 
Mittlerer:      +l°2  zu  warm« 

Die  WitleruDgsbeschaiFenheit  war,  wie  es 
ia  deo  HerbstmoDaten  hier  gewöbDlicb  der  Fall 
ist,  vorzüglich  gut ;  ungewöbolicbe  Wärme,  an- 
faalteod  schöne,  heitere  Tage  bei  herrscbeoden 
Nordwest-  und  Westwinden.  Wir  hatten  im 
Oktober  10  ganz,  6  halb,  7  zum  Theil  heilere 
Tage;  im  November  4  ganz,  8  halb,  6  zum 
Theil  trüb  und  regnerisch  mit  Schneegestöber; 
xiur  die  ersten  zwei  Tage  im  November  waren 
kalt,  am  3ten  trat  schon  wieder  Regen  ein,  bei 
einer  Temperatur  von  +2°  R. ,  am  4teD  war 
die  Temperatur  zu  Blittage  ^-6°,  am  28stea 
sogar  ^Ü^  R,    Die  Kraukheitskonstilution  blieb 

«Di^iiiidlicb-l^atarrbaliBcb  igll^J^W'^'^S  ^^^  ?'** 


—     76     — 

riscIi-DeiTctsea  Charnkter»    Keine  Maiara  meliri 
kein  Scbarlach|  keine  Wechsel-  und  keine  oeN 
YOten  Fieber«    Anfangs  Oktober  hatte  ich  nock 
3  Ruhrkranke  und  einzelne  Diarrhoen  su  behan« 
dein.  —     In  der  Nacht  yom  Isten  Oktober  starb 
Antonia  W.  von  45  Jahren,  in  der  Stadt,  an- 
geblich  an   einer  Gedärmentsiindung   (?),   nach 
einem  488tündigen   Krankenlager  unter  Erbre* 
chen,  Durchfall^  eigen thiimlich  veränderter^  gaai 
heiserer  Stimme^  nachdem  sie  an  einer  DiarrAof 
leidend,  am  4ten  Oktober  von  Prag  snräckgs- 
kommen  war,   wo  die  Cholera  eben   noch  be- 
deutend wiitbete.    Da  ich  die  Kranke  nicht  ge- 
sehen habe,  kann  ich  meine  Meinung  darBbsr 
nicht   äufsern,    ob  dieser  Krankheitsfall  nicht 
der  erste  Cholerafall  in  Eger  gewesen  sei.  *—  Am 
.8ten  Oktober  wurde  der  hiesige  Stadtwandarst 
Hr.  Büherl  Bu  einigen   armen  Kranken  in  dir 
SchüTthorrorstadt   gerufen,    welche    theils   an 
Diarrhöe,  theils  an  Brechdurchfall  litten.  Nach« 
dem   am   12ten  von  diesen  Kranken  6  geslo:- 
ben  waren ,  machte  Hr.  Büberl^  als  Terpflich^ 
teter  Todtenbeschauer  hieron  die  amtliche  An^ 
leeige.     Durch    die  Ton  mir  als  Stadtphysikuir 
gepflogene  Unterauchung  ergab   sich,  dafs  dier 
engezeigte  Krankheit  die  wahre  asiatische  Cho« 
lera   sei,    deren   wirkliches   Dasein    durch    die 
nachfolgende  k.  kreisamliiche  Untersuchung  be* 
stäligt ,   das  nothige  Vorhauungs  -  und  HeilTer- 
fahren  festgesetzt  und  die  zweckmäfsigen  poU- 
seilichen  Maafsregeln    ohne   Verzug  eingeleitet 
worden  sind.    Auf  diese  Art  war  de>  asiatische 
Gast  bei  uns  eingekehrt,    ohne  dafs  sich  durch 
die  bisherige  Wilteruugsbeschaffenheit,  oder  die 
bisher  beobachtete  epidemische  Krankbeitskon"- 
stitution  die   Entwjckelung  dieser   bosea  Plage 
genügend  nacbweiien  liefse. 


ina  Dimtolinnir  äe»  tUglicfacB  TTTHernDgab 
tniufli  iD  Vergleich  des  löglicben  Kran- 
ndei  wahrend  dar  Dauer  der  Cholera  vom 
Octobar  bis  .  12  Pforember  1836  möchte 
icht  am  nnrechten  Orte  leia,  *) 


ttiode. 

Bwomet 

Tiier- 
momet. 

rung. 

1 

i 

1 

J.frÖh 
r.Mttt 
J.Ah. 

26"  2"'4 
_    —8 
—    .T"0 

+  6<»,2 
+10 
+  8.5 

Trnb, 

10 

1 

5 

4 

26"  3"'2 

-  2"'6 

—  S"'8 

+  5» 
+11,3 
+  93 

Hell. 
Siehein 

17 

] 

7 

ft 

26"  5"'0 

—  _  8 

—  6'"* 

+  «»,5 
+13.6 
+12 

Stebein 

.5 

» 

12 

10 

26"  6"'6 
—    08 

+  7V 

■-12 

+11.8 

Schein 

33 

3 

12 

18 

26"  7"'8 
-80 

+  7» 
+14,5 
+11,8 

&cheii. 

4& 

4 

17 

U 

26"  S"'3 
2 

+  7'',6 
+12;i 

+u 

Trüb. 

Siebein 

Trüb. 

55 

5 

20 

30 

26"  8'"5 
6 

+  fi' 
+1IJJ 
+10 

Trüb. 

Ol 

9 

21 

91 

26"  S"-? 
6 

+  8»,6 
+11,2 
+10,2 

■^ 

« 

18 

22 

25 

B  meteorologiscben  ßeobaehtangen  veidanke  ich  den 
ÜKen  Apotheker  Herrn  £«rf  KMtr,  äer  dieselben 
die  Pnger  pairiotiicb-ökeDOiiiiKlie  GeieUMh*ft 
t  JahiM  aul»icline(t 


T»E. 

S[iinda.    DMomet.   Thei^ 
■nomeL 

roog. 

.1 

U 

1 

f 

1 

20.' 

7U.(mU 
lU.Miil. 

5 1-'.  All. 

20"  8"'3  +  8"^ 

2  +  » 

+  7.5 

Tr5,b. 
Sflcbein 

68 

28 

23 

XI 

'^l. 

26"  7"'5  +  5» 
_    8    0  -H  8 

1+6 

Keßen. 

Uell. 

Regen. 

73 

34 

25 

u 

•£i. 

2ti"  Ü"'8  +  i°.ö 

+  8,5 

5+8 

Trüij. 
Hell. 

76 

36 

27 

13 

23. 

2b"  8"'e  +  2" 

4  +  7,2 

_  7'"  8  +  7 

Sädieio 
Hell. 

77 

40 

27 

10 

24, 

2b"  J"'5  +  5",5 

6  +  7 

+7.2 

l-.ük 
Rrgen. 

78 

40 

29 

g 

25. 

20"  7"'8  +  7'*,5 
6+10 

+  8.4 

T/Üb. 
SEchein 
Hall. 

70 

43 

29 

7 

20. 

26"  ti"'8  +  7»,8 

6  +  0,8 

0  +  8.5 

Hegen. 

Hell. 

Trüb. 

79 

43 

29 

7 

27. 

26"  4"'6  +  7«,4 
—    2    8  +  7,5 
-14+7 

Trüb. 

90 

43 
43 

33 
34 

li 

28. 

26"  Vi   +  2" 

+  3,5 

-1"'6    +1 

Hell. 
Schnee 
m.Ucg. 
Hell. 

90 

13 

2B. 

26"  0'"        0 
25  11        +2,5 
—  10  8    +1 

Sachein 
Hell. 

TtiJh. 

92 

43 

35 

14 

30. 

25"ll'-'6  —  0,5 

8  +  2 

26    0    3  —  0,8 

Scb^ee. 
S.=hein 
Schnee. 

92 

43 

38 

H 

äiT 

26"  2'"6  —  3'2 
-36           0 
—  SO      —  J 

Sscüein 

92 

47 

38 

3 

Tif. 

Stn'ndc 

Ther- 
momet. 

Witte- 
rung. 

1 

i 
1 

1 
1 

¥ 

Kot. 
1. 

7  Ü.  früh 
10.Mitt. 
5  D.  Ab. 

26"  6"'0 
i 

6 

-30.6 
+  0,2 

-i,a 

Hell. 

Schnee. 

!Sscli<.'in 

92 

49 

38 

2. 

2Ö"  6"'6 
—  5'"  8 

-o> 

Sscliein 
TrÜt,. 

93 

51 

38 

3. 

2&'  3'"8 
—  —    4 
0 

-0.5 
+  2, 
+  1.2 

Sclinee. 
■I'iiili. 

94 

51 

40 

4. 

2Ö"  1"'8 
2 

+  2'',6 
+  ü,5 
+  4 

Keyeri, 
Heil. 

Ü7 

0, 

41 

* 

6, 

2&"ll"'0  +  2" 

—    7"'4  +  4 
-65+  4.r> 

Rege«. 

97 

51 

42 

fi. 

■i'yiv'i 

2ß"  0  0 

+  3 

Sicliein 
Hell. 

Sscbdn 

97 

51 

42 

7. 

■ 

5 

—  I"'0 

+  0,5 
+  2,5 
+  1.& 

Schnee. 
Sicheifi 

98 

52 

« 

4 

e. 

26"  5"'0 

8 

-08 

+  0.0 
+  2 

+  1,8 

Hell. 

SjcUein 

Sclinee. 

98 

52 

« 

0. 

26"  8"M 

0 

Trüb. 

Sscbeln 

Trül.. 

98 

55 

42 

n. 

26"  7"'2 
—  6  6 
i 

—  2" 

+  1 

^Sicllein 

Uell. 

Triil,. 

98 

55 

42 

26"  4"'8 
0 

—  3"'  8 

+  0,5 

+  1 

Hell.      1 
S.cbein<98 
Hell.      1 

55 

42 

26"  3"'0 

4 

6 

+  M 

Ttüb. 

98 

55 

4J 

0 

—     80     ~ 

Dtetef  Vebenicht  isa  Folge  ist  die  -Chokim 
bei  einer  ungewöhnlich  warmen  und  gaostigeo  . 
Herbstwitterung  ausgebrochen,  hat  bei  anhoU' 
tend  schönen  und  heitern  Tagen  ihren  Kolmi« 
nationspunkt  erreicht,    und  ist  bei  einer  feuch-^ 
ten,  mit  einigen,  schnell  dazwischen  tretendep' 
und  eben   so   bald   yerschwundenen  Froitlagen 
vermischten,  regnerischen  Witlerungbescbaffen« 
heit,  und  bei  sehr  niedrigem  beinahe  dem  pief' 
drigsten  Barometerstande  des  gansen  Jahres  er^ 
loschen.     Eben    so  bemerkt  Herr  Doktor  und. 
Professor  Krombholz^    zu    jener  Zeit  Direktor 
der  Cholerahotpitäler  in  Prag,   dafs  daselbst  in 
den  Jahren  1831  und  1832  die  Cholera  in.ih«* 
rem  Steigen  und  Fallen,   mit  den  YeräDdenin« 
gen  des  Barometers,  Thermometers,  Hjgrome« 
ters,  mit  der  Stärke  und  Richtung  der  Winde, 
und    der    übrigen   WitternngsbeschaflEenheit   in 
keinem  VerhJiltnisse  stand,    dafs  bei  der  an« 
günstigsten  Witterung  wenige    Indiriduen    in 
den  Krankenstand  zugewachsen  sind,   und  bei 
günstiger  WitterungsbescbaiFenheit  die  Zahl  der 
Erkrankungsfalle  sich  täglich  mehrte,  und  ab^ 
gar  ihren   höchten    Punkt    erreichte.*)      Anch 
Ton  den  Aerzten   auf  dem  flachen  Lande  Ton 
Oestreich  unter  der  Ems  wird   angefahrt,  daCs 
die  WitterungftbeschaiTenfaeit  wenig  Einflulii  auf. 
die  Ausbrüche  der  Cholera  zeigte,  da  dieselbe 
sowohl   während  der  kalten,    stürmischen  nncl 
nassen,    als    während   der  heitersten   warme^^ 
oder  kalten  Tage  theils  stattfanden,  tbeils  tucht 
erfolgten;  und  die  einmal  Torhandene  Epidemie . 
öfters   während    der  heitersten    trocknen    nnd 

*)  S.  dessen  General -Rapport  über  die  asiatische  C8io*. 
ledi  sn  Prag  im  Jahre  1831  tu  183%  G^  14  tf;       ' 


--    »l    — 

%artneo  pder  katten  Witterung  noch  fer&erZo« 
Qjibme  oder  in  ihrer  Hohe  fortbestand.  *) 

Mehr  Einflufs  als  die  Jahreszeit  and  Wit- 
teroDgsheschafTeoheit  dürfte  die  Lage  des  Toa 
der  Cholera  befallenen  StadUheils  auf  die  Eni« 
etehaeg  der  Verbreitung  der  Terheerenden  Seü'- 
che  dem .  Anscheine  nach  haben.  Die  Schiff- 
thorTorstadt,  Vfo  sich  die  Cholera  zuerst  und 
beinahe  einzig  und  allein  zeigte,  liegt,  iwie 
oben  erwähnt  worden^  unmittelbar  am  siidli-i 
chen  Ufer  des  EgerflusseSi  in  der  gröfstea  der 
Veberschwemmung  ausgesetzten  Niederung^  ia 
einem  feuchten  Wiesenthaie,  grofstentheils  roa 
der  ärmsten  Klasse  der  Tagelöhner  und  Hand« 
arbeiter  bewohnt,  welche  in  niedrigen,  feuchten 
und  bib  und  wieder  schmutzig  gehaltenen  Hut« 
ten  gedrängt  beisammen  leben,  und  meistens 
Ton  Kindern  überhäuft,  sowohl  gegen  Nahrungs* 
sorgen  als  niederdrückende  Gemüthsbewegun- 
gen  anzukämpfen^  haben.  Dazu  kommt  der  Man- 
gel, an  nahrhafter  gesunder  Kost,  so  wie  an 
Eweckmäfsiger  warmer  Bekleidung;  der  iia 
Herbst  häufige  Genufs  von  Schwämmen  (Pilzen), 
.und  schlechtem  unreifen  Obste;  endÜch  der 
Gebrauch  des  zum  Kochen  und  Trinken  bei 
niederem  Wasserstande,  wie  6s  bei  der  ^nbal« 
fanden  Dürre  des  letzten  Sommers  der  Fall 
war,  weniger  geniefsbaren  Egerfiufswassers, 
worauf  die  Bewohner  dieser  Vorstadt  meistens 
beschränkt  sind.  Alle  diese  Schädlichkeiten  und 
nachtheiligen  Lokalverhältnisse  sind  aber  nicht 
neu^  sind  seit  undenklichen  Zeiten  Torhanden 
gewesen,  ohne  dafs  je  eine  bösartige  Krankheit 
als  die  unmittelbare  nothwendige  Wirkung  bie- 

*}  Darstellong  iler  Brechrohrepidemie,  ton  Dr.  J,  Jm 
Knolz ,  k.«  k.  Regfemngirsthe  und  Saoitätsreferenteiu 
Wien  t834.  S.  36» 

Io)ini.LXXXIV.B.4.Sft  T 


—     82     — 

TOD  beobachtet  worden  TvSre.    Um  so  weniger 
kann   die  asiatische  Cholera,   als  eine  fUr  .ups 
neoe^  in  ihrem  Charakter  eigenthumlicbe  Krank- 
heit  dadurch   bedingt  werden,  und  ihre  ToUe« 
nngetheilte  und    hinreichende  Ursache  kann  .in 
diesen ,  seit  jeher  hier  obwallenden  Lokalitäten 
Verhältnissen   nicht  gesucht  werden«    Das  dis- 
ponirende  Causalmomeot,  die  Anlage,  mochte 
allerdings  in  den  angeführten  Umständen  Begann 
stignng  finden;  allein  die  äufsere^  die  Gelegen- 
beitsursache  zur  wirklichen  Entstehung  und  anm 
Ausbruche  der  eigenthülnlichen  Krankheit  kann 
nur  in '  einem  ebenfalls  eigenthSmlichen  äoliern 
Impuls  liegen*     Eine  Seuche,,    die  in  Jessore 
wie  in   Orenburg,   an   den   Ufern  des  Ganges 
wie  an  den  Ufern  der  Donau,  in  CalciUtta  wie 
in  Moskau,  in  Warschau  wie  in  Paris,  in  Ber- 
lin wie  in  Wien,  in  Prag  wie  in  Mönchen  d. 
s.  f.  als  eine  und  dieselbe  Krankheit,  mit  dem- 
selben eigentbümlichen  Charakter,  mit  deneel- 
ben   pathognomonischen  Symptomen  eracheinf^ 
kann  nur  aus  einem  und  demselben  eigenthüm- 
liehen  Saamen  hervorkeimen,  aus  welchem  über- 
all nur  eine  und  dieselbe  Frucht  hervbrftpfo^ 
Dieser  eigenthumlicbe  Same  diirfle  nach  in^- 
nem  Dafürhalten  nur  ein  bestimmtes  i    eigeiH 
thümliches^    wenn    auch    in    seiner  beeoBdetii 
Einwirkung  nicht  naher  zu.  bezeichnendes  Che* 
leracontagium  seyn.    Es  cheint  zwar  ein  Wag- 
nifs,  das  Wort  ,^Contagion"  auszusprechen^  da 
so  leicht  mit  dem  Worte  Contagium   ein  gans 
falscher,    unrichtiger  BegrüF  verbunden   wird, 
und  dabei  zugleich   eine   absolute  Nothwendig- 
keit  der  Verbreitung  durch  Ansteckung  gedacht 
wird.    So   vier  triftige  und  seichte  Gründe  (üf 
und  gegen  die  Ansteckungsfähigkeit  der  asiati- 
schen   Cholera    von   Aerzten  und  NichtiInBteli 


—     83     — 

vorgebracht  yrordeo  sind^  so  kAAO  d^ber, 
glaube  ich,  kein  Zweifel  mehr  obTKalten^  dau 
die  Ansteckung  durch  die  Qpmittelbare  Betiih*  . 
rung  det  Krenken,  oder  der  Dinge,  welche  mit 
demselben  in  Beriibmng  waren^  nicht  notliwe^ 
jdig  erfolgt,  wie  diefs  in  Hinsicht  auf  das  Cöo- 
tagium  der  orientalischen  Pest,  dea  Aussatzes, 
der  Krätze,  der  Lustseuche  u*  s.  f.  Stattfindet, 
dafs  daher  das  Cholera  •  Contagium  an  einen 
sichtbaren,  palpabeln  Stoff  nicht  gebunden,  aUß 
nicht  fixer  Natur  ist* 

Bei  dieser  auf  reine  schlichte  Thatsachen, 
wie  sie  sich  dem  unbefangenen  Beobachter  dar- 
bieten, gegründeten  Ansicht,  stellen  sich  alle 
Saoitatscordons,  so  wie  alle  Absperrangs-  und 
Qnarantaine  -  Anstalten  bei  der  Cholera  als  nutz- 
los und  überflüssig  dar,  so  sehr  dieselben  zur 
Abhaltung  der  orientalischen  Pest  durch  unwi- 
derlegbare Erfahrung  bewährt,  und  insbeson- 
dere in  ihrer  von  der  k.  k.  östreichischen  Re- 
gierung an  den  Grenzen  des  ottomanischen 
Reiches  musterhaft  stattfindenden  Anwendung 
mit  dem  sichersten  Erfolge  gekrönt  worden  sind* 
Abgesehen  ron  der  Theorie,  dafs  zur  Erzeugung 
eines  fixen  Contagiums  wesentlich  Entzündung 
gehört,  welche  das  Wesen  der  asiatischen  Cho- 
lera gewifs  nicht  begründet,  so  ist  es  nur  zu 
sehr  bekannt,  dafs  durch  Beobachtung  des  streng- 
sten Pest-Reglements  in  dem  Jahre  1831  die 
Cholera  Ton  der  Haupt-  und  Fiesidenzstadt 
lYien  nicht  abgewendet  werden  konnte,  wel- 
ches eben  so  wie  bei  der  orientalischen  Pest 
geschehen  sein  würde,  wenn  das  Cholera- Conta- 
gium,  wie  jenes  der  Pest  fixer  Natur  wäre. 
Wenn  Ton  Bayern  und  Sachsen  behanptet  wird, 
dafs  in  den  Jahren  1831  und  1832  dieCholefn 
^on    diesen    Ländern  durch  '  dSm   AbsposraB|p- 


~     84     — , 

«nd  QaaranfBilne  i^  Aofttalteb  abgehatten*  wotA«I| 
bl»  lo  mofa  der  onbefaiigaDe  fieobaditer  im^ 
mer  fragen ,  ob  in  diesen  Absptrningsaiulalten 
die  einzige,  zureichende  Ursache  der  Abwen- 
dung dieser  Seuche  von  Jenen  Ländern  mit  Si- 
cherheit nachzuweisen  sejr,  nachdem  es  diueh 
unbestreitbare  Erfahrung  sicher  gestellt  ist,  data 
fiberall,  wo  die  Cholera  hemchte^  ganse  D»* 
strikte^  die  keine  Sperre  und  keine  Contninax 
hatten,  von  derselben  verschont  geblieben  sind. 
Der  an  Baiern  und  Sachsen  grenzende  Beeide 
Ton  Eger  und  der  ganze  Elnbogener  Kreis  jg^ 
ben  hiervon  den  schlagendsten  Beweis»  l¥ir 
waren  hier  gegen  die  angrenzenden  Kreise  B8h» 
mens,  wo  die  Cholera  allgemein  verbreitet  und 
zur  vollendeten  Epidemie  entwickelt  war,  durch 
keinen  Sanitätscordon  geschützt^  und  blieben 
doch  von  der  Seuche  verschont  jLnck  nnser 
Grenzverkehr  mit  Baiern  und  Sachsen  war  un- 
geachtet der  Sperre  im  Wesentlichen  gar  nicht 
ge&tort,  daher  die  Möglichkeit  einer  Verbreitung 
der  Cholera  dahin  wohl  vorhanden  war»  ohne 
dafs  letztere  doch  wirklich  Statt  gefunden  hätte« 
Im  öegentheile  trat  die  Cholera  im  Oktober 
und  November  1836  in  Eger  auf;  Baiem  und 
Sachsen  waren  durch  keine  Sperr-  und  Qua» 
rantaine  -  Anstalten  geschützt  und  blieben  von 
der  Seuche  an  unserer  Grenze  verschont^  indeb 
das  asiatische  Ungeheuer  in  •  der  Ha^pt  *  nnd 
Residenzstadt  München  auftauchte^  ohne  sieh 
über  den  Weg  dahin,  oder  über  den  letstaft 
Aufenthaltsort,  ob  Triest,  Wien  oder  Prag,  ge« 
hozig  legitimiren  zu  wollen» 

Bei  näherer  Würdigung  dieser  TbatMchna 
wird  kaum  ein  unbefeingener  nnd  gevrisaenhaf« 
ler  Arzt  an  die  betreffenden  Behörden  sein 


—    8*    — 

hffrfg  inotlvirtei  Oatachten  dabio  iiaiateUen«  dalii 
Sanitäta  -  CordoDS  und  QoaraDtaine  *  Anttalten 
sur  Abwehraog  der  Cholera  DÜtKÜch  oder  notb- 
weadig  ^ären ,  and  Niemand  darfte  e3  rerkeii-* 
nen,  welch  grofiea  Verdienst  um  die  Menscb» 
heit  und  Wissenschaft  die  österreichische  Me- 
dicinalbehorde  durch  die  zuerst  in  Europa  ein«« 
geleitete  Aufbidbung  des  Pestreglements  und  AIh 
Schaffung  aller  zur  Abwehrung  der  Cholera  ba« 
atandenea  Sperr-  und  Quarantaine- Anstalten 
eich  erworben  bat.  ^) 

Wenn  sich  über  das  Wesen  des  Cholera-^ 
Contagiums  eben  so  wenig,  als  über  die  Qna« 
Jität  anderer  Contagien  aus  unmittelbaren  Beob- 
achtungen etwas  entscheiden  läfst,   so  mochte 
es  doch  an  anbefangenen  Wahrnehmungen  nicht 
fehlen ,  welche  beweisen ,  dafs  dasselbe  sich  in 
der  Atmosphäre  verbreitet,  wie  das  Contagium 
des  Typhus  y  der  Masern,  des  Scharlachs  u.  s.  f,^ 
dafs  es  daher  flüchtiger  Natur  ist,  und  seine  Ein- 
wirkung auf  jene  Individuen  äufsert^  welche  in 
die  Atmosphäre   des  Kranken  kommen,     Dafs 
'  aber  die  Intensität  desselben ,  so  wie  die  Re- 
ceptiyität  dafür  nicht  überall  in  einem  solchen 
Grade  vorhanden  ist  ^  um  noth wendig  die  Krank- 
heit zu  erzeugen,  d^Is  daher  die  Contagiosität 
der  Cholera  nicht  so  furchtbar  sei,  als  das  Pub« 
likum    fürchtet,    möchte    daraus  hervorgehen, 
dafs   sich    viele  Menschen  der  Einwirkung  des 
Contagiums  aussetzen  können,   ohne  von  der 
Cholera  ergriffen  zu  werden,  weil  sie  entwe- 
der die  gehörige  Beceptlvität  nicht  haben,  oder 
weil  das   Contagium    nicht  mit  einer  solchen 
Intensität  auf  sie  einwirkt,  die  zureichend  wäre, 
die  Krankheit    zu    erzeugen«     Möglicherweise 

*)  S.  KmUs  a«  a.  Vorrede  u.  S»  2M* 


—     86     wv 

kann  von  einem  gesQiicIen  Menschab  eine  m 
kräftige  Reaktion  dem  aofgenomraeDeo  Contav 
ginm  entgegengesetzt  \?erden,  dar§  daastllii 
gleich  nach  der  Aufnahme  ivieder  aDsgestofseBi 
oder  neulralisirt  nnd  so  zerstört  wird ,  daCs  die 
Krankheit  nicht  entstehen  kann."  Diefa  findet 
gewifs  in  den  vielen  Fällen  Statt ,  wo  Geist* 
liehe,  Aerzte,  Krankenwärter  und  andere  Sa- 
oitäts-IndiTiduen  in  der  Atmosphäre  von  Cho* 
lerakranken  sieb  anfhaltep,  nnd  sogar  in  nü« 
here  Berührung  mit  den  Kranken  selbst  kern« 
men,  und  doch  Ton  der  Krankheit  yerschoDt 
bleiben.  Es  ist  eine  hekannte  Thatsache,  dab 
weit  weniger  Aerzte  und  K-rankenwärter  an  der 
Cholera  als  am  Typbus  erkrankt  und  gestorben 
sind.  In  Eger  ist  nicht  ein  einziger  Cbplera* 
kranker  ohne  die  Tröstungen  der  Religion,  ohne 
ISeichte  und  Abendmahl  gebliebeui  und  doch  ist 
kein  Geistlicher  erkrankt.  Auch  die  Aerzte  nnd- 
Krankenwärter  sind  alle  von  der  Krankhei|;  Ter? 
schont  geblieben.  Dafs  das  Coniagium  hier  kei^ 
nen  hohen  Grad  von  Intensität  entwickelt,  und 
auch  keine  bedeutende  Mittheiiung  und  Verbrei^ 
tung  desselben  durch  die  Atmosphäre  Statt  gefu»-. 
den  hat^  wodurch  das  Contagium  zu  einer  Eni« . 
demie  gesteigert  worden  wäre ,  dürfte  wohl 
4araus  zu  ersehen  seyn,  dafs  die  Seuche 'bei* 
nahe  einzig  und  allein  auf  ihren  Entstehubga« 
ort^  die  Schiffcborrorstadt^  beschränkt  bliäb. 
dafs  sie  nur  unter  der  ärmeru  Volksklasse  ^  bä 
welcher  rermöge  der  im  Vorhergehenden  aüh. 
geführten  Umstände  eine  gröfsere  ReceptiTital 
nicht  zu  .verkennen  seyn  möchte,  ihre  Opfer 
suchte,  und  dierorpefimerey  wohlhabende  Klasse^ 
Ton  Einwohnern  ganz  verschonte.  Es  sind  fnck. 
in  einer  Familie  nie  mehrere'  Individuen  zu 
gleicher  Zeit  e/krankt^  sondern  dem  ersten  Efi- 


—     87    — 

knmkungsfalle  folgten  In  längerer  oder  kttnerer 
Zwischenzeit  erst  die  andern.  Die  Anzahl  der 
Erkrankten  war  in  der  SchilFthorrorstadt «  dem 
ursprünglichen  Gholeraheerde,  während  der  er» 
sten  ö:  Tage ,  vom  8ten  bis  12ten  Oktober  nor 
auf  10  gestiegen^  bis  14ten  waren  25  erkrankt, 
3  genesen  und  12  gestorben  i  10^  in  der  Be- 
handlung rerblieben;  darunter  waren  schon  2 
Kranke  in  der  Stadt  selbst^  nämlich  die  beiden 
Leichen weiber^  Anna  L.  und  Margaretha  G., 
welche  mehrere  Leichname  von  Cholerarerstor- 
benen  in  der  ScbüFthonrorstadt  nach  hiesigem 
Cißbrauche  abgewaschen^  angekleidet  und  in  r 
den  Sarg  gelegt  hatten.  Sie  wohnten  beisam- 
men im  sogenannten  Graben,  nicht  weit  Ton 
der  in  Wallensteins  Geschichte  bekannten  al- 
ten Burg,  einem  ziemlich  hoch  gelegenen  Stadt-, 
theile,  ip  einer  zwar  kleinen,  aber  rein  gehal- 
tenen Stube  des  Erdgeschosses«  Die  erstere^ 
64  Jahre  alt,  hatte  von  einem  am 29sten  Sept« 
an  der  Herbstruhr  yerstorbenen  Bürger  das  Bett- 
Stroh  ohne  Scheu  in  ihr  eigenes  Bett  genom- 
men, und  bildete  sich  ein,  in  ihrer  Furchtlo- 
sigkeit einen  Freibrief  gegen  alle.  Ansteckung 
zu  haben ;  sie  wurde  bald  darauf  von  einer 
Diarrhöe  befallen ,  welche  sie '  die  ganze  Zeil 
hindurch  Ternachläfsigte,  verfiel  am  12ten  Ok- 
tober des  Morgens  um  3  Uhr  in  das  Stadium 
cholericum,  und  fiel  als  Opfer  desselben  am 
16t9n  BliUags.  —  Die  Letztere,  48  Jahre  alt^ 
ist  noch  im  Vorbote nstadium  hergestellt  wor- 
den. Da  die  Vermuthung  allgemein  wurde, 
dafs  diese  Leichen weiber  in  Folge  ihres  Auf- 
enthaltes in  der  Atmosphäre  von  Gbolerakran- 
ken  von  der  Krankheit  ergrilTen  worden  wären,  . 
so  fing  mau  an,  aus  Furcht  und  Angst  überall, 
über  üollern  im  Unteileibe,  fremdartige  Emr 


—     88    — 

"V. 

p&iidongea  im  Magen  und  in  den  6ed8rmeB| 
über  Scbwlodel  und  Eingenömmeoheit  des  Ko^ 
pfet  zu  klagen.  Doch  erkrankten  in  den  an* 
gräozenden  Häaiern  nur  Magdalena  D«  und 
Magdalena  K.  an  den  wirklichen  Vorboten  dei 
Cbolera.  Erstere  genas  nach  einem  genomme« 
Den  Brechmittel  aus  Ipecacnanha,  und  letztere 
"wurde  in  das  Stadtspital  gebracht,  wo  aiis  am 
268ten  am  Choteratyphoid  atarb.  Ihre  Tochter 
Karoline  K.  ist  später  von  der  Cbolera  bnfal* 
len  worden,  und  wurde  noch  im  Zeiträume  der 
Vorboten  gerettet,  so  wie  eine  Nachbarin«  EvaH. 
In  einem  kleinen  ^  in  der  Nähe  der  Stadtmantr, 
beinahe  auf  dem  höchsten  Punkte  der  Stadt  ge- 
legeoea  Häuschen«  erkrankte  am  17ten  eine 
amie  Frau,  Era  F.,  an  der  Cholera;  obschon 
Miteigentbiimerin  der  kleinen  Hütte »  wohnte 
sie  in  einer  Stube  des  Erdgeschosses  gemein- 
achafilich  mit  einem  Taglobner «  Ehepaar ,  und 
lebte  in  Tuiliger  Armuth  auch  nur  rom  Tage- 
lohne.  Sie  legte  sich  in  das  ärmliche  Bette  ih-f 
rer  Schwester,  der  D*  i  und  starb  am  19ten 
im  Stadio  cholerico.  Am  23sten  erkrankte  das 
in  der  Stube  des  Erdgeschosses  mit  der  Fran 
F.  wohnende  Taglöhnerweib ,  Ursula  R«,  und 
starb  am  26sten  im  Stadio  einer  unTolIkomi- 
znenen  Reaction.  Des  Tags  Torher ,  am  22sten9 
wurde  auch  Karl  D.,  der  Schwager  der  Fran 
F.,  in  dessen  Stube  letztere  gestorben  war, 
von  den  Vorboten  der  Cholera  ergriffen^  nnd 
ist  im  Sladio  opportunitatis,  wo  ihm  die  DiaiH 
rbüe  die  ineisten  Beschwerden  verursachte,  nach 
8  Ta^en  genesen ,  während  am  26sten  zwei  sei- 
ner Kinder  erkrankten,  ein  Knabe  von  12  Jah« 
ren ,  und  ein  Kind  von  anderthalb  Jahren,  eben* 
falls  ein  Knabe ;  letzterer  starb  in  48  Stunden, 
ersUrer  nach  ciaezu  d^eitä(i{|ren  fi^ankenlageib 


—     8»    •«. 

Am  28steq  vrar^e  «nch  dl«  Fra«  den -Karl  D^ 
nebst  zwei  Töchtero, ,  eitiom  8-  uod  eioeni 
ISjäbrigen  Mädcbea  toq  der^  Cholera  ergrifleii} 
die  beiden  Mädcbeo  genasen  und  ^  die  Mutter 
starb  am  Choleratjpboid  den  3ten  NoTember. 
Eine  Verwandte ,  welcbe  die  kranke  Familie 
ivahrend  der  ganzen  Dauer  der  Seucb«  bedient 
und  gepflegt  hatte,  blieb  gleichwohl  gesund,  so 
\?ie  der  Ehegatte  der  im  Erdgeschosse  der  ver- 
storbenen Ursula  R.^  dann  zwei  aqij^re  arme  . 
Tagelöhner,'  die  in  demselben  Erdgeschosse  in  ei«* .. 
Dem  abgesonderten  Stübchon  wohnten,  und  noch  ; 
zwei  arme  Frauen,  welche  im  ersten  Stockwerke 
in  einer  kleinen  Kammer  neben  Karl  D.  ihre  Woh- 
nung hatten.  In  dieser  ärmlichen  Hütte  sind 
demnack  von  14  darin  wohnenden  Personen , 
8  von  der  Cholera  ergriffen  worden  und  6  ver- 
schont geblieben,  von  den  8  Erkrankten  sind  5^ 
gestorben  3  genesen.  So  sehr  die  Cholera  ihre 
Herrschaft  hier  ausbreiten  zu  wollen  schien,  so 
ist  aufser  in  dem  angeführten  Häuschen  in  der 
ganzen  Umgebung  kein  Erkrankungsfall  vorge« 
liommen.  Nicht  weit  dsTon,  am  sogenannten 
Rotenbühl  sollen  noch  3  Cholerakranke  gewe- 
sen seiuj  die  ich  aber  nicht  gesehen  habe,  und 
wovon  2  gestorben  sind,  einer  ist  genesen.  la 
demselben  Stadtviertel  erkrankte  am  19.  Okto- 
ber eine  Tagelöhnerfrau  von  48  Jahren ,  Ursula 
G.,  uod  starb  am  22sten  Mittags  an  der  Paralyse 
im  Stadio  einer  unvollkommenen  Reaktion« 
Sie  hatte  ihre  Tochter,  die  in  der  Schiffthor- 
vorstadt eine  der  ersten  Cholerakranken  war, 
besucht,  und  nach  dem  Tode  derselben  den 
Schwiegersohn  mit  2  kleinen  Kindern  in  ihre 
Wohnung  aufgenommen«  In  der  nächsten  Nach» 
barschafi  starb  am  20sten  Oktb.  Magdalena  L^ 
die  31^  bei  einem  rerwandteu  SläUer^  velcbur. 


—     90     — 

am  17teii  Inoneii  12  StQDden  in  dar  ScUAIior- 
vorstadt  ao  der  Cholera  starb ,  mehrere  Tage 
lang  aufgehalten  hatte ;  -sie  wurde  am 208len  Blor« 
gens  um  3  Uhr  in  ihre  WöfatauDg  krank  sih 
rückgebractit ;  und  starb  bis  Mittag  desselben 
Tages,  lof  diesen  beiden  Häusern  ist  eben  so 
wenig  ate-in  einem  d6r  angrenienden  Bänser 
«in  Gholerafall  niebr  Torgekommen.  '  Allein  die. 
Tochter  der  Torerwähnten  Magdalena  L.,  an 
den  Tochsdieerer  T.  am  Rosenbübl  Terheiratbet^ 
hatte  einige  Stunden  bei  ihrer  sterbenden  Mnt» 
ter  zugebrachty  erkrankte  in  PcAge  einer  heftigen 
Erkältung  und  erlittenen  Gemütbübewegung  am 
4ten  November  und  starb  am  12ten  apoplek- 
tisch'  im  Sladio  einer  Hbermäfsigeo  Reaktioni 
obschon  ihr  reichlich  zur  Ader  gelassen  woi^ 
den  war.  Diefs  war  der  letzte  Cholerafall  in 
Eger.  In  der  Schiffgasse  ist  schon  am  19ten 
Oktober  ein  Mehlhändler,  und  in  dem  zunacbsl 
am  Obertbore  innerhalb  der  Stadt  gelegenen 
Hause  am  23sten  Oktober  ebenfalls  ein  Mehl^ 
bäodler  erkrankt,  Sie  hatten  sich  beide  in  der 
Mühle  des  am  17ten  Oktober  in  der  Scbifflbor- 
Torstadt  verbtorbenen  Müllers  auf|^ehalten ,  und 
find  beide  im  Vorboten -Stadium  gerettet  wor« 
den,  ohne  dafs  sich  in  den  angrenzenden  Häa<« 
Sern  eine  Spnr  Ton  der  Cholera  gezeigt  hätte« 
In  der  Oberthor-  und  Brückentbor- Vorstadt  ist 
Überall  nur  ein  einziger  Erkrankungsfall,  und 
unter  den  zahlreichen,  mitunter  sehr  armen  Be- 
wofanern  dieser  beiden  Vorstädte  keine  weitere 
Verbreitung  der  Seuche  Torgekommen.  Es  ist 
bemerkenswerth  ^  dafs  unter  den  wohlhabenden 
Bürgern ,  unter  den  Beamten  und  Honoratioren^ 
8D  wie  unter  dem  MilitciiV,  nicht  ein  einziger 
Erkrankungftfäll  Statt  gefunden  bat.i  Eben  so 
Weüig  hat  sich  in-  einem  nahen  oder  eatfernten 


-     91     — 

des: ganzen  Benrke  ein  Cholerakiank« 
zeigt.  Die  Bewohner  Ton  FranzeB&bad 
zur  Zeit  der  in  Eger  hemclieBden  Ciio- 
as  löblicher  Vorsicht  ihre  Ortaarmen  nn- 
zt,  für  gesunde  und  geräumige  Wohnno« 
»rselben  gesorgt^  und  der  Kurort  ist,  so 
ie  Umgebung,  von  der  Seuche  gans  frei 
>en^ 

ei  dieser  der  strengsten  Wahrheit  gemäfa 

hneten  Verforeitongsartder  Cholera  inEger, 

kein  Zweifel  obwalten ,   dals  hier  keia 

lischer  Einfluls ,  sondern  nur  eine  in  dea  • 

D  Fällen  offenbar  nachzuweisende  Anstek- 

den   Ausbruch    und  die   Verbreitung  der 

cheo   Seuche  Teraolafste,   und  das  sonst 

beerende  Uebel  hier  durch  zweckmäfsige 

einzuführende  ärztlich  -  polizeiliche  SlaTs- 

sowohl  y   als  durch  WohUhätigkeits- An- 

,  ohne  Sperre  und  Conluinaz,  in  seinem 

iien  unterdrückt  worden  ist« 

ie  pathognomonischen  Krankheitserschei-  . 
),  ii>it  welchen  die  Cholera  hier  auftrat^ 
wie  überall,  folgende: 

)  Eine  ganz  eigenihümliche  Veränderung 
hysiognomie  (Facies  cholerica),  die  dem 
rksamen  Beobachter  in  ihrer  Eigenheit  so 
luffallty  dafs  es  nicht  nothig  ist,  sie  oft 
len^  um  sie  alsogleich  wieder  zu  erken- 
Es  ist  nicht  das  bekannte  Hippokra tische 
it  mit  gespitzter  Nase  und  zusammenge-»  * 
tn  ]Vaset)ilܣrelD,  sondern  es  ist  der  Aus-^  . 
des  allmhhiichen  oder  plötzlichen  Schwin- 
»Her  Lehensiülle  im  matten ,  glanzloseo, 
*  tiefer  io  seine  Hohlen  sich  zurückzie- 
D,  mit  bleigrauen  Bingen  umgebenen  Au* 
is  ist  das  Grinsen  des  Xodes  imlel)en<i«ii: 


.—   la   — 

GMicIltd;  wojarch  Bchon  das  BagibBeii  Ar 
Krankheit  I  das  Stadiam  imrasionia  cbarakfori- 
atisch  beeeichnet  ist.  Je  scbneller  sich  diase 
Facies  cholerica  ausprägt,  desto  iDteosirer  ist 
der  Anfall  der  Cholera,  desto  grober  die  Gefahr. 

2)  Eine  eben  so  charakteristisch  veränderte 
Stimme  (vox  cholerica) f  eine  gleichsam'  sin£» 
fen weise  Abnahme  derselben,  mit  einer  eigen- 
thumlichen  Rauhigkeit  und  Klanglosigkeit  his 
za  ihrem  Erloschen,  wodorch  die  allmählige, 
in  Folge  des  ErgrifEensejos  des  Nerms  sympa* 
thicus  und  ragns  schon  im  Stadio  inTaaionis 
beginnende  Lähmung  des  Nerms  recarrena  an- 
gedeutet zu  werden  scheint.  > 

3)  Der  Durchfall  und  das  Erbrechetim  Ge- 
wöhnlich tritt  der  Durchfall  friiher  eiui  ah  das 
Erbrechen,  und  ist  meistens  schon  im  Vorbo- 
tenstadium Torhanden.  Bei  der  Intasion  std« 
len  sich  häufige  Stnhientleerungeh  ohne  Leib- 
grimmen ein,  gleichsam  gub weise  und  wie  aas 
einer  Spritze  herausgetrieben,  und  Ternraacben 
hn  Mastdärme  oft  das  Gefühl  einer  abgehenden 
warmen  Flüssigkeit.  Diese  ist  molkenartig, 
weifsflockig,  meistens  geruchlos«  Daa  Erbre* 
chen  zeigt  die  Eigenheit,  dafs  es,  wie  hei  Säug- 
lingen, mit  dergrofsten  Leichtigk'eit,  ohne  War- 
gen ,  gleichsam  passiv ,  wie  aus  einem  Schlaa- 
che,  geschieht.  Ist  der  SlAgen  mit  unrerdanten 
Speisen  angefüllt,  so  werden  diese  erst  entleert, 
dann  folgen ,  wie  beim  Durchfalle,  meistens 
geruchlose 9  dem  Reisabsude  ähnliche,  oft  mit 
eschgrauen  Flocken  vermischte  Flüssigkeiten« 

4)  Krämpfe  treten  meistens  bald  nach  dem 
Erbrechen  ein.  Gewöhnlich  werden  die  Pnl»- 
zehen  und  Waden  zuerst  von  tonischen  Kram-* 
pfen  befallen«    Die  Gaslrocnemii  bilden  oft  gans 


-     ^8  — 

Iiaffo  KdSnle.  und  clfe  PalSizelieii  werden  aiMg#k 
spreizt,  im  ersten  Gliede  gestreckt,  io  den  übri* 
gen  gebogen,  die  grofte  Zehe  steht  bedeatend 
Ton  den  übrigen  ab* 

5)  Die  schnelle  Ahnahme  der  ihierischen 
Wärme  ist  ebenfalls  charakteristisch«  Hände 
und  f^iilse  werden  marmorkalt  (Frigas  chole* 
ricam),  bei  einer  eigentbümlicheni  blauschmutsi« 
gen  Färbung,  welche  auch  im  kalten  Gesichte 
sich  seigt«    Auch  die  Zunge  und  die  ansgeatb« 

xnete  Luft  wird  eiskalt« 

'        «  .        .  „ 

6)  Der  Puls  wird  fadenartig  und  langsam; 
nnd  in  heftigen  Fällen  tritt  mit  dem  Stadio  in« 
yasionis  schon  völlige  Pulslosigkeit  ein« 

7)  Die  gänzliche  Unterdrückung  der  Urin'» 
etbsonderiing  gehört  endlich  auch  ubter  die  pa« 
tbognomonischen  Krankheitserscheinungen,  wel- 
che bei  entwickelter  Cholera  nie  fehlen*  Es 
scheint,  als  ob  die  Verrichtung  der  Nieren,  den 
Urin  abzusondern,  gänzlich  aufgehoben  wäre» 
Obschon  die  Kranken  in  dieser  Hinsicht  über 
keine  besoodern  Beschwerden  klagen,  so  lis* 
pelte  mir  doch  eine  Kranke  am  dritten  Tage 
nach  eingetretener  Urinverhaltnng  mit  der  cha« 
rakteristischen  Gholerastimme  zu:  ,,Wenn  Sie 
mir  nicht  etwas  geben ,  dals  ich  Urin  lassen 
Icann,  so  mufs  ich  sterben."  Und  am  nächsten 
Horgen  war  sie  wirklich  eine  Leiche* 

(Der  Beschlttfs  folgt.) 


I  • 


—     94     *- 


Ueber 

■  ■  •    ■ 

.  Biasenkrebs  und  Krebs  überhaupt 

•      '  Von 

Dr.  Bampdid, 

Arzt  am  Hospitale  za  ElsUogeo« 


(Ali  Nacbtnig:  Ell  den  im  Mai  ^  Heft  1838  dieiei  JoHnnfi 
abgewrackten  Aufsatz  über  Magenkrebs.) 


JXerr  Dr.  Cammerer  bat  in  cler  sechsten  Ifaiiio 
xner  des  inedic«  Gorrespondenz  -  Blattes  eioen 
Fall  von  Blasenkrebs  erzählt,  dessen  Miltbei- 
luDg  als  Beitrag  zur  Kenntnifs  der  so  seltenen 
Krankheit  gewil's  daokenswerth  ist.  Nnr  scheint 
es  mir  9  als  ob  das  in  der  Epikrise  zor  FesU 
stelloDg  der  Diagnose  Gesagte  möglicher  Weise 
zu  einigen  Irrungen  föhren  konnte,  und  ich  er- 
laube mir  daher  kürzlich  einige  hierauf  beeng« 
liehe  Bemerkungen  hier  niederzulegen» 

Hr.  Dr.  Cammerer  stellt  als  die  Hauptmo- 
mente  der  Diagnose  1)  einen  aulserordeiitlich 
grofsen ,  durch  kein  Mittel  nachhaltig  bezwing- 
baren Schmerz  in  der  Kreuzgegend  ,  namentiidi 


—     ua     — 

am  UDtern  Eode  des  Kreuzbeins  |  ,md  anfse»- 
dem  2)  mit  Blut,  Schleim,  Eiter . öd^r- po]3rpq. 
sen  Massen  gemiscbten  Urioi  uod  enctlich  3) 
die  immer  mehr  zunehmende  Abmagerqug.  dar« 
—  Dafs  Krebs  mit  vieler.. Wahrscheinlichkeit 
'  ao;enDehmen  sey ,  wo  sich  diese  ^athognomo* 
nischen  Erscheinungen  zasammen  finden^  i$t 
nicht  zQ  bezweifeln«  Wohl  .aber  wi^d  zuwiii« 
len  Krebs  vorhanden  seyn,  ofioe  dafs  nux^  ein 
einziges  dieser  Symptome  zugegen,  oder  we- 
nigstens in  etwas  hohem  Grade  da  key. 

Der  erste  und  der  dritte  Punkt  sind  dieje- 
nigen f  welche  nebst  der  örtlichen  Funktion»- 
Btorung^  als  hier  gewissennaften  dem  zweiten 
Punkt  5  bei  allen  nicht  äußerlich  erkennbaren 
Krebsübeln  in  Bezug  auf  die  Piagoöse  voran^ 
gestellt  werden.  Man  konnte  etwa  noch  als 
vierten  die  grünliche ,  schmutzige,  ofl  gefleckle 
Farbe  der  Haut,  die  besonders  bei  Uterus-Krebs 
sehr  charakteristisch  zu  seyn  scheint,  und  den 
Atisdruck  des  tiefen  Leidens  in  den  Gesichts« 
sügen  hinzufügen,  welche  Erscheinungen  aber, 
wie  die  ersteren^  gleichfalls  bisweilen  fehlen. 
•-—  Um  die  Erkenntnifs  und  Um  die  Behandiong 
dieser  Krankheit  steht  es  gleich  schlecht,  wenn 
der  Arzt  immer  erst  auf  das  Eintreten  jener 
drei  Erscheinungen  warten  soll«  Zur  vollen 
Gewifsheit  müssen  wir  freilich  sie^  oder  dit 
Sektion  abwarten« 

Es  ist  auffallend ,  dafs  fast  in  allen  noso- 
logischen Handbüchern  der  brennende  Schmerz 
als  erstes  Moment  des  Krebses  angeführt,  und 
kaum  irgend  dabei  angegeben  ist,  dafs  dieser 
Schmerz  auch  nur  in  sehr  geringem  Grade  vor- 
handen seyn,  oder  selbst  durch  die  ganze  Krank« 
lieit  fehlen  könne.    Und  doch  sind  die  Btispielo 


—     96     ~ 

UetOQ  kefocfwege«  fo  selten«  dafi  avch  (n  el* 

Der  Dicht  sehr  starken  Praxis  Jeder  Arzt  Gele- 

geoheii   erhalten   wird^   sich    selbst    daroo  n 

Sberzeugeo.    Ich  habe  bereits  im  Mai -Heft  die^ 

ses  Journals  Beispiele  Ton  selbst  oSeoem  Krebs 

des  Slagens  und  aer  Brust«  ohne  allen  Scl^meh^ 

durch  den   ganzen   Verlauf  der  Krankheit  so- 

\7ohl  aus  meiner  eigenen  Erfahrung«   als  aa^ 

ahnliche  Fälle  ans  den  Beobachtungen  Anderer 

angeführt^    Fälle«   von   denen  erstere   sugleich 

mit  mir  Ton  so  Tiden  andern  Aersten  gesehen 

■yNutdea,    dab  Ton    Zvreifel  keine  Rede  sejo 

kann«    Auch    de  Haen^   Idsfranc  und  Fernher^ 

.ton  fandeo  MageDkrebs  bei  Sektionen«  TTOsich 

im  Leben  keine  entsprechende  Erscheinong  ge« 

seigt  hatte.    Später  Trerde  ich  einen  neuen  Fall 

der  Art  miltheilen,  der  auch  seigt«   dafs  diese 

Schmerzlosigkeit  bei  rerschiedeoen   Arten  Toa 

Magenkrebs    Statt  finden   kann«   da  es  in  dem 

früher  erzählten  Fall  tuberkuloser  Krebs  Trar, 

der  endlich  ein   grofses  offenes  KrebsgeschTrSr 

mit  doppelter  Perforation   des  Magens  bildete» 

in   dem   neueren«  nuten    zn'erzählendea  Falle 

aber  Orbicularkrebs  der  Cardia«  TTO^ich  kanm 

an  einer  kleinen  Stelle  leichte  Gorrosion  seigtew 

Auch  das  zTreite,  von  Hrn.  Dr.  Cammerer 
aufgestellte  pathognomoniscbe  Zeichen «  der  Ab* 
gang  Too  Blut,  Schleim,  polypösen  Wasser  o. 
8.  TT.«  mit  dem  Urin«  kann  zuTreilen  gans  feh« 
len «  oder  tritt  nicht  eher  ein «  als  bis  tod  ii;« 
gend  einer  HoiFoung  zu  leistender  ernstlicher 
Hülfe  keine  Rede  mehr  sejn  kann«  da  die 
Heilung  Ton  offenen  Krebs «  zumal  in  der  Blase, 
wo  Urin  ihn  fortwährend  bespShlt«  TTohl  nicht 
xa  hoffen  steht«  Es  vrird  geTrifs  auch  in  der 
Blase  eina  dem  Orbikularkrebs  dee  Magena  alin^ 


—     97     — 

Kche  DegeneralioD»  ^ie  dort  to  oft  tSdfcn  kSo» 
Den ,  ehe  e^  our  xa  irgend  einer  Yersch wäning 
kommt« 

Das  dritte  Symptom,  die  Abmagerang, 
ifird  wohl  in  den  tpälern  Stadien  nie  fehlen^ 
ohgleich  man  auch  Beispiele  Ton  Tod  durch 
Krebs,  noch  Tor  dem  Eintreten  grofser  Abma^ 
gerang  haben  will*  Aber  die  Abmagemng  ist 
ein  Gonstantes  Symptom  so  yieler  inneren  Ue-. 
bely  dafs  es  für  sich  allein  ein  za  wenig  siche«^ 
res  Merkmal  gewährt« 

Diese'  drei  Ton  Hrn.  Dr.  Cammerer  enge« 
gebenen  diagnostischen  Hauptmerkmale  des  Bin* 
senkrebses  sind  also  etwas  mangelhafte  Führer^' 
wenn  es  sich  darum  handelt^  das  Uebel  in  ei« 
aer  Zeit  za  erkennen,  in  der  man  einen  Yerw 
snch  wirklicher  Heüuog  machen,  oder  wenig- 
•leos  längere  Sistirnng  der  Fortschritte  des 
üebels  bewirken  konnte.  So  wenig  eine  wirk« 
liehe  Heilung  des  ausgebildeten  Krebses  za  hof» 
fen  steht,  erlaube  ich  mir  doch  davoo  za  re« 
den  y  namentlich  Ton  Uebeln  ,  die  zwar  noch 
nicht  Krebs,  Scirrhus  im  engeren  Sinne  des 
Wortes  sind,  die  aber  höchst  wahrscheinlich 
€8  werden  würden,  wenn  gar  nichts  oder  ans 
Ififskennang  unzweckmäfsige,  zo  reizende  oder 
xn  schwächende  Mittel,  Mittel  die  die  Conge» 
stion  yermehren,  dagegen  angewandt  wurden« 
Ich  habe  in  jenem  Aufsatz  einen  Fall  ron  sol- 
cher Heilung,  wenigstens  auf  längere  Zeit,  wo 
das  Uebel  fdr  kein  anderes,  als  für  Krebs  an« 
gesehen  werden  konnte,  grobe  Abmagerung  und 
andere  Beschwerde  zugegen  waren,  angeführt^ 
und- ich  kann  einen  ähnlichen  Fall  Ton  begin- 
nendem Magenkrebs  erwähnen,  den  ein  Arzt 
Ton  Ruf  dafür  hielt ,  nnd  daher  den  Kcanken 
leiirB.LXXXiy.&A8l  G 


—     9S     -- 

•Dcitich  entKetty  deo  ich  gleichfallt  far  aiiMD 
tolchen  ansehen  mufste,  der  nun  aber  durch  nar« 
koüscbe  und  ähnliche  Mittel,  hauptsächlich  dordi 
eisenblausaures  Kali  in  Verbindung  mit  sweck- 
maftigem  Verbalten   dahin   gediehen  ist,  dab 
der  Kranke  seit  längerer  Zeit  sich  für  geaand 
ansieht,  bei  ordentlichem  Leben  mit  Appetit  und 
mit  guter  Verdauung  ifst,  und  an  Kraft  und  an 
Körper  Mrieder  hergestellt  ist,  —  einen  Fall,  dec  ' 
»ich   wenigstens    Ton  Neurose  durch  den  MaiH 
gel  aller   Remission   oder  Periodicität  und  toii 
chronischer   Entzündung  durch   den  Mangel  aa 
eigentlichem  Schmera  auf  Druck  hinreichend  an- 
terschied.  —  'Ein  Beispiel,  wo  swei  Mal  War« 
^9n  erschienen,  die  man  nur  für  krebsartig  hal- 
ten konnte,  blau,  liTid,  brennend  und  achmer- 
send  heifs ,  und  immer  wieder  wachsend.     Die 
erste  wurde  herausgeschnitten,  die  aweite  Ter- 
achwand  unter  sweckmäfsigem  Verhalten   all- 
mählig  von  selbst,  nachdem  sie  lange  Zeit  den 
Kranken  beunruhigt  hatte«  «—     Will  man  auch 
aagen,  all  diefs  war  nicht  Krebs,  so  wird  man 
doch  allerwenigstens  zugeben  müssen ,  dala  es 
unter  unzweckmälsiger  Behandlung  aehr  wahr- 
acheinlich  solcher  geworden  wäre. 

Ich  weife  wohl,  dafs  solche  Uebal,  wenn 
auch  scheinbar  ganz  geheilt,  nach  längerer  Zeit 
leicht  wiederkehren,  und.  ich  habe  auch  aol- 
cbe  Fälle  mehrmals  erlebt.  Aber  ist  es  nicht  ffir 
Manchen  schon  ein  wichtiger  Gewinn,  nur  aof 
ein  Jahr  aeinUebel  sistirt zuhaben?  Undgan-' 
atige  Verhältnisse  können  dann  auch  wohl'dis 
Heilung  permanent  machen«  Ich  kenne  eine  jung» 
Qame ,  die  ein  halbea  Jahr  lang  Alles  auabrach^ 
die  heftigsten  Schmerzen  litt,  aufa  äulaerats 
abmagerte,  ungeachtet  aller  möglichen  Mittel' 
die  mao  anwandte,  deren  Uebel  ron  mehrwen 


—     ÖO     -». 

atif^zeichnet^n  Aerzten    offen  älS'Magentbbefik 
kein   erklärt   \/vurde ,   und   diese   Dame  ist  ouft ' 
seit  mehr  als  1  Jahr  wieder  kräftiger,  zieiplicb 
i^eiter  und  munter,  leidet  keioen  Schmerz  mehi^«^ 
und  erträgt,  obgleich  sie  noch  bie  nnd  da  bncbt!, ^ 
die  milderen  Speisen.      Cheston   und   Osiander^; 
JÖerndt,    Lessei  und  Andere  berichten,    dals.er 
itinen  gelungen  sey,  selbst  olTenen  Krebs  zu  beii|. 
len.     Die  oft  ohne  Rückfall  gelungene  Exstirpa*;. 
tion  von   Lippenkrebs    beweist,    dafs    es  nicht 
iinmer  eine   unheilbare  Cachexie  ist.    Man  hat 
den  Krebs  in  seinen  Modificationen  noch  so  WO^' 
nlg  studirt,  man  findet  bei  den  yerschiedenea^ 
Sectionen  Ton  Magenkrebs  so  yerschiedeherleiVer«^ 
anderungen   des   Gewebes,  — -  sollte    hierdnrcV 
nicht  auch   eine  Verschiedenheit  in  der  Bösar- 
tigkeit  nnd  Heilbarkeit  bedingt  seyn  ?     Ist  einP* 
mal    eine    Heilung    gelungen,     so    war*«   nicfat^ 
Krebs.  —    Man  hat  so  lange  Zeit  die  Tobei^f 
Kein  der  Lunge   als  ein   unheilbares  Uebel   b)9«^ 
trachtet,    gleich   dem  Krebs.     Gegen wärtig"  hehb* 
darf  es  nicht  mehr  der  prahlerischen  Anpreisung.' 
y,  die  Schwindsucht  ist  heilbar*'  um   zu  wissen^* 
dafs  selbst  nicht  so  ganz   selten  Fälle  ron  Re-* 
Sorption  der  Tuberkelmasse  oder  auch  Ton  Ver«^ 
Uarbung   der  Höhle   der  Tuberkel   Torkommen.' 
Man  hatte  früher   eben    so  wenis;   eine  siciheM^ 
iagnose    von   Lungentuberkeln ,    als    man    aSe' 
jetzt  noch  von  Krebs   hat     J^am   der  Tod ,    so' 
war's  Schwindsucht,  kani  Hersfellong,  so  war's' 
Keine« '  So  ist's  noch  mit  dem  beginnenden  Scir-^; 
rhus«   Mancher  Scirrhus,  besonders  mancher  tu«* 
berkulose,  wie  ich  schon  in  jenem  Aufsatz  he^^ 
merkte,    mag  auch  in  Hinsicht   seines  Wesens' 
ttnd  seiner  Aetiologie  in  ^lUsrnächste  Verwand^' 
cbaft  oder  selbst  Identität  init 'den  LubgentAb'dr^'. 


