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Full text of "Ilias"

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DAS        HOMETtlSCHEi       TROJA 


y«  V  J€eCiM'i:i^ 


lUas 


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Homers    Ilias 

VON 

loHANN    Heinrich    Voss. 


ERSTER      BAND 

mit      einer     Karte      von     Troja. 


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Homers  Ilias 


VON 


loHANW    Heinrich    V  o  s  s. 


mmmm^mm^mmmm^ 


l    ^    XII      GESANG. 


Dritt£    verbesserte    Auflage. 


TÜBINGEN 

In    der    J.    G.    Cotta' sehen    Buchhandlung. 

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DIE     WEIHE. 


St^tbiTgy    tUr    der  staäi   ufn   hsiegttten    tmsen   dir   Ostsie, 
Kak0  dir  frucktbann  flur,    wo  der  dänischi  pflugir  din   diutscken, 
DiiSiT  den  Dänen  verstiht,   dim   giingitin   irhi   der  Angeln: 
Kränzet  din  hord,   der  des  meers  einst  hlfkere  fluten   zurühzwangt 
Dunkles  gehSh^    und    sehanert   dem    Wanderer   grauen   der  vor  zeit,  5 

Dort  vom  sinnenden  gang    an    dem  quell  ausruhend  des  ahhangs , 
Horcht*  üh  der  lockenden  wachtet  im  grünlichen  rauche  der  ähre», 
Durch  der  woge  geräusch  und  des  fernher  säuselnden  südes. 
Vier  mir  wehf  anmutig  mit  änderndem  grüne   der  buchbaum, 
WtitgewHlbt;  und  es  traf  ein  flüchtiger  Schimmer  der  sonne  10 

9ezo  das  stechpalmtaub,  das  blinkende  ^  jezo  den  finster 
FerUnden   quelle  jezt  blendend  das  lied  des   ionischen   Sängers, 
Ifonniger  schon   in  das  herz  vom  bezauberten  blatte  sich  schwingend  ^ 
Scholl  mir  der  hehre  gisang:   schnell  Uuchtef  es;  hain  und  gefilde 
Schwanden  in  licht;  Wohllaute ,  wie  liebender   nachtigallen ,  15 

Tönten;  und  rosengedUft,  doch  duftender  y  athmete  ringsum, 
Siehe,  da  trat  aus  dem  lieht  ein  unsterblicher;   seine  gestalt  war 

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Morgenglanz  t    durchwattend  die   nehetkUUe,    wh    nordscheia; 
Lorber   kränzt*  ihm  die  kßrf\    und    di§   silber lockige   seheiteL 
Als    ich   den    staunenden    blick    abwendetet  fafste  der   heros  20 

Sanft  mir  die  kaud;    und    in   bangen  entzückungen  bebte  das  herz  auf, 
ffener   begann    nun  freundlich,    und   redete    laute    des    himntels: 
ff^ende   dich   nicht   so    bange  ^   du    htjperborischer  Jüngling f 
Hebe    den    blick  y    dir   bin    ich    der    trauliche    sänger    von  Chios, 
fVekhen   du    oft   mk    dem    laut    inbrünstiger    liebt   genennet,  ä5 

Einsamer,   wann  du    mein  bild   anstaunetest ,    oder   den   nachkalt 
Meines  gesangs,    unwissend,    da/s    vater   Homer    dich    umschwebte* 
Sfezt   mit    himmliscfter  harf*    in    den*    chor   der    verklärteren    sing*    seh 
Gott,    unsichtbar    und   hehr,    um    des    allerheiligsten   eingangs 
Einst   mit   irdischer   saite    vor   noch    unmündigen    vUlkern  30 

Sang    ich    den   sichtbaren  gott    im    heiligt humg    der    schHpfung^ 
Sein,    den   der    seligste   nicht   ausnennt,    vielnanfiges    abbilde 
Kindlich  flocht   mein   gesang    der   menschlichkeit    edlere   blu9nen^ 
Tugenden,   die    aufblähten    am    stral  des  gemeinsamen   lichtes; 
Einfalt  gold^üer    sitt*,    und    herzlichkeit ;    dankende    ehrfureht  35 

Vor  der    natur    und    der   kunst    uohlt hängen    kräften,    der    urkrafi 
Gefiien;  frommes  gefühl  für   Vaterland   and    erzeugerf 
Heiligen    band    der   Vermählung,    des   hauslterm    und   der  genossen; 
IVeisheit   in    that ,    in    red^    und  gesang  j    und    schirmenden    mannsinn^ 
Diese    mit   geistiger    schifn     aufsprossende    Li.Ve   des   guten  40 

Gab  ich,    in    kränze  gereiht  ^    der   jungen    ionischep  ^sprach^^ 
Denn  wir  gebot    alloater,    zur   priesterin   an   dem   orakel 
Seiner   natur   sie   zu   weihn,    die    holdanredende   Jungfrau  i 
Dafs   sie    die   klumen    erfrischte   mit  .täglicher  sprenge   des   nektars. 
Und,   um  die  scheite l  gekränzt,    weissagete,     Tugend    und   anmut  45 

Sang    ihr  freundlicher   mund;   flngs    ward  dea  gemilderte»  Völkern    . 

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ffeilfg  und   hehr  dii    HOiurt   des   unendlichen   sichtbare  gottheit. 

Aber  ein   schwärm,    akhoid   der   Vernunft,    in   barbarischem    Wahnsinn, 

Sckrärmte    daher,   nashtgteich,    und    zerschtug    der  geläuterten   menschheit 

HeÜigthum   und   altar   und  pjirpurllumigen  festhain;  5# 

Hafs  mit  geretteten'  hränzen   die   pries ter in   kaum    in    die  felsklufi 

Flohf  und  starb.      Nur   einzeln   umgehn    tiefsinnige   waller 

Koih  den  schutt,    und    hören    mit    lauschendem    ohr    in    der  felsklufi 

Leisen  gesaug,  gleich  ferne   verhallendem    harfengelispeU 

Sokn  der   edleren    spräche    Teittonia,    die    mit   der  jungern  55 

Schwester   I^nia   gern    auf  thrakischen    bergkn  um    Orfeus 

Sf'tUt,   von    einerlei   kost   der    nektartraule    begeistert f     \ 

Dann   in   dem    bardenhain    unsträflicher    Htfperhoreier, 

Oft,  von   j^pcllon   besucht,   mit  dem    heiligen   volke   der  freiheii 

Htilig  und  frei^    die  gespie len   verachtete,  welche  von   Jedem  69 

Sieger   entehrt,    nachhallten    gebotene    worte   des    auslands: 

Heb*  aus  dem   staube   den    sinn    zu   gUftlicher    rede   verständnifs , 

Dafs  für  den    keuschen    altar    der    Teu/onia   du,    ein  geweihter 

Herold,  meines  gesangs   nektarische   kränze    heraufbringst» 

Duh  wird  nächtlich   umwehn   mein  geist  mit   ahndendem    tiefsinn  65 

Vnd  vollherziger    liebe  für  jegliche   kraft   und   schünheit; 

Bis  der  natur   einfalt    und    eigene  grdfse    du   darstellst 

Durck   reintonendes   worts    lebenäigkeit,      If^andele    mutig 

fort  auf  der   mühsamen    bahn,  *dem   waltetulen  führer   vertrauend, 

^'»,  von   der    sonrie  geführt,   hinwallt    die    beleberin    erde;  7^ 

Si^t  in  Sturm    und  gewUlh,    und  jezt    in   ätherischer   klarheii. 

Strebet  iie  fort,    und   erfreut   mit   licht   und   wärme   die   vUlker: 

^tso  streb*,    o  genofs,    durch  freud*    und  schmefz   auf  der    lauf  bahn  p 

Kickt  abwankend   vom   ziel,   mit   getrost  ausharrendem   eifer, 

indUck  ntUi,    ungesshrekt  von   dem    lerm    unholdes  gevögeis,  75 

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Das   aus   dem   schuft  zanksüchtig    emporschwarmt ;   steigt  in   du  fetsktnfi 

Demutsvolt,    und   empfahe   {sie   reicht   kein    teuschendes    unbild)'' 

Aus  der   lonia    Itand   weiMiYänz^   und    belebenden    nehtar. 

Dir,    wie  vordem  mir,    danke    die   weit   nicht,   aber  die  nachwelt. 

So  die  gestalt,  und  verschwand.     Da  flofs  in  betäubende»  sckiummer    So 
Sanft    mein    leben   dahin;    mir   war,    ais   wallete   ringsum 
Purpur gewog ,    einwiegend    den   geist  in   melodischem   tonfalt. 
Endlich    erwacht*    ich   vom    träum,    und    schauderte,      Hain   und  gefiUh 
Grünten    wie   vor;    doch   die  sonn\    in  glühende  fluten    sich    tauchend. 
Schien   mir    unter   den   zweigen   mit   rlithlichem    schimmer    ins    antlit,        85 

ffezo   ging    ich,    umnickt   von    thauigen   ährin,    den  fufssteig, 
ITelcher   den    blühenden   rocken    durchschlängelte,  freudig    und   ernstvotlf 
Und   bald   hait*   ich    erreicht  die   trauliche  pforte   des  gartens. 
Wo   sie   entgegen   mir   hüpfte,    die.  braut   mit   offenen    armen. 
Aber  so   bleich,   mein   lieber,    so    unruhvoll   und  so    heftig?  9p 

Sprach    sie    mit  forschendem   blick;    allein    ich   wandte    des   tages 
Gluten   vor,   und   verhehlte    der  Schmeichlerin,    was  mir  geschehn  w»r. 


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I  L  I  A  S. 


ERSTER    GESANG. 


Homers  Ilias.    1.  Uand«  A 

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INHALT. 

Den  priesUr  Chryses  zu  rächen  9  dem  Agamemnon  die  tocHer 
vorenthielt  9  sendet  Apoüon  den  Achatern  eine  tödliche  krankheit. 
Agamemnon  zankt  mit  AchiOeus,  weil  er  durch  KaUhas  die  be^ 
freiung  der  Chrysetsfodern  ließ  ^  und  nimtihm  sein  ehrengeschenk^ 
des  Brises  Tochter.  Dem  zürnenden  Achiüeus  verspricht  ITietis 
hülfe.  Entsendung  derChryseis,  und  Versöhnung  ApoUons.  Der 
Thetis  gewährt  Zeus  so  lange  sieg  für  die  Troer,  bis  ihr  söhn 
genugthuung  erhalte.  Unwille  der  Here  gegen  Zeus.  Hefästos 
besänftigt  beide. 


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I  L  I  A  S. 


ERSTER    GESANG. 


C 

vjinge  den  zorfi ,  o  göttin,  des  Peleiaden  Achilleus^ 

Ihn,  der  entbrannt  den  Achaiern  unnennbaren  Jammer  erregte, 

,Cnd  viel  tapfere  seelen  der  heldensohne  zum  Ais 

Sendete ,  aber  sie  selbst  xum  raub'  ausstrekte  den  hunden , 

Und  dem  gevögel  umher:  so  ward  Zeus  wille  vollendet:  5 

Seit  dem  tag',  als  einst  durch  bitteren  zank  sich  entzweiten 

Atreus  söhn,  der  herscher  des  voiks,  und  der  edle  Achilleus. 

Wer  der  unsterblichen  reizte  sie  auf  zu  feindlichem  hader? 

Lcto's  sehn  und  des  Xeus.     Denn  der,  dem  könige  zürnend, 

Sdndte  verderbliche  pest  durch  das  heer  ;  und  es  sanken  die  Völker :  10 

Drum  weil  ihm  den  Chry^es  beleidiget,  seinen  priester, 

Arrcus  Söhn.     Denn  er  kam  zu  den  rüstigen  schiffen  Achaia's, 

Frei  XU  kaufen  die  tochter,  und  bracht'  unendliche  lösung, 

Tragend  den  lorberschmuk  des  treffenden  Föbos  ApoUon 

Um  den  goldenen  stab;  und  er  flehete  allen  Achaiern,  15 

Aber  zumeist  den»Atrciden,  den  zween  heerfürsten  der  völker: 

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4  IL  LAS, 

Atreus  söhn*,  und  ihr  andern,  ihr  hcllumschientcn  Achaier, 
Euch  verleihe  die  macht  der  unsterblichen  auf  dem  Olympos , 
Priamos  Stadt  zu  vertilgen,  und  wohl  nach  hause  xu  kehren ; 
Doch  Mir  gebt  die  tochter  zurük ,  und  empfahet  die  lösung ,  zo 

Ehrfurchtsvoll  vor  Zeus  ferntrefTcndem  söhn  Apoüon. 

Jezo  gebot  beiFallend  das  sämtliche  heer  der  Achaier , 
Jenen  priester  xu  schcun ,  und  die  köstliche  lösung  zu  nehmen. 
Aber  nicht  Agamemnon,  des  Atreus  söhne,  gefiel  es, 
Nein,  er  entsandt'ihn  mit  schmach,  und  befahl  mit  drohender  rede:  25 
Dafs  ich  nimmer,  o  greis,  bei  den  räumigen  ichiJen  dich  treffe, 
Weder  anizt  hier  zaudernd,  noch  wiederkehrend  in  zukunft! 
Kaum  sonst  möchte  dir  helfen  der  stab,  und  der  lorbcr  des  gottes  ! 
Jene  lös'  ich  dir  nie ,  bis  einst  das  alter  ihr  nahet , 
Wann  sie  in  unserem  haus*  in  Argos,  fern  von  der  heimat,  ;^o 

Mir  als  weberin  dient ,  und  meines  bettes  genossin  l 
Gehe  denn,  reize  mich  nicht;  dafs  wohlbehalten  du  heimkehrst! 

Jener  sprachs ;  doch  Chryscs  erschrak ,  und  gehorchte  der  rede. 
Schweigend  ging  er  zum  strande  des  weitaufrau&chenden  mecres ; 
Und  wie  er  einsam  jezt  hinwandelte ,  flehte  der  alte  35 

Viel  zum  herscher  Apollon,  dem  söhn  der  lockigen  Leto:  | 

Höre  mich,  gott,  der  du  Chrysa  mit  silbernem  bogen  umwandelst» 
Samt  der  heiligen  Killa,  und  Tenedos  mächtig  beherschcst, 
Sniintheus!  hab'  ich  dir  einst  den  gefälligen  tcmpel  gedecket, 
Oder  hab'  ich  dir  je  von  erlesenen  furren  und  ziegen  40 

Fetteschenkel  verbrannt;  so  gewähre  mir  dieics  verlangen: 
Meine  thränen  vergilt  jnit  deinem  geschofs  den  Achaicrn ! 
Also  rief  er  betend ;  ihn  liöieie  Föbos  Apol4on  ; 

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ERSTER  GESANG.  5. 

Und  von  den  höhn  des  Olympos  enteilet' er ,  zürnendes  herzens, 
Auf  der  schuher  den  bogen  und  wohl  verschlossenen  köcher.  45 

Laut  erschollen  die  pfcir  an  der  Schulter  des'  zürnenden  gottes. 
Als  er  einher  sich  schwang;  er  wandelte,  düsterer  nacht  gleich ; 
Sextesich  drauf  von  den  schiffen  entfernt,  und  schnellte  den  pfeil  ab; 
Vnd  ein  schreklicher  klang  entscholl  dem  silberhen  bogen. 
Nur  maulthier'  erlegt'  er  zuerst,  und  hurtige  hundc:  50 

Doch  nun  gegen  sie  selbst  das  herbe  geschofs  hinwendend , 
Traf  er;  und  rastlos  brannten  die  todtenfeuer  in  menge. 

Schon  neun  tage  durchflogen  das  heer  die  gesrhosse  des  gottes. 
Drauf  am  zehnten  berief  des  volks  Versammlung  Achilleus , 
Dem  in  die  seel'  es  legte  die  lilienarmige  Here  ;  55 

Denn  sie  fühlete  schmerz ,  die  Danaer  sterben  zu  sehen. 
^  Als  sie  nunmehr  sich  versammelt,  und  voll  die  Versammlung  gedrängt  war; 
Trat  hervor  und  begann  der  mutige  renner  Achilleus : 

Atreus  söhn ,  nun  denk'  ich  ,  wir  ziehn  den  vorigen  irrv^'eg 
^Vieder  nach  hause  zurük  ,  wofern  wir  entrinnen  dem  tode  ;  €0 

Weil  ja  zugleich  der  krieg  und  die  pest  hinraft  cjie  Achaier. 
Aber  wohlan ,  fragt  einen  der  opferer ,  oder  der  seher^ 
Oder  der  traumweissager;  auch  träume  ja  kommen  von  Zeus  her; 
Eafs  er  melde ,  warum  so  eifere  Föbos  Apollon : 
Ob  versäumte  gelübd'  ihn  erzürneten  ^  ob  hekatomben :  6$ 

Wenn  vielleicht  der  lämmer  gedüft  und  erlesener  ziegen 
Er  zum  opfer  begehrt,  uns  abzuwenden  das  unheil. 

Alfo  redete  jener ,  und  sezte  sich.     Wieder  erhub  sich 
Ka!(  has  der  Thestoride ,  der  weifeste  vogelschauer , 
Der  erkannte,  was  ist,  was  sein  wird,  oder  ^»J^or  n^^^^^j^        70 


6  ILIAS. 

Der  gen  Ilios  auch  der  Danaer  schiffe  gelcitetj 

Durch  wahrsagenden  geist,  defs  ihn  würdigte  Föbos  Apollon: 

Dieser  begann  wohlmeinend ,  und  redete  vor  der  Versammlung : 

Peleus  söhn,  du  gebeutst  mir,  ©göttlicher,  auszudeuten    . 
Diesen  zorn  des  Apollon ,  des  fernhintreffenden  herschers.  •75 

Gerne  will  Ichs  ansagen ;  du  merk* ,  und  schwöre  mir  heilig , 
Dafs  du  gewifs  willfährig  mit  wort  und  bänden  mir  helfest. 
Denn  leicht  möcht*  erzürnen  ein  mann ,  der  mächrigcs  ansehns 
Argos  Völker  beherscht,  und  dem  die  Achaier  gehorchen. 
Stärker  ja  ist  ein  könig ,  der  zürnt  dem  geringeren  manne.  80 

Wenn  er  auch  die  galle  den  selbigen  tag  noch  zurükhält ; 
Dennoch  hegt  er  beständig  den  heimlichen  groll  in  dem  busen. 
Bis  er  ihn  endlich  gekühlt.     Du  denke  denn,  ob  du  mich  schüzest  ? 

Ihm  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achilleus ; 
Sey  getrost,  und  erkläre  den  götterwink,  den  du  wahrnahmst.       S5 
Denn  bei  Apollon  fürwahr ,  Zeus  lieblinge ,  welchen  du ,  Kalchas , 
Anflehst ,  wann  den  Achaiern  der  götter  rath  du  enthüllest  : 
Keiner ,  so  lang*  Ich  leb' ,  und  das  licht  auf  erden  noch  schaue , 
Soll  bei  den  räumigen  schiffen  mit  kränkender  band  dich  berühren , 
Aller  Achaier  umher !  und  nenntest  du  selbst  Aganuemnon ,  90 

Der  nun  mächtig  zu  sein  vor  allem  volke  sich  rühmet ! 

Jezo  begann  er  getrost ,  und  sprach ,  der  untadliche  sehcr : 
Nicht  versäumte  gelübd*  erzürnten  ihn ,  noch  hekatomben  ; 
Sondern  er  zürnt  um  den  priester ,  den  also  entehrt'  Agamemnon  , 
Nicht  die  tochter  befreit* ,  und  nicht  annahm  die  erlösung:  95 

Darum  gab  uns  Jammer  der  Treffende ,  giebt  ihn  hinfort  auch. 
Nicht  zieht  jener  zuvor  die  schrekliche  hand  vcn^^derhen , 


ERSTER  GESANG.  7 

Bis  man  dem  liebenden  vater  das  freudigblickende  mägdlein 
Hingiebty  frei,  ohn'  entgeh,  und  mit  heiliger  sühnhekatombc 
Heim  gen  Chrysa  sie  führt.  Dann  möchten  wir  gnade  gewinnen,    loo 

Alfo  redete  jener,  und  sexte  sich.     Wieder  crhub  sich 
Atrcus  h^ldensohn,  der  völkerfurst  Agamemnon, 
Zamend  vor  schmerz ;  ihm  schwoll  sein  finsteres  herz  von  der  galle 
Schwarz  umströmt ;  und  den  äugen  entfunkeltcf  stralendes  feuer. 
Gegen  Kalchas  zuerst  mit  drohendem 'blicke  begann  er:  105 

Unglüksseher ,  der  nie  ein  erfreuliches  wort  mir  geredet! 
Immerdar  nur  böses,  erfreut  dein  herz,  zu  verkünden! 
Gutes  hast  du  noch  ninmier  geweissagt,  oder  vollendet! 
}m  auch  meldest  du  hier  als  götterspruch  den  Achaiern , 
Dioim  habe  dem  volk  der  Treffende  wehe  bereitet,  iio 

Weil  ich  für  Chryscs  tochter  die  köstliche  gäbe  der  lösung 
Aniunehmen  verwarf.     Denn  traun!  weit  lieber  behielt'  ich- 
Solche  daheim;  da  ich  höher  wie  Klytämnestra  sie  achte, 
Meiner  Jugend  vermählte:  denn  nicht  ist  jene  geringer. 
Weder  an  bildung  und  wuchs,  noch  an  geist  und  künstlicher  arbeit,  i  rj 
D<rnnoch  geb'  ich  sie  willig  zurük,  ist  solches  ja  besser. 
Lieber  mög'  ich  das  volk  errettet  schaun ,  denn  verderbend. 
Gleich  nur  ein  ehrengeschenk  mir  gefertiget,  dafs  ich  allein  nicht 
Ungcchrt  in  dem  volk  hier  sei;  nie  wäre  das  schiklich! 
Denn  das  seht  ihr  alle,  dafs  mein  geschenk  mir  entgehet.  laa 

Ihm  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achilleus : 
Atrcus  söhn,  ruhmvoller,  du  habbegierigster  aller. 
Was  denn  verlangst  du  zum  ehrengeschenk  von  den  edlen  Achaiern? 
Nirgends  wi&sen  wir  doch  des  gemeinsamen  viel^ii^Y^i^^^'^Ö^Ie 

■  /  ^ 


8  ILIAS, 

Sondern  was  wir  au»  Städten  erbeuteten,  wurde  getheilet;  iij 

Auch  nicht  ziemt  es  dem  volke ,  das  einzele  wieder  zu  sammeln. 
Aber  entlafs  du  jezo  dem  gottc  sie;  und  wir  Achaicr 
Wollen  sie  dreifach  ersezen  und  vierfach,  wenn  uns  einmal  Zeus 
Gönnen  wird,  der  Troer  befestigte  Stadt  zu  verwüsten. 

Gegen  ihn  rief  antwortend  der  völkerfurst^  Agamemnon :      130 
Nicht  also,  wie  tapfer  du  seist,  gottgleicher  Achiileus, 
Sinn'  auf  trug ,    nie  wirst  du  mich  schlau  umgehn ,  noch  bereden ! 
Willst  du ,  indefs  Dir  bleibt  das  geschenk,  dafs  ich  selber  umsonst  hier 
Sizc,  des  meinen  beraubt?  und  gebietest  mir,  frei  sie  zu  geben? 
Wohl  denn,  wofem  mir  ein  andres  verleihn  die  edlen  Achaier,   135 
Meinem  sinn*  es  erlesend ,  das  mir  ein  voller  ersaz  sei ! 
Aber  verleihn  sie  es  nicht ,  dann  komm'  ich  selber ,  und  nehm'  es » 
Deines  vielleicht ,  auch  des  Ajas  geschenk  wohl ,  oder  Odysseus , 
Führ'  ich  hinweg;  und  zürnen  vielleicht  wird,  welchem  ich  nahe ! 
Doch  von  solcherlei  dingen  ist  zeit  zu  reden  auch  künftig.         140 
Auf  nun,  ein  schwärzliches  schif  zieht  schnell  in  die  heilige  meerflut; , 
Sammeh  hinein  vollzählig  die  rüderer;  bringt  auch  Apollons 
Hekatomb';  und  sie  selbst,  des  Chryses  rosige  tochter, 
Führet  hinein;  und  gebieter  des  schifs  sei  der  könige  einer: 
Ajas,  oder  der  held  Idömeneus,  oder  Odysseus,  145 

Oder  auch  du,  Peleide,  du  schreklichster  unter  den  männern! 
Dafs  du  den  Treffenden  uns  durch  heilige  opfer  besänftigst. 

Finster  schaut'  und  begann  der  mutige  renner  Achiileus : 
Ha ,  du  in  Unverschämtheit  gehülleter ,  sinnend  auf  vortheil ! 
Wie  doch  gehorcht  dir  willig  noch  einer  im  heer  der  Achaier ,       150 
Einen  gang  dir  zu  gchn,  und  kühn  mit  d<im  f<:iude  zu  Uimpfen? 


ERSTER  GESANG.  9 

Nicht  ja  wegen  der  Troer ,  der  lanzenkundigen ,  kam  ich 
Mit  hieher  in  den  streit;  gar  nichts  sind  jene  mir  schuldig. 
Denn  nie  haben  sie  mir  die  rosse  geraubt,  noch  die  rindcr; 
Nie  auch  haben  in  Fna,  dem  scholligen  männergefilde ,  155 

Meine  frucht  sie  verlezt;  indem  viel  raumes  uns  sondert, 
Waldbe&chattete  berg',  und  des  meers  weitrauschende  wogen. 
Dir,  schamlosester  mann,  dir  folgten  wir,  dafs  du  dich  freutest; 
Nur  Menelaos  zu  rächen,  und  dich,  du  ehrevergefsner. 
An  den  Troern !  Das  achtest  du  nichts,  noch  kümmert  dich  solches !  160 
Selbst  nun  drohest  du  mir  mein  ehrertgeschenk  zu  entreifsen, 
Welches  mit  schweifs  ich  errungen ,    und  mir  verehrt  die  Achaier ! 
Hab'  ich  doch  nie  ein  geschenk,  wie  das  dcinige,  wann  die  Achaier 
fine  bevölkene  Stadt  des  troischen  volkes  verwüstet ; 
Sündern  die  schwerste  last  des  tobenden  schhichtcngetiinmiels       165 
Trag'  ich  mit  meinem  arm:  doch  kommt  zur  ihcllung  es  endlich, 
Dein  ist  das  gröfste  geschenk;  und  Ich,  mit  wenigem  fröhlich, 
Kehre  heim  zu  den  schiffen,  nachdem  ich  erschlaft  von  dem  streite. 
Doch  nun  geh'  ich  gen  Ftia!  denn  wxit  zuträglicher  ist  es,        160 
Heimmit  den  schiifenzugehn,den  gebogenen  iSchwerlichauchwirst  du, 
TVcil  du  alhier  mich  entehrst,  noch  schäz'  und  guter  dir  häufen ! 
Ihm  antwortete  drauf  der  herscher  des  volks  Agamemnon; 
Fliehe  nur,  wenns  dein  herz  dir  gebeut !  Nie  werd' ich  fürwahr  dich 
Anflehn ,  meinethalb  zu  verziehnl  Mir  bleiben  noch  andre, 
Khre  mir  zu  erwerben  ;  zumal  Zeus  waltende  vorsieht !  1 75 

Siehe  verhafst  mir  bist  du  vor  allen  beseligten  herschern ! 
immer  hast  du  den  zank  nur  geliebt,  und  kämpf  und  befehdung! 
Wenn  du  ein  stärkerer  bist,  ein  gott  hat  dir  solches  veidichen ! 

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J 


lo  ILIAS, 

Schiffe  denn  heim ,  du  selbst  mit  den  deifiigen ,  dafs  du  in  ruhe 

Myrmidonen  gebicfest!  denn  Du  biit  nichts  mir  geachtet;  i8o 

Nichts  auch  gilt  mir  dein  grollen  '  vielmehr  noch  droh*  ich  dir  also : 

Weil  mir  Chryscs  tochter  hinwegnimt  Töbos  Apollon, 

Werd'  ich  sie  mit  eigenem  schif  und  eignen  genossen 

Senden  ;  allein  ich  hole  die  rosige  tochter  des  Brises 

Selbst  mir  aus  deinem  geielt ,  dein  ehrengeschenk :  dafs  du  lernest,  185 

Wie  viel  hoher  ich  sei  als  Du ,  und  ein  anderer  xage , 

Gleich  sich  mir  xu  wiihnen  ,  und  so  lu  trozen  ins  antliz ! 

Jener  sp^achs ;  da  entbrannte  der  Peleion',  und  das  herz  ihm 
Unter  der  zottigen  brüst  rathschlagete ,  wankendes  sinnes : 
Ob  er,  das  schneidende  schwert  alsbald  von  der  hüfte  sich  reifsend,  190 
Trennen  siq  sollt*  aus  einander,  und  niederhaun  den  Atreiden ; 
Oder  stillen  (Jen  zorn ,  und  die  mutige  seele  bcherschen. 
Als  er  solches  c*rwog  in  des  herzens  geist  und  empfindung. 
Und  er  das  mächtige  schwort  schpn  hervorzog ;  nahte  vom  himmel 
Pallas  Athene,  gesandt  von  der  lilienarmigen  Here ,  195 

Die  für  beide  zugleich  in  liebender  seele  besorgt  war. 
Hinter  ihn  trat  sie,  und  fafs?te  das  bräunliche  haar  des  Pcleiden, 
Ihm  allein  sich  enthüllend;  der  anderen  schaute  sie  keiner. 
Staunend  zukte  der  held ,  und  wandte  sich :  plözlich  erkannt'  er 
Pallas  Athene  s  gestalt,  und  fürchterlich  stralt'  ihm  ihr  äuge.         200 
Und  er  begann  zu  jener,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Warum,  o  tochter  Zeus  des  Agiserschüttereis ,  kamst  du? 
Etwa  den  frevel  zu  sch^un  von  Atreus  söhn  Agamemnon? 
Aber  ich  sage  dir  an,  und  das  wird  wahrlich  vollendet: 
Sein  unbändiger  stolz  wird  einst  noch  das  leben  ihm  kosten!     205 

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ERSTER  GESANG.  ii 

DfauF  antwortete  Zeus  blauäugige  Tochter  Athene: 
Deinen  zorn  zu  stillen,  gehorchtest  du,  kam  ich  vom  himmel; 
Denn  mich  sendete  Here ,  die  lilienarmige  göttin , 
Die  für  beide  zugleich  in  liebender  seele  besorgt  ist. 
Aber  wohlan,  lafs  fahren  den  streit «  und  zucke  das  schwert  nicht.  210 
Magst  du  mit  Worten  ihn  doch  beleidigen ,  wie  es  dir  einfallt. 
Denn  ich  sage  dir  an ,  und  das  wird  wahrlich  vollendet : 
Einst  wird  dir  noch  dreimal  so  herliche  gäbe  geboten , 
Wegen  der  heutigen  schmach.    Drum  fasse  dich  nun,  und  gehorch  uhJ. 

Ihr  antwonete  drauf  der  mutige  renner  Achüleus :  215 

Euer  wort ,  o  göttin ,  gezieniet  es ,  wohl  zu  bewahren , 
Welche  wut  auch  im  herzen  sich  hebt;  denn  solches  ist  besser. 
Wer  dem  gebot  der  götter  gehorcht ,  den  hören  sie  wieder. 

Sprachs,  und  hemmte  die  nervichte  hand  an  dem  silbernen  hefte, 
Siiefs  in  die  scheide  zurük  das  mächtige  schwert,  und  verwarf  nicht  220 
Arhcnäas  gebot.     Sie  wandelte  drauf  zum  Olympos, 
In  den  palast  des  donnernden  Zeus ,  zu  den  anderen  göttetn. 

Doch  der  Peleide  begann  mit  erbitterten  worten  von  neuem 
Gegen  des  Atreus  söhn ;  denn  noch  nicht'  ruht  er  vom  zorne :     224 

Trunkenbold,  mit  dem  blicke  des  hufids,  und  dem  mute  des  hirsches! 
Niemals  weder  zur  schlacht  mit  dem  sämtlichen  volk  dich  zu  rüsten« 
^och  lum  hinterhalte  zu  gehn  mit  den  edlen  Achaia's , 
Hast  du  im  herzen  gewagt !  das  scheinen  dir  schrecken  des  todes ! 
Iwar  behaglicher  ist  es ,  im  weiten  heer  der  Achaier 
Bim  das  geschenk  zu  entwenden,  wer  dir  entgegen  nur  redet!      230 
Volkvcrschlingender  könig  l  denn  nichtigen  menschen  gebeutst  du ! 
Oder  du  hättest,  Atreide,  das  leztemal  heute  ^^f^cv^AooIp 


14  ILIAS. 

Aber  ich  sage  dir  an  ,  und  mit  heiligem  cide  beschwör*  ichs ! 
Wahrlich  bei  diesem  zepter ,  der  niemals  blLitter  und  zweige 
Wieder  zeugt ,  nachdem  er  den  stumpf  im  gebirge  verlassen ;       235 
Nie  mehr  sprofst  er  empor ,  denn  ringsum  schälte  das  erz  ihm 
Laub  und  rinde  hinweg;  und  edele  söhne  Arhaia's 
Tragen  ihn  jezt  in  der  hand ,  die  richtenden ,  welchen  Kronion 
Seine  geseze  vertraut :  dies  sei  dir  die  grofse  beiheurung ! 
Wahrlich  vermifst  wird  Achilleus  hinfort  von  den  söhnen  Achaia's  240 
Allzumal;  dann  suchst  du  umsonst,  wie  sehr  du  dich  härmest, 
Rettung,  wenn  sie  in  vchaaren,  vom  männermordenden  Hektor 
Niedergestürzt,  hinsterben;  und  tief  in  der  seele  zernagt  dich 
Zürnender  gram,  dafs  den  besten  der  Danaer  nichts  du  geehret I 

Also  sprach  der  Peleid*,  und  warf  auf  die  erde  den  zepter    245 
Hell  mit  goldenen  buckeln  geschmükt;  dann  sezt*  er  sich  nieder. 
Gegen  ihn  stand  der  xA^treid*,  und  wütete.     Jezo  erhub  sich 
Nestor  mit  holdem  gespräch ,  der  tönende  rodner  von  Pylos , 
Dem  von  der  zung'  ein  laut  wie  des  honiges  süfse  daherflofs. 
Diesem  waren  schon  zwei  der  redenden  menschen  geschlechter      250 
Abgewelkt,  die  vordem  ihm  zugleich  aufwuchsen  und  lebten, 
Dort  in  der  heiligen  Pylos;  und  jezt  das  dritte  beherscht*  er. 
Dieser  begann  wohlmeinend,  und  redete  vor  der  Versammlung: 

Wehe,  wie  grofses  leid  dem  achaiischen  lande  herannaht! 
Traun ,  wohl  freun  wird  sich  Priamos  defs,  und  Priamos  söhne,  255 
Auch  das  volk  der  Troer  wird  hoch  frohlocken  im  herzen, 
Wenn  sie  das  alles  gehört,. wie  Ihr  durch  zank  euch  ereifert, 
Ihr  die  ersten  Achaier  iia  rath,  und  die  ersten  im  kämpfe. 
Aber  gehorcht!  ihr  beide  seid  jüngerer  jähre,  deip  Ich^bin! 

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ERSTER  GESANG.  13 

Denn  schon  vormals  pflog  ich  mit  stärkeren  münnem  gemeinschaft,  260 
Als  Ihr  seid;  und  dennoch  verachteten  jene  mich  nimmer! 
Solche  männer  ersah  ich  nicht  mehr,  und  ersehe  sie  schwerlich, 
So  wie  Peirithoos  war,  und  der  völkerw^idende  Dryas, 
RIneus  auch,  und  der  held  Exadios,  auch  Polyfemds. 
Traun »  das  waren  die  stärksten  der  lebenden  erdebewohn  er ,      oß^ 
Waren  selbst  die  stärksten,  und  kämpfeten  wider  die  stärksten,    - 
Wider  die  Bergkentauren ,  und  übeten  grause  Vertilgung. 
Seht,  und  jenen  war  Ich  ein  kriegsgenofs ,  der  aus  Pylos 
K.im,  aus  entlegenem  lande  der  weit;  denn  sie  riefen  mich  selber; 
Und  ich  kiimpfte  das  mein  ige  mit.     Doch  jene  vermöchte  370 

Keiner,  so  viel  nun  leben  des  menschen geschlechts ,  zu  bekämpfen. 
Dennoch  hörten  sie  rath  von  mir,  und  gehorchten  dem  worte. 
Aber  gehorcht  auch  ihr;  denn  rath  zu  hören  ist  besser. 
Weder  Du ,  wie  mächug  du  seist ,  nim  jenem  das  mägdlein ; 
Sondern  laCs ,  was  ihm  Einmal  zum  dank  verliehn  die  Achaicr :  275 
Noch  auch  Du,  o  Peleid',  erhebe  dich  wider  den  könig 
So  voll  troz;  denn  es  ward  nie  gleicher  ehre  ja  theilhaft 
Ein  bexcpterter  könig,  den  Zeus  mit  rühme  verherlichr. 
Wenn  du  ein  stärkerer  bist,  und  söhn  der  göttlichen  mutter; 
(st  er  mächtiger  doch,  weil  mehrerem  volk  er  gebietet,  280 

Atreus  söhn,  lafs  fahren  den  zorn;  und  ich  selbst  will  Achilleus 
Anflchn,  auch  sein  herz  zu  besänftigen,  ihn  der  die  grofse 
Schuzwehr  ist  den  Achaiern  gesamt  im  verderbenden  kriege. 
Gegen  ihn  rief  antwortend  der  völkerfürst  Agamemnon  : 
Wahrlich,  o  greis,  du  hast  wohlziemcnde  worte  geredet.  285 

Aber  der  m;inn  will  immer  den  anderen  allen  zuvor  sciq;' 

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J 


14  ILIAS. 

Allen  wiU  er  gebieten  im  heer,  und  alle  beberschen, 
Allen  gesei'  austheilen,  die  niemand}  mein'  ich,  erkennet! 
Wenn  sie  ja  lanzenkund'  ihm  verliehn ,  die  ewigen  götter; 
Siellen  sie  darum  ihm  frei,  auch  Schmähungen  auszurufen?        290 

Ihm  in  die  red'  einfallend  begann  der  edle  Achiileus : 
Ja  fürwahr ,  ein  feiger  und  nichtiger  müfst'  ich  genannt  sein , 
"W^nn  ich  in  allem  m.ich  dir  demütigte ,  was  du  nur  aussprichst ! 
Andern  gebeut  du  solches  nach  willkühr;  aber  nur  mir  nicht 
Winke  befehl;  Ich  mochte  hinfort  dir  wenig  gehorchen!  295 

Eines  verkünd'  ich  dir  noch,  und  Du  bewahr*  es  im  herzen. 
Niemals  heb*  ich  die  arme  zum  streit  auf,  wiegen  des  magdleins. 
Weder  mit  dir ,  noch  andern ;  ihr  gabt ,  und  nehmet  sie  wieder. 
Aber  so  viel  mir  sonfit  bei  dem  dunkelen  «chiife  sich  findet. 
Davon  nimst  du  mir  schwerlich  das  mindeste,  wider  mein  wollen.  300 
Oder  wohlan ,  versuch*  es !  damit  sie  alle  mit  ansehn , 
Wie  alsbald  an  der  lanze  dein  schwarzes  blut  mir  herabtrieft  1 

Also  haderten  beide  mit  widerstrebenden  worten, 
Standen  dann  auf,  und  trennten  den  rath  bei  den  schiffen  Achaia's. 
Peleus  söhn,  zu  den  zelten  gewandt  und  schwebenden  schiffen,  305 
Wandelte ,  samt  Mönetios  s;ohn  und  seinen  genossen. 

Doch  der  Atreid*  hicfs  ziehen  ein  hurriges  schif  in  die  meerBut; 
Wählcte  zwanzig  hinein  dtr  rüderer,  bracht'  auch  Apollons 
Hekatomb*;  und  darauf  des  Chryscs  rosige  tochter 
Führt* er  hinein;  und  gebietet  des  schifs  warder  weise Odysscus.  310 
Alle  nun  eingestiegen  durchstcuerten  flüssige  pfade. 

Drauf  hiefs  Atreus  söhn  sich  entsundigen  alle  Achaier: 
Und  sie  entsündigten  «ich ,  und  warfen  ins  meer  die  befleckung , 

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ERSTER  GESANG.  15 

Opferten  dann  fiir  ApoUon  vollkommene  sühnhekatombcn , 
Mutiger  stier'  und  ziegen  ,  am  «trand  des  verödeten  meeres;       315 
Und  hoch  wallte  der  duft  in  wirbelndem  rauche  gen  himmel. 

So  war  alles  im  heere  be^ichäftiget.     Doch  Agamemnon 
Liefe  nicht  ruhn,  was  er  zankend  zuvor  gedroht  dem  Achilleus; 
Sondern  Talthybios  schnell  und  Eurybates   rief  der  behcr&cher , 
Die  hctold'  ihm  waren  und  rasch  aufwartende  diener;  320 

Gehet  hin  zum  gezelte  des  Peleiaden  Achilleus; 
Nehmt  an  der  hand ,     und  bringt  des  Briscs  rosige  tochter. 
Wenn  er  sie  nicht  auiTgh'bet  so  möcht*  ich  selber  sie  nehmen,       ^ 
Hin  mit  mehreren  kommend ;  was  ihm  noch  sclveklicher  sein  wird  ! 

Jener  sprachs,  und  entliefs  sie,  die  drohenden  worte  befehlend.  325 
Ungern  gingen  sie  beid'  am  Strand  des  verödeten  meeros, 
Bis  sie  die  zeit'  und  schiffe  der  Myrmidonen  erreichten. 
Ihn  nun  fanden  sie  dort  am  gezelt  und  dunkelen  schiffe 
Sizend;  und  traun,  nicht  wurde  des  anbliks  fröhlich  Achilleus. 
ßcide,  bestürzt  vor  scheu  und  ehrfurcht  gegen  den  könig,  330 

Standen,    und  wägeten  nichts  zu  verkündigen,  oder  zu  fragen. 
Aber  er  selbst  vernahm  es  in  seinem  geist,  und  begann  soj 

Freude  mit  euch,  herold',  ihr  boten  Zeus  und  der  menschen! 
Nahet  euch !  Ihr  nicht  traget  die  schuld  mir ;  nein  Agamemnon, 
Der  euch  beide  gesandt,  um  Brises  rosige  tochter.  335 

Auf  denn  ^  führe  heraus  das  ^mägdelein ,  edler  Patroklos , 
Und  lals  jene  sie  nehmen.     Doch  sein  sie  selber  mir  zeugen, 
Vor  den  seligen  göttern  ,  und  vor  den  sterblichen  menschen , 
\Qch  vor  dem  könige  dort ,  dem  Wüterich :  Wenn  man  hinfort  noch 
Meiner  hülfe  bedarf,  dem  schmählichen  Jammer  zu  steuern       340 

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i6  ILIAS. 

Jenes  volks  . . . !  Ha ,  wahrlich  er  tobt  in  verderblichem  Wahnsinn, 
Blind  im  geißle  zugleich  vorwärts  zu  schauen  und  riikwarts , 
Dafs  bei  den  schiffen  er  sichre  das  streitende  heer  der  Achaierl 

Jener  sprachs ;  da  gehorchte  dem  freund  sein  trauter  Patroklos, 
Führt*  aus  dem  zeit ,  und  gab  des  Brises  rosige  tochter  345 

Jenen  dahin;  und  sie  kehrten  zurük  zu  den  schiffen  Achaia's. 
Ungern  ging  mit  ihnen  das  magdelein.     Aber  Achilleus 
Weint' ,  und  sezte  sich  schnell ,  abwärts  von  den  freunden  gesondert , 
Hin  an  des  meeres  gestad*,  und  schaut*  in  das  finstre  gewässer. 
Viel  nun  fleht  er  zur  mutter,  der  trautesten,  breitend  die  händc :  350 

Mutter,  dieweil  du  mich  nur  für  wenige  tage  gebar<»t, 
Sollte  mir  ehre  jedoch  der  Olympier  jezo  verleihen, 
Der  hochdonnernde  Zeus!  doch  gat  nichts  ehrt  er  mich  jezot 
Siehe,  des  Atreus  söhn,  der  völkerfürst  Agamemnon, 
Hat  mich  entehrt,  und  hält  mein  geschenk,  das  er  selber  geraubet !  353 

Also  sprach  er  bethränt;  da  hört*  ihn  die  trefliche  mutter, 
Wo  in  des  meeres  abgründen  sie  safs  bei  dem  grauen  erzeugcr. 
Eilendes  schwungs  entstieg  sie  der  finsteren  flut ,  wie  ein  nebel ; 
Und  nun  sezte  sie  nahe  sich  hin  vor  den  thränenbenezten , 
Streichelt*  ihn  drauf  mit  der  band ,  und  redete ,  also  beginnend ;    36c 

Liebes  kind,   was  weinst  du?  und  was  betrübt  dir   die  seelej 
Sprich-,  verhehle  mir  nichts;  damit  wir  es  beide  wissen. 

Doch  schwerseuftend  begann  der  mutige  renner  Achilleus  i 
Mutter,  du  weifst  das  alles;  was  soll  ichs  dir  noch  erzählen^ 
'fhebe  belagerten  wir,  Eetions  heilige  vestc,  365 

Und  verwüsteten  sie,  und  führeten  alles  von  dannen. 
Kecliich  iheilteti  den  raub  die  tapferen  söhne  Acliaia's, 

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ERSTER  GESANG»  17 

Und  man  erkohr  dem  Atreiden  des  Chryses  loAge  tochter» 
Chryses  darauf,  der  priester  des  treffenden  Föbos  Apollon , 
Kam  zu  den  riisrigen  schiffen  der  erx umschirmten  Achaier»        3']o 
Frei  zu  kaufen  die  tochter,  und  bracht*  unendliche  lösung» 
Tragend  den  lorberschmuk  des  treffenden  Föbos  Apollon 
Um  den  goldenen  stab ;  und  er  flehete  allen  Achaiern , 
Aber  zumeist  den  Atreiden ,  den  zween  heerf  ürsten  der  völken 
Jtto  gebot  beifallend  das  samtliche  beer  der  Achaier,  375 

Jenen  priester  zu  scheun ,  und  die  köstliche  lösung  zu  nehmen* . 
Aber  nicht  Agamemnon,  d^s  Atreus  söhne,  gefiel  es; 
Nein,  er  entsandt*  ihn  mit  schmach  ,  und  befahl  mit  drohender  rede* 
Xiimend  vernahm  es  der  greis ,  und  entwandelte.     Aber  Apollon 
Hörte  des  flehenden  ruf;  denn  sehr  war  jener  geliebt  ihm.  380 

Und  nun  sendet*  er  todesgeschofs ;  und  die  Völker  Achaia's 
Statben  in  schaaren  dahin,  da  rings  die  geschosse  des  gottes 
Flogen  im  weiten  beere  der  Danaer.     Siehe  da  weissagt' 
Urs  ein  kundiger  seher  den  heiligen  rath  des  Apollon* 
Eilend  befahl  ich  selber  zuerst,  den  gott  zu  versöhnen*  385 

Aber  der  Atreion'  ereiferte :  schnell  sich  erhebend , 
Sprach  er  ein  drohendes  wort,  das  nun  der  Vollendung  gensdit  ist* 
Jene  geleiten  im  schif  frohblickende  söhne  Achaia*s 
Heim  nach  Chrysa  zunik»  auch  bringen  sie  gaben  dem  her^cher* 
Doch  mir  nahmen  nur  eben  die  herold*  aus  dem  gezelte  390 

Brises  tochter  hinweg,  das  ehrengeschenk  der  Achaier. 
O  wenn  Du  es  vermagst »  so  hilf  dem  tapferen  söhne  1 
Steig*  empor  zum  Olympos,  und  flehe  Zeus,  wenn  du  jemal« 
Homers  lüaj.   i.  Band*  B 

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18  ILIAS. 

Ihm  mit  Worten  das  herz  erfreuetest,  oder  mit  thaten. 

Denn  ich  habe  dich  oft  in  de«  vaters  hause  gehöret ,  395 

Wann  du  erzähltest  mit  rühm ,  wie  den  schwarzumwölkten  Kronion 

Du  allein  von  den  göttern  geschirmt  vor  schmählicher  kränkung , 

Als  vordem  ihn  zu  binden  die  andern  Olympier  drohten , 

Here,  und  Poseidaon  zugleich,  und  Pallas  Athene. 

Doch  du  kamst ,  o  göttin ,  und  lösetest  ihn  aus  den  banden.      400 

Schnell  zum  hohen  Olympos  den  Hundertarmigen  rufend, 

Den-Briäreos  nennen  die  himmlischen,  aber  Ägäon 

Jeglicher  mensch ;  denn  er  raget  an  krafit  vor  dem  eigenen  vater* 

Der  nun  safs  bei  Kronion  dem  donnerer,  freudiges  trozes. 

Drob  erschraken  die  götter »  und  scheuten  sich ,  jenen  zu  fesseln.   405 

Seze  nun ,  dessen  erinnernd,  zu  ihm  dich,  iasse  die  knie'  auch » 

Ob  es  vielleicht  ihm  gefalle ^  den  Troern  schuz  zu  gewähren. 

Aber  zurOk  zu  drängen  zum  lager  und  meer  die  Achaier , 

Niedergehaun ,  bis  sie  alle  sich  sänigen  ihres  gebieters , 

Auch  er  selbst,  der  Atreide,  der  völkerfiirst  Agamemnon,  410 

Kenne  die  schuld,  da  den  besten  der  Danäer  nichts  er  geehret! 

Aber  Thetis  darauf  antwortete ,  thränen  yergiefsend : 
Wehe  mir!  dafs  ich,  mein  kind,  dich  erzog,  unselig  geborner! 
Mochtest  du  hier  bei  den  schiffen  doch  frei  von  thränen  und  kränkung 
Sizen ;  dieweil  dein  Verhängnis  so  kurz  nur  währet ,  so  gar  kurz  1415 
Aber  zugleich  friihwelkend  und  unglükselig  vor  allen 
Wurdest  du !  Ja ,  dich  gebar  ich  dem  jammergeschik  im  palaste  ! 
Dies  dem  donnerer  Xeus  zu  verkündigen,  ob  er  mich  höre, 
Geh'  ich  selbtr  hinauf  zum  schneebedekten  Olympos. 


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ERSTER  GESANG,  19  j 

Du  indels  an  des  meers  schnellwzindelnden  schiffen  dich  sezend ,  420  | 
Züme  dem  Danaervolk,  und  des  kriegs  enthake  dich  gänzlich* 
Zeus  ging  gestern  zum  mahl  der  unsträflichen  Aethiopen 
An  des  Okeanos  (lut ;  und  die  himmlischen  folgten  ihm  alle. 
Aber  am  zwölften  tag,  dann  kehret  er  heim  zum  Olympos* 
Hierauf  steig'  ich  empor  zum  ehernen  hause  Kronions ,  425 

Und  umfass'  ihm  die  knie';  und  ihn  zu  bewegen  erwart'  ich. 

Als  sie  solches  geredet,  enteilte  sie.    Jener  allein  nun 
Xiimt'  im  geist,  und  gedachte  des  schöngegürteten  weibes» 
Das  man  xnit  troz  und  gewalt  ihm  hinwegnahm*     Aber  Odysseu« 
Kam  und  brachte  gen  Chrysa  die  heilige  sühnhekatombe,  430 

Als  sie  nunmehr  in  des  ports  riefgriindige  räume  gekommen » 
Zogen  sie  ein  die  segel  ^  und  legten  ins  schwärzliche  schiff  sie ; 
Lehnten  darauf  zum  behälter  den  rnast^  an  den  tauen  ihn  senkend» 
Eilig  hinab,  und  schoben  das  schif  mit  rudern  zur  anfuhrt; 
Warfen  dann  anker  hinaus,  und  befestigten  seil'  am  gestade.    435 
Aus  nun  stiegen  sie  selbst  am  wogenschlage  des  meeres, 
Aus  auch  lud  man  das  opfer  dem  treffenden  Föbos  ApoUon; 
Aus  auch  stieg  Chryseis  vom  meerdurchwallenden  schiffe. 
Diese  nun  führte  sogleich  zum  altar  der  weise  Odysseu^» 
Gab  in  des  vateis  bände  sie  hin ,  und  redete  also :  44^ 

Chryses ,  mich  sandte  daher  der  völkerfiirst  Agamemnon » 
Dafs  ich  die  tochter  dir  brächt' ,  und  die  sühnhekatombe  dem  Föboi 
Opfene  fiir  die  Achaier,  den  zorh  zu  versöhnen  des  herschers, 
Der  nun  Argos  voUce  so  schmerzliches  webe  verhänget. 

Sprachs,  und  gab  in  die  bände  sie  ihm ;  und  freudig  empfing  er  445 


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20  ILIAS. 

Seine  geliebteste  tochter.     Auch  ordneten  jene  des  gottci 
Herliche  sühnhekatomb*  um  den  schöngebaueten  ajtar; 
Wuschen  die  bände  sodann,  und  nahmen  sich  heilige  gerne. 
Laut  nun  betete  Chryses  empor,  mit  erhobenen  bänden: 

Höre  mich,  gott,  der  du  Chrysa  mit  silbernem  bogen  umwandelst. 
Samt  der  heiligen  Kill^,  und  Tenedos  mächtig  beherschest!        451 
So  wie  schon  du  zuvor  mich  höretest,  als  ich  dich  anrief, 
Wie  du  ehre  mir  gabst,  und  furchtbar  schlugst  die  Achaler; 
Also  auch  nun  von  neuem  gewähre  mir  dieses  verlangen: 
Gieb  dem  Dänaecvolke  der  schmählichen  plage  genesung!         455 

Also  rief  er  betend;  ihn  hörete  Föbos  Apollon. 

Aber  nachdem  sie  gefleht,  und  heilige  gerste  gestteuet; 

Beugten  xuriik  sie  die  hals',  und  schlachteten ,  zogen  die  haut*  ab , 

.Sonderten  dann  die  Schenkel,  umwickelten  solche  mit  fette 

Zwiefach  umher,  und  bedekten  sie  dann  mit  stücken  der  glieder.      460 

Jezo  verbrannt'  es  auf  scheltern  der  greis ,  und  dunkeles  weines 

Sprengt' er  darauf;  ihn  umstanden  die  Jünglinge,  haltend  denfünfzak. 

Als  sie  die  Schenkel  verbrannt,  und  die  eingeweide  gekostet; 

Jezt  auch  das  iibrigö  schnitten  sie  klein ,  und  stektens  an  spiefse , 

Brieten  sodann  vorsichtig,  und  zogen  es  alles  herunter.  465 

Abet  nachdem  sie  ruhten  vom  werk,  und  das  mahl  sich  bereitet; 

Schmausten  sie,  und  nicht  mangelt'  ihr  herz  des  gemeinsamen  mahles.  1 

Aber  nachdem  die  begierde  des  tranks  und  der  speise  gestillt  war; 

Füllten  die  jUnglinge  schnell  die  krüge  zum  rand  mit  getrlinkc. 

I 
Wandten  von  neuem  sich  rechts ,  und  vertheileten  allen  die  becher.  4']ol 

Jene  den  ganzen  tag  versöhnten  den  gott  mit  gesange,  j 


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ERSTER    GESANG,        '  ai 

Schön  anstinunend  den  Päaii ,  die  blühenden  mannet  Achala's , 
Preisend  des  Trcffenclcn  macht ;   und  er  hörete  freudiges  hexiens. 

Als  die  sonne  nunmehr  hinsank^  und  das  dunkel  heraufzog; 
Legten  sich  jene  zur  ruh  an  den  hakenden  seilen  des  schiiFes.   475 
Ais  die  dänunernde  Eos  mit  rosenfingern  emporstieg; 
Jezo  scliiften  si^  heim  zum  weiten  heer  der  Achaier. 
Günstigen  hauch  sandt'  ihnen  der  treffende  Föbos  -ApoUon  ;^ 
Und  sie  erhüben  den  mast,  und  spannten  die schinunemdpa segeL 
Voll  nun  schwellte  der  wind  des  segeis  mitt\  und  umher  scholl    480 
Laut  die  purpurne  wog'  um  den  kiel  des  gleitenden  schiiFes  i 
Und  CS  durchlief  die  gewässer,  den  weg  in  eik  vollendend. 
Als  sie  nunmehr  hinkamen  zum  weiten  heer  der  Achaier; 
Zogen  das.  schwänJüchc  schif  sie  empor  an  die  vcste.  des  landes, 
Koch  9uf  den  kiesigen  sand ,  und  breitqten  drunter  gebälk  hio ;   485 
Selbst  dann  zerstreuten  sie  sich  ringsher  zu  gezelten  und  schiffen^ 

Jener  zürnt*,  an  des  meers  schnellwandelnden  schiffen  sich  seziend» 
Pelei^s  göttlicher  söhn,  der  mutige  renner  AchiUeus; 
Niemab  mehr  in  den  lath,  den  männ^ehrend^n ,  ging  ^r^. 
Niemals  mehr  in  die  schlacht.  Doch  gram  zernagte  das  herz  ihm,,  4^ 
Dais  er  blieb ;  ec  verlangte  nur  feldgeschrei  und  getümmel. 