MB  ^oilftn,  «Uo  Buch  In  Hloiichl  i 

btrkoit  dics«D  nhnlich  ■ej'D. 

AUo  ia  früher  Zeit  das  ilrofaeade  Uebel  n 
erkeooen ,  inuFs  unser  Beilrebaii  ee^n,  iid<1  n 
sebr  icli  die  iu  vieien  Fällen  beatohendo  toBi 
UomöglichlLeit  daron  eiosehe,  glaube  ich  dotb« 
dats  auch  beim  Blaseokreb«  manche  Millel  bi^ 
weilen  etwas  naher  zum  Ziele  fdhreD  kuoiteilt 
als  dia  aogegebeiieii. 

'Wenn  eio  längere  Zeit  foitdanerndtr  pvr- 
maueater  oder  periodiichcr,  auch  cur  leise  drük- 
kender  Scbmeri,  der  auf  die  gevrö  ho  lieben  JUit- 
lel  nicht  Treichen  ttIII,  an  ein  solches  Vthd 
deakeo  läfst,  so  glaube  ich,  data  nebst  den  oe- 
gatiTeo  IveoDzcicben,  d.  b, ,  Abwesenheit  Toa 
Spuren  von  Hämorrhoiden,  von  BbsensleiD, 
Ton  angewachsener  Slelnmnsse,  Ton  CeschnS- 
ren  oder  anderer  Degeneration  der  Blas«  odei 
Prostata,  welche  die  Sache  [lioreicbeud  erklär 
ren  könnte,  «ine  Untersuchung  durch  den  Slait- 
darm,  ein  festerer  Druck  auf  dal  Perinaeum,  und 
bei  Rückenlage  mit  Torgebeugtem  Oberleib  uod 
aufgesogenen  Schenkeln  tiefer  Druck  vom  Schien- 
bein abwärts  eine  Empfindlichkeit  in  der  Tiefe 
dann  wenigstens  sicher  Gnden  laaien  werden« 
wenn  das  Uebel  einer  etwas  schnelleren  Aus- 
bildung Busch  reitet.  Denn  cumal  ein  etwai 
ichneller  vorwärts  rückender  scirrböser  Procefs 
ist  immer  mit  einiger  EDtEÜndung  des  Sitzes 
selbst,  oder  seiner  näcbsten  Umgebungen  -ver- 
bunden. Mao  kann  sich  davon  bei  den  mei- 
sten Seclionen  überzeugen,  und  eben  so  habs 
ich  gefunden,  dafa  in  der  MapualuntersuchtiDg 
bei  Üteruskxebs  die  unmittelbare  Berührung  der 
dfga&erirtap  Stella,  oder  einiger  Druck  aar  sia 
Voder  beltig«ro  Schmers  hat- 


-^    101    *- 

▼orbriogt,  inrte  bet  Magebkrebi  aach  mtiit  •!• 
Druck  auf  die  Magengegeod«  Die  Ünteraucboog 
durcb  den  Mastdarm  oder  beim'  weibl«  6a- 
schlecht  durch  die  Vagina  wird  auch  Sber  TOJs 
haodene  VerbärtUDg,  Aufschwellung,  meist  ai- 
sigan  Aufschlufs  geben  können.  Selbst  die  An* 
"Wendung  der  Sonde  mag  in  m^anchen  Fällen  cor 
Erkenntnlfs  des  Uebels  Einiges  beitragen  kon* 
sen,  um  wenigstens  zu  sehen,  ob  eine  oder  dia 
andere  Stelle  der  Blase  besonders  schmerzhaft 
ist  und  welche,  von  wie  grofsem  Umf^ng^  und 
ob  sie  besonders  degenerirt,  verhärtat  u,  s«  ww 
ist  und  dieses  am  besten  bei  ziemlich  gefulltar 
Blase«  Auch  eine  vorhandene'  Pulsatio  abdo^ 
minalis  oder  eine  durch  die  Vagina  oder  das 
Bpctum  zu  fühlende  Pulsatlon  wäre  ein  yer- 
•dächliges  Zeichen.  Bleibt  man  zuletzt  nur  nock 
10  der  Ungewifsheit  zwischen  chronischer  Ent* 
sundung  und  krebsartiger  Degeneration ,  und 
seigen  «/sich  die  zweckmäfsigeo  Alittel  gegeo 
Jena  ohne  Erfolg,  so  wird  man  sich  wohl  kai* 
neo  Fehler  vorzuwerfen  haben,  wann  man  noa 
saina  Behandlung  gegen  einen  drohenden  scir- 
rhosen  Procefs  richtet,  um  so  weniger,  als  diasa 
Behandlung  auch  gegen  ein  anderes  Uebel,  das 
atwa' vorhanden  seyn  konnte,  täuschende  Naa- 
rose  oder  eine  andere  Degeneration  nicht  nacb- 
theiligi  sondern  nur  nützlich  seyn  könnte. 

Die  Stelle  des  Schmerzes,  wie  sie  z«  B. 
fierr  Dr*  Cammerer  angiebt,  wird  wohl  nicht 
als  ein  sehr  sicherer  Wegweiser  dienen  kön- 
nen I  da  sie  je  nach  dem  Sitz  des  Uebels  auf 
dem  vordem  oder  hintern,  obern  oder  untern 
Theil  der  Blase  varüren  mufs.  Uebrigens  scheint 
ar,  zumal  beimKrebsauf  der  hintern  Seite,  mehr 
.nach  dam  Sakralplo^us  ZU|  auch  noch  garna 


~~    102    -^ 

l^Dgs  des  Nervus  ischiadicus  nurzutreteo,  ^ie 
in  dem  yoü  Hro.  Dr.  Camwerer  erzählteo  Fall| 
und  wie  bei  Uteruskrebs  der  gleiche  Schmeri 
oft  Bcboo  sehr  frühe  an  den  beiden  Trochao« 
iern  und  \on  da  abwärts  auftritt«  Brodu 
fuhrt  dagegen  in  seinen  Vorlesungen  über  die 
Krankheiten  der  Harnwerkseuge  eioeo  Fall 
Ton  Blaseokrebs  an,  wo  der  Schmerz  allein  in 
den  beiden  Leisten  und  oberhalb  des  Schainbo- 
gens  seinen  Sitz  hatte. 

Ish  will  damit  keinesweges  gesagt  haben, 
dafs  in  dem  Ton  Herrn  Dr.  Cammerer  mit« 
•gelheilten  Falle  die  Krankheit  schneller  su  er- 
Jcennen  gewesen  wäre;  es  scheint  ein  sehr  un^ 
^günstiger  gewesen,  ziemlich  schnell  aufgetre- 
ten und  rasch  vorwärts  geschrittea  zu  sejn» 
Oft  wird  man  leider,  wie  auch  hier  erst  n 
spät  Tom  Kranken  beratheni  dafs  TOn  Hiü^s 
überhaupt  keine  llcde  mehr  seyn  kann« 

Der  neue  Fall  von  Magenkrebs  ohne  Schmerz, 
den  ich  an  den  oben  angeführten  anreihen  will^ 
ist  folgender: 

G.  H,^  Arbeiter  in  einer  hiesigen  Tuch- 
fabrik, 65  Jahre  alt,  bekam  iih  Februar  1836 
Ton  einem  andern  Arzt  wegen  Uebelkeit  und 
Erbrechen  abführende  und  resolvlrende  Atittel, 
worauf  sich  sein  Uebel  besserte.  Am  13.  Mai 
kam  er  in  meine  Behandlung.  Seine  einzigö 
Klage  war,  dafs  er  schon  seit  längerer  Zeit  Al- 
les, was  er  genicfse,  ausbrechen  mÜAse,  ohi\^ 
dafs  er  jedoch  eine  Ursache  seines  Uebels  an- 
geben kouiile.  Seine  Lebensweise  war  imiher 
ziemlich  regelmafsig  gewesen,  er  hatte  an  Aut- 
schlägen gelitten*  Er  war  etwas  abgemagert 
und  matt.  Seine  Gesicht'sfaibe  war  gut,  ziem- 
lich rotb|  entfernt  von  dem  eigentlichen  kactaek- 


—    103    — 

tiscbeo  Auttehea  dfer  KrebtkraDkeQ«  'Der  PaTs 
nvar  laogsam  u6d  yöII,  die  Zunge  siemlicli 
•tark  tfod  schmutzig  belegt,  eioigemal  •  selbst 
schwärzlich,  und  von  dem  Beleg  losten  sicfh 
von  Zeit  zu  Zeit  einzelne  Stücke  ab,  um  Deaem 
Ansatz  Platz  zu  machen«  Was  er  afs,  drückte 
ihn  nicht  y  machte  ihm  keine  Schmerzen  ,=  aber 
inufste  wieder  heraus,  ehe  eine  halbe  Stande 
vorüber  war.  Druck  auf  die  Magengegend 
brachte  keinen  Schmerz  her ror»  and  lieTs  auch 
keine  Verhärtung  entdecken.  Nur  später' zeigte 
sich  beim  Druck  ganz  oben  an  dem  Schwerifort« 
satze,  wo  auch  die  Rippenknorpel  im  Auteio* 
andergehen  einen  ungewöhnlicli  spitzen  Wiöl 
kel  bildeten ,'  einige  Empfindlichkeit.  Es  li^fs 
sich  jedoch  auch  da,  wahrscheinlich  weg6n  Engd 
des^  Raumes,  nichts  besonderes  Hartes  in  dtt 
Tiefe  ermitteln,  und  spater  war  dage^^n  die 
ganze  Parthie  d^s  Magens  hart  und  brettartig 
anzufühlen. 

Der  Kranke  erhielt  anfangs  Belladonna  miC 
Aq»  Laurocerasi ,  doch  ohne  irgend  eine  Ver^ 
änderung  hervorzubringen.  Zugleich  wurde 
Brechweiusteinsalbe  eingerieben,  die  aber  nicht 
einmal  Pusteln  hervorbrachte^  und  daher  viel-« 
leicht  nur  ungünstig  durch  Resorption  ins  Blut 
auf  den  Magen  wirkte.  Früher  hatte  sich  der 
Kranke  schon  Blasenpflaster  gelegt  und  Abfüh*» 
rungsmiltel  genommen,  doch  ohne  Erfolg.  leb 
versuchte  nun  Opium  in  Pulver,  und  von  da 
an  stand  das  Erbrechen  wenigstens  für  das  Früh- 
stück und  das  3Iittagessen  vollständig.  Nur  die 
Wassersuppe  des  Abends  wurde  Anfangs  noch 
ausgebrochen,  später  indefs  auch  diese  meist 
nicht  mehr.  Der  Kranke  brachte  nun  auf  diese 
Weise  längere  Zeit  in  eioem  sehe  erträi^Ucheii 


-r-      104      VT 

Zattaode  xa;  keine  Art  von  SchmefS,  regelndU 
fiige  y«rdAuuDg  detten,  was  er,  jedoch  mk 
ziemlicher  Mäftigkeif,  zu  sich  nahm.  Das  Opiuniy 
wOTon  er  bis  tu  2  Granen  im  Ta^e  rerbraaebti^ 
machte  ihm  durcbaas  keine  Yerstopfang.  Es 
blieb  jedoch  die  Zungc^  belegt,  und  die  Matlig* 
Leit  und  Abmagerung  nahmen  trots  des  Essens 
immer  mehr  xu.  Auch  das  Ansselsen  des  Mit- 
tels, während  einiger  Tage,  brachte  darchaas 
keine  Störung,  und  der  Kranke ,  der  io  nkeiost 
Abwesenheit  Ton  einem  andern  Arat  lofae.  Rad« 
Talerian.  mit  Liq.  Cornu  Ceryi  succin.  erhieit| 
vertrug  auch  dieses  gut»  Endlich  kam  aufs  Nene 
bäufiges  Erbrechen  des  Genossenen ,  und  Et* 
brechen  von  Wasser«  wogegen  Belladonna,  Ci- 
cnta,  Opium  mit  Magisterium  Bismuthi  nnd 
Opium  allein,  and  Extr.  Nucis  Vomitat  nna 
Tergeblich  genommen  wurden.  Es  zeigte  sich 
eehr  starke  Pulsation  in  dem  untern  Theil  der 
Lebergegend  und  von  da  oberwärts,  nicht  auf- 
wärts und  nicht  in  der  Magengegend»  Der  Kranke 
fiel  fast  plötzlich  zusammen,  nnd  war  in  4 — 5 
Tagen  nach  den  erneuten  Anfällen  eine  Leichet 
Er  starb,  wie ^  es  schien,  rein  ans  Schwäche, 
ohne  dafs  irgend  ein  Schmerz  oder  eine  andere 
Beschwerde,  auch  selbst  in  den  letzten  Augen« 
blicken,  ihn  geplagt  hätte,  am  löten  Juli,  also 
xwei  Monate  nachdem  er  seine  Arbeit  Terla»- 
sen  hatte  und  in  meine  Behandlung  gekoofr« 
men  war. 

Die,  zehn  Stunden  nach  dem  Tode  nntev« 
nommene,  Section  ergab  folgende  Kesuliate: 

1}  Die  Brusthöklem  Die  Lungen  gesund, 
nur  an  der  Spitze  beider  Lungen  eine  kleine 
Stelle   ganz   toU  Tuberkeln,    und  an  verschie- 

deaen  Stellt n  Adtiäsionen }  die  linke  Lutige  «ja 


^    105    -^ 

ffüteni  Flügel  nach  bioten  9tiih  TheÜ  Sdema« 
tos.  Das  Herz  klein ,  aber  geaaod.  An  dea 
Seminularklappen  der  Aorta  einige  nicht  be* 
deutende  Yerknöcherungen,  die  sich  im  Leben 
darch  keine  Erscheinung  su  erkennen  gegeben 
hatten«  In  den  Höhlen  einige  leicht  angewach« 
•ene  Poljpen,  und  im  Herzbeutel  etwa  2  Drach<» 
Bien  Wasser. 

2)  Bauchhöhle.  Das  grofse  Netz  sehr  aasge-, 
dehnt^  etwas  verdickt  und  ganz  yoll  Ton  Tuber-^ 
kein  and  dick  angeschwollenen  blauen  YeneUf 
deren  Dicke  gegen  die  grofte  Curvatur  des  Ma« 
gens  am  beträchtlichsten  war»  Der  Magen  er^ 
schien  sehr  klein  und  zusammengezogen  auf  ein 
Drittel  der  gewöhnlichen  Gröfse.  Er  enthielt 
•ine  kleine  Quantität  einer  schwärzlich  braunen 
Flüssigkeit^  welche  Farbe  ein  Theil  der  In- 
nern Magenwand  gleichfalls  hatte.  Als  der  ei« 
gentlich  kranke  Theil  zeigte  sich  aber,  wie  ich 
•rwartet  hatte,  die  Cardla,  welche  sehr  Ter* 
härtet  und  verdickt  war,  wie  auch  eine  kurze 
Strecke  von  da  abwärts  in  den  Magen  herein, 
besonders  auf  der  hintern  Blageuwandi  nicht 
aber  aufwärts  zum  Oesophagus,  der  sogleich 
darüber  ein  ganz  gesundes  nicht  entzündetes  Aus- 
sehen zeigte.  Es  war  der  sogenannte  Orbicu« 
larkrebs  ohne  Tuberkeln  und  ohne  eigentliches 
Geschwür,  der  verdickte  Theil  war  sowohl  äu* 
berlich  als  auch  innerlich  beim  Durchschnitt 
gröfstentheils  ganz  weifs,  an  einigen  Stellen 
ziemlich  über  einen  halben  Zoll  dick,  und  im 
Innern  überall  eine  weifse  durchscheinendeg  ziem- 
lich weiche,  zeliige  oder  vielmehr  drüsige  Sub- 
stanz enthaltend.  Diese  drüsige  Substanz  von 
i  bis  2  Linien  Dicke,  vom  übrigen  ganz  ver- 
schieden und  scharf  abgeschnitten,  scheint  der 
llauptsitB  und  di#  bauptiäcbUchsts  oiiganisdi« 


-*    106    <-* 

VerSodernng'  der  Krankheit  g^wpsan  Ea  fteyni 
obgleich  mich  die  Häute  darain,  etwas  rerdi^kt 
.waren.     Sie   gliih  ubgefähr  eioeia  sehr,  grofs* 
inaschigen  Zellgewebe,  deren  Zellen  xait'eiDfir 
halbdurchftichtigea ,     kalb    gallertartigen,     halb 
schleimigen   Lymphe   gefüllt  sind,    war  jedoch 
wesentlich  .  Terscbieden  aow;ohl  Ton  den  faseri* 
geo  Strahlen,  als  auch  der  gallertartigen  Masse 
anderer  Krebiarteo.     Sie  schien  nach  sorgfalti- 
ger Untersuchung  in  der  Muskelhaut  ihren.  Sks^ 
oder  vielmehr  diese  verdrängt  und  sich  an  ihre 
Stelle  gesetzt  zu  haben.     Auch  im  übrigen  Ma« 
gen    war    die    Muskelhaut  besonders  Terdickf^ 
Aehnlich  beschreibt  Sommtring  einen  driisigteii 
Hing  y  der  die  Pi'Ortnerklappe  unmittelbar  anter 
der  Perilonealhaut  umgeben  habe.     Es  werdeo 
bekanntlich   von  andern  Schiiftstellern  die  Ter- 
achiedensten   Degenerationen   dieser  Tbeile  be« 
schrieben,   und  ich    selbst    hatte  bei  mehreren 
solchen  Sektionen  nie  dieiseo  weichen  drüsigea 
Rirsg  gesehen.     Der  dickste  Theil  war  nicht  ao 
der  Cardia  seihst,    sondern   etwas  mehr  gegea 
den  Magen  herab,  an  der  Cardia  selbst  war  ein« 
nicht  grofse   graue  Stelle ,   welche  geschwSrig; 
ansgefressen  schien.     Sogleich  darüber  der  Oe^«, 
sophngus   gesund.      Abwärts   gegen   den  Alagen 
und    auch    nach    hinten    zum   nahen    Zwergt'i^U 
zeigten  sich  lebhafte^  aber  mehr  hellrothe  Strei«- 
ien ,  von  einem  andern  Roth  als  gewöhnlich'  das 
der  EulzÜDdung.     An  der  hintern  Wand  waren 
die  Blutgefäfse  sehr  entwickelt. 

Die  Leber  war  klein  aber  gesund^  die  Gal- 
lenblase bildete  einen  doppelten  9  aber  oben  sa* 
sainmenhäogenden  Sack,  wie  ein  sogenannter 
Zwerg^ack  (Quersack),  und  war  strotzend  toII 
dunkelgrüner  Galle.  Milz  und  Miereu  gesond« 
Das  rancrsas  gleichfalls^  Too  geiuodem  Aus» 


-r    107    - 

teben ,  aber  Tiele  Acioi  bei  gans  Dormalei^F^vbe 
ungewöhnlich  harf.    Das  Uebrige  ge^and,    Hera^ 
Leber,  Milz  und  Pancreas  waren  etwas  kleine|r    ^ 
aU  gewöhnlich.     Ob  wohl  Folge  der  Abir^age- 
rung?    —    Die  Hirnhöhle   wurde. nicht  Uüler-   , 
sucht« 

Der  Kranke  hatte  Die  braniM  Flnssigkeit 
easgebrochen ,  eondern  nur  helle  speichelähn- 
liche und  das  Genossene.  Die  Annahtiie,  dafs 
bei  Orbicularkrebs  immer  jene  chokoladebraunea 
Massen  kommen ,  ist  daher  nicht  überall  rieh* 
tig.  Der  Ton  mir  iin  Maiheft  dieses  Journals 
erzählte  Fall,  war  Krebs  am  Pylorns,  der  ge^ 
genwärtige  an  der  Cardia.  Der  Sitz  scheint 
also  auf  diese  Schmerzlosigkelt  keinen  Einflufs 
sa  haben. 

Es  wird  iibrigens  wohl  Niemand  erinnerq 
wollen  9  dafs  der  gegenwärtige  Fall  nicht  für  die 
mögliche  Schmerzlosigkeit  des  Krebses  spreche, 
weil  die  Sektion  blofs  eine  Verdickung  und  De^ 
generation  der  Häute  ohne  eigentliche  Verschwä« 
rung  zeigte.  Wer  schon  mehrere  Sektioneq 
an  Krebs  Verstorbener  gemacht  baty^weifs, 
dafs  diese  blofse  Verdickung  der  Klappe  eine 
^er  schlimmsten  Krebsarten  ist,  und  weit  hau-* 
liger  ohne  als  mit  Versch wärung  tödfet,  auch 
dann  tödtet,  wenn  sie  durchaus  noch  nicht  we« 
gen  Enge  des  liagms  den  Durchgang  der  Spei* 
sen  bindert,  — da  auch  in  dem  angeführten  Fall 
der  Kranke  noch  wenige  Tage  vor  seinem  Toda 
^iel  Speisen  ohne  alles  Hindernife  essen  konntq* 
Es  ist  ferner  bekannt,  dafs  diese  blofse  Dege« 
neration  ohne  Versch wärung  oft  mit  den  aller« 
heftij^sten  Erscheinungen  vorkommt,  wie  ich  z» 
B.  vor  zwei  Jahren  die  Sektion  einer  alten  Frau  -a 
SU  machen  Gelfegenbeil  batte«  wo.  iU#  organu»        J 


^    108    — 

seile  YerKoAeroDg  tina  weit  weniger  bedeutende 
war,  als  in  dem  Torliegendcfta  Falle,  wo  aber 
dennoch  laoge  Zeit  fort  and  bis  sum  Tode  dai 
beitigsle  Erbrechen  und  die  nngeheueiilea 
Schmerzen  yorhanden  waren.  —  Auf  welche 
Weise  eigentlich  diese  scheiDbar  sehr  wenig  be- 
deutenden Desorganisationen  wirken  nnd  t5dteB, 
auch  da  todten«  wo  sie  nicht  einmal  häufigjBS 
Erbrechen  oder  Schmerz  herTorrnfeni  ist  achwM 
zu  erklären.  Vielleicht  dadurch ,  dale  sie  durch 
Einwirkung  auf  die  Nerren  nnd  die  Häute  des 
Blagens  und  dessen  Sekretions-  und  Anfsaugnngs- 
apparat,  diesen  onfahig  machen,  die  Speisensa 
irerdaueo  und  den  Nahrangsstoff  aus  ihnen  auf- 
zunehmen, den  der  Körper  zu  seiner  Erhaltasg 
bedarf.  Denn  immer  steigende  Abmagerang  mit 
Entkräftun;;;  war  in  beiden,  in  diesem  Jonmal 
erzählten  Fällen  Torausgegangen ,  und  der  Tod 
war  ein  wahrer  Entkräflungstod  gewesen.  Ich 
glaube  mich  auch  zu  erinnern,  dafs  der  letzte 
dieser  Krankon  klagte,  die  Speisen  gingen  wie 
halb  Terdaut  Ton  ihm.  Die  Sache  würde  dann 
auch  beweisen ,  dafs  der  übrige  Darmkanal  we- 
nigstens bei  einem  schon  an  sich  geschwächten 
Körper  nicht  mit  hinreichendem  Erfolg  für  dea* 
leidenden  Magen  rikarüren  kann* 

Magenkrebs  ist  ein  Uebel,  das  in  unserem 
Thal  und  seinen  Umgebungen  keinesweges  sel- 
ten vorkommt.  Als  Ursache  dürfte  hier  wohl 
in  Betracht  kommen  die  grofse  Menge  eines 
zwar  guten,  jedoch  immer  ziemlich  Tiel  Säure 
enthallenden  Obstmostes ,  der  in  unserer  Ge- 
gend getrunken  wird ,  und  noch  andere  Getränke 
Ton  Obst,  die  bei  den  Aermern  ihn  oft  ersetzen 
iiiü&ten«  Nur  macht  derUmstand^  dafs  auch  Mal- 
lerkrebe  nicht  selten  ist|   ohne 


-^    109    ~ 


herpetisctid  ete«  oder  end^re  djrskrathchd  Ursa« 
eben  glauben,  dafs  doch  noch  ein  anderes  nr« 
sächllcbes  Moment  yorhaoden  seyn  müsse,  wel« 
thes  diese  Neigung  zur  Krebsbilduog  Yeranldfst 
In  Oberschwaben  sind  es  bekanntlich  nicht  ge-* 
rade  saure  Nahrungsmittel,  die  den  dort  so 
bäufigen  Magenkrebs  heryorbfingen.  —  Es  wäre 
interessant  zu  wissen,  ob  in  dem  Lapde,  wo 
Zähne  und  Magen  den  schwerverdaulichen  Pum- 
pernickel rerarbeiten  müssen ,  und  fast  nichts 
anderes,  in  dem  theil weise  armen  Westphalen, 
die  Krankheit  häufig  oder  selten  ist ;  —  eben 
ao,  wie  es  sich  in  den  Ländern  des  Brannt« 
Treins  damit  verhalte.  Mir  ist  nfcht  hekannty 
dab  die  Krankheit  dort  besonders  häufig  sejr. 


—     IIÜ     — 


VI. 

_  _  ■  ■ 

Kurze    Nachrichtea 

nnd 

Auszüge. 


1. 

Idiotynhrasie  gegen  Feuchtigkeit  lei  einer  BMerfamiHe, 

Von 

Dr»  BieJiing  jim., 

zu   Wanderslehefi  hei   Ooihom 


JLfie  Familie  Hcb  Pr«  W.  inZ.  zeichnet  sieb  durch  grofte 
Neigung  zn  starken  Blutnngcn  aas,  so  dafs  sie  den  Blatera 
wohl  zugezählt  werden  kann.    Der  Vater,  etwa  40  Jahr  alt| 
phlegmatischer  Constitution,  leidet  noch  jetzt  an  sehr  er* 
schöpfenden  Blutungen  aus  dem  Mastdarm  und  litt  in  tei^ 
ner  Jugend  an  häuüger  Kpistaxis  und  Hämoptoe»    Kaam 
gelang   es ,  diese  durch  die  wirksamsten  Mittel  der  Konst 
En  unterdrücken ;   einigemal  wurden  sie  erst  nach  langen 
Ohnmächten  gestillt.    Sein  vierjähriger  Sohn  kam  anlangst 
in  Lehensgefahr  durch  Verblutung,  als  ihm  bei  drohender 
Hirnentzündong  sechs  Blutigel   an  den  Proc  mastoid.  ge- 
setzt wurden.     Weder  styptische  Mittel,  noch  äarsereCom* 
pression,  noch  das  Bilden  eines  Brandscborfes  halfen ;  erst 
nachdem  geschabte  Cbarpie  in  die  Wunde  eingedreht  worden 
80  dafs  der  Raum  zwischen  Knochen  und  Haut  in  der 
nächsten  Umgebung  derselben  eo  fest  vie  möglich  nnsge- 


—   111  — 

l&ltt  war,  sttDcl  ^0  ßtatnn^,  kehrt«  aWwMer,  ab  imiii 
am  folgenden  Tage  diese  Vorrichtung  entfernen  wollteV 
Sein  letztgebornes  Kind  Terbhitetp  eich  aller  Mittel  ange^ 
achtet  durch  den  Nabel» 

Von  dieser  Familie  nun  mnfs  als  eine  cbarakteristiscba 
Eigentbümticlikeit  ihre  Idiosynkrasie  gegen  jede  Feuchtigkeit 
sowohl  im  gesunden  Zustande,  als  TorziJgiich  im  kran-> 
ken  hervorgehoben  werden.  Der  Vater  b^kam  yon  nas- 
aen  Fufsbädern,  die  ihm  bei  Blutandrang  nach  dem  Kopfa 
gerathen  wurden,  jedesmal  selir  heftiges  Reifsen  nnd  was- 
aerige  Geschwulst  der  Füfse;  derselbe  is't  nur  bei  trocke* 
nem  Wetter  ganz  wohl  nnd  fürchtet  das  fenchte,  wie  eine- 
unvermeidliche  Krankheitsursache^  empfindet  es  sogar  im. 
Voraus,  als  wäre  sein  Körper  ein  Hygrometer. 

Sein  Sohn,  yon  dem  schon  die  Rede  war,  lieferte  Tor 
korzem  auch  hierzu  einen  merkwürdigen  Beitrag.  Eine 
Spina  yentosa  und  Caries  des  Mittelgelenkes  am  rech- 
ten Zeigefinger  war  bei  dem  Gebrauche  yon  Salben  und 
feuchten  Breiumschlägen  so  bedeutencf  yerschlimmert  wör-^ 
den,  dafs  man  die  Amputation  des  Gliedes  vorschlug.  Ich 
wurde  dazu  gerufen,  um  mein  Gutachten  abzugeben.  Der* 
Finger  war  um  das  Dreifache  aufgetrieben,  rosenartig  ent* 
BÜndet  mit  Brythrem  bedeckt  und  aufserordentlich  em- 
pfindlich. Mehrere  Löcher  führten  in  die  Tiefe»  das  Ge- 
lenk war  unbeweglich  und  gewahrte  wenig  Hoffnung  znr 
Erhaltung.  ImUebrigen  war  das  Kinrl  gesund  und  frei  von 
allen  Zeichen  einer  Cachexie.  Das  Uebel  schien  aus  einer 
auCiern  Ursache  entstanden  und  bei  jener  Idiosynkrasie, 
wahrscheinlich  durch  die  angewendeten  Heilmittel  unter- 
halten, nnd  gesteigert  worden.  Ich  verschob  daher  die 
Amputation,  entfernte  Salben  und  Breiumschläge,  liefs 
den  Finger  blofs  mit  trockener  Charpie  verbinden  und 
verordnete  trockne  Kleienumschläge.  Schon  am  folgenden 
Tage  verminderte  sich  die  rothlaufartige  Kntzündnng,  die 
Anschwellung  und  der  Schmerz  des  Fingers  und  nach  vier  '■ 
Wochen  hatte  sich  das  Glied  ohne  weitere  Anwendung  von 
Arzneimitteln  durch  die  Kraft  der  Natur  so  weit  gebessert, 
dafs  nicht  allein  die  Krhaltnng,  sondern  die  völlige  Brauch- 
barkeit desselben  vorauszusetzen  ist. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  die  erwähnte  Idiosynkrasie  auch 
In  ähnlichen  Fällen  bei  Blutern  ist  beobachtet  worden,  und 
iii  welchem  Zusammenhange  beide  Eigenheiten  des  Orga« 
nlsmas  stehen?  —  Ist  das  Element  der  Flüssigkeit  und 
dto  Praceb  der  VerflieOiODg  in  solobeo  Körpern  ao  Sbef- 


113    ^ 


f» 


wiegend,  dalli  fr  auch  dnrch  i^elditrllgeElBntM  nm  m^ 
Cwn  leicht  geitwgerti  und  dadurch  nm  ao  loebtar  Kraafc- 
beiten  herTorgerufen  werden  können? 

Diese  haben  jedenfalla  beiondere  naber  ni  erlbncheadl 
Eigentbiimlicbkeiten  und  Terlangen  nothwendig  dne  nna 
Kurmethode,  da  manche  Mittel  eben  dellibalb  TecMsbiedea 
aof  diese  wirken  moMen ,  ala  auf  andere  Kranke*  Dieb 
gilt  zunächst  Ton  den  Blutegeln^  wie  enShIt  worden  iit 
Hinsiciitlich  der  Aneneistoife  ergab  lich  mir  ifener, 
dafs  das  Calomel  weniger  gut  Tertrageii  wird,  nnd  adraa 
in  kleiner  Gabe  lehr  heftige  Wirkungen  herrorbringt.  Je» 
Bcr  Pr.  IT.  unterscheidet  durch  ein  allgemeineB  Uebdhe* 
finden  sogleich^  ob  eine  genommene  Arzenei  dieaen  Slof 
enthalt,  und  wird  durch  heftiges  Erbredien  gexwnngeni  daa 
mit  seiner  Natur  unverträgliche  auszustolaen.  BeideraTicT" 
Jährigen  Sohn  desselben  erregte  ein  iriertel  Gran  Calone^ 
der  alle  3  Stunden  gegen  Wurmbesohwarden  gebraaeht 
werden  sollte,  bei  den  zwei  erston  Gaben  jedeamal  hefiigM 
Erbrechen ,  und  nach  der  vierten  Gabe  bUitige  SCoblgiiiga: 
und  Siieichelflufs.  — 

Wie  mag  sich  nun  dieses  Mittel  bei  Gehiraenfsfindaag 
aolcher  Kinder  unter  solchen  Umstanden  Terbaltaa^  weaa 
dieee  zumal  häufiger  und  mit  besonderer  Neignog  -gn-Waar 
aererzeugnng  bei  Blataro  auftreten  sollte  I  9^ 


2. 

IN«  hemfJanäg  ^rankheifMcimMtifntUm  ia  _Wkm» 

(Brieflich*  Mittheiliuigen.) 


W^en  d.  16«  MSns  1837* 

Katarrbalfscb  -  nerrose  Formen  gehörten  im  Laufe  £e-- 
•ea  Winters  zu  den  allgemein  Terbreiteten-Leiden*  Maicffa' 
und  Varicellen  waren  noch  im  November  häufig,  Terliefea 
jedoch  milde.  Hartnäckiger  und  gefahrlicher  waran  dage- 
gen die  vorkommenden  Gesichtsrothläufe,  zu  denen  neh 
nicht  selten  Delirien  gesellten»  Die  sehr  selten  beoba^ 
teten  Pnenmomeen  vertrugen  keine  ati'eng  antiphlogiatiache 
Behandlung,  und  gingen  leicht  in  typhöse  Fieber  Sber, 
Der  Typhui  abdominalia  gehörte  noch  inuner  aa  deo  U»* 


HgBjren  Leiden  p  er  begftnn  oft  mit  einer  tdieiqfyar  gelfai- 
den  Diarrhöe  y  oder  mit  pneamonischen  Affectionen.  Im 
Verlaufe  desselben  entstand  nicht  selten  brandiger  Deco- 
bitas^  da  sich  eine  Neigang  mm  Brande  Oberhaupt  sehr 
itark  anssprach»  -^ 

Im  December  kamen  anffallend  viel  Apoplexien  besofl^* 
ders  bei  Frauen  vor,  Schwangere  abortirten  sehr  häufig« 
Die  Masern  traten  in  den  Hintergrund  ^  dafür  sab  man  oft 
Blattern ,  mitunter  auch  Sdiarlach  von  gutartigem  Vertanfe^ 
Am  gewöhnlichsten  waren  leichte  Formen  TOn  Pneomoniei 
Pleuritis^  rheumatische  Fieber  und  Peritonitis,  besonderi  ^ 
bd  Wöchnerinnen  als  Febris  puerperalis  auftretend,  und 
oft  tödtiich  endigend.  Auch  beobachtete  man  in  diesem 
Monate  viele  Herzleiden« 

Mit  dem  Eintritt  der  Kälte  im  Monat  Januar  kaiAeil 
ftnrmische  Pneumonien  in  die  Behandlnng,  wo  mehrere 
Aderlässe  nothwendig  waren »  die  Krankheit  zur  Entschei- 
dung tn  bringen*  Der  Lippenausschlag  zeigte  sich  oft  M 
gutes  Zeichen*  Zuweilen  war  eino  so  starke  Suppressio 
^riom  vorhanden,  dafs  erst  nach  dem  dten-^'^ten  Ader^ 
lasse  die  Freiheit  der  Circnlation  hergestellt  werden  konnte^ 
Dieser  entzündliche  Charakter  nalim  jedoch  schon  um  dicf 
Mitte  Januar  ab^  und  machte  rheumatischen  Leiden  in  al« 
len  Formen  Platz*  Der  Typhus  abdominalis  kam  seltener 
vor,  während  Puerperalfieber  noch  immer  in  gleicher  Hau- 
figkeit  und  Heftigkeit  beobachtet  wurden. 

Anfiängs  Februar  begannen  die  Grippeformen  sich  zu 
xeigen,  die  meisten  catarrbösen  Afiectionen  waren  von  un- 
gewöhnlicher Mattigkeit,  von  Krämpfen  in  den  Extremitä-^ 
ten  und  anderen  krampfhaften  Zufällen  begleitet;  der  Hor- 
sten selbst  hatte  etwas  spastisches^  und  kam  oft  paroxys^ 
menweise«  In  der  zweiten  Hälfte  dieses  Monates  vi'ar  did^ 
Epidemie  allgemein  und  verschonte  nur  Wenige.  Wer 
»icbt  hustete^  empfand  doch  ungewöhnliche  Mattigkeit^  ei- 
nen Reiz  im  Halse  mit  Schnupfen.  Solche  leise  Voibo- 
ten  dauerten  oft  8  und  mehrere  Tago,  «he  durch  irgend 
•ine  Veranlassung  begijnstigt,  die  Grippe  förmlich  zum 
Ausbruch  kam«  Viele  Menschen  litten  jedoch  hieran^ 
ohne  eigentlich  zu  erkranken.  Offenbar  war  in  der  dies^ 
jibrigen  Epidemie  das  Nervöse  weit  mehr  vorwaltend,  alt* 
io  der  Epidemie  des  Jahres  183S>  man  mufste  selbst  bei 
Steigerung  der  Krankheit  zur  Pneumonie,  wie  mir  selbst 
ein  solcher  Fall  vorkam,  die  Aderlässe  zu  umgehen  suchen^ 
und  örtlichen  Blutentziehungen  den  Vorzog  geben«  Im 
GtBxen  wtr^der  Cbarakler  der  Kniikheit^  sowohl  in  des       j 

Joiirn.LXXXIV.6d.4.St.  H  m 

J 


—    114    — 

Hitnrxrk'n-t  f.U  ^n  ier  Prlrfttprarn  g:B«arii&  «Ma  wich  ei- 
fifi:  ^i«:.  .t-r  Rs'pi.a  nn^  einfachen  diapnoiscben  Mil- 
:*.;:  .  :\ri  '  r!  :«f  »^f  trtftr  PLthtsikern  grofse  Verheernn- 
frvt  M  fi:-: :  ^  *»  t.t.  ^ir^en  surbfn  plüczÜch  an  Luih 
f  1.  i :  ■: .  r:  ;  f M'Tiirr.i  waren  vÜSrend  dieses  Mnaates 
n-  •.-  •::  '.  .'».  f-s.":..  f  f.:«  '"i^r  jongen  Leoten  ongewobn- 
«i.i  :;.:.:  ..-..  5.:-:  £"-.*•:?  Krankheiten  endeten  oft 
n'  r.-  .!      Of-tTvl::  ^   ist  c:e  K^ädemie  stark  im 

;.  !'.:  .fr.  L.:r.  c;*'>eZeic  bei  iine  gewüiin- 
r.'   ^:;..::::*flen   Leiden    klagt  alle 
t  ü : ; ;  I.  -. :  ..  -  c  Aj'peiiilosigkeii.    Acch 
\  :•  . .  .-..j:   :t.:a:::ct.     Gestern  den  I4teB 

IT  :    "•  .  •    :;  .:'    *.r  .15  i-el  uns  seltene  PLanonsea 

1-  »  •  *  «.«  Kt  :?.  «r  «::»  1  niedrere  Tage  vorher, 
i-  •  V  .•.:».•:'  ~  iis  >^£:ier  ;-f  17®  R.  in  der 
s...  f"  '.:  •  f.  y.-'K  :  i.;  ;e  Ar:  .:-.v«iilsi'Jrme.  DasBj- 
■  >:..  ?::  r.  *:  :  5  T&utn  tast  linTerandert  anf 
t^  :  '*•  '••  r'  .*  i  i:.s.  M."^.  —  ScLliefsUch  mui» 
v?  :  .•  :*.  ..  ^."^  f.r;:  :r.  n:c:re:.i  Briefe  t.  5.  Juii  Is^Ö 
»  .-4  ••  .-  :  N.  5  .":.rT.  i.  7:.  Hi;.£.  Bd.  LXXXII, 
s.  :•  N  ....  -■  il  :  .5  .'r  ^f.-.fiker,  ci.s  sich  diesein 
r  .*  .  ..X.- '.v.  ■    .c ;-.':...?  NicLi.:Li  silr  s^^tcr  oIi  anrieh- 


4   *    ! 


*.  .      ...    v 


.»«••  •«      *  • 


v:en  e.  CS.  April  18^7. 

'^f  ^^:::frzr^.  'wfiche  aachteinrf, 

V    •..-.:  :  :..  -  ?:  ..:  s-.l  ^-j  Mirz  eintrat,  schien 

*  ;    .  -  •■      f   V--      :  ^.*r  Nf -*:r.  s:.!i;Len  za  wollen^ 

a        »      •  «.      ..><•.•   ::;:*  .fOtr^cscrie  re:i.iivjnen5  wo 

.*       •*     •     .:**.:-  K:r:iiie  kiTi.   scMep-'te  sieb 

^..-     •*  .•.•:•;    :     ..5   ci  :-.    Hü::r.»:  erregten  diese 

.    .    *    --  .»i.5  ::  !:::'rs:*-htT.xirn  Krsclieincngen 

.      -•    . :     >••.??.   .-;.-  j-  Fr-5ilei.ien  geneigt 

•  •  ....     ,•  ':•;<.-•.:-  5$f.  r'a  !:e.  r.:::.:l*eacl:er.  oft  in 
y'      »  *        .  ,    ,r- .    "k^  :•  i  :*.:   r.'.r  n:r!.rere  solche  Faiie 

"t.  »     *      »     <        *•      ".     *i"    \*^^»".  "•?"•-"»•>     ainrl 

^'  :  ;..*.•   .-^   ^i*:::*   .::o  G::i:e  a:ch  diesmal  alle 

^      '   .'  y-'i.  Vi::.  i.-5  ;:;".  reiargcn  ScLijnimer,  nnd 

*  ^  ..->:--:"::::.::  auf  ItrjiLrie Personen,  So 
»    .  i     :  '    '.  .'  -fr  iv-.srkeT.  einem  hvben  Siebziger, 

t      .  .tf '?.:.. i.-r   r.:  le'..i«:;gen  an,   Ton  deren  Be- 

.    ...    .  •  ;     >s*r  3J  Jahren  .^zrch  Bcugies  hefreit worden« 

%  « '.zä,tt  So»»iihriger  Grt»is  entleert  alle 6  bis 6 Tage 


—    115    — 

jTiaadswelie  B|ot  nxH  dem  Urin  ohn«  lonitige  Beftcbwerdehi 
ein  Zustand,  der  sonst  jahrelange  Pausen  gemacht  hat. 
Sehr  häufig  mahnten  yeraltete  Rheumatismen  and  Gicht- 
beschwerden selbst  Jene,  die  sich  kaum  mehr  erinnern 
konnten^  einst  davon  gequält  worden  zn  seyn;  rassische 
Bäder  erwiesen  sich  in  dergleichen  Fällen,  wo  sonst  keine 
Contraindikationen  vorhanden  waren  ^  sehr  hilfreich. 

Charakteristisch  in  dieser  letzten  Grippe,  welche  seil 
Anfang  April  aufgehört  hat,  epidemisch  zu  herrschen^  ist 
der  nervöse  Charakter.  Viele  meiner  Collegen  bestätigtet! 
die  Bemerkung,  dafs  in  dieser  Epidemie  weit  seltener  die 
Anzeige  zn  Blutegeln  sich  ergab,  als  in  der  vom  Jahre 
183^  dafs  die  Hustenanfälle  oft  typisch  eintraten^  weshalb 
Pulv.  Doweri  in  refracta  dosi  oder  Chinin  mit  Hyoscyam* 
recht  nützlich  waren. 

Obschon  ^die  Grippe  ans  nun  verlassen,  daaerte  dooh 
Im  Laufe   des   ganzen  Monates,   dessen  Witterung  bisher 
ungewöhnlich  kühl,  feucht  und  stürmisch  war,  die  Rich- 
tnng  aller  krankheitericgenden  Einüüsse  gegen  das  Bron- 
chiaisystem    auf  eine  wahrhaft  anfiallende  Weise  fort,   se 
dafs  jede  durch  Verkühlung  entstandene  catarrhöse  Affek- 
tion  in  einen'  mehr  oder  weniger  heftigen  Bronchialhusteft 
-übergeht,  und  bei  Kindern  kommen  aus  demselben  Grunde 
Bräunen  häutig  vor.    Aufserdem  sind  Rheumatismen  an  der 
Tagesordnung,   namentlich   ist   es   Lumbago  und    Ischiai 
rheumatic;i,   welche  man  oft  in  die  Behandlung  bekommt» 
Beine  Entzündungen  gehören  zu  den  grofsen  Seltenheiten, 
dagegen  erliegen  viele  Wöchnerinnen  noch  immer  der  Pe- 
ritonitis  puerperaÜs.     Von  Exanthemen ,   deren  überhaupt 
'wenige   beobachtet  werden,    sind   blofs   einzelne  tödtlicbe 
Fälle    von   Scarlatina   magna  bekannt,   auch  sah  man  im 
ellgemeinen  Krankenhause  den  seltenen  Fall  einer  Soarla- 
tioa  mit   Icterus.     Von    Cholera  wissen   wir  gottloh   gar 
nichts;    der  Typhus   abdominalis  hat  bedeutend  ^';genom- 
inen.    Dagegen  fangt  der  intermittirende  Charakter  an  sidi 
immer    reiner   auszubilden,    und  viele   chronische  Leiden 
nehmen    das   Gepräge  desselben   an.     Ich   behandle  eine 
Cardialgie,   wobei  Schmerz   im  Magen,  vorzüglich   beim 
Druck  auf  denselben ,  Aufstofsen^  belegte  Zunge,  Anorexia 
und  allgemeine  Mattigkeit  vorhanden  sind,  welche  Symptome 
iiber  den  dritten  Tag  merklich  zunehmen^   und  einen  fast 
ganz   freien   zwischen   sich  haben.    An  Chinin  wagte  ich 
anfangs  gar  nicht  zu  denken,    sondern  liei's  Blutegel  und 
Cataplasmata  ad  Epigastrium  anwenden,  Cremor  tartari  c. 
Lepid.  Cancron  mit  Aq»  Rub.  Id«  innerlich  nehmen.    Ich 


f  «rfuhr  ftuf  dieM  Welse ,  bd  itrencar  DiSl ^  drd  Wodm 
lang  mit  geringem  Kr  folg.  Aach  Magüterinm  Biimuthi 
leiiteta  niditt,  ent  Chinin  mit  Hyoicyam.«  das  aeit  eini- 
gen Tagen  gehraiidit  wird^  bewirkt  eine  entachiedenQ  Bea-r 
aerung.  —  Mitgetheilt  wurde  mir  die  Geacbiclite  mm 
merkwürdigen  Kranken ,  welcher  an  allgemeiner  Waaser- 
aucht  littt  und  wo  typiscli,  zd  gewissen  Zeiten  die  6e-» 
schwulst  der  Kxtreinitäte'n  sich  minderte,  dagegen  im  glei- 
dien  Verhältnils  Zulalle  Ton  Hydrooephalua  und  Hydrotbo- 
rax  hervortraten,  aber  nur  periodisch,  -^  In  den  letatea 
Tagen  beobaditete  man  mehrere  reine  Tertianfieber,  dio 
•  achnelt  qnd  glücklich  mit  CLinin  gehoben  wurden. 

Als  eine  sehr  miisUcbe  Compucation  zeigt  aidi  grolso 
Neigung  der  Säfte  besonders  des  Blutes  anr  Verfliisaigang 
und  Auflösung^  daher  kommen  Sputa  crqenta,  lorida« 
crocea  bei  Brustleidenden  ungewöhnlich  häufig  zqm  Vor- 
achein;  ohne  alle  Veranlassung  entsteht  bei  den  yerschie« 
jdensten  Kran klieitsi allen  Haemoptoe,  das  ausgehustete  Blat 
ist  schwarz  wie  bei  Scorbutischen.  Scorbut  tritt  überhaupt 
KU  vielen  chronischen  Krankheiten  hinzu /und  aufiiert  sich 
last  immer  auf  der  Haut  in  Form  von  Flecken ,  von  mehr 
oder  weniger  grofsem  Umfange.  Vorzüglich  nnterliegea 
Kranke  von  atrabiliüser  Constitution  diefier  Art  Haenioptoe, 
die  sich  manchmal  bis  zur  putriden  Lnngenfaule  ateigert» 
daher  mau  auch  bei  solchem' Bluthusten  den  Cortex  mMr 
unter  mit  Gluck  anwendet« 

Natürlich  ist  diese  Zeit  den  Pbthisikern  bSdist  ge- 
fährlich, und  die  grofse  Mortalität  entspringt  vorzugUch 
aus  der  grofsen  Zahl  der  an  Phthi^is  Verstorbenen,  Im 
Allgemeinen  stellt  sich  für  dieses  erste  Quartal  das  Ver- 
bältnii's  der  Mortalität  auf  1  zu  10,  indem  von  10,153  im 
Hospital  Behandelten  ^60  genesen  und  1019  gestorben 
aind.  Noch  mufs  ich  erwähnen,  dafs  der  pulsus  tardua 
bei  KntTiyndungen  jetzt  ungewöhnlich  oft  beobachtet  vrird. 
Mir  ist  im  Laufe  dieses  Monates  eine  heftige  Pleuritia  vor- 
gekommen, wo  der  Puls,  so  wie  Ctisen  eintraten,  an!  40 
berabiiank  und  die  übrige  Zeit  hindurch  so  blieb;  eine 
Bronchitis  bei  einem  zarten  reizbaren  Mädchen  mit  60 
Pulsschlägen,  und  eben  jetzt  behandle  ich  eine  Anfdnala^ 
ryngea^  wo  sich  der  Puls  ebenfalls  nicht  über  60  hebt. 
Die  ersten  zwei  sind  vollkommen  genesen,  im  letzteren 
Falle  erfolgen  dieCrisen  reichlich  durch  Urin  und  Schwöbt 


mm* 


-    117   - 

'  3»  - 

Monatlicher   BericM 

ilher 
den  Gumdheitii^miandy  Gehurten  und  Tode$fiiUevonBer1mi 

Mitgetheilt 

m»  den  Akten  der  Hufeland'' s^hen  med,  chirurg,  GeselUchaft^ 
Mit   der   dazu  gehörigen  Wittertmgi  -  Tabelle^ 

Aprih 
Ceber  die  IVitternng  yerw^is^n  wir  »uf  die  beigefügte  Tafelr 


Wt^ 


• 

£•  worden  geboren;    323  Knaben, 

337  Mädchen; 

660  Kinder, 
Eß  starben;    197  männlichen, 

153  weiblichen  Geschlechts  ^beff 
und  296  Kinder  unter  10  Jahren. 

646  FensoneUf 
Mehr  geboren  14, 
'Im  April  des  vergangenen  Jahres  warden 
geboren;      433  Knaben, 
385  Madchen, 

818  Kinder. 
Es  starben;    155  männlichen, 

140  weiblichen  Geschlechts  ober| 
und  302  Kinder  nnter  10  Jahren, 

597  Personen, 
l^ehr  geboren  221. 

Im  VerhäUnifs  zum  Monat  April  yorigen  Jahi'es,  war- 
den im  April  dieses  Jahres  weniger  geboren  158  ^  und 
■tarben  mehr  49« 

\ 

Der  rheqmatisch  -  catarrhalische  Charakter  der  Krank- 
heiten blieb  aacb  in  diesem  Monate  der  herrschende;  die 
Inspirations- Organe  wurden  besonders  ergriffen,  und  wa- 
ren Kntzundnngen  derselben  nicht  selten.  Die  im  yergan- 
genen  Monate  yorgekominenen  rosenartigen  Ausschläge,  nah- 
men in  diesem  Monate  eine  andere  Form  an ,  indem  sie 
äwischtQ  Hasen  nnd  Rötbein  in  «tthtn  lobienMif  mel^ 


■laii*  obna  alle  nrfaerbewexDngeii  ind  »nimm  BaMh«> 
den  DAcL  wenigon  Tagen  lencbmndn.  Pocim  viii4m 
noch  irninEr  beoNacliIet,  et  itarliaa  dann  5  fefwaen  U- 
tcr  denen  iä»  Krwaduener,  ' 


Sp*ti*lU    Krankh» 

ifm. 

^t^^'!' 

Kind« 

Krankbeiten, 

! 

1 

1 

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An  EnUrnniira  Alt'rt  w-Bfn. 
A.  Si-Jiwil.:I,e  ^-.lU  n.d.  dir  Grbiut 

Vnieili;(  und  luill  BeLaren        '.        ' 
Bp.»  >Mlm.'>..      .        .       .        .       . 

Ain  Kinnbarkrakcmipf.     .       .       . 

fenSS'.    -.   ;   :   : 

An  .'>ltn,[J.r'In  vnd  OrÜfeiiLrimlihi^il. 
An  S.];«1.UH„«,           .... 

Ad.  ^^..»r.)Lu|>t      .      ;     .     . 

An  il-n  l'uEkr-H          ,       ,       ,        . 

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Ab  llnl,MtM-dMglBrSnne).  .        . 

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An  hulz.u.d>u<£>li«G«       ,       .       . 

Ain  «b^^trenden^  .oüJeieL.^denFi'ebe, 
An  der  IfnIai'liwinüaDi^lil.     '    .       , 

An  d.T  lln.j.li..i«enud,U  "      .'       .' 

J;fc;Äli  ;    ;   :   :, 

Am  ll]iitbrwli-n."       ':'.'.'. 
A»S¥U«-imd5ticidlur»,     .       ,. 

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Krankheiten. 

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An  der  BliuioebL      .        . 

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Ab  ers'u,  FMnn  im  IIi>l«r1>ibe   . 

aS  <ifl.ol.cl.™  Frtr«n  d«  B™.«. 

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aS  M^ltprlueli«,*       '.       '.       '-       ' 

Jim  Br.nd            

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An  BucErmnnrJctdarrp.        .         .        ■ 

ÄSSSa™^-  ;  .■ 

Dortl.  SelHrfflotd       ,       .,    . .       . 

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Du.di  U>icliicJuf.lU                  ■       - 

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Die  BiJilioihik  der  firnkl.  BeShmAe,  April  1837  eotftifflt 
Tf,  Stoket,   iJitr  die   Heiiatig   der   innirm  KranÜeUtHt 


<t««f>cfi  ficwteilrt  V 


■   lit 


I  Dr.  Fr.  Behrettd, 


J,  KOchlin,  von  den  Vfirhingeii  der  geliraucMichaa  Me- 
iaile,  rfcni  Knpfersnlmink  mid  ander«  Kupferpräparaten. 

Bettkmdlge  MengeUngen  door  3:  F.  Kern. 

J,  O »hörne  on  drapiiet  u/ith  eupprcued ptnpiraHon imi 
toagiiJaMe  un'ne. 

Jtf.  A.  Uttna,  de  Innica  humorit  aijnei» 

Aindentische    Schriften    der    Untvertität  sm 


JB.  Gtitl.  i 


rlifi. 


»neberg,  de Meuryamate aortae tAoraeieott 


Mit  dieteln  Stuck  ynri  Kugtgehtn :  fiibliothek  Att 
I*.  ä.  Octbr.,  Noybr.,  Decbr,,  enthallend:  Wistenseltafl-. 
Jicke  Ütbertiä4  der  geiammten  ntedicinitch'ihintrgitdem 
lAlmiHw  da  Jakret  ia^.    EtnnddariaugBHit«:  tU9 


—    120     — 

Schriften,    und  das  Wesentlidio  mich'dea  fmddediUR 
Fächern  in  folgender  Ordnung: 

/.  Heilhimle  im  Änffenieinen» 

IL  Die  einzelnen  Fächer  der  MeOkmidt» 

1)  Anatomie» 

2)  Zoochemie* 

3)  Phißsioloffie.  "^ 

4)  Diaetetih  und  roTkiorsnetktmde.     *' 

5)  Paiholoffie» 

6)  Semiotik  und  Din^nostßl, 

7)  Alhfemeine  Therapie, 
8   Specielle  Therapie. 

9)  Arzneimittellehre^  Phamuicologit ^  Förmuian  mti 

Toancoloyie. 

10)  Chu^truie,  Augenheilkunde  und  OehMnratMelün» 

11)  GebwtsJuilfe,  Frauenzimmer-  «•  KinderkraMelien^ 

12)  Gerichtliche  Arzneikunde, 

13)  Jlfecltsinüc/^  PoZiset^    AMfjsimil- OnimM!^  mhI 

Krieysarzneikunde» 
Verzetchnifs  der  /Schriften  vom  Jalhre  1^35  ^  mtf  wMii 

sich  die  in  vorstehender   vnasensdutßlicher  ~~  ~ 

befindlichen  Zahlen  beziehen. 
Recensirte  utid  angezeigte  Bücher  iM  7iiten  Bandtg 
Namenregister  desselben. 
Sachregister  desselben» 


Anzeige 
nn  die  Herren  Mitarbeiter  des  Joumali  md  der  BibJioikdu 


Sämmtliche  Honorare  für  die  Beitnige  des  letzt- 
Terflossenen  Jahres  sind  in  dieser  Ostennesse  dnrck  die 
Reimer'' sehe  BucLhandLung  berichtigt.  Sollte  einer  .der, 
geehrten  Herren  Mitarbeiter  sein  Honorar  nicht  erhalten 
haben >  so  ersuche  ich  ihn  ergebenste,  solches  yor  Ende 
dieses  Jahres  mir  anzuzeigen ,  da  spätere  Reklamationen* 
niolit  angenommen  werden*  Stillschweigen  wird  9h  Qait-^ 
tong  angenommen.  '  . 

tJebrigens   ernedere  ich  dringend  die  Bittet  mir  alle' 
Beiträge  mit  Bnchhändlergelegenheif,    oder  mit  der  fah- 
renden Post  portofrei  zuzusenden. 

Diejenigen   geehrten  Herrn  Mitarbeiter »  welche  das 
Honorar  gleich  nach  dem  Abdruck  ihrer  Abhandlungen  sä ' 
erhalten  wiinschenj  werden  gebeten    es  geÜIUgst  der  Re« 
daotion  anzofeeigen»  «  O. 


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C.  W.  Hufeland's 


Jo  nr  n  a 1 


der 


Fetischen   Heilkunde, 


Fottgesetzt 


TOD 


Dr.  E.  Osann, 


» tirofessör  der  Medicin  an  derUiuvenitainn^der  med« 
\»  Academie  far  das  Militair  zu  Berlin  y  Director  des 
Instituts,  Ritter  des  rothen  Adler- Ordens  dritter 
imd  Mitglied  mehrerer  gelehrten  GeseUsehaften* 


■.■*» 


OrtMy  Freimd,  ist  alle  Theorie, 
Doch  grwi  des  Lehens  goldner  Baum, 

Göihe. 


V.  Stück.    Mai. 


Berlin. 

Gednickt  und  verlegt  bei  G.  Reimer. 


I. 

Der  LebensproceiGs 

des 

Pf ort  adersystems 

in  Beziehang' 

äaf  die  sogeDaoDteD  Stockangen  des  Blute 

im  Uoterleibe. 