Als  nunmehr  die  zwölfte  der  morgenröthen  emporstieg; 
Kehret^  l^eim  zum  Olympos  die  ewigwahenden  gönej 
Alle  zugleich;  2>cus führte.    Doch  Thetis.vergafs  das  geheifs  nicht 
Ihres  sohns ;  sie  enttauchte  der  woge  des  meers ,  und  erhub  sich    495 
Schon  in  dänunemder  frühe  zum  himmel  empor  und  Olympos; 
Fand  niin  den  >^alt^nden  Zeus  abwärts  von  den  anderen  6izend, 

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34  ILtAS» 

Auf  der  erhabensten  kuppe  des  viclgetaktcn  Olympoi. 
Und  sie  sexte  sich 'nahe  vor  ihnx,  umschlang  mit  der  linken 
Seine  knie' ,  und  berührt'  ihn  unter  dem  kinn  mit  dqr  rechten ;        50c» 
Flehend  zugleich  begann  sie  zum  herschenden  Zeus  Kronion  :i 

Vater  Zeus,  wenn  ich  je  mit  worten  dir,  öder  mit  thaten^ 
Frommt'  in  der  götter  schaar ;  so  gewähre  mir  dieses  ^erlangen; 
Ehre  mir  meinen  söhn,  der  friihhinwelkend  vor  andern 
Sterblichen  ward!  Doch  hat  ihn  der  völkerfiirst  Agamemnon     jojf 
Jezo  entehrt,  und  häh  sein  geschenk»  das  er  selber  geraubet! 
Aber  o  räch*  ihn  Du,  Olympier,  Ordner  der  weit,  Zeus! 
Stärke  die  Troer  so  lange  mit  siegskraft,  bis  die  Achaicr 
Meinen  söhn  mir  geehrt,  und  hoch  mit  ehre  verherlicht! 

Jenesprachs;  ihr  erw^ederte  nichts  der  Wolkenvcrsammler ;  jio 
Lange  safs  er  und  schwieg.    Doch  Theds  schmiegte  sich  fest  ihm 
An  die  umschlungenen  knie',  und  flehete  wieder  von  neuem; 

Ohne  falsch  verheifse  mir  jezt,  und  winke  gewährung; 
Oder  verweigere  mirs!  (nichts  scheutest  du!)  dafs  ich  es  wisse, 
Ganz  sei  Ich  vor  allen  die  ungeehrtestc  göttin!  515 

Unmuthsvoll.  nun  begann  der  herscher  im  donnergewölk  Zeus » 
Heillos  traun  ist  solches ,  dafs  zank  mit  Here  und  feindschaft 
Du  mir  erregst ,  wann  jene  durch  schmähende  wortc  mich  aufreizt. 
Zanket  sie  doch  schon  so  im  kr^is  der  unsterblichen  götter 
Stets  mit  mir,  und  saget,  ich  hclf  im  streite  den  Troern.  520 

Eile  denn  Du  jezt  wieder  hinweg,  dafs  nicht  dich  bemerke 
Here;  doch  mir  sei  die  sorge  des  übrigen,  bis  ich  vollendet. 
Aber  wohlan,  mit  dem  haupte  dir  wink'  ich  es ,  dafs  du   vertrauest« 

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ERSTER   GESANG,  33 

Solches  ist  ]a  meiner  verheif&ungen  unter  den  göttem 

Heiligstes  pfand,  denn  nie  ist  wandelbar,  oder  betriiglicfay        ^25 

Noch  unvollendet  das  wort,  das  mit  winkendem  haupt  ich  gewähret 

Abo  sprach ,  und  winkte  mit  schwärzlichen  braueti  Kronion ; 
Und  die  ambrosischen  locken  des  königes  wallten  ihm  vorwärts 
Von  dem  unsterblichen  haupt ;  es  erbebten  die  höhn  des  Olympoi. 

So  rathschlageten  beid* ,  und  trennten  sich.  Siehe ,  die  götdn  53a 
Fuhr  in  die  defe  des  meers  vom  glanzerhellten  Qlympos; 
2eus  dann   in  seinen  pälast.    Pie  unsterblichen  standen  empor  ihm 
Alle  vom  siz ,  denn  vater  entgegen  zu  gehn ;  und  nicht  einer 
Harne  des  kommenden  dort,  entgegen  ihm  traten  sie  alle. 

Er  nun  nahte  dem  thron ,  und  sezte  sich.    A1>^K  nicht  achtlos 
flati'  es  Here  bemerkt,  wie  geheim  rathschlagte  imt  jenen^        53S 
Nereus  tochter  des  greises ,  di^  silberfufsige  Thetis, 
Schnell  mit  kränkender  rede  zu  Zeus  Kronion  begann  sie: 

Welcher  gott  hat  wieder  mit  dii,  o  du  schlaue^»  gerathschlagt? 
Immer  war  es  dir  freude,  von  mir  hinweg  dich  entfernend «      540 
Heimlich  ersonnenen  x^th  zu  genehmigen!  Hast  du  doch  niemals 
>Ur  nur  ein  wort  willfährig  verkündiget,  was  du  gedenkest! 

Hit  antwortet^  dfauf  der  pmenschen  und  ewigen  vater :  , 
Here,  nur  nicht  alle*  getraue  dir,  was  ich  beschliefsc« 
Einzusehn;  schwer  yrörde  dir  das,  und  seist  du  gemahlin)        545 
Zwar  was  dir  zi:^  hören  vergönnt  ist»  keiner  soll  jenes 
Früher  erkenneq  denn  du»  der  unsterblichen  oder  der  menschen. 
Doch  was  mir  von  den  göttem  entfernt  zu  beschiiefsen  genehm  ist» 
Solches  dar&t  du  mir  nicht  auskundigen  1  oder  erforschen, 

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34  ILIAS. 

Ihm  antwortete  drauf  d:e  hoheitblickende  Herc :  550 

Welch  ein  wort,  Kronion,  du  schreklicher ,  hast  du  geredet! 
Nie  doch  hab*  ich  zuvor  mich  erkundiget ,  oder  geforschet ; 
Sondern  ganz  in  ruhe  beschliefsest  du ,  was  dir  genehm  ist. 
Doch  nun  sorg'  ich  im  herzen  geängstiget ,  dafs  dich  beschwazc 
Neieus  tochter  des  greises ,  die  silberfÜfsige  Thetis.  555 

Denn  sie  safs  in  der  frühe  bei  dir,  ulhd  umschlang  dir  die  kniec. 
Ihr  dann  winkend,  vermut'  ich,  gelobtest  du,  dafs  du  Achilleus 
Ehren  willst,  und  verderben  der  Danaer  viel*  ah  den  schiffen. 

Gegen  sie  rief  antwortend  der  herscher  im  donnergewölk  Zeus  : 
Immer,  du  wunderbare,  vermutest  du;  spähest  mich  immer!  560 
Doch  nicht  schaft  dein  thun  dir  das  mindeste,  sondern  entfernter  , 
Wirst  du. im  herzen  mir  stets:  was  dir  noch  schreklicher  sein  wird? 
Wenn  auch  jenes  geschieht,  so  wird  mirs  also  geliehen! 
Sizc  dann  ruhig  und  schweig*,  und  gehorche  du  meinem  geböte! 
Kaum  wohl  schüzten  dich  sonst  die  unsterblichen  alV  im  Olympos,  565 
Trat'  ich  hinan,  ausstreckend  zu  dir  die  unnahbaren  bände! 

Also  Xcus ;  da  erschrak  die  hoheitblickende  Here ; 
Schweigend  safs  sie  nunmehr,  und  bezwang  die  störme  des  herzens, 
Doch  rings  traurten  im  saale  die  göttlichen  Uranionen. 
Jezo  begann  Hefastos,  der  kiinstberühmte ,  zu  reden,  570 

Seiner  mutter  zu  gunst,  der  lilienarmig^en  Here: 

Heillos  traun  wird  solches  zulezt  noch,  und  unerträglich. 
Wenn  ihr  bcid*  um  sterbliche  nun  euch*  also  entzweiet, 
Und  zu  tumult  aufreizet  die  himmlischen !  Nichts  ja  geneufst  man  S14 
Mehr  von  der  fr«ude  des  mahls ;  denn  es  wird  je  länger ,  je  ärger ! 

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ERSTER  GESANG.  25 

Jczt  ermahn'  ich  die  mutter,  wiewohl  sie  selber  verstand  hat» 
Unserem  vater  zu  nahn  mit  gefälligkeit ,  däfs  er  hinfort  nicht 
Schelte ,  der  vater  Z^us ,  und  uns  zerrütte  das  gastmahL 
Denn  sobald  er  es  wollte,  der  donnergott  des  Olympos, 
Sdunctteit*  er  uns  von  den  thronen ;  denn  £r  ist  mächtig  vor  allen.  580 
Aber  MvoUan,  Du  wollest  mit  freundlichen  worten  ihm  schmeicheln ; 
Bald  witd  wieder  zu  huld  der  Olympier  uns  versöhnt  sein. 

Jener  sprachs,  und  erhub  sich,  und  nahm  den  doppelten  becher  1 
Reicht'  In    die  hand  der  mutter  ihn  dar,  und  redete  also: 

Duld*,  o  theuere  mutter,  und  fasse  dich,  herzlich  betrübi^zwar !  58S 
Da&  ich  nicht,  du  geliebte,  mit  eigenen  äugen  es  sehe. 
Kann  er  dich  straft ;  dann  sucht'  ich  umsonst,  wie  sehr  ich  mich  harmtCi 
Rettung:  schwerlich  ja  mag  den|  Olympier  ein^r  begegnen  J 
Denn  schon  einmal  vordem ,  als  abzuwehren  ich  strebte , 
Schwang  er  mich  hoch,  an  der  ferse  ge(afst„  von  der  heiligen  schwelle. 
Ganz  den  tag  durchflog  ich,  und  spät  mit  der  sinkenden  sonne    591 
Fiel  ich  in  Lemnos  hinab,  und  athmete  kaum  noch  leben; 
Aber  der  Sintier  volk  empfing  mich  gefallenen  hreundlich.. 

Sprachs ;  da  lächelte  sanft  die  lilienarmige  Here ; 
Lächelnd  nahm  sie  darauf  aus  der  hand  des  soh^es  den  becher.  59^1^ 
Jener  schenkte  nunmehr  auch  der  übrigen  götterversammlung 
Rechts  herum ,  dem  kruge  balsamischen  nektar  entschöpfend^ 
Doch  vneimefsliches  lachen  erscholl  den  seligen  göttern, 
Ais  sie  sahn ,  wie  Hefästos  in  ämsiger  eiV  umherging. 

Also  den  ganzen  tag  bis  spät  zur  sinkenden  sonne  600 

Schmausten  sie;  und  pi^ht  ^angelt' ihr  herz  des  gemeinsamen  mahles, 

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a6  ILIAS.    ERSTER  GESANG. 

Nicht  des  saitengetc)n5  von  der  lieblichen  leler  Apollons, 
Noch  des  gesangs  der  Musen  mit  hold  antwortender  stimme.. 
Aber  nachdem  sich  gesenkt  des  Helios  leuchtende  fackel« 
Gingen  sie  auszuruhn;  zur  eigenen  wohnung  ein  jeder , 
Dort  wo  jedem  vordem  der  hinkende  künstlet  Hefastos 
Bauete  seinen  palast  mit  kundigem  geist  dc;t  erfindüng. 
T^eus  auch  ging  z\\m  lager,  der  donnergott  des  Olympos, 
Wo  er  zuvor  ausruhte,  wann  süfser  schlaf  ihm  genaht  war: 
Dorthin  stieg  er  zu  ruhn ,  mit  der  goldenthronenden  Here* 


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I  L  I  A  S. 


ZWEITER     GESANG. 


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INHALT. 

ZeuSf  dis  Versprechens  eingedenk,  bewegt  Agamemnon  dun 
einen  träum ,  die  Achaier  zur  schlackt  a^szuj^hren.  Rath  derßx 
sten;  dann  Volksversammlung.  Agamemnon,  das volk  zuversn 
cken,  befiehlt  heimkehr;  und  alle  sind  geneigt:  Odysseus,  vo 
dthene  ermahnt ,  hemmt  sie.  Thersites  dringt  schmähend  auf  kern 
kehr ,  und  wird  gestraft.  Das  beschämte  volk ,  durch  Odysseu 
und  Nestor  völlig  gewonnen,  wird  von  Agamemnon  zur  schlack 
aufgefodert.  .Frühmahl,  opfer  und  anordnung  des  heers.  Ver 
ztichnis  der  achanschen  Völker.  Die  Troer  in  Versammlung  hl 
ren  die  botschaft,  und  rücken  aus.    Verzeichnis  der  iroischen  v'dlket 


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I  L  I  A  S. 

ZWEITER    GESANa 


**lle  nunmehr,  die  gotter  und  gaulgcrusteten  naänner, 

ScUiefen  die  ganze  nacht ;  nur  Zeus  nicht  labte  der  schluminer : 

Sondern  er  sann  im  geiste  voll  unruh,  wie  er  Achilleu« 

wen  möcht',  und  verderben  der  Danaer  viel'  an  den  schiffen. 

Dieser  gedank'  erschien  dem  xweifelnden  endlich  der  beste:  5 

lincn  teuschenden  Traum  lu  Atreus  söhne  zu  senden. 

vnd  Cr  begann  zu  jenem ,  und  sprach  die  geflügelten  worte  t 

Eile  mir,  teuschender  Traum,  zu  den  rüstigen  schiffen  Achaia's ; 
^«  dort  ins  gezelt  zu  Atreus  «ohn  Agamemnon, 

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30  ILIAS. 

Ihm  das  alles  genau  tu  verkundigen»  was  ich  gebiete.  l 

Heifs  ihn  rüsten  zur  schlacht  die  hauptumlokten  Achaier» 

Alle  geschaart;  denn  jexo  sei  leicht  ihm  bezwungen  der  Troer 

WeitdiKchwanderte  Stadt.    Nicht  mehr  zwiefaches  entschlussec 

Sein  die  olympischen  götter;  bewegt  schon  habe  sie  alle 

t 
Here  durch  flehn;  und  hinab  auf  Ilios  schwebe  verderben. 

Jene  sprachs;  und  der  Traum,  sobald  er  die  rede  vernomme] 
Eilte  hinweg,  und  kam  zu  den  rüstigen  schiffen  Achaia's» 
Hin  nun  eilt'  er ,  und  fand  des  Atreus  söhn  Agamemnon 
Schlafend  in  seinem  gezelt ;  ihn  umflofs  der  ambrosische  schlunuiK 
Jener  trat  ihm  zum  haupt,  gleich  Neleus  söhne  gestaltet » 
Nestorn ,  welchen  zumeist  vor  den  ältesten  ehrt  Agamemnon  ; 
Dessen  gestalt  nachahmend ,  begann  der  göttliche  Tiaum  so : 

Schlummerst  du,  Atreus  söhn,  desTeurigen  rossebezähtners ? 
Keinem  richtet  gebührts  die  ganze  nacht  zu  durchschlummem , 
Dem  zur  hut  sich  die  völker  vertraut »  und  so  mancherlei  obliegt. 
Auf,  nun  höre  mein  wort;  ich  komm'  ein  böte  Kronions » 
Der  dich  sehr,  auch  ferne,  begüncdget,  dein  sich  erbarmend. 
Rüsten  heifst  er  zur  schlacht  die  hauptumlokten  Achaier» 
Alle  geschaart;  denn  jezo  sei  leicht  dir  bezwungen  der  Troer 
Weitdurchwanderte  Stadt.    Nicht  mehr  zwiefaches  entschlusses 
Sein  die  olympischen  götter;  bewegt  schon  habe  sie  alle 
Here  durch  flehn ;  und  hinab  auf  Ilios  schwebe  verderben 
Hoch  von  Zeus.     Du  merk'  es  im  geiste  dir ,  dafs  dem  gedächtni 
Nichts  entfalle,  nachdem  du  vom  lieblichen  schlununer  erwacht  b 
Also  sagte  der  Traum,  und  entwandelte  von  Agamemnon^ 
Welcher  im  geist  nachsann ,  was  nie  zur  Vollendung  bestimmt  v 

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ZWEITER  GESANG«^  31 

Denn  er  Jbofte  noch  heut  des  Priamos  Stadt  tu  erobern ; 

Thor!  und  erkannte  nicht,  was  Zeus  für  thaten  geordnet« 

Denn  er  beschlo£s  noch  januner  und  angstgeschrei  xu  erregen 

Troern  zugleich  und  Achaiern  im  unge6tüme  der  feldschlacht»     40 

]ezo  erM^cht'  er  vom  schlaf,  noch  umtönt  von  der  göttlichen  stimme  ; 

Seite  sich  aufrecht  hin,  und  zog  das  weiche  gewand  an, 

Sauber  und  neugewirkt,  und  warf  den  mantel  darüber; 

Unter  die  glänzenden  fufs'  auch  band  er  sich  stattliche  solen ; 

Hängte  sodann  am  die  schultet  dasschwert  voll  silberner  buckeln;  45 

Nahm  auch  den.  lierscherstab ,  den  ererbeten,  ewiger  dauer; 

Wandelte  dann  zu  den  schüfen  der  erzumschirmten  Achaier. 

Eos  aber,  die  göttin,  erstieg  den  hohen  Olympos, 
Dafs  sie  das  licht  ansagte  dem  Zeus  und  den  anderen  göttern- 
Vnd  er  gebot  herolden  von  hell  austönender  stimme ,  50 

King«  lur  versannmlung  zu  rufen  die  hauptumlokten  Achaier. 
Tönend  ruften  sie  aus,  und  flugs  war  die  menge  versanmielt. 

Einen  rath  tuerst  der  erhabenen  ältesten  sezt'  er, 
Am  nestorischen  schiffe ,  des  herschenden  greises  von  Pylos , 
Vor  den  versanmnelten  nun  entwarf  er  die  weise  berathung:         55 
Frcunde,vernehmt;  mir  erschien  ein  göttlicherTraumin  demichlummer 
Durch  die  ambrosische  nacht;  und  ganz  dem  erhabenen  Nestor 
War  an  wuchs  und  gröfs'  und.  gestalt  er  wunderbar  ähnlich, 
Kcser  trat  mir  zum  haupt ,  und  redete ,  also  beginnend : 
Wilummerst  du,  Atrcus  söhn,  des  feurigen  rossebezähmcrs ?        60 
deinem  richter  gebührts  die  ganze  nacht  zu  durchschlumm^rn , 
**ni  rur  hut  sich  die  völker  vertraut,  und  so  mancherlei  oblicijt. 
Auf,  nun  höre  mein  wort  j  ich  komm*  ein  böte  Kronion* , 

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31  ILIAÄ 

Der  dich  sehr,  auch  ferne,  begünstiget,  dein  sich  erbarmend. 
Rüsten  heifst  er  zur  Schlacht  die  hauptumlokten  Achaler,  6. 

Alle  geschaart;  denn  jezo  sei  leicht  dir  bezwungen  der  Troer 
Weitdurchwanderte  Stadt.     Nicht  mehr  zwiefaches  entschlusses 
Sein  die  olympischen  götter;  bewegt  schon  habe  sie  alle 
Here  durch  {lehn;  und  hinab  auf  Ilios  schwebe  verderben 
Hoch  von  Zeus.     Du  merk'  es  im  geiste  dir.  —  Dieses  geredet ,   ») 
Schwand  er  iiti  fluge  hinweg;  und  der  liebliche  Schlummer  vcrliefs  micli 
Auf,  ob  vielleicht  uns  zu  rüsten  gelingt  die  m'mner   Athaia*s! 
Selber  zuerst  durch  worte  versuch'  ich  sie,  wie  es  gebrauch  ist, 
Und  ermahne  zur  flucht  in  vielgeruderten  schiffen: 
Ihr  dann,  anderswo  andre,  bewegt  zu  verweilen  die  völker.       T 

Also  redete  jener ,  und  sezte  sich.     Wieder  erhub  sich 
Nestor,  welcher  gebot  in  Pylos  sandigen  Auren  ; 
Dieser  begann  wohlmeinend,  und  redete  vor  der  Versammlung j 

Freunde,  des  volks  von  Argos  erhabene  Pursten  und  pfleget, 
Hätte  von  solchem  träum  ein  anderer  mann  uns  erzählet;  { 

'    Lug  wohl  nennten  wir  ihn ,  und  sonderten  uns  mit  Verachtung, 
Doch  ihn  sah,  der  den  ersten  im  Danaervolke  sich  rühmet. 
Auf,  ob  vielleicht  uns  zu. rüsten  gelingt  die  männer  Achaia's! 

Als  er  solches  geredet,  da  schied  er  zuerst  aus  dem  rathkrei 
Kings  dann  standen  sie  auf,  dem  völkerhirten  gehorchend,  I 
Alle  bezepterten  fursten.  Heran  dort  stürzten  die  völker. 
Wie  wenn  schaaren  dfer  bienen  daherziehn,  dichtes  gewimmeis, 
Aus  dem  gehöhleten  fels  in  beständigem  schwärm  sich  erneuend 
Jezt  in  trauben  gedrängt  umfliegen  sie  blumen  des  lenzes ; 
Andere  hier  unzählbar  entflogen  sie,  andere  dortliin: 

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ZWEITER  GESANG.  33 

Also  zogen  gedrängt  von  den  schiffen  daher  und  gezelten 

Rings  unzählbare  völker  am  rand  des  tiefen  gestades 

Sc  haar  an  schaar  zur  versanunlung.     Entbrannt  in  der  mitte  war  Ossa, 

Welche,  die  botin  Zeus,   sie  beschleunigte;  und  ihr  gewiihi  wuchs. 

Weit  nun  hdUte  der  markt,  und  es  dröhnete  drunten  der  boden,     95 

Als  sich  das  volk  hinsext';  und  getös  war.     Doch  es  erhüben 

Neun  Herolde  den  ruf,  und  hemmeten,   ob  vom  geschrei  sie 

Ruheten,  und  anhörten  die  gottbeseligten  herscher. 

Kaum  «afs  endlich  das  volk,  und  hielt  die  gereiheten  size; 

Und  es  verstummt'  ihr  getön.   Da  erhub  sich  der  held  Agamemnon,  100 

Haltend  den  herscherstab,  den  mit  kunst  Hefa^tos  gebildet. 

Diesen  gab  Hefastos  dem  waltenden  Xeus  Kronion  ; 

Hierauf  gab  ihn  Zeus  dem  bestellenden  Argoswürger ; 

Hemies  gab  ihn,  der  herscher,  dem  ro&sebändiger  Pelops; 

Wieder  gab  ihn  Pelops  dem  völkerweidenden  Atreus;  105 

Dann  liefs  Atreus  ihn  sterbend  dem  -lämmerreichen  Thyestes ; 

Aber  ihn  liefs  Thyestes  dem  held  Agamemnon  zu  tragen, 

Viel  eilande  damit  und  Argos  reich  zu  beherschen. 

Hierauf  lehnte  sich  jener ,  und  sprach  die  geflügelten  worte  : 

Freund',  ihr  beiden  des  Danaerstamms ,  o  genossen  des  Ares,  iio 
Hart  hat  Zeus  der  Kronid'  in  schwere  schuld  mich  verstricket ! 
Grausamer!  welcher  mir  einst  mit  gnädigem  winke  gelobet, 
Heimxugehn  ein  vertilger  der  festummauerten  Troja. 
Aber  verderblichen  ti^g  beschlofs  er  jezo ,  und  heifst  mich 
Ruhmlos  kehren  gen  Argos,  nachdem  viel  volks  mir  dahinstarb.  115 
Also  gefällts  nun  wohl  dem  hocherhabnen  Kronion, 
Der  schon  vielen  stitdten  das  haupt  xu  bodcn  geschmettert, 

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Homers  Ilias.    I.  Band.  C 


34  ILIAS. 

Und  noch  schmettern  es  wird ;    denn  sein  ist  siegende  alimacht. 
Schande  ja  daucht  es  und  höhn  noch  spätem  ge schlecht  xu  vernehmen, 
Dafs  so  umsonst  ein  solches ,  so  grofses  volk  der  Achaier  120 

Niemals  frommenden  streit  rastlos  fortstreitet  und  kämpfet 
Gegen  mindere  feind*,  und  noch  kein  ende  zu  sehn  ist. 
Denn  wofern  wir  wünschten,  Achaier  zugleich  und  Troer, 
Treuen  bund  uns  schwörend,   die  zahl  zu  wissen  von  beiden; 
Erst  zu  erlesen  die  Troer,  so  viel  dort  eigenes  heerdes;  125 

Wir  dann  ordneten  uns  je  zehn  und  zehn,  wir  Achaier, 
Einen  mann  der  Troer  für  jegliche  wählend  zum  schenken: 
Viele  der  zehenden  wohl  entbehreten ,  mein'  ich ,  des  schenken. 
So  weit  daucht  mir  gröfser  die  zahl  der  edlen  Achaier, 
Als  dort  wohnen  der  Troer  in  Ilios.     Aber  genossen  130 

Sind  aus  vielen  der  städt'  auch  lanzenschwingende  männer, 
Deren  macht  miir  verwehrt,  und  nicht,  wie  ich  wollte,  gestattet, 
Ilios  auszudlgen,  die  Stadt  voll  prangender  häuser. 
Sind  doch  bereits  neun  jähre  des  grofsen  Zeus  uns   vergangen. 
Und  schon  stokt  den  schiffen  das  holz,  und  die  seile  vermodern ;   135 
Unsere  weiber  indefs  und  noch  unmündigen  kinder 
Sizen  daheim,  und  schmachten  nach  uns:  wir  aber,  umsonst  hier, 
Endigen  nimmer  das  werk ,  um  dessenthalb  wir  gekommen. 
Auf  demnach,  wie  ich  rede  das  wort,   so  gehorchet  mir  alle: 
Lafst  uns  fliehn  in  den  schiffen  zum  lieben  lande  der  väter;       140 
Nie  erobern  wir  doch  die  weitdurchwanderte  Troja! 

Jener  sprachs ;  und  allen  das  herz  im  busen  bewegt'  er , 
Ringsumher  in  der  menge,    die  nicht  anhörten  den  rathschlufs. 
Rege*nun  ward  die  Versammlung ,  wie  schwellende  wogen  des  meere* 

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ZWEITER  GESANG.  35 

Aufdcrikarischen  flut,  wann  hoch  iie  der  o$t  und  der  sUdwind    145 
Aufsiü'rmt,  schnell  dem  gewölke  des  donnerers  Zeus  sich  entstürzend 
Wie  wenn  der  kommende  west  unemnefsHche  saaten  erreget. 
Zückend  mit  ungestüm ,  und  hinabbeugt  wallende  ähren  : 
So  war  ganz  die  Versammlung  in  aufruhr.     Hin  mit  geschrei  nun 
Stürzte  das  volk  zu  den  sshifFen ;  empor  stieg  unter  dem  fufstritt  150 
finsterer  staub  in  die  luft ;  sie  ermunterten  einer  den  andern , 
Aniugrcifen  die  schiff',  und  zu  7.iehn  i«  die  heilige  meerflut. 
Und  man  räumte  die  graben ;  es  scholl  gen  himmel  der  heimwärts 
Strebenden  ruf;    und  den  schiffen  entzog  man  die  stUzenden  balken. 
Jcio  geschah  den  Argeiern  auch  troz  dem  schiksal  die  heimkehr,  155 
Hätte  nicht,  zur  Athene  gewandt,  so  Here  geredet: 

Weh  mir ,  des  ägiAerschütternden  Zeus  unbezwungene  tochter ! 
Also  sollen  nun  heim  zum  lieben  lande  der  väter 
.\rgOi  Völker  entfliehn  auf  weitem  rücken  des  mecres  ? 
Licfic  man  so  dem  Priamos  rühm ,  und  den  troischen  männern  160 
Helena,  Argos  kind ,  um  welche  so  viel  der  Achaier 
Hin  vor  Troja  gesunken,  entfernt  vom  vatergefilde? 
Handele  gleich  in  das  heer  der  erzumschirmten  Achaier! 
Hemme  da  jeglichen  mann  durch  sAmeichelnde  red',  und  verbeut  ihm 
Nicht  zu  ziehen  ins  meer  die  zwiefachrudernden  schiffe !  165 

Jene  sprachs;   ihr  gehorchte  die  herstherin  Pallas  Athene. 
Stürmendes  Schwungs  entflog  sie  den  felsenhöhn  des  Olympos ; 
Sdincll  erreichte  sie  dann  die  rüstigen  schiffe  Achaia  s. 
Jtio  fand  sie  Odysscus ,  an  rathschlufs  gleich  dem  Kro.nion , 
S^ehn;  und  nicht  an  sein  schif,  das  schön gebordete  schwarze,     170 
führet'  er,  weil  ihm  der  gram  in  herz  und  seele  gedrungen. 