» 

Vom 

Professor  Dr.  C.  H.  Schultz« 


CYorgetragen  d.  20.  Janaar  1837  in  der  Hnfelanclc.ined«  dli 
rurg«  Gesellschaft  za  Berlin.) 


lu«  H.  Im  Torigen  Jahre  hatte  ich  die  Ehret 
Ihnen  meine  chemischen  und  qualitativen  Uo» 
tersuchungen  über  das  Pfortaderblut  Torzutra- 
gen.  Auf  diese  und  meine  weiteren  in  der  Ton 
der  Konigl.  Akademie  der  Wissenschaften  za 
Paris  mit  dem  grofsen  Preise  beehrten  Schrift 
über  Circulation  enthaltenen  Untersnchungen 
über  die  lebendigen  Bestandtheile  des  Blntes  ge- 
stutzt^ will  ich  nun  versuchen  die  Lebensthätig- 
keiten  des  Pfortaderblutes  näher  zu  betrachten. 
Die  Resultate   dieser   Untersachungen  häogeD 

A2 


innior  niif.  ineineD  Deuen  Bcobachtangen  ubei  I  itn 
die  Bluthläscben  zasommeu,  indem  sie  es  tot- I  ^'rjr 
zü^llch  sind^  dereo  eigenthiimliche  VerhälloiM  1  Rdt 
in  dem  Lehensprocefs  des  Pfortadersystems vilm 
wirken,  und  ich  inufs  mir  daher,  bevor  ich  a  1  («r  i 
dem  besotideren  Ziel  übergehe ,  einige  oüi- 1  teeo 
ternde  Anmerkungen  zu  der  Lehre  Tonfaliifir 
Blutbläscben  überhaupt  erlauben,  Torzügliclmi  1  sei'yü 
mich  \or  Mifsverstandnissen  zu  bewahreOi M 1  {til o 
denen  man  falsche  Folgerungen  gegen  dm*  1  äfac 
Ansichten  ziehen  könnte.     Dies  scheint nirtf    kh\ 

icBia 

^: 

dieser 


SO  nothwendiger,  als  noch  ganz  nenerlicb* 
berühmter  Arzt  und  Naturforscher,  CaniSt^ 
Gelegenheil  einer  sonst  sehr  anerkenoendeiv 
cension  meiner  Schrift  in  den  Jahrbücben* 
wissensrhafl liehe  Kritik,  für  welche  ick 4> 
Herrn  Vf.  nur  aufrichtig  danken  kann,  auMp 
eben  zu  dürfen  geglaubt  hat,  dafs  incinsL» 
Ton  den  Blutbläschen  so  leicht  zu  ividditli 
sey^  dafs  ich  sie  selbst  aufgeben  wurde.  ^ 
Aeufserung  eines  von  mir  selbst  so  hod>  P* 
achteten  Forschers  könnte  ohne  Prüfaig  ^ 
zu  weiteren  irrigen  Ansichten  führen,  i^ 
ich  ohne  Schwierigkeil  werde  rorbeugcD  l^l  W« 
nen,  indem  ich  darauf  aufmerksam  inacbe,ttl  ■>«( 
sie  auf  oü'enbaren  Mifsverständnissen  bembl,B'|  e(k 
dem  man  meinen  Untersuchungen  eibe  p> 
unrichtige  Deutung  gegeben  und  mir  AnacMll  ^ 
untergelegt  hat,  die  ich  nie  gehabt  habe,  w|  ^ 
welche  freilich  unrichtig  oder  vielmehr  noiDitl  > 

Slich  seyn  würden.  Diese  mir  untergelegte A^* 
^  sieht  ist  die^  dafs  die  Blutbläschen  gewöhobii 
Luftbläscheu  seyen,  wie  die  Seifenblasen,  1> 
Bierschaum  und  ähnliche  durch  mechaniscVi 
Mengen  der  Luft  mit  Flüssigkeiten  gebiUkk 
Blasen.  Zu  dieser  irrigen  Vorstellang  hatoSei' 
bar  blufs  die  Benennung  Biutbläschen  gefuW 


denn  ron  Seifenblasen  und  anderen  Scbaum- 
blasen  habe  ich  freilich  die  Blutbläschen  immer 
recht  gut  unterscheiden  können,  und  es  i^are 
eine  Kleinigkeit  gewesen^  die  Unterschiede  bei- 
der in  meiner  Schrift  ausführlich  anzugeben, 
vrenn  ich  hätte  vermuthen  können ,  dafs  der 
Ausdruck  Blutbläscheu  zu  so  fremdartigen  Vor- 
slelJungen  ^ürde  führen  können.  Vielmehr 
geht  au»  der  ganzen,  so  yieUeitigen  and  man- 
nichfacben  von  mir  gegebenen  Betrachtung 
der  Blutbläschen  hinreichend  hervor,  dafa  ich 
die  Blutbläschen  als  zusammengesetzte  Organe 
des  Bluts  betrachte  und  nicht  als  einfache 
Schaumblasen,  nach  ivelcher  Ansicht  ja  das 
ganze  Blut  ein  mechanisch  gebildeter  Schaum 
seyn  müfste.  Ich  habe  die  Blutbläschen  als 
Bläschen  mit  eigenthümlicher  Organisation  dar- 
gestellt und  die  allmählige  Ausbildung  und  Ent- 
"Wickelung  dieses  organischen  Baues  durch  so 
vielfältige  und  ganz  neue  Beobachtungen  er- 
wiesen, dafs  man  schon  in  dieser  Entwicke«« 
lungsgeschichte  den  Unterschied  von  Schaum- 
blasen  (die  auf  ganz  andere  Art  entstehen)  wird 
finden  können.  Nirgends  habe  ich  die  Blut- 
bläschen mit  den  rein  mechanisch  gebildeten 
Schaumbläschen  verwechselt ,  oder  auch  nur 
verglichen.  Ich  habe  die  Blutbläschen  ResfU 
rationsorgane  des  Bluts  genannt^  in  dem  wei- 
teren Sinne  nämlich ,  dafs  die  Respiration  eio 
höherer  Assimilitationsprocefs  ist,  wodurch  sieb 
vollendetes  Blut  aus  dem  Chylus  bildet,  und 
zwar  durch  Mitwirkung  der' von  den  Blutbläs- 
chen absorbirten  Luft,  wodurch  ihre  Kerne  all- 
mählig  in  Plasma  aufgelöst  und  metamorpho- 
sirt  werden,  wie  ich  in  dem  Kapitel  über  Bil- 
düng  des  Plasma  gezeigt  habe.  Ich  hätte  sie 
ebenfalis^  ia.eineia  andern  Skiia  Blutbildaogs* 


-     0     - 

Organe  nenneii  lönDen,  weO  der  Bciplratk» 
procefs  der  Blatbläschen  Torzäglich  daiFlatM 
bildet y  \?ie  ich  dargethan  habe.  Und  M 
eioe  80  ausführliche  Darstellung  aller  üeff 
Verhältnisse  sollte  ich  glauben,  miifste  dieV» 
Stellung,  dafs  ich  die  Blutbläseben  für  incdi* 
nisch  gebildete  Scbaumblasen  hätte  ans^ 
\v ollen,  unmöglich  seyn ,  indem  es  sehr  wiU 
eigenthümlich  organisirte  Blasen  geben  kn^ 
die  Luft  enthalten ,  ohne  dafs  sie  deshalb  id 
Seifenblasen  und  Bierscbaum  zu  idestilä* 
Trären. 


Nun  aber  sind  allerdings  die  BlotblÜKlB 
v^irklicbe  organisirte  Blasen^  wie  ich  gegeo« 
bisherigen  Ansichten,  nach  welchen  es  feste  i> 
ErnähruDg  dienende  Körper,  sogenannte Bliwj 
gelchen  seyn  sollten,  bewiesen  habe.  ^^ 
keine  feste  Kugeln,  sondern  hohle  BlaseD,  «(^ 
che  durch  den  Respiration sprocefs  (mag  er  *>  ^^ 
durch  Lungen,  Kiemen  oder  Haut  ausfe»  I  uii. 
werden)  die  Luft  absorbiren,  in  ihrem  h"**  , 
aufbewahren  und  zur  Verarbeitung  und  ä*'  I  •'^^i 
morphose  ihrer  Kerne  verwenden,  undcj^p^*! 
Hüllen  alternirend  mit  dem  üebertritt  dei  W  I  H 
in    das  peripherische  System  der  Luogeo  "f  I  Wer 


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wieder  in  das  peripherische  System  dei  ^^ 
pers  eben  so  verändert  werden  ^  als  die  K^  I  .  • 
duen  des  Respirationsprocesses  von  ihnen  «^  I  ^. 
genommen,  oder  diese  ausgeschieden  uodfiiii'  I  k« 
Luft  von  ihnen  absorbirt  wird.  Alles  ****  I  "^^ 
ist  durch  so  bestimmte  und  ausfuhrlicbe  lo^  1  ^ 
suchungen  in  meiner  Schrift  über  das  Cvv^  | 
tionssystem  dargelegt,  dafs  ich  die  HoiM 
habe ;  eine  nähere  Bekanntschaft  mit  aUeDU** 
zelnheiten  der  Untersuchung,  werde  irrll»^  |  | 
liehe  Auffassungen  später  von  selbst  retb^^ 


I 


Wo,  wie  darch  die  UntenachnDgen  über  die 
Blutbläschen,  eine  so  durchgreifende  Verände- 
rung aller  früheren  Vorstellungen  über  diesel- 
ben Theile  (die  sogenannten  Bluikügelchen)  ge- 
boten wird,  ist  es  fast  nicht  zu  erwarten,  dals 
in  der  neuen  Darstellung  bis  ins  Einzelnste  sor 
gleich  Alles  richtig  aufgefabt  werde,  um  so 
mehr,  als  eine  ganze  Reihe  neuer  Einsichten 
über  die  wahre  lebendige  Bedeutung  der  Ter* 
schiedenen  organischen  Theile  des  Bluts,  über 
den  lebendigen  Zweck  und  die  yerschiedenea 
LebensYerhältnisse  des  Plasma  und  der  Bliit« 
bläschen  sich  eröffnet,  woran  man  bisher  nicht 
einmal  hatte  denken  können«  Indessen  hängen 
die  Terschiedenen  einzelnen  Erscheinungen  so 
organisch* innig  zusammen,  dafs,  sobald  man 
sich  über  die  alten  Vorurtheile  Ton  den  Blut* 

• 

kügelchen  wird  fortgesetzt  haben,  man  auch 
diese  Einzelnheiteo  richtig  würdigen  wird ,  wäh* 
rend  die  Erkenntnifs  der  LebensYerhältnisse  der 
Blutbläschen  auch  eine  durchgreifende  bisher 
ungeahnte  Beziehung  auf  die  pathologischen  Ver- 
änderungen zum  Bedurfnifs  machen  wird.  Ob 
die  Luft  in  den  Bluibläschen  beständig  in  un- 
Terändert  luftförmigem  Zustande,  oder  ganz 
oder  theilweise  gebunden  enthalten  ist,  ist  eine 
andere  Frage,  die  in  Bezug  auf  die  allgemeine 
Bedeutung  der  Bläschen  ziemlich  gleichgültig 
ist,  denn  die  blasenartige  organische  Struktur 
bleibt  in  beiden  Fällen  immer  dieselbe;  doch 
ist  bei  den  nnendlich  feinen  Uebergängen  zwi« 
sehen  gasförmiger  und  flüssig  tropfbarer  Form 
eine  Veränderung  leicht  möglich,  und  diese 
wird  sogar  durch  die  Wechselwirkung  der  Lufl 
mit  den  zu  metamorphosirenden  inneren  Thei- 
len  der  Bläschen  noth wendig,  so  dafs  die  we- 
sentliche Natur  der  Bläschen  eich  dadorch  gar 


—      8     — 

nicht  ändert  ^  itit»  die  von  ibnen  im  Re^in- 
lionsprocefs  absorbirte  Luit,  Yfenn  aacb  m 
allmäblig,  ganz  oder  iheilweise  gebunden  «irl 
Aber  das  allgeineine  Gesetz  steht  fest:  Jk 
Blutbläschen  sind  die  wahren  Respiralionm' 
gane^  denn  sie  allein  sind  diejeni^m  M; 
welche  beim  Athemholen  mit  der  Luft  wirsÄ- 
ielbar  in  Wechselwirlcung  treten^  ditFemif 
rung  der  Blutfarbe  bei  der  Respiration  grffal- 
lein  von  ihnen  aus  j  nur  sie  absurbiren  du  14t 
und  alle  weiteren  TFirlcungen  der  Respir(^ 
sind  erst  durch  die  Bläschen  vermitteheid 
Iceine  unmittelbaren ;  daher  auch  die  Entwkb 
luDg  der  Bläschen  mit  der  Entwickeluo^^ 
KespiratioDSorgnoe  im  Embryo  erst  befiut, 
Störungen  der  llespiration  immer  zuoäcbitTff* 
änderungen  iu  den  Bläschen  erzeugen  o.  }•  v* 

Dieses  yon  mir  auf  das  EotschiedensUtf* 
Wicsene  Factum  wäre  allein  hioreicheDdi  « 
ihnen  von  mir  gegebene  Bedeutung  lu  ftäif 
fertigen ,  wie  mancherlei  (auch  von  mir  ao^ 
deutete)  Modifikationen  derselben  auch  io  iki 
Terscbiedenen  Thierklassen  vorkommeo  müft^ 

Die  eigenthiimlichen  durch  die  besooloo 
Lebensverhältnisse  bedingten  VerhältDiitt  v 
Blutbläschen  im  Pfortaderblut  sind  ei  nun,  Hv* 
che  uns  auch  hier  eine  nähere  Einsicht  in  v 
Zustände  dieses  wichtigen  Systems  gestatten 
Im  Pfortadersystem  findet  ein  KiickbildtBp' 
procefs  der  Blutbläschen ,  wie  in  dem  Ly0{^ 
drüsen System  (wozu  auch  Thymus,  SchilddrÄ 
Dlilz  gehören)  ihr  Bildungsprocefs  Statt.  ^^ 
die  liüUenbildung  der  Blutbläschen  imLyin|^ 
drüsensystem  beginnt  und  auf  der  ersten  (Kein*^ 
Stufe    der   Entwickelung   sich    £eigt,   wogeftt 

die  KerubilduDg    hier  noch  im  Vebergewic^ 


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erseheint;   so   finden    wir  umgekebrl  im  Pforf- 
adersystem  die    Hiillenbildung  der  Bläschen  im 
anderen  Extrem  überwiegend  und  auf  der  höch- 
sten Stufe,  wogegen  die  Kernbildung  bis  zum 
Verschwinden    absorbirt   ist.     Da   die  Blutbläs- 
chen   nur    so   lange   fähig  sind ,    mit  Hülfe  der 
absorbirten  oder  respirirleo  Luft  plasmabildend 
zu  wirken,  als  sie  die  Kernsubstanz  entha(leD| 
so  haben  sie  in  diesem  Zustande   das  Ziel  ih- 
res  Lebenskreises  durchlaufen ,  sie  sind  für  fe- 
ilen Zweck   yerbraucht  und    enthalten   in  ihrer 
Hüllensubstanz  nur  die  Residuen  ihres  Lebens- 
processes  (in  Form  verkohlten  Farbstoffes)  und 
zwar  in  einem  solchen  Uebergewicht,  dafs  ihrö 
Lebepsthätigkeit   darin    erstickt^    die   Fähigkeit 
Sauerstoffgas  respmrend  zu  absorbiren  abnimmt» 
und  sie  auf  dem  Uebergange^  AuswurfsstolF  zu 
werden^    nur    noch   dazu    dienen    können,    ein 
Produkt    von    überwiegend   chemischer  Katur, 
die  Galle  abzuscheiden.     Die  Blulbläschen  ent- 
stehen  mit  überwiegender    Kernsubstanz;    sie 
werden  mit  überwiegender  Hüllensubstanz  auf« 
gelöst«     Die    verbrauchten   mit    überwiegender 
Hüllensubstanz    yersehenen    Bläschen   sammeln 
sich  in  vorwaltender  Menge  im  Pfortadersystem 
an,  durch  ihre  gröfsere  specifische  Schwere,  wo* 
durch    sie    bei    der   langsamen    Bewegung   des 
Pfortaderbluts  in  der  klappenlosen  Pfortader  sich 
theilweise  aus  dem  Plasma  absetzen ,  das  mehr 
die  leichteren   mit    Uebergewicht  der  Kernsub« 
stanz  versehenen  Bläschen  weiterführt.     Dieses 
Verhältnifs  scheint  das  Mittel  zu  seyn,  wodurch 
die    Natur  in    der   Pfortader    den    überwiegend 
venösen  Zustand  des  Bluts  hervorbringt,  indem 
sie  aus  der  allgemeinen  Blntmasse  die  verbrauch« 
ten  Bläschen  an  einer  bestimmten Stelleabsoiw 
dert.    Die  liigeothömlicbkeit  des  Pforladersf^ 


—     10     — 

Sterns  erhält  nar  ihre  AuflLlämog  durch  ffie 
keDotniPs  der  BläschenDatur  und  die  damit 
sammeohh'Dgende  wahre  Bedeatoog  der  1 
bläschen  überhaupt,  und  nach  den  älteres  1 
Stellungen  über  die  sogeoanDten  BlatJ^ageli 
bat  man  nicht  die  entfernteste  Idee  tob 
sen  TielseitigeD  inneren  Lebensferhältoi 
haben  können«  Alle  jene  ErscbeinuDgeD  I 
pfen  sich  allein  an  die  Wahrheit,  dab  die 
genannten  Blutkügelcheo  keine  Kügelcbeo, 
dern  Luft  absorbirende  und  Laft  epthalb 
Bläschen  von  so  zusammengesetzter  Orga 
tion  sind ,  als  ich  sie  in  meinem  Sjstem 
Cirkulation  durch  Beschreibungen  uod  il 
düngen  aller  ihrer  Verhältnisse  erläutert  I 
und  ich  bcibe  nicht  umhin  gekonnt,  aofi 
Katur  und  Bedeutung  der  Blascbeo  im  A 
meinen  zurückzukommen,  weil  ihr  besoflJ 
Verhall nifs  im  Pfortadersystem  eine  blofM 
tamorpbose  ihrer  allgemeinen  Orgaoisaii 
Verhältnisse  überhaupt  ist,  und  weil  diel 
des  Pfortadersystems  nicht  zu  begreifen  isi 
lange  die  Beschaffenheit  der  Blutbläschen  i 
erkannt  ist.  Weit  gefehlt  also,  dafi  ei« 
scheinbare  Widersprüche  die  Bläscbenoatai 
den  Luftgehalt  der  Blut  bläschen  widerlegen 
ten ,  kömmt  es  nur  darauf  an^  ihre  Bedei 
nicht  durch  falsche  Analogieen  der  Blutbli 
und  der  Schaumbläschen  mifszuversteben 
sich  -dann  ergiebt,  dafs  gerade  in  der  Erl 
nifs  der  Bläschennatur  der  Schlüssel  znis 
Ständnifs  eines  Beichthums  von  Erscbeio 
liegt,  über  die  man  nach  der  Blutkügel 
Theorie  nur  verworrene  Vorstellungen 
konnte. 

Ehe  ich   nun  zur  Betrachtung  der 
deren  Lebensverhältnisse  das  Pforladeia; 


—   11   — 

übergehe ,  ivill  ich   mir   nur  noch  die  Bemer-« 
kung  erlauben  y   dafs  dieses  System  nicht  abso^ 
iuty  sondern  nur  relativ  Ton  dem  übrigen  Ve-' 
nensystem  abgeschlossen  ist^  und  dafs  die  cha- 
rakteristischen   Eigenheiten    des   Pfortaderbluts, 
im   Ganzen   betrachtet    nur  relative  auf  einem 
Terschiedenen ,    oft    blofs   quantitativen ,    Yer* 
hältnifs  der  Theile  beruhende  Unterschiede  dar- 
bieten,  die  im  Kleinen  und  an  den  einzelnen 
Bläschen  betrachtet,  oft  unscheinbar  sind,  aber 
in  der  ganzeii  Masse,  und  auf  die  Dauer  Sber* 
^iegend    hervortreten.     In   verschiedenen   Le- 
bensverhältnissen,  besonders  aber  in  den  ver- 
ftchieflenen  Digestionszuständen ,  kann  daher  das 
Pfortaderblut  von   dem   Extrem   seiner  Eigen- 
thümlichkeit    oft    zurücktreten    und  sich   dem 
Blute  des  übrigen  Körpers  ziemlich  gleich  ver- 
ballen.    Aber   auch  umgekehrt  kann  unter  be- 
günstigenden Umständen  die  Pfortaderblutquali- 
tät  so  überwiegend  werden ,  dafs  sich  dieHül- 
lensubstaozbildung   der   Bläschen  am   Ende  im 
'   übrigen  Venenblute  zu  verbreiten  anfängt,  in- 
dem nicht  alle  verbrauchten  Bläschen  im  Pfort- 
adersystem   abgelagert    werden   können,   oder 
die  darin   abgelagerten   verbrauchten   nicht  auf 
dem  regelmäfsigen  Wege  durch  die  Leber  aus- 
geschiedep    werden  j    was    denn   Veranlassung 
dazu   werden  kann,   dafs   auch  andere  Organe 
leberartig  fungiren  y  wie  z.  B.  in  den  verschie- 
denen Arten    der   Gelbsucht   diefs   der   Fall  zu 
seyn  scheint.     Wir  gehen  nun  zur  näheren  Be- 
trachtung  über,   wie   wir  im  System  der  Cir- 
kulation  die  Sache  aufgefafst  haben. 

Die  Blutbawegung  im  Ffortadersystem  bat, 
sowohl  in  ihren  Erscheinungen^  als  in  ihren 
Ursachen  I  Aebnlichkeit  mit  der  Cirkalatioo  iu 


—     12     — 


der 

iß 
H 


h 

kl 


ganzen  ▼en(5sen  Sysfem ,  da,  wo  es 
ist,  wie  hei  den  Krebsen  und  vielen  Mollask«, 
indem  die  Wurzeln  der  Venen  des  Sjsleil 
der  Digeslionsorgane  sich  in  einem  Slanw 
sammeln,  der  ohne  Herz  das  Blut  wieder  durd 
Zweige  in  das  peripherische  Gefäfsiysten  iff 
Leber  verbreitet.  Man  mufs  das  PforladeBf- 
slem  als  eine  Wiederholung  des  ganieo ^w* 
Systems  im  System  der  Digestionsorgaoe  !!»• 
Len,  wie  sich  auch  das  Nervensystem  als  fT» 
pathischer  Nerv  in  den  Organen  dei  vegetti- 
ven  Lebens  wiederholt.  Doch  ist  das  rfcil' 
adersyslem  von  dem  übrigen  Venensystemni» 
so  vollkommen  abgeschlossen  als  das  gesanw 
centrale  venöse  vom  arteriellen  System.  «^  I  », 
sc/ieHiat  zuerst  auf  gröfsereVerbinduDgsaitei*'  I  ilj 

sehen    der   Vena  mesaraica   minor  s.  ba^***  1  tf 
rhoidalis  interna,  einer  Wurzel  der  PforiaderiJ»  I  ^ 
den  unteren  Theilen  des  Dickdarmes,  und«  I  (• 
unteren    Hohlvene    aufmerksam  gemacht,  ^t  \( 
Schlemm  hat  besonders  am  After  zwischen  !«•  1  ci 
sen    beiden    Venen    Verbindungen   beobad»  I  » 
JSach  lletziits  aber  haben  die  Venen  des  g*  |  i 
zen  queren    und   linken  Theils  des  Dickdanaji 
welche  Wurzeln  der  Pforlader   bilden,  mil* 
unteren  Hohlvene  Gemeinschaft,     Dochschö* 
heim    Blenschen   nur    die   Venen   des  hiot«* 
Theils  des  Dickdarms   die  Verbindung  mit  v 
Hohlvene  herzustellen,  Verbindungen,  dicdsß» 
die  überwiegende  Menge  der  Venengeflechte* 
Unterlcibe   bei    den  Cetaceen    noch  stärket  9* 
scheinen,   daher  denn  diese  Thiere  im  gasitt 
Venensystem  pforladerarlig- schwarzes  Blal* 
haben  scheinen.     Bei  den  Amphibien  aber  gA 
auch   das   Blut   der   hinteren  Extremitäten  de 
Bauehuiuskeln,   der  Harnblase ,   zum  Theil« 
did  Pfortader.     Hier  dauert  der  fötttttut>" 


—     13     — 

der  Sa'ugthiere  nnd  der  Menschen  dorch  das 
ganze  Leben  und  die  Nabelrene  bleibt  als  Zweig 
der  Pfortader  hier  offen,  wie  Jacobson  zuerst 
beobachtete  (de  ^ysteinate  yenoso  peculiari«  Hafn« 
1827).  Die  NabelTene  nimmt  .hier  nach  Tour^ 
son  die  Venen  der  zugleich;  Wasser  athmenden 
Harnbiese  (gleichsai^i  einer  lebenslänglichen  AI- 
lantoide)  so  wie  die  Zweige  der  Ton  der  Bauch» 
haut  entspringenden  Vena  epigastrica  auf  (Tracts 
and  obseryations  in  natural  history  p«  65)^  was 
nach  Carus  sinniger  und  richtiger  Bemerkung 
daixiit  zusammen  hängt,  dafs  die  Amphibien  ohne 
Placenta  und  Nabelstrang  sich  entwickeln,  wes- 
halb die  Hautfläche  ursprüngliche  Athemhäut 
ist,  und  auch  von  ihr  und  von  der  Harnblase 
als  einer  inneren  Aliantoide  die  Nabeivenen 
entspring-en  (Zootoraie  2.  698).  Bojanus  (anat* 
testudinis  Tab.  25.)  un'd  Carus  haben  auch  bei 
den  Schildkrölen  die  Nabeivenen  als  Vena  epi- 
gastrica offen  gefunden,  um  das  Blut  der  Bauch- 
decken und  des  ganzen  Hinterleibes  zur  Pfort- 
ader zu  führen.  Bei  Fischen  hat  Raihke  ge- 
zeigt, dafs  aufser  den  Venen  des  Darmkanals 
und  der  Milz  auch  die  Venen  der  Schwimm- 
blase und  der  Genitalien  zur  Pfortader  gehen» 

Diese  Verhältnisse  scheinen  deshalb  wich«* 
tigf  weil  beim  Menschen,  wo  die  Resorptioa 
im  unteren  Theil  des  Dickdarms  fast  yersch  win- 
det, nur  die  Venen  yon  hier  zur  Hohlyene 
gehen,  dagegen  bei  Amphibien,  wo  eine  starke 
auf  die  Ernährung  Bezug  habende  venöse  Haut- 
resorplion  Statt  findet,  auch  die  Venen  der  Haut 
in  die  Pfortader  übergehen.  Das  Blut  der  Pfort- 
ader kann  nämlich  ohne  Nachtheil  yiel  fremd- 
artigere Stoffe,  sey  es  durch  Resorption  oder 
durch  onmittelb^iff  Siosprltzoog  anfiiebmeii,  i^^" 


—     14     — 


Die  Eigenlhümlichkeilen  des  PforlaaerbW. 
VT  eiche  "wir  nach  eigenen  üntersuchungeo  (y 
63  —  75  des  Syst.  der  Cirk.)  dargestellt  hi^ 
scheinen  mit  der  Natur  der  Bewegung  des  Blw 
in  diesem  System  und  dessen  besonderin  Zvfcd^ 
innig  zusammenzuhängen.  Das  Pfortadw»»* 
enthält  yerhältnifsmäfsig   weniger   oifflsÜ^ 


h 


das  Blut  der  übrigen  Venen,  weil  diese Sioffe 
beim   Durchgang  durch    das   peripheriscbe  Sy- 
stem   der   Leber   noch  Terarbeitet  und  dadorch 
unwirksam  gemacht  werden  können,  mhmi 
sie  im  aligemeinen  Venensystem  leicht  heft^ 
Reaktionen  veranlassen«     H ach  Magendie(tnA 
elein.  de  pbysiol,  ed.  4.  p.  245)  enlitehl  ■**■•. 
Rin.ipritzung   von    Galle,    Oel  u.  dergl.  nik  1 1** 
Cruralveue    leicht    der   Tod    durch  Erslickop«;  j  "* 
Dagegen  können  ohne  merklichen  NachlheildK*  |  ^ 
selben  Quantitäten   solcher  FliissigkeiteD  io  b 
Pfortader    gespritzt    werden.     Hiermit  wbeal  1  *' 
zusammenzuhängen,    dafs   gewisse  narkoliscbl  ■ 
Arzneien,  wie  Opium  und  Taback,  TieUcliwi' 
chere   Reaktionen  hervorbringen,   ^eoniieo 
den  Magen ^  als  wenn  sie  in  den  Mastdarin^ 
bracht    werden«     Die    Venen    des   älastdinBi 
nämlich  fuhren  die  fremdartigen  Stoffe,  wekke 
sie    resorbiren ,    direkt  in   das   allgeiqeiDe  ?*■ 
nensystem,  ohne  dafs  sie  zuvor  verarbeitet wfr 
den  könnten  y  und  sie  üben  hier  ihre  fremdirtip 
Einwirkung   im    ganzen    Umfange  aas,  D>s^ 
gen  werden  die  aus  dem  Magen  und  dem  nb* 
gen  Theil  des  Darmkanals   durch  die  Worwi 
der  Pfortader  resorbirten  Stoffe,  durch  die  Pfoij* 
ader  erst  in  die  Leber  geführt,   io  deren  pen* 
pheriscbem  Gefäfssystem  sie  ihre  nachlheilig« 
Wirkungen   vor   dem   Uebergang  in  die  Ho«' 
venen  zum  Theil  zu  verlieren  scheioeo. 


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(;. 

ab 
Hl 


—      iö      — 

Plasma^  als  das  Arterien-  oDd  VeneDblat,  da- 
her  eine  geringere  Menge  nacb  der  uotoU- 
kommenen  Gerinnung  gebildeter  Fibrine;  aber 
in  allen  seinen  Bestandtheilen  eine  yiel  gröfsere 
Menge  eines  eigenthiimljchen  brannen  Fetts  und 
eine  überwiegende  Menge  Ton  Farbstoff  in  den 
Bläschenhiillen  und  yerhältnifsmafsig  weniger 
Eiweifs  Ton  ebenfalls  eigenthii|plichc;r  QnalitäU 
Das  ganze  Blut  ist  wäfsriger  und  gerinnt  we* 
gen  der  unTollkommenen  Bildung  des  Plasma 
nur  unvollständig  und  im  böberen  Grade  gar 
nicht.  Es  ist  Ton  Interesse ,  den  Ursprung  die- 
ser Eigenthiimlichkeiten  des  Pfortaderbluts,  ferner 
ihren  Zweck  und  den  EinfluFs,  den  sie  anfdie 
Bewegung  desselben  bat,  näher  zu  betrachteo/ 

Die  Entstehung  seiner  Eigenthiimlichkeiten 
hat  das  Pforladerblut  offenbar  seiner  Quelle  in 
dem  Darmkanal  und  den  lymphatischen  Drü- 
sen der  Lympbgefafse  desselben ,  so  wie  in  der 
Milz  zu  verdanken.  Die  Orgdnisirung  und  Be- 
lebung des  im  Darmkanal  bereiteten  und  des 
aus  dem  Blute  wieder  in  die  Milz  abgelagerten 
Milchsaftes,  erfordert  vorzüglich  die  Mitwir- 
kung des  Plasma  im  Blute,  nach  dessen  Ver- 
brauch also  eine  verbältnifsmäfsig  gröfsere  Menge 
von  Blutbläschen  im  Blute  zurückbleibt  i  unter 
denen  sich  vorzüglich  diejenigen,  deren  Kerno 
durch  Metamorphose  im  Plasma  nach  der  eben 
(§.  31.  des  Syst  der  Cirk.)  dargestellten.  Weise 
absorbirt  und  die  dadurch  in  leere  mit  Faser- 
stoff imprägnirte  Hüllen  umgewandelt  worden 
aind^  im  Pfortaderblut  anzusammeln  scheinen, 
um  das  Uebergewicht  an  Farbstoff  zu  erzeU'* 
gen.  Der  gröfsere  Fettgehalt  könnte  durch  Re- 
sorption entweder  aus  dem  Chylns  des  Darm- 
kanals, oder  aus  den  MUcbgefSliien  «neug^ 


—    1(>    — 

den,  Joch  wiirs  die  schwarze  verkohlte Be- 
8chaj[len!)eit  dieses  Fettes  und  seine  VerbioiuD^ 
mit  dem  Cruor  und  dem  Plasma  (aostatt  im 
Chylus  und  dem  übrigen  Blut  das  hier  weifü 
Fell  mehr  dem  Eiweifs  angehört)  auchmitdu 
Sletamorphüsen  des  Farbstoiis  in  den  Blaten- 
,  hüllen  und  der  Bildung  des  Plasna  aui  deo 
Cenlraltheilen  der  Bläschen  Zusammenhang 
eben  weil  das  rei ne  Fett  des  Chylus  nicht  schwan 
und  fest^  sondern  durchsichtijj^  und  flSsaigcf* 
scheint« 

Der  Zweck  dieser  Eigeothiimlichkelten  J« 
Pfortaderbluts  bezieht  sich ,  nach  näbereo  Co* 
tersuchunf^en^  oflenbar  auf  die  GalleDabsoo«* 
rung,  durch  welche  der  grofsere  Fettgehalt«' 
der  Farbstofrjiehalt  der  Bläschen  ausdeinPfw** 
aderblut  enti'ernt  wird,  weil  beide  sonst  milv 
das  Venen  -  und  Arterienblut  übergeführt  om 
darin  in  eben  so  grofser  Menge  und  ähnlichtf 
Qualität  gefunden  werden  müssen.  Die  le- 
«tandlbeile  der  Galle:  der  bittere,  kobleoitrf* 
fige  Gallenstoff  und  das  Gallenfett  und  die Oi 
säure  werden  also  wahrscheinlich  aus  jw* 
Stoffen  im  Pforladerblut  durch  leichte  3Iett' 
morphosen  gebildet.  Die  Art,  wie  der  Färb* 
Stoff  aus  den  Bläschen  hierbei  in  die  Sekrt* 
lionskanäle  der  Leber  übergeführt  wird,  scbe»| 
zum  Theil  durch  die  mehr  wäfsrige  Bescba»* 
fenheit  des  Plasma  des  Pfortaderbluts  bedir^ 
welche  es  möglich  macht,  dafs  ein  Theil» 
Farbstoffs  sich  im  Plasma  chemisch  auW 
wie  man  denn  wirklich  das  Plasma  und  W 
Serum  des  Pfortaderbluts  gewöhnlich  TontJl^ 
misch  aufgelöstem  Farbstoff  mehr  oder  weoi?« 
gerölhet  ündet.  Auf  diese  Weise  kann  soWoW  I 
der  Farbstoff',  als  da»  mit  ihm  verbundene  t«" 


—     17      -  • 

leicht  durch  die  WaDdangen  der  peripherischetr 
Gefafse  der  Leber  in  die  GalleDgänge  driogep^ 
und  bei  diesem  Uebergange  in  die  Gallenbesland« 
theile  metamorphosirt  T?erden. . 

Der  Eioflufi,  den   jene  E]genthiiml!chkel<if 
ten  des  Pfortaderbluts  auf  seine  Bewegung  ha-  . 
ben  I  ist  leicht  zu  erachten.     Das   Pfortaderblat 
bewegt   sich    auch  inv  gesunden' Zustande  Viel 
langsamer,  als  das  Blut  in  den' übrigen  Venbo/ 
und   hat  daher  schoi\  eine  natürliche  Disposir' 
tion  SU  Stockungen,     Wir  haben  gesehen,  daf« 
€8  vorzüglich    der  organisirte' Theil  des  Bluta^ 
das  Plasma,  ist,  durch  dessen  lebendige  Wech«. 
Seiwirkung  mit  den  Gefäfsen  die  peripherische 
Blutbewegung  bestimmt  wird.     Die  bewegende 
Kraft  des   Bluts  wird  also  zunehmen ,  je  gro-' 
fser  der  Gehalt  desselben  an  Plasma,  «ie  wird 
abnehmen,   je    geringer   der  Gehalt  an  Plasma 
ist     Da    nun   das    Pfortaderblut   nur  einen  ge- 
ringen Plasmagehalt  hat^    so  wird  seine  bewe- 
gende Kraft    auch   vermindert    seyn ,    weil  die| 
lebendige  Anziehung  des  Plasma  gegen  die  Ge- 
fäfswände  verringert   ist,   so  dafs   also  die  re*    - 
pellirende  ßewegung,  mit  welcher  das  Blut  ia 
die  Wurzeln  der  Pfortader  aus  dem  peripheri- 
schen System  getrieben  wird,  schwacher  als  in 
den   übrigen    Venen    seyn    mufs.     Spallanzani 
fand   die   Bewegung  in    den    Gekrosvenen   des 
Fisches  Tiel  langsamer,  als  in  den  Kopfvenen^' 
und  noch  langsamer  die  Bewegung  in  den  Milz- 
venen. (1.   c.  179.  209).    Aehnlich  auch  TFede* 
meyer  {MeckePs  Archiv    1828.   S.   349).     Ich 
selbst  finde^  dafs  sich  in  den  Venen  der  Schwimm- 
haut   das  Blut   doppelt  so  schnell  bewegt ,  als 
im  Gekröse  des  Frosches.    Es  hat  mir  bei  ver- 
glsicheodeo  ExperimeDteD   an.,  eben  getodteton 
Jeani.L]LXXly.B.5.S<.  B 


I 


—      lÖ      — 

SXngethierCQ  auch  geBcbieoen,  3ah  d!»  Sp»- 
Dang,  mit  welcher  da»  von  den  "Worzelo  wh 
äriogende  Blut  nach  Uoterbindung  de»  l'l'ort- 
ad  erst  am  nies  unler  der  Lebsr  diese  Trne  tw 
dehol,  viel  geringer  ist,  als  bei  Ualerbinilii»; 
der  Venen  der  Exlremilälen  und  selbst  deiiv 
piIarTcoe;  deon  die  so  durch  Blat  sngespMiU 
pfortader  ergiefst  beim  Anstechen  Dicht  in  ^ 
Ben  so  Marken  Slrom  das  Blut»  als  die  iil>n' 
gen  Venen ,  obgleich  man  eich  son»!  I«idu 
iiberzeugt,  d»h  die  lepellirende  Kraft  da  pf 
riphenacben  Systems  in  die  l'foitademuncit 
aonst  in  ähnlicher  Wei«e  noch  lange  nach  dro 
Tode  vrie  bei  den  übrigen  Veneo  Statt  fiad« 
Indessen  ist  die  repellitende  V\'irkung  dn  (e- 
ripberiscbeo  Systems  in  dia  V^'urxela  iet 
Pfortader  nur  die  eine  Hälfte  der  li«n(^ 
den  Kraft,  welche  die  ganze  Blutsaule  fK(- 
Ireibt}  die  andere  Hälfte  ist  die  aun^ 
rende  Wirkung  der  Blutsäule  aas  den  Zmi- 
gen  der  Pfortader  durch  da»  peiipherische  Sj- 
»tem  der  Leber.  Obgleich  nna  in  dicieui  dii 
bewegende  Kraft  des  Pfortaderblotplasina  auU 
,  grüfser  ist,  als  in  den  Worselo,  so  kömmt  docb 
hier  noch  eine  verstärkende  "Wirkaog  auf  S» 
Bewegung  durch  die  Absonderung  der  GsUi 
hinzu.  Wir  haben  nämlich  im  System  dtr 
Circulalion  dargestellt,  dafs  durch  die  tbeüirsiM 
Entleerung  der  peripherischen  Cef<ifse  beim  Bi)- 
dungsprocefi  überhaupt  die  Anziehung  des  BluU 
ans  den  zuführenden  GefäfsEneigen  eebr  rt> 
mehrt  wird,  indem  dag  nachströmendo  Dluldn 
durch  Absonderung  verlorenen  Theil  sojKletrfcU 
,  ersetzen  strebt.  Diese  Wirkung  mufs  ddo  k 
der  Leber  in  einem  sehr  boh'eii  Grade  Stsii  So- 
den,  weil  die  Menge  der  Galle^  vfclcha  hiir 
aus  dem  Blute  abgesuaderl  wird,  sehr  sntt  it>t 


—    tu    — 

(de  eliment.  concoct  pag,  107.)  and  mitbitt  di# 
Menge  der  Flüssigkeit,  welche  sich  zu'  diesem 
Zweck  aus  denoi  Blute  entfernt ,  dazu  beiträgt^ 
die  anziehende  Wirkung  des  peripherischen  Sy« 
stems  -der  Leber  aus  den  Zweigen  der  Pfort-« 
ader  sehr  zu  yerslärken,  so  dafs  hierdurch. g^ 
wissermaf^en  die  verminderte  bewegende  Kraft 
Ton  den  Wurzeln  aus  wieder  ersetzt  wird« 

m 

p 

Durch  eine  Steigerung  der  Gallenabsonde« 
rung  in  derPeriode  erhöhter  Digestion  mufs  aUo 
die  Bewegung  des  Pfortaderbluts  auf  ähiiliche 
Art  rermehrt  werden ,  wie  die  Bewegung  ia 
der  arteriellen  Vene  beim  Einathmen»  Umge^ 
kehrt  mufs  eine  Hemmung  in  der  Gallensekre«» 
tion  die  Bewegung  des  Pfortaderbluts  auch,  auf« 
halten,  welche  Hemmung  natürlich  direct  von 
den  Zweigen  auf  die  Wurzeln  sich  fortpflanzt; 
Es  sind  also  zwei  Ursachen ,  die  besonders  bei 
krankhaften  Zuständen  der  Digestionsorgane  auf 
die  Hemmung  der  Pfortaderblutbewegung,  wel« 
che  unter  dem  Namen  der  Stockungen  des  Bluts 
Ton  den  Aerzten  immer  richtig  Torausgesetzt^ 
wenn  auch  nicht  erklärt  wordeq  ist,  einwirkea 
können:  die  Störungen  der  Gallenabsondernni; 
und  die  Steigerung  des  schon  im  gesundea. 
Zustande  Torbandenen  Mangels  an  Plastizität 
im  Pfortaderblute,  deren  Ursachen  wir  anderswo 
(de  alimentorum  concoctione  exp.  nora  p.  93  -— 
95,)  auseinandergesetzt  haben.  Je  langsamer 
nun  die  Bewegung  des  Bluts  in  der  Pfortader 
wird,  desto  mehr  wird  die  Schwere  des  Blut» 
selbst  das  Aufs^igen  hindern  oder  erschweren, 
und  wie  wir  an  oben  angeführtem  Orte  darge*^ 
stellt  haben,  kann  beim  Menschen  eine  wage- 
rechte Lage  des  Körpers,  wodurch  diese  Wir« 
kung  der  Schwere  des  Bluts  groIstentbeiU  «nC- 

fi  2 


\ 


^-    21     — 


f    * 


Jh    vfirA   ein    theilvv^ises  Senken  der  BlatcbeA 
und  eine  Ansammlung  derselben  in  den  uhte-** 
ren  Wurzeln  des  Pforladersystems  unvermeidlich - 
»eyn.     Indem  nun  die  Anhäufung  von  Btutbläs-'- 
clien   in    den  unteren  Theilen  nothwendig  eine* 
iiirem  Volumen  entsprechende  Menge  Yon  Plasma 
au%    der  Stelle    drängt,    so    wird   dadurch   die, 
Schwere  der  zu  bewegenden  Masse  in  demsel- 
ben Verhähnifs  vermehrt,   wie  die  bewegende ]j 
Kraft   des  Bluls  vermindert  wird,   und  dieser. 
Zustand  scheint   e$  eigentlich  zn  seyn,   der  die 
Krankhaften    Stockungen    des-  Bluts  im  Unter-, 
leibe  in   den   höheren   Graden  bedingt,    durch 
welche  die  Hämorrhoiden  erzeugt  werden«   Das 
Blut  senkt  sich  am  Ende  beinahe  mit  dem  gan- 
zen Gewicht  seiner*  Schwere  in  den  Wurzeln 
der  Venen,   dehnt  diese  allmählig  aus,  nimmt 
durch   die   Stockung   selbst  einen  immer  mehr 
venösen   Charakter   an,   und   erzeugt  entweder 
passife  Blutungen    oder  varicöse  Anschwellung 
^en.     Vielleicht  hängen    die   Varicet   an   den 
Venen   der  unteren   Extremitäten  ebenfalls  mit 
einem  Senken  der  Bläschen  bei  sehr  langsamer 
Bewegung  des  Bluts  zusammen.    Da  aber  hier 
die  Klappen  in  den  Venen  vorhanden  sind,  so 
werden   die   Bläschen  verhindert,    sich  bis  in 
die  Wurzeln  nach  unten   zu  senken,   sondern 
sammeln  sich  in  den  Taschen  der  Klappen  an, 
und   bewirken   hier  die   stellenweisen  passiren 
Ausdehnungen.    Hätte  die   Pfortader.  Klappen, 
so  würde  in  ihr  wahrscheinlich  Aehnlichet  ge- 
schehen ,  und  dadurch ,  indem  das  Blut  in  den 
Zweigen    mitten    zwischen    den    Eingeweiden 
stockte    und    seine    Venosität  verinebrte,    ge- 
wifs  heftigere  Zufälle  (Hämatemesis   u.  s.  w.) 
erregen ,    als    dio    Hämorrhoiden«      Bei  Thie* 
ren  finden  wegen   der  hoxisooialen  Lage  4tC 


—^     23     — 

meisten  erforderlicli  ist,  aajf  diesB  Weise  der 
Leber  entzogen  wird.  Wie  nan  solche  per- 
verse Gallenabsonderung  wieder  auf  den  Dige» 
siioDsprocefs  und  den  Zustand  des  Bluts  im  pe« 
ripherischen  System  des  Unterleibes  durch  die 
perverse  Blutbildung  überhaupt  zuriickwirkt,  ist 
leicht  einzusehen,  und  so  zu  erklären,  wie  die 
Veränderungen  der  Blutbewegung  im  Pfortader- 
system gewissermafsen  das  Steuerruder  sind, 
wodurch  das  ganze  übrige  GirkulationssysteBi 
mehr  oder  weniger  regiert  wird. 


—    -25     -•  .   ■' 

Pflicht  nachzukommen^  so  lehrt  doch  die  t8g« 
liehe  Erfahr&ng,  dafs  so  sehr  oft,  iind  selbst 
TOD  altern  Praktikern,  dieselbe  gans  aus  den 
Augen  verloren  ^ird,  und  dafs  eine  nach  allen 
Richtungen  hin  sich  erstreckende  Sparsamkeit 
Tiel  mehr  im  Munde  führe,  als  die  Meisten 
dhnen.  Es  kann  nicht  immer  nämlich  darauf 
ankommen ,  die  möglichst  wohlfeilen  Mittel  za 
verordnen  9  denn  dies  ist  unter  Umständen  oft 
gar  keine  Ersparung,  während  in  vielen  andere 
diese  Regel  unausführbar  ist^  nein,  die  lYahl 
der  Form  und  die  Berücksichtigung  einer  gro- 
ben Menge  anderer  Dinge ,  von  denen  unten 
weiter  die  Rede  seyn  wird,  und  von  denen 
viele  Aerzte  oft  gar  keine  Ahnung  haben,  sind 
wichtiger  und  erspriefslicher  als  alles  Andere. 

Will  aber  ein  Arzt  mit  Ernst  dahinstreben^ 
soviel   an  ihm  ist,  der  Commune  überflüssige  * 
Kosten  zu  ersparen,  so  mufs  er  auf  zwei  We» 

fen,  auf  einem  direkten,  und  einem  indirekten| 
emüht  ^ey^^  S9to  Z>iel  zu  erreichen« 

Von  der  indirekten  Ersparung. 

Wie  es  die  Pflicht  eines  jeden  Arztes  er» 
heischt,  der  mit  Erfolg  wirken  will 9  sich  zu- 
vor mit  der  Lebensweise,  den  Au fsen verhält^ 
nissen,  dem  Naturell  etc.>  seiner  Kranken  be« 
kannt  zu  machen,  ehe  er  handelnd  eingreift, 
ebenso  ist  es  die  Pflicht  jedes  Armenarztes, 
£ich  eine  allgemeine  Kenntnifs  der  Lebensweise, 
des  Naturells  der  niedern  Yolksklasse,  für  die 
er  wirken  soll,  au  erwerben.  Diese  Kenntnifs, 
auf  bestimmte,  überall  sich  wiederholende,  all- 
gemeine Wabrheiten  basirend,  ist  um  so  noth- 
wendiger  und  ersprielslicher,  als  daraus  für  die ' 

Behaodlupg  ebenfaiU  gewum  aUsciUiino.  Müh 


—     27     — 

und  die  Ihrigen  zu  eroähreti,  einfach  wie  bis- 
her, spielt  nicht  der  leidige  BranDtwein  ,  was 
leider  so  häufig  jetzt  der  Fall  ist,  eine  Haupt«, 
rolle,  bleibt  ihre  Kost  ond  schwere  anstreo"* 
gende  Arbeit  ihr  Loos. 

Diese  Lebensweise,  wie  sie  wenigstens  dem 
gröfseren  Theile  unserer  Armen  zukommt,  liefert 
aber  dem  Arzte  Kranke,  die  denselben  noch 
am  lebhaftesten  an  die  Zeiten  ^ines  Hippokrates 
erinnern,  sie  stellt  ihm  Naturmenschen,  bei  de« 
nen  die  vis  medicatrix  naturae  ihre  Wunder  im 
Tollsten  Glänze  vor  ihm  entfaltet,  die  Tausende 
dieser  Menschen  von  den  allerschwersten  Krank- 
heiten ohne  alle  ärztliche  Hülfe»  ohne  alle  Me- 
dicin,  ja  bei  dem  Gebrauche  der  widersinnig- 
sten Hausmittel  genesen  läfst,  die  dem  beschei- 
denen denkenden  Arzte  so  oft  seine  Ohnmacht^ 
dem  yerwegenen  und  unerfahrenen  seinen  straf- 
baren Uebermqth  mit  grellen  Farben  zeigt. 
Hier  findet  der  Arzt,  was  er  an  dem  Kranken- 
bette des  Vornehmen  so  Tergebens  sucht,  was 
er  so  oft  sehneod  wünscht,  wahre  Grisen,  hier 
lernt  er  die  einfachen,  ungetrübten  Bilder  der 
Krankheiten  kennen,  hier  lernt  er  den  sichern 
geregelten  Verlauf  acuter  Krankheiten,  hier  end- 
lich kann  er  prüfen  und  erfahren,  was  seio 
ärztliches  Handeln  Fruchtbringendes  oder  Schäd- 
liches und  Störendes  hat.  Und  diese  Beobach- 
tungen, diese  Erfahrungen,  die  sich  ihm  täglich 
heinah  aufdrängen,  welchen  Einflufs  werden  sie 
auf  sein  ärztliches  Handeln  äuf«ern,  welche 
Früchte  werden  sie  der  Commune  bringen? 
Keine  anderen,  als  dafs  der  Arzt  die  geheim- 
nifsrolle  Allmächtige  durch  eine  weise  Metho« 
dus  exspectativa  ehrt,  daft  er  mehr  den  Beob- 
achter spielen  lernt,  und  der  Gütigen  nicbl 
ohne  Gcund  entgegen  faritt^  Wäbneod^  Hülfe  «ifr 


sctinlTen.  GeJei 
(iegltiii  der  yn'jrsera  HJenge" 
zio  nebiiien,  dafs  er  nicht  \ 
und  BQgsIlichea  I^ankca  äei 
KU  thmi  liat,  die  unlec  alierhi 
diese  Medicin  Trerweigcrii, 
nicht  thua  und  efüulden  kopfnf 
die  Kraakheilen  meist  einfach, 
Coiiiplicatiofieii  TOrhanden  sind 
dürnos  ganz  einlach,  dnTi  Arm 
lan  Kraukheilen  lyenigere  unA 
Hlediciii  *(>□  ^(!Illen  liabenS 
recht,  ja  freTVlIinn  gegen  dH 
IValur  bandelii  würde,  wollt« 
ein  überscliüllen.  So  wird 'M 
dafs  bei  EnlzünduDgen  auTsat^ 
und  ganz  einfncbeD  küblenden4l 
vrie  bei  acuten  Exanthemen  mä 
laute  f-nr  nichts  zu  thnn  ühiffi 
surgfallige  Ueubacbtang  des  ra 
beit.  UbeuEo  wird  der  ArpMJ| 
biiodlung  von  Krämpren  acl^l 
itugesetzleu  Antisp)isi| 

IN'och  Tiel  angenratllfterT 
dem  Armenärzte  die  Wifkunge 
^  häufig  werden,  noch  glücklicbl 
i  in  seinem  Wirken  selb«! 
1  den  Wohnungen  der  Are 
'  li^es  Hindernifs  ihrer  Genesi 
'  volkreichen  Städten  bietet 
Uüden  gewöhnlich  die  meisten 
Kriiiiive  der  Art  diir;  Aufenl 
Miäse,  DuiiiiTCi^keit,  Zug,  Ki« 
liaum  \Vorle  tut  Sthüdemu 
In  »eEiinden  Tn^^ea  dieueo  diesi 
»um  StbUl^tuiacU  als  tum.  W 


—     29      ^ 

sind  deftbalb  in   der  Ttegel  weniger  schb'Jlicb, 
«Is   es   unter  andere   Umständen   seyn  inüfste« 
Sind  aber  Kranke  genotbigt,  in  ihnen  zu  yer« 
weilen^  so  üben  sie  ihre   feindseligen  Wirkun« 
gen    aach   um  so  nachdrücklicher  aus,   und  so 
kömmt  es  denn^    dafs   so  yiele  Wechselfieberi 
Ausscblagskrankheiten  ^  Scropheln^  Rheumatis^ 
muSi   Gicht   und  viele   Andere  Krankheiten  so 
lange  unbesiegbar  bleiben ,  als  die  Kranken  in 
solchen  Wohnungen  verbleiben.     Findet  der  Ar^t 
solche    Lokalitäten,  so    würde   er   ganz  gegen 
das  Interesse  der  Commune  handeln^  wollteer 
sich  bestreben^  hier  durch  Medicin  nützlich  zu  * 
werden.     Erst   dringe   er   auf  Verlassen  dieser 
schlechten  Lokalitäten^  ehe  er  an  die  Kur  soU- 
eher  meist  chronischen  Leiden  geht,  oder  sorge 
wenigstens    in   andern    Fällen    dringend    dafür, 
dafs   die   Luill   der  Krankenzimmer  fleifsig   er*, 
seuert ,  oder  dafs  Essigräucherungen  u.  dgl.  ver* 
anstaltet  werden.     Diese  gerechte  Aufforderung 
an  Kranke  der  Art,  ist    aber  auch  keineswegs 
eine  so  drückende ,  als  es  den  Anschein  habea 
dürfte;  das  Auffinden  besserer  Wohnungen  kana 
in  grofsen  Städten  nie  schwierig  seyn,  Mieths* 
contrakte   fesseln   dergleichen  Leute,  liie  länger, 
als  halbe   und  ganze  Monate,    und, der  Umzug 
selbst  ist   nie   mit  den  Kosten  und  den  Weit« 
läufigkeiten    verknüpft,     als    bei    Vornehmen.  , 
Wie  yiel  Kosten    durch   die   Berücksichtigung 
dieser  Regel    den    Gommunen   erspart  werdea 
können,    und    wie    leicht    es    oft  wird,    mo* 
nat-  und  jahrelange  Krankheiten  völlig  zu  be- 
siegen, sobald  ein  ungünstiges  Lokal  mit  einem 
guten  gesunden  vertauscht  wird ,  das  kann  nur 
der  wissen,   der  viel  und  täglich  mit  Kranken 
der  Art  umzugehen  hat. 


—     31     — 

blatang  Ternacblärsigl  werden«  Um  dalier  den 
CommuDen  auch  für  solche  Fälle  keine  uoniiz-' 
sen  Kosten  zu  machen^  und  was^  so  sehr  leicht 
gerade  hier  der  fall  sejn  kann,  um  die  Kran- 
ken Tor  oft  nie  wieder  gutzumachendem  Nach* 
theile  zu  sichern,  wird  es  gewifs  das  Beste 
seyn^  in  grofsen.  Städten  eigens  dazn  bestellte 
und  unterrichtete  Leute  mit  diesem  Geschäfte 
zu  beauftragen,  wozu  sich  alte  Frauen  beson- 
ders gut  eignen ,  zumal  wenn ,  wie  es  in  Stet- 
tin der  Fall  ist,,  diese  überhaupt  auch  die  Lie- 
ferung der  Egel  haben,  und  immer  eine  gro- 
fsere  Menge  Blutegel  als  verschriebeD^  mit  zum 
Kranken  nehmen, 

*  Wetan  wir  als  Aerzte  nur  zu  oft'  Gelegen- 
heit finden,  über  die  kummervollen  und  dürf- 
tigen Kranken  rapporte  Fern  wohnender  zu  seuf- 
zen, obschon  sie  Yon  Leuten  herrühren^  die  zu 
den  gebildeten  Ständen  geboren^  um  so  viel 
öfter  findet  der  Armenarzt  Veranlassung  za 
klagen  über  die  Berichte,  welche  ihm  über 
seine  Kranken  bald  durch  Kinder,  bald  durch 
ungebildete  theiinahms-  und  lieblose  Scblafge- 
nossen  und  Angehörige  zugestellt  werden.  Hier- 
durch finde  der  Armenarzt  in  seinem  mühevol- 
len Berufe  um  so  mehr  Veranlassung  selbst 
überall  zu  sehen  und  zu  boren ,  soviel  in  sei- 
nen Kräften  steht,  theils  um  des  Wohls  der  ihm 
überwiesenen  Kranken  willen ,  theils.  aber  auch 
wegen  der  durch  mangelhafte  Krankenberichte 
entstandenen  unsichern  Erkenntnifs  des  l^rank- 
haften  Zustandes  und  der  damit  im  Zusammen- 
hange stehenden  oft  überflüssigen ,  oft  ganz 
Terkehrten  Medicin Verordnung*  Leider  vermö- 
gen sehr  vielseitig  beschäftigte  und  sehr  be- 
etiinnte  Armenärzte  nicht  immer  ihrem,  Won» 


o.^ 


seile  nnd  ihrem  Pilichtgefi'hle  gemKr«  di««r 
lieirel  iihenill  nnchzukoininen ,  iodesseo  jeder 
inenscheni'reiindliche  Arzt^  der  in  der  Eriullans 
seiner  Plliclit  sein  höchstes  Glück  findet,  ^ird 
doch  Vifiles  i))r)i;h'ch  machen  kcmnen,  was  B^ 
cjiieinc  r.ud  INaciilässige  als  ein  Uebcrmaalsaos- 
schreiein 

Der   Armenarzt    bedenke    ferner,    dafs  er 
Tieliaitiir    durch    .«ein    Amt    auch    mit  der  Hefe 
des   Voiks    in    Berührung    kommen  mufs,  dafs 
er  auf  Leute  stril'sl,  die,  allen  Untugenden  unl 
Laslern  er:jeben,  fern  Ton  allem  dem  sind,  was 
ein    feinfühlendes    Alenschenlierz    anziebeo  und 
erfreuen    kitmile.      INirgend    findet  man  eine  so 
profVe  Cleichüiillittkeit,  ja  Al^neigung  unter  Ehe- 
gatten,   aJs    hier,   nir^rends  begegnet  man  einet 
so  ^roi'i^en  Gerin.i:«chiitzung  und  Uintennosetzoog 
aller  kindlirheii  Dankbarkeit,   nirgends  einer  so 
gewisse'hloseu  Vernachläfsigung  älterlicher  Pfiidl- 
tcn,    i)lr;zends    endlich -lernt  man   eine  grüfteie 
Undankbarkeit    g'^gen    die  Coiiimunen   und  we- 
nigere Anerkennung  aller  der  von  denselben  lom« 
menden    Wohlthnlen  kennen  ,     als  gerade  bied 
Jeder  Armenarzt  hat  daher  auch  mit  uni'olgsa« 
men,  halsstarrigen,  in  Vorurtheilen  befanjieoefl 
Kranken  zu  thun  ,  jeder  mit  iNachlälftigen,  lo« 
ordentlichen  zu  kämpfen,    jeder   mit  gewissen- 
losen und  leirlilsinnigen  Aeltern   und  An.sehüri* 
gen  seine  Piav^e,    Vioraus    tausend    Verhiiltuisse 
sich  ei.iieben,  deren  Hndresultat  darauf  hinaas- 
läuft,  i!a!s  die  Kranken  in  ihrer  Genesung  auf- 
gehalten und  die  Conimunen  immer  mehr  und 
länger  besteuert  werden.     Wie  der  Arzt  dorch 
sohhe   Verhallni-^se    sich  klug    und    wiirdafoll 
hindurch  zu  winden  habe,  ob  er  bald  mit  stren- 
rrexn  Ir-rnste  einschreiten,  oder   auf  dem  Vi^6^ 


~     33     — 

der  Gu(e  seinem  Ziele  nachzagelieo  hübe, 
das  läC^t  sich  nicht  darch  Wort  und  Lehre  zei- 
gen y  sondern  das  mufs  der  praktische  Takt  des 
Arztes  in  jedebi  individuellen  Falle  selbst  zu 
finden  ^Yissen.  So  viel  aber  ist  gewifs,  dafs 
ein  kluger  und  erfahrungsreicher  Mann  Yiel^ 
'  sehr  viel  zum  Frommen  der  Kranken,  und  zut 
£rsparung  unnützer  Kosten  beilragen  kann.     • 

Niemand  endlich  wird  mehr  durch  Cresa* 
che  und  Krankbeitsbescheioigungen  behelligt^ 
als  der  Armenarzt  anter  den  mannichfaltigstf^O 
Vorwänden,  in  den  allermeisten  Fällen  indes« 
sen  Yon  Leuten ,  die  arbeitsscheu  auf  ein^  ge» 
mäcbliche  Art  zu  leben  wünschen.  Hier  sey 
der  Arzt  gar  sehr  auf  seiner  Hut,  und  bedenk« 
ja  j'  dafs  solche  Atteste  auf  das  Empörendste 
oft  gemifebraucht  werden.  Denn  nicht  alleio, 
dafs  die  Inhaber  derselbep  dadurch  mehr  Ao« 
Sprüche  an  die  Kassen  der  Commnnen  maeheo 
zu  können  glauben,  dafs  sie  nicht  mehr  bit* 
tend,  sondern  pochend  und  trotzend  auftreten^ 
sondern  dafs  sie  um  so  mehr  Rückhalt  habtn^ 
um  ihr  Bettelgewerbe  im  ganzen  Umfange  des 
Wortes  auf  das  Schreiendste  in  Ausübung  so 
bringen«  » 

Direcie  Ersparung* 

Genügte  zur  Feststellung  obiger  Punkte  al- 
lein eine  ruhige,  auf  Kenntnifs  des  Lebensund 
Treibens  dieser  Mensch enklasse  sich  gründende 
Erwägung  alier  concurrirend«n  Verhältnissei  so 
sind,  um  die  directe  Ersparung  im  ganzen  Um-» 
fange  in  Ausübung  bringen  zu  können,  aach 
noch  positive  Kenntnisse  erforderlich^  die  nicht 
ohne  Schwierigkeiten  zu  erlangen  and  einmal 
erlangt,  einer  ordentlichen  Aneignung  bedürfoiiii 
Journ.  LXXXiy.B.5.SC%  C 


*  «■ 


~         S3         -r^       . 