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36  ILIAS- 

Nahend  redete  Zeus  blauäugige  tochter  Athene  t 

Edler  Lasrtiad',  erfindungsreicher  Odysseus, 
Also  wollt  ihr  nun  heim  zum  lieben  laiide  der  vater 
Flichn,  ihr  alle  gestürzt  in  vielgeruderte  schiffe?  175 

Liefset  ihr  so  dem  Priamos  rühm,  und  den  troischen  männern 
Helena ,  Argos  kind ,  um  "welche  so  viel  der  Achaier 
Hin  vor  Ttoja  gesunken,  entfernt  vom  vatergcfilde? 
Wandele  gleich  in  das  heer  der  Danaer,  nicht  so  gezaudert I    i*J^ 
Hemme  da  jeglichen  mann  durch  schmeichelnde  red' ,  und  verbeut  ihm, 
Nicht  xu  ziehen  ins  meer  die  twiefachrudernden  schiffe  ! 

Jene.sprachs;  da  erkannte  der  held  die  stinmie  der  götrin. 
Schnell  abwerfend  den  mantel^  enteilet'  er;  aber  den  mantel  ^ 

Hob  Eurybates  auf,  sein  herold ,   der  ihm  gefolgt  war. 
Jener,  wie  Atreus  sehn  Agamemnon  g^gen  ihn  herkam,  185 

Nahm  ihm  den  herscherstab ,  den  ererbeten,  ewiger  dauer; 
Hiermit  durcheilt'  er  die  schiffe  der  erzumschirmten  Achaier. 

Welchen  der  könige  nun  und  edleren  männer  er  antraf, 
Freundlich  hemmt'  er  diesen,  mit  schmeichelnden  Worten  ihm  nahend  : 

Seltsamer,  nicht  dir  geziemts,  wie  ein  feiger  mann,  zu  verzagen !  190 
Siz'  in  ruhe  du  selbst,  und  heifs  auch  ruhen  die  andern! 
Denn  noch  weifst  du  ja  nicht,  wie  der  Atreione  gesinnt  sei. 
Jezo  vielleicht  versucht  er,  und  züchtiget  bald  die  Achaier. 
Penn  nicht  all'  im  rathe  vernahmen  wir,  was  er  geredet. 
Dafs  nicht  entbrenne  sein  zorn,  und  wüte  durchs  heer  der  Achaier  !   195 
Furchtbar  ist  der  eifer  des  gottbeseligten  königs ; 
Seine  ehr*  ist  von  Zeus ,  und  ihn  schirmt  Xeus  waltende  vorsieht. 

Welchen  mann  des  Volkes  er  sah,  und  schreiend  m^o  antraf,' 

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;5WEITER  GESANG.  37 

Diesen  schlug  scjin  xepter ,  und  laut  bedrohte  das  wort  ihn  s 

Seksamer ,  lege  dich  nicht ,  und  hör'  auf  anderer  rede ,       oqo 
Die  mehr  gehen  denn  Du !  Unkriegerisch  bist  du  und  kraftlos , 
Nie  auch  weder  im  kämpf  ein  gerechneter ,  noch  in  dem  rathe ! 
Nicht  wir  alle  zugleich  sind  könlge  hier,  wir  Achai^r! 
Niemals  froxmnt  vielherschaft  im  volk;  nur  einer  sei  herscher, 
Bner  könig  allelu,  dem*  der  söhn  des  verborgenen  Kronos         aoj 
Zepter  gab  und  gesexe,  dafs  ihiti  die  obiergewalt  sei. 

Also  durchberscht'  er  das  beer,  und  ordnete ;  drauf  zur  Versammlung 
Stiimeo  die  vöUcer  zu^ük,  von  den  scbiflFen  daher  und  gezclten, 
LcimvoU:  wie  wenn  die  woge  des  weitaufrauschenden  meere« 
Hoch  an  das.  felsengcstad'  anbrüllt,  und  die  stürmende  flut  hallt,  210. 

Alles  safs  nun  ruhig,  und  hielt  die  gereiheten  «i^ej 
Nur  Thersites  erhob  sein  zügelloses  geschrei  noch: 
Dessen  herz  mit  vielen  und  thörichten  worden  erfüllt  war. 
Immer  verkehrt,  nicht  der  Ordnung  gemäfs,  mit  den  fürsten  zu  hadern; 
Wo  ihm  nur  etwas  erschien^  das  lächerlich  vo^  den  Argelern    213. 
Wk'rc-     Der  häfslichste  mann  vo?  Ilios  war  er  gekommen: 
Schielend  war  er ,  und  lahm*  ^m  anderen  fufs ;  und  die  schulter]> 
Höckerige  gegen  die  brüst  ijim  geengt,  und  oben  erhub  sich 
Spiz  sein  h^upt,   auf  der  Scheitel  niit  dünnlicher  wolle  besäet^ 
»  Widerlich  war  er  vor  allen  des  Peleus  söhn*  und  Oclysseus;       22a 
Denn  sie  lästert*  er  stets.     Do^h  jezt  Agameninpn  dem  herscher 
KrciKht  er  hell  entgegen  mit  Schmähungen,    Rings  di^  Achaiei 
Zürnten  ihm  heftig  empört ,  und  ärgerten  sich  in  der  secle. 
Aber  der  lästerer  schalt  mit  lautern  geschrei  Agamemnoni : 

Atreus  söhn,  was  klagst  du  denn  nun,  und  w^ien^  Jjf  darfst  du  ?  225 


38  ILIAS. 

Voll  sind  dir  von  era  die  gezelt*,   und  viele  der  \Mciber 
Sind  in  deinen  gexelten ,    erlesene ,  die  wir  Achaier 
Immer  xuerst  dir  schenken ,  vom  raub*  eroberter  stadte. 
Mangelt  dir  auch  noch  gold ,  das  ein  rossebezähmender  Troer 
Her  aus  Ilios  bringe,  xum  lösungswerthe  des  sohnes,  230 

Welchen  ich  selbst  in  banden  geführt ,  auch  sonst  ein  Achaier  ? 
.Oder  ein  jugendlich  weib  ,  ihr  beizuwohnen  in  wollust, 
Wann  du  allein  in  der  stille  sie  hegst?  Traun,  wenig  geziemt  e«, 
Führer  xu  sein ,  und  in  Jammer  Achaia's  söhne  xu  leiten ! 
Weichlinge,  xag* und  verworfen,  AchaiVinnen,  nitht  mehr  Achaier !  235 
Lafst  doch  heim  in  den  schiffen  uns  gehn ,    und  diesen  vor  Troja 
Hier  an  ehrengeschenken  sich  sättigen,  dafs  er  erkenne, 
Ob  auch  wir  mit  thatep  ihm  beistehn,  oder  nicht  also! 
.Hat  er  Achilleus  doch,  den  weit  erhabneren  krieger, 
Jexo  entehrt ,  und  behält  sein  geschenk  ,  das  er  selber  geraubet !  x|o 
Aber  er  hat  nicht   gall*  in  der  brüst,  der  träge  Achilleus! 
Oder  du  hättest,  Atreide,  das  lextemal  heute  gefrevelt! 

Also  schalt  Thersites  den  hirten  des'  volks  Agamemnon, 
Atreus  söhn.     Ihm  nahte  sofort  der  edle  Odysseus; 
Finster  schaut  er  auf  jenen ,  und  rief  die  drohenden  worte ;        245 

'  Thörichter  schwäxer  Thersites,  obgleich  ein  tönender  redner, 
Schweig',  und  enthalte  dich,  immer  allein  mit  den  fiirsten  xu  hadern  ! 
Denn  nicht  mein*  ich ,  dafs  irgend  ein  schlechterer  mensch  wie  du  selber 
Wandle ,  so  viel  herzogen  mit  Atreus  söhnen  vor  Troja ! 
Nie  drum  nenne  dein  mund  die  könige  vor  der  Versammlung !  25© 
Nicht  mit  Schmähungen  schreie  sie  an,  noch  hiur*  auf  die  heimfahrt ! 
Denn  noch  wissen  wir  nicht,  wohin  sich  wencJ(ebyöS30sache : 


ZWEITER   GESANG.  39 

Ob  wir  zum  glük  heimkehren,  wir  Danaer,  oder  zum  unglük. 
Siie«  du ,  Atreus  söhn  ,  den  hirten  des  volks  Agamemnon , 
Darum  zu  schmähn  alhier ,  weil  Ihm  die  helden  Achaia  s  255 

Schäle  so  reichlich  geschenkt,  und  lästerst  ihn  vor  der  Versammlung? 
Aber  ich  sage  dir  an,   und  das  wird  wahrlich  vollendet! 
Find'  ich  noch  Einmal  dich  vor  Wahnsinn  toben ,  wie  jezo ; 
Dann  soll  Odysseys  haupt  nicht  länger  stehn  auf  den  schultern, 
Dinn  soll  keiner  hinfort  des  Telemachos  vater  mich  nennen :       260 
Wenn  ich  nicht  dich  ergreif,  und  jedes  gewand  dir  emreifse, 
Deinen  mantel  und  rok,  und  was  die  schäm  dir  umhüllet, 
Ind  mit  lautem  geheul  zu  den  rüstigen  schiffen  dich  sende. 
Aus  der  versanunlung  gestäupt  mit  schmählichen  geifselhieben!  264 
Sprachs,  und  rasch  mit  dem  zepter  den  rücken  zugleich  und  dieschultern 
Schlug  er,  da  wand  sich  jener,  und  häufig  stürzt  ihm  die  thrane, 
f  ne  striem*  erhub  sich  mit  blut  aufschwellend  am  rücken 
l^nter  dem  goldenen  stab*.     Er  sezte  sich  nun,  und  bebte. 
Murrend  vor  schmerz,  mit  entstelltem  gesicht,  und  wischte  die  thrän*  ab. 
J^ing«,  wie  traurig  man  war ,  doch  lachten  sie  herzlich  um  jenen.  270 
Alio  ledete  mancher,  gewandt  zum  anderen  nachbar: 

Traun,  gar  vieles  bereits  hat  Odysseus  gutes  vollendet, 
Heilsamen  rath  zu  reden  berühmt ,   und  schlachten  zu  ordnen ; 
Abcranjezt  vollbracht'  er  das  treflichste  vor  den  Argeiern, 
Oafs  er  den  ungestümen  und  lästernden  redner  geschweiget !       275 
*hwerlich  möcht'  er  hinfort,  wie  das  mutige  herz  ihn  auch  antreibt, 
»^iderdic  könige  sich  mit  schmähenden  Worten  empören! 

Also  das  volk.     Da  erhub  sich  der  städteverwüster  Odysseus , 
Haltend  den  herscherstab :  und  neben  ihm  Pallas  Athene. ^t 


40  ILIAS. 

Gleich  an  gestalt  dem  herold  ,  gebot  stillschweigen  den  völkcrn :  280 
Dafs  die  nächsten  zugleich  und  die  äufsersten  männer  Achaia'i 
Hörten  des  redenden  wort,  und  wohl  nachdachten  dem  rathe. 
Jener  begann  wohlmeinend,  und  redete  vor  der  versamnrtung: 

Atreus  söhn,  nun  bereiten  die  Danaer  dir,  o  gebietet, 
Hohn  und  schmach  vor  allem  geschlecht  viellautiger  menschen; 
Und  vollenden  dir  nicht  die  verheifsungen ,  die  man  gelobet,    286 
Als  man  hieher  dir  folgt*  aus  der  rossenährenden  Argos: 
Heimzugehn  ein  vertilger  der  festummauerten  Troja. 
Denn  wie  die  zartesten  kinder  sogar,  und  verwittwetc  weiber, 
Klagen  sie  dort  einander  ihr  leid ,  und  jammern  um  heimkehr.  290 
Freilich  ringt  wohl  jeder,   wer  triibsal  duldet,  nach  heimkehr. 
Denn  wer  auch  Einen  mond  nur  entfernt  ist  seiner  gemahlin. 
Weilet  ja  schon  unmutig  am  vielgeruderten  schiffe , 
Welches  der  winterndc  stürm  Aufhält,  und  des  meeres  empörung. 
Doch  uns  ischwand  das  neunte  der  rollenden  jähre  vorüber,       295 
Seit  wir  alhier  ausharren.     Ich  tadele  nicht  die  Achaier , 
Dafs  man  traurt  bei  den  schiffen,  und  heimstrebt.     Aber  es  war*  uns 
Schandbar  doch ,  die  so  lange  geweilt ,  leer  wiederzukehren ! 
Duldet ,  o  freund',  und  harrt  noch  ein  weniges ,  da£s  wir  erkennen , 
Ob  uns  Wahrheit  vom  Kalchas  enthüllt  ward,  oder  nicht  also.  300 
Denn  wohl  denken  wir  jenes  im  geiste  noch ,    und  ihr  bezeugt  es 
Alle,  die  nicht  wegführten  die  graulichen  Keren  des  todes. 
Gestern  wars,  wie  mir  daucht,  da  sich  unsere  schiffe  bei  Aulis 
Sammelten ,  böses,  zu  bringen  dem  Priamos  selbst  und  den  Troern. 
Kingsher  opferten  wir  den  unsterblichen,  dort  um  den  sprudel,  305 
Auf  geweihten  altären  vollkommene  festheJcjitOjiji^g^QQj^ 


ZWEITER  GESANG.  41 

Unter  des  ahorns  grün ,    wo  entsprang  das  blinkende  wasser. 

Sich,  und  ein  zeichen  geschah.     Ein  purpurschuppiger  drache , 

Gräulich  zu  schaun ,  den  selber  ans  licht  der  Olympier  sandte , 

Urnen  entschlupft  dem  altar,  fuhr  schlängelnd  empor  an  dem  ahorn.  3 10 

Alda  ruhten  im  neste  des  sperlinges  nackende  kindlein , 

Oben  auf  schwankendem  ast,  und  schmiegten  sich  unter  den  blättern, 

Acht;  und  die  neunte  war  der  vögelchen  brütende  mutter. 

Jener  nunmehr  verschlang  die  kläglich  zwitschernden  alle; 

Nur  die  mutter  umflog  mit  jammernder  klage  die  kindlein.        315 

ßis  er  das  haupt  hindreht' ,   und  am  flügei  die  schreiende  haschte. 

Aber  nachdem  er  die  jungen  verzehrt ,  und  das  weibchen  des  Sperlings ; 

Stellte  zum  wunderzeichen  der  gott  ihn,  der  ihn  gesendet: 

Denn  lum  stein  erschuf  ihn  der  söhn  des  verborgenen  Kronos. 

^ir  nun  standen  umher,  und  stauneten  ob  der  erschein ung,     320 

^Me  doch  so  furchtbares  graun  eindrang  in  der  himmlischen  opfer. 

Jchleunig  vor  allem  volk  weissagete  Kalchas  der  seher: 

Karum  steht  ihr  verstummt ,  ihr  hauptumlokten  Achaier  ? 

Inj  erschuf  dies  wunder  der  macht  Xeus  waltende  vorsieht, 

V*^  von  dauer ,  und  spät  erfüllt ,  zu  ewigem  nachruhra !  315 

Gleichwie  jener  die  jungen  verzehrt,  und  das  weibchen  des  Sperlings, 

Acht:  und  die  neunte  war  der  vögelchen  brütende  mutter: 

Aljo  werden  wir  dort  neun  jähr'  auch  kriegen  um  Troja » 

Öoch  im  zehnten  che  Stadt  ^oU  prächtiger  gassen  erobern. 

Sc  weissagete  jener;  und  nun  wird  alles  vollendet.  330 

Ajtdenn,  bleibt  mit  einander,  ihr  hellumschicnten  Achaier, 

*i:er  nun ,  bis  wir  gewonnen  des  Priamos  thürmende  vestc ! 

Jener  sprachs ;  auf  schrieen  die  Danaer  laut,  p.(^n^c|y*imher  s'choll 


42  ILIAS» 

Ungestüm  von  den  schiffen  das  jubelgetön  der  Achaicr,) 

Alle  das  wort  hochpreisend,  des  göttergleichen  Odysscus.  335 

Drauf  vor  jenen  begann  der  gereni&thc  reisige  Nestor: 

Götter !  ja  traun  ihr  redet  wie  knäbelein  hier  in  Versammlung, 
Die  unmiUndig  noch  nichts  um  thaten  des  kriegs  sich  bekümmern ! 
Wo  die  verheifsungön  nun,  wo  unsere  heiligen  schwüre? 
Soll  denn  in  rauch  aufgehen  der  rath,  und  die  sorge  der  männer,  340 
Opfer  des  lauteren  weins,  und  der  handschlag,  dem  wir  vertrauet? 
Denn  mit  eiteler  rede  ja  zanken  wir;  und  es  erscheint  nicht 
Ausgang  irgend  noch  rath ,  wie  lange  wir  hier  auch  verweilen ! 
Atreus  söhn,  du  künftig,  wie  vor,  unerschüttertes  herzens , 
Führe  der  Danaer  volk  durch  tobendes  waffengetüimnel.  345! 

Aber  dahin  lafs  schwinden  die  einzelen,  welche  gesondert 
Etwa  von  uns  rathschlagen ,  (denn  nie  wird  solchen  crfüUung!) 
Heim  gen  Argos  zu  kehren,  bevor  vom  Agiserschüttrer 
"Wir  erkannt,  ob  er  teuschung  gelobete,  oder  nicht  also. 
Denn  ich  sag',  uns  winkte  der  hocherhabne  Kronion  350 

Jenes  tags ,  da  wir  traten  in  meerdurchgleitende  schiffe ,  ! 

Argos  volk,  die  Troer  mit  mord  und  verderben  bedrohend: 
Rechtshin  zukte  seilt  bliz,  ein  heilweissagendes  Teichen  I 
Drum  dafs  keiner  zuvor  wegstreb'  und  trachte  zur  heimkehr, 
Eh  er  alhier  mit  einer  der  troischen  frauen  geruhet,  353 

Eh  er  gerächt  der  Helena  angst  und  einsame  Seufzer! 
Sehnt  sich  einer  indefs  so  gar  unbändig  nach  heimkehr; 
Wagt'  er  mirs,  sein  schwarzes  gebogenes  schiff  zu  berühren: 
Dafs  er  zuerst  vor  allen  den  tod  und  das  schiksal  erreiche! 
Sinne  denn  selbst,  o  kÖnig,  auf  rath,  und  hör* ihn  von  andern.  360 


ZWEITER  GESANG,  43 

Kkht  wird  dir  verwerflich  das  wort  sein ,  welches  ich  rede. 
Sondere  rings  die  männer  nach  stamm  und  ge&chlecht ,  Agamemnon : 
Daus  ein  geschlecht  dem  geschlecht  beisteh',  und  stamme  den  stammen. 
Thijst  du  das,  und  gehorchen  die  Danaer  dir;  so  erkennst  du, 
Wer  von  den  führern  des  heers  der  feigere,  wer  von  den  Völkern,     365 
Und  wer  tapferer  sei;  denn  es  kämpft  dann  jeder  das  seine. 
Auch  erkennst  du ,  ob  göttergewalt  die  eroberung  hindert , 
Oder  des  heers  feigheit,  und  mangelnde  kriegserfahrung. 

Ihm  antwortete  drauf  der  völkerfürst  Agamemnon; 
IVahrlich  im  rath  besiegst  du,  o  greis,  die  männer  Achaia's.     370 
Wenn  doch,  o  vater  Zeus,  und  Pallas  Athen',  und  Apollon, 
Noch  lehn  andre  räthe,  wie  du,  mir  \vären  im  volke? 
Bild  dann  neigte  sich  uns  desherschenden  Priamos  vestc, 
l-tcr  unseren  bänden  besiegt  und  zu  boden  getriimmert !  - 
hhtx  Zeus  Kronion  der  donne^er  sandte  mir  unheil ,  375 

Der  in  ein  eitles  gewirr  von  hader  und  zank  mich  verwickelt. 
Denn  ich  selbst  und  Achilleus  entzweiten  uns,  wegen  des  naägdleins , 
M  t  feindseligen  worten ;  ich  aber  begann  die  entrüstungf. 
^enn  wir  je  uns  wieder  vereinigen;  traun  nicht  länger 
S  -mt  alsdann  das  verderben  von  Ilios ,  auch  nicht  ein  kleines  5       380 
D'Kh  nun  geht  zum  mahle ;  damit  wir  rüsten  den  angrif, 
*^ühl  bereite  sich  jeder  den  schild ,  wohl  schärf'  er  die  tanze ; 
^^ohi  auch  reich'  er  die  kost  den  ieichtgcschenkclten  rossen; 
^^ohlauchspäh*  er  den  wagen  umher,  und  gedenke  derfeldschlacht: 
Dafs  wir  den  ganzen  tag  im  schreklichen  kämpf  uns  versuchen,     385 
Dinn  nicht  wenden  wir  uns  zum  ausruhn ,  auch  nicht  ein  kleines, 
&e  die  nacht  ankommend  den  n&ut  der  männer  gesondert- ale 


44  IL  I.AS. 

Triefen  von  schweifs  wird  manchem  das  riemengehcnk  um  den  busen  ' 

Am  ringsdeckenden  schild ,  und  starren  die  band  an  der  lante ;  ' 

j 
Triefen  wird  manchenidas  rofs,  vor  den  zierlichen  wagen  gespannet.  391 

Aber  wofern  mir  einer,  der  Schlacht  mit  fleifs  sich  enthaltend, 

Bei  den  geschnäbelten  schiffen  zurükbleibt ;  wahrlicli  umsonst  wird 

Dieser  umher  dann  schaun ,  zu  entfliehn  den  hunden  und  vögeln 

Jener  sprachs ;  auf  schrieen  die  Danaer  laut :  wie  die  meerflut 

Briillt  um  den  hohen  Strand,  wann  d)er  kommende  siid  sie  emporwühl 

Am  vorragenden  fels ,  der  nie  von  wogen  verschont  ist,  39! 

Aller  erhobenen  wind*,  ob  sie  dorthin  wehen,  ob  dorthin. 

Und  aufspringend  enteilte  das  volk,  durch  die  schiffe  zerstreuet; 

Ringsum  dampft*aus  gezelten  der  rauch,  und  sie  nahmen  das  frühmahl 

Andere  opferten  andern  der  ewigwaltenden  götter,  40^ 

Flehend ,  dem  töde  der  Schlacht  zu  entgehn ,  und  dem  toben  des  hrti 

Aber  er  selbst,  Agamemnon  der  heerfürst,  weihte  zum  opfer 

Einen  stier,  fünfjährig  und  feist,  dem  starken  Kronioti. 

Auch  die  ältesten  lud  er,  die  edleren  aller  Achaier  : 

Nestor  zuerst  vor  allen,  Idomeneus  dann,  den  gebiet^r,  A<>\ 

Dann  die  Ajas  bcid',  und  Tydeus  söhn  Diomedes, 

Auch  den .  sechsten  Odysseus ,    an  rathschlufs  gleich  dem  Kronion 

Aber  es  kam  freiwillig  der  rufer  im  streit  Menelaos ; 

Denn  er  erkannt'  im  herzen,  wie  viel  dem  bruder  zu  thun  war. 

Und  sie  umstanden  den  stier,  und  nahmen  sich  heilige  gerste;  4^^ 

Betend  erhub  die  stimme  der  völkerfürst  Agamemnon: 

Zeus,  ruhmwürdig  und  hehr,  seh warx wolkiger,  herscher  des  äthers 

NicHt  bevor  lafs  sinken  die  sonn',    und  das  dunkel  heraufziehn, 

^£h  ich  hinab  von  der  höhe  gestürmt  des  Priamos  wohnung, 


ZWEITER  GESANG.  45 

Dunkel  voh  rauch,  und  die  thorc  mit  feindlicher  flamme  verwüstet ;  415 
Bi  ich  vor  Heklors  brüst  ringsher  zerrissen  den  panxer 
Mit  eindringendem  erx ,  und  häufig  um  ihn  die  genossen , 
Vorwärts  liegend  im  staube,  geknirscht  mit  den  zahnen  das  erdrcich  ! 

Jener  sprachs ;  doch  mitnichten  gewährt'  ihm  solches  Kronion  ; 
Sondern  er  nahm  seinopfer,  und  mehrt'  unermefsliche  drangsal.  420 
Aber  nachdem  sie  gefleht,  und  ^eilige  gerste  gestrei^et; 
Beugten  zurük  sie  den  hals ,  und  schiachteten ,  zogen  die  haut  ab , 
Sondcnen  dann  die  schenke!,  umwickelten  solche  mit  fette 
iN^icfach  umher  9  und  bedekten  sie  dann  mit  stücken  der  glieder. 
Dies  verbrannten  sie  alles,  gelegt  auf  entblätterte  scheiterj  425 

Wendeten  dann  durchspiefst  die  eingeweid'  an  der  flamme. 
AI5  sie  die  schenke!  verbrannt  >  und  die  eingeweide  gekostet ; 
]eit  auch  das  übrige  schnitten  sie  klein ,  und  stektens  an  spiefse , 
Biietcn  sodann  vorsichrig,  und  zogen  es  alles  herunter. 
Aber  nachdem  sie  ruhten  Vom  werk,  und  das  mahl  sich'bereitet ;     430 
Schmamten  sie,  und  nicht  mangelt' ihr  herz  des  gemeinsamen  mahles. 
Aber  nachdem  die  begierde  des  tranks  und  der  speise  gesüllt  war ; 
Jeio  begann  das  gespräch  der  gerenische  reisige  Nestor : 

Atreus  söhn,  ruhmvoller,  du  Völkerfürst  Agamemnon: 
lau  uns  nicht  hier  redend  die  zeit  verlieren,  und  länger  '435 

Kidit  aufschieben  das  werk ,  das  jezo  der  gott  uns  vertrauet, 
•^uf  denn,  und  heifs  ausrufend  die  herold',  aller  Achaier 
^umpanzcrtcs  volk  ringsher  bei  den  schiffen  versanuneln. 
Wrdann  wollen  gesamt  das  weite  heer  der  Achaier 
Wber  durchgehn,  um  in  eile  die  wütende  Schlacht  zu  erregen.     440 

Also  der  greis;  ihm  gehorchte  der  völkerfürst  Agamemnon, 


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46  ILIAS. 

EU*  und  gebot  hcrolden  von  hellaustönender  Ätinifne, 
Rings  in  die  &chlacht  zu  rufen  die  hauptunnlokten  Achaier. 
Tönend  ruften  sie  aus,  und  flugs  war  die  menge  versammelt. 
Jen*  um  den  Atreionen  ,  die  gottbeseligten  herscher ,  44j 

Stürmten  umher  anordnend.     Zugleich/  ging  Pallas  Athene , 
Haltend  die  Ägis  voll  pracht,  unaltemd  stets  und  unsterblich: 
Hundert  zierliche  quäst',  aus  lauterem  golde  geflochten, 
Hingen  daran,  und  vom  werthe  der  hekatombe  war  jeder. 
Hiermit  weithinlcuchtend  durchflog  sie  das  heer  der  Achaier,     45^ 
Trieb  zur  eile  sie  an,  und  rüstete  jegliches  mannes 
Busen  mit  kraft,  rastlos  im  streite  zu  stehn  und  zu  kämpfen. 
Allen  sofort  schien  süfser  der  kämpf,  als  wiederzukehren 
In  den  geräumigen  schiffen  zum  lieben  lande  der  väter. 

Wie  ein  vertilgendes  feuer  entbrennt  in  unendlicher  waldung  45 
Auf  den  höhn  des  gebirgs ,  und  fern  die  flamme  gesehn  wird  : 
Also  dem  wandelnden  heer  von  des  schreklichen  erzes  bewcgung 
Flog  weitleuchtender  glänz  durch  den  äther  empor  zu  dem  himine 

Dort,  gleichwie  der  gevögel  unzählbar  fliegende  schaaren , 
Kraniche,  oder  gäns',  und  das  volk  langhalsiger  schwane,  46 

Ueber  die  asische  wies',  um  Kaystrios  weite  gewässer. 
Hierhin  flattern  und  dorthin ,  mit  freudigem  schwunge  der  fliigcl , 
Dann  mit  getön  absenken  den  flug ,  dafs  weit  das  gefild*  hallt  r 
So  dort  sturiiten  die  schaaren  von  schiffen  einher  und  gezelten 
Auf  die  skamandrische  flur;  und  ringsum  dröhnte  die  erde         4< 
Graun  voll  unter  dem  gang  des  wandelnden  heers  und  der  rosse. 
Jezo  standen  sie  all'  in  der  blumigen  au  des  Skamandros, 
Tauseude ,  gleich  wie  blätt«r  und  knospende  blumen  im  frühling. 

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ZWEITER  GESANG.  47 

Aber  dicht,  wie  der  fliegen  unzählbar  wimmelnde  schaaren 
Kastlos  durch  das  gehege  des  ländlichen  hirten  umherziehn ,     470. 
Im  anmutigen  ienx,  wann  milch  von  den  butten  herabtrieft: 
So  uniählbar  standen  die  hauptumlokteii  Achaier 
Gegen  die  Troer  im  felde,  sie  auszutilgen  verlangend. 

Jeio,  wie  oft  geishirtcn  die  schweifenden  ziegenheerden 
Ohne  müh'  aussondern,  nachdem  sie  sich  weidend  gemischet:  475 
Alio  stellten  die  führet ,  und  ordneten  hierhin  und  dorthin , 
Einzugehn  in  die  schlacht ;  mit  ihnen  der  held  Agamemnon , 
Gleich  an  äugen  utid  haupt  dem  donnerfiohen  Kronion  , 
Gleich  dem  Ares  an  gurt ,  und  an  hoher  brüst  dem  Poieidon, 
So  wie  der  stier  in  der  heerd*  ein  herlicher  wandelt  vor  allen ,    480 
Mtnnlich  stolz ;  denn  er  ragt  aus  den  rindern  hervor  auf  der  weide: 
Aho  verherlichte  Zeus  an  jenem  tag*  Agamemnon , 
ßit  er  hoch  aus  vielen  hervorschien  unter  den  beiden. 

Sagt  mir  anizt ,  ihr  Musen  ,   olympische  höhen  bewohnend  : 
Denn  ihr  seid  göttinnen ,  und  wart  bei  allem ,  und  wifst  es ;     485 
Unser  wissen  ist  nichts,  wir  horchen  allein  dem  gerüchte: 
Weiche  waren  die  Fürsten  der  Danaer,  und  die  gebieter? 
Nie  vermocht'  ich  das  volk  zu  verkündigen ,  oder  zu  nennen  ; 
Wären  mir  auch  zehn  kehlen  zugleich,  zehn  redende  ziingen, 
W^ü'  unzerbrechlicher  laut ,  und  ein  ehernes  herz  mir  gewähret :    490 
Wenn  die  olympischen  Musen  mir  nicht,  des  Agiserschüttrers 
Tchter  die  zahl  ansagten,  wie  viel  vor  Ilios  kamen. 
Dmm  die  ordner  der  schiffe  genannt,  und  die  sämtlichen  schiffe. 

Führer  war  den  Booten  Peneleos,  Leitos  fiihrer, 
Arkeälaos  zugleich ,  und  Klonios ,  samt  Prothoenor.  495 

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48  ILIAS, 

Alle,  die  Hyrie  rings,  und  die  felsige  AuUs  bewohnten, 

Schönos  auch,  und  Skolos,  und. windende  thal'  Eteonos, 

Dann  Thespeia ,  und  Gräa ,  und  weit  die  aun  Mykalessos ; 

Auch  die  Harma  umwohnten,  Eilesion  auch,  und  Erythrä, 

Auch  die  Eleon  sich,  und  Pcteon  bauten,  und  Hylc,  50c 

.Rings  Okälea  dann,  und  Medeons  prangende  gasscn, 

Kopä ,  Eutresis  sodann ,  und  die  taubenumflatterte  Thisbe ; 

Die  Koroneia  umher,  und  die  grasgefild*  Haliaitos, 

Die  Platäa  gebaut,  und  die  in  Glisas  gewohnet, 

Die  umher  Hypothebe  bewohnt  in  stattlichen  häusern,  50^ 

Auch  Onchestos,   wo  pranget  der  hain  um  den  tempel  Poseidons 

Die  dann  Arne  bewohnt  voll  weinhöhn,  auch  die  Mideia, 

Auch  die  heilige  Nissa ,  und  fern  Anthedon  die  grenzstadt: 

Diese  zogen  daher  in  fünfzig  schiffen,  und  jedes 

Trug  der  böotischen  Jugend  erlesene  hundert  und  zwanzig.        51^ 

Die  in  Orchomenos  wohnten,  der  Minyer,  und  in  Aspledon, 
^  Führt'  Askälafos  an ,   und  lalmenos ,  söhne  des  Ares , 
Au«  der  Astyoche  schoofs:  in  der  bürg  des  azeidischen  Aktor 
Stieg  sie*  einst  in  den  söUer  empor,  die  schüchterne  Jungfrau, 
Hin  zum  gewaltigen  Ares,  und  sank  in  geheimer  umarmung.     5'1 
Diese  trug  ein  geschwader  von  dreifsig  gebogenen  schiffen. 

Aber  Schedios  herscht'  und' Epistrofos  vor  den  Fokäem» 

Beide  des  Ifitos  söhne ,  des  naubolidischen  königs : 

Die  umher  Kyparissos  gebaut,  und  die  felsige  Python, 

Auch  die  herliche  Krissa,  und  Panopeus  äcker,  und  Daulis;     5- 

Die  um  Anemoreia,  und  her  um  Hyampolis  wohnten; 

Dann  die  läng«  dem  Kefi«os,  dem  heiligen  «trome,  gehausct; 

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ZWEITER    GESÄNä  49 

Auch  die  Liläa  bestellt ,  bis  hinauf  xum  quell  des  Kefisos : 
Die&e  zogen  einher  in  vierzig  dunkelen  schiffen. 
Jene  stellten  in  reihn  die  fokäischen  männer  umwwdelnd ;         525 
Und  sie  schlössen  sich  links  an  die  manne rschaar  der  Booten. 

Ajas  führte  die  Lokrer,  der  schnelle  söhn  des  Oileus: 
Kleiner,  und  nicht  so  grofs ,  wie  der  Telamonier  Ajas, 
Sondern  geringer  an  wuchs;  doch  klein,  und  im  leinenen  hämisch. 
War  er  geübt  mü  dem  speer  vor  Hellas  volk  und  Achaias.       530 
Alle,  die  Kynos  bewohnt,  KalHaros  auen,  und  Opus", 
Bessa ,  und  Skarfe  umher ,  und  Augeia*s  liebliche  felder , 
Tarfe,  und  Thronios  au,   von  Boagrios  ströme  gewässert: 
Folgeren  jenem  zugleich  in  vierzig  dunkelen  schiffen , 
Lokrer,  die  jenseits  wohnen  dem  heiligen  land*  Eubba.  535 

Dann  die  Euböa  bewohnt,  di^  mutbeseelten  Abanter* 
Chalkis,  Eiretria  dann,  und  Histiäa,  die  wcinflur. 
Auch  Kerinthos  am  meer,  und  Dios  tagende  bergstadti 
Auch  die  Karystos  bewohnt ,    und  in  Styrons  flurerr  gehauset i 
Diese  führt*  Elefenor  zum  kämpf,   der  spröfsling  des  Ares,         540 
Vom  Chalkodon  erzeugt,  heerfürst  der  erhabnen  Abanter. 
Rasch  war  ihm  der  Abanter  geleit,  nachwallendes  haupthaars, 
Schwinger  des  Speers,  und  begierig  mit  ausgestrekter  esche 
Krachendes  panzergeschmeid*  an  feindlicher  brüst  zu  durchschmetterh. 
Deren  folgt'  ein  geschwader  von  vierzig  dunkelen  schiffen.  545 

Dann  die  Aihenä  bewohnt ,  des  hochgesinnten  Erechtheus 
Wohlgebauete  Stadt,  des  königes,   welchen  Athene 
Pflegte,  die  tochter  Xeus,  (ihn  gebar*  die  fruchtbare  erdcf) 
Und  in  Athenä  «ezt*  in  ihren  gefeierten  tempel: 
Homers  Ilias.    I.  Band.  oBzedby  Google 


50  jLIAS, 

Wo  das  herz  ihr  crfreun  mit  geopferten  farren  und  lämmern    550 
Jünglinge  edler  Athener,  in  kreisender  jähre  Vollendung. 
Denen  gebot  anführend  des  Peteos  söhn  Menes^heus. 
Ihm  war  nie  zu  vergleichen  ein  mann  von  den  erdebewohnern , 
Rosse  der  schlacht  zu  ordnen  ,  und  schildgewapnete  männer. 
Nur  wetteiferte  Nestor;  denn  der  war  höheres  alters.  555 

Diesem  folgt'  ein  geschwader  von  fünfzig  dunkelen  schiffen.    * 

Aias  führte  daher  aus  Salamis  zwölf  der  schiffe , 
Stellte  sie  dann ,  wo  in  reihn  der  Athener  schaar  sich  geordnet. 

Dann  die  Argos  bewohnt,  und  die  festummauerte  Tlryns; 
Auch  Hernuone's  port ,   und  Asine's  schifbare  meerbucht ,  ^6t 

Trözen,  Eionä  dann,  und  die  traubengestad'  Epidauros, 
Auch  die  Agina  und  Mases  bewohnt,  die  jungen  Achaier: 
Diesen  gebot  obwaltend  der  rufer  im  streit  Diomedes; 
Sthenelos  auch,  des  Käpaneus  söhn,  des  gepriesenen  heldeti; 
Auch  der  dritte  gebot  Euryalos,  ähnlich  den  göttern,  56 

Er  des  Mekistheus  söhn,  des  taläionidischen  königs. 
Alle  gesamt  dann  führte  der  rufer  im  streit  Diomedes. 
Ihnen  folgt'  ein  geschwader  von  achzig  dunkelen  schiffen. 

Dann  die  Mykenä  bewohnt,  die  Stadt  voll  prangender  häusei 
Auch  die  reiche  Korinthos,  und  schöngebaute  Kleonä;  5-7 

Auch  die  Omeia  bestellt,  und  Aräthyreas  äcker, 
Sikyon  auch,  wo  vordem  der  held  Adrastos  gewaltet, 
Hyperesia  dann,  und  die  felsenstadt  Gonoessa; 
Auch  die  Pellene  gebaut,  und  in  Agion  lings  sich  gesiedelt. 
Und  durch  das  ganze  gestad',  und  Helike's  grünes  blachfcld  t      5- 
FUhrt'  in  hundert  schiffen  der  völkerfiirst  Againemnonr, 

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ZWEITER  GESANG.  S« 

Atreus  söhn.    Ihm  folgte  das  mehreste  volk  und  das  beste 
Htr  zum  snrit ;  und  er  selber ,   in  blendendem  erxe  gerüstet » 
Troite  voran ,  da  er  herlich  hervorschien  unter  den  helden ; 
Weil  er  der  tapferste  war,  und  mit  mehrer^m  Volke  daherzog.  580 

Dann  die  bewohner  der  grofsen  umhügelten  Stadt  Lakedämon , 
Fares  und  Sparta s  zugleich ,  und  der  taubenumflatterten  Messe , 
Und  die  Briseia  bestellt ,  und  Augeia'^  liebliche  felder ; 
Die  in  Amyklä  gewohnt,  auch  Helos  bürger  ,  der  meerstadt, 
Auch  die  Laas  gebaut,  und  Otylos  auen  bestellet:  585 

Deren  fuhrt'  ihm  der  bruder ,  der  rufer  im  streit  Menelaos , 
Sedizig  schüfe  daher;  doch  hielt  gesondert  die  heerschaan 
Aber  er  selbst  durchging  sie ,  dem  eigenen  mute  vertrauend , 
lind  ermahnte  zur  schlacht:  denn  am  heftigsten  brannte  das  herz  ihia. 
Bis  er  gerächt  der  Helena  angst  und  einsame  seufzet.  5^ 

Dann  die  Pylos  bewohnt,  und  die  anmutsvolle  Arene, 
Thnos,  Alfeios  fuhrt,   und  die  schöngebauctc  Apy, 
Auch  die  KypaTisseis  bestellt,  und  Amfigencia« 
heleos  auch,  und  Helos ,  und  Dorion :  dort  wo  die  Musen 
Th^yris  fanden,  den  Thraker,  und  schnelLdes  gesanges  ber^ubteni  595 
Deraus'Ochalia  kam  von  Eurytos,     Denn  sich  vermessend 
Prahh'  er  laut,  zu  siegen  im.  lied',  und  längen  auch  ^dber 
Gegen  ihn  die  Musen ,  des  Agiserschütterers  tochten 
Doch  die  zürnenden  straften  mit  blindheit  jenen ,  und  nahmen 
Ilim  den  holden  gesang ,  und  die  kunst  der  tönenden  harie«      600 
Diesen  herschte  voran  der  gerenische  reisige  Nestor , 
l^nd  ihm  folgt'  ein  geschwader  von  fünfzig  geräumigen  schiffen. 

Die  in  Arkadia  wohnten ,  am  hang  des  kyllenischen  herges  > 

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5»  ILIAS, 

Nächst  dein  äpytischcn  male ,  die  hartandrinjg^endeti  kämpfet  t 
Die  sich  Feneo&  üur ,  und.  Orchomenos  triften  bestellet ,  605 

Kipe,  und  Stratie'^dann ,  und  Enispe's  wehende  gipfel« 
Auch  die  Tegea  «ich,  und  die  schöne  Mantinea  bauten^ 
Auch  die  Stymialos  bezirk,  und  Parrhasias  Auren  bestellet: 
Deren  führt*  Ankäos  gebietender  söhn  Agapenor 
Sechxig  schiffe  daher ;  zahlreich  in  jedes  der  schiffe  6ic 

Traten  arkadische  manner,  gewandt  in  kricgeserfahrung. 
Denn  er  selbst  gab  ihnen >  der  Völkerfürst  Agamemnon, 
Schöngebordete  schiffe,  d^s  dunkele  meer  xu  durchsteuern, 
Atreus  söhn ;  nicht  waren  der  meergeschäfte  sie  kundig. 

Die  Bupräsion  dann,   und  die  heilige  Elis  bewohnten,        6ij 
Wa«  Hyrminc  umher,  und  Myrsinos  äufserste  grenzstadt* 
•Dort  der  oleiiischc  fels,  und  dort  Aleision  einschliefst  i 
Ordneten  vier  heerfürsten  zum  kämpf  und    jeglichem  folgteh 
Xehn  der  hurtigen  schiffe,  gedrängt  voll  edler  Epeien 
Denn  Amfimachos  fuhrt'  und  Thalpios  eine  der  schaartin »  6jI 

Jener  des  Kteatos  söhn,  des  aktorischen  Eurytos  dieser; 
-Dort  war  führet  Diores ,.  der  tapfere  söhn  Amarynkeus ; 
Doch  in  der  vierten  gebot  der  göttliche  held  Polyxeinos , 
Den  Agafthenes  zeugte,  der  augeiadische  könig. 

Was  Dulichiou  baut',  und  die  heiligen  Echinadeni  6^ 

Meereilande,  die  fern  von  Elis  ufer  man  schauet: 
<^Solchcs  ordnete  Meges  zur  Schlacht,  dem  Ares  vergleichbar* 
Fyleus  söhn,  des  erhabnen,  des  gaulbezähmenden  Fyleus, 
Der  gen  Dulichion  einst  auswanderte ,  zürnend  dem  vater. 
Diesem  folgt'  ein  geschwadcr  von  vierzig  dunkclen  *chiffen*        6 

^  •*.  DigitizedbyVjOOQlC 


^WEITER   qESANG,  53 

Aber  Odysseus  fuhrt'  hochherzige  Kefalknci , 
Die  durch  Ithaka.  wohnten,    um  Neritons  rauschende  wäldeF^ 
Die  Krokyleia  bestellt,  und  Agilips  rauhe  gefilde; 
Auch  die  Zakynthos  gebaut ,  und  die  weitbevölkerte  Samos., 
Auch  di^  Epeiros  gebaut,   und  die  gegenküste  bestellet:  635 

Diesen  gebot  Odysseus ,  an  rathschlufs  gleich  dem  Kronion  ; 
Und  ihm  folgt'  ein  geschwader  von  zwölf  rothschnäblichten  schiffen. 

Thoas  fuhrt'  Atoler  zum  streite  der  söhn  des  Andrämon: 
Die  um  Pleuren  gebaut,^ um  Olenos,  und  um  Pylene, 
Auch  um  Chalkis  gestad' ,  und  Kälydons  feLsichte  gegend.  640 

Denn  nicht  lebeten  mehr  von  Oneus  stamm ,  des  erhabnen , 
Noch  er  selbst;  auch  starb  der  bräunliche  held  Meleagros  ;^ 
Dwm  ward  j^nem  vertraut  die  Obergewalt  der  Äfolei ; 
Und  ihm  folgt*  ein  geschwader  von.  vierzig  du^nkelcn  schiffen, 

Rreta's  Jünglinge  führt'  Idömeneus ,  kundig  dqr  lanze :  645 

Alle,  die  Qnossps  bewohnt,  und  die  festummauerte  Gk)rry'n, 
Lyktos  auch ,  und  Miletos ,  und  rings  die  weifse  Lykastos , 
Fastos  und  Rhytios  au<;h».  di^  volkdurchwimmelten  städte. 
Auch  noch  andrq  besteiler  der  hundertburgigen,  Kreta. 
Diöen  herschte,  voran  Idömeneus  kundig  der  lanze ,  65p 

Auch  Meric)nes,  gleich  dem  männcrmoi;denden  Ares. 
Ihnen  folgt'  ein  geschwader  von  achzig  dunkelcn  jchiffen. 

Aber  der  Ucrakleide  Tlepölenws,  grofs  und  gewaltig, 
Fuhn'  in  neun  meerschiffen  der  Rhodier  trozendc  Jugend : 
Welche  die  heilige  Rhodos  umwohmen,  dreifach  geordnet,        €55 
Llndo^,  sarnt  laly&os ,  und  rings  die  weifse  Kamtiros : 
Diesen  herschic  voran  Tlepölemp«,  welchen  die  fürstin      , 


54  ILIAS. 

Astiocheia  gebar  der  hohen  kraft  Herakles. 
Diese  gewann  Herakles  an  Efyrcs  ströme  Selle'is, 
yicle  städi'  austilgend  der  gottbeseligten  männcr.  660 

Aber  Tlepölemos  wuchs  in  Herakles  prangender  wohnung 
Kaum  xum  jiingling  empor,  da  erschlug  er  Likymnios  plöxlich. 
Ihn,  des  Vaters  grauenden  ohm,  den  spröfeling  des  Aresr. 
Schnell  nun  bauet'  er  schiflF*,  und  viel  des  volkes  sich  sammelnd. 
Floh  er  hinweg  auf  das  meer ;  denn  ihm  drohetcn  räche  die  andern,  655 
Söhne  zugleich  und  enkel  der  hohen  kraft  Herakles. 

*  Endlich  kam  er  in  Rhodos,  der  irrende,   kummer  erduldend. 
Dreifach  wohnten  sie  dort  in  stamme  getheilt,    und  gediehen, 
Werth  dem  Teus,   der  gotter  und  sterbliche  menschen  beherschet; 
Segnend  herab  gofs  ihnen  des  reichthums  schäze  Kronion.  670 

Nireus  kam  aus  Syma  mit  drei  gleichschwebenden  schiffen  , 
Nireus,    Chäropos  söhn,  des  herschenden,  und  der  Aglaia; 
Nireus,  schöner  wie  sonst  kein  mann  vor  Ilios  herzog, 
Rings  im  Danaervolk,  nach  dem  tadellosen  Achilleus: 
Doch  unkriegerisch  war  er,  auch  folgetc  klein  ihm  die  heerschaar.  675 
Dann  die  Nisyros  umher ,  und  Krapathos  bauten ,   und  Kaso& , 
Kos,  des  Eurypylos  Stadt,   und  umher  die  kalydnischen  inseln: 
Diesen  gebot  Feidippos  zugleich  und  Antifos  führend. 
Beide  sie   Thessalos    söhne ,   des  herakleidischen  königs. 
Ihnen  folgt'  ein  ge^chwader  von  dreifsig  gebogenen  schiffen.        680 

Nun  auch  jene,  so  viel  das  pelasgische  Argos  bewohnten: 
Die  sich  in  Alos  gebaut ,  und  Alope ,  auch  die  in  Tr achis , 
Auch  die  Ftia  bewohnt,  und  Hellas,  blühend  von  jungFraun  ; 

Myrmidoncn  genannt,  Hcllc-nen  zugleich,  u.nd^A^y^}^ 


ZWEITER    GESANG,  55 

Diesen  in  fünfzig  schiffen  gebot  obwaltend  Achilleus.  685 

Doch  nicht  diese  gedachten  des  schreklichen  waiFengetöses ; 

Denn  nicht  war,  der  jexo  geordneten  schaaren  voranging. 

S(ill  ja  lag  bei  den  schiffen  der  mutige  renner  Achilleus, 

Zürnend  des  mägdleins  wegen,  der  schöngelokten  Briseis, 

Die  aus  Lyrnesos  vordem  nach  hartem  kämpf  er  erbeutet,         690 

Als  er  mit  macht  Lyrnesos  zerstört,  und  die  mauren  im  Thebe, 

Als  er  den  Mynes  erlegt  und  Epistrofos ,  lanzengeübte , 

Mutige  söhn'  Euenos ,  des  selepiadischen  königs. 

Zürnend  lag  er  vor  schmerz;  allein  bald  sollt'  er  emporwehn. 

Dann  die  Fylake  bauten,  und  Pyrasos  blumengefilde ,  69^ 

Gern  von  Demeter  bewohnt ,    und  die  lämmernährende  Iton , 
Antrons  laute  gestad',  und  Pteleos  schwellende  rasen: 
Diesen  hcrschte  voran  der  streitbare  Protesilaos  , 
Weiler  lebt';  izt  aber  umschlofs  ihn  die  dunkele  erde. 
Einiam  in  Fylake  blieb  mit  zerrissenen  wangen  die  gatrin ,  ^oo 

l'nd  unvollendet  sein  haus :    ihn  erlegt*  ein  dardanischer  krieger , 
Ali  dem  schif  er  entsprang ,  zuerst  vor  allen  Achaiern. 
Zwar  nicht  blieb  ungef ührt  sein  volk ,  doch  vermifst*  es  den  führer ; 
Sondern  es  ordnete  nun  des  Ares  spröfsling  Podarkes , 
Sohn  von  Fylakos  söhne,  dem  heerdenreichen  Ißklos,  1o5 

Lnd  ein  leiblicher  bruder  des  mutigen  Protesilaos, 
Jünger  er  selbst  an  geburt;  der  ältere  war  und  der  stäfkre 
Protesilaos,  ein  held  wie  der  kriegsgott.     Zwar  es  gebrach  nicht 
Am  heerführer  dem  volk;  doch  vermifsten  sie  ihn,  den  erhabnen. 
Jenem  folgt' ein  geschwader  von  vierzig  dunkelen  schiffen.  TiO 

Dann  die  Ferä  bewohnten,    am  böbeidischen  landsee, 

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56  ILIAS. 

Bbbe,  und  Gläfyrä  weit,  und  die  prangende  Stadt  laolkos: 

Diese  führt'  Euinelo& ,  der  thcuere  «ohn  des  Admctos , 

In  cilf  schiffen  lum  streit ;  ihn  gebar  Alkestis ,  die  fürsrin 

Aller  fraun,  die  schönste  von  Pelias  blühenden  töchtern.  115 

Die  in  Methone  sodann  und  Thaumäkia  weit  sich  gesiedelt , 
Die  Meliböa  bewohnt,  und  das  rauhe  gefild'  Oh'xon : 
Diesen  gebot  Filoktetes  det  held,  wohlkundig  des  bogens; 
Sieben  waren  der  schiff*,  und  der  rüderer  fünfzig  in  jed^m» 
Alle  der  bogenkund'  erfahrene,  tapfere  streiten  720 

Aber  er  selber  lag  in  dem  eiland,  quälen  erduldend. 
Dort  in  der  heiligen  Lemnos,  wo  Argos  heer  ihn  xurükliefs , 
Krank  an  schwärender  wunde ,  vom  bifs  der  verderblichen  natter. 
Jammernd  lag  er  in  schmerz  ;  allein  bald  sollte  gedenken 
Argos  heer  bei  den  schiffen  des  königes  Filoktetes.  725 

Zwar  nicht  blieb  ungefiihrt  sein  volk,  doch  vermifst'  es  den  fiihrer; 
Sondern  es  ordnete  Medon ,  ein  nebensohn  des  Oileus  ^ 
Welchen  Rhene  gebar  dem  städteverwüster  Oileus. 

Dann  die  Trikka  bewohnt,  und  die  felsanhöhen  Ithome's, 
Auch  Öchalia  rings,   des  Öchaliers  Eurytos  veste:  730 

Diesen  herschten  voran  Podaleirios  samt  Machaon , 
T-ween  heilkundige  männer,  sie  bcid*  Asklepios  söhne. 
Ihnen  folgt'  ein  geschwader  von  dreifsig  gebogenen  schiffen. 

Die  in  Ormenion  wohnten  ,  und  die  am  quell  Hypereia, 
Die  um  Asterion  auch,  und  Titanos  schimmernde  häupter:       735 
Fuhrt*  Eurypylos  her,    der  glänzende  söhn  des  Euämon; 
Und  ihni  folgt'  ein  geschwader  von  vierzig  dunkelen  schiffen. 
Dann  die  Argissa  bestellt,  und  die  Gyitone  bewohnet ^ 


ZWEITER   GESANG,  57 

Oithc  dann ,  und  Elön' ,  und  die  schimmernde  bürg  Oloosson :  . 

Descn  herscKte  voran  der  mutige  held  Polypotcs ,  .  »740 

Ei  des  Peirithoos  söhn ,  den  Zeus  ^der  unsterbliche  zeugte ; 

Dcch  dem  Peirithoos  gab  ihn  die  ruchtbare  Hippodameia 

Jenes  tags ,  da  er  strafte  die  xottigen  Ungeheuer , 

Und  sie  vom  Pelion  drängte ,  zum  voIk  der  Athiker  verj^end  s 

Nicht  er  allein;  ihm  zugleich  des  Ares  spröfsling  Leonteus,        ^45 

Sohn  von  l^neus  söhne ,  dem  hochgesinnten  Koronos. 

Diesen  folgt'  ein  geschwadejr  von  vierzig  dunkelen  schifFen, 

Guneus  kam  aus  Kyfos  mit  zweiundzwanzig  der  schiffe; 
Dieser  fuhrt'  Eniener,  und  kri^ges&ohe  Peräber; 
Sie  am  Dodona's  hain,  den  winternden,  häuser  bewohnte .,     TSo 
Auch  die  am  lieblichen  ström  Titaresios  äcker  bestellten  s 
Dfr  in  Pcneios  flut  hin  rollt  sein  schönes  gewässer, 
•Mki  ach  nie  einmischt  in  Pencios  silbergestrudel , 
Sondern  wie  glattes  öl  auf  der  oberen  welle  hinabrinnt; 
DcDfl  von  der  stygischen  flut  des  furchtbaren  eides  entspringt  er,  ^SS 

Piöthoos  führte  Magneter  zum  strtit,  der  söhn  des  Tendredon, 
^  am  Pcneios  umher  und  Pelions  rauschenden  gipfeln 
^^clineten:  diesen  voran  ging  Pröthoos ,  freudiges  mutes ; 
hd  ihm  folgt'  ein  geschwader  von  vierzig  dunkelen  schiffen. 