Studium  erlangteo  Data  lassen  sich  abec  atiC 
folgende  allgemeiDe  Regeln  suruckfahren^  di^ 
ich  hiermit  dem  ärztlichen  Publike  zur  nahem 
Priifuog  weiterer  Ansfuhräng  und  praktiffcben 
Benutzung  vorlege  mit  der  Versicherung ,  dalis 
dieselben  bei  dem  Wirken  meiner  beiden  Hro» 
Collegen  und  dem  meinigen  ^  unbeschadet  der 
guten  Sache,  su  den  erspriefslicbsten  Ersparuin» 
gen  geführt  haben. 

1.    Es  werde   dem   wohlfeilen  MittA  vor 
dem  theuern  stets  der  Vorzug  eingeräumt,  wew%  • 
es  ohne  Nachtheil  für   die  Kranken  und  ohnä 
Schaden  für  die  Commune  geschehen  Xranif« 

Ueberall,  vro  Ton  Ersparnissen  beim  R«f» 
ceptTerschreiben  die  Rede  ist,  heifst  es,  veiw 
meide  die  ausländischen  Mittel  soviel  als  mög« 
lieh.  Diese  Regel  hat  allerdings  ihren  guten  r 
Grund  darin ,  dafs  eine  grofse  Anzahl  derselben 
durch  hiesige  und  wohlfeilere  rertreten  werden 
kann,  aber  dies  ist  nicht  immer  ausführbar* 
Nach  meinem  Dafürhalten  kann  es  dem  Arstn 
ganz  gleichgültig  seyn«  ob  das  Mittel  ein  über« 
seeisches,  oder  hier  im  Lande  gesammeltes  isl^ 
wenn  es  sich  nur  bei  der  Wahl  unter  mehre« 
ren  als  das  wohlfeilere  ergiebt.  Um  sich  aber 
bieron  in  Kenntnifs  zu  setzen,  bleibt  kein  an« 
derer  Weg  übrig  als  die  Taxe  zur  Hand  za 
nehmen,  die  gleich  wirkenden  Medicamente  na* 
ben  einander  zu  stellen  und  sich  die  Preise  sn 
merken.  Freilich  ist  die  Arbeit  mühsam  für 
den  Unternehmer,  aber  auch  belohnend,  denn 
nun  erst  wird  es  ihm  mit  seiner  Tabelle  mog^ 
lieh  werden,  eine  weise  Sparsamkeit  zu  übeo^ 
nun  erst  wird  er  erkennen,  wie  rielGeld  gann 
unnütz  ausgegeben  werden  kann,  und  wie  aucb 

c  a 


f  - 


— .  37     — . 

sen^   der   Preis   einer  Mixtur  und  SoIutioD  oft 
ohne  Ursache  und  Nutzen  bedeutend  höber.    In  > 
der  Armenpraxis  ist  ein  Theil  derselben ,  welr . 
che  blofs   d^o  .  Geruch  und  Geschmack  yerbea^ 
Sern  helfen ,  als  Aqua  Cerasorum,   Florum  Au«^ 
rautii,  Rosarum,  und  vorzugsweise  Rubi  idaei  e^c. 
s:anz    entbehrlich ,    und    höchstens    nur   für  die 
Kinderpraxis   zu   rechtfertigen«     Die  Aqua  fon-« 
tana  filtrata  reicht  völlig  aus,  und  braucht  nut* 
in  den  Fällen,  wo  die  darin  .aufzulösenden  Mit«* 
tel  eine  chemische  Zersetzung  erleiden  würden^ 
mit  Aqua  destillata  vertauscht  zu  werden»  Auch: 
die  aromatischen  und  krampfstillenden  Wässer  r' 
Aqua  aromatica  y    Cinnamomi,    Citri,    Chamo- 
millae ,    Foeniculi,    Melissae,   Menthae   crispao 
und  piperitae  ,  Sambuci,  Valerianae  sindindeo. 
ollermeisten  Fällen  entbehrlich,  und  kann  man 
sich  oft  sehr  gut  helfen,  dafs  man  §  —  1  Drachms, 
Tinct.  aromatica,  Cinnamomi*,  Valerianae^  Ca« 
]ami  u.  dgl.  zusetzt»     So  z.  B.  kosten  6  Ünzea 
Aqua  Cinnamomi  simpl.  3  Sgr. ,  6  Unzen  Aqua 
fontana    filtrata     mit    einer  Drachme    Tinctura. 
Cinuamomi  1  Sgr«  .1  pf» 

Aehnlich  wie  mit  den  Wassern,  verhalt 
es  sich  mit  den  versüfsenden  und  den  Sbleii 
Geschmack  verdeckenden  Corrigentien ;  alle  der« 
gleichen  Mittel  sind  in  der  Armen praxis  bis  auf 
drei  Medicamente  völlig  entbehrlich.  Diese 
sind :  Sacch.  album ,  Syrupus  simplex  oder  auch 
wohl  communis  und  Succus  Glycyrrhizae  dep.^ 
alles  Andere^  namentlich  alle  andern  Syrupe^ 
sind  völlig  überflüssig  und  als  Luxusartikel  vom 
Armenarzte  zu  vermeiden.  Wozu  Syr.  Cort* 
Aurantiorum,  Syrup.  Rubi  idaei  a.  dgl. ,  wi« 
ich  gesehen,  für  Patienten ,  die  Ton  der.Gnad* 
der  Commune  leben? 


—     39     — 

So  c«  B,  wurdest  thorlcht  B^ifn^  um  ein  Wechsel* 
£eber  zn  entfenieD,  der  China  oder  des  Chinine 
eoUagen  ku  wollen,  weil  es  eine  Menge  ende» 
rer  antifehrilischer  uod  wohlfeilerer  Mittel  giebU 

2.  Es  werde  die  wohlfeüsie  form  derlUt* 
dicamenie  gewählt,^ 

Es  ist  ferner  ron  hoher  Wichtigkeit  fSr 
den  Armenarzt,  die  Preise  zu  kennen ,  welcha 
nach  der  Taxe  für  die  einzelnen  Arbeiten  und 
Anfertigungen  der  Medicamente  dem  Apotheker 
ausgesetzt  sind»  Die  wohlfeilste  Form  wird 
demnach  immer  die  s^yn  müssen ,  welche  der 
Arzt  vorzugsweise  zn  wählen  hat,  ron  der  er 
sich  nur  Abweichungen  erlauben  darf,  wenn 
entweder  das  Medicament  sich  in  solcher  Fornt 
nicht  verordnen  läfst^  oder  wenn  einzelne  Kran- 
ke,  besonders  Kinder,  eine  Aendernng  npthig 
machen« 

Im  Allgemeinen  gelten  hier  folgende  Grnnd« 
sätze.  Die  Formen,  welche  ein  blofses  Mischen 
der  verordneten  3Iedicamente  nothig  machen, 
sind  die  wohlfeilsten.  Theurer  sind  solche,  die 
ein  Kochen,  Infundiren,  Auflösen  und  anhalten« 
des  Reiben  erheischen;  noch  theurer  solche^ 
welche  eine  Division  oder  MuUiplication  vor«' 
schreiben;  am  theuersten  endlich  ist  die  Pillea* 
form. 

Die  Pulverform  anlangend,  so  ist  darauf  s« 
achten,  wenn  irgend  die  Medicamente  es  so« 
lassen ,  dafs  das  Pulver  als  ein  Ganzes  verschrie» 
heo  werde,  von  dem  der  Kranke  theeloffel* 
oder  messerspitzenweise  zu  bestimmten  Stupi- 
den nehme.  Zieht  das  Pulver  überdies  ans  der 
Luft  keine  Feuchtigkeit  an^  so  daCs  man  e 
Klümprich werden  oder  garZerflieCsea  nieblMl 


üLsch 
l!c!  die 
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F.:  ■  , 


-     40     - 

furchten  Iiat,  oder  enthält  das  Pulver oicbtiek 
flüchtige  Arzneiinlltel,  so  ist  auch  die  Scbacb- 
tel  dabei  überflüssig,  da  der  Apotheker  mt(^ 
dies  einfaches   oder  gemischtes  Pulver  mit  Fi* 

tierkapsel,  Convolut  und  Signatur  bisiocLl 
czen  für  8  Pf,  vorabfoJgeo  lassen  iiiuf«. 
In  andern  Fällen  ,  wo  das  HnuptmeJilu* 
xnent  eine  genauere  Dosis  erheischt ,  es  iodci' 
sen  nicht  auf -J-  —  ^  oder  «l  Gran  mehr  oder  w* 
iiiger  Yon  demselben  ankommt,  LünDeD2w.i 
erspart  werden,  wenn  man  statt  12  PulrerB« 
6  anfertigen  und  diese  Ton  den  Kranken  seü 
in  2  gleiche  Theile  theilen  läfst. 

In  andern  Fällen,  wo  es  darauf  nnlmnii 
dafs  der  Kranke  eine  ganz  genaue  Doms  eicd 
Sledicaments  bekomme,  ist  es  Bezugs  des  Pret' 
ses  gleich,  ob  man  12,  13,  14  oder' l'i  P"'«» 
anfertigen  läfst,  da  sie  sämmtlich  4  Sgr.  kosj» 

Bei  der  Verabreichung  Ton  Species  luä* 
man  g:enau  hinzu,  ob  man  die  Species  blw 
geschnitten  oder  grob  gepulvert  haben  wi":  ?*" 
schiebt  dies  nicht,  so  werden  Tom  Apolh»* 
grobgepnlverte  Substanzen,  die  pr,  Inze  •*'• 
theurer  sind,  gegeben*  Die  Division  einer  sa"* 
Ben  Quantität  Species  in  melirere  Theile  k"* 
füglich  den  Armen  überlassen  bleibeD,  dad 
iiebei  wohl  nie  auf  ein  Paar  Gran  mehrow 
weniger  ankommen  wird. 

Infusionen  und  Decocte  stehen  Bezugi»^ 
Bereilungskosten  gleich,  da  aber,  wenndasy** 
coct  oder  Infusum  7  —  8  Unzen  beirÜgl,  derif" 
beitsprcis  lür  12  Unzen  berechnet  wird,  ^l****^  I  *^Ue 
man  wohl,  nur  bis  0  Unzen  CülaturfütT 
wohnlich  zu  verschreiben, 

»Verden  zu  Ende  der  Abkochung  noch  Art- 
neimittcl  hinzugesetzt,  so  darf  dafür  oidUs  be* 
Tttcbnel  \sftxdtB)  wird  iedoch  die  Colalov'^ 


—     41     — 

Abkochung  noch  über  Species  mfundirt,  so  ko- 
stet die  Arbeit  die  Hälfle  mehr. 

In  vielen  Fällen  übrigens,  wo  in  der  Pri- 
vatpraxis  Infusionen  yerscbrieben  werden,  iia- 
mentlich  Ton  Brustlbee,  Cbamillen,  3Ieiisse^ 
Blütize,  biltern  Kräutern,  zu  denen  noch  an- 
,dere  Medicamente  gesetzt  od<er  dßrin  aufgelöst 
werden;  ist  es  in  der  Armenpraxis  oft  bedeu- 
tend wohlfeiler,  die  Species  und  die  andern 
Bledicamente  allein  zu  yerschreiben  und  die  Be- 
reitung der  Infusion  den  Armen  selbst  zu  über- 
lassen. 

Die  theuerste  Form  ist  die  der  Pillen,  da 
für  das  Anstofsen  der  Masse  bis  incl.  1  Unze 
8  Pf.  berechnet  wird,  und  hierzu  noch  für  .die 
Formation  und  Dispensation  derselben  zu  Pil- 
len incl;  des  Bestreuens  mit  einem  Pulver,  von 
dem  die  Unze  nicht  mehr  als  3  SilbergroscheD 
kostet,  pro  Unze  3  Sgr.  4  Pf.  hinzukommen« 
Wird  aber  ein  theureres  Pulvej^  als  3  Sgr. 
pr.  Unze  züte  Bestreuen  verschrieben^  so  ko- 
stet die  Unze  4  Sgr.  8  Pf.  Vanille  als  Streu- 
pulver, Versilberung  und  Vergoldung  der  Pil- 
len, wird  natürlich  kein  Arzt  für  Arme  ver« 
ordnen,  dagegen  ist  es  gut,  die  Streupulver  zit 
kennen,  welche  mehr  und  weniger  als  3  Sgr« 
pr.  Unze  kosten.  Semen  Lycopodii,  Pulv.  Bad. 
Althaeae,  Iridis  florentinae,  Calami  aromatici^ 
Glycyrrhiza»,  Zingiberis  und  Valerianae  ge- 
hören zur  zweiten;  Cinnabaris,  Pulv.  Cassiae 
Cinnamomeae,  Cinoamomi  acuti  und  andere  zur 
ersten  Klasse. 

Aufserdem  ist  es  nothig,  darauf  aufmerk- 
sam zu  machen,  dafs  der  Arbeitspreis  für  Pil- 
len über  2  Gr.  geringer,  dagegen  der  von  1  Gr.- 
bedeutend  höher  ist« 


—     43     ~ 

Solche  VericbweDduDg  iadesaen  kann  and 
darf  Ton  dem  Arzte,  der  für  Rechnung  einer  * 
Commune  Arznei  verschreibt,  durchaus  nicht 
geduldet  werden  9  da  dadurch  eine  sehr  bedeo* 
tende  Summe  jährlich  ganz  unnütz  und  zweck* 
los  fortgeworien  werden  würde ,  überdies  auch 
den  Armenkranken  ganz  gleich  gelten  kann  und 
gilt,  ob  sie  Salben  in  grauen  oder  weifsen 
Kruken,  ob  sie  Pulver  in  Papier  oder  Käst- 
chen Terabreicht  bekommen.  Grüne  Gläser, 
einfache  Pulverconrolute  von  Conceptpapier, 
Holzschachteln  und  graue  Kruken,  sind  dem- 
nach die  einzig  zu  statnirenden  Gefafse« 

Schon  oben  habe  ich  gezeigt,  dafs  det 
Verbrauch  der  Schachteln  für  die  Armenpraxii 
sehr  beschränkt  werden  kann,  hier  sey  es  mir 
erlaubt,  nur  noch  ein  Beispiel  anzuführen: 
1|  Unze  Pulr.  Glycyrrhizae  compositus,  ein 
sehr  häufig  in  der  Armenpraxis  vorkommendes 
Medicament,  kosten  Convolut,  Dispensation  etc. 
mitgerechnet  4  Sgr.  1  Pf. ,  wiid  dazu  aber^ 
was  ganz  überflüssig  ist,  noch  eine  Holzschach- 
tel genommen ,  so  macht  es  1  Sgr«  3  Pf*  mehr» 

Zu  Latwergen  werden  unter  dem  Vorwande, 
dafs  graue  Kruken  Salztheile  enthielten ,  häufig 
in  der  Armenpraxi^  grüne  Gläser  genommen, 
allein  auch  dies  ist  nicht  zu  gestatten,  da  der  halb« 
oder  ganze  Gran  Salz  höchst  gleichgültig,  ja 
oft  wünschenswerth  nur  seyn  kann.  Blutegel 
indessen  thutman  wohl,  in  solchen  Gläsern  ans 
diesem  Grunde  verabreichen  zu  lassen* 

Da  endlich  der  Apotheker  für  zurückge- 
brachte Gefäfse  bei  Reiter a tu  ren  der  Medica- 
mente taxmäfsig  etwas  vergütigen  mufs,  so  ist 
es  ebenfalls  Pflicht  des  Armenarztes,  stets  dar- 
auf zu  dringen,  dafs  die  Gefäfse  in  die  Apo- 
theke zarückgeliefert  wtrden. 


•  I 


—     45     — 

fsen  Blenge  ron  Rücksichten ,  die  er  Behufs 
DOthwendiger  Ersparnifs  zu  machen  hat,  heim 
Verschreiben  der  Aledicainente  dennoch  diesen 
odeK  jenen  Yortheil  aus  dem  Auge  yerlöre.  Uiil 
in  dieser  Beziehung  sicher  za  gehen ,  ist  es  no- 
thig ,  dafs  dem  Apotheker  eine  sperielle  Anwei- 
sung übergeben  werde  ^  die  ihm  als  Richtschnur 
und  Auskunftsmitlel  bei  den  Recepten  dienen 
könne,  und  zweitens,  dafs  er  eine  Anzahl  Ma- 
gifttralformeln  erhalte,  die  mit  möglichster  Spar- 
samkeit  abgefäfst  sind. 

Die  den  Apothekern  hiesigen  Ortes  ertheiUe 
Instruction  lautet  also: 

1.  In  allen  Fällen  binde  sich  der  Apothe- 
ker auf  das  Genaueste  an  die  Vorschriften  des 
Arztes ^*und  erlaube  sich  nur  erst  dann  Abwei- 
chungen ,  wenn  zuvor  nähere  Erkundigung  des- 
halb eingeholt  worden  ist*  Ist  so  2.  B.  Oleum 
papäveris  rerschrieben  ,  so  werde  nur  dies  und 
nicht  das  recens  oder  frigide  expressum  yerord* 
net  u.  s.  w. 

2.  Wenn  auf  einem  Recepte  dem  .Apothe- 
ker die  Wahl  zwischen  zweien  im  Preise  un*- 
gleicben,  nicht  heroischen  Medicamenten,  durc6 
ungenaue  Bestimmung  des  Arztes  gelassen  wird, 
so  gilt  die  Regel,  dafs  immer  das  wohlfeilere 
als  das  verlangte  zu  verabreichen  und  in  Rech- 
nung zu  stellen  sey.  Wird  z.  B.  Pulr.  Cin- 
namomi  verschrieben,  so  werde  PuWis  Gassiao 
cinnamomeae,  ist  Radix  Glycyrrhizae  verordnet, 
so  werde  Radix  Glycyrrhizae  glabrae,  steht  Kali 
carbonicum  auf  dem  Recepte^  so  werde  e  eine- 
ribus  clavellati  u.  s»  w.  verabreicht. 

3»  Da  es  in  der  Armenpraxis  nicht  so  sehr 
auf  ein  schönes  gleichmäfsiges  Aeufsere  der  Me- 
dicamente ankommt,  wenn  sie  ihrem  innero 
Gehalle*  nach  nur  voncbriftsmabig  gut  siiid|  so 


-^47      ^ 

BesaliloDg  anbeimfallen ,  doch  aaf  keii^e  Weise 
gestattet  werden ,  und  mufs  die  grofste  Genauig* 
keit  bei  der  BerechnuD^  Statt  fiDdeo. 

6*  Ist  eine  Taxe  tod  den  durch  die  Ar* 
menärzte  übergebeneo  Magisiralformeln,  sowohl 
des  ganzen  Torgeschriebenen  Quantainti  alt  aacb 
der  einzelnen  Unze  einzuhändigen. 

7«  Die  Recepte  jedes  einzelnen  BJonates 
sind  nach  Ablauf  des  nächstfolgenden  zur  Durch« 
sieht  den  Armenärzten  rorzolegen» 

Was  die  Magistralformeln  anbelangt,  so  bin 
ich  zwar  im  Allgemeinen  kein  Freund  dersel* 
beo,  indessen  sind  sie  nach  meinem  Dafürbai« 
ten  für  die  Armenpraxis  aus  mehreren  Griinden 
EU  empfehlen.  Dem  Tieibeschäftigten  Armenarzte 
natürlich  ist  es  sehr  oft  höchst  wichtig,  schnell 
weiter  zu  kommen,  tbeils  des  Dranges  der  Ge« 
Schäfte,  theils  der  unfreundlichen  Umgebungen 
seiner  Kranken,  tbeils  endlich  des  scbrecklichea 
Schreibmaterials  wegen,  wie  es  ihm  nur  zu  ofl^ 
zu  Gebote  gestellt  wird.  .Ueberdies  würde  oft 
auch  manchf»  Ersparnifs  einerseits  Sberseheii 
und  andrerseits  nnihöglich  gemacht  werden,  da 
die  Bereitung  der  Medicämente  in  einigen  Stun* 
den  oft  nicht  ausführbar  wird» 

Welche  Vorschriften  jeder  Arzt  dem  Apo« 
theker  geben  will,  mufs  dem  Ermessen  eines 
Jeden  selbst  überlassen  bleiben,  nur  zwei  Vor- 
schläge erlaube  ich  mir,  Bezugs  des  Unguentum 
Cantharidum  und  des  Linimentum  saponato  -  cam* 
phoratum  zu  machen. 

Die  Unze  des  Unguentum  Cantharidum  ud* 
serer  Pharmacopöe  kostet  10  Sgr«,  kann  aber 
sehr  bedeutend,  gegen  4  Sgr.  wohlfeiler  Toa 
dem  Apotheker  hergestellt  werden^  wenn  maa 
statt  Oleum  amygdalarum  Oleum  olirarum  und 
statt  Gera  alba,  Gera  fiara  nimmt^  iibcigeiia  di^ 


—     49 


<w      .  ■         ■<— >— — lHOWNOi— — I 


ra. , 

Beiträge 

Erkennfnifs  imd  Behandlung  eini« 
ger  Krankheiten  des  Herzens  miil 

der  Arterien. 

Von 

Dr.  X  J.  H.  Ebers, 

KonigL  PrenCs.  Medidnalrathe  nnd  Arzte  des  Ktanken« 
Hospitds  za  Allerheiligen  in  Breslaa, 


A.n  Beobachtungen  über  die  Krankbeiten  des 
Herzens  und  der  groben  Gefäfse  haben  wir 
gerade  keinen  Mangel^  und  nachgerade  bildea 
die  Schriften  über  dieselben  eine  kleine  Biblio« 
thek;  auch  hat  die  Lehre  Tom  Kreislauf  in  phy- 
siologischer und  pathologischer  Beziehung,  bis 
auf  diese  letzte  Zeit,  sich  der  ausgezeichnet- 
sten Forschungen  zu  erfreuen;  und  so  mag  es 
denn  wohl  gewagt  erscheinen,  dem  Vielen  und 
dem  Guten ,  was  schon  Torhanden,  was  gedacht 
und  was  für  richtig  anerkaunt  worden^  irgend 
Etwas  hinzuzufügen,  und  noch  gewagter  etw^lft 
IVeues  zu  geben»  In  einem  grofsea  8|gtBclWB 
Joiirn.l4XXXiy.B.ä.9t  D 


—     öl     — 

I 

ceos  tidben,  und  wie  m aanichf altig  das  Nernfh'^ 
System  io  seiner  weitesten  Bedeutung  —  Hiru« 
und  Rückenmark,  —  auf  dea  Kreislauf  einwirkt, 
sieht  der  praktische  Arzt  alle'  Tage,  und  das  ist 
suletzt  auch  niemals  geleugnet  worden • 

In  den  folgenden   Beobachtungen  habe  ich' 
zuerst  eine  Krankheit   näherer  Betrachtung  un- 
terworfen,  welche,    da   sie   zu    deu   seltenstea 
gebort,  auch  praktischer  Würdigung  mehr  ent* 
behrt   h^t,    als   endete  Krankheiten  des  Kreis^* 
laufes,  ich  rede  Ton  der  Entzündung  der  Schlag'* 
ädern ;  es  hatten  sich  mir  oft,  und  auch  in  de? 
letzten  Zeit  einige  yerwandte  Zustande,  die  ich 
für  nichts  anders  halten  konnte,  als  für  ein  Lei- 
den der  Arterien ,  dargeboten ,  sie  zeigten  aber 
auch    zugleich^   immer    die    Complication    ent- 
zündlicher rheumatischer  Fieber  auf,   und  wa- 
ren  namentlich   mit  Pleuritis  —  (yielleicht  Po- 
ricarditis  —  ?)   und   mit   Pneumonie  Terknüpft^ 
so   dafs  sich   ein   reine»  Bild   des  Uebels  nicht 
herausstellte;    solcher  Zustände    giebt  es   aber 
Tiele ;  und  ich  nenne  vor  andern  Aur  eine  Krank- 
heit, das  Friesel"  Fieber  f  in   welchem  sich  Af- 
fectionen  des  Herzens  Und  der  grofsen  Schlag- 
adern  (Rheumatismus)  kaum   wegleugnen   las- 
sen.   Sonach  habe  ich  mir  zwei  Fälle  aus  deu| 
Bereich  meiner  eigenen  Erfahrungen  heraasge- 
boben,  diese  mit  den  Erfahrungen  anderer  Be-» 
cbachter  verglichen   und    mit   einigen   Erläute- 
rungen versehen.     Die  Wichtigkeit  des  Gegen« 
Standes  und  seine  Seltenheit  wird   es  entschul- 
digen ,  wenn  ich  dieser  Krankheit  eine  vielleicht 
zu  lange  Betrachtung  gewidmet  habe. 

Der  zweite  Fall  (ad  IL  c),  den  ich  mit«* 
theile,  betrifft  eine  Garditis  und  Pericarditis  ex* 
sudativa  (serosa  bach  Schonlein),  wabrscheio« 

D  2 


—     ö;^    — 

lieh  die  Polgo  rheumatischer  KranVneU  m  Vn- 
hindung  mit  Gemüthsleiden ,  ein  lebeL 
wire  es  gleich  nnfäu^lich  erkannt,  noch  mehr, 
w<äre  dasselbe  richtig  behandelt  undnicbisTff- 
absäumt  worden ,  wahrscheinlich  bätitf  selitä 
werden  können.  Solcher  Fälle  fiudctinnoü 
den  Schriruteliern  allerdings  ciehreie  nufii;ezei(!> 
net,  so  z.  B.  in  Jr.  Ch.  T^eWs  AbbanöiM? 
über  liJteiwiQlisinus  des  Herzens»  Dennoclisui 
die  Fülle  selbst  nicht  gewöhnlich,  und  unter  Ja 
von  dem  Verfasser  angezogenen  dürften  woÜ 
der  fünfte  und  neunte  Fall  allein  die  bezdcb* 
netsten  seyn. 

Der  H}'perlrophie  des  Herzens  ist  io'" 
Schriften  über  die  Krankheiten  desselben,  üb* 
haupt  eine  grofse  Aufmerksamkeit  gescheit 
worden ;  dieses  Üehel  ist  vielleicht  —  »"^j 
der  Syncope  aoginosa  (von  der  un»  Panj^ 
Wichmann  so  treffliche  Bilder  gegeben  hab«} 
die  häufigste  Herzkrankheit ;  ich  habe  bgM 
III.  8«  und  b.  zwei  der  allerinteressantesieo  Fa» 
dieser  Art  mitgetheilt,  den  zweiten^  adb.Jf* 
halb,  um  zu  zeigen,  was  selbst  gegen  einfurö^J" 
bares  Uebol  die  Kunst  vermag;  —  konnlesi 
hier  auch  nicht  heilen,  so  konnte  eie  docbe^ 
leichtern,  Namentlich  gelang  dieses,  indem ^ 
arztliche  Hülfe  nicht  allein  sich  auf  die  Lf** 
den  des  Kreislaufs  und  auf  die  Ansainm'mi^' 
wäfsrigter  Feuchtigkeiten  (dieWassersiicbllh* 
wendete,  sondern  die  "Wirkungen  in  BeW«" 
tung  zog,  welche  das  üwcÄ-e/iTiiarfc  woil  »^ 
Nervensystem  auf  den  Kreislauf  ausüben. 

"Welche  Wirkung  aher  grofse  Geniülbs.« 
den  unter  vorwaltenden  Umständen  auf  dasUe< 
auszuüben  vermögen,  und  welche  Gefahr ^ 
diese  Weise  für  das  Leben  entstehen  kopo»  ^ 


—     53     — 

Viie  ein  Verfabreo,  welches  sich  unter  solcbeo*. 
UinständeD  auf  den  Punkt  binricbtet,  Ton  dem 
die  Leiden  zumeist  und  zuerst  ausgingen^  ein 
Verfahren  y  welches  mit  Beseitigung  aller  an« 
dem  Verhältnisse  sich  den  grofsen  Agentien  im 
Lebensprozefs  und  deren  Einflufs  zuwendete, 
und  wie  es  hierdurch  gelang,^  einen  fast  ret<* 
iungslosen  Kranken  herzustellen ,  dieses  habe 
ich  versucht  in  der  Beobachtung  unter  IV*  dar* 
zustellen.  Auch  hier  bildete  sich  ein  Zustand 
nach  und  nach  aus ,  den  man  unter  die  Hyper- 
trophien zu  zählen  sich  geneigt  fühlen  dürfte^ 
er  entstand  bei  körperlichen  Anlagen,  rein  ia 
Folge  der  Einwirkung  des  Gemiithes  auf  Ner-^ 
-ven-  und  Rückenmark^  und  yon  hieraus  Hers 
und  Kreislauf  benachtbeiligend ;  es  war  hier 
vorherrschend  ein  dynamisches  Leiden  yorban- 
deo ,  und  man  würde  es  als  ein  solches  aus^ 
schliefslich  betrachtet  haben ,  wenn  nicht  die 
Untersuchung  des  Herzschlags  dafür  gesprochen^ 
dafs  auch  das  Herz  bereits  in  seiner  Organisa« 
tion  benacbtheiiiget  war.  Immer  wird  dieser. 
Fall  für  einen  ßeweis  gelten  müssen,  dafs  auch 
da,  wo  keine  Reitung  —  beim  ersten  Anblick 
—  möglich  scheint,  unter  gegebenen  Umstän- 
den doch  die  Heilung  erreicht  werden  könne. 

Das  entgegengesetzte  Verhältnifs  suche  ^ch 
in  ]Vo.  V.  darzulegen,  einem  Falle,  in  dem  die 
Leiden  des  Herzens  als  eine  secundaire  Krank- 
heit sich  zeigen  ,  und  offenbar  von  dem  Ve- 
neusystem  ausgehen.  In  solchen  Fällen  beruhet 
dcts  Wesen  der  jLvrankbeit  gewifs  zunächst  i.u 
grofsen  Slüruugen  des  reproduktiren  Verhalt- 
uisses  im  Or^aiusüius,  in  dem,  was  Puchelt 
uänhäufujig  in  den  Siätnmen  nennt,  und  in  sei- 
nem bekauulen  VVerke  das  Veneasystem  S«  37 


—     M     — 

dra  Krankheit  bftkanot  gaworSäs  ^ war  ^  ttftlilk 
auch  die  Effahruog  Ton  P.  Frank  (de  caraadb 
homioum  morb,  Liber  !•  §»  118«,  womit,  mi 
Vergleichen  Liber  II.  §•  205— ^'6.)  und  tod  Araf 
(Erkenntnifs  und  Kur  der  Fieber  II.  Bd.  &•  KapI 
^.  85.  u.  f.).  Bekanntlich  dürfte  der  Erster«  — « 
Frank  —  yor  allen  andern  tSeobachtero  akh 
cuerst  bestimmt  über  die  Arteriepentzündung  nach 
eigenen  bedeutenden  Erfahrungen  ansgesprocheiäf 
der  Andere  —  Aeil  — -  den.' Gegenstand  zuetH 
einer  gründlichen  Erörterung  unterworfen  baÄ 
ben.  In  einer  Krankheit,  die  ao.  selten  rar** 
kommt,  ist  jeder  Beitrag  xu  deren  Erkenntoifi 
wichtig;  es  ist  nicht  meine  Absicht,  eine- Mo^ 
nographie  derselben  zu  geben,  kh  will  mich 
sogar  nur  auf  die  acute  Form  beschräcken,  und 
die  nachfolgenden  -  Krankheitsgeschichten  mis 
durch  einige  Bemerkungen  erläutern. 

Neuere  Schriftsteller :  Kreyfsig  '),  /.  Hodg^ 
eon  *),  Gendrin  *)  ,  Thomson  "*) ,  /.  Hope  ')/ 
Th,  Davies^),  Schönlein  ''),  und  die  Bearbei« 
ter  des  Artikels  Arteriitis  im  encyclopädischep 
Wörterbuch  der  medicinischen  Wissenschafteis' 
Bd.  III.  S.  216,  uud  in  liust's  Handbuch  der 
ChirurgieBd.il.  S.  293,  um  nurdieHauptsachea 
anzuführen ,  haben  alteren  Erfahrungen  allea 
daijeoige  noch  hinzugefügt  und  mit  eigenen  Er*' 

^)  Krankheiten  des  Herzens,  über  Entzündungen  der  Ar« 
terien  und  Venen,  III.B.  1814.  S.270.  —  >)  Krank- 
heiten der  Artftiien  und  Venen  1817.  1.  Abscli.  S.  3  f* 
— -  *}  Anatomisclie  ßesclireibung  der  Entzündung, 
übersetzt  von  Radius,  7.  Kap.  2.  Absch.  —  ♦)  üe- 
ber  Entzündung ,  übersetzt  von  Krwiketiberg.  1820» 
8.  232.  —     *)  Krankheiten  des  Herzens  und  der  gro<* 

'  (sen.  Gefäfse,  übersetzt  Ton  Becker,  1833.  3.  Kap.  !• 
Abtcb.  —  *)  Vorlesungen  über  die  Krankheiten  der 
Lungen  nnd  des  Herzens.  1836.  S.  36Q.  —  0  ^^ 
tkologte  ODd  Therapie.  1832«  6.  M& 


^     67     — 

durch  Gendrin,  Thomson  u«  A«  in  anfttomi«« 
acher,  physiologischer  und  pathologischer  Hin- 
sicht so  "wichtige  Belehrungen  erhalten  habeQ, 
"WO  aber  die  praktischen  Erfahrungen  am  sei- 
teasten sind.  Die  nachstehenden ,  von  mir  her 
obachteten  Fälle,  namentlich  der  eine,  bezieht 
sich  zumeist  auf  eine  Entzündung  der  absteir 
genden  Aorta;  man  siehet  aber,  wie  auch  hiev 
Mitleidenschaft  und  Complication  das  Bild  der 
Krankheit  verdunkeln  können  und  müssen* 

Fassen  wir  das  Bild  der  Krankheit  naeh 
den  Beobachtern  in  einen  engen  Jlahmen*  Hier 
müssen  wir  Sjpangenlberg^s  Darstellung  zu  Gran* 
de  legen. 

Die  allgemeine  Arterienenizündung  charak-* 
terisirt  sich  durch  folgende  Zeichen ;  durch  hefm 
iiges  aber  regelma'/siges  Klopfen  aller  Arterien/ 
das  zuweilen  an  den  Caroiiden,  den  Schlaf cn^' 
art^rien  und  den  Speichelarterien  dem  Auge 
wahrnehmbar  wirdj  der  Puls  ist  gleichmäfsig^ 
ungemein  hart  und  mäfsig  geschivind^  der  Kranke 
Iclagt  über  eine  heftige,  höchst  lästige  Vibration 
des  Herzens,  die  bismeilen  sichtbar  und  hörbar 
ist ,  und  die  nur  in  zwei  Fällen  mit  dem  Pulse 
nicht  isochronisch ,  sondern  seltener  '  zu  seyn 
schien  ^).  Bei  einem  Kranken  zeigte  sich  das 
Gefühl,  als  stecke  ein  glühendes  Eisen  in  dem 
Verlaufe    der    absteigenden  Aorta    bis    zu  der 

*)  Der  Verfasser  yerstelit .  onter  Vibration  eine  starke 
aber  reg:elmärsige  Büwegunjg;  des  Herzens,  durch  ihre 
Regelinäfsigkeit  unterscheidet  sie  sich  von  der  PalpF- 
tation  oder  von  dem  Herzklopfen.  Die  AiterientzUn- 
dting  ist  von  der  Herzentzündung  dadurch  zu  unter- 
ßf^heiden,  dafs  bei  letzterer  der  Puls  zwar  hart,  aber 
klein,  ungleich  und  zuweilen  aussetzend  ist,  das  Hers 
]>alpitirt^  dal's  ein  ängstliches  Athmen  und  deutlichfif 
Fieber  damit  Terbundeo  u*  s«  f.  (§•  27&). 


—     68     — 


Sch#»Dl(elArterie  hinunter,  auch  icMenWfti 
die  Zunge  und  der  Kochen  gerolbeter,  weg«* 
XTÖhnlich  zu  sevn  ,  und  bis  tur  Acme  der  Krad-  1  ( 
heit  bedeckte  eine  lympbatische  SekrelioD dini 
Theile,  doch  war  das  Kauen  und  Herabifhlb- 
gen  nicht  erschwert,    noch  Geschwulst  vorhii«  1  * 


den  ^    die   ZungenaHerien  schlugen  stark}  wel- 
ches   sehr   Jnstig    war.     QuäUnder   Durst  oIm 
Terinehrie  Wärme;  doch  war  dieses  Symploi 
nicht   constant;    bei   zweien   Kranken  war  du 
Gesicht     roth    und     blühend,    bei  eintm  dul* 
ten   blafs  und  eingefalleo.  —  ?—   (Zeichen  TM 
Willeiden    des    Herzens.   —  ?).     Grofse  Vnrik 
und  liasflosigleit  ohne  Erschtverung  derRfSf' 
ration  zeigte  sich  in  allen  Fällen,     DerAppwti 
die  Verdauung,  die  Excretionen  io  gesundhö- 
gemafserii  Zustande,  keine  Schmerzen^  keioFi«' 
ber  —  ?  (Siehe  Kreyfsig*s  Bemerkung).  —  D* 
Sympfome    dauerten   mn    ohne    auszusetztn,  ■* 
bei  heßiger  Bewegung  ^   bei  harter  LeibesaA9A^ 
bei  Genufs    hitziger  Getränke  und  Gewürze  in 
vermehrte    sich    ihre  lutenfität.     Liefsmanwl 
durch   den   Yulleu    und   harten   Puls  zum  Adtv- 
lassen  verleiten ,  so  verstärkte  sich  seine  Hart* 
und  Völle  immer  mehr;  bei  wiederholten  Blol' 
enlziehungen    sanken    die    Kräfte    schnell,  dtt 
Puls  ward  immer  harter  und  zutammeogezoge 
ner,  da%  Herzklopfen  immer  herftiger,   und  dil 
Rasllosii^keit  immer  quälender,,  bis  der  Tod  die 
sen    Leiden    ein    Ende  machte   (S.  274  —  S/öV 
fjst  dia  Entzündung  topisch,  so  findet  mann 
diesem  Theile  den  Puls  der  Arterien  voll,  Äirl 
und  "klopfend.  —  S.  283.  —  Aus  der  örtlichem 
Injiommaiion  ^    die  sich  oft  durch  keine  anden 
/,tfichen  alf  den  Puls  und  bisweilen  durch  Uff 
liegende   Schmerzen    offenbart  ^    erklärt   sich  dii 
WaUtuehmttu^^  dafs  der  Pula  suwcileu  an  ds 


-^     flÖ     — 

€1060  Hand  roll  und  hart ,  an  dftr  andern  aber 
TOQ   entgegeogeseUter  BeschaiTeD  heit  war  etc*** 
(S.  286).     Aus  dieser  Darstellung  «—  in  der  ich 
die   Stellen    unterstrichen^   wekh.e    mir  als  be- 
sonders wichtig  erscheinen,  ersiehetman  leicht« 
dafs   der    geehrte    Hr.   Yf»  sein   Krankheitsbild 
kaum  einer  und  derselben.  Specios  der  Arterien* 
entzündung  entnommen ,  dafs  er  die  allgemein« 
chronische  mit  der  acuten  mehrl'ach  Termiacht,- 
und   dafs   die  Ansichten   seiner   Zeit    ihn    roa 
dem  richtigen  praktischen  Wege  abgeleitet  ha* 
b^n^  was  auch  Krey^sig  richtig  anmerkt  (S,  270),- 
dabei  auf  manche  Unsicherheit  in  der  Diagnose 
aufmerksam    macht,     jenen   Hauptstellen    aber 
Tolle  Gerechtigkeit  widerfahren  läXst.     „Die  Ent* 
fiüuduog  der  grofsen  Stämme  in  der  Brust,  sagt- 
er,  ist  so  wichtig  wie  die  Herze  btcündung,  und 
bat  ähnliche  Zufälle  \    eben  so  mujs  man  auch 
die   Entzündung    einzelner    bedeutender  grofur 
jirterien^  und  Plenen '  Stämme  "Trohi  zu  untere» 
scheiden  wissen    und   daran    denken,    da',    sie 
hitzig  oder  schleichend  seyn  kann«'*     In  Bezugs* 
auf  die  Abwesenheit  des  Fiebers  und  der  obea 
angeführten   Ansicht   üeiVs  über  das  Gefäfsfie«» 
her,   fügt  Kreyfsig   hinzu:  —   ,,*^  ist  sehr  be» 
greiflich  ^  dafs  bei  einer  Hemmung  des  Blutnm^ 
lauf  es ,   den   eine   Entzündung   der   instrumenta^ 
desselben   nothwendig    bewirken  tnufSj   sich^  die 
Zufälle  eines  allgemeinen  Fiebers  unmbgiich  aus» 
bilden  k'6nnen\   luiewohl  der  innere  Grund  dazu 
da  ist.''  (S.  272).     fllerkwiirdig  ist  indessen  di« 
Stelle    desselben     Arztes   in    seinem   Handbuch 
^der   praktischen   Krankheitslehre:    ,ydafs  selbst 
bei  sehr  heftigem  Pulsiren  des  gan^sen  Arterien-» 
Systems,    nie  ein   Zustand    der    Arterien   Statt 
finde  y  welcher  sich  der  Entzündung  annähere/' 
(S.  148).    Der  genaue  Hodgson  g^bt  uns  wi% 


-1 

\tlrin  lnl| 


T/iomson  und  Gentirin  i 
der  entzÜDilelcm  ArlerienltSq 
die  ac:ite  Ätterihis  findet*) 
IVeues  in  Bezag  sa(  die  O 
pen  Ziialande.  Hope ,  dei 
ScLriflslellern  iilier  die  Kn 
ZCD3  uad  der  groraeo  Gel« 
J8t,  der  leiae  ErCiihrangeD  4 
di^CD-  Leben  crDlnahin,  un^ 
-vcteder  anpafsto,  gesteht  Hi^ 
keit  der  Diagnose  bei  Arlenj 
ien,  uiren  ein,  und  setzt  al, 
live  Kriierium  der  Krackhc 
plicationen  —  lÜe  anatooii^ 
vorsüglichsle  Symptom  t 
in  der  ^orta  bestehe  dai 
■weit  heftiger  puhire,  als  i 
Schmerz  und  eiin  Gefdbl  ^ 
genJ  der  AorlaL,  verbui 
«nd  Neigung  z.ir  Ohnirii 
stündige,  doch  aber  wichtip 
—  Bufserdem  ein  beschleui 
und  Trockenheil  der  Haut.  I 
keit  und  alle  übrigen  Hrachei 
gtitiichen  Prozesse».  Au  doj 
k  Aorla  ki^nne  die  Stärke  ilireS 
f  an  dem  oberu  Ende  dei  Bn 
n  Schlüsselbeice  beCndlicfa 
■werden,  leichter  liefse  sich 
absleigendeu  Theilca  der  Aorte 
braucht  zu  diesem  ßehufenui 
das  Slelboskop  an  _^eu  _  l& 
Eine  »hnlicbe 
yvio  sie  durch  die  EiitzüM 
^orgp-l>rncht  wird,  soll  olti 
einer  oder  der  nadcrn  < 
licu  «aUriunehmen   iByaj 


—    lil    — 


duDg  Dicht  seilen  nach  andern  Arterien;  und 
wohl  gar  über  das  ganze  arteoelle  Sjstem  bift 
rerbreite,"  (S.  148.  149)  u.  s.  f. 

Indem  ^Hope  auf  die  Irrl.biimer  aufmerk- 
sam macht,  welche  bei  der  Erlcenntnifs  der  acu- 
ten Arteriitia  leicht  vorfallen  können ,  macht  er 
zugleich  diejenigen  krankhaften  AfTectionen  nam- 
haft, welche,  ohne  mit  dieser  Krankheit  ver- 
Jcnüpft  zii  seyn,  das  Pulsiren  der  Arterien  ■ver- 
anlassen, und  nennt:  «Verknocherungen  an  det 
inoern  Fläche  des  aufsteigenden  Bogen»  der 
Aorta,  das  Pulsiren  bei  Personen  reizbaren  Tem- 
peramentes, bei  hysterischen  Frauen  und  hy- 
pochondrischen Männern  (GeTuhl  von  Flattern 
—  Fluttering  —  im  UnterleiUe),  das  krankhafte 
Fulsirea  als  Erscheinung  der  Reaclion  nach  Blut- 
verlusten ,  Verwachsungen  des  Herzbeutels  nach 
Pericarditis  ,  Geschwülste  u.  8.  f.  (S.  150  — 151)» 
Obwohl  nun  das  Pulsiren  der  Arterien  in  die- 
sen und  noch  vielen  andern  Fällen  Statt  findet, 
in  denen  keine  Arteriitis  vorbanden,  so  wii'd 
man  doch  unbedenklich  nachgeben  dürfen,  daftl 
hier  das  allgemeine  Bild  der  Krankheit  fehlen 
mufs,  während  nur  das  feine  -^  wenn  aucÜ 
vielleicht  —  ein  Hauptsymptoih  vorhanden  war;" 

Th,  Daines  in  seiner  neuesten  Schrift,  hat 
die  Entzündung  der  innern  Olembran  des  Her-r 
zens  und  der  Arterien  (S.  352)  nur  sehr  üüch-^ 
tig  und  ebenfalls  nur  in  Bezug  au  1  die  Beschaf- 
fenheit der  Gelafse,  wie  sie  die  Anatomie  ent- 
deckt, abgehandelt.  Die  beiden  vortrelTlicheA 
Wörterbücher,  die  wir  oben  angeführt  haben, 
enthalten  beide  eine  genaue  und  gründliche  Dar- 
stellung der  Krankheit  zwar  nach  bekannten 
(«)uellen,  doch  auch  mit  kritischer  Würdigung 
derselben  I  und  oiTenbar  nach  eigenen  Erfahxiui!»: 


-      M     — 

I 
\ 

oet  ticb  durch  folgende  Erscheiaiiii||«o  aat:  1} 
an  der  Stelle,  wo  die  entzündet*  Arterie  Hegt, 
findet  eine  erhohete  Temperatur  Statt.  2)  Eben* 
daselbst  empfindet  der  Kranke  einen  brennenden, 
reif  senden  y  nach  dem  Verlauf  der  Schlagader 
weiterschiefsenden  Schmerz  \  3)  mit  demselben 
verbindet  sich  ein  sehr  starkes  Klopfen  ^  weU 
ches  von  dem  gewöhn  licheh  Pulsiren 
durch  seine  ungewöhnliche  Heftig" 
Iceit,  so  toi^  durch  ein  schwer  zu  be* 
schreibendes  schwirr end esQefühl  ver- 
schieden  ist»  Bisweilen  ist  dasselbe  so  be^ 
deutend^  dafs  man  die  einzelnen  Oscitlationen 
der  Schlagader  deutlich  sehen  kann ;  dieses  ei« 
geothümliche  Klopfeo  dauert,  so  lange  das  sjr* 
nochöse  Stadium  der  Entzündung  anhält,  fort; 
«—  sobald  aber  Secrelioo  und  Ausschwitzung 
plastischer  Lymphe  Statt  findet ,  verliert  sich 
dasselbe  mehr  und  mehr.  Ea  kann  sich  selbst 
(nach  Lancisi  und  Bums)  auf  der  Arme  der 
Entzündung  eine  ^Geschwulst  erheben ,  welche 
genau  der  pulsirendeo  Stelle  entspricht,  so  dafs 
ein  Aneurysma  vorhanden  zu  ;eyn  scheint,  wel- 
ches indessen  mit  dem  Sinken  der  phlogisti« 
sehen  Thätigkeit  wieder  gänzlich  Yerschv?iodet. 
4)  in  Folge  der  Theil nähme  des  ganzen  S7- 
stemSy  wird  der  Puls  überhaupt  voll,  hart  und 
etwas  beschleunigt,  diese  Beschaffenheit  de» 
Pulses  wird,  dur^h  Bewegung ^  so  wie  durch 
reizende  Getränke  und  Arzneien  um  Vieles  ge"^ 
steigert,  ö)  Sobald  die  Oblitteratioo  des  er- 
krankten Gefäfses  beginnt^  vermindert  sich  die 
tbierische  Wärme  in  den  entsprechenden  Ge- 
genden^ auch  treten  dann  wohl  von  Zeit  sq 
Zeit  Frostanfälle  ein.  6)  Plach  Bildung  der  Ob- 
litteration  verliert  »ich  der  Pnls  unterhalb  der 
mtiumdeiem  SUIU^  dauert  dagegen  oberhmli  dsr*^ 


-     6ft     n-        , 

Flechsenspringen ,  Delirien  u.  8*  w^  Mit  die^ 
Ben  Erscheinungen  rarläuft  die  Krankheit  h'öck'^ 
stens  bis  zum  siebenten  Tage^'  wo  sie  sich  an« 
ter  kritischem  Schweif se ,  Blutungen  \xt\A  Se- 
diment entscheidet,  oder  durch  innere  Blutao» 
gen  y  Brand ,  Erschöpfung  im  Nervensystem» 
todth'ch  wird  u.  s.  f.  (S.  294),  —  Wir  wol- 
len  nun  noch  zum  Schlüsse  der  Darstellung 
dessen^  was  sich  in  den  Schriftstellern  zur  Er* 
kenntnifs  dieser  seltenen  Krankheit  verfindet^ 
anführen  f  dafs  der  treffliche  Beobachter  Schon» 
hin  das  Vorhandenseyn  der  Arteriitis,  sowohl  der 
allgemeinen  als  der  partiellen,  der  aöuten  wi« 
der  chronischen,  unbedenklich  annimmt«  In 
kurzer  Zusammenstellung  giebt  er  die  Zufalle^ 
welche  die  ^verschiedenen  Speoies  bezeichneOf 
an^  ohne  eine  neue  Erscheinung  hinzuzufdgeD^ 
wir  werden  an  anderer  Stelle  auf  seine  An- 
sichten in  dieser  Krankheit  zuriickkommeo« 
{Pathologie  und  Therapie  nach  Schpnleins  Vor« 
lesungen  I.  Bd.  2.  Aufl.  ^  Phlogosen  des  Blut- 
Systems.    (S.  264). 

Die  Erscheinungen,  die  sich  in  der  Arteriitis 
nach  dem  To'de  ergeben,  sind  in  den  angege- 
benen Schriften  ganz  besonders  griindlicb  erör- 
tert, ich  gehe  also  an  dieser  Stelle,  —  da  ich 
eine  Monographie  zu  schreiben  nicht  die  Ab- 
sicht hatte,  —  nicht  genauer  auf  dieselben  ein; 
auch  schon  defshalb  nicht,  weil  ich  selbst  keino 
neuen  Zeichen  in  dieser  Beziehung  anzugeben 
wiifste.  Der  Vollständigkeit  halber  stelle  ich 
aber  ganz  kurz  io  wenigen  Worten .  und  ehe 
ich  weiter  gehe,  die  constantesteo  Zusammen* 

Dafs  überhaupt  die  Arterien  entzandet  seyn 
können,  hat  sich  durch  das  Criteriuiü  der  Lfi- 
chenöffnungen  hinreichend  erwieisetti    WM  ff' 
loora.  UXXIV.  Bd.  5.  Sfc  E 


—     67      - 

I 

ist  über  einen  grofaeo  Tbeil  des  Arterientyttenit 
yerbreitet ,  ist  hell  scharlachroth,  wie  Zinnober^ 
nicht  hlofs  oberflächlich^  sondern  tiefer  eiDdrio* 
geod,  bis  auf  die  Zellscbichte ,  welche  die  Fi« 
brosa  mit  der  Tanica  intima  Terbindet,  Di^ 
Arterienbäute  sind  im  Allgemeinen  verdickt^ 
derber,  rigider ,  ihre  Elastizität  ist  verloren 
gegangen;  —  immer  finden  sich  dann  auch 
Lymph  -  Goagulationeo  y  die  zähe  und  schwer 
xerreifsbar  sind  und  fest  an  der  innem  Gefäfsm 
haut  anhängen.  Bei  Typhen,  und  DametttUcb 
bei  den  Erjsipelaceen ,  zeigt  die  Röthe  ander» 
Erscheinungen ;  sie  sieht  mehr  ins  Purpurroth9^ 
ist  mehr  oberflächlich ,  beschränkt  sich  mehr  auf 
die  gröfsern  Gefäfsstämme  und  hört  dann  mit 
einem  Male  auff  •—  in  den  Häuten  und  Zell^ 
ge weben  zeigt  sich  keine  Verdichtung^  keia 
Bigiderwerden ,  sie  sind  vielmehr  weicher  und 
beengt  u.  s.  f.  — -  Auch  bei  chronischer  Arte« 
riitis  in  Folge  Ton  Dyskrasie,  findet  sich  di» 
Röthe  in  den  Arterienbäuten ;  —  ein  rother  6e« 
fäfsbof  rings  um  die  atheromatose  lüasse;  sev« 
fliefst  die  Masse  und  bilden  sich  Geschwüre,  so 
nmgiebt  der  Gefäfskranz  dann  auch  das  Ge« 
schwur  (S.  47.  48).  Bei  der  Entzündung  ein« 
zeloer  Arterien,  namentlich  der  durch  Djrskra« 
sien  —  arthritischer  und  syphilitischer  Entziin« 
duog  —  bedingten,  sollen  die  Arterien  sehr  leicht 
zerreifslich  werden,  und  man  aus  innern  Bia« 
tungen  erst  erkennen  können,  dafs  ArteriitiSr 
früher  Statt  gefunden  habe  (S.  250)  *).  Di» 
Folgen  I   welche  die  Entzündung  auf  die  Art*« 

*)  Die  Lücken,  welche  sich  in  der  angezogenen  Schrift 
offenbar  ond  zumal  in  den  letzten  Sätzen  finden,  sind 
unstreitig  der  un?olbtSndigen  Hiandichnft,  diebenntit 
worden,  zuzoschreiben ;  Kenner  werden  faidflssea  dSB 
Wahre  Tom  Falicbea  scboo  bertossoAdiOk 

E2 


•      -     69     — 

müsse,  welcher  diese  EDtzüocIuDg  begSnatiget 
Es  ist  schon  vreiler  obeo  bemerkt  worden^  und 
der  Verfasser  des  Artikels  in  dem  eocyklopäd» 
Wörterb.  hebt  es  besonders  hervor»  dafs  man 
die  ArterieoentzünduDg  nicht  mit  dem  reinen 
Gefäfsfieber  (Febris  inflammatoria  Synocha)  fi- 
lier yielfach  so  milden  Krankheit,  Ter  wechseln 
dürfe ;  and  Reil  geht  offenbar  zu  weit,  wenn 
er  die  Meinung* aufstellt,  dafs  daseinfach  schei- 
Dende  Gefäfsfieber  wohl  häufig  mit  einem  ent- 
zündlichen Zustande  der  Gefäfshäute  verbunden 
seyn  mochte.  Dafs  aber  ein  heftiges  enizühd» 
liches  Fieber  als  Ursache  die  Schlagaderent- 
zündung hervorzurufen  im  Stande  sey,  ist  au- 
fser  allem  Zweifel;  eben  so  mögen  heftige  kör- 
perliche Bewegungen,  Genufs  oder  Obermafsi^ 
ger  Genufs  hitziger  Getränke,  unter  bestimmten 
Umständen,  und  namentlich  unterdrücktt 
Hautlhäiigiceit  als  diejenigen  Ursachen  gelten» 
welche  zumeist  die  Krankheit  zu  erzeugen  im 
Stande  sind;  Gicht ^  Syphilis  und  andere  Dys* 
krasien  bedingen  wohl  zumeist  die  chronische 
und  die  rein  örtliche  Form;  ebenso  die  Ver- 
letzungen der  Arterien« 

Dafs  eine  allgemeine  Gefäfsentzünduflg\L9!avii 
ohne  gleichzeitige  Aufhebung  des  Lebenspro« 
zesses  gedacht  werden  könüe,  ist  klar,  überall« 
wo  von  einer  solchen  bei  dea  Schriftsteilern 
die  Rede  ist,  findet  sich  auch  der  Sections-Be« 
fund.  ,,Jede  Schlagaderentzündung,  sagt  der 
Verfasser  des  Artikel»  in  dem  encyclop.  Wör« 
terb.«  mufs  aber,  bevor  sie  sich  dem  ganzen 
System  mitthcilt,  dem  Leben  ein  Ziel  setzen." 
Dieselbe  Tödtlichkeit  ist  in  den  meisten  Fällen 
unabweisbar,  wenn  der  Bogen  der  Aorta,  oder 
besser  die  Brust- Aorta  -  entzündet  ist.  Wenn 
nach  allen  Untersuchungen  über  die  fintAÜndang 


,     —     71     — 

sKndang,  •timmeo  8o  vrenig  mit  denen  Aar  orf- 
liehen  Schlagadereotzüadang  iiberein,  weisen 
dagegen  so  genau  auf  ein ,  blofa  auf  die  Aorta, 
und  die  grofsern  Gefä/sstämme  sich  beziehen^ 
des,  subinflammatorisches  nur  die  in"' 
nere  seröse  Membran  betreffendes  Le»-' 
den  hin^  dafs  daran  nicht  gezweifelt  u^rden 
kann.*^  Hiermit  mag  rerglichen  werden,  wa» 
Kreyfsig  über  die  Art  der  Eotsiindang  und  de- 
ren Kriterien  in  einer  Anmerkung  su  Hodg-* 
sojCs  Werken  S.  9  richtig  bemerkt;  — •  ich  fiihro 
diese  Stellen  nur  defshalb  an/  um  auch  meine' 
Zweifel  über  eine  allgemeine  Arterienentzün* 
düng  zu  rechtfertigen;  —  und  will  nur  noch 
hiozufügen,  daft  ich  von  einer  solchen  acuten' 
Entzündung^  Welche:  1)  Theile  des  grofsta 
Kreislaufes  betrifft;  —  2)  weiche  als  ein  sub- 
inflammatorischer  Zustand  die  innern  Arterien» 
häute  ergreift  —  niemals  aber  das  ganze  Ge« 
flechte  erfassen  kann ;  —  3)  von  einer  solchen^ 
welche  bei  mögtichster  Verbfeitong  ^—  Brnst 
und  Unterleib,  Arm  oder  Schenkelarterien  -^ 
einen  müden  Verlauf  oimmt ,  theils  nach  Schrift-« 
stellern ,  theils  nach  analogen  Zuständen  — -  Pe^ 
ricarditis,  Carditis  —  Nephritis  —  wie  ich  selbst 
gesehen  und  aus  eigenen  Erfahrungen  über-» 
zeu^t  bin, 

Dafs  die  Vorhersagung  nach  dem  was  an** 
geführt  worden  ist^  immer  eine  sehr  Ungewisse 
seyn  müsse ^  iat  unzweifelhaft;  sie  ist  um  so 
uogiinstiger,  je  weit  verbreiteter  und  je  inten- 
siver die  Entzündung  sich  darstellt ,  sie  ist  gün« 
stiger  in  den  entgegengesetzten  Fällen,  sie  ist 
zweifelhaft  in  Bezug  auf  die  Folgen ,  sie  ist 
täuschend  wegen  mannichfaltiger  Complicatio« 
neu,  die  mit  der  Krankheit  auftreten  und  die 
sich  zu  derselben  hinzugeselien  können }  «^  hi«-' 


—     73     — 

der  Blutegel,  aod,  Schonlein  aagt  über  die  The^ 
rapie :'  sie   müsse  im  höchsten  Grade   antiphlo-' 
gistisch  seyn  I  gro/se  entscheidende  Aderlässe^  oft% 
in  24  Stunden  bis   60  Unzen  ^  gleich   der   etßstt 
soll   20  Unzen   betragen,    und   wenn    der   Puls 
nicht   weicher    würde ^    so    müsse  .er    nach    ei" 
nigen     Stunden     wiederholt     werden  ^     und   so 
fort  bis    der  Puls  weicher  wirdm  '  Ferner    wird 
der   Gebrauch    der  Slittelsalze ,   nameotlich  das 
Kitrüm^    gerübint;    —   Schönlein   räth    die  An- 
wendung  der  Mittelsalze    in    Pulverform^    die 
AufiösuDg   solle    weniger   günstig  wirken ,   Ni- 
truiii  zu  5  —  6  Gran  mit  einer  Drachme  Wein- 
steinrahm  und  etwa^  Zucker  alle  1  oder  2  Stun* 
den.     Sollte  keine  Ausleerung  erfolgen,  so  soll 
ein   Klystier  von  Essig  und  BLngnesia  sulphu- 
rica  gegeben,   und   später  dem  Nitrum  die  Di- 
gitalis hinzugesetzt  werden.     Ruhiges  Zimmer, 
f^nchte  Atmosphäre,   was  man  durch  Bespren- 
gen  und   Aussetzen    Ton   Gefäfsen   mit  Wasser 
bewirkt.    —     Zum     Getränke-  Weinsteinmol- 
fcen,  Essigmolken,  Selterserwasser  mit  Zucker, -— 
Pflanzen-  und  Mineralsäuren.     Ist  der  Zeitpunkt 
der  Krisen  eingetreten,   so   giebt  man   die  ^Ge- 
tränke   lauwarm,    und    bedeckt   den    Kranken 
sorgfältig  (am  angef.  Orte  S.  248).     Den  Sau-» 
ren,  namentlich  den  versüfsten  Säuren ,  schrei- 
ben Frank  und  'Spangenherg  auch  noch  in  spä- 
tem Zeiträumen  des  Uebels  Heilkräfte  zu.  - 

Der  Verfasser  in  RusVs  Chirurgie  räumt 
mit  Recht  dem  Calomel  einen  wesentlichen  Nuxr- 
zen  in  der  ^rterienentzündung  ein ,  und  beden- 
ken wir,  dafs  der  Prozefs  sehr  rasch  exsuda- 
tiv wird,  dafs  er  sich  vielfach  als  einen  sub- 
inflammatorischen  darstellt  und  das  reproduk- 
'  live  Verhältnifi  des  Lebensprozesses  ergreift, 
so  wird  mao  ~  was  aacb  meioe  Erfahraog 


—     7d     — 

^abl  ao^eweDdet  werdeD.  Deo  OblitleraUoDen 
ip  einseloeD  Gebilden ,  naineollicb  io  den  Extre- 
znitäteoy  und  hier  den  ontero,  ist  gar  nicbt  leicbt 
zu  begegnen ,  es  eotstebet  eise  StoroDg  zwi- 
scben  dem  Tenosen  und  arteriösen  ILreislaof, 
die  Venen  pflegen  aneascbwellen  und  ein  dicb- 
tes  Adernetc  zu  bilden^  Geschwakte  mit  Scbmerz 
und  dem  Geiübi  des  Einschlafens,  der  Taub« 
heity  begleitet  y  befallen  das  Glied ,  leichte  Er- 
kiiblungen,  festes  Sitzen  aof  einer  Stelle,  brin- 
gen Tor&bergebend  und  bleibend  diesen  Zustand 
berror,  und  gern  dürfte  sich  wohl  später  eint 
Art  von  Lähmung  ausbilden;  in  dem  Ton  mir 
behandelten  Falle,  haben  mir  Ein  Wickelungen 
des  Gliedes I  und  aromatische  Waschungen  viel 
genützt«  — -  Leichte  Aufgusse  der  Chinarinde 
und  natronhaltige  Wässer  (Se^cr^^,  Ober^Salz^ 
hrunn,  Geilnauer^  in  einzelnen  Fällen  Kissio- 
ger  Brunnen),  so  wie  die  sSben  Molken  schei- 
nen mir  zu  einer  Nachkur  sehr  zweckmälsig» 

Es  sey  mir  nun  erlaubt|  in  gedrängtem  Um^ 
rifs  diejenigen  diagnostischen  Kennzeichen,  wel« 
che  die  Arteriitis  cbarakterisireo ,  zusammen, 
und  diejenigen  Krankheiten ,  welche  derselben 
am  nächsten  stehen,  in  gleichem  Umrifs  entge« 
gen  zu  stellen.  Hierher  rechne  ich  —  indem 
ich  die  verschiedenen  und  mannichfaltigen  Com« 
plicationen  übergehe,  —  die  Febris  inflamma'» 
toria  genuina,  (ßynocha  Simplex)  ^  die  Cardiiis 
und  Pericarditis»  '-—  Aus  eigener  Erfahrung 
habe  ich  einzelne  Erscheinungen,  die  mir  wich« 
tig  geschienen,  besonders  hervorgehoben« 

1.  Febris  inflammatoria  gertuina  universaKSp 
Synocha,  Einfaches  entzündliches  Fieber»  — 
Pathognomonische  Zeichen,  Gleichförmig  über 
den    ganzen    Körper    verbreitete   Wärme,  — • 


«-     77     «i» 

ses  Fiebdt  obne  irgend   eine  Ertliche  Compli- 
cation. 

Dauer:  24  Standen  —  Ephemera  ^ —  bis 
drei  Tage  Epbemera  protracta ;  selten  bir  zu 
sieben  Tagen^  dann  niemals  ohne  CompUcation. 

Krisen:  Scbwelfs  und  Urin^  Blutflüssei 
letztere  sehr  selten. 

Ausgänge :  Schneller  ITebergang  in  Gesund«« 
beit  —  Utbergang  in  andere  Fieberformen  — 
Metascbematismen.  Der  Tod  nur  in  ^ehr  sel-^ 
tenen  Fällen,  {ßrown^  P,  Frank,  Reil,  v.  HiU 
debrand^  Reimann,  Bischof  und  viele  andere 
altere  und  neuere  Scbriftsteller.) 

2.  CarditiSm  Herzentzündung*  *—  Patho^ 
gnomonische  Zeichen.  Unbeschreiblich  grofse 
Angst  und  Unruhe,  die  sogar  jedes  Schmerz- 
gefühl übertäubt,  schmerzhafte  Empfindung  in 
der, Tiefe  des  Herzens  (täuschendes  Gefühl  toq 
Ortsveränderung  des  Organes  selbst^  oder  rich- 
tiger des  Herzschlages),  überaus  frequenter  und 
doch  zurückgedrängter  Puls  (Neigung  zur  Ohn^ 
macht  und  wirkliche  Ohnmacht  bei  Bewegung 
genj  —  anfänglich  vermehrte,  bald  aber  ver- 
minderte Hauttemperatur,  kühle  Extremitäten^ 
sehr  bald  verfallenes  bleiches  Angesicht;  die 
Physiognomie  eines  tiefen  Leidens;  —  der  Zu- 
sammenhang aller  dieser  Zufälle  und  Erschei- 
nungen giebt  das  reine  Bild  der  Cmrditis. 

Besondere,  einzelne  Zeichen  und  Ersehet'» 
nungen.  Carditis  entstehet  Mrie  das  entzünd- 
liche Fieber ,  und  fast  jede  reine  acute  Entzün- 
dung; die  allgemeinen  fieberhaften  Erscheinun- 
gen, in  wiefern  sie  oft  vorbanden,  sind  diesel- 
ben. Anhaltendes  Fieber  ^  Schaudern  mit  flie^ 
gender  Uitze  abwechselnd,     (Fieber  laLiTOii 


—     78     - 

niöon  Autoren  I    «.   B.    too  DavUSf  ^AzoA  1  rf 
worden).    —     Anfaogs    geröthetei  Antlitz  nni  1  i 
warme  Haut,  bald  aber  reriallenes  Antliti,  du  I  l 
Physlogooinie   des  tiefsten  Leidem  und  der  m*  I  I 
jnenlosesten  An^st.  Angstvolle  B.espiraim\^  \  ( 
pression   der  Brust) ,    bei    reiner  Carditis  ai« 
keine  gesttirte  und  schnierzbafte.  —  Schmen» 
hartes   Gefübi  in  der  Tiefe  de»  Herzens;  nad 
Mehreren    das  Gefühl ,    als    ob   eine  glühenii 
Kohle  an  der  Stelle  des  Herzens  läge;  Kha&> 
bare  Ortsyeränderung   des   Organesi  des  Ben- 
Schlages.     Palpitationen,  oder  ganz  uniühlbaie! 
Herzschlag.  —   Tiefe  Ohnmächten  bei  dem  Yfh 
such  zur  Bewegung ,   besonders   bei  dem  AoS- 
richten,    auch    bei    schnellem  Niederlegen  dd 
Körpers;  notbwendige Rückenlage.     Gelüh\\(i 
Kälte  in  den  Extremitäten  und  TerinioderteUaot* 
temperalur  (wird  von  Davits  nicht  angenom* 
men).  — 

Unregelmäfsiger  Puls :  Anfänglich  hart  abs 
klein^  ungleich^  sehr  frequent^  zuletzt  unzählbm 
Disharmonie  zwischen  Herzbewegung  und  A^ 
terieoschlag.  —  Grofse  Aufregung  des  Kerres' 
Systems;  krampfhafte  Zufalle,  tetanische  Steit- 
heit,  erschwertes  Schlingvermogen  —  selten,  - 
(Hierron  wohl  die  besondere  und  gewils  oidv 
fest  begründete  Annahme,  dafs  mit  der  Hydm 
phübie  Herzentzündung  verbunden,  oder  \\» 
serscheu  mit  letzterer  immer  Torkomme«  Chi 
rurgische  Abhandlungen  und  Wahrnehmangei 
von  Trecourl  aus  dem  Franzoft«  übersetzt.  1811) 
—  Oft  dagegen  Vomituritionen  und  wirklich« 
Erbrechen.  —  Grofse  Verstimmung  der  Psy- 
che, —  Melancholie,  letztere  oft  bleibend.- 
Auskultation  und  Percussion  der  Lungen  lassei 
diese  (sie  waren  denn  complicirt  ergriffen)  gs 
«uud  encheiaenn  -«•    Frieseln  kommen  bei  de 


—     79     — 

I 

rheumatiBcheD  HerzeDtziinduDg  {Rfaeumatitmus 
cordis)  vielfach  yor,  beide  scbeioeo  in  einem 
besondern  Wechsel Terhältnib  zu  stehen.  -^ 
Blut:  anfänglich  entzündet^  bald  zersetzt,  mehr 
Cruor  als  Serum  |  der  Blutknchen  fällt  ausein* 
ander.  —  Dauer:  3  bis  7  Tage»  —  Krisen t 
durch  Schweifs  und  Urin* 

Ausgänge  nod  Folgen^  —  wie  bei  andern 
Entzündungen  —  Zertheilung,  chronische  Nach* 
krankbeiten ,  Hydrops  Pericardü ,  Yerwachsun« 
gen  mit  dem  Herzbeutel,  Exsudate^  Verkno* 
cherungen  der  Kranzarterien  und  der  Yalvelop 
— -  auch  blutige  Herzerweichung.  —  Von  Eini-« 
gen  ist  Vereiterung  und  Brand  angenommen 
worden.  Der  Tod  erfolgt  suffocativisch  — 
(apoplektisch).  —  (P.  Franko  Senac^  Corvisart^ 
J.  F.  Davis,  Thom.  Davies  und  Hope^  Bischojff 
Boux  (de  carditide  exsudatira),  Herzberg  (de  car« 
dilide«  Halae.  T.  1.  u.  2.  Encyclopäd.  Worterb« 
VII.  Bd.     Sehoenlein  u.  A.). 

3.  Pericarditis.  Herzbeutelentzündung»  — « 
'Pathognomonische  Zeichen.  Viele  Zeichen  fal* 
len  mit  der  Herzentzündung  um  so  mehr  zu* 
sammen^  als  vielfach  das  Herz  in  wahre  Mit* 
leidenscbaft  gezogen  ist.  Stechender  und  bren^» 
nender  Schmerz  in  der  Herzgegend  bis  hinauf 
zu  den  Schultern  und  Armen,  Druck  und  Bren* 
pen  im  Pericardio  und  unter  dem  Brusthein. 
Vermehrung  der  Empfindung  bei  äufserem  Druck, 
Unfähigkeit  auf  der  linken  Seite  zu  liegen ;  un« 
regelmälsiger,  scbueller,  ToUer^  vibrirender^ 
später  aussetzender  Pulsschlag,  Herzklopfen  mii 
verstärktem  Herzstofs^  grofse  Unruhe  und  Angst  i 
—  doch  kein  Verfall  de»  Antlitzes  wie  bei 
wahrer  Carditis^  keine  kalten  Extremitäten» 


^     81     — 

Krisen:  inxeh  Schweifse  ond  durch  reich* 
licheo  Abgao^  ton  Urin  mit  rothlich gelben  Bü^ 
deosätzep«     . 

jinsgcLUge:  zuerst  wie  bei  andern  Rntziio« 
düngen,  Zerlheilung,  Eocsudaiion,  Herzbeutelwas^ 
sersuchtj  Verwachsungen  mit  dem  Herzeui  tbeil« 
weise  und  alJgemein.  *-:  (Ich  sah  vollkommeue 
Verwachsungeo,  bei  denen,  so  schien  es,  das  Lo« 
ben  länger  bestanden  hatte;  pa/'tielle  kommeki 
vielfach  Tor  und  bestehen  gewifs  geraume  Zeit 
ohne  sonderlibhe  Benacbtheiligupg  der  allgemein« 
Den  Gesundheit).  Der  Tod  erfolgt  paraljrtisßll 
oder  suffocatorisch.  (Die  firüher  angegebenea 
Beobachter  und  Thom.  DavUs,  7«  Hdpe  u.  A«) 

4*  jäcute  uirteriitis.  Da  in  dem  Torstehen« 
den  Aufsatz  dieser  Krankheit  eine  ganz  yorziig« 
liehe  Würdigung,  namentlich  auch  in  diagnosti« 
scher  und  symptomatischer  Hinsicht,  gewährt 
worden  ist,  so  darf  ich  mich  in  dem  Folgenden 
um  so  kfiri^er  fassen. 

Pathognomonische  Zeichen*  Heftiges  regel* 
mäfsiges  Klopfen  in  dem  Verlauf  der  Arterieü 
(oder  dem  entzündeten  Theile  ddr  Arterien)  bis 
in  die  Eittremitäten  und  zu  den  Kopfarterien* 
Vibrirendes  Gefühl^  Vibration  des  Herzens  selbst; 
Empfindung;  gleich  der  eines  glühenden  Stabes. 
(Stromes)  zur  absteigenden  Aorta,  frequenter^ 
harter,  voller  PulSf  gleichsam  ein  jTorl wallender 
glühender  Blutstrom*  Anscheinend  (zuwei'en) 
kein  Fieber." 

Besondere  Zeichen.  Entstehung  des  Üebels^' 
wie  andere  Entzündungen^  —  unterdrückte  Itaut^ 
lemperatur,  starke  Bewegung,  Ueberma/s  im 
Genufs  geistiger  Getränke»  —  Anhaltendes  star-» 
Tees  Fieber  —  ^anscheinend  auf  der  höchsten 
Stufe  der  Krankheit  kein  Fieber)«  Brennen  der 
Jotjrn.LXXXlY.B.5.St«  F 


^      83     ^ 

Rastlosigkeit ,  Angst ;  Delirieo ,  NerrPttzofSn^^* 
Erbrechen ;  -^  stets  drohende  Erstickungsgefabr« 
Der  Urin  nicht  sparsam  *-  man  sähe  ihn  so« 
gar  reichlich,  so  auch  ich  «—  andere  sparsaiOi 
röthlich  mit  purulentetn  Bodensatz  \  Stahl  an«' 
terd  rückt.  —  Bltdt:  entzündlich ,  doch  nicht  in» 
Anfaüg  der  Krankheit  mit  Entzundungshant  be« 
deckt,  was  erst  nach  den  spätem  —  freilich' 
sich  rasch  folgenden  Aderlässen  —  Stattfindet 

KHsenz  durch  reichlichen  Abgang  Ton  ITirui; 
-—  erst  spät  und  nach  dem  7ten  Tage  Boden« 
sätze ,  —  durch  reichliche  Schweifse ;  Nasenhlw» 
ien  (ob  das  Blutspucken  kritisch  seyn  kann?). 

Dauer  der  Krankheit :  vier  bis  sieben  Tag€i 
Beconralescenz  langsam»  Ausgänge  i  Zerthei« 
lung,  lymphatische  Exsudate,  Obliteration  ein« 
seiner  Arterienstämme  und  kleiner  Zweige  •— « 
Verwachsung  —  Yerschliefsung  der  gröfsera 
Stämme  —  vor  dem  Tode.  —  Der  Tod  bei 
allgemeiner  Arteriitis  fast  ^anx  ^e{<;i/^,  —  Stille« 
stehen  des  Kreislaufes ;  Suffocation,  ApoplexiöJ 

Sthon  am  Eingange  habe  ich  bemerkt,  daftf 
die  Arterien  -  Entzündung,  namentlich  die  etcüte^ 
als  eine  sehr  seltene  Krankheit  von  allen  Beob^ 
achtern  angenommen  worden  ist.  Nur  Weni-' 
gen  war  es  vergönnt  —  wie  dem  berähnoMtf 
P.  Frank  —  eine  Anzahl  von  Fällen  zu  beobaeh^ 
ten;  nur  Wenige  sahen  die  Krankheit  m/t;  "^ 
wie  oft  mag  sie  mit  Garditis,  — >  Tidleicht  aucb 
mit  Pericarditis  —  wie  oft  mit  Brust- und  gro- 
fsen  Unterleibs -Eutzüädungen  Torkomfmeii,  wtf 
sie  weniger  beachtet  yoriiber-,  oder  in  derUn-J 
dern  Krankheit  —  wenigstens  scheinbai'  «^  un- 
tergehet. Dieses  bei  Seite  gelassen,  so  babe^ 
ich  selbst  zwar  viele  compHcirte  Entiiindunge'li? 
der   Brost   und   des   Uot»rkibe#  gesehen,  i« 


—    85      — 

Cegenstancly  der  damalBiurch  Spangenher g*s  u.  A. 
BeschreibuDg  Intereftse  erregt  hatte  ^  uod  fahrte 
inich  Dach  der  PriifuDg  ao  das  Kankenbett  eioes  tod 
diesem  Uebel  befalleDeo  Mannes^  eines  jungen 
Handwerksgesellen.  Leider  sähe  ich  den  Kran« 
ken  nur  einmal  \  der  Vortrag  aber  jenes  trefF- 
lichen  Lehrers  der  Arsneikunde^  und  das  über- 
standene  Examen  prägten  mir  das  Bild,  wel- 
ches ich  Yor  mir  hatte ,  fest  in  das  Gedächtnib«. 
Ich  hatte,  obwohl  ich  damals  schon  in  Krao- 
Lenhäusern  und  in  der  Privafpraxis  eine  grofse 
Anzahl  Ton  Kranken  gesehen,  ähnliche  Er- 
scheinungen noch  nicht  beobachten  können,  und 
ich  bemerke  an  dieser  Stelle  nur,  dafs  jener 
Kranke  derjenigen  Darstellung,  welche  berühmte 
Aerzte  Yon  der  Krankheit  gegeben,  und  wie 
ich  solche  in  dem  hier  yorauistehenden  Aul- 
Satze  beschrieben,  genau  entsprach. 

Den  zweiten  Kranken  behandelte  ich  im 
Januar  1811  im  Hospital  zu  Allerheiligen,  er 
betraf  einen  Leineweber  -  Gesellen  D. ,  von  mitt- 
leren Jahren ,  der  sein  Gewerbe  nicht  ipehr 
trieb  ^),  Dieser  Mensch  mochte  bei  der  da- 
mals Statt  findenden  ungewöhnlichen  Kälte,  da 
er  verarmt  und,  irre  ich  nicht,  sogar. ohne  Ob- 
dach gewesen  war,  und  in  sehr  dürftigen  Ver- 
hältnissen dem  Hospital  übergeben  wurde,  höchst 
wahrscheinlich  eiue  Störung  der  Hautausdün-' 
Btun^  erlitten  haben.  Er  kam  an  einem  Abende 
in  die  Anstalt,  an  dem  sich  das  besondere 'Uo- 

*)  Leider  vermag  ich  die  von  mir  genaa  Terzeicbnete 
Krankheitsgescliicbte  nicht  vollständig  mitzotheiten ; 
ich  kann  sie  nur  aus  meinem  Tagebuche  kurz  anga- 
ben, da  viele  meiner  Papiere,  namentlich  Krankheits- 
geschichten iiTid  LüichenÖfTnungen ,  mir  bei  dem  auch 
mich  am  29sten  Dccbr.  1831  mit  betrotrenen  Hospi- 
talbrande, verloren  gegangen,  <^  vahrscUeinlicb  mit 
verbrannt  sind. 


.    87     «• 

bis  In  den  KoplTaQfvrarts  qdj  bis  lo  die  Schenkel 
abwärts  erstreckte ,  und  mit  heftigem  Klopfen 
im  gaocen  Korper  .  yerbuodeD  wäre ,  eine  Ein« 
pfiodangf  die  er  als  oiibescbreiblich  unaoger 
nehm  beschrieb;  seine  Pulse  waren  eigentlich 
gar  nicht  sa  zählen ,  und  zwischen  Systole  un  j 
Diastole  kaum  ein  bemerkbarer  Unterschied^ 
dabei  war  der  Pulsschlag  grofs  (wie  eine  starke 
Federspule)»  sehr  stark»  und  wenn  hier  der 
Ausdruck  pafst,  unendlich  frequent,  man  kann 
^gen,  man  fühlte  in  den  Arterien  der  Hand^ 
des  Halses  find  der  Schenkel,  eigentlich  nur 
das  Strömen  einer  FlSssigkeit  ohne  deren  Wel- 
len wahrnehraeD  zu  können;  seine  Angst  war 
namenlos  9  und  sie  war  um  so  gröfser,  als  er 
gar  keine  Hülfe  oder  Erleichterung,  durch  Ver- 
Knderung  der  Lage,  durch  Klagen  oder  durch 
tonst  ein  Mittel  erlangen  konnte»  da  jede  Be« 
^^gnpg  die  Empfindung  in  seinem  Korpet 
Termehrte»  selbst  das  Seufzen  war  ihm  unan- 
genehm» und  doch  hatte  er  zu  dieser  Erleich- 
terung eine  grofse  Neigung.  Ein  Versuch  zum 
Gähnen  war  unmöi^licb.  Dabei  war  der  Herz- 
schlag gleichfalls  undeutlich»  bebend^  vibrirend» 
(zitternd)  —  aber  das  Herz  war  k  eines weges 
in  dem  Verbältnifs  ausgedehnt»  wie  die  Arte- 
rien ;  es  schien  —  wie  ich  mir  es  bemerkt  — ^ 
▼erkieinert.  Uebrigens  war  die  Hautoberfläche 
heifs»  wie  der  Athem»  der  Urin  sparsam  und 
rothy  der  Stuhlgang  fehlte.  Ich  liefs  dem  Kran- 
ken an  diesem  Tage  zwei  Mal  und  sehr  reich» 
lieh  zur  Ader,  beide  Male  halte  das  Blut  eine 
starke  Entzündungsspeckhaut  ^  d«  h.  keine  Cru-- 
sta  pleuritica  contracta  fimbriatUf  sondern  der 
Blutkucben  blieb  breit»  noch  während  des  Ader- 
lassens  gerann  dasselbe,  setzte  wenig  Serum  ab, 
blieb  fast  ^anz  Cruor»  und  letzterer  bildete  eioeii. 


~     89     — 

genommeDy  die  Zufalle  waren  miMer,  die  Angst 
hatte  abgenommen,  die  Pulsschlage  waren  zu 
zählen  ,  der  Herzschlag  war  kenn  bar,  nur  war 
jede  Bewegung,  noch  unmöglich,  das  heifse  Ge- 
fühl im  Verlaufe  der  Aorta  und  ihrer  gröfseren 
Stämme  fortdauernd,  ja  sich  bis  in  die  Arme 
und  Beine  erstreckend;  auf  diesen  sitanden  die 
Venen  strotzend  in  einem  blauen  Netze,  und 
namentlich  an  den  Händen,  Fiifsen  and  den 
Unterschenkeln,  den  Waden.  Der  Kranke  be« 
bauptete,  «ie  wären  ihm  vollkommeo  eingeschla» 
fen  unjl  gelähmt,  er  kÖane  kein  Glied  bewegen, 
er  sey  gelähmt;  das  War  aber  jedoch  nicht  der 
Fall,  er  konnte  jedes  «einer  Glieder  bewegen. 
Ich  'bemerke  nur,  dafs  während  dieses  Zu«^ 
Standes  der  Extremitäten,  die  Angst  si<^h  '  sieht* 
bar  vermindert  und  die  Brust  freier  gewordea 
war.  Am  Abende  wurden  auf  die  Extremität 
ten  Senfteige  gelegt  und  noch  einmal  Ader  ge- 
lassen, also  nun  zum  fünften  Male.  Das  Blut 
batte  dieselbe  Beschaffenheit  wie  die  früheren 
Male,  auch  warf  der  Kranke  noch  immer  schwarze 
Blulklümpchen  aus.  Am  fünften  Xege  traten 
allgemeine  Schweifse  ein  nnd  der  Urin  gab  ei- 
nen reichlichen  Bodensatz,  es  zeigten  sich  Spa- 
ten Ton  Speichelflufs,  welcher  bald  sehr  reich- 
lich wurde.  Von  nnn  an  trat  die  Besserung* 
ein,  welche  rasche  Fortschritte  machte.  Kaum 
drei  Wochen  nach  seiner  Aufnahme  wurde  er 
f^eno^en  entlassen.  So  viel  finde  ich  über  die- 
sen Fall  aufgezeichnet. 

Den  dritten  Fall  beobachtete  ich  in  diesem 
Jahre,  und  er  wurde  die  nächste  Veranlassung 
zur  Zusammenstellung  dieser  Bemerkungen. 

Der  hiesige  Secretair  Hr.  6.  ^  nun  zwei 
und  dreifsig  Jahre  alt,  mir  seit  einer  langen 
Reihe  von  Jahre»  geaau  bekannt,  bühtt  voo 


-^     Oi     — 

.an  der  er  arbeitete^  fast  ODerträglicb»  Zu  die« 
per  Zeit,  —  schoo  im  Octobür  -~  bekam  er 
jeineD  besonderen  Zufall^  den  er  jenen  Reisen^ 
ich  seinem  Amts-Locale  zuschrieb,  und  der  in 
einem  steten  Einschlafen  der  Finger  der  rech- 
ten Hand,  und  dieser  zum  Xheil  f>elbst  bestand,  — 
ein  Uebel,  welches  ihn  angemein  beschwerte^ 
und  im  Arbeiten  hinderte.  Dasselbe  wurde  auch 
nicht  ganz  beseitiget  und  nur  durch  Einreibun« 
gen  des  ätherischen  Sepfols  mit '  Weingeist  und 
durch  den  innern  Gebrauch  der  Tinct«  Guajaci 
ammoniata  yermindert«  In  dieser  Zeit,  nament- 
lich Ende  des  Jahres,  hatte  eich  Hr.  G.  •  •  • 
öfter  ermattet  gefühlt,  and  uni  sich  nach  ^Ln« 
elrengungen  zu  stärken,  gegen  seine  sonstige 
Gewohnheit  (er  führte  wegen  seiner  Halsleidea 
eine  sehr  strenge  Diät)  angefangen,  täglich  eia 
Glas  alten  Ungarwein  zu  trinken,  der  ihm  schein- 
bar zusagte  und  kräftigte.  Im  fiebrigen  befand 
er  sich  wohl ,  und  ich  sähe  ihn  noch  etwa  zwei 
Tage  Tor  der  jetzt  zu  beschreibenden  Krank- 
heit,  ohne  dafs  er  mir  aber  eine  Beschwerde 
besonders  geklagt  hätte. 

Am  liten  Januar  Vormittag  empfand  er, 
nach  TQrausgegangenem  Fieberschauer  und  dar^ 
auf  folgender  Hitze,  einen  tiefen  Schmerz  im 
Rücken  und  längs  des  Verlaufes  der  Rücken- 
säule, der  sich  bis  in  die  Lumbaigegend  verbrei- 
tete, ihn  am  Sitzen  hinderte  und  nur  im  Ste- 
hen einige  Ruhe  finden  liefs.  Ich  sähe  ihn 
Abends  um  6  Uhr,  er  stand  in  seinem  Zimmer 
und  stützte  sich  mit  der  Hand  auf  den  Tisch, 
aufser  jenem  Schmerz,  oder  richtiger^  beson- 
deren Empfindung,  klagte  er  über  keine  Be- 
schwerde, er  hatte  harte  ToUe  Pulse,  die  nur 
mäfsig  häufig  waren,  eine  warme,  doch  milde 
UaultemperaUiri  dio  Zopgo  ¥rar  tein^  nur  leicht 


^     Q3     ^ 

alle  venösen  OefSfse  ausgedehnti  namentlich  an 
Hand  und  Fiifsen ,  da  aber  wie  schon  gedacht, 
der  Kranke  in  der  letzten  Zolt  sehr  fett  ge-* 
"worden  war^  so  zeigten  sich  weniger  die  klei« 
nen  Gefäfse  sichtbar^  dagegen  die  Haut  ange- 
spannt, sehr  heifs  und  brennend  anzufühlen.  • 
Der  Ober -Wandarzt  des  AllQrbeiligen  -  Hospi- 
tale ^  Hr»  Sachs,  liefs  dem  Kraciken  selbst  über, 
ein  Pfund  Blut^  woranf  Schwäche  eintrat^  und 
nun  im  Pulse  nach  einer  guten  Secunden-Uhr 
130  Schläge  herausgefühlt  werden  konnten,  denn 
genau  war  die  Zahl  nicht  zu  bestimmen.  Ea 
wurde  nun  die  angefangene  strenge  autiphlo« 
gistische  Methode  fortgesetzt ,  und  da  der  Stuhl- 
gang zögerte  y  die  Gabe  des  Kali  tartarici  ver- 
inehrty  und  abwechselnd  alle  zwei  Stunden  1 
Gran  Galomel  yerordnet*  Auf  die  untern  Ex- 
tremitäten wurden  ableitende  Reize  gelegt,  und 
(]er  grofse  Durst  des  Kranken  und  sein  Hang 
nach  Säuren  durch  einen  Aepfeltrank  und  Apfel- 
ftinensaft  befriediget«  Ein  Kljstier  hatte  keine 
Folgen,  Abends  war  der  Zustand  ganz  unver- 
ändert,  die  Angst  des  Kranken  grofs,  er  ver* 
mochte  sich  kaum  zu  regen  und  zu  bewegen^ 
und  lag  starr  auf  dem  Bücken;  die  Hitze  des 
Körpers  war  bedeutend,  der  Kopf  aber  frei, 
keine  Störung  des  Sensorium^  Herz-  und  Puls- 
schlag wie  schon  beschrieben»  Mit  den  Arz- 
-neien  wurde  fortgefahren,  aber  nochmals  ein; 
Pfund  Blut  abgenommen.  Das  Blut  Tom  Vor^ 
mittag  zeigte  eine  geringe,  das  nun  abgelassene 
Blut  eine  stärkere  Bntzündungshant,  doch  bei 
grofsem  Ueberschufs  yon  Cruor  und  wenig  Se- 
rum ,  nicht  eine  Crusta  pleuritica  fimbriata,  son- 
dern einen  platten  Blutkuchen  mit  bedeutender 
lymphatischer  Abtheilung. 


\..*i^ 


^     9&    ^ 

guioolento  Sputum ,  viie  bei  Poeuinome ,  oncl 
wie  es  eich  aus  den  Bronchien  absondert  und 
in  der  Lunge  exsudirt,  sich  in  Streifen  zuerst^ 
und  d^nn  mit  dem  lymphatisch -mucosen  Aus« 
wurf  gemischt  zeigt ,  sondern  reines  abgeson^ 
dertes  schwarzes  Blut  in  kleinen  Klumpen;  — 
auch  ohne  Husten  warf  er  solche  aus^  immer 
ohne  Schmerz^  aber  auch  ohne  Erleichterung. 
Bei  den  Versuchen  zum  tiefen  Aus-  und  Ein« 
atbmen^  die  ich  den  Kranken  wiederholt  iaa* 
eben  liefs ,  empfand  er  keinen  besondern  Hu« 
stenreiZ)  noch  weniger  eioen  besondern  oder 
einen  andern  Schmerz  in  seiner  Brust  als  den 
schon  angegebenen.  Es  wurde  nun  eineEmul- 
sio  laxatiya  Viennensis  unc.  TÜj  mit  Nitrom 
dr«  ij  und  Kali  tart.  unc.  ß  verordnet ,  und  die« 
Ser  Mischung  Aq.  Lanrocerasi  dr.  iij  und  Sy- 
rupi  Diacod«  Dispensatorii  Brandenburg  dr.  r 
zugesetzt;  alle  2  Stunden  $  Tasse,  die  andero 
Stunde  1  Gran  Calomel.  Obwohl  nun  alle  diese 
Mittel  fleifsig  genommen  worden  waren  ^  so 
fehlte  doch  nocl)  immer  LeibesoiFnung.  Abende 
trat  neuerdings  Vermehrung  der  Zufalle  ein^ 
und  sie  waren  alle  ganz  in  der  Art  Torhandeo^ 
wie  am  Vormittage.  Es  wurde  zum  vierten 
Male  spät  uibends  zur  Ader  gelassen,  das  Blut 
zeigte  -^  in  Folge  der  wiederholten  Entzie- 
hungen —  nun  eine  mehr  ausgebildete  Crusta 
infUunmatoria ,  der  Blutkuchen  zog  sich  zusam- 
men, und  es  sonderte  sich  mehr  Serum  ab, 
der  Urin  war  etwas  reichlicher  abgegangen,  blieb 
aber  noch  roth.  Neben  der  Emulsion  und  den 
6alomel- Pulvern,  liefs  ich.  nun  ein  einCaches 
Infusum  Foliorum  Digitalis  purpon  ans  zwei 
Scrnpeln  nehmen. 

Auf  diesen    stSrmischeD  Tag   folgte   ein« 
im  Vergleioh  sa  djeeeai,  tohigese  Jladit^  und 


—     97,    — 

Am  ißten  Januar  t  alco  dem  secfasteo  Tage 
der  Krankheit  j  warden  alle  Arzaeien^  fortge* 
setzt I  und  es  ereignete  sich  in  den  Erscheinun« 

Sen  der  Krankhieit  nichts  BemerkenswertbeSf 
och  begannen  die  Kräfte  zd  sinken:  ich  fiefs 
am  Abend  den  'Aufgufs  der  Digitahs  oft  and 
zur  Nacht  ausschliefslich  nehmen  ^  uiid  am  17tea^ 
dem  «iebetiten  Tage,  abwechselnd  mit  Calo« 
jneU  *->  Dem  verstärkten  Aufgufs  wurde  NU 
trum  und  der^  Liquor  Kali  acellci  hinzugefügt» 

An  diesem  Tage  zeigte  sicb^  nachdem  ia 
der  Nacht  Delirien,  oder  besser  Phantasmago- 
rien,  eingetreten  waren  ^  allerdings  eine  Verän« 
derung,  und  man  durfte  eine  Krisis  erwarten; 
der  Urin  begann  zu  brechen  und  einen  rothli« 
chen  Bodensatz  abzusetzen,  es  kamen  ein  Paar 
ireichliche  pulpöse  Stühle  und  ein  leichter  Seh weiCi 
begann  den  Korper  zu  bedecken«  Es  sanken 
aber  'die  Kräfte  bedeutend*  Herz-  und  Puls* 
schlag  wurden,  deutlicher  und  distincter^  letzt^«- 
rer  sogar  weich,  obwohl  er  noch  voll  und  grofs 
blieb,  auch  hatte  der  Kranke  mehr  Ruhe.  6e« 
gen  Abend  indessen  traten  Erscheinungen  eio^ 
die  mich  einen  Metaschematismus  besorgen  lie« 
fsen,  um  so  mehr,  als  zu  der  Zeit  bei  uns 
viele  der  heftigem  Entzündungen  in  nervosa 
fieberhafte  Krankheiten  überzugehen  pflegten. 
Die  Zunge  unsers  Kranken  wurde  am  17tea 
gegen  Abend  trocken  und  zeigte  einen  bräun« 
liehen  Streifen,  der  Kranke  wurde  still  und 
seine  frühere  Aufregung  verschwand,  er  bekam 
Abwesenheiten,  Hallueinationen  und  Illusionen; 
dazwischen  war  sein  Bewubtseyti  wieder  voll« 
ständig;  -—  er  warf  nun  viel  schwarzes  Blut 
mit  einenl  übelriechenden  Schleim  aus,  auch 
zeigten  sich  Spuren  der  SaliratioD*  Die  Pulso 
lonni.LXXXIY.B.9.S«  G 


—     99     — 

I 

rentbeils  ohne  Husten  erfolgt  war,  ScbiveiCi^ 
und  kritischer  Urin  kamen  reicblich  bis  zum 
2l8ten  Tage  der  Krankheit ,  "WO  dann  erst  wirk« 
liebe  Genesung  begann.  In  dieser  Zeitnaho^ 
Pat.  sonst  keine  Arznei  aufser  einem  A)ifgu(f 
der  Hb«  Marrubii  albi  mit  Blagnes.  snlpburica^ 
Am  Slsten  Januar  traf  ihn  noch  ein  Unfall ,  es 
-wurde  ihm  statt  von  der  angegebenen  Mixtur» 
aus  Verseben  ein  EfsloiFel  voll  einer  Mischung 
aus  Galläpfeln  y  die  in  Wein  digerirt  worden 
waren ,  gereicht.  —  Die  Gefahr  ging  aber  leicht 
vorüber y  eine  Emulsion,  die  der  schnell  herr 
beigerufene  Hr.  Reg.-Rath  Dr.  Remer  verordne^ 
beseitigte  die  Folgen« 

Gleichwohl  litt  der  Kranke  später  an  Zar 
fällen,  die  offenbar  als  Folge  dieser  Krankheit  he« 
trachtet  werden  mufsten,  und  auf  deren  Nator 
ein  deutliches  Licht  zurückzuwerfen  geeignet 
waren.  Es  war  ihm  nämlich  im  rechten  Ober« 
und  Unterschenkel  immer  ein  Gefühl  von  Taub- 
heit und  Einschlafen  zurückgeblieben,  und  wenn 
auch  nicht  diese  Theile  geschwollen  genannt 
werden  konnten,  so  zeigten  sie  doch  eine  wi- 
dernatürliche Spannung  und  namentlich  auf  dem 
Unterschenkel  ein  variköses  Adernetz.  Als  nun 
der  Kranke  einst  in  das  Theater  ging,  und  in* 
einem  engen  Sitz  eingezwängt,  mehrere- Stun« 
den  verbleiben  mufste,  konnte  er  nu^  mit  Schwie« 
rigkeiten  nach  Hause  kommen,  war  im  Gehen 
später  sehr  behindert,  klagte  über,  ein  brennen- 
des Gefühl  längs  des  Ober-  und  Unterschen- 
kels, im  Verlauf  der  grofsen  Arterienstämme^ 
und  schmerzhaftes  Einschlafep  des  Beins«  Nach 
einer  Einreibung  mit  flüchtigem  Liniment,  spä- 
ter mit  Oleum  jecoris  aselli^  verschwand  der 
Zufall  fast  g^nz,  es  blieb  aber   doch  Steifheit 

G2 


—    iOl    — 

nr  fortdanernd  daa  rechte  Bein  ef Dgewlckelt  tra- 
fen. Sein  übriger  Gesundheitazustaad  Wurde 
rollkommen  faergestellt,  doch  waren  seine  frii-* 
leren  Brust*  oder  yielmehr  Luftröhren  -  Be- 
ch  werden  aufgewacht^  oh  wohl  in  geringem 
faafse.«  Er  ging  nun  nach  Ober  <- Salzhrunn, 
im  durch  Ruhe,  den  Genufs  der  Molken  und 
0S  Brunnens  sich  völlig  beraBustelleoi  welches 
ttch  Tollkommen  gelang* 


(Die  Fortsetzung  folgt.) 


t    ' 


< ' 


^  m  ^ 

i'est,  daüs  mao  es  kaum  ormont^ra  konnte; 
iafste  oft  mit  den  Händen  nach  dem  brennend 
faeifsen  Kopfe;  die  Pupille  war  znsanuuenge- 
sogen  und  anempfindlich  gegen  ein  rorgehalte« 
nes  Licht;  es  stellten  sich  Zuckungen  ein^  Er- 
brechen von  einer  grünlichen  Flüssigkeit;  der 
Puls  und  die  Respiration  waren  sehr  beschleu-* 
nigt,  der  Durst  grofs,  die  Zunge  weiblich  be- 
legt, der  Stuhlgang  träge,  die  Haut  so  wie  die 
Schleimhaut  der  Nase  trocken,  der  Leib  indefs 
weich  und  beim  Drucke  überall  schmerzlos« 
•Husten  fehlte.  Gegen  dieses  offenbar  entzünd- 
liche Hirnleiden,  höchst  wahrscheinlich  wie« 
deruni  bedingt  yod  dem  Reiz  eines  durchbre- 
chenden Zahns ,  da  das  Zahnfleisch  der  untern 
Kinnlade  der  linken  Seite  geschwollen  und  heifs  * 
war,  verordnete  ich  sofort  Blutegel  an  und  Eis- 
blasen auf  den  Kopf,  innerlich  Calomel  und  au- 
fserdem  Klystiere  von  Essig, 

Obgleich  meinen  Verordnungen  pünktlich 
Folge  geleistet  worden  war^  die  Blutegel  reich- 
liche Blutentleerung  bewirkt ,  das  Calomel  häu- 
fige grünliche  Sluhlausleerungen  Teranlafsthatte, 
Ao  blieb  dennoch  der  Zustand  am  folgenden 
Tage  nicht  blofs  derselbe,  sondern  im  Gegen- 
theil  Terschlimmert,  es  traten  häufiger  Zackun- 
gen ein,  der  Kopf  sank  hintenüber,  so  dab 
ich  mich  zu  einer  abermaligen  Applikation  Ton 
Blutegeln  bewogen  fühlte«  Hiernach  schien  ei- 
nige Besserung  eintreten  zu  wollen«  Der  be- 
schleunigte Puls  und  das  Athmen  waren  wenig 
frequent,  die  GonTulsionen  hörten  fast  ganz 
auf,  das  Kind  erwachte  öfterer  und  schrie  mehr, 
die  trockne  Haut  ward  feucht.  Nichts  desto- 
weniger  blieb  man  unausgesetzt  bei  den  kalten 
Fomentationen ,  nur  die  Dosen  des  Caiomels 
wurden  irermiudert  und  s^er  gereicht« 


«^   tos  -» 

TOD  einem  Aofgafe  von  Chamlllen  vni  Blorel« 
buogen  tod  warmem, Oel  in  die  eteifen  Hals^ 
xrraskeln  za  empfehlen,  welche  EinreibuogeQ 
später  mit  warmen  Breiumschlägen  yertauscbt 
wurden.  Hiernach  besserte  sich  jedoch  der  Zu* 
stand  nicht  im  mindesten,  das  Kind  ward  viel-* 
mehr  am  ganzen  Körper  steif  und  kalt,  das 
Athinen  beklommen,  es  stellte  sieb  grSfserA 
Schwierigkeit  beim  Schlingen  ein,  der  Kopf 
ward  immer  mehr  rückwärts  gezogen ,  und  AU 
les  schien  auf  ein  baldiges  Ende  zu  deuten. 

Ein  hinzugezogener  sehr  erfahrner  Hr,  Col« 
lege  war  mit  der  hSchstbedenklichen  Prognose 
ganz  einyerstanden ,  sprach  sich  jedoch  für  Ein«* 
relbniQgen  Ton  Merkurialsalbe  im  Itiick.en,  für 
Bäder  von  Chamillen  mit  Liquor  Ammon.'caust. 
und  für  den  ionern  Gebrauch  von  Liquor  Kali 
carbon.  aus,  welche  Mittel  auch  in  Anwendung 
*  gebracht  wurden« 

Den  folgenden  Tag  konnte  man  noch  keine 
Besserung  bemerken.  Einen  Tag  später  hatte 
die  Steifigkeit  der  Muskeln  des  Halses  etwas 
nachgelassen,  die  Haut  ward  feucht,  es  erfolgte 
Leibesöffoung,  der  Schlaf  ward  rnhiger  und 
dauernder ,  das  Kind  nahm  etwas  Nahrung  und 
•lauwarmen  Chamilleothee ,  und  man  durfte  wie^ 
der  HolFouDg  für  die  Herstellung  der  kleinen 
Patientin  fassen,  welcbe^  Hoffnung  denn  auch 
unter  dem  Fortgebrauch  der  angegebenen  Mit-» 
tel  in  Erfüllung  ging.  Die  Steifigkeit  der  Hals«' 
muskeln  verlor  sich  immer  mehr,  et  trat  täg- 
lich mehr  Efslust  ein,  die  grofse  Schwäche 
schwand  allmählig  und  das  Kind  ist  jetzt  gat% 
munter  und  wobl.  Seit  der  Zeit  sind  mebre?0 
Backzähne  cum  Durcbbrucb  gekommen. 


r-    107    — 

■ 

«ehr»  Walther  tiod  Wedemeyer  sahen  die  Po« 
jpille  beim  Tetanus  zosammepgezogen,  und  mit 
der  Besserung  eine  VermiDderung  der  Contrakr 
tioD  derselben.  Damit  stehen  andere  Beobach- 
tungen, namentlich  die  von  Boyer,  Rohertson, 
im  Widerspruch ,  welche  immer  beim  Tetanua 
eine  erweiterte  Pupille  bemerkt  haben  wollen» 
In  dem  vorliegenden  Falle  war  die  Pupille  an« 
fangs  etwas  contrahirt,  jedoch  nicht  unompfind* 
lieh  gegen  das  Licht«  In  andern  von  mir  be» 
bandelten  Fällen  fand  ich  meist  auf  der  Hoho 
der  Krankheit  die  Pupille  stark  zusammenge« 
sogen  und  kurz  vor  dem  Tode  sehr  erweitert.. 
Bine  gleiche  Verschiedenheit ,  wie  über  das 
Verhalten  der  Pupille  beim  Tetanus,  findet  bei 
den  Schriftstellern  in  Betreff  des  Pulses  Statt; 
— «  Heyf eider  sagt  am  angefahrten  Orte:  ,,Es 
ist  auffallend,  dafs  Starrkrampfkranke  stets  ei* 
nen  langsamen,  durchaus  fieberlosen  Puls  be- 
halten. Die  Nervenfieberkranken  aosgenommen^ 
welche  zuletzt  in  einen  starrkrampfartigen  Zu- 
stand verfallen  ,  sind  die  Fälle  durchaus  selten^ 
wo  ein  symptomatisches  Fieber  sich  zum  Starr- 
krämpfe gesellt.  —  Richter  (s.  specielle  The- 
rapie VIII.  Bd.  S.  362)  besehreibt  den  Puls  im 
zweiten  Stadium  wie  folgt:  Anfangs  erscheint 
der  Aderschlag  wenig  verändert,  wird  nur  erst 
spät  etwas  ungleich,  schlägt  dann  bald  sehr  voll, 
bald  klein,  selbst  wohl  kaum  fühlbar.  Nach 
Schmalz  (Versuch  einer  med.  chir.  Diagnostik) 
ist  der  Puls  Anfangs  natürlich,  später  gewöhn- 
lich schnell,  zusammengezogen,  klein.  In  den  > 
von  mir  in  diesem  Journale  1835  mitgetheilten 
Fällen  (Bd.  LXXXL  St.  5.  S.  118)  habe  ich 
den  Puls  beim  Trismus  idiopathicus  voll,  hart, 
beschleunigt  und  mit  dem  Herzschlage  corre- 
spondirendj    in  dem  ebendaselbst  befindlicheo 


"    109    ~ 


V. 

Kurze    Nachrichten 

und 

A  a  s  z  ü  g  e. 


1. 

Puhlicandum 


im  Betreff  der  Preisaufgabe  Behufs  der  Bearheilimg  einet 
neuen  Hebammen -Lehrhuchi»  *) 


Das  Ministerium  findet  sich  veranlalst,  den  imPablikaa^ 
dum  vom  3l8ten  October  t*  J.  zur  Einsendung  der  Prei9-^ 
M^riften,  Behufs  der  Bearbeitung  eines  neuen  HebammeiH> 
Lehrbudis  für  die  Königlich  Preufsischen  Staaten,  bis 
zum  SOsten  Juni  festgesetzten  Termin  ^  bis  Slsten  Oct<H 
ber  d.  J.  zu  Terlängern« 

Berlin^  den  4teii  Juni  1837. 

MmUierum  der  geUaichen^  rnferridUt-»  «nd  Medizima* 

JngeiegenheUen. 

(gez.)      «Oft  Alienäitiiu 
•)  Tgl.  Joutt*  d.  ptAt  Htülu  Bd«  LXXXIO.  SU  ^ß*  Uff*  ' 


bei  4em  Dorfe  Bens  gelegenen  Bogenannten  »»vier  TbSr« 
Dien"  sich  9  gnt  eingerichtete  Bader  beünden.  Die  Bade* 
kabinette  sind  bequem  und  reinlich^  die  in  den  Fiilsbo* 
den  eingesenkten  Wannen  geräamig.  Benutzt  wird  hierza 
die  dicht  bei  dem  Knrhaase  befindliche  1%  q*  an  der  Mauer ^ 
velclie  durch  eine  besondere  Maschinerie  mittelst  eines  von 
Eseln  bewegten  Rades  in  Form  einer  Tretmühle  geho- 
ben f  und  in  Röhren  nach  den  vier  Thürmen  geleitet  wird ; 
die  Th.q.  hatte  an  ihrem  Ursprange  nach  meinem  Tbern 
mometer  40<*  R«  (sie  soll  44®  R.  haben)  ^  in  den  vier 
Thürmen  34°  R. 

Ueber  die  Bader  im  Knrhanse  habe  ich  diesmal  nicht 
die  Klagen  gehört^  wie  früher;  ich  fand  sie  reinlich^  and 
die  Bedienung  sehr  gut» 

Das  dicht  am  Kurhause  gelegene  sogenannte  steinerne 
Hans  ist  von  der  nerzogl.  General- Domainen- Direktion 
mit  den  in  diesem  Hause  entspringenden  Th«  quellen  und 
befindlichen  Badern  gekauft  und  mit  dem  KurJiause  Ter* 
][>anden  worden;  und  es  steht  zu  hoffen,  dafs  durch  diese 
Vergröfserung  des  Kurhauses  so  viel  Raum  gewonnen 
worden,  um  mehrere  schon  längst  gewünschte  Yerbesse- 
rungen  zu  verwirklichen. 

In  den  schönen  Umgebungen  Ton  Ems,  sind  theils 
bequeme  mit  Bänken  versehene  Wege  für  Spaziergänger« 
theils  besseie  Fabrstrafsen  angelegt  worden;  —  man  ist 
noch  damit  beschäftigt  und  noch  ist  auch  hierin  viel  zn 
thnn.  Um  letztere  bequemer  benutzen  zu  können,  findet 
sich  in  fi.  eine  nicht  unbedeutende  Zahl  von  guten  Mieths-* 
ixragen,  welche^  trotz  der  hier  noch  immer  zn  Ritten  fast 
zu  viel  benutzten  Esel,  auch  sehr  häufig  in  Ansprach 
genommen  werden. 

Den  oft  schon  gerügten  Vorwurf  der  Ungeselligkeltf 
ich  möchte  sagen  Schweigsamkeit »  wodurch  sich  Ems  we- 
sentlich von  vielen  andern  Kurorten  unterscheidet,  fand 
ich  auch  in  diesem  Jahre,  trotz  einer  grofsen  Freqnens 
von  Kurgästen,  bestätigt.  Zum  Vergnügen  kommt  Nie^ 
mand  auf  längere  Zeit  nach  Bms,  die  Knrgästfe  habes 
weniger  das  Bedürfniis  der  Alittbeilung,  gegenseitiger  An« 
nähern ng  und  Geselligkeit.  Ein  Hauptgrund  hiervon  liegt 
zum  Theil  darin ,  dafs  die  Mehrzahl  der  lüesigen  Kargaste 
vrirklich  krank,  so  häufig  an  der  Brost  leidend  ist,  zum 
Theil  aber  auch  darin ,  dafs  es  an  geselligen  Mittel-  nnil 
VereinignngspunkteD  fehlt,    Zorn  Etmtz  dncs  KnhaalM 


•^ 


—    113    *r 

I 

litSt  wfirfle  (Ite  tiicr  bereitete  Molke  leyn  bei  der  Mengo 
arofiiatisclier  Kruuter  auf  den  nahen  Bergen. 

Es  ist  in  der  That  nnbegreiflicb ,  dafs  man  bb  Jetzt 
ffesen  Mangel  in  Ems  nicht  beachtet  hat,  und  sich  hier- 
durch Ton  andern»  weniger  wichtigen  Kurorten  bat  iibei^ 
flugeln  lassen!  Mit  welchem  Nutzen  würden  reizbare 
Brustkranke  die  hiesigen  Th«  q.  an  länglich  mit  Molken  8ta|t 
mit  Milch  trinken.  In  nicht  selten  hier  vorkommenden 
zweifelhaften  Fällen  Ton  zu  weit  vorgeschrittenen  phthisi* 
sehen  Leiden  der  Lungen  oder  der  Luftröhre»  bei  starken 
aktiven  Congestionen  i  entzündlichen  Complicationen,  bei 
Neigung  zu  Bluthusten^  oder  vorhandenem  Bluthusten«  bei 
gleichzeitigen  organischen  Krankheiten  des  Herzens,  wo 
in  der  Regel  der  innere  Gebrauch  der  Th.q.  gar  luobt 
oder  nur  sehr  bedingt  anzuwenden  ist«  wurden  die  hietf^ 
gen  Bmnnenarzte  in  einer  guten  Molkenanstalt  ein  treff- 
liches Hilfs*  und  Ersatzmittd  besitzen;  statt  nach  Pflidit 
und  Gewissen  solche  Kranke  ganz  von  Ems  taach  einer 
fremden  Molkenanstalt  oder  einem  andern  Karort  zu  ver-> 
weben,  wnrde  sich  bei  dem  länger  fortgesetzten  Gebraudi 
der  Molken  in  der  Folge  zeigen,  ob  doch  nicht  vielleicht 
spater  ein  vorsichtiger  Gebrauch  der  hiesigen  Th«q*  lo 
Udnen  Gaben  damit  zn  verbinden  se^rn  dürfte» 

In  dem  Personal  der  Bmnnenarzte  zu  Ems  haben  in 
den  letzt  verflossenen  Jahren  grosse  Veränderungen  Statt 
gehabt«  Hr.  Geh.  Med.  Ralh  Diel  hat  sich  bei  seinem 
vorgerückten  Alter  nadi  Dietz  zurückgezogen,  Herr  Med. 
Rath  Geiger  wurde  seiner  Stelle  als  Brunnenarzt  zu  B.  von 
Selten  der  Regierung  entbunden ,  und  Hr.  Med.  Rath  /Xf* 
Wfi^  starb  plötzlich  im  Jahre  1835  apoplektbch.  Um  dle^ 
sett  Verlust  zn  ergänzen  5  wurden  von  der  Regierung  Hr. 
Med.  Rath  F^angue  und  Hr.  Med.  Rath  Döring,  der  Sohn 
des  eben  genannten  hiesigen  Brunnenarztes «  nach  E«  bo*- 
mfen  und  zn  Bmnnenfirzten  ernannt^  zwei  erfahrene^  sehr 
Torsichtigo  nnd  gewissenhafte  Aerzte,  welche  sieh  mit  Recht 
des  Zutrauens  der  hiesigen  Kurgäste  erfreuen.  Ihre  An- 
etellang  ist  keinesweges  eine  blofs  proTborbcho«  nnd  dies« 
Mittheilung  scheint  nm  so  nöthiger,  da  sich  irrigerwebe 
das  Gerücht  verbreitet  hat«  Hr.  Ob.  Med.  Rath  Pfnwfue 
wiirde,  wegen  anderweitiger  Bestimmung«  Ems  verlassen«. 
•—  Aulser  ihnen  bt  noch  Hr.  Ob.  Med.  Rath  Vogler  ta 
nennen,  welcher  schon  seit  einer  Reihe  von  Jahren  in  B» 
wohnhaft«  die  Funktion  emes  Bnumcnarztct  vetiiebt» 


-    il5    — 

•ehr  reizbaren  Brattkrankeii  ist  A^  huierü  CebrtiK^  tfat^ 
selben  mit  Milch  In  kleinen  Gaben,  aber  längere  2ei| 
fortgesetzt,  gewiii  die  zw^ckmalügste  Form. 

Für  Ktranke^  üirfetcbe  Versendete  firemde  Minferalkaiser 
mit  dem  G^braticbe  d6r  Bmser  Tb.  qai§Ilen  verbinden  rnOa« 
sen  f  witi  z.  B.  Bitterihisser^  findet  sieb  jetzt  zu  Ei  ein^ 
Niederlage  nicht  blofs  ?on  Nassaoischen  ^  iK>ndc|m  ancb 
aasIändiMhen^  namentlich  vott  Böbmiscbeii  M.bronnen« 
Früher  waren  liiir  inländische  Nassanische  Brolinen  sm 
baben»-^ 

t)at  üeii6fdifig8  iöh  Hetdlcr  in  ältgeifi^  MpfoUeni 
Trinken  ton  M.  wasser  des  Nachmittags  >  war  nur  bedingt 
«ilassig,  und  veranlafste  leicht  Unmhe  Und  Scfalaüosigkeit. 

Badd^  Toii  Tb.  wassfer  erwiesen  sich  euch  in  diesen 
Jahre  Ton  einer  sehr  eindringiichen  Wirkung,  Und  waren 
daher  hinsichtlich  ihrer  Zahl  und  Temperatur  nur  mit  Ddh 
tkht  in  Gebranch  zu  :efehen  ^  inefarere  Kranken  sogar  ca 
widerrathen  wegeil  der  congesttren  Bescbwerdeo  ond  AvI* 
ircguegCDj  die  aie  Teranlafsten, 

(Die  Forteetzueg  folgt.) 


i«* 


3. 

SM  Ba!ald$ah4  BeatandAeÖt  dei  hÖtf/Obtt  kni  fMMid 

Walftun  Mjeberihra$i$1 

Dr.  MardeTf 
Jfoikeker  in  Gwamenhack» 


Die  ResoKate  dieser  Ünteneehoiigea«  die  hier  im  Aue» 
BUge»  in  Bramdes  Archir  dei  Apotheker-  Vereins  aBsiuhrUcb^ 
erMheinen ,  Teigleiche  nen  mit  Kapffs  MÜttüibrngeo  ira 
dritten  Theile  der  Denkw&rdigkeites  eeiaer  intliehe» 
Praila8.d8& 

I»  Der  Mie  itrmu 

1)  Sedmeha  Unze«  deatiUft,  der  täadkdui  nAO»^ 
waä  WaiMT  M^gehngti  teidainpft,  der  RücfcalMrf  HÜ  AI- 

H  2 


-    117    — 

fcohol  Ton  Tenchledener  StSrke,  gemilcht,  fthrlen  bei  dem-' 
selben  Ver&ihren  zur  Ennittelang  Ton  Jod  und  Crom  irie 
beim  bellen  Thran  za  fruchüoien  Erfolgen» 

Annähernd  waren  die  GewIcbtoTerhaltnisM  der  Sähe 
denen  des  folgenden  Yersachs. 

9)  Secbgzebn  Unzen  dieses  Thrans^  Terseift  und  ver- 
kohlt^ lielsen  Starkekleister  bei  gleicher  Behandlung  wie 
beim  hellen  Thran,  nach  zwei  Tagen  nnTerandert.  Ist 
nach  diesem  Versuche  die  Menge  des  Jods  in  dem  Thraa 
geringer  als  ^rsW»  *o  entgeht  sie  bekanntlich  der  Reaktion. 