Sokhe  waren  die  forsten  der  Danaer ,  und  die  gebieter.      76a 
"er  denn  war  der  beste  zum  kämpf:  das  verkünde  mir,  Muscr 
j^cr  selbst,  und  der  rosse,  die  Atreus  söhnen  gefolget? 
'cfüch  waren  die  rosse  zumeist  dem  Feretiadien  , 
^*.  von  Eumelos  gelenkt,  hinflogen  im  lauf,  wie  die  vögel, 
G^itheshaars,  gleichjährig,  und  schmirgleich übsi:^.d^^n(gigj|^l^ 765 


58  ILIAS. 

Auf  pereiischer  flur  ernährte  sie  Föbo5  ApoUon , 
/   Stuten  beid',  und  drohend  uniher  mit  den  schreken  des  Ares« 
Treflich  vor  männern  war  der  Telamonier  Ajas, 
Weil  Achilleus  zürnte;  denn  der  war  tapfrer  denn  alle; 
Auch  das  gespann,  das  ihn  trug,  den  umadlichen  Pelcionen.     770 
Aber  Er ,  bei  den  schnellen  gebogenen  schiffen  des  meeres , 
Ruhete,  zürnend  im  geist  dem  hirten  des  volks  Agamemnon, 
Atreus  söhn';  und  die  völker  am  wogemchlage  des  meeres 
Freueten  sich ,  mit  Scheiben  und  jägerspiefsen  zu  schleudern » 
Und  mit  geschofs.     Auch  standen  an  jeglichem  wagen  die  rosse        ^75 
Müsiig,,  den  lotos  rupfend  und  sumpfentsprossenea  eppich; 
Aber  die  wagen  umhüllt  mit  teppichcn,  standen  den  eignem 
In  dem  gezelt :  sie  selber ,  den  streitbaren  führer  vermissend , 
Wandelten  hier  im  lager  und  dort,  und  mieden  das  Schlachtfeld. 

Sie  dort  zogen  einher,  wie  wenn  glut  durchs  ganze  gefild  hin     780 
Loderte ;  dumpf  auf  hallte  der  grund ,  wie  dem  gotte  der  donner 
Zeus,  wann  des  zürnenden  stral  weitschmetternd  das  land  des  Tyfoeut 
Arima  schlägt ,  wo  $ie  sagen ,  Tyfoeus  ruhe  gelagert : 
Eben  so  laut  dort  hallte  der  grund  von  der  kommenden  völker 
Mächtigem  gang ;  denn  in  eile  durchzog  das  gefilde  der  heeizug.      785 

Aber  den  Troern  kam  die  windschnell  eilende  Iris 
Her  vom  Ägiserschütterer  Zeus  mit  der  traurigen  botschaft* 
Jene  riethen  im  rath  an  Priamos  pforte,  des  königs. 
Alle  gesellt  mit  einander ,  die  Jünglinge  so ,  wie  die  greise. 
Nahe  trat  und  begann  die  leichthinschwebende  Iris,      |  790 

Gleich  an  tönender  stimme  des  Priamos  söhne  Polites, 
Der  zur  hut  der  Troer,  den  hurdgen  fe«en  vcri^^^^ 


ZWEITER  GESANG.  59 

Oben  safs  auf  dem  grabe  des  grauenden  Asyctcs , 

Spähend ,  wie  bald  vom  gestad'  anstürzte  das  volk  der  Achaier  ; 

Dessen  gestalt  nachahmend,  begann  die  schwebende  Iris:  »jgs 

Edler  greis ,  noch  immer  gefallen  dir  eitele  reden , 
So  ^ic  im  frieden  vordem ;  da  der  krieg  unermefslich  herannaht ! 
Traun,  schon  oftmals  kam  ich  in  blutige  schlachten  der  mäiinec^ 
Doch  nie  hab'  ich  ein  solches ,  so  grofses  volk  noch  gesehen ! 
Gleich  den  blättern  d^s  waldes  an  xahl,  und  dem  sande  desimeeres,  800 
lichn  sie  dahei^  im  gefilde«  die  Stadt  ringsum  zu  bestürmen ! 
Hektor,  Du  vor  allen  gehorch'  izt  meinem  Ermahnung« 
Viel  sind  bundesgenossen  in  Priamos  thürmender  veste , 
Andre  von  anderer  spräche  der  weitzerst^eueten  menschen. 
Dfncn  gebiete  nunmehr  ein  jeglicher ,  welchen  er  vorsteht ;         805 
««e  fuhr'  er  hii^aus ,  in  Ordnungen  stellend  die  bürger. 

Jene  sprachs ;  und  flektor ,  der  göttin  wort  nicht  verkeimend , 
iicnme  sofort  die  Versammlung ;   und  alles  entflog  zu  den  wafFen. 
*^ngsum  standen  geöfnet  die  thor',    und  es  stürzte  das  kriegshecr, 
«^«er  zu  fufs  und  zu  wagen ,  hinaus  mit  lautem  getünunel.    810 

Draufsen  liegt  vor  den  thorei^  der  Stadt  ein  erhabener  hügel, 
In  dem  gefild'  abv^a'rts ,  und  umgehbar  hierhin  und  dorthin. 
wcjer  wird  Batieia  genannt  von  sterblichen  männern , 
^^igen  helfet  er  das  mal  der  sprunggeübten  Myrine^ 
^fi  nun  theilten  die  Troer  in  reihen  sich,  und  die  genossen.   815 

Erst  den  Troern  gebot  der  helmumflatterte  Hektor» 
Wamos  söhn,  ihm  folgte  das  mehreste  volk  und  das  beste, 
wohlgeordnet  zur  Schlacht,  und  stürmifche  .speere  bewegend. 

Drauf  vor  den  Dardanerngtng  deranchisiaclie  spröfsling  Aneias , 


6o  ILIAS, 

Mutvoll,  welchen.  Anchises  crzeugete  samt  Afroditc,  -82c 

Als  im  Tdagehölz  hinsank  zu  dem  mann^  die.göttinr 
Nicht  er  allein;  ihm  zugleich  Amenors  tapfere  söhne, 
Akamas  und  Archilochos  beid',  allkundig  des  Streites. 

Dann  die  Zeleia  bewohnt,  am  äufsersten  hange  des  Ida, 
Reich  an  hab',  und  trinkend  die  dunkele  flut  des  Asepos,  82^ 

Troisches  stanims :  dit  führte  der  glänzende  sohrt  des  Lykaon , 
Pandaros,  dem  den  bogen  Apollon  selber  verliehen. 

Aber  die  Adrasteia  gebaut,  und  Apäsos  gemcinfeld. 
Auch  Pityeia  gebaut,  und  die  Celsenhöhn  von  Tereia: 
Führt'  Adrastos  daher,  und  in  leinenem  panzer  Amfiosr  83« 

Beide  von  Merops  erzeugt ,  denL  Perkosiet :  welcher  vor  allen. 
Fernes  geschik  wahrnahm,  und  nie  den  söhnen  gestattet, 
Einzugehn  in  den  krieg,  den  verderblichen;  aber  sie  hörten 
Nicht  sein  wort ;  denn  sie  führte  des  dtuikelen  tod^s  Verhängnis. 

Die  um  Perkote  sodann  und  Präktion  rings  sich  gesiedek ,      83J 
Sestos  dann  und  Abydos  bewohnt,  und  die  edle  Arisbe:. 
Ordnete  Hynakos  söhn ,  held  Asios ,  männergebieter , 
Asios,  Hyrtakos  söhn,  den  her  aus  Ari&be  die  rasse. 
Führeien ,  glänzend  und  grofj> ,  vpm.  heiligen  ström  Selleis. 

Aber  Hippothoos  ging  vor  speergewohnten  Pelasgern,  84 

Deren  stamm'  um  Larissa  die  scholligen  äcker  beM^ohnet; 
Samt  Hippothoos  führte,  des  Ares  spröfsling  Pyläos:  ! 

Beide  von  Teutamos  söhne  gezeugt,  dem  pelasgischen  Lethos. 

Akamas  führte  zunächst  und  Peiroos  Thrakia's  völkcr, 
Welche  der  Hellespontos  mit  reifsendem  ströme  begrenzet.  84^ 

Weiter  gebot  Eufemos  kikonischen  lanzenschwingern ,. 

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ZWEITER  GESANGv  6i 

Den  Trözenos  gezeugt,  der  gottgeiiebtc  Keade. 

Nächst  ihm  fühne  Pyrächmes  päonhche  krümmer  des  bogens 
Fem  aus  Amydon  her ,  von  des  Axios  breitem  gewässer , 
Axios,  der  am  schönsten  das  land  mit  der  welle  befruchtete       850 

Weiter  gebot  Paflagonen  Pyläraenes,  troziges  heriens, 
Her  aus  der  Enetcr  Lande,  wo  wild  aufwachsen  die  mäuler: 
Die  den  Kytöros  beXvohnt,  und  um  Sesamos  rings  sich  gesiedelt« 
Und  um  Parthenios  ström  sich  gepiie&ene  hk'u&er  gebauet , 
Kromna,  Agialos  auch,  und  die  felsenhöhn  Eriihyno.  -  855 

Aber  Hodios  kam,  und  Epistrofos ,  samt  Halixonen 
Fem  aus  Alybe  her,  alwo  des  sjlbers  geburt  ist. 

Mysera  gebot  dann  Chromis,  und  Ennomos,  kundig  der  vögel  .• 
Aber  nicht  durch  vögel  vermied  er  das  schwarze  Verhängnis ; 
Sondern  ihn  tilgt«  die  band  des  äakidiichen  renners ,  860 

Dort  im  Strom  ,  wo  gemordet  noch  andere  Troer  ihm  sanken. 

Forkys  dann  und  der  held  Askanios  führten  die  Fryger 
Fem  von  Askania  her,  und  sie  dürsteten  alle  nach  feldschlacht. 

Mesthles  ordnete  drauf  und  Antifos  kühne  Mäonen, 
Beide  Pylämenes  söhn',  und  der  Nymf  im  reiche  Gygäa,  865 

Die  auch  mäonische  stamme  geführt  vom  fufce  des  Tmolos* 

Nastes  führte  die  Karen,  ein  volk  barbarischer  mundart, 
Welche  Miletos  umwohnt,  und  das  Waldgebirge  der  Fteirer, 
Auch  des  Mäandros  flut ,  und  Mykale's  luftige  scheitel : 
Diesen  waren  zugleich  Amfimachos  führer  und  Nastes,  8lo 

Nastes,  der  glänzende  held,  und  Amfimachos,  söhne  Nomions; 
Ef,  der  mit  golde  geschmükt,  iil  die  Schlacht  eingieng,  wie  ein  mägd  lein, 
Thor!  nicht  konnte  das  gold  ihn  bcfrcin  vom  grausen  yi:rclci1:cn; 


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\  vcrcicitcn; 

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Oa  ILIAS.    ZWEITER  GESANG. 

Sondern  ihn  tilgte  die  hand  des  äakidischen  renners 
Dort  im  ström;  und  das  gold  ward  raub  des  erhabnen  Achilleus.    8";i 
Lykier  führte  Sarpedon  zum  kämpf ,  und  der  rühmliche  Glaukos, 
Fem  aus  Lykia  her,  von  Xanthos  wirbelnden  fluten. 


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I  L  I  A  S. 


DRITTER     GESANG. 


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ttJüALT. 

Begignung  der  heere»  Alexandras  oder  Paris  f  nachdem  t 
vor  Menelaos  geflohn ,  erbietet  sich  ihm  durch  Hektor  zum  zwe\ 
kämpf  nm  Helena  f  welchen  Menelaos  annimt.  Die  heere  ruhn,  un 
Priamos  wird  zum  vertrage  aus  Ilios  gerufen.  Indefl  geht  Heh 
na  auf  das  skäischt  thor ,  wo  Priamos  mit  den  ältesten  sizt,  un 
nennt  ihmdieachaiischen  heerführe^.  Priamos  fährt  in  das  schlackt 
feld  hinaus.  Vertrags  Priamos  rükkehr,  Zweikampf  Den  besieg 
ten  Paris  entführt  Afrodite  in  seine  hammer,  und  ruft  ihm  Helem 
Agamemnon  fodert  den  siegspreis^ 


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I  L  I  A  S. 


DRITTER     GESANG. 


/\ber  nachdem  sich- geordnet  ein  jegliclies  volk  mit  den  fiihrern, 
logen  die  Troer  in  lerm  und  geschrei  einher,  wie  die  vögel: 
So  wie  geschrei  hertönt  von  kranichcn  unter  dem  himmel, 
Welche,  nachdem  sie  dem  wintcr  entflohn  und  unendlichem  regen, 
Dort  nnit  geschrei  hinziehn  an  Okeanos  strömende  fluten,  5* 

Kleiner  Pygmäen  geschlecht  mit  mord  und  verderben  bedrohend; 
Und  aus  dämmernder  luft  annahn  zu  böser  befehdung. 
Jene  wandelten  still,  die  mut\>e5eelten  Achaier, 
Air  im  herxen  gefafst,  xu  verthcidigen  einer  den  andern* 

Wie  auf  des  bergs  felskuppen  der  süd  ausbreitet  den  nebel,     lO 
Der  nicht  hirten  erwünscht ,  doch  dem  raubenden  besser  wie  nacht  ist; 
Und  man  so  weit  vorschauet,  als  fliegt  der  geworfene  feldstein;     , 
Also  wirbelte  staub  von  dem  gang  der  konmienden  völker 
Dicht  empor;  denn  in  eile  durchzog  das  gefilde  de*,  heerzug. 

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Homers  Ilias.   1.  Band.  S 


66  ILIAS. 

Als  sie  nunmehr  iich  genaht,  die  eilenden  gegen  einander;     15 
Schritt  aus  den  Troern  voran  der  göttliche  held  Alcxandros, 
Tragend  ein  pardelvliefs  und  ein  krummes  geschofs  um  die  schultern. 
Samt  dem  seh  wert;  zwo  lanzen,  gespizt  mit  der  schärfe  des  erzes. 
Schwenkt'  er,  und  rief  hervor  die  tapfersten  aller  Achaier, 
Gegen  ihn  anzukämpfen  in  schreckenvoller  cntscheidung.  20 

Aber  sobald  ihn  sähe  der  streitbare  held  Menelaos 
Vor  dem  schaarengewiihl  einhergehn,  mächtiges  schritte«: 
So  wie  ein  löwe  sich  freut,  dem  gröfsere  beute  begegnet, 
Wenn  ein  gehörneter  hirsch  dem  hungrigen,  oder  ein  gemsbok. 
Nahe  konmit;  denn  begierig  verschlinget  er,  ob  ihn  hinweg  auch   25 
Scheuche  der  hurtigen  hund'  andrang,  und  blühende  Jäger: 
So  war  froh  Menelaos,  den  göttlichen  held  Alexandros 
T)ort  mit  den  äugen  tu  schaun;  denn  er  wollt'  ihn  strafen  j  den  frevler. 
Schnell  vom  wagen  herab  mit  den  riistungeh  sprang  er  zur  erde. 

Aber  sobald  ihn  sähe  der  göttliche  held  Alexandros  30 

Schimmern  im  vorderheer,  da  erschütterte  grauen  das  tierz  ihm; 
Und  in  der  freunde  gedräng'  entzog  er  sich*  meidend  das  schiksaL 
So  wie  ein  mann,  der  die  natter  ersaht  mit  entsezeh  znrükführ, 
In  des  gebirgs  waldthal;  ihm  erzitterten  unten  die  glieder; 
Ra^ch  nun  floh  er  hinweg,  und  bläss'  umzog  ihm  die  wangcn.*      33 
Also  taucht'  er  zurük  in  die  meng*  hochherziger  Troer, 
Zagend  vor  Atreus  söhn,  der  göttliche  held  AIejiandros* 
Hektor  schalt  ihn  erblickend,  und  rief  die  beschämenden  Worte: 

Weichling,  an  Schönheit  ein  held,  weibsüchtiger,  schlauer  Verführer  ? 
Wärest  du  nie  doch  geboren ,  das  wünscht'  ich  dir ,  oder  gestorben ,  40 
£h  du  um  wcibcr  gebuhlt!  Viel  heilsamer owäi^y^ir  solches ^-^ 


DRITTER   GESANG,      .    i  67 

Als  nun  so  zum  gespött  da&tehn,  und  allen  zum  anschaun! 

Ja,  ein  gelächter  erheben  die  hauptumlokten  Achaier, 

Welche  des  heers  Vorkämpfer  dich  achteten,  weil  du  so  schöner 

Bildung  erscheinst ;  doch  wohnt  nicht  kvaft  dix  im  herzen ;  noch  stärke  l 

Wagtest  denn  Du,  ein  solcher!  in  meerdurch wandelnden  schiffen  46 

Leber  die  wogen  zu  gehn,  von  erlesenem  volke  begleitet, 

Und,  zu  fremden  gesellt,  ein  schönes  weib  zu  entführen j 

Fem  aus  entlegenem  lande,  die  Schwägerin  kriegrischer  männer? 

Deinem  vater  zunr  gram ,  und  der  Stadt  und  dem  sämtlichen  volke;  5p 

Aber  den  feinden  zur  wonn'i  und  zu  ewiger  schände  dir  selber? 

Ha,  nicht  mochtest  du  stehn  vor  Atreus  söhn!  denn  gelernet 

Hättest  du,  welchem  manne  die  blühende  gattin  du  raubtest! 

Nichts  auch  frommte  dir  saitcngetön,  und  die  huld  Afrodite'*» 

Oder  das  haar,  und  der  wuchs,  wenn  dort  du  im  staube  dich  wälztest!  55 

Waren  die  Troer  nur  nicht  feigherzige;  traun,  es  umhüllte 

Längst  dich  ein  steinerner  roki  für  das  unheil,  das  du  gehäuft  hast! 

Ihm  antwortete  drauf  der  göttliche  held  Alexandros  j 
Hcktor,  dieweil  du  mit  recht  mich  tadehest,  nicht  mit  unrecht; 
Stets  ist  dir  ja  das  hetz,  wie  die  eherne  axt,  unbezwingbar,       io 
Welche  das  holz  durchstrebt  vor  dem  zimmerer ,  wann  er  Zum  sehif  bau 
Künstlich  die  balken  behaut,  und  der  schwung  ihm  die  stärke  vetmlshret : 
So  ist  fest  dir  das  herz ,  und  stets  unerschrockenes  mutes, 
Nut  nicht  rüge  die  gaben  der  goldenen  Afrodite. 
Unvenverflich  ja  sind  der  unsterblichen  ehrende  gaben,  €$ 

Welche  sie  selber  verleihn,  und  nach  willkühr  keiner  empfanget; 
Doch  jczt,  willst  du  mich  sehn  im  tapferen  streite  de«  kneges) 
Heifcc  die  anderen  ruhn ,  die  Troer  gesamt  und^^^^^^gl^ 


68  ILIAS, 

Lafst  dann  mich  vor  dem  volk  und  den  streitbaren  hcld  Ntenelaos 
Kämpfen  um  Helena  selbst  und  die  sämtlichen  schäze  den  Zweikampf 
Wer  von  beiden  nunmehr  obsiegt,  und  stärker  erscheinet,  71 

Nehme  die  schäze  gesamt  mit  dem  weib',  und  führe  sie  heimv^äris. 
Ihr  dann»  nachdem  Freundschaft  und  heiligen  bund  ihr  beschworen, 
Wohnt  in  der  scholligen  Troja;  und  jen'  entschiffen  zu  Argos 
Rossenährender  flur,  und  Achaia's  rosigen  jungfraun.  75 

Also  sprach  er;  und  hoch  erfreute  sich  Hektor  des  wortes^ 
Trat  dann  hervor  in  die  mitt',   und  hemmte  die  troischen  hauFen, 
Haltend  die  mitte  des  Speers;  und  still  nun  standen  sie  alle. 
Auf  ihn  spannten  den  bogen  die  hauptumlokten  Achaier, 
Tlieleten  mit  wurfspiefsen  daher,  und  schleuderten  steine.  80 

Aber  es  rief  lauttönend  der  völkerfürst  Agamemnon  e 

Haltet  ein,  Argeier,  und  werft  nicht,  männer  Achaia's! 
Denn  er  begehrt  zu  reden»  der  helmumflatterte  Hektor! 

Soder  Atreid';  undsieliefsenvomkampF,  und harreten schweigend 
Flugs  umher;  doch  Hektor  begann  in  der  mitte  der  völker:         85 

*  Hört  mein  wort,  ihr  Troer,  und  hellumschiente  Achaier, 
Was  mir  gesagt  Alexandros,  um  welchen  der  streit  sich  erhobeni 
Dieser  heiüst  euch  andern,  die  Troer  gesamt  und  Achaier, 
Strecken  das  schöne  geräth  zur  nahrungsprossenden  erde; 
Dafs  er  allein  vor  dem  volk  und  der  streitbare  held  Menelaos     90 
Kämpf  um  Helena  selbst  und  die  sämtlichen  schäze  den  Zweikampf. 
Wer  von  beiden  nunmehr  obsiegt,^ und  stärker  erscheinet, 
Nehme  die  schäze  gesamt  mit  dem  weib',  und  fiihre  sie  heimwärts:. 
Freundschaft  sollen  wir  andern  und  heiligen  bund  uns  beschwören. 
Jener  sprachs;  doch  alle  verstummten  umher,  u,nd  schwiegen.    95 


DRITTER  GESANG,  69 

Endlich  begann  vor  ihnen  der  rufer  im  streit  Menelaos: 

Höret  anjezt  auch  mich ;  am  meisten  ja  lastet  der  kummer 
Meine  secl*;  und  ich  denke ,  versöhnt  nun  werdet  ihr  scheiden , 
Argos  söhn-  und  ihr  Troer ,  nachdem  viel  böses  ihr  trüget , 
Wegen  unseres  Streits,  den  mir  Alexandros  begonnen.  loa 

Wem  nuninehr  von  uns  beiden  der  tod-  und  das  schiksal  bevorsteht , 
Solcher  sterb';  und  ihr  andern  versöhnt  euch  eilig,  und  scheidet. 
Bringi  Lwei  Jammer  herbei ,  dem  Helios  wei(s  und  ein  böklein , 
Schwarz  der  Erd'  und  ein  weibchen ;  ein  anderes  bringen  dem  Z^us  wir. 
Dann  auch  rufet  die  macht  des  Priamos ,  dafe  er  das  bündnis     105^ 
Schwör*,  er  selbst!  d-enn  die  ^öhne  sind  übermütig  und^  treulos: 
Dafe  kein  frevelnder  mann  Zeus  heiligen  bund  verleze. 
Stets  ja  flattert  das  hetz  den  Jünglingen ;  doch  wo  ein  alter 
Iwiichentrit,  cfcr  zugleich  vorwärts  hinschauet  und  rükwärts, 
Solcher  erwägt,  wie  gedeihe  die  \ycchselseitigc  Wohlfahrt.  iio 

Jener  sprachs;  da  erfreuten  sich  hoch  Argeie?  qnd- Troer, 
Hoffend,  nun  auszyruhn  vom  unglükseligen  krieg«. 
Ind  sie  hemmten  die  ross'  in  den  Ordnungen,  sprangen  vom  wagen 
l'?en  die  rüstungen  aus,  und- legten  sie  nieder  »zur  erde^ 
^<iie  nur  von  einander;  denn  weniges  feld  war  dazwischen,      iijj 

Hcktor  aber  beschied-  zween  hergld'  eilig  gen  Troja. 
^ell  die  lämmer  zu  bringen,  und*  Priamos  her  zu  berufen. 
^h  den  Talthybios  sandte  der  völkcrfiirst  Agamemnon , 
^J  den  geräumigen  schiffen  zu  gehn ,  d^mit  er  das  lamm  ihm 
Molete;  jener  enteilt',  und  gehorcht' Agamemnon  dem  herscher.     i2<4 

bis  brachte  nunmehr  der  schimmernden  Helena  bot&chaEt» 
^^cr  Schwägerin  gleich »  des  Antenor^d^n.  gemahlin , 


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7Q  ILIAS*       / 

Ihr ,  die  Antcnors  «ohn  sich  vermählt ,    der  Rirst  Helikaon , 
Friamos  rosiger  tochter  Laddike,  reizender  bildung. 
Jene  fand  sie  daheim:  und  ein  grofses  gewand  in  der  kammer     125 
'  Webte  sie,  doppck  und  hell,  durchwirkt  mit  mancherlei  kämpfen 
Rossebezähmender  Troer  und  erzumschirmter  Achaier, 
Welche  sie  ihrethalb  von  Ares  händen  erduldet. 
Nahe  trat  und  begann  die  Icichthinschwebcnde  Iris: 

Komm  doch,  du  trautes  kind,  die  seltsamen  thaten  zu  schauen  130 
Rössebezähmender  Troer  und  erzumschirmter  Achaier. 
Die  jüngst  gegen  einander  das  graun  des  Ares  getragen 
Durch  das*gcfild',  anstrebend  zur  thränenbringenden  feldschlacht : 
Diese  ruhn  stillschweigend  nunmehr,  und  der  krieg  ist  geendigt , 
Hingelehnt  auf  die  Schild',  und  die  ragenden  Speer' in  dem  boden.  135 
Nur  Alexandros  allein  und  der  streitbare  held  Menelaos    ^ 
Werden  anjezt  um  dich  mit  langem  speer  sich  bekämpfen ; 
IJnd  wer  den  gegner  besiegt ,  der  nennt  dich  traute  gemahlin. 

Also  sprach  die  göttin,  und  schuf  ihr  süfses  verlangen 
Nach  dem  ersten  gemahl,  nach  Vaterstadt  und  gefreunden.         140 
Schnell  in  den  schleier  gehüllt  von  silberfarbener  leinwand. 
Flog  sia  hinweg  aus  der  kammer ,  die  zarte  thrän*  an  den  wimpern : 
Nicht  sie  allein ;  ihr  folgten  zugleich  zwo  dienende  jungfraun , 
Athra,  des  Pittheus  tochter,  und  Klymene,  herschendes  blickes. 
Bald  nun  kamen  sie  hin ,  alwo  das  skäische  thor  war,  145 

Aber  Priamos  dort,  und  Panthoos,  neben  Thymötes, 
Lamp^s,  und  Klytios  auch,  und  Ares  sprofs  Hiketaon, 
Auch  Antenor  der  held,  und  Ukälegon ,  beide  voll  Weisheit ,"J 
Sdfsen,  die  ältsten  der  Stadt,  umher  auf  dem  skäischen  thore: 

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DRITTER  GESANG,  71 

Welche  betagt. vom  krieg'  ausruheten  ;  doch  in  Versammlung        150 
Kedner  voll  rath,  den  cikaden  nicht  ungleich,  die  in  den  wäldern 
Au«  der  bäume  gesprofs  hellschwirrende  stimmen  ergie&cn: 
Gleich  so  safsen  der  Troer  gebietende  dort  auf  dem  thurme. 
Als  sie  nunmehr  die  Helena  sahn  zum  thurme  dahergehn ; 
Leise  redete  mancher,  und  sprach  die  geflügelten  worte:  155 

Tadelt  nicht  die  Troer  und  heliumschienten  Achaier, 
Die  um  ein  solches  weib  so  lang'  ausharren  im  elend ! 
Einer  unsterblichen  gött;in  fürwahr  gleicht  jene  von  ansehn! 
Dennoch  kehr',  auch  mit  solcher  gestalt,  sie  in  schiffen  zur  heimat, 
Ehe  sie  uns  und  den  söhnen  hinfort  noch  Jammer  bereitet !        160 

Also  die  greis';  und  Priamos  rief  der  Helena  jexo : 
Komm  doch  näher  heran ,  mein  töchterchen ,  seze  dich  zu  mir  ; 
Dafs  du  schaust  den  ersten  gemahl,  und  die  freund*  und  verwandten ! 
Du  nicht  trägst  mir  die  schuld;  defs  sind  die  unsterblichen  schuldig , 
Welche  mir  zugesandt  den  bejammerten  krieg  der  Achaier!        165 
Dafs  du  auch  jenes  manns ,  des  gewaltigen ,  namen  mir  nennest , 
Wer  der  Danaer  dort  so  grofs  und  herlich  hervorprangt ! 
Iwar  CS  ragen  an  haupt  noch  gröfsere  männer  des  heeres; 
tJoch  so  schön  ist  keirter  mii;  je  vor  den  äugen  erschienen, 
Noch  so  edler  gestalt;  denn  königlich  scheint  er  von  ansehn!        170 

Aber  Helena  sprach ,  die  göttliche  unter  den  w  eibern : 
Birenwerth  mir  bist  du,  o  theuerer  schwähcr,  und  furchtbar. 
Hätte  der  tod  mir  gefallen,  der  h^rbeste,  ehe  denn^hieher 
Deinem  söhn  ich  gefolgt,  das  gemach  und  die  freunde  verlassend, 
^'nd  näein  einziges  kind,  und  die  holde  schaar  der  gespieleii  I      i-jß 
ßoch  nicht  solches  geschah;  unddruminthränen  verschNvind'ich  !  .*  . 