Eine  gleiche  Menge  der  ausgelaugten  verkohlten  Seifa 
durch  Eisen  und  Kupferritriol  zersetzt»  gab  zwar  dnen 
sehr  geriogen  Niederschlag,  woraus  aber  weder  Jod  abzn- 
scheiden,  noch  als  Kupferjodiir  betrachtet ,  der  Jodgehalt 
zu  berechnen  war. 

Die  Metalle  aus  der  abfiltrirten  Flüssigkeit  durch 
ßcbwcfelkalinm  gefallt,  das  Filtrat  verdampft »  der  Rück- 
stand mit  Weingeist  ausgezogen ,  vom  Unlöslichen  getrennt^ 
verdampft,  der  Ruckstand  in  destill.  Wasser  aufgelöst,  mit 
Silberoxydoitrat  gefallt,  zeigte  keine  Spur  Brom -Silber* 

Die  Resultate  der  Versuche  auf  Brom  wie  beim  helleii 
Thran  waren  aucli  bei  diesem  dieselben« 

Der  eingeäscherte  Rückstand  der  ansgelaugten  ver- 
seiften  Kohle  mit  Alkohol  digerirt  enthielt: 

6,944  Gr.  Chlorkalicnm  =  8^036  Gr.  salzsauren  Kalk. 
Talkerde  war  nicht  voründlich. 

Der  Chlorgehalt  des  Chlorsilbers  durch  salpetersanres 
Silber  erzeugt,  war  auch  hier  dem  des  Cblorcalciums  gleich. 

Der  Rückstand  obiger  Kohle  mit  destiU*  Wasser  aas- 
gekocht, enthielt: 

3,39  Gran  schwefelsaures  KalL 

Keine  Bittererde. 

2,061  Gr.  Chlornatrium  =2,361  Gr.  salzsanres  Natron. 

Aus  den  erschöpften  Rückständen  beider  Thranarten 
entwickelte  zugesetzte  Salpetersäure  Stickstofibxyd-Gas. 
I>ie  abfiltrirte  Flüssigkeit  mit  Salmiaklösung  vermischt,  gab 
auf  Zusatz  von  Ammoniak  einen  geringen  Niederschlag^ 
welcher  in  Salzsäure  aufgelöst >  mit  Ammoniak  nentrali- 
airt,  durch  Cjaneisen- Kalium  gefiUt,  aich  wie  CjanelaM 
verhielt. 


—    119    — 

Nach  den  Angaben  des  Dr,  Kiselhach  In  Bremen»  nicht 
der  braune  Tbran  sey  es ,  der  in  der  Heilkunde  angewen- 
det werde,  sondern  der  goldgelbe^  der  unter  dem  Namen 
Gichtthran  Ton  Materialivten  gekauft  würde,  ferner  nach 
den  beigefügten  Zeugnissen  im  Ruf  stehender  Aerzte  über 
den  therapeutischen  Werth  des  hellen  Tlltans,  welcher  hier' 
fast  aussrhliefslich  gebraucht  wiM,  und  nach  diesen  mah- 
sarnen  Untersuchungen,  bleibt  das,  woihtrch  dieses  be- 
rühmte Mittel  wirkt,  vor  wie  nach>  ein  Problem. 

Nicht  dem  Jod,  dem  Brom  oder  den  VerbiridungeB 
dieser  Satzbilder  kann  man  die  heilkräAige  Wirkung  in  ei- 
nigen Krankheitsformen  in  den  beiden  untersuchten  Thran- 
fibrtcn  zuschreiben,  solche  scheint  vielmehr  die  Gesammt-. 
Constitution  diesei  organischen  Gebildes  zu  bedingen;' 
eine  wenigstens  so  lange  zulässige  Ansicht,  bis  Stqffe  in 
allen,  oder  einigen  Thranarten  ermittelt  sind,  denen  nach 
einem  einstimmigen  entsclieidenden  ärztlichen  Urtheile  die 
Heilkraft  blofs  zukommt.  « 

Fünf  in  ihren  physischen  Eigenschaften  verschiedene 
Sorten  sind  mir  vorgekommen,  die  wohl  in  ihrer  chemi- 
schen Constitution  eben  so  verschieden ,  als  vielleicht  auch 
in  ihrer  Wirkung  sind.  Oder  ist  diese  in  allen  dieselbe? 
Kine  Frage,  deren  Beantwortung  die  ferneren  Versudie 
Vereinfachen  und  sehr  erleichtern  würde.  Denn  Einige 
halten  den  dicken  theerartigen  und  darunter  den  schwar- 
zen mehr/  als  den  schwarzbraunen.  Andere  den  flüssige- 
i'en  und  zwar  den  röliiliclicn  mehr,  als  den  bräunlichen, 
für  den  wirksamsten,  dem  theuren  hellen  Thrane  huldigt 
nur  die  veimÖgendere  Volksklasse. 

In  diesem  .Thrane  fand  sich  im  Verlauf  der  Untersu- 
chung durch  Destillation ,  Vcrkohlung  des  Huckstandes  u« 
s.  w.  ein  Stotf  von  eigenthÜmlicher  Beschaffenheit»  Die- 
ser soll  in  gröfserer  iMenge  ausgeschieden,  einer  Heilaji- 
stak  zur  Anwendung  zugeschickt  nnd  das  ärztliche  Gut- 
achten darüber  baldmöglichst  in  dieser  gepriesenen  Zeit- 
schrift mitgetheilt  werden« 


AerziUche  Zeuffnisse  über  die  Wirkung  des  untersuchten 

hellen  Thrans^ 

Bei  mehreren  Fällen  von  Rheumatismus,  Gicht ,  be- 
sonders aber  auch  bei  Kbacbitis  oder  der  ftogeiiaiiDteii  eng-. 


8Mer§  BecXHuMurngm  %km  O.  ff umilfofi  Mar  ili#  B^* 

säütffeiiikei9  fNMl  JBedeuiung  de$  Vrim  In  <2a»  mtfMmM^ 

fiiier  folgenden  WataenndnU 

MiigeÜMt 
von 

Df»  NevermamMf 
zu  Plan* 


Im  DeeembaripHeft  des  Meffleal  and  Sorgloil  loonal 
1833  p*  373  tbeilte  der  Yt  aeine  Erfahrangen  3ber  die« 
sen  Gegenstand  y  die  gans  Brighfe  Ansicht  bestStigen,  mil^ 
an  diese  schliefen  sidi  folgende  im  Octoberbeft  1834  deiw 
selben  Zeitscbrift  i 

Ich  habe  den  Urin  bei  ungeCSbr  €0  Padenteo,  beson« 
ders  Kindern,  nntersacfat^  velche  an  der  Scarlatina  mit 
Wassersoebt  verboaden,  Ikten^  ond  aar  bei  zwei  Indivi« 
dnen  fand  ich  den  Urin  durch  Anwendung  der  Hitze  nicht 
ooagnlabel.  Beide  waren  sehr  leicJite  Fälle,  die  Kinder 
ixraren  mehr  an  Leakopblegnuisie,  als  an  Anasarca  leidend« 
Bei  einem  waren  6  Wochen  swisohen  dem  primären  Fie-» 
ber  nnd  dem  Entstehen  der  Anasarca  TerlaojlBn«  Bei  die* 
aem  Subjekte  war  die  Densitat  nnd  Farbe  auch  normal  | 
aber  die  Quantität  war  geringer  als  gewöhnlich.  Die  Den«* 
sität  in  dem  andern  Falle  war  1010»  als  der  leucophlegma« 
tische  Zustand  erst  bemerkt  wurde«  Spater  fiel  er  den  gan^r- 
zen  Tag  hindurch  auf  1005^  aber  stieg  bald  wieder  aufsei«« 
nen  natürlichen.  Standpunkt  Der  letzte  Kranke  hatte  el^ 
was  Hitze  nnd  schnellen  Puls;  bei  dem  ersten  fand  durch« 
BUS  keine  Aufregung  Statt*  In  mehreren  Fällen  war  dia 
Coagulation^  selbst  wenn  der  Urin  keinen  klaren  Sohim« 
mec  htkit^*  so  grols,  da[s  das  Albnmeni  welches  sieh 
auf  der  ObcrfiSche  geiammek  hatte  i  dem  gekochten  Ei*» 
weifii  glich« 

Die  geringere  Densitit  war  im  Allgemeinen  d«r  arata 
Umstand  y  welcher  die  Gegenwart  der  Krankheit  an  erken« 
nen  gab«  Bei  mehreren  Kranken  fknd  dies  Statte  ohnt 
dafs  Anasarca  folgte }  aber  ich  habe  nie  die  Densitat  ab« 
nehmen  sehen,  so  bald  die  CoagnlabiUtat  eintrat j,  ohna 
dafs  ein  grpfserer  oder  geringerer  Grad  der  HantwaisT« 
suabi  dfa  Folge  war.    So  wio  dar  Diii 


.■»  ^ 


~    123    — 

Degeneration  der  Corticalsnbstans  unteiiennbar  Statt  fkndf 
War  die  Krankheit  weniger  heftig»  hör  yon  kurzer  Daoeri 
oder  mit  andern  I^ranUieiten  coD)pl}oirt  und  endete  dann 
tödtlicb,  dann  war  diß  Veränderung  auch  weniger  .bedenkt 
tend.  In  einem  Falle,  wo  sich  keine  Anasarca  gezeigt 
hatte,  aber  die  UrinsekretiQn  i}ber  2^  Stunden  unterdrück! 
war,  starb  d^r  Kn^nke  an  einep  heftigen  Entzündung  und 
Geschwulst  im  Angulq  Mazillae.  Ich  erhielt  gerade  ao  Tie| 
Urin,  dafs  ipb  bestimmeif  konnte |  der  Urin  se^  nicht  coa-? 
gaIaE>el«  Bei  der  Leichenöffnung  wurde  die  CorMcalsnbr» 
stanz  beider  gieren  ?pn  rpthlicher  Farbe  gefunden,  an  dem 
einen  Ende  derselben  waren  yersohiedene^  dem  Aqscheinq 
nach  entzündliche  Erhöhungen}  welche  sich  nach  gemachs- 
tem Einschnitte  Ifter  eine  Linie  in  die  Corticalsubstani 

•  •       •  .        •  # 

erstreckten.  Ich  zweifle  nicht,  dafs,  wenn  di^er  Kranke 
noch  einige  T^ge  langer  gelebt  hatte,  die  An^arca  sic^' 
eingefunden  haben  würde  $  pt)  aber  ein  solcher  in^fiamma'* 
lorischer  Zustand  der  Nieren ,  wie  hier ,  der  gewöhniich^ 
Anfang  dßr  Knin|üiei(  ist^  wage  icU  nicht  W  bestiiiuneii« 

Je  mehr  ic]i  diese  Krankheit  gesehen  >  desto  mehr  blh 
ich  zq  glauben  geneigt,  daf§  das  Entstehen  sehr  durch 
eine  praexistirendeconstitutionelle  Anlage  begünstigt  wurde« 
Die  Fälle,  in  welchen  mehrere  Individuen  einer  und  der^ 
selben  Familie  ergriffen  werden,  sifid  sehr  zahlreich.  Ba* 
sonders  war  diese  constitutionello  Anlage  in  einem  Falle 
sehr  merkwürdig.  Vier  Kinder  derselben  Familie  beka? 
men  die  Scarlat^na;  drei  waren  Mädchen  und  das  vierte 
war  ein  Knabe.  Alle  Schwestern,  welche  von  scrophulö* 
sem  Habitqs  waren,  bekamen  Anasarca,  das  vierte  Kind 
aber  nicht«  Die  Desquamation  steht  nach  meiner  Erfah« 
rung  nicht  niit  der  .^nasarca  in  V^rbindqtig. 

Die  Menge  von  Comp|icationen ,  welche  sich  hinzöge- 
•eilen,  und  oft  mit  grofser  Schnelligkeit  verlaufen >  wäb^ 
rend  die  Wassersucht  sich  einfindet;,  ist  sehr  merkwürdig« 
Bei  einem  dreijährigen  Knaben >  welcher  Anasarca  hatte» 
erschien  Kose  des  untersten  Angenliedes  und  Saccus  lacry-r 
malis.  )n  zwei  Tagen  bildete  sich  eine  Fistula  lacrynia*»' 
lis.  Die  Knochen  wqrden  cariös  und  die  Integumente  wur- 
den in  der  Umgegend  in  grofser  Ausdehnung  lioterminirtf 
M'ährend  diefs  statefand,  wurde  der  Knabe  von  einer  dy-:- 
senterischen  Affection  ergriffen^  welche  grofse  Bliitansleef* 
rongen  mit  ^ich  fqbrte  qnd  zwei  Tage  vor  deni  Tede  war 
der  ganze  Körper  mit  Pcte^i^e  (gedeckt.    Der  Tod  trat 


—   125    —  . 

Es  aUrben:    S34  mannlicheä^ 

148  weiblichen  Gesebleehte  Ober, 
ond  382  Kinder  nnter  10  Jahren. 

764  Personen» 

Mehr  geboren  259* 

Im  Mai  des  vergangenen  Jahres  worden. 

'  geboren:      453  Knaben, 
386  Mädcheni 

839  Kinder. 

Es  starben:    147  manntichen» 

149  weibliehen  Geschlechts  €b«r^ 
und  262  Kinder  nnier  10  Jahren. 

558  Personen. 

Mehr  geboren  281. 

Im  VerhaUnifs  znm  Monat  Mai  TorSgeti  Jahres,  wor- 
den im  Mai  dieses  Jahres  184  mehr  geboren  t  und  star^ 
ben  mehr  206. 


Fortdauernd  war  anch  in  diesem  Monate  der  rheo« 
roaUsch  catarrhalische  Charakter  der  Krankheiten  der  herr- 
schende; besonders  worden  die  Retpirations- Organe  er* 
griifen,  bei  welchen  die  Krankheit  sich  nicht  selten  bis  zor 
förmlichen  Entz'dndong  steigerte.  Nerrenfieber  zeigten  neb 
besonders  in  der  letzten  Hälfte  des  Monats  >  hie  ond  da 
fanden  sich  anch  leichte  Wechselfieber.  Acote  Aosschlagi^ 
krankheiten  sah  man  nicht  mit  Aosnahme  der  Pocken ,  aa 
denen  in  diesem  Monate  8  Personen  slarbeoi  unter  dnaa 
2  Erwachsene. 


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Krankheiten. 

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Sumiiu 

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70* 

Dl«  BSiHoßtA  Her  prali.  BeitkmcU,  Mai  1837  ttttWl! 
Hmidbvek 

O.  B.  Surinffiir  epitome  thernpiae  genträli*, 
•  Kurse  litteräriithe  Auteige». 

Btiträge  zur  meilcmitchttt   SlafUtik  und  SlaaUarutei. 

timde.  Von  Dr.  J.  L.  Qa$per. 
Bat    Heimweh    ynd    der   Selbiltnord,    VM  J.  B,  O.    . 
Sehlegel. 

Dr.  J.  Ä.  Atitizetiiut  de  miicMio. 

J.  P,  X.  Pugitet   Beahachiviigen  und  Erfnhrmigtn  RW 

dnii  Oebiele  der  prnkiiiehe»  Heilkimft,  C&en.  ditrA 

Dr.  C,  A.  Bloeack. 
r,  -A.  Piorrtj  aber  dit  Natur  nnd  BelumdiMtiff  dtr  JVw 

ralgiem,  übereelit  von  Dr.  0.  Kr«pt>>  «wl  CHAi- 

ttrmgtfi  vm  Dr.  It.  A,  Kr««*; 


C.  W.  Hufeland's 


Journal 


der 


practi$chen   HeQkunde. 


Fortgesetst 


TOD 


Dr.  E.  Osann^ 


ordentL  Professor  der  Medidn  an  der üniyerritStniid  der  med« 

cKimrg»  Academie  für  das  MiÜtair  za  Berlin,  Director  dea 

K«PoIikIin.  Institafs,  Ritter  des  rothen  Adler -Ordens  drHtot 

Klasse  und  Mitglied  mehrerer  gelehrten  GeseUsdiafteii« 


€httu,  Freumäy  Itf  ätle  Theorie, 
Dod^  grüm  de$  Lebens  goldner  Baum» 

Göthe. 


VI.  Stack.    Juni. 


^ 


Berlin. 

Gedrackt  und  Tarlegt  bei  G«  Atimer« 


t 

Die  Influenzft^ 

Ihrtf 

Gescliichtei  fiotstebaog  tincl  CrtcheidODgan^  ibi^ 

Verlauf  und  ihrWeseo^  ihre  yerschiedeiron  For» 

med  und  iet^n  Behandlung^ 

nach  fieobttohtoiigeft   im  Frülijahl   1839 

getcbiläert 

toit 

Dn    fi  b  e  1^ 

zu  GrGnt>erg»  im  Grofshenogthoin  Seiten« 


Unsere  Kenntnift  deH  epidemischen^  ttiasma« 
tischen  und  contagioseo  Krankheiten^  so  wie 
der  ^  ihnen  zu  Grunde  liegenden  näheren  Bedlo* 
gungen ,  ermangelt  leider  immer  noch  einer  ge-» 
nügended  Klarheit ,  obgleich  neuere  Forscher  in 
diesem  Gebiete  der  Pathogenie  und  Nosologie 
sich  Tiele  Verdienste  erworben  und  ein  etwas 
helleres  Licht  über  das  Dunkel  ihres  Ursprun- 
ges verbreitet  haben«  Indessen  bleibt  immer-* 
hin  ein  weites  Feld  der  erschöpfenden  nnd  grnnd^ 
liehen  Aufklärung  rorbehaltan^  wie  die  nnga«. 
meine  Verwortenheil  d^  Ansichten  iibef  d]0f 

A2 


Fjnwirkuog  besonders  im  Früh|abre  1837,  yro 
Jiiit  dem  Auftreten  der  Influenza  eine  catarrba- 
Jische  Constitution ,  in  einzelnen  Fällen  noch 
ein  gastrisches  Gepräge  tragend,  über  einen 
ßrofsen  Tbeil  des  Erdkreises  verbreitet,  durch 
ihr  allgemeines  Herrseben  «^mebr  eine  Paudemie, 
als  Epidemie  darstellte.  Dafs  die,  bier  weni- 
ger gefäbrllche ,  als  störende  und  lästige  Krank- 
heit scbon  früher  Öfter  ihre  Verheerungen  über 
Europa  ergehen  liefs,  bezeugt  die  Geschichte, 
und  in  Ermangelung  neuerer  literarischer  Hülfs- 
Diittel,  möge  daher  zunächst  eine  kurze  chro- 
nologische Uebersicht  ihres  Auftretens  in  frü- 
heren Jahrhunderten,  wie  sie  öffentliche  Blät- 
ter nach  SiittheiluDg  des  Londoner  Arztes  Hully 
bereits  gaben,   eine  Stelle  finden, 

1.   Geschichte  der  Influenza. 

Vor  dem  vierzehnten  Jahrhundert  findet  man 
Iveine  Symptome  von  epidemischen  Gatarrbeo^ 
und  bis  zur  Hälfte  des  sechszebnten  Jahrhun- 
dert nur  wenige  Beschreibungen  der  Symptome 
dieser  Epidemie  in  den  gleichzeitigen  Schrift- 
stellern. Nachstehend  die  Daten  der  ausge- 
dehnteren Invasionen  der  Epidemie. 

Vierzehntes  Jahrhundert,  Die  Epidemie  er- 
schien in  Italien  1323,  1327,  1368  und  in  Frank« 
reich  1387.  Sie  war  besonders  damala^^  den 
Greisen  gefährlich. 

Fünfzehntes  Jahrhundert.  In  Frankreich 
herrschte  sie  1403-,  1410,  1411,  1427,  1482 
und  in  Italien  1428«  Die  Epidemie  von  1411 
wurde  damals  von  abergläubigen  Leuten  dem 
Zorne  des  Himmels  über  ein  obscönes  Liecl> 
welches  damals  unter  dem  Volke  verbreitet 
war,  zugeschrieben«    Ü&u  deoeUi  dieerkranklMf  . 


fallen  worden;  1679  berrscbte  $!•  wieder  iii 
England;  1691  war  sie  in  Ungarn,  Krain»  Stejer« 
mark ,  Kärnthen ,  Tyrol ,  der  Seh  weis  und  aa 
den  Ufern  des  Rheins ;  1695  wüthete  sie  in  t'a« 
ris  und  Rom.  In  dieser  letzten  Stadt  raffte  sio 
Tiele  Kindet  weg« 

AchUehnies  Jährhundert.  1709  darcbzog  , 
die  Grippe  Rnfsland,  Frankreich  und  Italien; 
—  1729  war  sie  in  Rufsland,  Polen,  Ungarn^ 
Teutschland,  Schweden/  Dänemark,  Frankreich; 
der  Schweiz,  England,  Italien,  Spanien«  Noch 
niemals  war  diese  Krankheit  so  allgemein  ge« 
Wesen,  wie  in  diesem  Jahre.  Sie  begann  im 
Januar,  als  Th  au  weiter  eintrat«  InderSchweia 
zeigte  sie  sich  nicht  bösartig,  aber  in  London^ 
Paris,  Spanien  und  Italien  richtete  sie  grofso 
Verwüstungen  an.  In  London  starben  an  ihr 
innerhalb  8  Tagen  908  Personen,  Die  Epide- 
mie von  1733 — 1734  war  weniger  verbreitet; 
In  der  l\Iitte  des  Monats  November  1732  hatte 
sie  sich  zuerst  in  Sachsen  und  Polen  gezeigt» 
Von  da  verbreitete  «ie  sich  über  Teutschland^ 
die  Schweiz  und  Holland*  Im  December  war 
sie  in  England.  Im  Anfange  des  Januar  1733 
ergriff  sie  Flandern.  In  der  Mitte  des  Januar 
war  sie  in  Paris.  In  den  letzten  Tagen  dieses 
Monates  erreichte  sie  Irland;  im  Februar  er- 
schien sie  in  Italien  und  Bladrid.  Von  da  ver^ 
breitete  sie  sich  n^ch  der  neuen  Welt  und  zwar 
zuerst  nach  Neuengland« 

Ihrem  Laufe  nach  Südtfn  folgend ,  sprang 
sie  nach  den  Barbados  -  Inseln  und  nacn  Ja- 
,  maika  über  und  wandte  sich  dann  südöstlich 
nach  Peru  und  Mexiko»  Die  Symptome  in  di^ 
sen  weit  entfernten  Regionen  waren  die  nänir 
liehen,  welche  sie  in  Europa  begleitetem *Anili 


~      9      — 

Sten  Jannar  in  Petersburg  der  Thermometer  Ton 
35^  Fahrenheit  unter  Null  bis  auf  5^  über  Null 
stieg.  An  eben  diesem  Tage  litten  dort  40,000 
Personen  an  der  Influenza*  Die  Teutschen  nann- 
ten sie  den  catarrhalischen  Blitz ,  um  die  Schnei« 
ligkeit  ihrer  Verbreitung  za  bezeichnen.  Zur 
Siämlichen  Zeit  brach  die  Krankheit  in  Sioi^ 
gaglia  in  den  romischen  Staaten  nach  ein^m 
Sturm  aus.  Von  da  Terbreitete  sie  sich  nach 
der  Bomagna,  Umbrien^  Toscana  und  den  Le* 
gationen,  dann  nach  Venedig  und  besuchte  Toa 
da  Pavia,  Verona,  Brescia  und  das  Mailändischo  { 
1798  ^ar  sie  in  Mailand,  in  Posen,  Moskau, 
Petersburg  und  Kronstadt« 

Neunzehntes  Jahrhundertm  1800  herrschte 
sie  im  südlichen  Frankreich,  1802  in  Italien 
und  Frankreich,  1813  in  Frankreich,  1817  ia 
England  und  Frankreich,  1831  in.  Deutschland 
und  Frankreich,  1833  ebendaselbst  und  Eng« 
land ;  1837  machte  sie  wieder  die  Runde  durch 
Europa. 

Es  scheint  gewifs,.  dafs  diese  Epidemie  eine 
tmyermeidliche  Folge  einer  strengen  Kälte  ist, 
der  eine  feuchte  Witterung  folgt*  Fast  immer 
kam  sie  im  NoTember  zum  Ausbruch  un^l  wenn 
zie  zuweilen  im  Sommer  erschien,  so  wurde 
zie  immer  durch  ungewöhnliche  Kälte  und  grolzo 
Feuchtigkeit  angekündigt  und  begleitet. 

Der  Zweck  ge.^enwärt]ger  Abhandlung  ist 
nicht,  eine'  umfassende  Darstellung  der  Influenza 
überhaupt  zu  geben,  wie  sie  in  den  verschie- 
denen Climaten  und  Landern  auftrat,  sondern 
nur  eine  getreue,  aus  der  Erfahruog  geschöpfte 
Schilderung  der  Epidemie,  in  soweit  sie  sich 
mir  in  hiesiger  Gegend  tut  Beobachtung  dar- 


-M    u    •- 

tebr    bedeutender  Hit«e    des    fraozen   KKrpere 
wechseltet  klagten  die  Kranken  über  besondere^ 

.  UDgewohnlicfae  Büidigkoit  and  Zerscblagenheit, 
namentlich  der  unteren  Extremitäten,  Zieben^ 
und  Reifoen  in  den  Gelenken  ^  Unbebaglichkeit 
und  9e}b8t  grofse  ErflcbGg[>fnng.  Zugleich  stellte 
eich  Kopfweh  eiui  iiber  der  Stirngegend  udd 
den  Angen.  Schwere  ^  Eingenommenheit  und 
Druck  im  Köpfe,  nicht  seUten  yon  solcher  Hef» 
tigkeitt  dafs  leiohte  Zncknngen  bei  schwachen^' 
Her? Ösen,  reizbaren  Personen  dadurch  reranlafit 

V  wurden;  der  Schmers  in  den  Stirnhöhlen  was 
bohrend,  reifsend,  liebend ,  soweilen  nqr  ste^ 
chend,  flüchtig,  yorübergebend  oder  längere  Zeit 
unhaltend;  sodann  Schwindel,  Flimmern  vor 
den  Augen,  Störung  des  Gesichtssinnes ,  äi% 
Bindehaut  der  Angenlieder  war  geröthet,  An^ 
Schwellung  und  Aufgetriebensejn  derselben,  ?erv 
mehrter  Thränenflufs,  trSber  Blick,  die  Augen« 
lieder  Nachts  durch  starke  8cb}eimabsonderung 
der  Meibomschen  Drüsen  verklebt  \  das  Gesicht 
mehr  geröthet  und  selbst  aufgetrieben;  Saqsea 
und  Brausen,  Stiche  in  den  Ohren  Ton  Ter«* 
schledener  Heftigkeit  nnd  Paqer,  die  Schleim^ 
baut  der  Nase  aogescbwollen,  schmerzhaft,  an« 
fangs  trocken,  dann  schleimig,  wäfsrige  Feuch« 

'  tigkeit  und  vielen  zähen  dicklichen  Scbleiip  ab« 
sondernd;  öfters  Niesen  und  Gähnen;  die  Lip* 
pen  und  Mundhöhlen  zuerst  gleichfalls  trocken^ 
später  feucht,  die  Zunge  öfter  roth,  rein,  ia 
der  Regel  weifslich,  gelblich  belegt,  mit  scblei<r 
xnigem  Ueberzuge  versehen»  etwas  angeschwoU 
}en;  anfangs  verminderte  oder  fehlende,  dann 
aber  vermehrte  und  veränderte  Speichelabson-r 
derungy  Zusammenfliefsen  vielen  Speichels  im 
Munde,   ähnlich  wie  beim  Speichelflufs ;   Gau^ 

mw  I    Gaumensegel  g   Maodeln ,    ßacbenböble 


—     13     ~ 

heif«,  trocken,  »pro  Je,  näclih©r  aber  starke  Äiia- 
dÜDstuDg  über  den  ganzen  Körper;  Schlaf  un- 
ruhig, gestört,  durch  beängstigende  Träume  un- 
terbrochen ;  grofse  Hinfälligkeit  und  Mattigkeit 
in  mehreren  Fällen  /  heftiges  Ergriffenseyn  des 
gesaramten  Nervensystems,  bedeutende  Unruhe, 
Delirren  von  verschiedei^em  Grade,  Betäubung, 
leichte  Zuckungen,  Irr^eden.  In  iei  Regel 
zeigten  sich  keine,  grofsere  Gefahr  drohenden 
Zeichen;  obgleich  alle  Erscheinungen  nicht  sei-  ^ 
ten  einen  hohen  Grad  von  Heftigkeit  angenom- 
men hatten. 

Nachdem  nun  die  Erscheinungen  der  In- 
fluenza überhaupt  im  Allgemeinen  dargestellt, 
inüssen  nun  Tersthiedene  Gruppen  derselben, 
betrachtet,  und  daraus  einzelne  Formen,  welcho 
durch  das  hervorstechende  Ergriifenseyp  beson- 
derer Organe  begründet  worden,  unterschiedeil 
werden.  Obgleich  die  wesentlichen  Symptome 
stets  übereinstimmten,  so  gestalteten  sich  doch 
nach  der  Eigenthümlichkeit  der  leidenden  Ge<* 
bilde  besondere  Modiilcationen,  je  nachdem  die 
Schleimhaut  der  Respirationsorgane  oder  des 
Darmkanals  den  Sitz  des  Uebels  bildete;  hier- 
nach gestalteten  sich  zunächst  zwei  Hauptfor- 
men desselben  mit  verschiedenen  Unterabthei-' 
lungen. 

ji.  Influenza  der  Schleimhaut  der  Respi^ 
raiionsorgane.  Sie  zerüel  in  folgende  Uuter- 
abtheiiungen, 

1)  Influenza  catarrhalis  simplex,  die  einfa- 
che, gelindere  Form.  Allgemeine  Beschwerden, 
wie  Müdigkeit  und  Schwere  der  Glieder,  öfteres 
Hüsteln  und  Schaudern  mit  Hitze  abwechselnd 
Dicht  TOB  sehr  hohem  Grade  waren  stets  vor- 


—     15     — 

irlirte;  hierauf  aber  stelK«  sich  ein  didkli- 
l  saher,  consifttenter  weifser  Scbleimaasfiufs 
ood  uater'allmähliger  Ahnahme  dieser  Sjfirip- 
9  wurde  das  normale  Gleichgewicht  id  der 
cdon  der  afficirten  Gebilde  wiederhergestellt 

der  Krankheitsprocefs  sofort  beendigt«  Die 
jer  dieser  Form  war  in  der  Regel  nur  2  ^^' 
-  .0  Tage  and   es  blieb    nie  eine   nachthei- 

Folge  Euriicky  indem  die  Genesung  schnell 

vollständig  eintrat« 

2).  Influenza  caiarrhalis  nervosa  s,  grafSor, 
aenröse^  bösartigere  Form  der  Grippe.  Die 
Mr  angegebenen  Erscheinungen  eines  einfa- 
K  Nasenkatarrhs  i    waren  auch  hier  Torhan- 
f  jedoch  durch   das  Vorherrschen  der  ner- 
•B  Symptome  als  Beweise  eines  bedeuten- 
n  Leidens  —  des  gesammten  Nervensystems^ 
icbsam  in  den   Hintergrund  gedrängt.     Die 
ifiUigkeity  Schwäche  und  Abspannung,  Schlaff- 
t  des  Muskelsystems,  in  der  vorigen  Form 
*  gelinde  und  oft  nur  sehr  leise  angedeutet, 
t  gleich   anfangs   vorhanden,  steigerte  sich 
.Verlaufe   zu 'einer  bedeutenden  Hohe;  der 
pfachmers    weit    heftiger    und   anhaltender, 
^nlabte   nicht  selten,   besonders  bei  reizba- 

tind  schwachen  Personen,  Zuckungen  leich- 
fr  Art«  Völliger  Mangel  an  Efslust^  starker 
ait|  Verlangen   nach  säuerlichen  Fliissigkei- 

I  war  zugegen ;  litt  das  gastrische  Nerven- 
5lem  vorzugsweise,  so  entstand  zugleich  noch 
belkeit,  Erbrechen,  Aufstofsen,  Druck  in  der 
Icordialgegend;  Bangigkeit,  Angst,  grofseUn- 
■e»  Verstimmung  des  Gemiithes,  Trägheit, 
Vreilen  selbst  angewohnliche  Apathie  und 
ipupflieit  fehlten  nie.  Wenn  gleich  anfangs 
ü  vennelyrte   Aafreguog  im  Nervensysteme 


—     17     — 

«cbDetI,  nicht  roll^  weich ,  kleiOi  90  <^  100 
Schläge  in  *  der  Slinu/e*  Die  Crise  erschien  auch 
hier  unter  Termehrt#r  Absonderung  der  Schleim« 
haut  y  besonders  der  Nasenhöhle ,  unter  stärke- 
rem Schweifse  und  Urin,  obgleich  nicht  so  voll- 
ständig  und  ausgezeichnet,  wie  in  der  ersten 
Form,  auch  wurde  nicht  selten  kritisches  Na« 
senbluten  beobachtet.  In  der  Regel  neigten  ba« 
sonders  schwächliche»  reizbare,  weibliche  Snb« 
jekte  SU  dieser  Modification.  Die  Genesung  er« 
folgte  zwar  langsamer^  kam  aber  doch  Tollig 
2U  Staude,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dafs 
öfters  noch  längere  Zeit  bedeutende  Schwache 
surückblieb ;  auch  war  die  Daner  etwas  länger, 
7  —  11  —  14  —  21  Tage.  —  Nerfenzufälle  konn* 
ten  sich  mit  jeder  Form  verbinden,  indessen 
seigten  sie  nie  eine,  solche  Heftigkeit,  einen  so 
anhaltenden  Verlauf  und  einen  so  hohen  6rad| , 
wie  in  der  hier  deshalb  mit  Recht  besonderi 
aufgeführten  nerfosen  Form  der  Krankheit« 

'  ff 

3.  Influenza  iracheoHs  et  hronthialis ^  In« 
fluenza  mit  hervorstechenden  Leiden  der  Tra« 
cbea  und  Bronchien.  Auch  bei  dieser  Form 
fehlten  die  Erscheinungen  eines  einfachen  Na« 
sencatarrhes  nie  ganz,  nur  waren  sie  weder  so 
heftig,  noch  anhaltend;  dagegen  aber  erschien 
eine  stärkere  AfTection  der  Trachea  und  Broto« 
chien;  der  Frost  pflegte  länger  zu  dauern  und 
seigte  gröfsere  Intensität,  die  darauf  folgende 
Hitze  War  heftiger  und  ausgeprägter,  beide 
Symptome  wechselten  nie,  wie  in  der  Torhe- 
rigen  Form,  und  nach  dem  Schauder  blieb  die 
Hitze  vorherrschend,  auch  steigerten  sich  leicht, 
sumal  hei  robusten,  Tollbliitigen ^  starken  und 
jugendlichen  Personen,  die  Zeichen  einer  einfa«« 
eben  Reizung  zur  gelinden  Entzündung  dieser 
jQurn.  LXXXir.  B.  6«  St.  B 


~      19     --- 

baut  des  Lungenorgaos  nnd  der  serüSteo  ausklei- 
denden Haut  des  Brastkastens.  Die  nahe  Ver» 
bioduog  und  physiologische  Verwandtschaft  die» 
«er  Gebilde  erklärt  binreicbeod '  das  Mitteidea 
der  Pleura  9  obgleich  die  Inflaeoza  ihrem  We- 
ften  nach  besonders  in  derTuniea  mucosa  MrQ^- 
zelt,  Vo)rboteD,  welche  io  allen  yorhergehen* 
den  Modi£catlooeo  kaum  bemerkbar  vraren^ 
fanden  sich  hier  öfters ,  aber  nu^  kurze  Zeit 
Torher,  der  Frost  hielt  länger  an,  und  darauf 
folgte  stärkere^  intensive  Hitze«  Müdigkeit,  Zef- 
schlagenbeit,  Ziehen  und  Reifsen  in  den  Glie- 
dern, auch  zeigte  sich  noch  «in  gelindes  Lei- 
den der  Schleimbaut  der  Nasenhöhle^  Vfat  aber 
nichJt  Ton  langer  Dauer  und  grofser  Bedeutung ; 
nächstdem  klagten  die  Kranken  über  Stiche  iü 
den  Seiten ,  zuweilen  nur  auf  der  rechten  oder 
linken  allein,  häufiger  jedoch  auf  beiden  so- 
gleich, welche   länger  anhielten  und  nicht  sei- 

'  ten  einen  hohen  Grad  erreichten^  das  Liegea 
auf  den  Seiten  verhioderten  und  nur  eine  Rük- 
kenlage  erlaubten;  der  Husten  war  heftiger^ 
trocken,  quälend,  wobei  die  Stiche  jedesmal 
Termehrt  wurden ;  Gefühl  von  Vollheit  und  Ba- 

•  eogung  de!r  Brust,  jgrofse  Beklemmung;  Athmeii 
schnell y  beschleunigt,  Gefühl,  als  wenn  diö 
Brust  mit  einem  Reife  susammengescbnürt  wür- 
de; der  Puls  härtlich,  roll;  das  Gesicht  mehr 
geröthet,  aufgetrieben;  Kopfschmerz  zuweileo 
sehr  heftig,  Schwindel,  Eingenommenheit  dee 
Kopfes ,  Brausen  yor  den  Ohren ;  später  wurde 
der  Husten  mehr  gelöst,  der  Auswurf  erfolgte 
leichter,  war  anfänglich  etwas  flüssiger,  dünuer, 
dann  aber  profuser,  eine  dicklichere,  zähe  Masse 
darstellend;  die  Fieberbewegnogen  in  der  Re- 
gel heftig  anhaltend  9  Appetit  fehlte  gänzlich, 
nicht  selten   Uebelkeit  und  Erbrechen  mit  Er- 

B  2 


•—     21     — 

Zange  angescbwolleoi  welfslich  belegt,  ipSter 
init  klebrigem  ßcbleime  überzogen,  Zahnfleisch 
und  Gaumen  Ton  derselben  BeschafFeBfaeit;  an» 
fangs  Terminderte  und  fehlende  Speichelab- 
sonderung, dann  aber  vermehrte  und  alienirt« 
Secretion  des  Speichels»  welche  zu  öfterem  Aus-» 
epucken  und  Hinabschlucken  nothigte ,  auch  war' 
flicht  selten  ein  unangenehmer  Geruch  aus  dem 
Ualse  bemerkbar;  das  Schlingen  yerursacbto* 
befolgen  Schmerz ;  Sprache  undeutlich,  erschwert, 
starker  Durst  und  völliger  Mangel  des  Appetits; 
dabei  nur  mäfsiges  Fieber,  grofse  Müdigkeit 
tind  Abspannung,  nicht  selten  heftiges  Kopf- 
web ;  das  Athmen  mitunter  erschwert,  schnell, 
Bangigkeit  und  Vollheit  der  Brust^  die  Haut 
trocken,  spröde,  der  Urin  feurig,  Stuhlgang 
fehlend,  Verstopfung;  veränderter,  schleimiger,- 
fader,  pappiger  Geschmack;  Schlaf  nicht  sehr 
gestört,  das  Gesicht  etwas  gerÖthet  und  aufge-> 
trieben ;  Husten  in  der  Regel  selten ,  Stiche  in . 
den  Seiten  nicht  vorhanden;  der  Puls  gereizt, 
schnell ,-  weder  voll  noch  hart.  Die  Genesung 
erfolgte  schneller;  es  blieb  keine  Nachkrankheit 
Buriick,  aber  Rückfälle  fanden  sich  mitunter. 
Die  Dauer  war  überhaupt  nicht  so  lange,  wie 
in  .den  friifaeren  Formen,  meistens  sechs  bis 
acht  Tage.  Crisen  waren  vermehrte  und  dick-^ 
liehe  Schleim-  und  Speichelabsonderung,  all-« 
gemeiner  Schweifs ,  weniger  deutlich  vermehrte 
fjrinsecretion.  In  der  Regel  befiel  diese  Mo-*' 
dification  besonders  Individuen ,  welche  schon 
früher  an  ahnlichen  Halsübeln  gelitten  hatten, 
und  war  meistens  gutartig. 

2)  Influenza  gastrica  s.  abdominalis.^  In- 
fluenza mit  vorherrschendem  Leiden  der  Schleim- 
baut  des  Daimkaoais»    Zu  den  oben  angefübc* 


—     23     — 

letztere  wurde  nur  nach  profuseo  Darmeotlee-« 
rungea  hierbei  wahrgeDommeD.  Die  Remissio-' 
Ben  des  Fiebers  waren  aohaltender  und  länger, 
als  in  den  äbrigea  Furmen«  « 

3«  Verschiedene  Stadien  der  Influenzen 

Nach  den  besonderen  Vorgangen  and  pa- 
thologischen Veränderungen  in  den  Secretiooen 
der  Schleimhäute,  als  den  hauptsächlich  leiden- 
den Gelbilden,  waren  folgende  Zeiträuxiie  sU' 
unterscheiden : 

*  

a)  Stadium  ■  congesiivum  s,    siccumi     Ob- 
gleich   die    Erscheinungen  in  allen  Formen  dei^ 
influcnza   selten   zu  der  Höbe  einer  wirklichem 
Entzündung  gesteigert  wurden,  war  doch  wa-; 
nigstens    eine   entzündliche   Reizung,    rieigang»^ 
zur  Entzündung  specifischer  Art  nicht  wohl  zu 
verkennen,   daher  denn  ein  Stadium  cobgesti«^ 
-vum   angenommen    werden    mufste«     Dasselbe, 
äufserte   sich  durch  einige  Aufregung  im  irrita- 
beln   und  sensibeln   Systeme,   durch  gereizten, 
schnellen,  härtlichen  Puls,  stärkere  Hitze,  Kopf«* 
schmerz   und  Empfindlichkeit  gegen  das  Licht,' 
Druck   in   der   Supraorbitalgegend,   Schwindel,-^ 
Stiebe  in  den  Ohren,  Trockenheit  in  der  Schleim« 
baut  der  Nase,  des  Mundes^  Rachens,  der  Luft«' 
röhre ,  Anschwellung  und  vermehrte  Hitze  die- 
ser Gebilde,   etwas  *  gerüthetes  selbst  aufgetrie-* 
benes  Gesicht,  Kitzeln   im   Halse,    Druck  aof 
der  Brust ,  Stiche  in  den  Seiten ,  trocknen  Hu- 
sten, schnelleres  Athmen,  Stuhl  Verstopfung  und 
sparsamen  Urin  ,  verminderte  Speichelabsonde". 
i^ng,  veränderten  Geschmack  und  Geruch,  Hei-  ' 
serkeit  und  Rauhheit  der  Stimme,  trockne  hei- 
fse  Haut,  zuweilen  noch  Uebelkeit' und  Erbre«" 
chcm;-  Nach  ttef' Verschiedenheil  der  befalleneir^ 


AbsondeniDgeü  ^edev  heri  Ibdem  dieFattctfött 
der  Scbleimhänte  cur  früheren  Normalität  zu- 
rückkehrte« Bei  alleo,  schwächlicheoi  torpiden^ 
ftcboD  früher  an  BrattbescbwerdeD^  chronischen^ 
Catarrh,  Asthma^  Hosten  n«  s«  w.  leidenden 
IndiTiduen^  blieb  selbst  wahre  Erschlaifung  der 
Schleimhaut^  Plennorrhoea  zurück« 

Die  Haupterscheinungen,  nnter  welehen  die 
Grippe  auftrat,  waren  demnach  im  Allgemeinen 
nochmals  kurz  zusammengestellt: 

a)  Im  Nervensysteme:  ungewöhnliche  Mü- 
digkeit und  Zerscblagenbeit  der  Glieder,  Ziehen 
und  Reifsen  in-  denselben ,  namentlich  den  Ge- 
lenken, Schmerzen  im  Kopfe,  Verstimmung 
des  Gemüthes,  Schwindel^  Irrereden ,  leichtd 
Delirien 9  Zuckungen,  grofse  Unruhe,  Schlaflos 
eigkeit^  Verlust  des  Appetits,  yermehrter  Durst,- 
Stiche  in  den  Ohren,  dem  Rachen,  auf  .der 
Brust,  Kitzeln  im  Halse,  Scbmerzgefohl  int 
Leibe,  Uebelkeit,  Erbrechen  n,  s«  w« 

b)  Im  Resfirations^  imd  Circulaiionssj^ 
§teme:  beschleunigter,  schneller,  zuweilen  bärU^ 
lieber,  voller  Puls,  yermehrter  Andrang  de» 
Blutes  nach  den  leidenden  Theilen,  besondere 
den  Centralorganen ,  Kopf  und  Brust,  zuweileq 
Herzklopfen,  Blutungen  aus  den  Gefäfsen  dep 
Käse,  Husten,  schnelles  Athmen,  Vollheit  und 
Beengung  der  Brost,  Schwäche  des  MoskeU 
Systems, 

c)  Im  vegetativen  Systeme  und  namentlich 
in  der  Schleimhaut :  Trockenheit , '  Termehrto 
Wärme  und  verminderte  Ab-  und  Aussonde- 
rung, dann  aber  stärkere  und  alienirte  Secre- 
tion,  anfangs  von  mehr  seröser,  dann  schlei- 
mig .  dicklicbef    Beacbafienbeit,    ^üaiiti    zäher 


N 


— .    27     — 

der  Regel  worden  die  meisten  Indilldaeii^  ohn« 
Rücksiebt  auf  Geschlecht,  Alter,'  Stand,   Ge« 
-werbe,   Beschäftigang,   Lebensweise,   Yon   der 
Krankheit  befallen  (Ausnahmen  gab  es  auch  hier, 
wie    bei  jeder  Epidemie)  9    hatten   einige  Tage 
bis  6 — 8  — 14,   je  nachdem  sie  heftiger  oder 
gelinder  und  yon  rerschiedenen  Formen  ergrif- 
fen waren,    daran  zö  leiden,    und  wurden  bei 
-vorsichtigem,  sorgfaltigem  Verhalten  und  zweck«« 
dienlichen  arcneilichen  Hülfen ,  meistens  in  Jkur« 
zer  Zeit  ohne    weitere  hose  Folgen  und  INach- 
kraukbeiten   wieder   hergestellt.     Rückfalle  eiv 
folgten    leicht   durch  zu   frühes   Ausgehen    und 
dadurch  yeraulafste  Erkältung:  ein  zweimaligee 
Befallenwerden    gehorte   nicht  zu  den  Selten- 
heiten.   Die  Dauer   der  Epidemie  beschränkte 
sich  für  die  hiesige  Gegena  im  Allgemeinen  auf 
6  bis  8  Wochen,  ohne  dafs  sie,  während  der- 
selben, ihren   Charakter  wesentlich   Terändertp 
oder   eine    andere,    bösartigere   ßescbaffenheit^ 
wie  dieses  in  der  Mitte  oder  gegen  das  Ende 
mancher  epidemischen  Krankheiten  öfters  zu  ge- 
schehen pflegt,    angenommen   hätte ,    sie  blieb 
eich  yielmehr  rom  Anfange  bis  zum  Ende  ziem« 
lieh' gleich,  und  ihr  Verlauf  war  meistens  kurz, 
gutartig  und   regelmäfsig«     Die  Dauer  der  ein« 
zelnen    Krankheitsformen    und  Krankheitsfälle, 
oft  sehr  verschieden,  bald  länger,  bald  kürzer, 
erstreckte  sich  wenigstens  nicht  über  14  bis  21 
Tage,    obgleich    auch    hierin   keine   bestimmte 
Grenze  festgesetzt   werden  konnte.  *—     Crisen 
fanden    Statt    durch    vermehrte   und   specifisch 
veränderte    Schleimabsonderung    in    der   Nase« 
dem  Rachen,   desgleichen   vermehrte  und  alie« 
nirte  Speichelsecretion  und  durch  gelösten  schlei* 
xnigen    Auswurf    aus    den   Bronchien   und   der 
Schleimhaut  der  Lungen,  durcb  vermtbrtei  qmi* 


--    29     — 

durch  den  EuifloCi  der  Gestirne  nberbhopt»  thelb 
aber  and  ganz  besondert  atmospbärbche  ^  yoo 
der  Einwirkung  des  Lofikreises  bedingte.  Un- 
ter den  äuberen  Potenzen,  die  auf  den  Körper 
einwirken*,  mithin  auch  Krankheiten  zu  erzeu- 
gen vermögen,  ist  gewifs  keine  von  so  hohem 
Einflüsse  und  so  grofser  Wichtigkeil  als  die 
Atmosphäre.  Sie  besteht  aus  79  Vol.  Stick« 
atoff,  und  21  Vol.  Sauerstoff,^  welches  Mi- 
scbuogsTerhältnifs  unter  allen  Klimaten,  überall 
stets  dasselbe  bleibt,  ohne  dab  aosere  bisbeif* 
gen  Eudiometer  je  eine  wesentliche  Yerände- 
jrung  darin  nachzuweisen  im  Stande  wären» 
Selbst  uichl  in  Räumen,  wo  viele  Menschen 
«ind  Thiere  athmen,  oder  wo  Kohle,  organi* 
ache  Stoffe  und  dergleichen  verbrannt  werdeup 
wenn  sie  nicht  hermetisch  verschlossen  sind^ 
ändert  sich  dieses  Verhältnils.  Daher  kann  in 
diesen  Bestandtbeilen,  weil  sie  sich  stets  gleich 
bleiben,  nicht  die  Ursache  irgend  einer  epide» 
mischen  Krankheit,  nach  jetzigen  Erfahrungen 
v^enigsteos,  gesucht  werden«  Anfserdem  aber 
enthält  die  Luft  eine  veränderliche  Menge  kok* 
Jensaures  Gas',  Wasserdampf,  verschiedene  or- 
ganische Theile,  Miasmen  u.  dgU  Ander  die* 
aen  kommen  bei  ihr  ferner  in  Betracht,  ihr« 
verschiedene  Temperatur,  Wärme,  Kälte  und 
Feuchtigkeit  oder  Trockenheit,  Druck,  Span« 
nung,  ihr  elektrisches  Verhalten,  welche  sich 
JBU  verschiedenen  Zeiten  und  unter  besondem 
Umständen  anders  gestalten.  -^  In  wie  weit 
nun  hierin  eine  Ursache  allgemeiner  Krankbei* 
ten  liegen  kann, .  und  in  wiefern  solche  besonn 
ders,  zur  Erzeugung  der  Influenza  mitgewirkt 
Laben,  soll  unseren,  freilich  jetzt  noch  sehr 
mangelhaften  Kenntnissen  nach,  näher  unter« 
enobt  werden»    Dabei  ist  ea  jedoiBh  lucht  mög« 


—     31     — 

wahret  Miasma   der   AfmotphSre  erceagt 

"de,   das  über  eineo  grofsen  Theil  des  Erd- 

ses  Terbreitet,    diese  Epidemie  henrorrie&' 

anlafst  schon   die  abwechsehide  Witteruiig 

Friihjabres  die  catarrhalische  Coostitutioo^ 

»rdrückuDg  der  Hautaasdünstuog  and  Ueber- 

iDg  des  Krankheitsstoffes   auf  die  iDDereo 

:e,  uod  Damenllich  die  Luftwege,  wie  viel 

r  mofs  DUO  eioe  so  auffalleode  YeräDderung 

Eitmotphärischeo  Verbälloisse ,   eioe  wahre 

cikatioo ,  alJgemeioes  Erkranken  herbeifiih- 

Als   Hauplmomente    ior   die   Entsteban§ 

schnelle  Verbreilung  der  Epidemie  hätten 

demnach:  beständigen  'VVitterongs wechsele 

fencbte  wärmere ,  bald  trockene  kalte  Luft- 

lia£Fenheit  und  ein  daraus  herrorgegaogeoes 

Kilhämliches    MischungsFerhältnifs    der  Atr 

^häre,    dessen   nähere   Bestaniltheile    noch 

%  ermittelt  sind.     Als  Gelegen beitsarsachea 

«n  hierzu  noch:   Zogluft,  unj:weckmärsige 

■eidungy  häufige  Erkältung  n«  is.  w.,  waren 

^  von  keiner  besonderen  Wichtigkeit,    Ent- 

%  unter  diesen  Verbal Inissen  eine  epidemi« 

n« Krankheit,  so  mofs  sie  in  der  Regel  sich 

tausbreiten,  weil Mieman,d  solchen  Binfliisseo 

entgehen    Vermag.     Auch  wurde  das  Um- 

^eifen   der  lofluenzä   noch  durch  ein  von 

Kranken   selbst  erzeugtes    Contagium  be* 

atigt,   welches  nach  Torliegenden  Erfahrnn« 

^  nicht  geläugnet  werden  kann« 

6.  PrognosB  der  Influenza. 

Im  Allgemeinen  war  die  Krankheit  in  hie* 
ir  Gegend  nicht  sehr  bSsartig,  obgleich  ein- 
3e  Fälle  Torkamen,  welche  grofse  Gefahr 
h^ten*  Nach  Verschiedenheit  der  Form  er« 
I  sich  für  die  Vorhen^so  i^olgendes ;  Am  g^ 


—     33     — 

tni  SebTvIicb»,  )•  baftiger  fiberhaopt  das  Pte^ 
ber,  je  bedeutender  alle  SbrigeD  Kraokheitser- 
acbeiDUDgen^  um  so  später  aod  langsamer  er- 
folgte die  RecöoTalescenz.  Vollsaftige,  starke 
Kinder  neigten  sehr  zur  Eoitzondung  der  Lofl- 
robre  and  Broncbien,  zur  häutigen  Bräune, 
welche  dann  stets  die  Prognose  ungünstig  er« 
scheinen  liefs« 

7 •Wesen  und  Benennung  der  KrahkhnU 

Das  Hautsystem  bildet  überhaupt  die  mit  , 
fler  Aufsenwelt  in  Berührung  tretende  Oberflä-* 
che,  die  Grenze  zwischen  der  äufseren  Natur 
und  dem  belebten  Organismus,  steht  daher  in 
beständiger  Wechselwirkung  mit  den  änfsera 
Einflüssen,  und  jede  Aufnahme  dieser,  jede 
Reaction  dagegen,  findet  znnäcbsl  durcb  Jen» 
Statt*  Im  Allgemeinen  kann  man  sie  alt  Ue« 
berzug  des  ganzen  Korpers ,  die  ibre  abson- 
dernde Fläche  nacb  aufsen  kehrt,  Lederhaut 
schlechthin,  und  als  solche,  welche  die  innert 
Oberfläche  auskleidet,  die  Athmungs-  und  Ver- 
dauungsorgane, so  wie  die  in  die  Hohlen  des  Lei« 
bes  sich  erstreckenden  Kanäle  mit  nacb  innen  ge- 
'wendeter  freier  Flache  überzieht,  als  Schleim« 
baut  u,  8«  w«  darstellen.  Die  Lederbaut  ist 
dicl)iter,  derber,  um  dem  mechaniscben  An« 
dränge  fremder  Korper  mehr  widerstehen  zu 
](önnen,  die  Schleimhaut  dagegen,  weicher^ 
lockerer,  schwammiger,  leichter  durchdriögbar 
und  mehr  zur'  dyoamlscben  Wechselwirkung 
mit  den  anfgenommentn  Stoffen  geeignet;  die 
Schleimbaut  sondert  im  gesunden  Zustande  eine 
klare  wäfsrige  schleimige  Flüssigkeit  ab,  wel« 
che  Ton  der  wälsrigen  Ausdünstung  des  übri- 
gen H^utgebildes  nur  durch  den  gröfseren  Ce- 
balt  Ton  Eiweifs  und  Eb^tractiystöff  sich  untor- 
leQrn.LXXXlT.B.6.SI  C 


—     35     — 

reichend  belfannt  ist ,  durch  e!oeo  WJihren  attno* 
«phärischen  IntoxikatioDsprocers ,  zu  beseichneD« 
Die  Einwirkung  dieser  besonderen  Luflbeschaf» 
fenheit  auf  die  Schleimhäute  ergiebt  sich  aus 
dem  dadurch  Terursachten  krankhaften  Zustande 
der  ergriiFenen  Gebilde«  Wie  im  Winter  und 
namentlich  im  Uebergange  desselben  zum  Früh* 
linge  überhaupt  ^chon  eine  Disposition  zu  Krank« 
heiten  der  Haut,  zu  calarrhalischen  und  fhea« 
matischen  Uebeln*  durch  die  Jahreszeit  begän« 
stigt  wird,  so  enthielt  besonders  die  Witte- 
rung der  Terflosseneo  Friihlingsperiode  eine  aus- 
gezeichnete Quelle  zur  Entstehung  dieser  catar« 
rhaliscben  Epidemie  ^  welche  dann  über  einen 
grofsen  Theii  des  Erdkreises  yerbreitet^  einea 
so  hohen  Grad  Ton  Extensität  erreichte,  dafs 
sie  durch  yielseitiges  ^  allgemeines  Erkranken 
eine  wahre  Pandemie  wurde«  Auch  kam  in 
diesem  Winter »  und  gerade  zu  der  Zeit  ^  wo 
sonst  häufig  reine  Entzündungen  beobachtet  wer«* 
den,  keine  solche  Tor,  ihre  Stelle  batto  diu 
,  Influenza  eingenommen. 

■ 

Was  nun  die  Benennung  Influenza  oder  Grippe 
betrifft,  so  scheint  dieselbe,  obgleich  allgemein 
giiltig,  ziemlich  unpassend.  Der  Name  thät 
swar  nichts  zur  Sache,  und  ist  besonders  be{ 
Krankheiten  in  praktischer  Hinsicht,  wenn  man 
sie  nur  zu  heilen  versteht,  von  untergeordnet^ 
tem  Interesse,  indessen  sollte  man  jedoch  uiU 
sweckmäfsigen  Benennungen  das  Bürgerrecht 
io  wissenschaftlicher  Beziehung  keineswegs  ge- 
statten. Die  Benennung  l^ebns  catarrhalis  epU 
demica  entspräche  noch  eher  dem  gedachten 
Zwecke,  obgleich  nur  einseitig;  weniger  pas« 
send  ist  der  Aosdruck  Coryza,  welcher  nur  die 
einfache  Foffni  andeutet.    Ich  erlaube  mir  da- 

C2 


-     37     — 

b)  B^handUing  dtr  tn/bumtQ  §aiarrhMä 
j^esc.  Die  einfachste,  geliodette  Form  der 
lükbeit  I  erforderte  aufser  einem  ruhigen  Yer- 
ten  im  Bette  oder  im  ^erwärmten  Zimmer^ 
>en  einer  leichten ,  blanden  Diät,  Vermeir 
ig  alles  Erhitzenden  und  yorsichtigem  Regi« 
D  in  der  Reg^  keine  weitere  arzneiliche 
Ife,  sondern  ging  schnell  und  hald^  ohne 
Sckhleibende  nachtheilige  Folgen .  in  Gene«- 
l  über.     Bei  heftigerem  Fieber  jedoch^  et^ 

härtlichem  Pulse,  Eingenommenheit  des 
fes,  Schwindel^  Zerschlagenheit  und  Mu^ 
eit,  grofser  Unruhe,  trockner  heifser  Haut, 
I«  beengter  Respiration»  leisteten  gelinde 
»lioretica,  vrie  Thee  von  Floree  Sambnci^ 
i«  und  Verbasci,  oder  eine  Mixtur  aus  Aq. 

Sambuc«   mit   etwas  Tartan  stibiat«  oder 

slibiat«,  Liq.  Ammon.  acetic. ,  Syrup«  Rubi 
L    oder  Roob   Sambuci   die  besten  Dienste. 

der  Kopfschmerz  sehr  anhaltend  und  bef- 
die  Anschwellung I  Trockenheit,  Spannung 
dr  Nase  bedeutend ,  so  brachten  einige  Blnt« 

an  die  leidenden  Theile  gesetzt,  und  zwecks 
Sge  Unterhaltung  der  Nachblutung  schnelle 
cbterung;  das  Einziehen  erweichender  Däm- 
WDn  kochender  Milch,  Chamillenthee  u.  dgl« 
itigte  die  Trockenheit  und  das  lästige  apaa« 
.e  Gefühl  in  der  Schleimhaut.  Ein  stärke- 
eingreifenderes ,  antiphlogistisches  Verfah* 
war  in  diesem  Falle  niemals  erforderlich. 

«)  Behandlung  der  Influenza  eatarrhalis 
«5a«  Neben  eicem  etwas  wärmeren  Ver- 
do,  wärmerer  Zimmertemperatur,  etwas 
Ügerer  Nahrung  und  stärkenden  Getränken, 
Wasser  mit  Wein,  patsten  hier  snoäcbst 
*  im  Anfange  nocb^  die  bei  der  Torigeo  Form 


—     39     — 

;  Roizaog'y  «irwelcbende  scfalelmlft»  QvtrSiikej  v. 
ig  k«ioe  erbitseoda  uod'  leichte  blande  Diät.  Nicht  ^ 
^  »eilen  wurde  allgemeine  BluteDÜeerong  durchs 
^-Aderlafs  iron  6  —  8  Unzen  nothig.  Ein  anti»  r 
^  pblogistiich  diapboreiiacbes  Verfahren  genügte , 
in  der  Kegel ,  wie  ein  pecoctuin  AUb.  mit  Am-  ; 
moD.  muriatic.  dep. ,  Tartar.  itib. ,  Vio.  stib.^^ 
und  bei  Torhandenem  Krampfsustande  mit  Zu-*  , 
satz  Ton  Extr.  Hyosc. ,  Aq.  Laurocerat.,  PuIt«  ; 
Dower.  und  Elix.  e  Succ.  Liqnirit.  Im  Stadhi 
eeroso  und  mucota  waren  die  Expectorantia^  ; 
Sulpb*  anrät,  Antim«,  Polygal.  amara,  Senega^: 
Helenium  indicirt,  bei  mehr  Neigung  «ur  wah^  ^ 
ren  ßlennorrhoea  ,  Decoct.  Lieben  island.  Auch  , 
wurden  hier  BlasenpOaster,  und  xwar  im  er*  ^ 
•ten  Stadium,  mit  Nutzen  angewendet«  Bei'. 
zäher  profuser  Schleimanhäufung  in  den  Luft- . 
wegen ,  besonders  bei  Kindern,  leisteten  Brech» . 
mittel  aus  Tartar.  stib«  mit  Oxymel  squillitic. . 
und  Rad«  Ipecac.  vortreiniche  Dienste ,  sowohl . 
znr  Ausleerung  als  auch  zur  groCseren  Verflü«« , 
eigung  der  zähen  Stoffe« 

c)  Behandlung  der  Influenza  pneumoniiieä, 
et  pleuritica.     Hier   trat  nun   Hinneigung  ztim 
entzündlichen   Charakter  am  häufigsten  hervor; 
und   erforderte   deshalb   auch  ein  eingreifend*-/ 
res  antiphlogistisches  Verfahren,    Esmufsteaue. 
diesem  Grunde  öfters  ein  mäfsiger  Aderiafs  am* 
Arme  instituirt  und  zuweilen  nachher  durch  ört- 
liche Blutentleerung,  durch  Blutegel  und  SchrS^f-, 
köpfe  unterstützt  werden,  wenn  die  Stiche  auf, 
der   Brust   nicht  ganz  nachliefsen  und  die  Op- 
pression  der  Brust  in  gelinderem   Grade  fort- 
dauerte,  der  Puls  auch  seine  Frequenz  behielt. 
In   manchen   Jfallen,   bei  geringerer  entzündii^ 
eher  Reizung,  waren  die  örtlichen  Blutentlee- 


••    4i     — 

g)  Behanähmg  der  Influenza  gaiiriea»  Bei 
offenbar  Torfaandenen  SordeSi  und  Dach  yoraus- 
g«gaogen6r  LStung   dertelbeo^    wie  auch   bei 
grofser  Neigung^  zum  Erbrechen,  zeigten  sich  eio 
Emeticum  aus  Tartar.   stib#   mit  Rad.  Ipecac» 
und   Ozymel    squilliiic«!    so    wie    bei  starker* 
Scbleimabsonderung  im  Darmkanal^  gelinde  Ab« . 
iübrungimittel    aus  Natr.    so1pburic.|   Magnes.- 
•ulphuric. ,  Kali  salphuric»,   KaU   tartaric«  mit 
Tinct»  Thei  aq«  sehr  wirksam*    Fand  sich  da-  . 
cegeo  mehr  Schmerz  im  Leibe  i  unbehagliches 
Gefühl,  gänslicher  Verlust  des  Appetits  ^  Ter« 
mehrter  Durst    und   stark  belegte  Zunge,    so 
wurden  zunächst  zchleimig-öligte  Mittel,  eins 
Emulsio  AmygdaU  dulc.  mit  Extr.  Hyosc«,  Am-r 
xnon.  muriatic*  dep. »  Spirit.  Blinder.  Terabreicht» 
Bei  heftigem  anhaltendem  Erbrechen  gab  mao 
eine  Saturatio  Kali   carbonic.  mit  Succ.   Citr«^ 
dem  Zusätze   Ton  Aq.  Lauroceras.^   dabei  zum' 
Getränke  Selterser wasser  mit  Milch.    Aufeerdem 
wurde  ferner  eine  wollene  Binde  um  den  Leib 
gelegt^  etwas  wärmeres  Verhalten,  leichte  blande^ 
schleimige  Diät  u.  s.  w.  angerathen. 

Zurückbleibende  Schwäche  und  Nacbkrank*» 
beiten,  wie  Erschlaffung  der  Schleimhaut,  Bleu«. 
Borrboea  pulmonum,  Catarrhus  chronicus^  er* 
forderten  die  dagegen  dienenden  zweckmäfsi* 
gen  Mittel.  Mit  Hülfe  des  angegebenen  Ver« 
fahrens  gelang  es  mir  in  rielen  fällen  noch^ 
alte,  bejahrte,  schwache,  torpide j  an  Asthma^ 
Blennorrhoea  pulmonum^  Catarrh«  chronic«,  Sta- 
tus pituitosos  u*  dgl.  leidende  Personen ,  too 
deben  die  meisten  über  75  bis  80  Jahre  zahl- 
ten und  sehr  heftig  ergriffen  waren,  von  diese« 
Krankheit  wieder  herzustellen  und  ihr  Dasejm 
wenigsten!  noch  auf  imigb  Eeil  hinaus  za 
friiteiu 


—     43     — 

flae&ca  nerrosa  mit  CongestioDMi  jes  Blatoa 
zum  Kopfe,  herrliche  Dienstev,  iodem  die  an«» 
gegebeneo  Symptome  jedesmal  bald  gehoben 
/wurden.  lo  '  der  Regel  reichten  12  bis  16 ' 
Schröpfkopfe  oder  eben  so  riel  Blutegel  zu  ge^ 
dachtem  Zwecke  aas«  Versteht  sich  yon  selbst, 
dafs  für  gehörige  UoterhaltUDg  der  Nachblutung 
gesorgt  werdeo  inufs* 

h)  Ruhefacientia  f  Sinapismen  und  Vesica^i 
f orten  j  erstere  besonders  bei  Influenxa  nervosa. 
Delirien^  trockener,  heifser  Haut,  tbeils  zmi 
Ableitung,  theils  zur  Beförderung  der  Transpi- 
ration, letztere  'nach  yorausgegangener  allga* 
ineiiier  und  örtlicher  Blutentleening  bei  Influenza 
pneumonitica  et  pleurilica,  wo  noch  Schmer»» 
gefübl  zurückbliebi  mit  günstigem  Erfolge  an* 
gewendet. 

c)  Erweichende  Dämpfe  und  Einathmungen 
Ton  kochender  Blilch^  Chamillenthee,  yon  D»» 
cocten  der  Spec.  resolveiit.  und  emollient«,  alt 
Eweckmäfsige  Hülfsmittel  gegen  grofse  Trok« 
keobeit,  Anschwellung  und  Spannung  derSchleim« 
häute,  so  wie  zur  Unterhaltung  und  Beforda» 
rung  des  kritischen  Nasenblutena  dienlich« 

d)  Zertheüende^  achmerzstilfende  ^  hesänß» 
tigende  Einreibungen  aus  Liniment,  ammoniab 
camphorat.  bei  Influenza  anginosa  in  die  Hala» 
gegend  applicirt,   ?ou  gutem  Erfolge»- 

e)  jibleitende  Fufs^  und  Halbbäder  zur 
Herableitung  des  Blutes  nach  den  unteren»  Thei-» 
len  bei  Congestionen  nach  dem  Kopf  und  bei 
Influenza  der  Respirationsorgane  häufig  und  mit 
Mutzen  gebraucht* 

f)  Trockene  Wärme  ^  yermittelst  wollener 
Xaugei  als  UmbüUuDgsmittel  der  leidoDdeii  Theile, 


—    45     — 

rit  wegen  eetnet  benllcheD  WtrlniDl  enf  die 
Scbleimhäate  der  geoaniiteDGebildaj.yonaglicii 
des  Dannkanals  I  ser  Beförderung  und  Losän|( 
der  Sekretionen^  Verflüssigung  dec  Stoffe  und 
seiner  schweifstreibenden  iLraf^  ^  war  in  al« 
len  Formen  gewifs  das  unentbehrlichste  Mittel« 
—  Liquor  jimmonü  acetio.  in  der  finfacben 
Form  der  Grippe,  in   der  nervösen ^  als  Dia« 

Sboreticum,  Eur  Herrorrufung  und  Beförderung 
er  Transpiration  bei  Indiridaen^  welche  weder 
nur  Sthenie  noch  Asthenie  neigten.  — -  Liquor» 
^mmon.  succinic*  bei  bedeutendem  Nerrenlei« 
den,  grofser  Schwäche,  HiofalUgkeit|  "blandeii 
Delirien  in  der  Form  der  Influensa  neyrosa,  ala 
echweifstreibendes  und  zugleich  nerrenstarken^ 
des  Mittel  geeignet.  —  ß)  Äntimoniaipräpm'^ 
rate.  Tartar.  stib»  in  refracta  dosi  bei  entxünd« 
lieber  Reizung  ,und  in  grofsen  Gaben  bei  det 
Influenza  pneumopitica  und  pleuritica  sehr  wirk^ 
eam,  — -  Vinum  etibiat«,  als  gelindes  antiphlo« 
gistisches,  mehr  ab^  als  diaphoretisches  Uitiel^ 
und  Sulpbur.  aurat.  Antim* »  als  mucum*  inci- 
dens  und  expectorans  bei  der  Influenza  der  Be» 
spirationsorgane  unentbehrlich.  -*•  Y)  Queck» 
süberpraparatez  Calofnel^  Hauptmittel  bei  dee 
Influenza  tracbealis  et  broncbialis ,  pneumonitica 
et  pleuritica,  sowohl  schon  im  ersten  Stadium 
der  Krankheit,  als  auch  später  zur  Beförderung 
des  Auswurfes  mit  Sulpb.  aurat.  Antimon«  — 
i)  Radix  Senegae,  Rad,  FolygaL  amarae,  Li^ 
chen  island.,  Rad.  Rhei  yortrefflich  in'  ihrer 
Wirkung  zur  Auflosung  und  Verdiinnupg  der 
profusen  Schleimabeonderung,  zur  Stärkung  def 
•rschlaflEten  SchleimhautgebiUe. 

d)  Nervina  und  ExoUantid  solutiliai  Flo« 
res  Sambuci,  Flores  Chamomill. ,  Rad.  Tele- 
mü.^  iUdb  AngeliOf  Rad.  Amic.^  bat  der  aerrS» 


^   hl   ^ 


I   ■      m^wMi •  ' 


'     \ 


• '« 


n. 

Merkwürdiger  S^atl 


Ton 


tödtlich  gewordenen  TUsäorgtaiSißäir 
Honen  im  Unterleibs.         . 

Mitgetbellt 

'Von  dem 
Geheimen  Hofiraths  tCe, 

Dr.    S  c  h  1  e  g  6  I9 

so  Mehüngeib 


1 


Ur.  ^,  KanfmaBD,  63  Jahre  alti  bafte  aahi 
gliDZM  Leben  bindiirch  sich  einer  daaerbaftea 
Gesundheit  erfreut,  bis  denselben  im  Jähr  18^ 
die  rothe  Ruhr  befiel,  Ton  welcher  ihn  Hi^ 
Hofrath  Dr.  Ban  zu  Salzuogen  innerhalb'  14 
Tagen  befreite.  Auberdem  nvnr'de  Patient  seit 
Itinigen  30  Jahren  znweilen^  jedoch  selten,  mit 
JUngefnoeh  befallen,  das  mit  einem  Gefühl- Toai 
Brennen  rerbunden  war,  aber  *  nach  jedesinidi* 
gam  fraiwiUigem  Erbreche»  aüfhoHe^    •         "  • 

Am  I5ten  Febn  1837  klagte  Hr»  ^  g<)dacti. 
lfm  Arzte,  d^Ts  seine ^  nun- seit  2}  Jahren  be- 
ilajidana,  Uni^UUichkeit  mehrsan&bme,  etstäi 


-^     49     — 

da  aa  den  gansen  Herbst  und  Winter  liio- 
h  derselbe.  Das  Ansehen  des  Kranken  ward 
ä^r  schlechter,  .  demohn geachtet  wollte  der« 
9  sieb  zum  Arzneigebrauch  nicht  entschließ 
•     Doch  mit  dem  l5ten  Febr.  1837  nothigtd 

ein  anderer  Umstand  dazu,  indem  er  eino 
^venn    auch   schmerzlose  —   ^nschioeliung 

rechten  Testikels  bemerkte*  Für  die  Ur* 
,6  davon  hielt  sein  Arzt  eine  Erkältung  nnd 

US  hervorgegangene  Haemorrhoides  retro- 
«as  et  incongruas ; .  denn  Pat,  war  2  Tage 
ler  bei  widrig  -  kaltem  Wetter  an  einen 
tunden  entfernten  Gesellschaftsort  gegangen, 

unterwegs  3  Mal  genöthigt  worden,  sei« 
i  Hämorrhoidaldrange  auf  freiem  Felde  nach- 
eben« Es.  wurden  24  Slunden  lang  warme 
kne  Fomentationen  angewendet;  allein  die 
cbwellung  hatte  in  dieser  Zeit  mehr  zu« 
s^bgenommen.  Der  Wundarzt,  welcher  die« 
L  Kranken  täglich  2  Klystiere  -—   nach  Art 

Kämpfischen  —  setzte ,  ward  angewiesen^ 
3rere  Tage  hindurch  nach  Abgang  des  Kly« 
rs  das  Intestin*  rectum  mit  dem  Zeigefinger 
aa  zu  untersuchen*  Schon  bei  der  ersten 
^rsuchung   glaubte  der  Chirurg  einen  frem« 

Körper  zu  fühlen ,  der  ihm  aber  wieder 
r  dem  Finger  verschwayd;  den  folgenden 
»  bei  wiederholter  Untersuchnngy  bemerkte 
Uchts;  den  3ten  Tag  aber  fühlte  er  den 
iden  Körper  wieder  und  war  so  glScklicb, 
berauszubefördern.  Es  war  eine  ziemlich 
&e  Fischschuppe ,  die  in  einer  Darmfalte  ge- 
&n  hatte.     Nach  Entfernung  derselben  zeigte 

kein  blutiger^  wohl  aber  ein  fortwährend 
g- schleimiger  Abgang. 

Kacb  Torerwähnten  24  Standen  der  ange« 
ödeten  warmen  Fomentationen  wardt  Abends 
\iffn.LXXXiy.Bd.6.St.  D 


—     61     ,— 

wurde  yorgebalten.  Während  de9.  Harn* 
iTfss  borte  man  eio  heftiges  Geplätscher, 
venn  Flatus  abgingen»  JeUt  entdeckte  die 
in  des  Kraokea  dem  Hro;  Hofrath  Dr.  Bein^ 
'jene  auf  dem  gewöbqlirheir  Wege  .nicht 
agen ,  sondern  durch  die.  Harnröhre ,  wa| 
ieit  8  Tagen  schon  einige  Mal  wahrgenoxn«* 

habe,  worauf  gedachter  Arzt  den  Urin  un^ 
icbte,  denselben  ganz  trübey  auch  mitaofr 
Item  Koth  vermischt  fand,  und  mit  deoi 
»elben  entsprechenden  Ge/uche«  Von  jet;(t 
ing  fast  beständig  aufgelöster  Koth  durch 
Harnröhre  mit  Winden  und  den  appUcirten 
tieren   ab«     Es   ward   mehr  als  zu  gewilf, 

an  der  Stelle,   wo  die  Blase  an  ihrer  nn« 

bintern  W^and  den  Mastdarm  berührt,  voa 
erm  aus  sich  ein  Fistelgaog  gebildet ,  der 
ie  Urinblase  überging* 

Hr.  etc«  Bein  findet  in  Betreff  seiner  ersten 
iche  bei  diesem  Kranken  noch -folgende  Er- 
»rungen  nöthig:  Früh,  und  gröfsteotheib 
Vormittags^,  war  der  Puls  des  Krankeo 
sam ,  klein  und  weich ;  .  Nachmittags  hin- 
n  stellte  sich  stets  Fieber  mit  heftigem 
it  ein,  das  bis  gegen  Morgen  fortdauerte« 
Schlaf  konnte  dem  Kranken  nur  selten  za 
11  werden^  ein  Mal  wegen  des  Fiebers,  und 
I  ^wegen  der  so  oft  wiederkehrenden  Hä« 
rhoidaltriebe ,  welche  während  jeder  Macht 
8  bis  lOmaliges  Aufstehen  yerursachten. 
en  der  Skrotalgeschwolst  und  wegen  des 
ickgezogenen  Penis  konnte  kein  Reseiroir 
den  Urin  angebracht  ^  eben  so  wenig  ein 
bbecken  benutzt  werden,  da  der  Abgang 
h  die  Harnröhre  und  den  Afker  zugleich  er- 
te*    Der  Appetit  war  sehr  geringi  eino  Tatae 

0  2 


tbft,  «EO  x;b£^  riQSxk»aBa  muA  sUi  i^ 
tteiU  jcFii:  Zii»c:kt*r  asd  «twi«  M' 

iiLk  K-iem  Ta«e.  der  K<M-^er  xcsbit«  &Mib 

ab :  es  c-rscjile  sirh  ab  oen  JteUitm  4  W«k 

Oedem  d«r   GQ'em  ExImuitÄlCfl  uui  iut 

hiozi;,    nod    utit    die**«    dm   >iiin"iliH^% 

iDaheo  «eiaes  Todes.  — 

^ach  Terlauf  too  27  StODde«  warde  di« 
n  unterDomineo«  Der  Korper  war  iia 
leo  Gra-Je  abgemagert,  die  Extremitätea 
;hwo!leOy  die  Bruttein^weide  durchaot 
i ,  im  Pericardio  obncefahr  eine  halbe 
belle  vräaserige  Flussi^keä^  io  beiden 
eutrikeln  etwas  weoiges  garonnenea  Blut, 
ifz  iveder  Verkoorpehin» ,  noch  Xerkoo^ 
lg ,  die  Valreln  noch  in  deo,  voa  da  aü«^ 
den  grofsen  BlutgefäfseD  sichtbar.  Nur 
nke  Lunge  ^\ar  auf  der  liokeD  Seile  mit 
[eura  etwas  Terwacbseo ,  ohne  daf^  der 
.e  weder  vor  noch  wahrend  der  Krankheit 
usteo  oder  Athmuogsbesch werden  gelit^ 
itle. 

TÖiToaDg  des.  Unterleibs.  Nachdem  die 
ecken  auseinaodergeschlagen  und  die  Ein« 
de  blolsgeiegt  worden ,  bemerkte  msu  sii* 
rst  das  sehr  magere  etwas  tief  herünttr- 
igte  Netz.  Hierauf  nahm  man  sämmir 
Eingeweide  bis  com  Anfang  des  Hek- 
heraus  y  und  zuletzt  auch  dieses  mit  der 
läse.  Jetzt  wurde  der  Magen  luit  dam 
1  Tractus  inle«tinorum  iinZusamnienhanga 
licht.  Ersterer  war  leer,  der  Darinka- 
iber  durchgehends   init    Luft  ausgedebnl^ 


--     55     — 

irbneiden  des  Magens  zeigte  sich  der  ionere 
Theil  ganz  normal.  Am  übrigen  ganzen  Darm- 
lianal,  der  oberhalb  des  Mastdarms  abgeschnit- 
ten \?orden  war^  fand  sich  nichts  Regelwidri- 
ges« Die  Leber  war  in  ihrem  änfsern  Anse- 
hen,  so  wie  in  ihrem  Parjcnchym  gesund ,  so 
auch  die  Galleogänge^  was  nach  der .  Gesichts- 
farbe des  Pat.  nicht  zu  vermuthen  war,  die 
Gallenblase  roll  dünnflüssiser  Galle,  ohne  wei- 
teren heterogenen  Inhalt;  Milz*',  Pankreas  und 
Nieren  mit  ihren  Harngängen  gesund.  Nach 
dem  Herausnehmen  der  ßkse  mit.dem  MasU 
darm  fand  man  die  hintere  und  untere  Wand 
ier  Blase  mit  dein  Mastdarm  verwEachsen^ 
lalzterer  bildete  an  dieser  Stelle  ein  4  Zoll  langes 
und  3  2oll  breites  Geschwur,  Yon  welchem 
ein  Fistelgang  in  die  Harnblase  überging;  der 
Gang  hatte  die  Weite,  dafs  man  mit  Leichtig«* 
keit  eine  dicke  Gänsefederspofe  durchfiihretii 
konnte.  Nachdem  der  Mastdarm  der  LSnge 
Dach  War  aufgeschnitten  worden,  fand  man 
denselben  im  Umfange  des  furchtbar  stinkendsD 
Geschwürs  ganz  destruirt  und  keine  Form  mehr 
erkennbar;  er  war  so  entartet  und  kailös,  daCs- 
beim  Austrennen  desselben  aus  seiner  Verbin« 
duog  das  Knorpelmesser  gebraucht  werdeo 
XHuTste,  und  war  demnach  eip  .ziemlich  altee 
Uebel.  Von  diesem  Geschwür  ging  auch  ein 
Fistelgaog  in  den  rechten  Hinterbacken  |  der 
vorerwähnte  Entzündung  und  brandige  6e* 
schwüre  gebildet,  aus  welchen  aufgelöster  Koth 
und  Klystiermasse  sickerten. 

Gleichzeitig  mochte  die- Fischschuppe ^  die 
noch  aufbewahrt  ist^  das  Meiste  zu  dieser  Ex- 
niceration  und  der  Entartung  beigetragen  haben. 


—     57 

Cenusse  gehCig^ir  Gtlränke  zo  rlel  gethan,  um 
iiich  des  'Kamrfters  zu  enticblageD ,  and  Yiel- 
fetche  Urkältuogeh  auf  Reiseki  t)MT;ag  und  Nacht 
erlitten.  Vebrigens  zeigte  er  sich  bei  seiner 
Aoftiabme  am  29sten  April  1835  noch  bei  ziem- 
lieb  guteo  Kräften.  Sein  Uebel  war  eotstan- 
deu ,  wie  die  Angina  pectoris  (Steaocardia, 
Syncope  anginosa)  zu  entstehen  pflegt:  erst  ein- 
zelne und  schwächere,  dann  häufiger  wieder- 
kehrende und  stärkere  Anfälle  Ton  Brustbe«* 
klemmung y  die  zuerst  rasch  Yorü hergingen  und 
dann  länger  andauerten ,  bis  sie  zuletzt  so  häu- 
fig wiederkehrten,  dafs  sie  ihn  in  seinem  Be* 
jrufe  störten,  ihn  auf  das  Krankenlager  warfen, 
und  ihn  dann  fast  täglich  und  mehrfach,  stär- 
ker und  schwächer  heimsuchten.  -  So  lautete 
seine  Erzählung,  gewifswar,  dafs  er  seit  Wo- 
chen bettlägerig  gewesen  war.  Bei  seiner  Auf- 
nahme klagte  er  schon  über  einen  beständigen 
Druck  unter  dem  Sterno,  ein  Zusammensohnü^ 
ren  der  Brust ,  bei  Veränderung  der  T^age^  über 
wahre  Herzensangst  ^  Schmerz  in  der  Gegend 
des  Epigasirium  und  nach  der  Tiefe  der  Brust 
und  das  öftere  Gefühl,  als  solle  er  in  Ohnmacht 
fallen  j  wobei  er  doch  seine  Besinnung  behalte* 
Diese  Anfälle  schienen  nun  zwar  Ton  Zeit  zu 
Zeit  heftiger  wiederzukehren ,  allein  das  Krank- 
heitsgefühl, namentlich  in  der  Gegend  des  Her- 
zens selbst,  dauerte  ohne  Unterbrechung  fort« 
Vorzugsweise  wurde  er  ron  solchen  starkem 
Anlalien  in  der  Nacht  heimgesucht,  zumal  wenn 
er  etwas  eingeschlafen  war,  tun  Tage  kamen 
sie'  zwar  auch,  doch  seltener;  er  klagte  ferner, 
firherSpHnnen^  Klopfen  und  stechende  Empfindung 
in  der  Brust ,  Heiz  zum  Husten  und  Husten 
leihst,   der   mit    nicht   spärlichem    puriformem 

Scbleimauswurf  begleitet  war^  und  reifseodef 


—     59     — 

bervor,   aas   denen   man   hätte  schliefsen 
n    jene   Unordnung    und   die   Zufnlle   der 
heit  -wären   von   der   Wirkung   des   Ge- 
oder  Jlückenmarkes    abhängig.     Im   An* 
wurde  dem  Kranken  Blut  entzogen,  ohne 
r  auch  nur  eine  Erleichterung  davon  em- 
in   hätte ^  ich  bin   der    Meinung,   dar»  er 
urch  dasselbe  verschlimmerte.     Es  schien, 
der  Gebrauch    der   Digitalis  mit  resolvi- 
I  Extracten ,  dann  die  Tinct.  Digitalis  sa-> 
3m   nütze  ^),   auch   der  Salmiak  in  stei- 
1  Gaben  und  der  Brechweinstein  schienen 
eichteruy    eben   so   das   Extractum  Lactu- 
TDsae.     Gefährlich  waren  INarcotica  (auch 
:böne    Mischung   der  van  der  Haar'schea 
en)y   denn   wenn   er   auch   Schlaf  bekam, 
rde  doch  nicht  die  Ursache  seiner  Schlaf- 
eit  durch  narkotische  Mittel  beseitiget,  und 
vachte    dann   plötzlich   zu    noch  gröfsereo 
n  ;  der  Zustand  des  Schlafes  war  ihm  aber 
rlich   und   vermehrte  seine   Qualen,    statt 
a    erleichtern.      Ableitende    Reize    hätten 
n    EinÜufs  auf  seinen  Zustand,    so  wenig 
ie  Blausäure,  das  Kirscblorbeer-,  oder  das 
9   Mandelwasser;    auch   das   Guprum  am- 
)cum,    ein    in    der   Syncope   anginosa   so 
ches  Mittel,    half   nicht.      Im  Anfang  der 
Lbeit  war  die  Efslust  nicht  ganz  aufgelui- 
lod  die  Verdauung  ziemlich  natiirlich|  auch 

>iese  80  viel  ich  wcICb  —  unter  manchen  Modifica- 
)nen  —  docli  zuerst  vom  Hrn.  Kegiarangs-Rath 
r«  Hemer  empfohlene  Bereitung  der  Tinctura  l>igi-* 
\U  ist  folgende:  Kec.  Fol.  Digital«  p.  dr.  ^*  cono« 
if.  in  s.  q.  Liquor.  Kali  acepci  (yel  Liquor,  aminon, 
cet.)  dig.  in  vase  tecto  lococalido  (lerhorasiij  (ad%ij) 
3t.  per  cliartain,  colatarae  nnc.  ij.  D.  S«  Tinct.  Di- 
Kalis  salina  Disiiens,  Nosooomü  Omn.  8anctoruin* 
»oais  12  bis  24  Tropfen  aUe  3— d  t^tundeo.  — 


—      61      — 

An  seinef  äu/sem  Oberfläcbe-  erschien  das  Herz 
ganz  eigeDibümlich,   es  war  nicht  glatt ,  son- 
dern mit  flechsig t- faserigten  Auswüchsen »  dik- 
keren  und  dünneren  Schichten  von  Faserstoff,  so- 
genannten  Pseudo- Membranen  wie  überzogen, 
mit  mebrern  dieser  adbärirle  das  Herz  am  Herz- 
beutel.   Diese  Auswüchse  —  wenn  man  sie  so 
nennen  darf  —  waren  von  verschiedener- For- 
mation; sie  hingen  am  Herzen  wie  lange  Zot- 
ten^ oder  waren  Ton   runder  Form,   einige  in 
der  Gröfse   ron    Wallnüssen;   sie  schienen  all« 
mit  der  Oberfläche  des  Herzens  in  dem  fi;enftoe^ 
•ten  Zusammenhang  zu  stehen.     Diese  Pseudo- 
Membranen   waren   an    einigen   Stellen  einfach, 
an  andern  doppelt,   und,  nach  der  Ansicht  des 
Hrn.  Geh,  Raths  Professor  Otio^  deshalb  auch 
besonders  interessant,  dafs  sie  die  seltenere  zot- 
tenartige    Gerinnung    des  Faserstoffes    zeigten. 
Beim   Zerreifsen   und   Lostrennen  des  Herzens 
Tom  Herzbeutel   erschienen   sie  auf  der  innern 
Fläche  als  poIygone  den  Bienenzellen  im  Wachse 
ähnelnde  und   niedrige  Vertiefungen,    und    auf 
der  andern   entsprechenden    Seite   als   zopfför* 
mige   Verlängerungen^     dem   Granulation  ^  Fa- 
serstoff in  heilenden ,  eiternden  Wunden  gleich. 
Eine   entfernte  Aehnlichkeit    hatten  diese  Aus- 
Hfüchse  auch  mit  denen  des  Herzens,  welche 
unter  der  Benennung  Cor  villosum  gekannt  sind«, 
ich  sage  eine   entfernte:    diese   erscheinen   als 
lymphatische  Exsudate,  jene  in    nnserm   Falle 
waren  Fleischfasern,  (uneigentlich  vielleicht  aus- 
gedrückt)  polypösen    Excrescenzen  ähnlichere« 
Das  Herz   schien   in   seiner  sonstigen  Beschaf- 
fenheit gesund«     Verknöchemngen  wurden  nicht 
in  demselben  gefunden,   es  war  also  wohl  nur 
die  Oberfläche  des  Herzens  erkrankt«    Im  Her-* 
sen  seigten  sich  sogenannte  Polypen ,  d.  b.  Ge- 


-     63     - 

I 

TorhAnden  waren ,  klagte  er  j^tst  über  eioe  sebr 
icbmerzbafte  EinpfinduDg  lo.der  epigastriscben 
Gegend,    fortdauernde   Beklemmung,   Unmog« 
lichkeit  liegen  zn  können,  ohne  Besorgnife  der 
Erstickung   and  über  yollkommene  Schlaflosig- 
keit»    Mehr  aber  als  durch  seine  eigenen  KJa-  , 
gen,  sprach  der  unglückliche  Mann  seine  Lei- 
den durch  alle  in  die   Augen  fallende  Erschei- 
Aongeu    aus:  sein   verstörter  angstvoller  Blick^ 
iein  scheues  Auge,  sein  bleiches  (wacbsartigee) 
krampfhaft  verzerrtes ,    gleichsam   das    Mitleid 
aufrufendes  Gesiebt,  seine   eigebthümlicbe  «ind 
{gespannte   Stellung,   die  er  im  Bette  annahm, 
und  die  durch  die  Arme  unterstützte  halb  auf- 
rechte Haltung   seines  Körpers,    sprachen  fiis 
ein  tiefes  und  grofses  Uebel«    Noch  mehr  ent- 
deckte sich  dasselbe  dnröh  Her;:^-  und   PuU^ 
schlag*     Der  Schlag  des  Herzens  war  über  die. 
ganze  Brust,  wohin  man  auch  die  Hand  legte, 
bis  tief  in  das  Epigastrium  fühlbar,  ja  den  gan- 
sen  Körper  erschütternd  und  den  Kranken  selbst 
erzittern    machend,    ja    sogar    seine  Bettdecke 
bewegend.     Die  Herzschläge,  Systole  und  Dia- 
stole waren  grofs,  ausgedehnt*,  häufig  und  weit 
in  der  Brust  verbreitet;  der  Puls  entsprach  har- 
monisch und  isochronisch  den  Bewegungen  des 
Herzens,    er    war    krafljg    (stürmisch),  häufig 
ToU  und  stark,  aber  gleichmäfsig.    Die  stetho- 
scopische    Untersuchung  liefs   ein   starkes   weit 
verbreitetes  Geräusch  in  der  ganzen  Brust  wahr-» 
nehmen,   ein   Klopfen   wie  von  Hammerscblä- 
gen,  die  sich  in  regelmäfsigen  Zeiträumen  folg- 
ten.    Der  Kranke  war  in  seinem  Gemüthe  sehr 
aufgeregt,    ängstlich  und  fast  verzweifelnd,   so 
dafs  man  in  der  That  eine  Störung  seines  Ge- 
müthes  besorgen  mnfsle» 


—     65     — 

% 

I 

WbU&  derber  nnd  fester  als  gewilhnlich.  Wie 
in  den  meisten  Fällen^  so  war  auch  in  diesem 
der  linke  Ventrikel  der  gleichzeitig  etwas  mehr 
erweiterte  und  bedeutender  verdickte.  Doch 
ränd  dasselbe  auch  b^i  dem  rechten  Ventrikel, 
obwohl  in  geringerem  Grade  und  bei  dessen  Vor- 
bofe  Statt.  Auch  die  innere  Haut  des  Herzens 
hatte  an  der  krankhaften  Reizung  Theilge^ 
ttonimen ,  und  zwar  im  linken  Ventrikel.  Fer- 
ner fand  sich  im  liokcn  Vorhofe  nach  der  äu- 
fsern.  Seite  zu  eine  ziemlibh  grofse  Stelle  mit 
kleinen  Excrescenzcn  von  Faserstoff  besetzt^ 
wie  auch  die  Valvula  mitralis  und  die  halb«» 
mondformigen  Klappen  der  Aorta  an  ihren  Rän«« 
dern  mit  ähnlichen  Excrescenzen  besetzt  wa«» 
ren.  -—  Sonst  waren  alle  Organe  gesund. 

2.  Hyperirophia  cor  als  und  Hydrops  peri* 
eardii,  Barbara  B. ,  Wittwe  eines  Tagelöhners^ 
40  Jahr  alt^  uns  sonst  unbekannt,  und  von  so 
geringen  Geistes fahigkeiten  einerseits,  so  wie 
von  gewaltigen  Krankheitserscheinungen  ande«« 
rerseits  dermafsen  überwältiget,  dafs  über  Ent-» 
stehung  und  Fortgang  ihrer  Krankheit  nichts 
zu  erforschen  war.  In  das  Allerheiligen -Hos- 
(»ital  wurde  sie  am  4ten  Januar  1836  in  einem 
Zustandiv  gebracht,  der  ihr  ganz  nahes  Ende 
mit  Gewifsheit  erwarten  liefs  \  sie  war  fast  eine 
kleine  Stunde  weit  transportirt  worden  und  da- 
durch TÖlIig  erschöpft,  während  sie  an  dea 
heftigsten  Erslickungszufällen  litt,  die  ihr  alle 
Ruhe  raubten;  sie  war  dabei  von  allgemeiner 
Haatwassersucht  befallen,  und  ihr  blaurothes^ 
aufgedunsenes  Gesicht,  die  berrorstehenden  trie- 
fenden und  Diatten  Augen ,  das  schwere  Athmea 
mit  aufstehenden  Nasenflügeln,  die  bleifarbenea 
kühlen,  angeschwollenen  Extremitäten,  die  Un-* 
Jourii.LXXXiy.6.6.St.  E 


~     67     — 

Cmd  sogleich  einige  Unzen  Blut,  welchiSs  ebciii 
•o  wie   da$  des   TOrigen   Kranken   viel  Sefom 
«nd  ^euig  Crüor  zeigte  ^  eine  Erleichterung  er- 
folgte  indessen   auch   hier  nichts   eben  'so  we* 
fiig  wie  durch  Blutegel^  die  in   die  Herzgrube 
Abgelegt  wurden.    Ich  qrdnete  nun  Einreibtin-^ 
gen  Tod  OL  Sioapeos  aether.  scrup.  p  mit  AU 
üohol  unc.  j.  gemischt,  längs  der  Rückensäul^^ 
Tornämlich  am   Brusttheile,   und  gab  innerlich 
alle  2  Stunden   einen   Gran   Lactncarium  JPari- 
siense  abwechselnd  mit   Rec«  f'olioi'.    Digitalis 
"^porp^  drachm«  /?.   infund.  vase  tecto  pei*  horaa 
tres^  ad  finem  adm#  Flor.  Cassiae  scrup.  ^,  post 
parvam  Dig.  colaturae  unc.  ▼•  adm»  Liquor  EL^Ii 
acetici  unc.  ß.  M.  D.  S.  Alle  2  Stunden  1  Et§^ 
loiTel  YoU.    Der  Zustand  hatte  am  7teii  keine 
Yeränderung  erlitten,  ich  setzte   daher  die  Di« 
gitalis  aus,   und  gab  stündlich  ^eü  ElslofEel 
yoU   Von    einer  Mischung  aus  Rec^   Acidi  fa)r« 
drocyanici  Ittneri  gutt«  Tj«  Aq.  destill.  simpL  unc. 
ir).  die  dritte  Stunde  2  Gran  LaciUcariunti     Am 
loten  stieg  ich  mit  der  Blausäure  auf  8  Tropfen 
in  6  Unzen  Wasser«    Durch  diese  Mittel  erlangte 
ich  bis  zum  lOten  vollkommene  Rühe,  die  Kranke 
borte  auf  zu  toben  und  zu  lärmen;  sie  schlief 
Stunden  lang  ganz  ruhig,  und  in  der  Nacht  lag 
sie  stille,   nur  von  Zeit  zu  Zeit  nahoä  sie  un« 
ter  Seufzen  die  verwärts  gebengte  Stellung  An ; 
sie  sprach  zwar  ruhig  über  ihre  Empiindungeo, 
doch  war  wegdb  ihrer  Indolenz  und  wegen  ih- 
rer Erschöpfung  nicht  ein  Gespräch  mit  ihr  an« 
suknüpfen^     Es  kam  so  weit,    -dafs    sie    sich 
nicht  mehr  Yerunreinigte  und  sogar  Speise  und 
Trank  Verlangtei  selbst  der  Urin   begann  reich- 
lich abzugehen   und    zeigte  keine  abnorme  Be- 
schaffenheit.    Die  Hauptleiden  blieben  indessen 
dieselben,  der  Herzschlag  ünregelmäfsig,  über 

E  2 


_     69     — 

ond  verlor   seine  Skropheln  und  seine  Epilep- 
sie*    Geistig   war   er  sehr^  ja  sogar  bedeutend 
Ausgebildet,  heiter,  zum  Frobsion  geneigt,  wiz- 
21g    und  reich    an  imraer  guten   und  trelTenden 
Einfallen;  er  lernte  bei  seinem  geschickten  und 
für  seine  Verhältnisse  ungewöhnlich  gebildeten 
Vater  die  Drechslerkunst,    war  in  seinein  Ge- 
werbe ausgezeichnet,  und,  ohne  besondere  An- 
weisungen erhalten  zu  haben,  sehr  geschickt  im 
Schnitzen  von  Elfenbein  und  Holz   und  in  an- 
dern feinern  mechanischen  Arbeiten.  —   In  den 
Naturwissenschaften,  die  er  eifrig  betrieb,  war 
er  sehr  bewandert,   und  streifte  in   freier  Zeit 
Tage  lang  in  Feld  und  Wald  umher,  sammelte 
IValuralien    u.    s.  w.      So   lebte    er  nach    dem 
Tode  seiner  Eltel'n,  mit  seiner  Schwester  ruhig 
und  zufrieden,  und  verheirathete  sich  ror  län- 
ger als  einem  Jahre  entfernt  Ton  Breslau.     An 
dem  Tage  nach  der  Hochzeit  aber,   als  er  mit 
seiner  jungen  Frau  hier  ankam,   erblickte  letz- 
tere ihren  alten  Geliebten,  entwich   noch  den- 
selben Abend  >    und  veranlafste  einen  mit  allen 
Subtilitäten    gegen   ihn    geführten    Scheidangs- 
procefs,  welcher  ihrem  Manne  Seelenruhe,  Hei- 
terkeit,   den    Geschmack   an    seinen   alten  Be- 
schäftigungen, und  endlich  die  Gesundheit  raubte«. 
Er  verbrachte  seine  Tage  in  steter  Angst,   Be- 
kümmernifs  und  Aerger,  ging  endlich  gar  nicht 
mehr  aus  dem  Hause ,  bekam  Brustbeklemmun- 
gen,  grofse   Kurzathmigkeit  und   seine   Kräfte 
schwanden;    Mangel    an    Efslust  und  unregel- 
mäfsige   Verdauung  hatten   ibn  Yorlängst  belä- 
stiget.    Ich  selbst  hatte  ihn  während  der  gan- 
zen Zeit,  als  diese  Angelegenheit  vor  sich  ge- 
gangen ,  nicht  gesehen ,  sie  war  mir  sogar  ganz 
fremd  geblieben. 


—     71     — 

rasenfliigeln  und  ofFeneTn  Mande  retpfrfrte. 
h  richtet^  nun  mein  Augenmerk  zunächst 
tungen  und  Herz*  Die  erschwerte  und  ge- 
rte  Respiration  beruhete  zunächst  nicht 
tu  ersten  Organe«  Wie  schon  angeführt, 
:e  er  in  der  erst  angeführten  Stellung  tief 
nd  ohne .  Schmerz  athmen ,  auch  fand  kein 
sin  oder  irgend  öine  schmerzhafte  Empfin- 
Statt,  er  hustete  nicht,  und  hüstelte  nur, 

das  Athmen  gehemmt  wurde,  eine  Ana^ 
rang  aus  den  Lungen  irgend  einer  Art 
licht  Torhanden ;  Yv^enn  man  ihn  zum  Hu- 
infforderte,  geschah  es  ziemlich  frei,  er- 
aber  Vermehrung  der  Dyspnoe,  so  auch 
nhaitende  Sprechen ;  die  Stimme  yirar  klar* 
3fs  sehr  reichlich  Urin,  und  man  bemerkte 
esem,  eine  milchigte  BeschalFenheit  in  ge- 
n  Grade  und  eine  leichte  Trübung  abge-> 
et ,  nichts  Abweichendes.  Stuhlgang  hatte 
der  letzten  Zeit  täglich  gehabt^  er  meinte 

dafs  er  essen  würde,  wenn  sonst  sein 
rid  eine  Bewegung  erlaubte,  es  fand  end-" 
lur  ein  leichtes  Oedem  der  Füfse,  Folge 
.teten  Stehend  Statt.  Ganz  anders  stand 
t  der  Beschaffenlieit  des  Herzens  und  des 
laufes.     Bei    der    Untersuchung  der  Brust 

man  den  Herzschlag  über  die  ganze  Aus^' 
ing  derselben  ,    stark  und  kräftig  «Bber  ziW 
y    so    dafs   sich  diese  Bewegung  den  Um- 
igen inittheilte.    Die  Systole  und  Diastole 
inregelmäCöig ,    bald  stark ,   bald  schwächt 
(zend    inebrere   Secunden  lang,    ja  bei  ir«, 
einer  Veränderung  seiher  SteUutig  (in  eine  \ 

war  er  gar  nicht  zu  bringen)  schien  der 
lauf  zu  stocken  und  das  Herzslille  zu  sie-* 

dann  kamen  schnell  einige  auf  einander 
ckde  starke  Schlage ,  die  jedesmal  dem  Kran- 


^Ta- 
ten; stark  uoterstttutea  uod  iho  gleichsam  scbwe« 
beod  bielten,  iadem  er  den  Kopf  uad  Brust 
vorwärts  beugte  und  einen  harten  ILorper  c^n« 
drückte;  und  dennoch. traten  Anfalle  der  Ohn» 
macht  Ton  Zeit  zu  Zeit  ein«  In  dieser  Noth 
nahm  ich  meine  Zuflucht  zu  einem  Aderlaft, 
mit  dem  schlechtesten  Erfolge»  Zuerst  schied 
sich  das  aus  der  Ader  gelassene  Blut  garnicht, 
l^ildete  einen  festen  schwarzen  Cr uor  -  Kuchen » 
setzte  gar  kein  Serum  ab,  und.  zerfiel  nach 
einigen  Stunden«  Die  ^ntkräftung  nahm  dabei 
Mu ,  '4er  Kranke«  schlief  stehend ,  oder  wurde 
ohnmächtig,  und  verlor  die  Besinnung,  -^  Bis 
dahin  hatte  das  Uebel  auf  seil/  Sensorium  nur 
einep  indirecten  Einflufs  ausgeübt ;  *r-  er  schreckte 
oft  zusammen ,  liefs  sehr  vielen  fast  wasserhel- 
Ifin  Urin^  hatte  mehrere,  doch  normale  Stuhl-» 
gänge  unter  den  furchtbarsten  Zufällen ,  schien 
dem  Ersticken  nahe,  und  athmete  doch  ziem-* 
lieh  frei,  sobald  nur  ein  Nachlafs  des  Sturmes 
erfolgte.  Im  Herzen  fühlte  man  nur  ein  gan? 
Unregelmäfsiges ,  bald  stärkeres,  bald  schwä- 
cheres Strömen  und  Klopfen ,  virelches  bald  die 
Brust  auszufüllen  schien,  bald  so  verschwand, 
dafs  man  vergeblich  nach  dem  Herzschlag  suchte  ; 
letzterer  fand  nur  auf  den  Zeitraum  von  Se- 
cunden  Statt«  Die  Fulsschläge  ergaben  eino 
gleiche  Unordnung« 

Unter  so  bewandten  Umständen  sann  ich 
Qur  noch  auf  Mittel,  den  unglücklichen  Kran- 
ken zu  beruhigen,  auf  sein  Nervensystem  und 
das  Rückenmark,  und  so  auf  den  Kreislauf  be- 
lebend einzuwirken,  und  den  Reiz  von  der 
Brust  abzuleiten«  Üifenbar  schien  mir  sein  Lei- 
den, wenigstens  ciucrseits,  dem  dynamischen 
YerbäUnib  des  Lebens  anzugehören  ^  und  der 


,    -.     75     - 

natürlich,  er  boHe  freier  Athem  and  glanble, 
daib  er  Stiii^deQweUe  ge«chlaf#ii\  hätte  ^^  woria^ 
er  eich  ebw  täaachte  (  der  Schlaf  hatte  ihn  abet 
erquickt»    Vit  Erstaunen  oahoi  ich  wahr^   dalSi 
Her«  -  und  Pulsschlag  sich  w  ordnen  begannen^ 
die  Bewegung  des  Herzens  theilte  sich  regei^ 
mä/siger  odet  besser  dnutlUi^er  in  Systole  und 
Diastole^   der  Pnlsschlag   fing  an  npi^maler  sa 
werden  und  dem  des  Herzens  zu  entsprechen^ 
er  war  zwar  noch  nnregelmälsig  der  Zahl  und 
dem  flfa]rthinns  nach,  die  Schläge  aber,  die  Au»« 
debnqng  und  Zusaminenziehung  des  Gefalsee 
waren  an  sich  gleichmäbigf  der  Kreislauf  wat 
Yon  seinem  Ceniralpnncte  geordneter^  und  den 
normale  {mpuls  der  Herzbewegnng-   auf  den^^ 
selben  zum  Tbeil  hergestellt«     Urin  war  wie« 
der  in  grofser  Menge  pod  Ton  UßtissjtrheUer  Be^ 
scbaffenheit  abgegangen;  der  Kranke  hatte  eii^e 
Tasse  Cacao-Tbee  und  einen  Zwieback  genos^i 
sen.    l^s  w^ren  nun  24  Tropfen  Ittnersche  Blau-« 
säure  und  i2>  Gran  Lactucarium  verbraucht  wori^ 
den.     Die  Einreibungen  hatte  man  der  Haut«» 
reiznng  wegen  seltener  gemacht,  ich  lieb  daher 
Ton   derselben   einige  Theeloffel  in  die  Herz* 
grpbe  einreiben,  weiches  der  Kranke  ab^r,  des 
Geruches  wegen,   nicht  ertragen  konnte.     Am 
SOsten  Pecember  liefs  ich  8  Tropfen  älausäure 
zu   sechs  Unzen  Wasser  mischen,   und  alle  3 
oder  4  Stunden   t  Gran    Lactucarium  nehi|ien# 
An  diesem  Tage  ging  der  Kranke  schon,   ob- 
wohl mit  Mühe  und    unterstützt   im  Zimmer 
umher  u^d  suchte  sich   selbst   die  bequemsten 
Stellungen  zum  Athmen,   schlief  halb  koieend, 
halb  auf  dem  Gesicht  und  Bauch  liegend  meh^ 
rere  Stunden  auf  seinem  Sopba  und  traospirirle ; 
schon  Tages  zuvor  hatte  er  versucht  aof  der 


—      77     -^ 

wabr;  denaöcb  begann  er  seiaeo  Bdrof  zu-ubeni 
obwohl  die  Kräfte  sehr  schwach  waren,  ud4 
er  sich  nur  Ungsain  erhoUe.  Er  konnte  eigenl-, 
lieh  Mitte  Januar  als  genesen  betrachtet  wer* 
den.  Doch  liefs  ich  ihn  .später  noch  ein  Mal 
die  DigitaHs  brauchen,  welche  ihm  nun  sehi^ 
zusagte.  Zuletzt,  Alitte  Februar,  verordnete  ich 
noch  Pillen  aus  animalischer  Kohle,  Digitalis 
und  Coniumpulver,  in  steigender  Gabe;  —  sei^ 
nen  körperlichen  yerhältDissen  nach  befindet  ec 
sich  gegenwärtig  wohl  und  eigentlich  gesund«  . 

V.  i 

B^eriropJiia  cordis  et  hepätis,    cum  Hydrope 

universalu 

Caroline  P. ,  ledigen  Standes,  35  Jahr  alt« 
Ihre  Schwestern  litten  an  Gicht  und  Hysterie, 
sie  selbst  war  von  letzterem  Uebel  auch  nicht 
frei  und  häufig  an  Unordnung  ihrer  Catamenien 
leidend,  sonst  schien  sie  sich  einer  guten  Ge- 
sundheit erfreut  zu  haben,  und  konnte  ihrem 
Geschäfte  als  Köchin  ungestört  nachleben*  Nur 
seit  einiger  Zeit  wurde  sie  von  Unterleibsbe- 
schwerden belästiget,  erschwerter  Verdauung, 
Appetitlosigkeit,  Gefühl  yon  Schwere  im  Unter- 
leibe; sie  hatte  eine  hochrothe  Farbe,  nament- 
lich der  Wangen ,  starke  Zufälle  von  Congestion 
nach  demKopfe^  Kngbriisligkeit,  erschwertes Äth- 
inen  beim  Steigen  von  Treppen,  oder  beim  lieben 
schwerer  Lasten ;  dobei  hüstelte  sie  oft,  und 
konnte  zuletzt  nicht  im  ÜcU,  aiM  wenigsten 
grade  aus;;cfttrcckt  liegen.  Kachdcm  sie  diesen 
Zustand  ßJonate  lang  ertragen ,  ohne  sich  nach 
gründlicher  Hülfe  umzusehen,  ihre  Regeln  aus- 
(^eblicbcn,    und    endlich   sich  Geschwulst   der 


~     79     — 

•icfa  b^uem  fiihUei  so  Vermochte  ile  iMf  ^and 
ohne  Empfindung  aofzaathmen  ^  nar  deiT  damit 
Tdrbandene  Act  der  Bewegung  benachtbeiligte 
sie«  Die  Farbe  ihres  Gesichts  und  die  dtir  Au- 
gen (der  Gonjunctiva  sclerotica)  wären  hochpoo- 
ceaii  roth  und  namentlich  die  Bindehaut  gelb 
gefärbt^  so  dafs  die  Grundfarbe  der  Haut  ei* 
l^entlich  gelblich  war,  auf  welcher  das  dunkle 
Roth  aufgetragen  schien»  An  der  Nase  und  an 
den  Wangen  sähe  man  yaricöse  Yenenausdeh- 
nungen,  wie  ein  Netz  verbreitet ,  sobald  aber 
jene  Erslickungszufälle  eintraten ,  wurde  das 
Gesicht  fast  blauroth.  Die  untern  Extremitäten 
waren  bis  über  die  Schenkel  stark  angeschwol^ 
len,  auch  der  Unterleib  Ton  Fluctuation  nicht 
frei)  dieFüfse  und  die  später  auch  aogeschwol« 
lenen  — -  Hände  hatten  eine  kühle  Teraperatuf 
und  bläulich  rothe  Farbe.  Den  Herzschlag  fühlte 
man  in  einem  grofsen  Umfang  bis  in  die  rechte 
Brustbälfte  ungleich,  unregelmäfsig^  aussetzend^ 
dabei  oiTenbar  gewaltsam  und  mit  den  Puls^ 
schlagen  nicht  gleichzeitig*  Die  Pulse  waren 
klein  und  kaum  fühlbar^  irregulär,  nus8etzend|. 
die  Schläge  schnell  auf  einander  folgend  und 
dann  durch  eine  Reihe  gleichmafsig  gezählier 
Pulse  fehlend.  Fieberhafte  Bewegungen  und 
Erscheinungen  wurden  niemals  beobachtet«  — 
Die  Kräfte  waren  auf  das  Aeufserste  erschöpft 
und  sanken  fast  bis  auf -Null,  wenn  )ene  Er- 
stickungBzufälle  und  die'  Anwandlungen  Yon 
Ohnmacht  eintraten.  Der  Stuhlgang  war  hart 
und  selten,  und  da  die  Entleerung  jedes  Mal  mit 
zu  grofser  Anstrengung  und  Beschwerde  Ter- 
buuden  war^  so  mufate  man  sich  hüten,  den 
Stuhlgang  cu  befördern,  man  konnte  ihn  nur 
erleichtern.     Die  Urinabsonderung  war  eben  so 


./ 


-     81     — 

I 

ttnd  ohne  BrkIchUroDg.  2otiKsl  ^mfit  lir 
Gesiebt  feos  blaa,  duekelU«aroth;  ea  vii 
•ach  die  HSode  und  Fotte  kaU.  WOfdM  mmI 
i^ark  aD|etehwolIeo  wareÄ.  lo  .  deo  letaleo 
•Wochen  konnte  mao  keinen  oder  nur  mfikaimi 
•inen  Pabs^blag  entdecken.  Am  2tea  Febftiat 
•larb  iie  an  fainsngetretenem  Catarrhus  aiiflbe«^ 
tiTtts,  der  mehrere  Standen- anhielt ^  acheiabife 
bei  vollem  Bewubtseyn* 

Leichenöffnung,  Brusthohk :  Zyßfuch^n  i^ 
Pleura  und  den  Langen  mehrere  Pfunde  Blnt* 
Wasser^  die  Lungen  gan«  zusammengedrScki; 
snsammen gefallen,  schlaff,  Ton  B|ut  leer;  io 
den  Verzweiguogen  der  Bronchien  fand  man 
noch  etwas  blutigen  Schleim,  Der  Herzbentel 
war  stark  ausgedehnt,  und  enthielt  über  eio 
lalbes  Pfand  blutiges  Serum.  Pas  Herz  war 
lijpertrophisch  rergröfsert,  die  Hohlen  erweis 
tert,  und  seine  Wandungen  verdunni,  ea  enl» 
hielt  in  beiden  Kammern  nnd  f^orkammetn  ein# 
ao  grofse  Menge  theils  diinnfliissigen,  tbeila 
achon  coagulirten  achwarzen  Blutes,  dab  matt 
sagen  konnte,  es  strotzte  Von  Blut ;  ebenso 
waren  die  Yenae  cayae  nnd  pulmonalea  mit 
achwarzem  geronnenem  Blute  angefüllt,  während 
die  Arterien  leer  waren. 

Unterleibshohle:  Die  Leber  war  von  dun« 
kelbraunrotber  Farbe ,  ihre  Grofse  erstreckte  sich 
bis  hinüber  in  das  linke  Hypocbondrium ,  and 
abwärts  bis  in  die  Regio  umbilicalis ,  sie  war 
dabei  von  schwarzrothem  Blute  überfüllt,  stroz* 
zend,  bei  jedem  Einschnitt  quoll  dasselbe  her* 
vor,  sie  war  nicht  indurirtj  nur  intumeacirU 
Gallensteine  waren  nicht  Torhanden,  die  Gal- 
lenblase leer;  die  Milz  gleich  grofs  bis  tief 
loarB«LXXXiy.Bd.6.SL  F 


—     83.   — 

I 

II 

9  •     ..i 

• 

II 

!  IV. 

Geschichte 

einei 
periodischen,  intermittireDdea 

Wahnsinns  im  Wochenbette. 

Mitgetheilt 
Ton 

Dr.    B  e  n  n  e  w  i  tZ| 

in  Berlin. 


dt.  0.|  eine  Dame  in  den  SOger  Jahren,  Ton 
robaster  Constitution  und  lebhaftem  Tempera- 
mente ,  erinnert  sich  nicht,  in  ihrer  Joggend  be- 
sonder» krank  gewesen  za  seyn.  Ihr  Korpeir 
entwickelte  sich  schon  frühzeitig,  und  die  für 
den  weiblichen  Organismus  so  wichtige  Puber« 
tätsperiode  trat  bei  ihr  ohne  alle  StSrungen^ 
leicht  und  unerwartet  ein*  Bei  einer  ihr  eige- 
nen Thätigkeit  und  immerwährenden  Beschäf- 
tigung im  Häuslichen ,  erhielt  sich  auch  dieser 
Gesundheitszustand  bis  in  die  20ger  Jahre^ 
wo  sie  Ton  einem  Nervenfieber  befallen  wurde^ 
gegen  welches,  wie  sie  sich  noch  zu  erinnera 
weifs,  der  allen  Mitteln  widerstehenden,  wä- 
thenden  Kopfschmerzen  wegen»   längere  Zeit 

F  2 


r^      9i     ^ 

abtr  fttellto  sich  statt  ihrer  Jets!  eio  tabr  #opiit^ 
»er  VagiDaltchleiinaasfiofs  eio,  der,  durch  aein« 
Häufigkeit  Torzüglicb  belästigend^  trotx  mao« 
eher  dagegen  angewandter  Mittel,  dennoch  hm 
9u  Ende  der  ganzen  Schwangerschaft  ertrage« 
werden  mofste.  Indessen  wurde  dadurch  die 
Gesundheit  keines weges  gestört,  Tielmehr  nah- 
men beide^  Mutter  und  Kind,  immer  mehr  zu«. 

So  erreichte  die  Schwafngerschaftihr  Bode^ 
und  Alles  liefs  erwarten,  dafs  die  Geburt  bei 
der  Gesundheit  dieser  Frau,  und  bei  der  nor- 
malen Bildung  des  Beckens^  durch  die  eigeo9 
NatuTtbätigkeit  erfolgen  würde.  Dem  war  je- 
doch nicht  also.  Wenigstens  scheint  der  wer^ 
(he  College,  welcher  der  Frau  hierin  beistaod, 
nach  4  —  dstündigem  Abwarten  der  Weheo^ 
Ton  der  Unmöglichkeit  überzeugt  gewesen  um 
sejn,  hier  noch  länger  ohne  Gefahr  für  Hui* 
ter  und  Kind,  der  Wirksamkeit  der  Natur  T«r» 
trauen  zu  dürfen ,  sondern  je  eher  je  lieber  ÜB 
Geburt  auf  künstlichem  Wege  zu  beeudeB« 
Dies  geschah  alsobald,  und  so  wurde  null  ia 
weit  kürzerer  Zeit,  als  es  der  Selbstwirksam« 
keit  der  Natur  möglich  gewesen  seyn  wurd«^ 
zu  nicht  geringer  Bewunderung  der  Geschick- 
lichkeit des  Operateurs,  aber  freilich  auch  un- 
ter weit  grofseren  Schmerzen  für  die  Frau,  di« 
Geburt  Tollendet.  Der  hierbei  erlittene  Blut- 
verlust war  nur  gering.  Die  Gebärmutter  cou^ 
trabirte  sich  kräflig  und  trieb  nun  mittelst  ei- 
gener Naturhülfe  die  Nachgeburt  bald  heraus. 

Die   Entbindung    war    gegen  Abend    (den. 
2(en  Mai)  erfolgt.     Die  Nacht  darauf  wurde  Toa  . 
der  Wöchnerin  ziemlich  ruhig  durchbrachti  mid  - 
die  eingetretene  Reaction ,  welche  soosi  bei  jt^» 
der  mit  einiger  Kraftanstreognsg  TM  §fili«  ^W- 


—     87     — 

I 

eines  Wochenbettes  nicht  wenf^r  notWencIl« 
geo  gelinden  Schweifse  fehlten  fast  gans,  kooD- 
ten  auch  durch  warmes  Getränk  selbst  nicht 
befördert  werden.  Dennoch  zeigten  sich  dabei' 
keine  Funktionen  des  Körpers  weiter  gestört«; 
Der  Puls  war  normal;  der  Schlaf  des  Nachts 
ruhig.  Die  Harn-  und  Stuhlausleeruogen  gin- 
gen gehörig  von  Statten,  und  auch  die  Beräh« 
rung  des  Unterleibes  yerarsachte  nirgend  Schmer* 
xen.  Sogar  die  etwas  auffallende  heitre  Ge- 
müthsstimmang  erhielt  sich ,  ungeachtet  der 
trüben  Aussicht,  bei  der  spärlichen  Olilchabsqu- 
derang  die  Ernährung  des  Kinkles  entweder  durch- 
eine gute  Amme,  wogegen  die  Mutterliebe  sich 
besonders  sträubte,  oder  künstlich  unterstützen 
zu  müssen ,  noch  unrerändeiii.  «—  Einstweilen 
wurde  letzterer  Weg,  die  künstliche  Ernährung« 
und  zwischendurch  das  Anlegen  an  die  Mutter^ 
brüst  versucht. 