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72  ILIAS, 

Dies  nun ,  was  du  gefragt  und  erkundiget ,  will  ich  dir  sagen. 
Jener  ist  der  Atreidc,    der  völkerfiirst  Agame;rthon , 
Beides,  ein  treflicher  könig  zugleich,   und  ein  tapferer  streiten 
Schwager  mir  war  er  vordem,  der  schändlichen  ;  ach  er  war  es !   iSo 

Jene  sprachs;  und  der  greis  bewundert'  ihn,   laut  ausrufend; 
Seliger  Atreion',  o  gesegneter,  glüklichgebomer ! 
Deiner  gewalt  ja  dienen  unzählbare  männer  Achaia's!     i 
Vormals  zog  ich  selber  in  Frygias  rebengefilde, 
Wo  ich  ein  grofses  heer  gaultummelnder  frygischer  männer        i8j 
Schauete ,  Otreus  volk  und  des  götterähnlichen  Mygdon , 
Welches  umher  am  gestade  Sangarios  weit  sich  gelagert ; 
Denn  ich  ward  als  bundesgenofs  mit  ihnen  gerechnet. 
Jenes  tags,  da  die  hord'  amazonischer  n\änninncn  einbrach: 
Doch  war  minder  die  zahl ,  wie  der  freudigen  krieger  Achaia's !     190 

Jezo  ersah  den  OdysseUs  der  greis,  und  fragte  von  neuem; 
Nenne  mir  nun  auch  jenen,  mein  töchterchen ;  siehe,  wie  heif^t  er? 
Weniger  ragt  er  an  haüpt ,  als  Atreus  söhn  Agamemnon , 
Aber  breiteres  Wuchses  an  brüst  und  mächtigen  schultern. 
Seine  wehr  ist  gestrekt  zur  nahrungsprossenden '•erde;  195 

Doch  er  selbst,  wie  ein  widder,  umgeht  die  schaaren  der  männer: 
Gleich  dem  bok  erscheinet  er  mir,  dikwollige^  vliefses, 
Welcher  die  grofse  trift  weifsschimmernder  schafe  durchwandelt. 

Ihm  antwortete  Helena  drauf,  Xeus  liebliche  tochter; 
Der  ist  Laerte^  söhn,  der  erfindungsreiche  Odysseus,  20a 

Welcher  in  Ithaka's  reich  aufwuchs,  des  felsigen  eilands» 
Wohl  in  mancherlei  listen  gewandt,  und  bed achtsamer, klugheit. 

Und  der  verständige  greis  Antenor  sagte  dagegen  t 

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DRITTER  GESANG.  73 

Wahrlich,  o  firau,   du  ^ast  untxiigUche  worte  gexedct. 

Denn  auch  hieher  kam  er  vorlängst,  der  edle  Odysseus,^  305 

Deinethalbcn  gesandt,  und  der  streitbare  held  Menelaos. 

Ich  hcrbergete  beid' ,  in  meinem  palast  sie  bewirtend : 

So  dals  beider  gestalt  und  bedachtsamer  geist  mir  bekannt  ist. 

Als  sie  nunmehr  in  der  Troer  versammelten  kreis  sich  gesellet « ^ 

Ragt'  im  stehn  Menelaos  empor  mit  mächtigen  schultern ;  a|o 

Doch  wie  sich  beide  gesezt ,  da  schien  ehrvoller  Odysseus. 

Aber  sobald  sie  mit  red'  und  erfindungen  alles  umstrikten; 

Siehe  da  sprach  Menelaos  nur  fliegende  worte  voll  inhalts , 

Wenige,  doch  eindringender  kraft ;  denn  er  liebte  nicht  Wortschwall, 

Nicht  abschweifende  rede ,  wiewohl  noch  jüngeres  alters,  ai5 

Aber  nachdem  sich  erhub  der  erfindungsreiche  Odysseus ; 

Sand  er,  und  schaute  zur  erde  hinab  mit  gehefteten  äugen; 

Auch  den  stab,  so  wenig  zurük  bewegend  \Yie  vorwärts, 

Hich  er  steif  in  der  hand ,  ein  unerfahrncr  von  ansehn : 

Dafs  du  leicht  für  tückisch  ihn  achtetest,  oder  für  sinnlos.         aao. 

Aber  «o^^ald  er  der  brüst  die  gewaltigen  stimmen  entsandte , 

tnd  ein  gedräng  der  worte ,  wie  stöbernde  winterflocken ; 

Dann  wetteiferte  traun  kein  sterblicher  sonst  mit  Odysseus , 

L'nd  nicht  stuzten  wir  so  ,   des  Odysseus  bildung  betrachtend. 

Jeiq  ersah  den  Ajas  der  greis ,  und  fragte  noch  einmal :     aaS 
^crist  jener  Achaier,  d^r  mann,  sp  groJs  und  gewaltig, 
Böher  denii  alles  volk  ai?  haupt  und  mächtigen  schultern? 

Aber  Helena  sprach ,  die  herliche ,  langes  gewandes : 
Oas  ist' Ajas  der  held,  der  gewaltige  hört  der  Achaier. 
Donhin  steht,  wie  ein  gott,  Idomcneus  unter  ^^'^.^Kr^^  t^  230 

igi  ize     y  ^ 


74  ILIAS. 

Und  CS  umsteh«  den  könig  die  kretischen  Führer  versammelt. 
Oft  herbergete  jenen  der  streitbare  held  Menelaos , 
Wann  er  aus  Kreta  kam ,  daheim  in  unserer  wohnung. 
Nun  zwar  schau'  ich  sie  alle,    die  freudigen  krieger  Achaia's, 
Die  ich  wohl  noch  erkennt',  und  jeglichen  nennte  mit  namen:       233 
Zween  nur  vermag  ich  nirgend  xu  schaun ,  der  völkergebieter , 
Kastor  den  reisigen  held ,  und  den  kampfer  der  faust  Polydeukes  , 
Beide  mir  leibliche  briider ,  von  Einer  mutter  geboren. 
Folgten  sie  nicht  hieher  aus  der  lieblichen  flur  Lakedämon? 
Oder  folgten  sie  zwar  in  mcerdurch wandelnden  schiffen,  240 

Aber  enthalten  sich  nun ,   in  die  schlacht  zu  dringen  der  m'anner  * 
Weil  sie  dieschand'abschrekt  und  diegrofsc  schmath,  die  mich  zeichnet? 

Jene  sprachs ;  doch  die  beiden  umfing  die  ernährende  erde 
In  Lakedämon  bereits,  im  lieben  lande  der  väter. 

Aber  die  herolde  trugen  die  bundesopfer  der  götter  245 

Durch  die  Stadt,  zwei  lämmer,  und  fröhlichen  wein  des  gefildes, 
Im  geisledernen  schlauch;  es  trug  Idäos  der  herold 
Einen  blinkenden  krug  in  der  hand ,  und  goldene  becher. 
Dieser  nahte  dem  greis',  und  sprach  die  ermahnenden  worte : 

Mache  dich  auf,  Laomedons  söhn;  dich  rufen  die  fürsten  250 
Rossebezähmender  Troer  und  erzumschirmter  Achaiei  I 

Dort  hinab  ins  gefil4*»  um  heiligen  bund  zu  beschwören. 
Ni^r  Alexandros  allein  und  der  streitbare  held  Menelaos 
Werden  anjezi   um  das  weib  mit  langem  speer  sich  bekämpfen ; 
Und  wer  im  kämpf  obsiegt ,  dem  folget  das  weib  und  die  schäze.     255 
Wir  dann,  nachdem  freundschaft  und  heiligen  bund  wir  beschworen, 
Baun  die  schollige  Trqja ;  und  Jen'  cntschiffen  zu  Argos 

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DRITTER  GESANG.  75 

Rossenäihrender  flur,  und  Achaia's  rosigen  jungfraun. 

Also  sprach  er ;  da  stuite  der  greis ,  und  befahl  den  gePahrten , 
Anzuschirren  die  ross';  und  jene  beschleunigten  folgsam.  26b 

Priamos  trat  in  den  wagen ,  und  rog  die  lenkenden  liigcl ; 
Auch  mit  ihm  Antenor  be&rieg  den  prächtigen  sessel; 
Schnell  durch  das  skäische  thor  entflogen  die  ross'  ins  geiilde. 

Als  sie  nunmehr  hinkamen  zu  Troja's  volk  und  Achaia's, 
Stiegen  sie  beid'  aus  dem  wagen  xur  nahrungsprossenden  erde ,  aSf 
Wandelten  dann  in  die  mitte  der  Troer  einher  und  Achaier. 
Eilend  darauf  erhub  sich  der  völkerfürst  Agamemnon, 
Aach  Odysseus  voll  rath.     Die  stattlichen  herolde  jezo 
Führten  die  bundesopfer  herbei,  auch  wein  in  dem  kruge 
Mischten  sie ,  sprengeten  dann  der  könige  bände  mit  wasser.        270 
Arreus  söhn,  ausziehend  mit  hurtigen  händeti  das  messer^ 
Das  an  der  grofsen  scheide  des  schwerts  ihm  immer  herabhing , 
Schnitt  vom  haupt  der  lämmer  das  haar;  und  die  herolde  jezo 
Theileten  rings  der  Troer  und  Danaer  edlen  gebietern. 
Laut  dann  fleht'  Agamemnon  empor,  mit  erhobenen  bänden:  VJS 

Vater  Xeus,  ruhmwürdig  und  h^ehr,  du  herscher  vom  Ida! 
Helios  auch^  der  alles  vernimt,  und  alles  umschauet! 
Auch  ihr  Ström',  und  du  Erd',  und  die  ihr  drunten  die  geister 
Ruhender  menschen  bestraft,  wer  hier  meineide  geschworen! 
Sdd  uns  zeugen  ihr  all',  und  bewahrt  die  schwüre  des  bundes !  280 
Wenn  den  held  Menelaos  vielleicht  Alexandros  erleget; 
Diin  behalt'  er  Helena  selbst  und  die  sämtlichen  schäze, 
Ik'Jh  wir  kehren^zurük  in  meerdurchwandclnden  schiffen. 


A:^!  iinkt  Alexandras  dem  bräunlichen  held  Menelaj 

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76  ILIAS. 

Dann  entlassen  die  Troer  das  weib  und  die  sämdfchen  schäze ;   aSJ 
Bufse  zugleich  den  Argeiern  bezahlen  sie,  welche  geziemet,  I 

Und  die  hinfort  auch  daure  bei  kommenden  enkelgeschlechtern. 
Doch  wenn  Priamos  dann  und  Priamos  söhne  sich  weigern,        ' 
Mir  zu  bezahlen  die  bufse,  nachdem  Alexandros  gefallen; 
Dann  wcrd'  Ich  von  neuem  mit  kricgsmacht  wegen  der  sUhnung   29J 
Kämpfen,  und  nicht  heimziehn,  bis  der  zwek  deskrieges  erreicht  is^ 
0    Sprachs,  und  die  kehlen  der  lämmer  zerschnitt  er  mit  grausamemen^ 
Beide  legt'  er  nunmehr,  wie  sie  zappelten,  nieder  im  staube, 
Matt  aushauchend  den  geist ,  da  die  kraft  vom  erze  geraubt  war. 
Hierauf  wein  aus  dem  kruge ,  geschöpft  mit  goldenen  bechern ,   29J 
Gossen  sie  aus,  und  flehten  den  ewigwaltenden  göttern. 
Also  betete  mancher  der  Troer  umher  und  Achaier: 

Zeus,  ruhmwiirdig  und  hehr,  und  ihr  andern  unsterblichen  götter 
Welche  von  uns  zuerst  nun  beleidigen,  wider  den  eidschwur;  I 
Blurig  fliefs'  ihr  gehirn,  wie  der  wein  hier,  rings  auf  der  erde,  30 
Ihrs  und  der  kinder  zugleic^;  und  die  gattinnen  schände  dei:  fremdiin^ 

Also  das  Volk ;  doch  mitnichten  gewahrere  solches  Kronion. 
Aber  Priamos  sprach,  des  Dardanos  herschender  enket: 

Hört  mein  wort,  ihr  Troer,  und  hellumschicnte  Achaier. 
Jezo  kehr*  ich  wieder  zii  Ilios  luftigen  höhea  30 

Heim ;  denn  ith  kann  unmöglich  mit  eigenen  äugen  es  anschaun , 
Dafs  hier  kämpfe  mein  söhn  mit  dem  streitbaren  hcld  Menelaos.l 
Zeus  erkennt  es  allein  und  die  andern  unsterblichen  gotter, 
Wem  nunmehr  von  beiden  das  ziel  des  todes  verhängt  ist. 

Also  der  götriichc  held ,  und  legt*  in  den  wagen  die  lämmer ,  3^ 
Trat  dann  selber  hinein,  und  zog  die  lenkendeii  zügel; 

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;      DRITTER  GESANG.  77 

\uch  mit  ihm  Antenor  bestieg  den  prächtigen  sessel ; 

Schnell  dann  kehrten  sie  beide  gen  Ilios  Mfieder  von  dannem 

Hektor  drauf,  des  Priamos  söhn,  und  der  edle  Odysseus, 
Shiitn  zuerst  die  weite  des  kampfraums ,  warfen  dann  eilend  315 
Loos'  in  den  ehernen  heim ,  und  schiittehen ;  welchem  das  schiksal 
Gönnte,  zuvor  auf  den  gegner  die  eherne  lanze  zu  weifenk 
Ringsum  flehte  das  volk,  und  erhob  zu  den  göttern  die  hande* 
Also  betete  mancher  der  Troer  umher  und  Achaier: 

Vater  Xeus ,  ruhmwürdig  und  hehr  ,  du  herscher  vom  Ida !  320 
Wer  von  beiden  den  grund  zu  solchem  streite  geleget, 
Dtn  lafs  jeio  venilgt  eingehh  in  Aides  wohnung ; 
Uni  erneue  sich  dann  freundschaft  und  heiliges  bündnis  !  /     * 

Also  da&  vblk ;  doch  der  grofse  s  der  helmumflatterte  Hektor 
Sdüttcltc,  rükwärts  gewandt :  da  entsprang  das  zeichen  des  Paris.  325 
Rings  nun  sezten  sich  all'  in  Ordnungen ,  dort  wo  sich  jeder 
Rosse  gehobenes  hufs,  und  gebildete  wafFen  gereihet. 
Aber  er  selbst  umhüllte  mit  zierlichen  wafFen  die  schultern  9 
Alexandros  der  held,  der  lockigen  Helena  gatte. 
Elend  fügt'  er  zuerst  um  die  beine  sich  bergende  schienen  >       330 
Bbk  und  schön,  anschliefsend  mit  silberner  knöchelbedeckung ; 
Weiter  umschirmt'  er  die  brüst  ringsher  mit  dem  ehernen  hämisch 
Seines  tapferen  bruders  Lykäon»  der  ihm  gerecht  war; 
B^c  sodann  um  die  Schulter  das  schwert  voll  silberner  buckeln , 
B»rner kling';  und  darauf  den  schild  auch ,  grofs  und  gediegen;  335 
Audi  das  gewaltige  haupt  mit  stattlichem  helme  bedekt'  er. 
Von  rothaaren  umwallt ;  und  fürchtetlich  winkte  der  helmbusch ; 
Kiilim  dann  die  machtige  lanze,  die  ihm  in  den  banden  ß;e  recht  war. 

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78  ^  ILIAS» 

So  auch  zog  Menelaos,  der  streitbare,  waffengeschmeid'  ^n. 

Als  sich  diese  nunmehr  in  jeglichem  heere  gerüstet,         .     34 
Wandeheh  hcid'  in  die  mute  der  Troer  einher  und  Achaier, 
Mit  androhendem  blik;  und  staunen  ergrif,  die  es  ansahn, 
Rossebezähmende  Troer,  und  heliumschiente  Achaier; 
Und  nun  standen  sie  nah'  im  abgemessenen  kampfraum, 
Wild  die  spcere  bewegend,  und  zornvoll  wider  einander.  34] 

Erstlich  entsandt*  Alexandros  die  weithinschattende  laiize; 
Und  sie  traf  dem  Atreiden  den  schild  von  gerundeter  wöIbung : 
Doch  nicht  brach  sie  das  erz,  denn  rükwärts  bog  sich  die  spize 
Auf  dem  gediegenen  schild.     Nun  erhob  auch  jener  die  lahze, 
Atreus  söhn  Menelaos,  und  betete  laut  zu  Kronion:  35^ 

Herscher  Zeus  j  lafs  strafen  mich  ihn^  der  zuerst  mich  beleidigt 
Alexandros  den  held ;  und  meinen  arm  ihn  bezwingen  i 
Dafs  man  schaudre  hinfort  auch  bei  spätgeborenen  enkeln^ 
Böse$  dem  freunde  zu  thun^  der  lieb*  und  gefälHgkcit  darbot! 

Sprachs,  und  im  Schwung* entsandt' er  die  weithinschattendc  laiiz^ 
Und  sie  traf  dem  Paris  den  schild  von  gerundeter  wölbung.       35 
Siehe  den  stralendeh  schild  durchschmetterte  mächtig  die  lanze. 
Auch  in  das  kuhstgcschmeide  des  hämisches  drang  sie  geheftet; 
Grad'  hindurch  an  der  weiche  des  bauchs  durchschnitt  sie  den  leibrol 
Stürmend :  da  wand  sich  jener,  und  mied  das  schwarze  Verhängnis.  ^6 
Hurdg  zog  der  Atreide  das  schwert  voll  silberner  buckeln, 
Hieb  dann  im  schwunge  den  heim ,  den  gekegelten ;  aber  an  jener 
Dreifach  zerkracht  und  vierfach,  entsprangihm  das  schwert  aus  der  rechter 
Atreus  söhn  wehklagte,  den  blik  gen  himmel  erhebend: 

Vater  Zeus,  nie  gleicht  dir  an  grausan^kcit  einer  der  göttcr!     2^ 


DRITTER  GESANa  79 

Ha,  ich  hofte  xu  strafen  die  frevelthat  Alexandros; 

Aber  es  sprang  aus  der  hand  mir  in  trümmer  das  schwert,  und  die  lanze 

Flog  mir  hinweg  aus  den  bänden  umsonst ,  und  verwundete  nicht  Ihn ! 

Spruchs,  und  stürmte  hinan,  undergrifihnambuschedeshelmes 
log  dann  gewandt  ihn  daher  zu  den  heliumschienten  Achaiern.    370 
Jenen  engt'  an  der  kehle  der  buntgezeichnete  riemen. 
Den  er  unter  dem  kinne^  des  helmes  band,  sich  befestigt. 
Und  er  hätt'  ihn  geschleift,  und  ewigen  rühm  sich  erworben. 
Wenn  nicht  scharf  es  bemerkt  die  tochter  Zeus  Afrodite, 
Und  ihm  zersprengt  den  riemen  d(*s  stark  erschlagenen  stieres.         3*75 
Leer  nun  folgte  der  heim  der  nervichten  hand  Menelaos. 
Diesen  schleuderte  drauf  zu  den  hellumschienten  Achaiern 
^hchfvoLl  schwingend  der  held ;  es  erhoben  ihn  theure  genossen ; 
Jcio  stürmt'  er  von  neuem  in  heifser  begier  zu  ermorden 
An  mit  dem  ehernen  speer.     Doch  jenen  entrükt*  Afrodite  380 

&)nder  müh»  als  göttin,  und  hülli*  in  nebel  ihn  ring^her; 
Sext'  ihn  drauf  in  die  kandmer,  die  duftende,  süfses  geruchcs; 
Helena  dann  zu  berufen,  enteilte  sie.     Jene  daselbst  noch 
fand  sie  auf  ragendem  thurm,  und  umher  viel  troische  weiber. 
Jezt  ihr  feines  gewand ,  das  nektarische ,  zupfte  sie  fassend  j       2^1^ 
i(edete  dann,  in  ge^talt  der  woUekrämpelnden  greisin. 
Die  ihr»  alt  und  betagt,  in  der  heimischen  bürg  Lakedämons 
liebliche  wolle  bereitet,  und  ihr  am  meisten  geliebt  war; 
Dicicr  gleich  an  gestalt,  begann  Afrodite  die  göttin: 

Komm ;  dich  ruft  Alexandros,  mit  mir  nach  hause  zu  kehren^    390 
jener  ruht  in  der  kammer  auf  zierlichem  lagergestelle , 
Sendend  in  reiz  und  feiergewand.     Kaum  solltest  du, 

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80  ILIAS. 

Dafser  vom  Zweikampf  komme;  vielmehr  er  gehe  zum  reigen, 
Oder  er  «iz*  ausruhend  vom  fröhlichen  reigen  ein  wenig. 

Jene  sprachs»  und  erregt'  ihr  das  wallende  herz  in  dem  busen.     391 
Aber  sobald  sie  bemerkte  den  lieblichen  nacken  der  göttin. 
Auch  den  busen  voll  reiz,  und  die  anmutstralenden  äugen; 
Tief  erstaunte  sie  jezt  >  und  redete ,  also  beginnend : 

Grausame,  was  doch  wieder  verlangest  du  mich  zu  bcthörcn 
Soll  ich  vielleicht  noch  weiter  die  wohlbevölkerten  Städte  40 

Frygias,  oder  der  holden  Mäonia  stadte  durchwandern  > 
Wenn  auch  dort  ein  geliebter  dir  wohnt  in  den  stammen  der  völker 
Weil  nunmehr  Menelaos  den  edlen  held  Alexandros 
Ueberwandj  und  begehrt,  mich  heim,  die  verhafste^  zu  fuhren; 
Darum  schleichst  du  mir  jezo  heran  voll  trüglicher  arglist?         40 
Scze  zu  jenem  dich  hin ,  und  verlals  der  unsterblichen  wandel ; 
Und  nie  kehre  dein  fufs  zu  den  seligen  höhn  des  Olympos : 
Ihm  sei  stets  in  kuAuner  gesellt >  ihn  pflege  mit  Sorgfalt» 
Bis  er  vielleicht  zum  weibe  dich  aufnehmt  oder  zur  sklavin! 
Dorthin  geh'  ich  dir  nimmer,  denn  unanständig  ja  war'  es^       41 
Ihm  sein  bett  zu  schmücken  hinfort«     Defs  würden  mich  alle 
Troerinnen  verschmähn;  und  gram  schon  lastet  das  herz  mir! 

Ihr  antwortete  drauf  zornvoll  Afrodite  die  götnn : 
Reize  mich  nicht ,  o  thörin !  ich  könnt'  im  zome  mich  wenden , 
Und  so  sehr  dich  hassen,  als  innig  mein  herz  dich  geliebet!      41 
Beid*  entflammt'  ich  die  völker  sodann  zu  verderblicher  feindschaf 
Troer  sowohl  wie  Achaier;  in  graun  dann  sänke  dein  schiksal ! 

Jene  sprachs;  und  verzagt  ward  Helena,  tochter  Kronions« 
Silend  ging  sie,  gesenkt  den  silberglänzenden  schleieri 

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DRITTER  GESANQ.  /       gi 

Stil! ,  den  sämtlichen  fraun  unbemerkt ;  und  es  führte  die  gSttin.     420 

AU  sie  nunmehr  Alexandros  gepriesene  wohnung  erreichten, 

Wandten  die  dienenden  mägde  sich  schnell  zur  befohlenen  arbeit* 

Jene  trat  in  das  hohe  gemach,  die  edle  der  weiber. 

Einen  sessel  ergrif  die  holdanlächelnde  Kypris, 

Trug  und  stellt'  ihn,  die  gottin,  dem  held  Alexandros  entgegen.    425 

Helena  scztc  sich  dort,  des  Agisers<;hiitterers  tochter. 

Kehrte  die  äugen  hinweg,  und  schalt  den  gemahl  mit  den  Worten t 

Kommst  du  vom  kämpfe  zuriik?  O  IKgest  du  lieber  getödtet 
Von  dem  gewaltigen  manne,  der  mir  der  erste  gemahl  war! 
Ha,  du  praltest  vordem,  den  streitbaren  held  Menelaps  .430 

Weit  an  kraft  und  händen  und  lanzenwurf  lu  besiegen ! 
Gehe  denn  nun ,  und  fodre  den  streitbaren  held  Menelaos , 
Wiederum  zu  kämpfen  im  Zweikampf!  Aber  dir  rath'  ich,  , 

Bleib'  in  ruh »  und  vermeide  den  bräunlichaa  held  Menelaos , 
Gegen  ihn  anzukämpfen  den  tapferen  kämpf  der  entscheidung,     435 
Ohne  bedacht;  dafs  nicht  durch  seinen  speer  du  erliegest! 

Aber  Paris  darauf  antwonete ,  solches  erwiedemd : 
Frau,    lafs  ab,  mir  das  herz  durch  bittere  Schmähung  zu  kränken. 
Jeio  hat  Menelaos  mir^obgesiegt  mit  Athene; 
Ihm  ein  andermal  Ich;  denn  es  walten  ja  götter  auch  unser«     440 
Komm ,  wir  wollen  in  lieb'  uns  vereinigen ,  sanft  gelagert. 
Denn  noch  nie  hat  also  die  glut  mir  die  seele  bewältigt, 
Auch  nicht,  als  ich  zuerst  aus  der  lieblichen  flur  Lakedämon 
Segelte,  dich  entführend  in  meerdurchwandelnden  schiffen, 
Und  auf  Kranaes  au  mich  gesellt'  in  lieb'  und  umarmung;       445 
Ab  ich  anjezt  dir  glühe,  durchbebt  von  süfsem  verlangen. 

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Homers  IHas.   I.  Band,  F 


8*  ILIAS.      DRITTER    GESANG. 

Sprachs,  und  nahte  dem  lager  zuerst;  ihm  folgte  die  gattin. 
Beide  ruheten  dann  im  schöngebildeten  bette. 

Atreus  söhn  durchstürmte  das  heer  noch,  ähnlich  dem  raubthier. 
Ob  er  ihn  wo  ausspähte,  den  göttlichen  held  Alexandros.  450 

Doch  nicht  einer  des  troischen  Yolks,  noch  der  edlen  genossen. 
Könnt'  Alexandros  ihm  zeigen,  dem  rufer  im  streit  Menelaos. 
Nicht  aus  freundschaft  wahrlich  verhehlten  sie,  wenn  man  ihn  schaute ; 
Denn  verhafct  war  er  allen  gesamt,   wie  das  schwarze  Verhängnis^ 
Jezo  erhub  die  stimme  der  völkerfurst  Agamemnon ;  455 

Hört  mein  wort ,  ihr  Troer «  ihr  Dardaner  ^  und  ihr  genossen  ! 
Offenbar  ist  sieget  der  streitbare  held  Menelaos. 
Gebt  denn  Helena  jezt,  die  Argeierin,  samt  der  besizung. 
Uns  zurük;  auch  bufse  bezahlt  uns,  welche  geziemet. 
Und  die- hinfort  auch  daure  bei  konmienden  enkergeschlechtern«     460 

Also  sprach  der  Atreid';  ihn  lobeten  alle  Achaier« 


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I  L  I  A  S. 


VIERTER     G  ES  AN  ,a. 


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INHALT. 

Zius  und  Hin  h$Uhtitßtn  IVojafs  untirgang^  Athim  bire^ 
äst  den  Pandaros ,  iinen  pfeil  auf  Menelaos  zu  schießen.  Den  vet'^ 
wundiim  heilt  Machaon,  Die  Troer  rücken  an,  und  Agamemnon 
ermuntert  die  achaiiichen  heerfUhrer  zum  ungti/i    Schlachte 


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I  L  I  A  S. 