So  waren  12  Tage  im  Wochenbette  ver- 
gangen, als  am  Abend  des  letztgenannten  Ima- 
ges (d«  14.)  die  Frau,  nachdem  sie  einige  Stun» 
den  aufser  Bette  zugebracht  hatte,  von  einer 
inneren  Angst,  Unruhe  und  heftigem  Kopfweh 
befallen  wurde,  und  vermeinend  ihr  Enae  sey 
nahe,  alle  ihre  Angehörigen  zu  sich  rufen  liefs. 
Doch  nach  eioigen  Stunden  legte  sich  dieser 
besorgliche  Zustand  wieder;  die  Nacht  wurd« 
ruhig  zugebracht,  und  am  andern  Morgen  (den 
15ten)  war  keipe  Spur  davon  mehr  übrig.  Die 
Kranke  indessen,  besorgt,  der  Anfall  möchte 
zurückkehren,  und  die  Veranlassnng des  gestri« 
gen  in  einer  Erkältung  suchend ,  blieb  heute  ini 
Bette  und  beugte  so  jeder  neuen  Störang  der 
Hautthätigkeit  vor.  Wirklich  verging  auch  dU* 
ser  Tag  ohne  weitere  AnfechUmg,  und  attch 


^     8»     — 

beobachleodeo  VortichUmaafsregelo,  als  9  Sorg« 
für  gehörige  Leibeto£EbuDg,  Warmbalteo  der 
Brüste  uod  Enthalten  Tom  Trinken,  wohl  zu 
beibifreni  angetathen.  Allen  diesen  Vorschrif- 
ten fügte  sich  die  Frau  pünktlich,  and  befand 
sich  dabei  wohl  bis  cum  20sten  (Mai),  alt 
Abends  unrermuthet  wieder  jener  frühere  Angst- 
anfall eintrat;  nur  darin  von  jenem  unterschie» 
den^  dab  jeUt  Lachen  und  Weinen  sich  rasch 
auf  einander  folgten,  und  sich  die  Begrifib  eU 
was  Terwirrten. 

Jetzt  erweckte  der  Typus ,  welchen  die  An« 
falle  beobachteten,  zuerst  in  mir  den  Argwohtf 
einer  Intermitt.  larvata«  Doch  bei  der  differi-« 
reoden  Meinung  des  geburtshülflichen  Collegeq 
wagte  ich  es  noch  nicht,  dem  gemäfs  zu  Ter* 
fahren,  sondern  versuchte  erst  noch  schalte» 
inäfs  die  derivirende  Methode,  und  yerordnete 
daher  Inf.  Sennae  comp,  in  Verbindung  mit 
Kali  sulpburic.  Allein  mit  dieser  Methode  ver- 
besserte ich  nichts«  Der  Zufall  kam  am22steo 
Mai  nicht  allein  wieder,  sondern  es  offenbarten 
sich  auch  jetzt  deutliche  und  unverkennbare 
Spuren  von  Geisteszerrüttung,  durch  falsche 
Vorstellungen  und  Handlungsweise«  Sie  war  in 
ihren  Wahnvorstellungen,  die  sich  oft  blitzschnell 
auf  einander  folgten ,  dabei  oft  so  lustigen  Hu« 
mors,  dafs  es  der  ganzen  Passung  bedurfte,  um 
nicht  Tor  Lachen  loszuplatzen.  —  Der  ganze 
Anfall  endete  übrigens  gleich  den  früheren  in- 
nerhalb 2  —  3  Stunden ,  und  keine  Senfteige 
noch  sonstige  Mittel  vermochten  ihn  zu  Ter« 
kürzen. 

Nachdem  mit  dem  folgenden  T^fO  (deo 
23sten  Mai)  wieder  eine  reine  Intermission  eiiH 
getreten ,  und  Alles  bis  «yf  tiaeii  fliy)|t.||JDi 


—     91     — 

akt  an  sicli,  lo  deo  rorgerücktbren  Jahren,  als 
auch  das  operaÜTe  Einschreiten  zur  Beendigung 
desselben  insbesondere  zu  seyn.  Denn  hier^ 
durch  stellte  ich  mir  yor,  mufste  gleichsam  das 
ganze  Nerrensystem ,  und  namentlich  das  Ge- 
hirn ,  das  schon  durch  das  häufige  frühere  Kopf- 
leiden zur  Krankheit  disponirte,  iiberreizt  und 
in  seiner  innersten  und  feinsten  Organisation 
verstimmt  worden  sejn«  — -»  Und  diese  Verstim* 
mung  im  Gesammtnerrensystein  nun  zu  hebeni 
schien  mir  auch  hier  die  erste  und  dringendste 
Indikation  zu  seyn. 

Diesem  Zwecke  gemäfs»  reichte  ich  daher 
sogleich  ein  Brechmittel,  das  stark  und  kräftig 
wirkte,  und  eine  Menge  nnyerdauter  Speisen 
mit  ausführte.  —  Aber  der  am  26sten  Mai  er- 
wartete Anfall  war  dennoch  eingetreten,  wurdjS 
sogar  danach  sehr  heftig  und  artete  in  förm- 
liche Tobsucht  aus,  *-<-  Am  folgenden  Morgen 
verordnete  ich  ein  lauwarmes  Bad  mit  kalten 
Uebergiefsungen ;  aufserdem  Eisumscbläge  auf 
den  Kopf,  und  im  Nacken  sin  Vesicans.  — - 
Die  Kranke  lobte  die  Wirkungen  der  angewen« 
deten  Mittel  und  bat  selbst  um  die  Wiederho- 
lung des  Brechmittels.  Dieserhalb  gab  ich  den 
SSsten  Mai  früh  ein  zweites,  welches  diesmal 
nichts  weiter  als  eine  erstaunlich  grofse  Menge 
einer  wasserhellen  Flüssigkeit,  Terbunden  mit 
dicker,  grasgrüner  Galle,  nach  unten  und  oben 
aasleerte.  —  Die  auf  das  Brechen  eingetre- 
tene Mattigkeit  gab  mir  Hoffnung,  dafs  der 
nächste  Anfall  vielleicht  schwächer  werden 
würde.  Allein  nicht  also,  er  war  sogar,  von 
allen  bisher  da  gewesenen  der  heftigste.  Alle 
Begriffe  des  Anständigen  und  Schicklichen  wa* 
reo  verloren  gegangen.    Die  sonst  sittsame  Fr^u 


-    «s    - 

de^  watmncl.'to  gansen  Schwangenchaft.Torilaii«- 
deoe  SchleimauiflufSy  alt  auch  die  nur  apari« 
aame  und  blafsrothe  WocbeDreioiguDg  bekon* 
deteo.  —  Alla  diese  Verordayogfen,  welche  eis 
noch  cooeohirter  t^ollege  genehmigtp,  wnrdett 
auf  das  Pänktlichste  befolgt^  und  wie  es  schieii 
nicht  ohne  Katzeo« 

Scboo  der  mit  dem  folgenden  Tage  (den 
SOsten  Mai)  eintretende  Anfall  war  bei  weitem 
aiicht  mehr  so  heftig.  Die  Begriffe  der  Kran- 
ken rerwirrten  sich  jetat  weit  weniger.  Im 
Ganzen  war  es  nur  ein  lästiger  .Humor,  der  die 
Kranke  beseelte  und  sie  unaufhörlich  plaudero 
machte,  selbst  manchmal  nicht  ohne  alle  logv-w 
sehe  Schlufsfolgernng.  So  rerlaugte  sie  z.  B« 
denselben  Abend,  als  der  altere  Herr  College 
und  ich  vor  ihrem  Bette .  safsen ,  wir  möchten 
ihr  doch  etwas  rortragen«  Und  als  wir  uns 
dessen '  weigertto ,  rersicherte  sie,  dah  sie  in 
dem  Falle  sich  künftig  eben  so  eigensinnig  un« 
aern  Anordnungen  und  Wünschen  widersetzen 
würde,  wie  wir  es  jetzt  gegen  die  ihrigen  thä- 
ten«  Denn  das  Ganze  laufe  doch  nur  auf  Ei- 
gensinn hinaus  I  da  die  Forderung  nichts  Un- 
mögliches mit  sich  führe»  — 

Den  Slsten  Mai,  wo  die  Kranke  Tollkom- 
men  bei  Verstände  war,  unterzog  sie  sich  wil- 
lig allen  Anordnungen«  Das  Baden;  Uebergie- 
fsen,  wie  die  Eisumschläge  auf  dem  Kopfe, 
wurden  fortgesetzt.  Eben  so  mit  den  Tropfen 
sweistündlich  noch  fortgefahren,  und  für  die 
Leibesoilnung  durch  Elect.  e  senna  gesorgt« 

Am  Isten  Juni  Abends  kam  wieder,  aber 
BOr  ein  ganz  leichter  Anfall.  Die  Kranke  war 
sich  während  dessen  aller  ihrer  Gefühle  und 
Empfindungen  bewufs)^   und  klagte  anter  an- 


-  }iÄ  ~ 

Di(;Iit  ganji  iiufgehört.  Gugen  Mittag  .atdlto  siph 
eine  Unruhe  und  Aufeeregtheit  des  Korperap 
als  Vorboten  des  nabenaen  Anfalls  ein^  ^reicher 
bald  darauf  auch  selbst  aintrat,  aber  wieäiirnxii 
nur  in  einer  etwas  mehr  als  nalürliclieci  EIßittrx 
keit  und  Scfawaizbaftigkeit  bestandT*  Von  ei- 
gentlicher VerstandesYerwirruDg  war  ..nichjTa 
mehr  zu  bemerken. 

Der  6te  Juni  yerlief ^  als  dei  freie  Tag 
ganz  gut,  die  Nacht  indessen  wurde  schlaflos 
durchgebracht  und  der  im  Laufe  des  Tages  im- 
mer noch  durch  Eis  gekühlte  Kopf  erhitzte  «ich 
dadurch  so  sehr,  dVifs  auch  die  Nacht  hindurch 
mit  den  Eisübersch lägen  fortgefahren  werden 
mufste.  Am  7ten  Juni  klagte  die  Kranke  über 
heftiges  Kopfweh  Und  grofse  Mattigkeit.  —  Als 
Ursache  hierron  erkannte  ich  die  fehlende  Lei- 
besoffoung,  die,  ungeachtet  eingenommener  4 
Theelöifel  toII  Latwerge,  erst  heute  früh  durch 
2  Kljstiere  befördert  werden  konnte.  Um  die- 
sem Uebelstande  abzuhelfen,  setzte  ich  zu  Elect« 
e  Senna  unc.  j,  Rad.  Jalapp.  dr.  j  hinzu,  und 
liefs  dayon  Abends  und  Morgens  einen  Thee- 
loffel  Toll  nehmen.  —  Diese  Verbindung  hatte 
den  besten  Erfolg.  Die  Leibesoffnnng  erfolgte 
jetzt  regeimäfsiger»  und  der  Kopf  war  minder 
heifs.  —  Dennoch  blieb  am  Abend  (d.  7.  Juni) 
ein  neuer  Anfall  yon  Gesprächigkeit ,  aber  ohne 
alle  Sparen  yon  Verstandesyer wirrung,  und  in 
weit  geringerem  Grade  als  sonst,  nicht  aus. 

Von  nun  an  besserte  sich  der  Zustand  der 
Kranken  dergestalt^  dafs  der  reine  Typus  im- 
mer mehr  yerloren  ging^  und  die  Gesprächig- 
keit allmählig  ganz  nachliefs;  nur  dann  und 
wann  stellte  sich  noch  etwas  Eingenommenheit 
des  Kopfes  eio^  gegen  welche  sieb  die  Kranke 


-     97     - 

reiht  sich  daher  vorstehender  KraniLbeitsfall 
den  TOD  Andern  erzählten  an^  und  steht  keinea- 
weges  als  isölirt  und  abgeschlossen  für  sich  da. 
Ob  das  aber  auch  rücksichtlich  der  Behandlung 
der  Fall  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden^ 
eben  so  wenig,  als  das  Mittel  anzugeben,  wel- 
chem in  diesem  Falle  die  Besserung  beizumes« 
sen  ist.  Doch  so  yiel  scheint  gewifs  zu  sejn^ 
dafs  der  Blutausflufs  per  "vaginam,  welcher  sich 
auf  den  Gebranch  der  Tinct.  Stramonii  eiii« 
stellte,  als  kritisch  zu  betrachten  war  ^  und  ihm 
daher  gewifs  kein  geringer  Antheii  an  dem 
glücklichen  Erfolge  zusteht. 


•1 


Xoom.LXXXlY.B.6.St 


_     99     — 

Tor  mehreren  Jahren  an  diesem  Üebel,  unter  Behandhing 
eines   andern   Arztes  gelitten ,   vurde  am  9len  Juli  d.  J.> 
wo  er  schon  einige  Tage  Ton  dieser  Mania  a  pofn  er- 
griffen war ,  meiner  ärztlichen  Behandlung  anvertrant.  Ich 
fand  ihn  im  Bette  liegend,   zitternd  an  den  Händen^   bei 
einem  übrigens  sehr  \olIen  und  starken  Pulse,  einem  sehf 
aufgetriebenen ,  rothen  Gesichte ,  und  schwatzend  von  Ge* 
genständen  ^   die  er  in   seinem  Zimmer  zu  sehen  glaubtej 
namentlich  Ton  Personen,  wovon   keine  zugegen  waren. 
Da  er  ziemlich  plethorischer  Constitution,   und  sein  Zu- 
stand sehr  aufgeregt  war,  so  verordnete  ich   zuvorderst 
eine  Venaesection ,    und   da  es  bereits  Abend  war ,   zar 
möglichsten  nächtlichen  Beruhigung,  ein  Pulver  von  gr.  ß 
Extract,  Stramonii,  da  dieses,  ohne  wie   das  Ojnum,   zir 
reizen ,  blofs   narkotisch  wirkt.    Die  Nacht  auf  den  lOfeti 
hatte  er  ziemlich    ruhig    zugebracht,     befand  sich    aber 
Morgens  wieder    sehr    nnrubig  and  delirirend,    und    da 
die  Zunge,  bei  gänzlichem  Mangel  an  Efslnst,  sehr  be- 
legt war,    erhielt  er  nnn^  auf  meine  vorigen  Erfahrun- 
gen mich  stützend^   ein  üemlich  starkes  Ahfukntngsmiitel 
aus  Senna  mit  Sah  amar.y  wonach  ded  Tages  6  sehr  co« 
piöse  Stühle  erfolgten;  Abends  wurde  die  Gabe  des  Stra^ 
mon.  wiederholt.      Am  Uten  erfuhr  ich   Morgens,,  dals 
er    die    Nacht    wieder    sehr    unruhig    zugebracht,    nnd 
da  die    Zunge  noch  sehr  belegt,    und   der  Bauch  auf- 
getrieben war  9  bei  fortwährendem  Ekel  gegen  ^le  Spei- 
sen,   80  wurde  das    Ahfiiknmgamitiel  nochmals  wieder- 
holt,   und    ihm    an    die    Waden   Senfteig  gelegt^    nebst 
kalten    Umschlägen    über   den    Kopf.     Abends,    wo  ich 
ihn    ruhig   &nd,   erfuhr    ich    .von  'seinem  Wärter,   dafs 
er  auch  den    ganzen    Tag  so  zugebracht»   und  Mittags 
mit  Appetit    etwas    dünne   Fleischbrühe    genossen  habe; 
Stuhlgänge  waren  wieder  reichlich  erfolgt;  das  Pulver  des 
Extr.   Slrmnonii  Wurde  wiederholt  gegeben*     Am  12teii 
,fend  ich  ihn   Morgens  ganz   ruhig  und  vernünftig,  auch 
hatte  er  die  Nacht  ganz  ruhig  und  gröfstentheils  schlafend 
xugebraclit;    der  Puls  war  weniger  stark   nhd  voUy  die 
'Zunge   nicht   stark  oder  belegt,   und   der  jCranke  zeigte 
Verlangen,  etwas  mehr  zu  geniefsen.    Unter  diesen  um- 
ständen wurde  nichts  weiter  verordnet ,  als  den  noch  übri« 
gen   Rest  des  Abfuhrnngsmittels ,  in   grofsern  Zwischen-' 
räumen ,  ^ortzugebrauchen     Am  i3tcn  fand  sieb  derselbe 
völlig  hergestellt,  nachdem  er  am  12tcn  Nachmittags  noch-* 
mals  einige  breiige  Stühle  gehabt;  er  sprach  und  bezeigte 
sich  jetzt  ganz  vernünftig^  und  ging  im  Zimmer  umher; 

G  2 


...    101    ~ 

I 

Der  wesentlichste  Bestaiidtheil  ist  eine  flacbe  Zink- 
oder  Holzwanne ,  von  4|  Fufs  Länge  nnd  2^  Fofs  Breite» 
die  auf  Rollen  ruht  und  nicht  hoher  ist,  als  der  llaam 
unter  einer  Bettstelle,  so  dalit  sfe  in  diesem  bequem  Platz 
finden  kaVin. 

Die  Bank,  auf  der  sie  sich  befindet,  ist  nach 'dem 
Pulsende  etwas  geneigt,  um  den  Abflufs  des  Wassers 
durch  die  dort  befindliche  Rohrmündang  zu  befördero« 
Am  Kopfende  derselben  wird  der  Träger  des  Wasserbe- 
hälters eingezapft  nnd  durch  zwei  Keile  festgestellt :  dieser 
wird  beim  Nichtgebrauch  herabgenommen  und  unter  das 
Bett  gelegt. 

Der  Wasserbehälter,  ans  verzinntem  Eisenblech,  fafst' 
12  Quart  Wasser,  und  kan,n  an  dem  Ständer  nach  Be- 
quemlichkeit des  Badenden  auf  and  nieder  geschoben 
werden*  Unter  demselben  ist  eine  Spirituslampe  ange- 
bracht, um  mit  möglichst  geringem  Verbrauche  von  Brenn-  . 
Spiritus  das  Wasser  in  10  Minuten  zu  erwärmen,  wenn 
erwärmtes  Wasser  gewünscht  wird.  Auch  kann  der  Was« 
serbehälter  sfthr  leicht  abgenommen  und  aufgesetzt  wer- 
den, wenn  das  Wasser  nicht  im  Apparate  selbst  ^  sondern 
in  der  Küche  erwärmt  werden  solU 

Im  Boden  dieses  Behälters  befindet  sich,  eine  über 
dem  Kopfe  des  Badenden  ausgehende  Rohre,  an  welcho 
nach  der  Verschiedenheit  des  Bedürfnisses  verschiedene 
Mündungen  angesetzt  werden  können ,  wodurch  man  ent- 
weder Staub  -  y  Brausen  -  ,  Douche  -  oder  Sturzbäder  ge- 
ben kann«  Ein  Ventil,  welches  von  den  Bädenden  mit- 
telst eines  Hebek  nnd  eines  von  diesem  herabhängenden 
Drahtes  nach  Belieben  geöffnet  und  verschlosseii  werden 
kann,  regulirt  den  Abflufs  des  Wassers  aus  dem  Behälter. 

Vermöge  der  Einfachheit  der  Construktion  macht  es 
der  Apparat  noch  auDserdem  möglich^  die  Stanbbäder  mit 
einem  Wannenbade  zu  verbinden:  man  hat  zo  diesem 
Zwecke  nur  nöthig,  die  flache  Wanne  mit  warmen  Was- 
ser zn  fiillen ,  oder  wenn  der  Körper  bis  zur  Brust  vom 
Wasser  bedeckt  seyn  soll ,  eine  tiefere  Badewanne  auf  den 
Apparat  aufzusetzen« 

Die  Einfachheit  und  leichte  Benntzung  dieses  Appa- 
rates in  den  verscbiedenattigsten  Formen  von  allgemeinen 
und  örtlichen  Krankheiten  spricht  für  sich.  Ein  Kranker, 
dem  die  nöthige  Pflege  fehlt,  oder  der  eines  wohleinge- 
richteteo  FamiUenhaosbaUs  eirtbehrt,  wird  durch  ihn  in  den 


—    103    — 

it  zo  gebraociiende  Apparat  dürfte  is  dieser  Uinaidit 
kders  eoipfebleiiswcrtb  sejn. 

eder  weils,  mit  welchen  umstanden  an  Tielcn  Orten, 
iaioientlicb  in  B^ilin,   für  Viele  daa  Uaden  Terhunden 
tief  zum  Genufs  aucb  nur  einea  Flufsbades  zu  gelan> 
und  was  für  Wünsche  und  Bedürfnisse  in  dieser  Uin- 
aiocb  unbefriedigt  sind.    Diesem  Umstände  bal>eQ  die 
tiderscben  Badescliränke  ihre  günstige  Aufnahme  zo 
nken,    Sie  siiid  ihrer  ganzen   Kinrichtung  nach  nur 
nety    einen    Theil    des   Hauskaltongsapriaratt    einer 
ingericbteten  und  wohlhabenden    Familie    zu  seyn; 
lünder  Begüterte,    in   ihrer    Wohnung  bescbränktey 
n   stehende  Personen,  sind  in  den   meinen  Fallen 
lern  Gebrauche    derselben   ausgeschlossen.    Diesem 
Stande  glaube  ich  durch  meine  Vereinlacbung  abge- 
I   zu  haben.     Aus  der   oben  beiläufig  angegebenen 
slitung  des  Apparats  Ersieht  man ,  dafs  derselbe  durdi- 
icht  den  Raum  einer  Wohnung  beschränkt,  indem  er 
1  angemessenen  Platz    unter  dem  Bettgestelle  ein- 
i,  dals  ferner  die  zum  ^de  anzuwendende  Flüssig- 
in  demselben  selbst  erwärmt  werden  kann.    Ks  kön- 
llso  Personen,  die  nicht  jederzeit   Dienstlioten  zur 
f  denen  keine  wohleingerichtete  Küche  das  Badewas- 
cfert,   oder  die  auf  eine  Wohnstobe  beschiänkt  sind, 
zu  jeder  Zeit,   ihren    Körper  mittelst  des  Apparats 
;en  und  alle  Yortlioile  desselben  mit  Leichtigkeit,  Icich- 
Iahe  und  wenig  Zeitverlust  beiiutzen* 

Heine  eigene  Erfahrung  hat  midi  gelehrt,  dafs,  wenn 
selbst  nach  jedem  Bade  den  Apparat  reinigt  9  wai 
1  ein  Paar  üandgrüTe  geschehen  kann,  nach  jahre- 
m  Gebrauch  keine  Reparatur  n-^'b wendig  ist« 

i'*ar  Pensions  -  Anstalten  y  in  deinen  Kinder  reicher 
i  erzogen  werden,  mag  ein  zweckmälsig  eingerlch- 
Badezimmer  das  beste  seyn,  und  den  Mangel  des- 
«in  ;9cAnet(/er*sclier  Badesdirank  ersetzen;  in  An- 
dagegen,  wo  viele  Kinder  beisammen  sind,  und 
Sder,  die  Allen  so  nöthig  sind,  wegen  der  unver- 
2h  damit  verbundenen  Umstände,  oft  nicht  so  hau- 
(«wendet  werden  können,  dürfte  dieser  Appaiatsehr 
ilenswerth  scyn,  um  Kinder  ohne  viel  Kosten,  Mühe 
^Uaufwand  baden  zu  können. 


~    105    — 

geringste  Vermlndening  des  Schmerzes,  leb  schritt  nun 
zam  Cbinininn  snlpharicum  and  liefs  Ton  demselben 'von 
Morgens  bis  NachmiÜags  4  Ubr .  alle  2  Standen  2  Gran 
nehmen,  so  dafs  taglicli  etwa  10  Gr.  verbraucht  wurden. 
Am  naclisten  Abend  trat  zwar  'die  Exacerbation  wieder 
ein ,  jedoch  nicht  so  heftig  *  als  an  den  früheren  Tagen ; 
der  Schmerz  am  Tage  blieb  sich  in  -  dieser  Zeit  ganz 
gleich.  Nachdem  jedoch  Patientin  das  Chininum  3  Tage 
gebraacbt  hatte ,  blieben  die  Etacerbationeh  ganz  ans» 
nnd  von  jetzt  an  verminderte  sich  der  den  Tag  Fiber  an- 
dänernde-  Schmerz  erst  nnd-  liefs  täglich  an  fieftigkeit 
nach  9  so  dafs  nach  l4(ägiger  Anwendung  des  Chinins 
aller  Schmerz  geschwanden  war;  ich  liefs  das  Mittel  noch 
längere  Zeit  fortbrauchen,  um  Rückfällen  vorzubeugen,  and 
jetzt  nach  mehr  als  3  Monaten  befindet  ^ich  die  Kranke 
auch  noch  vollkommen  wohU  •«- 

F.  P.,  eine  Frau  von  75  Jahren,  angeblich  frufier 
immer  gesund,  klagte  nur  in  den  letzten.  Jahren  oft  über 
Engbrüstigkeit,  besonders  beim  Treppensteigen. 

Am  Isten  November  worde  ich  des  Nachmittags  zur 
Patientin  gerufen,  und  fand  folgende  Krankbeitserschei« 
nnngen:  Patientin  safs  im  Bette  aufrecht ,  sehr  schnell 
nnd  kurzathmend,  der  Erstickung  nahe;  sehr  grofse  Un- 
ruhe^ starrer  Blick,  die  Zunge  sehr  stark  braun  belegt, 
der  Puls  war  sehr  frequent  nnd  gleiclizeitig  viel  Durst 
vorhanden;  Leibesöffnung  war  schon  seit  6  Tagen  nicht 
erfolgt  Ursachen  des  Erkrankens  wuIste  Pat.  dnrcbaDt 
nicht  anzugeben;  zugleich  äufserte  sie,  dafs  sie  durchaus 
keine  Medizin  einnehmen  könne,  verstand  sich  jedoch 
endlich  dazu,  ein  gelind  abführendes  Säftchen  zn  nehmen 
und  sich  ein  Senfpflaster  auf  die  Brust  legen  zu  lassen« 
Die  vermehrte  Engbrüstigkeit  soll  nach  Aussage  der  Um- 
gebung schon  seit  einigen  Tagen  eingetreten  seyn,  dooli 
nicht  so  heftig  als  jetzt. 

Am  2ten  des  Morgens  fand  ich  Pat«  sehr  gebessert» 
die  Engbrüstigkeit  bedeutend  vermindert,  den  Puls  fast 
normal,  LcibesÖffnung  war  noch  nicht  erfolgt;  seit  Mit- 
ternacht war  Besserung  eingetreten,  so  dals  die  Kranke 
selbst  einige  Stunden  ruhig  hatte  schlafen  können;  das 
Säftclien  ward  fortgebraucht« 

Nachmittags  wnrde  ich  schleunigst  za  der  Kranken 
gerufen  and  fand  alle  ErKheinnogen  in  einem  viel  höhe« 


4. 

der  m  JAr  1836  x»  Bertim  Otbmmm  nwi 


dem  Listen  tob  den  im  Jabre  1836  in  Biorifn 
umd  GesCorbesen  ergiebt  sicfay  dnk  geboren 
30  Knaben,  4768  Madcben,  in  Summa  (17tt8 
d  zwar  im 

352  Knaben  $54  Madchen  706  Kinder 

tr    462  —  '  S81  -^  833  ^ 

458  —  448  —  006  ^ 

433  —  385  —  818  ^ 

453  —  386  —  .  8:*9  — 

504  —  464  —  968  — 

366  —  366  —  ■  732  — 

i     421  —  461  ^  682  — 

.     380  —  347  —  736  — 

jr    350  —  342  —  .  692  — 

435  —  424  --  859  -. 

417  —  410  —  827  — 


5030     —    ^68     -*     0798  — 
rben  in  diesem  Jahr  7495  t^ersonen  nnd  awai'  Im 

SMännL  168Weibl*  320  Kind. «nt  10  J.  8ma  '/20 

I    _-.      134    —      302    —       ^  —    CiOO 

I    —      173    —      343    —       —  —    752 

^    ^      140    —      302    -.       -.  sa    597 

r    _     149    —     26a    —       —  ^    558 

r    ^      142    --      344    ^    •    *.«  ^643 

1  ^  112  ^  51t  -^  ^  —  665 
>  —  129  —  390  —  —  —  715 
7  —  108  —  292  —  —  —  61'»7 
3  _  107  —  271  —  —  —  5;?« 
7  —  165  —  339  —  —  —  70»! 
3    —      129    —      281    -^       -^  —    553 

2  —  1656  —  3757  —  «  —  74«? 
en  miUiin  mehr  geboren  2303« 


.i-    109    — 

5. 

jltoRitfIftcAer    'Betiuli 

über 

ienOeiu/ndheitiZUitmd,  Oehurtenund  TodetßUevonBer^m» 

Mitgetheilt 

Ott»  den  Akten  der  HwfeUmd^echen  med,  ckWwrff,  OeeeUechafU 
MH  der  dazu  gehörigen  Wiitenmge  -  Tabelle^ 

Monat  Juni, 
üeber  dlie  Vfittenng  yerweisen  wir  auf  die  bdgefögte  TaM» 

Et  worden  geboren:    429  Knaben, 

370  Mädchen^ 

799  Kinder. 
Ef  itarben:    176  männlichen, 

123  weiblichen  Geschlechts  uberi 
ond  148  Knaben • 

129  Madchen  nntor  10  Jahren. 

576  Personen« 

M dir  geboren  323« 

Im  Juni  des  Tergangenen  Jahres  worden 

gdboren:      504  Knaben, 
464  Mädchen^ 

968  Kinder. 

Es  starben:    157  männlichen,    -  '    - 

142  weiblichen  Geschlechts  liber, 
ond  344  Kinder  unter  10  Jahren. 

643  Personen. 

Mehr  geboren  325. 

Im  Verhältnils  zum  Monat  Jnni  Torigen  Jahres ,  war« 
den  im  Jani  dieses  Jahres  weniger  geboren  169t  und  sIk^ 
ben  weniger  67  Personen« 


Am  IblHiitaäailp- 

.p'    . 

A«  Ffll.1-  nml  Fl 

AfiBbe? 

Am  Kindbellliebvr.    , 
.,  4''>-^'>i<''veiidsit  u.  (cJileidiEiulBU  ] 
An  ili^  l'nngvuBcJiwutdftncbt.    • 
An  d«  IlalucInrindiutAI. 
An  All  UulfrUibHotiHiudliwliI 
An  d.^r  Wuicnuckt.  .       .       . 
An  da  BnutmiHnitDlil.         ■ 
An  der  L'betkfimkbell,     , 
Am  ErbrechAi.    .       .  ■    . 
Atn  Dnrchfsll        .... 
Aul  Brecbdurchlblt      . 
Am  Blutilun       ... 
Am  Sdilsg-  nnd  Stickfluri,     . 
An  d«r  TnuJuuoht,  .       . 

InKindbMI.  .       . 

An  oiSAniiDb«]  FthletPt  . 

Ab  oriin.  FeKIcni  im  Untsrlribe 
An  DP^uitchen  FeUem  <let  ncn_.._. 

An  orEJiniiclien  FcldBrn  du  Gehirn*, 

A>lill?Bb>.  .  .  . 

Am  BIaa*nlcreb>.       .        . 
Am  Muäkrkniu.        .       . 
An  der  Gicht.     , 
Ab  ZellgewrteTfriuinnBE. 

A^  MagBUer^^icIiDnE.  ' 
An  tieKiinenreicbong.  . 
An  MnemTerhärtaBc.  ■ 
nnrrh  ^elhmootd  ,  . 
An  nidit  beDuinlen  Knnkhi 
Dunta  UBsUiskifim* 


—    113    — 


I  n  Ji  alt 

des  vier  und  achtzigsten  Bandes»; 


ErstesStuck. 

Seit« 
f.  C.  W»  Bufetand's  Stadien,  praktische  and  akade- 
mische Wirksamkeit ;  ein  Fragment  ans  JE(ufeland*s 
hinterlas&ener  Selbstbiographie«    Mit  einer  Yorer- 
^  innernng  Ton  E.  Osann*     •        •       .  ,7 

II.  Beobachtung  einiger  merkwürdiger  Falle  yon  bart^ 
..   nackigem  Erbrechen.   Vom  KönigU  Medizinalrathe 

und  Hofmedikns  Dr.  F.  Busse  zu  Berlin*         .  39 

DL  Ueber  das  rein  Physikalische  nnfl  seine  Grenzen 

im  Organismas*  Von  Dr.  fetter  za  Berlin.     .  65 

ly*  Merkwürdige  Mifsbildang  des  Herzens  und  seiner 
gfofsen  Gefafse  bei  einer  blaasüchtigcn  Kranken* 
Vom  Prof.  Dr.  Fr.  Holst  zo  Christiania*  •         98 

V*  Kurze  Nachrichten  und  Auszüge.  • 

1«  Geschichte  und  Arbeiten  der  Hufelandiichen  me- 

dicinisch-chirurg.  Gesellschaflt  za  Berlinim  J.  1836.  108 
.  II.  Beobachtung  einer  glücklich  geheilten  Vergiftung 
mit  concentrirter  Schwefelsäure.  Von  Dr«  If*  A» 
Tott  zu  Ribnitz  in  Mecklenburg.  «        •       HS 

3«  Medicinische  Bemerkungen  des  Herrn  Btmdouin 
auf  seiner  Reise  in  den  kleinen  Atlas  und  das 
Dattelland  (Biled-ul-Djerid)*  Vom  Hrn*  Gwjon, 

Arzt  zu  Algier. 119 

4*  Phthisis  tuberculosa  yentriculi.  (Briefliche  Mit- 
theilung des  Hrn.  Stadtphysikus  Dr.  BMtaum  in 
Rathenow  an  Hrn.  Dr.  Bürger  in  Berlin«)  .  ^121 
5.  Monatlicher  Bericht  über  den  Gesundheitszustand^ 
Geburten  und  Todesfälle  Ton  Berlin«  Nebst  der 
Witterungstabelle.  Monat  Januar*  •  •  123 
lebalt  der  Bibliothek  der  prakt.  Heilkunde^  Januar  1837.  128 

Jeom.  LXXXIV.  Bd.  6. 8t.  D 


'ß 

.  S«tt 

VI.  ICarze  Nachrichten  and  Aonfige« 

1.  Btick  aaf  den  gegenwärtigen  Zustand  äet  Medi- 

cin  in  England.     *        •        •        •        •       •        108 

2.  Beitatigte  Wirkung  der  Belladonna-  Rlystiere  im 
Ileas.  Vom  Dr«  Joh*  fpotruba  sra  Zwetl  in  Nie- 
der-Oesterreicb.  •       •        •       •        •       114 

3.  Merkwoidige  Anenik-Verglftong.  Tan  Dr.  CrO' 

mer  zu  Kassel.      •••*••        117  ' 
4*  Die  Saison  des  Kurortes  Altwasser  In  Schlehen« 
Vom  Kreisphysikns  Dr.  Rau  daselbst,       ^    •        120 

5.  Gelbsucht  bei  einem  nengebomen  Kinde  mit  tddt« 
lichem  Ausgange«  Mitgetbeilt  Tom  Df«  Benne^ 
Witz  in  Berlin.      •        •        •        •       •        •        122 

6.  Monatlieber  Bericht  Ober  den  Gesandhettssastand, 
Gebarten  and  Todesfälle  von  Berlin«  Ntibit  der 
WitteniQgstabelle.  Monat  März:     •        •       .       12$ 

Inhalt  der  Bibliothek  der  prakt.  Heilkande.  Marx  1837.  127 

Viertet    Stüolh 

L  Geschichte  einer  inreterirten  and  lardrtön  Syphilif ^ 
welche  Apoples  ie  und  halbseitige  Lähmung  zur  Folg» 
hatte.  Vom  KönigL  MedidnalratheondHofmedikoa    r 
Dr.  Fr»  Busse  zu  Berlin.     >     •       •       .        •  S 

IL.Ueber  einige  endemische  Krankheiten  im  Facstao' 
Cham  Hoheazollera ,  namentlich  Gallenateine  onil    ^ 
Cretinismus.  Vom  Medicinalrathe  Dr.  BeyfeWet*  .    91 

III.  Ueber  den  Begriff,  and   die  pathologische  Beden- 
tung:  der  Hautkrankhdten.  Tom  Dr.  Vetter  zu  Berlin.  3S 

IT." Darstellung  der  asiatischen  Cholera  in  Eger  im 
Jahre  1836.  Vom  Dr.  Fron»  Idwtnet  in.  Kger.         63 

y*.  Ueber   Blasenkrebs   and  &rebs  obeduuipt«    Vom 
Dr.  Bam^^  zn  E0itiagen.    ^  •       •        •       «       04l 

VI.  Kn'rze  Nachrichten  nnd  Aosznge. 

1.  Idiosynkrasie  gegen  Feuchtigkeit  bei  einer  Bio* 
lerfsmilie.  Vom  JDir.-jBtcftiii^jfifi«  zo.  Wandersie-  ' 
ben  bei  Gotha 110 

2.  Die  hentehende  Krankhataeonsüintioa?  ia  Wien,  i 
(BrielUche  SfittfaeUangen.)      •      •      •       •.      tlS 

5«  Monatliefaer  Berieht  ober  de»  GetondfaeitsaiiatiHid, 
CMbnrten  nnd  Todesfalle  Ton  Beilii«  Nebst  der  • 
WitterungstabeUe*    Monat  April«    «       «       .117 
Inhalt  der  BibUotHek  der  prakt»  Heilkimdi^  April  1837.  119 
Inhalt  dflv  Bibliothek  der  prakt  Holkonde,  Octoberi 
NoTember  und  December  1836.       «       «       •      M9 

H2 


.      ».   117    -. 

/ 

I  ,  I 

lU«  CeitrHge  Kur  Erkenntnifs  and  Behandlang  einiger 
Krankheiten  des  Herzens  und  der  Arterien.'  Von 
Dr.  J,  J.B.  Ebers  y  K.  Prenis.  Medicinalretba  ond 
Arzte  des  Krankenhospitals  za  Allerheiligen  in 
Breslau.    (Fortsetzung.)     .        •       ^       •        •        SO 

IV«  Geschichte  eines  periodischen»  intermittirenden 
Wahnsinns  im  Wochenbette.  Mitgetüeilt  Ton  Dr« 
Beitnetvitz  in  Berlin.        ••!■«•         63 

y«  Kurze  Nachrichten  und  AnszGge* 

1.  Wiederholte  Beobachtung  vom  Nutzen  dei;  abfüh- 
renden Mittel  im  Delirium  tremens.  Vom  Medi« 
zinalrathe  Dr.  Günther  in  Köln.      .        •       •        08 

2.  Ueber  Yer^nfacbung^  zweckmäfsige  qnd,  yiel*^ 
seitige  Benutzung  des  Staubbad -Apparates*  Von 
Dr.  Pauli  zn  Berlin.      %       »       •  .     •.       •   .    100 

3.  .Cepbalaea  und  Astbma  intermittena  durch  Chi- 
ninum  sulphnricnm  geheilt 104 

4.  Uebersicht  der  im  Jahr  1836  zn  Berlin  Qebornen 
und  Gestorbenen  •        .        •        •       •        107 

5.  Monatlicher  Bericht  Über  den  Gesundbeitsj^ustand^ 
Geburten  und  Todesfalle  Ton  Berlin.  Mit  der  dazu 
gehörigen  Witterungstabelle.  Monat  Juni.       •        109 

Inhalt  der  Bibliothek  der  prakt,  Heilkunde.  JuiulSST.  112 
Inhalt  des  84sten  Bandes*  <  •  •  »  «^  t  ^^ 
Namenregister*  •  •  •  •  ;  •  •  118 
Sachregister*  '««»-•       s       a       ^^  i 


'  Bau»,  F.,  I.  M,  IH.   IT,  I. 

Buliner,  I,  114,  f  aiirennoriT.  u,  lo. 

Buorini.  U,  •,  Fulk.  III,  CO. 

.  Feclrafr.  V,  IIB. 

Cimlniniu.  □,  b,  M.  F«t.  I,'  tl&. 

Cüiiit.  II,  SO.  Fidne.  1,  31,        _ 

CiuiDsr«.  IT,  W.  91,  101,101,  Fucituir.  11,  la    lHj  H. 

CHnnMiMh  ni,  n,  Flc^obinwiii.  I,  1U8. 

CutHiui.  U,  6,  '  FoldJ.  II,  46. 

tjinii.  V,  4,  Fordjce.  II,  49, 

Gi«[wr.  I,  1U9,  C,  100,  IT,  I.  FoKlar.  n,  12S.     _   _^  , 

OiuilHiii.  111,  123,  Frank,  P.,  I,  32.  St.  IVi  Ml 
ChnUiid.  III.  LI.  63.  U.  W.  SO.  m.  J,  tf, 

OmHhi.  tr,09.  ea.  BS.  7(>.  77.  70.  O. 

Cbenlley  de  H£.it,  L  IIA  Franque,   V,  HJ. 

ChioOT-onf.  1)1,  13.  ^  f  (ickV.  t,  litt, 

aiiarag).  II,  II.  ib.  Fri«lbeiiD.  I,  119. 

Chili.  II,  li  Ftilze.  I,  M.  _  ,. 

Cfamtien.  »,  ID.  11.  Fruncp,  1,  111.  US.  0*  H. 

gem.  I,  »:  riitil.  )>  ifll.  II». 
•udiDJ,  t,  19. 
Clullprinck.  III,  VA 

CoDibncb.  II,  Öl.  G<il«n.  Ü,  It.  U, 

Cornurt.  V,  73,  GbHow.  I.  ". 

Goxe.  11,  11.  WJ.  GnaUÜEr.  1,  IIU. 

Crui«.  111,117.  " " 

D»lbwg,  ll,  10,  öwTtdr'iii, 

Dnnn.  I,  Ut.       I  '  GetdT.  T.  llu. 

DiTid.  IV,  M.  CeTsrü.  II',  11, 

D.Ti>i.  r,  SS.St.  Tl.  m.  It  ei>l*n«r.  T.  13. 

Piini,  y,  70.  UlttciBUBn,  111.  OS. 

^»»nfTille,   I,  U,  Gocüi*.  I,  1^  29.  MI 

"■"■--    lf,li 


«H.  t    IM. 

--.  ,',  ue. 


G.iser.  I 

Gtllhnus.  1,  IVi.  tu.  __- 

Inndrin.  V,  CS,  t7.  W.  Ift 


DieffnlHdi.  1,  U».  110;  U«. 


Gbd^n.  If,  U 


Bwl.  V,  113.  r.  GrÜe.  1,  tlt. 
Witz.  I.  US.                           .       GAle.  I,  li». 
Di<rlHi:h.ll,0.«>.  111,11,111,00;      Gint.  V,  OB, 

Dictwinht,  t,  IIS.  GiediDB,  U.  0, 

DioC'nsi.  IT,  M,  GiellBuuiB.  I.  II. 

Dnuio.  11,  3.  .  OriSa.  I.  IUI. 

tf-Dm,  1,  es.  Groquifr,  [,  110. 

Dnlk.  III,  15.  Gro^^Lkü,  I,  13.  U. 

Dulroichel.  I,  W.  Grobbriu.  I,  H».  Hl.  iK 

Ilu»m*T.  III.  U.  ,  GmillMr,  tl,  IK).  VI,  «S. 

DwBiU.  III,  SU.  Gafon,  I,  11».  IUI.  »1, 

Ebs).  n,  3.  de  Hwn.  IT,  QC   TI,  H. 

Eak.  I,  HS.'  Hall«.  1,  171.  \V,  M. 

Eak«1.  I,  liH.  üiuniltoa,  V    lU. 

Ebranha».  ],  rS.  Ol.  tlS.-  Hancock.  11,  W.  tO, 

Kid.alb«|.  II,  lö.  Huijqi.  DI,  tU. 

|lliauai>rill,  IB.  ae.  fauuoB.  I,  101. 

Eiliarri.  II,  U.  H^ibanir.   I,  3S. 

EFqairol.  11,  II.  -  HaMloff.  I,  11*. 

tvici.  11,  a.  UHs*~  I>  IM' 


MpcIib],  I,  1115.  V.  IT.  P.iqni<.r,  !.  >  CO.  

Medirt,!,  VI.  ÜO.  P-iit  d-  äocIahI,  01.10. 

il>Kebi>i>,  llV,  11».  F>.pli,  I,  IIS.   Vi,  tW. 

daSfcnn]  ir,  06.  Piiuhis,  I,  »»■   S';. 


iDS,  1,  na.  i-tPTuenon,  ji  ,  bu. 

a^T,i,71.  PcMilU.    l/,ö, 

rEr.'lll,  18.1  rfeuf«,  III,  ei5.„    . 

■r,  I,  ih.  Piiübiis,  I,  115  .  m,  «. 

nilil,   I,  IIB.     _  Pideril,    U,   (3.   69,  77.  I 
lina,  J.,  I,  81,9J.  B7.  SI. 

bsiu,  1,  311.  Figo,  II,  14. 

alKcIlcb,  J,  IIE.'  Fitcflm,  II,  II  . 

-    IV,  i  III.  Pitscllafl,  III,   3*. 


Hohr,  >»,  o,  jir.      j-iiscuflii,  (II,  j« 

ÖDimcdei,  II,  51)— Sit  P\mi«f.  fl.  S. 

OBtnuhoD,  111,51.  Foggi^le.  U,  4  9.4«, 

i™ra>i,  I,  151.  Pucdett,"  V.  53. 

Most,  ll,'ll&.  „   ,.,    ..,  PluLmj.,  i,  7i, 

MlillM,   I,  80.  87,  89,  III.  11*. 

116.  ll.  11.  IIJ,  m.  1U7.  IV,  ■ 


Hündu  II,  12.  - 
KaudMBSjet,  III,  IS. 

SiRHii»»,  III,  er. 

MuueHl,  I,  10. 
MusitBims.n,  S9. 


Quinetiliaiij  1^  3  5, 
BideinaDW.U,  9.104 

Run,  III,  Uü. 
Bnysr,  IT,  61. 


_  Reil,  11,  7.  8.  II,  T,  E 

Kaufe,  II.  4,  U.  m,  41,  69.  7T.  VI,  96. 

Kstorä,  I,  IIB.  Reiuumii,  V,  77. 

naniiJiBn,  II,  4.  es.  Hfinliold,  1,  ZI. 


inuiD,  tr,  II.  B«mS,  U,  12 

pnnann,  V,  HI.  Bcliiui,  V,  1 


B-mnu.li',  if,  ll'.  B.m^',  4, 12.'  Ti   98.».  ",«• 


NicoUi,  1,  %u.  21.  Uli  Bichi«;  i;  11. 13.  ni,«».  r, 

"^■■"1,  u,  m.  ii>7. 

BidJmul,  n,  1«, 

giniH  V.  b«enN  dt,  HI.  43, 
pb^rHon,  V,  10'7.' 
■       "   "  "    Vek  v!  Rode,  ikr,  II,  16. 


',  r\oaecjL  T.  nouei  2^jt   J. 

110.  KQinberp,  I    IIL.IIS. 

Rüs«,  1,  iil/. 

Rom,  V,  70. 

Budolnhf,  I,  B7  . 

Ruhbanm,  I,-II  I, 

BiiS(,  1,  llö.  I  UJ.  114.  115.    H, 

111.  III,  MI.  I  V,,4S.  M.  V,M, 

ilA    rld  'ti    II   IT, 


unu-ti,  1,  iii..  nusciiiBui),  ^,  3J  .  H, 

Orfil«,  I,  lie,  IH,  119.  Roser,  1,  IlÜ. 

Osnnn ,  E.,    I,  S,  IJ.  100,  lia  Rom,  V,  70. 

113.  11*.  II,  69.  V,  UU.UB.  g";'olpli-    '    ■'■' 

Otan'n,  lj,,I,  109. 

Osi-iicler,  iV,  Ö9. 
Ol(,  UI,  *!!. 


,   Ot.  Ü8.  71,  U  J6, 


i»,I,in!l-    111,1».  V,  61.9*. 


S«rlii,  I.im-  III,  1 
5*ndliniinn,  I,    lÜO. 

Snrdr.«,  iV.  i  f. 

Palnurius,  II,  53.  S^linci:,  Hl,  I  i7. 

f.lotl.,  U,  «i.  -Schrihel,  j'l  IS. 

uvini,  I,  IIU.  .„       »cheNiiiE,  ],  31,-*Il- 

Funcdnut,  U,  14,  "  Srbtll,  II,  0  I. 


~    t2S 


II,  I4, 

,  i;  91. 

l,  1,  115. 
ng,  VI,  n. 
im,  V,  52. 
,el,  I,  114. 

W.3IS:  50.57.08. 
I,  &.  lU  M.  Vi»  6. 


Wühler.  1,  03.  11,  ÖT. 
Wolff,  11,  16.     ^, 
Wotruba,  lll,  114« 
Wrisber«.  I.  11.. 

Wiitu,  V,  m 


-!^    125    — 

Belladonna,  Bestätigte  Wirkung  der  B.-Kljttiereim  Heut» 
III,  114. 

terlin.  Gesandbeitsznstand »  Geborten^  TodesfaHe  n.  Wit«- 
terang  in  B.  Januar  1837.  I»  123.  Februar^  II,  ]2ö. 
März,  III,  125.  April,  IV,  117.  Mal,  V,  124.  Juni,  VI. 
109.  —  Cebersicbt  der  im  J.  1836.  za  B.  Geborneft 
und  Gestorbenen,  VI,  107^ 

Blasenhrels  y  Tergl.  Krebs, 

Bluty  über  die  Leben stliatigkeit  desPfortaderblats,  TftrgL 
Pfortadersystenu 

Bluthläschen»  Erläoterangen  zar  Lebrcf  von  den  B.  V,  4. 

Bluter.  Idiosynkrasie  gegen  Feocbtigkeit  bei  einer  Blater- 
familie,  IV,  110. 

Blutflüsse.  Nutzen  dei  Seeale  cornntnm  gegen  B,  III*  52« 

Brechen  y  Tergl.  Erhrechcn  und  Ekclkuren» 

Brustwarzen,  Mittel  gegen  entzündete  B.  UI^  57. 


c. 


Caintn»    Üebet  die'  Witkong  der  Radix  C.  als  Hydrago« 
gum,  II,  104. 

Calvities.  Pomade  gegen  C.  Uf.  58. 

Cephalaea.  Heilang  einer  C.  durch  Cbininum  sutpburicnm, 
VI,  104. 

Chininum  sulphuricum.    Ueber  die  Anwendangsart  dessel^ 
ben  in  Wecbselfiebern,  III,  74.  Heilung,  einer  Cephalaea 
<  und  eines  Asthma  intermittens  durch  Ob.  8.  VI,  104. 

Chlorosis.    Nutzen  des  kohlensauren    Eisens  gegen  Cb«' 
111,19. 

Cholera.  Die  asiatische  Cb.  in  Egtxitn  J.  1836,  IV,  63. 

Colocynthides»    Ueber  die  Anifendnng  der  C^  in  Geistes« 
krankbeiten,  II.  10. 

Cretinismus.  Ueber  den  C,  als  endemische  Krankheit  des 
Fürstentbo^s  HoheazoUemy  IV,  24.. 


—    127    — 

Giiiteikrankheitin.  Heilaog  Ton  drei  psjehischen  Krankes 
aaf  somatischem  Wege^  If,  3  —  39.  Anwendung  des 
flelleborus  gegen  Q.  8-,  —  der  Gi;ati '>la^  9;  —  derCo7 
locynthides,  10 ,  —  des  Scammoniam,  10)  —  der  JiN 
lappa,  10;  «^  der  Ekelkoren)  10;  —  deir  Narcotica,  11 ;  — 

"des  Strambniam^  12;'-^  des  Opio^si,  12.  —  6e» 
schichte  einer  glücklich  geheilten  Mtmia  eratka,  III, 
96.  —  Geschichte  eines  periodischen  intermittirenden' 
Wahnsinns  im  Wochenbette^  VI^  83«  —•  Vergl.  aacb  Dt» 
Itrtiim  tremens* 

Gelbsucht,  Fall  von  G.  bei  einem  neagelbornen  Kinde  V(di 
tÖdtlichem  Ausgange  >  III»  122. 

Gesichtsat^merz.  Fall  von  gllicklich  geheillem  6.  li,n[07* 
Nutzen  des  kohlensauren  Eisens  gegen   G.  IH»  25w 

Oratiola,  Ueber  die  Anwendung  der  G*  io  GeiiMuraiik* 
beiten,  lli  9« 


BaU»    Schnelle  ßntfemang  Ton  im  H.  stiren  geblidbe^ 
nen  Fischgräthen  und  kleinen  Knochen,  III,  02« 

Htmtlarankheiten.  Üeber  den  Begriff  und  die  pathülogitoh»   ' 
Bedeutung  der  H.  IV,  35.  . 

Bebammeü^Lekrittch^  Preitaufgabe  sar  Bearbeitomg  ei^e« 
neuen  H.  V,  109. 

BeUebomäf  über  die  Anwendoog  det  H.  in  6eifie.'tlaraak« 
beiten,  II,  8. 

Hemiae,  Behandlung  eingeklemmter  Brüche,  Uli  72* 

Herz.  Merkwürdige  Mifsbildong  des  H.  und  seiu'er  gro- 
fsen  Geiäfse  bei  einer  bMsüchtigen.  Kranken.,  1^98. 
Nutzen  des  Argentum  nitricum  gegen  krampfh  afte  Af« 
fectionen  des  H.  HI,  51.  -^  Beitrage  zur  Erk  .enntnifii 
und  Dehandinnf  einiger  Krankheiten  des  H.  und  dee 
Arterien,  V,  49.  VI,  56.  Herzentzündung,  V,77.  Her^' 
beotelentzundnng,*  79.  Pericarditis  und  Carditis  exm« 
dativa  in  deren  Folge,  VJ,  50.  Hypertrophia  c  ordis  mit 
Erweiterung  des  Herzens,  62.  Hypertrophia  et  )rdi8  und 
•Hydropa  perioardii,  65.  Wahrscheinliche  Hyp  ertronhia. 
'  des  H. ,  Terursaobt  bei  körperlicher  Anlage  di  sreb  bti^ 
«igt  GMoHiafliidviUki^  W.   Hypeitfophia  cocdiii  M  bi» 


—    129    — 

Etehä,  üete  Blamkrebf  und  K.  ülrerlao^y  IV^  91*  Dia 
Dttgnose  toi  K.  95.  F«U  too  Magcnkreb*  obae  ScbmtnL 
1Ö2. 

» 

iUihnnmgem.  Wirktatokeit  drr  Mfiaberger  GttbSteinFSl* 
len  Too  L«  11,  Sk*  L.  nach  hiTetenrter  SjpliUiu 
IV,  3. 

Leberthrmim  Bestandthdle  det  heUgeiben  ond  rdtblidi  brau* 
aen  L,  Y»  115» 

lamgen.  Zasammeastdlaag  des  WiMenfwcrtbeitea  Hb« 
die  BrweiGboag  der  L.  ü,  UO.  FSUe  difter  Knok- 
bei^  il2. 

Mngin.  Falle  voß  Danbldcberoiig  4ei  M.  U,  9k 

Magefiikreb§,  rergl.  Kre&«. 

Mahnet.  Nutzen  dettelbea  zw  Entfernnng  fdaer  ESsen* 
^tter  im  Ange,  lU,  62;  aar  HeUung  der  BpU^* 
ne,  64« 

Jfafiie,  TergU  GeitUdstmOAtU^  und  Ueüriina  IrflaiM«» 

MnfMeiUe,  Qttaraataiae-Aaatalteii  aa  M.,  TefgL  fiiiiinNi* 
faiae-ila#f«IfeR. 

MeMerg^  die  HeilqoeOea  aa  M.  ?ergL  JffacmlbrmNMfi» 

JfineralftniiNif»«  Ueber  ^e  HdlqneQen  aa  HeMerg,  na* 
.  tteaüicb  die-  dornen  MInenU- Schlammbäder  nad  die 
iMoea  Knricbtaogen  aar  Beootzaiig  det  koblensanren 
Gaaesi  11,  6U  Wirksamkeil  deneiben  ia  Labmangen, 
S2;  —  in  Neoralgien,  87;  «^  ia  Krankfadten  det  weib- 
lichen Getcblechtt,  88.  —  Die  $aitoa  1836  det  Kor- 
oHei  JMumuef^  Sebletiea,  III,  19D.  -^  ^emerkoa- 
gen  nber  mehrere  MineralbSder  des  Rbcina  a.Säiwän- 
waldei.    Bm$,  V,  UO. 

N,      . 

■ 

JViireeHcik  üeber  &  Anwendoaf  der  N.  Ia  Gditiakimnk- 
bekea,  II,  11. 

JTirfiPoa  corboalciMk  Wof^gai^  ^ 

iouriirLXXXIV.B.6.8i.  I 


Miiino».  t,  er,  _ 

HccIiEJ,  I,  II».  V,  i: 

Medici.!,  VI.  ye. 

Utngidiii,  in,  iU6. 
dnMenil,  IT,  «G. 
MsriiiH,  I,  ilS, 


HiriibMD,  1,  Sd. 

UiDchcriidi,  1, 11! 

~  ■  -   "'   fi,  lU. 

11,  ill  —  uu, 
II,  III,  it. 


MiiiiFr,  t,  HU.  87.  m,  111.  n*, 

lli.  \l,  II.  III,  IM.  lUT.  IV, 

ÖS,  V,  5U.  08. 
Mnnrh,  II,  H._ 

ISBod^^r",  IIIi  'S. 

Mamir.  J,  11.  II,  ft   "■    — 
MwiiDIIK,  111,  iff. 
«■u««iis,  1,  1>J. 
Miu>1iuiu>,ll,  G». 
UuibI,  lU;  lUU^ 


Kn^nE^n  11,  4.  ». 
Heubeck,  II,  11. 

pvcniilinn,  r,  UL 
Hicol«,  I,  Kl.  11.  US; 


Crdl'äöih.''i>,  in,  10. 

'fluii,  1,  HS.  VI,  »gu. 

'«ull.5,  1,  31.    S^ 
'ptäins,  II,  B, 

B7.  Ül. 
Puo,  II,  14. 

"ilc«™ 'll,  11^ 
.  ilscbnh,  ia,  3«. 

■linin),  fl,  8. 

'oEEMr,  II,  4  6.  tSL 


^i;% 


i,  i,  7i. 


RadfüMcheT,  U,  9,10^1 


Jlxdiiis,  y,  65. 
Kmnpold.  IV,  94, 

BsilAe,  V,  IS. 
Bru,  tll,  IW. 
Bfiytr,  IT,  61. 
Belch' 1,115, 

K»i,  h'7.  3.  ir,  T,  SS.  SS.  IM, 

«I,  ir.  VI,  asi 

K<>i.ihol<^,  1,  Jl. 

Bei»le,  1,  HS.  

Ktm^'.  I^,  11.  V,  08.09.  VI  E«, 
Keliius,  V,  W.  . 

BidluiDS,  It,  14, 

Eirna  T.  üiirtnib«  ch,  III,  41, 
obertlon,  V,  HC?. 
"    ■   ;k  vi  Bo^le.  jkr,  II,  18, 


fl'OUire,  17,  67.  «od-ck  v.  BÖd»  ikr, 

UppPiibeiüi,  I,  llO,  Boinbi>rF,  1,  Hl--  HS. 

O  >i>»rt,  I,  11^.  BüjdiJaub,  7,  3)  .  34. 

OrAl«,  1,  116.  III,  119.  Vmet,  I,  IlU. 

Owon,  E.,    I,  9.  11.   fl».  HO.  Koui,  V,  T9. 


■.  II,  69.  V,  UU.  118. 


Oiberilhaiu,  V,  130. 
Oll,  HI,  411. 

oiio,  v;  5»,  ^7,  wj 


Budoipbi'  I,  87  . 
Biibbaiiiu.  I,  1>  I. 
Bus),   I,  111(1.  1  III.  114.  lU.    n, 

16.  III,  ^11. 1  y.M,  se.  VftS, 


»nr,    I      lÄ.  -r. 


Rrhsck,'  11^,  (  li. 
,Scl.eibfll,  I,  1  IS, 

s,w"fi  i  1?*^*"* 


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