V  I  JE  il  T  E  '^l      G  E  S  A  N  G^ 


/ibei  die  götter  um  TjCus  tathschlafeten  aU^in  Versammlung^ 
Sizend  auf  goldener  flur ;  sie  durchging  die  treflichc  Hebe , 
Nektar  umher  einschenkend^,  und-  jen*  aus  goldenen  bechera 
Tranken  sich  zu  einander,  und  scbaueten  nieder  auf  Troja. 
Sdinell  versuchte  Kronion ,  das  hem  der  Here  zu  kränken  3 

Durch  aufregende  wortS  und  redete  solche  vergleiehung: 

XwQ  der  götdnnen  hier  \/illfaJiren  dem  hdd  Menelaos» 
Hcre  von  Argos  zugleich,  und  Athen*,  Alaik6mene.'s  göttin« 
Aber  beide  von  fern,  des  anschauns  nur  sich  erfreuend, 
Siien  sie ;  vfeil  dem  andern  die  holdanlächelnde  Kypris  la 

Steu  als  helferin  naht,  und  die  graulichen  Kercn  ihm  abwchrt^ 
Nun  auch  entzog  sie  jenen,  da  tpdesgraun  er  zuvorsah* 
Aber  gesiegt  hat  wahrlich  der  streitbare  hcld  MenelaQS. 

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86  ILIAS. 

Uns  nun  lafst  erwägen,  wohin  sich  wende  die  sache: 

Ob  wir  hinfort  durch  kricgesgewalt  und  verderbende  Zwietracht   15 

Tüchtigen,  oder  in  frieden  die  beiderlei  vöIker  versöhnen. 

Wäre  dies  euch  allen  so  angenehm  und  gefällig; 

Gern  noch  möchte  sie  stehn,  des  herschenden  Priamos  vestc, 

Und  Menelaos  zuriik  die  Argeieiin  Helena  führen. 

Also  Zeus;  da  murrten  gcrheim  Athenäa  und  Here.  2q 

Nahe  sich  safsen  sie  dort,  nur  unheil  sinnend  den  Troern, 
Athenäa  nunmehr,  schwieg  still ,  und  redete  gar  nichts , 
Eifernd  deni  vater  Zeus ,  ijnd  ihr  tobte  das  herz  in  erbittrung. 
Here  nur  konnte  den  zorn  nicht  bändigen ,   sondern  begann  so; 

Welch  ein  wort ,  Kronion,  du  scbreklicher ,  hast  du  geredet !  25 
Willst  du,  dafs  ganz  ich  u^isonst  arbeitete,    dafs  ich  vergebens 
Scbweiüi.  der  mühe  v^rgofs,   und  umher  mit  ermatteten  rossen 
Völker  ^ntgt\  um  dem  Priamos  gram  und  den  söhnen  zu  schaffen  ? 
Thu's!   doch  nimmer  gefällt  es.  dem  rath  der  anderen  götter! 

Unmutsvoll  nun  begann  der  herscher  im  donnergewölk  Zeus : 
prausamc,  wa^  hat  Priamos  doch  und  Priamos  söhne  31 

Dir  so  böses  gethan^  dafs  sonder  rast  du  dich  abmühst,, 
Ilios  auszutilgen,  die  Stadt  voll  prangender  häuser? 
Möchtest  du  doch«  eingehend  durch  thor'  und  thürmende  mauern, 
Roh  ihn  verschlingen«  den  Priamos  selbst  und  Priamos  söhne,  3S 
Samt  dem  troischen  volk;   dann,  würde  der  zorn  dir  gesättigt! 
Thue«  wie  dir  es  gefallt:  daDs.  nicht  ausi  dem  hader  in  zukunft 
Beiden,  dir  selber  und  mir,  ein  grö()serer  zwist  sich  erhebe. 
lElines  verkünd*  ich  dir  noch,  und  D\i  b^^välu*'  es  im  herzen; 

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VIERTER   GESANG.  87 

Wenn  auch  mir  im  eifer  hinwegxutilgen  gelüstet 

Eine  Stadt,  wo  dir  erkohrene  giinstlinge  wohnen; 

Da&  du  durchaus  nicht  weilest  den  rächenden ,  sondern  mich  lassest ! 

Gab  doch  Ich  dir  willig,  obgleich  unwilliges  herzens. 

Denn  was  unter  der  sonn'  und  dem  Sterngewölbe  des  himmels 

Irgend  erscheint  von  Städten  der  sterblichen  erdebewohner ;  45 

Hoch  mir  vor  allen  geehrt  war  Ilios  heilige  veste, 

Priamos^ selbst,  und  das  volk  des  lanzenkundigen  königs. 

Denn  nie  mangelte  mir  der  altar  des  gemeinsamen  mahles, 

Nie  des  weins  und  geduftes ,  das  uns  zur  ehre  bestimmt  ward. 

Ihm  antwortete  draüf  die  hoheitblickende  Here :  50 

Siehe,  drei  vor  allen  sind  mir  die  geliebtesten  Städte, 
Argos  und  Sparta  zugleich,  und  die  weitdurch>yohnte  Mykene; 
Diese  Verderb'  im  zotn ,  wann  etwa  dein  herz  sie  erbittern ; 
Niemals  werd*  ich  solche  vertheidigen  ,^  oder  dir  eifern. 
Wenn  ich  ja  gleich  misgönnt',  und  wehrete,  dafs  du  verderbtest ;   55 
Nichts  doch  Schäfte  mein  thun;  denn  weit  gewaltiger  bist  du. 
Aber  es  ziemt  auch  meine  bemuhungen  nicht  zu  vereiteln. 
Denn  auch  ich  bin  göttin ,  entstammt  dem  geschlechte ,    wolicr  du; 
'cb  die  erhabenste  tochter  >  gezeugt  vom  verborgenen  Kronos , 
ivviefach  erhöht,  an  geburt,  und  weil  ich  deine  genossin  60 

Ward  ernannt,  der  du  mächtig  im  kreis  der  unsterblichen  waltesiy 
Aber  wohlan ,  dies  wollen  wir  nach^ehn  einer  dem  andern , 
Dir  ich  selbst ,  und  du  mir ;  auch  andre  unsterbliche  götter 
folgen  uns  dann.     Doch  jezo  beschleunige  Pallas  Athene, 
ßniugehn  in  der  Troer  und  Danacr  furchtbare  schlachtreihn ;       65 

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J 


8S  ILIAS. 

Dafs  sie  versuch',  ob  die  Troer  die  siegesstoken  Achaicr 
Etwa  zuerst  anfahn  zu  beleidigen,  wider  den  eidschwuf. 

Jene  sprachs ;  ihr  gehorchte  der  götter  und  sterblichen  vater ; 
Schnell  zur  Athene  darauf  die  geflügelten  worte  begann  er: 

Eile  sofort  in  das  heer  der  Troer  hinab  und  Achaier;  fo 

Dafs  du  vejrsuchst,  ob  die  Troer  die  siegesstolzen  Achaier 
Etwa  zuerst  anfahn  zu  beleidigen,  wider  den  eidschwur. 

Also  Zeus,  und  erregte  die  schon  verlangend«  göttin; 
Stürmendes  schwungs  entflog  sie  dtsn  felsenhöhn  des  OlympoJ. 
Gleich  wie  ein  stem,  den  gesendet  der  «ohn  des  verborgenen  Kronos,    75 
Schiffenden  oder  dem  beere  gewafneter  völker  zum  zeichen, 
Stralend  brennt,  und  im  flug*  unzählige  funken  umherspriaht; 
Also  senkt'  hineilend  zur  erde  sich  Pallas  Athene 
Zwischen  die  heete  hinab ;  und  staunen  ergrtf ,  dk  es  ansahn » 
Rossebezähmende  Troer,  und  heliumschiente  Achaier.  80 

Also  redete  mancher,  gewandt  zum  anderen  nachbai: 

"Wieder  fürwahr  soll  kriegesgewak  und  verderbende  Zwietracht 
Züchtigen,  oder  m  frieden  versöhnt  nun  beiderlei:  völker 
Zeus,  der  dem  menschengeschlechte  des  kriegs  obwalter  erscheinet! 

So  nun  redete  mancher  der  Troer  umher  und  Achaier.  83 

Jen',  ein  mann  von  gestalt,  durchdrang  der  Troer  getiimmel, 
Gleich  dem  Antenoriden  Laödokos,  mächtig  im  speerkampf, 
Rings  nach  Pändaros  forschend ,  dem  göttlichen ,  ob  sie  ihn  fände. 
Jezo  fand  sie  den  starken  untadlichen  söhn  des  Lykaon 
Stehend,  und  rings  um  den  herscher  die  ^arke  geschildete  heerschaar  90 
Seines  volks,  das  ihm  folgte  vom  heiligen  ström  Asepos. 

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VIERTER    QESANa  89 

Nahe  trat  sie  hinan ,  und  sprach  die  geflügelten  wortc ; 

Möchtest  du  jeit  mir  gehorchen,  verständiger  söhn  des  Lykaon? 
Wagtest  du  wohl ,  zu  schnellen  auf  Atreus  söhn  Menelaos  ? 
Preis  gewännst  du  und  dapk  vpn  allem  volke  der  Troer ,  95 

Doch  vor  allen  zumeist  vom  herschenden  held  Alexandros  1 

i 

Der  dich  traun  vorzüglich  mit  glänzenden  gaben  belohnte, 

Sah'  er  jezt  Menelaos »  den  streitbaren  söhn  des  Atreus , 

Deinem  geschosse  besiegte  die  traurige  flanune  besteigen. 

M  denn ,  und  richte  den  pfeS  zum  rühmlichen  held  Menelaoiif     100 

Aber  gelob'  Apollon ,  dem  lykischen  bogenberühmten  ^ 

£ine  dankhekatombe  der  ersdingsiämmer  z^u  opfern , 

Wann  du  zu'  hause  gekeha^t  in  die  heilige  dkadt  Zeleia. 

Also  Pallas  Athen*;  und  das  herz  des  thoren  gehorcht*  ihr. 
Schnell entblöfst'  er  den  bogen,  geschnizt  von  des  üppigen  steinboks    105 
Schönem  gehöm,  dem  er  selber  die  brüst  von  unten  getroiFen, 
Als  er  dem  fclsen  entsprang ;  am  gewähleten  ort  ihn  erwartend , 
lielt'  und  durchschofs  er  die  brüst,  dafs  rüklings  am  fels  er  hinabsank. 
Sechzehn  handbreit  ragten  empor  am  haupte  die  hörner. 
Solche  schnizt'  qnd  verband  der  hornarbeitende  künstler,  lio 

Glättete  alles  genau,  und  beschlugs  mit  goldener  kriimmung. 
Den  nun  stellt'  er  geschikt,   nachdem  er  ihn  spannt',  auf  die  erde 
Angelehnt;  und  mit  Schilden  bedekten  ihn  tapfere  freunde, 
Daü  nicht  zuvor  anstürmten  die  streitbaren  männer  Achaia's, 
fh  er  gefällt  Menelaos,  den  streitbaren  fursten  Achaia's.  115 

Jczo  des  köchers  deckel  eröfnet'  er,  wählte  den  pfeil  dann, 
l'ngCKhnellt  und  gefiedert,  den  urquell  dunk^ler  quälen* 

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90  ILIAS* 

Eilend  ordnet'  er  nun  das  herbe  geschob  auf  der  senne; 

Und  er  gelobt'  Apollon,  dem  lykischen  bogenberühmten , 

Eine  dankhekatombe  der  erstlingslämmer  zu  opfern,         •  I20 

Wann  er  z.u  hause  gekehrt  in  die  heilige  Stadt  Zeleia. 

Und  dann  zog  er  die  kerbe  zugleich,  und  die  nerve  des  rindes, 

Dafs  di^  senne  der  brüst  annäht',  und  das  eisen  dem  bogen. 

Als  er  nun^iehr  kreisförmig  den  mächtigen  bogen  gekrümmet;     124 

Schwirrte  das  hörn,  und  tönte  die  senn\  und  sprang  das  geschofs  hin, 

Scharfgespi^t,  in, den  häufen  hineinzufliegen  verlangend. 

Doch  nicht  dein,  Menelaos,  vergafsen  die  seligen  götter. 
Ewig  an  macl\t,  vor  allen  des  Zeus  siegprangende  tochter. 
Welche,  vo;:  dich  hintretend,  das  tqdesgeschofs  dir  entfernte. 
Gleich  so  wehrete  sie's  vom  leibe  dir,  wie  wenn  die  muttex       130 
Wehrt  vom  söhne  die  flieg' ,  indem  süfsschlummernd  er  daliegt. 
Dorthin  lenkt'  es  gerade  die  herscherin,  wo  sich  des  gurtes 
Goldene  spang'  anschlofs,  und,  zwiefach  hemmte  der  hämisch. 
Stürmend  traf  das  geschofs  den  festanliegenden  leibgurt. 
Sieh'  und  hinein  in  den  gurt,  den  künstlichen,  bohrte  die  ^ize;     135 
Auch  in  das  kunstgeschmeide  des  hämisches  drang  sie  geheftet, 
Und  in  das  blech,  das  er  trug  zur  schuzwehr  gegen  geschosse. 
Welches  zumeist  ihn  schirmte ;  doch  ganz  durchbohrte  sie  dies  auch; 
Und  ngn  rizte  der  pfeil  die  obere  haut  des  Atreiden, 
Dafs  ihm  sogleich  vorstromte  das  dunkelnde  blut  aus  der  wunde,  i^o 

Wie  wenn  ein  elfenbein  die  Mäonerin ,  oder  die  Karin , 
Schön  mit  purpur  gefärbt,  zum  wangenschmucke  des  rosses; 
Dort  nun  liegts  im  gemach,  und  viel  der  reisigen  männer 

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VIERTER   GESANG,  91 

Wünschten  es  wegzutragen;  doch  königen  hegt  sie  da«  kleikiod, 
Beides  ein  schmuk  dem  rosse  zu  seyn,  und  ehre  dem  lenker:  ^145 
Also  dir,  Menelaos,  umflofs  die  rüstigen  schenke! 
Farbendes  blut,  und  die  bein'  und  zierlichen  knöchel  hinunter. 

Schauer  durchdrang  urplözlich  den  heischer  des  volks  Agamemnon, 
Ak  er  das  blut  ansc^haute ,  das  schwarz  hinüofs  aus  der  wunde ; 
Schauer  durchdrang  ihn  selber,  den  streitbaren  held  Menelaos.      150 
Aber  sobald  er  die  schnür  auswärts  und  die  haken  crblikte; 
^Nard  von  neuem  mit  mut  sein  männliches  herz  ihm  ^erfüllet. 
Schwer  aufseufzend-  b^gani^  der  völkerfiirst  Agamemnon , 
Haltend  die  hand  Menelaos;  es  seufzten  umher  die  genossen: 

0  du  theuerer  bruder,  zuna  tode  dir  schlofs  ich  das  biindnis,     155 
ßch  allein  darstellend,  fiJr  uns  mit  den  Troern  zu  kämpfen! 
l^n  dich  schössen  die  feind',   und  zertraten  das  heilige  bijndnis! 
Aber  unispnst  ist  nimmer  der  eidschwur ,  oder  der  länuner 
ßjt,  noch  der  lautere  wein,  und  der  handschlag,  dem  wir  vertrauet. 
l^enn  auch  jezo  sogleich  der  Olympier  nicht  es  vollendet;         160 
Doch  vollendet  er  spät !  und  hoch  einst  werden  sie  biifscn , 
«Ibit  mit  eigenem  haupt,  mit  den  gattinqen,  und  mit  den  kindern! 
Denn  das  erkenn*  ich  gewifs  in  des  herzens  geist  und  empfindung : 
tioii  wird  kommen  def  tag ,  da  die  heilige  Ilios  hinsinkt , 
'riimos  selbst,  und  das  volk  des  lanzenkundigen  königs!  165 

Dann  wird  Xeus  der  Kronid'  aus  stralender  höhe  des  äthers 
Gegen  sie  all'  erschüttern  das  graun  der  umnachteten  Ägis , 
Zürnend  ob  solchem  betrug !  Ja  geschehn  wird  dieses  unfehlbar ! 
'*ber  in  bitteren  schmerz  versenkst  du  uiich ,  o  Menelaos , 

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92  ILIAS, 

Wenn  du  stirbst,  und  das  mafs  der  kl^enstage  gtfällt  hast!        i*?o 

Ha  wie  schmachvoll  wÖrd'  ich  zur  durstigen  Argos  zurükziehii ! 

Denn  alsbald  gedächten;  des  Vaterland«  die  Achaier; 

Und  wir  Hcfsen  zum  rühm  dem  Priamos  hier  und  den  Troern 

Helena,  Argos  kind;  es  moderten  deine  gebcine, 

Liegend  im  Troergefild',  am  unvollendeten  \vcrke!  Ä*j5 

Ja  dann  spräche  vielleicht  ein  über^nüriger  Troer, 

Über  dem  grab*  aufhüpfend  dem  rühmlichen  hcld  lV(enetaQ$  \ 

Dafs  doch  s»  bei  aUem  den  zorn  vollend'  Agaunemnon  j^ 

Wie  er  jezo  umsonst  herführte  das  volk  der  Achaic^!  . 

Denn  fchon  kehret*  er  heim  zum  lieben  lande  der  vater,  ifio 

Leer  die  sämtlichen  schiff* ,  und  ohne  den  held  Menelaosl. 

AlsQ  spräche  man  einst!  Dann  reifse  sich  weit  mir  die  erd'  auf!- 

Doch,  ihn  tröstete  so  der  bräunliche  held  Menelaos: 
Sei  getrost,  und  schrecke  noch  nicht  das  volk  der  Achaier, < 
Nicht  zum  tod*  hat  jezo  das  scharfe  geschofs  mich  verwundet ;     183 
Sondern  mich  schüzte  der  gurt  vol>  künstlicher  pracht,  und  darunter 
Auch  die  bind',  urid  das  blech,  das  erzarbeiter  gebildet. 

Ihm  antwortete  drauf  der  berscher  des  volks  Agamemnon:. 
Möcht*  es  doch  also  seyn,  du  geliebtester,  q  MenelaosK 
Aber  es  prüfe  der  arzt  die  blutende  wtuid*,  und  lege,  1,90 

Linderung  drauf,  uni  vielleicht  die  dunkele  quäl  zu  bezähmen. 

Sprachs ;  und-  Talthybios  rief  er  sofort ,  den  göttlichen  herold*s 
Auf,  Talthybios,  eile,  mir  schnell  den  Machaori  zp  rufien, 
Ihn,  Asklepios  söhn,  des  unvergleichbaren  aiztes, 
Dafs  MeneUos  er  schaue,  den  streitbaren  fürstei\  AchaiaV;^         igs 

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VIERTER  GESANG.  93 

Diesto  traf  mit  geschols  tin  bogenkundiget  Tro^r 

Oder  ein  Lykier  auch,  zum  rühme  sich»  uns  zur  betrUbnisi 

Jener  sprachs ;  da  gehorchte  des  königes  Worte  der  herold ; 
Schnell  durchging  er  die  schaaren  der  erzumschirmten  Achaier» 
Sdiauete  forschend  umhei^  und  fahd  den  beiden  Machaon        200 
Stehend)  und  rings  um  den  herscher  die  starke  geschildete  heerschaar 
Seines  Volks,  da«  ihm  folgt'  aus  der  rossenährenden  Trikka» 
Nahe  trat  er  hinan ,  und  sprach  die  geflügelten  worte : 

Auf >  Asklepios  söhn ;  dich  ruft  det  fürst  Agamemnoti  t 
Dab  Menelaos  -du  schauest »  den  streitbaren  söhn  des  Atreus ;     205 
Diesen  ttaf  mit  geschofs  ein  bogenkundiger  Troer 
Öder  ein  Lykier  auch ,  zum  rühme  sich ,  uns  zur  betrübnis. 

Jener  sprachs ;  ihm  aber  das  herz  im  busen  erregt*  er ; 
Schnell  durchwsmdelten  sie  das  gedriing'  in  den  schaaren  Achaia'j». 
Als  äe  nunmehr  iiinkamen,  wo  Atreus  söhn  Menelaos        ^       210 
Blutend  stand  t  und  um  jenen  die  edelsten  alle  versammelt 
Kings,  er  selbst  in  der  mitte,  der  gönerähnliche  streitet; 
^g  er  sofort  das  geschofs  aus  dem  festanliegenden  leibgurt ; 
Und  wie  er  auszog ,  bogen  die  spizigen  haken  sich  rUkwärts. 
Hierauf  löst'  er  den  gurt  voll  kunMlither  pracht,  und  darunter    215 
Auch  die  bind\  und  da«  blech,  das  erzarbeiter  gebildet. 
Als  er  die  wunde  geschaut,  Wo  das  herbe  geschofs  ihm  hineindrang; 
^  er  das  quellende  blut)  und  legt*  ihm  lindernde  salb*  auf. 
Kundig,  die  einst  dem  vater  verliehn  der  gewogene  Cheiron. 

WSirend  sie  doit  umeilten  den  rufer  im  streit  Menelaos;     220 
^cn  bereits  die  Troer  hcrto  in  geschildeten  schlachtreihn. 


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94  ILIAS. 

Jen'  auch  hüllten  sich  wieder  in  wehr ,  und  entbrannten  von  streidus^ 

Jezt  nicht  hättest  du  schlummern  gesehn  Agamemnon  den  hersche» 
Nicht  hinab  sich  schmiegen,  und  nicht  unwillig  zu  kämpfen; 
Sondern  mit  macht  hineilen  zur  männerehrenden  feldschlacht.   22J 
Denn  dort  liefs  er  die  ross'  und  den  crzumschinmiertcn  wagen;    ! 
Und  sein  genofs  hielt  jene,  die  mutig  schnaubenden^  abwärts, 
Held  Eutymedonj  söhn  von  Piräos  söhn  Ptolemäos. 
Ihm  gebot  er  mit  ernst,  dafs  er  nahete^  würden  ihhi  etwa 
Matt  die  glieder  Vom  gang ,  die  Ordnungen  rings'zu  durchwalten«    22( 
Selbst  dann  eilt*  er  zu  fufs*  und  umging  die  schaaren  der  männci^ 

Wo  er  nunmehr  jtrcitfertig  erfand  gaultutnmler  Achaia's,        ' 
Nahe  trat  er  hinaii)  und  sprach  die  ermunternden  worte: 

Auf,  Argeier,  gedenkt  rastlos  einstürmender  ab  weht! 
Denn  nicht  wird  dem  betrüge  mit  hülf  erscheinen  Kronion;     2  ! 
Sondern  welche  zuerst  nun  beleidigtet!)  wider  den  eidschwur. 
Deren  leichname  sollen,  ein  raub  der  geiier,  vermodern; 
Aber  die  Mühenden  weiber  und  tioch  unmündigen  Icindef    .- 
'  Führen  wir  selbst  in  schiffen ,  nachdem  die  Stadt  wir  erobert  ! 

Die  er  sodann  saumselig  erfand  zur  traurigen  feldschlacht,      24^ 
Solche  straft'  er  mit  ernst ,  und  rief  die  zürnenden  worte : 

Argos  Volk,  pfeilkühne,  verworfene,  schämt  ihr  euch  gar  ni*ht 
Warum  stehet  ihr  dort  so  betäubt,  wie  die  jungen  der  hindin. 
Die,  nachdem  sie  ermattet  vomjauf  durch  ein  weites  geSlde^ 
Dastehn,  nichts  im  herzen  von  kraft  und  stärke  noch  fühlend  ?      24J 
Also  steht  Ihr  jezo  betäubt,  und  starrt  vor  dtt  feldschlacht!   • 
Säumt  ihr,  bis  erst  die  Troer  herannakn,  wo  wir  die  sthiffe        1 


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VIERTER    GESANG.  95 

Stellten  mit  prangendem  Steuer ,  am  Strand  des  graulichen  meercs ; 
Don  zu  sehn,  ob  schirmend  Kronions  hand  euch  bedecke? 

So  mit  herschergebot  umwandelt'  er  jegliche  heerschaar.       250 
Jcio  erreicht'  er  die  Kreter,  im  gang  durch  der  männer  getiimmel. 
Jen'  um  Idomeneus  her ,,  den  feurigen  ,  standen  gewapnet ; 
Aber  Idomeneus  selber  voran ,  in  der  stärke  des  ebers ; 
UndMeriones  folgte*,  die  hinteren  reihn  ihm  erregend. 
Diese  sah  mit  freude  der  völkerfiirst  Agamemnon  i  255 

Ind  zu  Idomeneus  schnell  mit  freundlicher  rede  begann  er : 

Du,  Idomeneus,  bist  mir  geehrt  vor  den  reisigen  allen. 
Du  im  kriege  sowohl ,  als  sonst  in  jedeiti  geschähe , 
Auch  am  mahl  ^  wann  festlich  den  edleren  beiden  von  Argos 
Funkelnder  ehrenwein  in  vollen  krügen  gemischt  wird.  260 

Denn  ob  übrigens  gleich  die  hauptumlokten  Achaier 
Trinken  beschiedenes  mafs ;  doch  steht  dein  becher  bestandig 
Angefiillt,  wie  der  meine,  nach  henens wünsche  zu  trinken« 
Auf  denn,  gestürmt  in  die  Schlacht,  wie  du  immer  vordem  difch  gerühmet ! 

Aber  der  Kreterfürst  Idomeneus  rief  ihm  die  antwort:  2JS5 

Atreui  söhn»  dir  bleib'  ich  ein  treugesinnte*  genösse 
Inmicrdar,  wie  zuerst  ich  angelobt  und  betheueit. 
iNurdie  anderen  reize,  die  hauptumlokten  Achaier, 
^Meunigden  kämpf  zu  beginnen';  dieweil  sie  kränkten  das  bUndnis, 
Trojans  söhn' !  Izt  möge  sie  tod  und  jammer  in  Zukunft  270 

Treffen,  dieweil  sie  zuerst  nun  beleidigten,   wider  den  eidschwur! 

Jener  sprachs ;  und  vorbei  ging  freudiges  muts  Agamemnon. 
Jtto  etrcicht'  er  die  Ajas ,  im  gang  durch  der  männer  getümmcl. 


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96  ILIAS, 

Beide  standen  In  wehr»  und  es  folgt*  ein  gewölke  des  fufsvolks 

Also  schaut  von  der  warte  die  finstere  wölke  der  gei^hirt  27 

Ueber  das  meer  aisfüehn,  vonXefyros  hauche  getragen; 

Schwan  dem  fernen  betrachter  >  wie  düstere  schwärze  des  peches  ^ 

Scheint  sie  das  mcer  durehschwebend,  und  fuhrt  unerraefslichen  Sturmwind; 

Jener  erstarrt  vor  dem  blik,  und  treibet  die  heerd*  in  die  felskluft : 

Also  zog  mit  den  Aj<is  gewühl  streitfertiger  Jugend  eSo 

Dort  zur  blutigen  schlacht  in  dichtgeordneten  häufen 
fl 

Schwarz  einher,  von  Schilden  umstarrt  und  spizigen  lanzen; 

Diese  sah  mit  freude  der  völkerfürst  Agamemnon; 

Und  er  begann  zu  ihnen  >  und  sprach  die  geflügelten  wörtet 

Ajas  beid'i  heetPührer  der  erzumschirmten  Achaier  ^  285 

Ihr  dort  braucht,  zu  erregen  das  volk,  nicht  meines  gebotes ; 
Selbst  schon  eifrig  ermahnt  ihr  die  eurigen  ^  tapfer  zu  kämpfen. 
Wenn  doch,  o  vater  Xeus,  und  Pallas  Athen' ^  und  ApoUon, 
Solch  ein  mut  hier  allen  das  h^rz  im  busen  beseelte! 
Bald  dann  neigte  sich  'uns  des  herschenden  Priamos  veste ,         390 
Unter  unseren  bänden  besiegt  und  zu  boden  getrünunert ! 

Dieses  gesagt«  verUeis  er  sie  dort^  uhd  eilte  zu  andern  . 
Wo  er  den  Nestor  fand,  den  tönenden  redner  von  Pylos, 
Welcher  die  &eund'  anordnet'^  und  wohl  ermahnte  zur  feldschl  \^-  t\ 
Jen'  um  Pelagon  her,  und  Chxomios,  und  um^Alastor,  :ij^ 

Auch  um  Hämon  den  held ,  und  den  völkerweidenden  Blas. 
Erst  die  reisigen  stellt'  er  mit  rossen  zugleich  und  geschirren  ; 
Hinten  sodann  die  männer  zu  fu£s ,  die  vielen  und  tapfern  4 
Mauer  zu  seyn  des  gefechts ;  und  die  feigen  gedrängt  in  die  mitte , 


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VIERTER  GESANG,  97 

üJsy  wer  sogar  nicht  wollte ,  die  noth  ihn  zwänge  zu  streiten.     300 

F:6t  die  reinigen  nun  ermahnet'  er,   jedem  gebietend, 

Wohl  lu  hemmen  die  rosse ,  nicht  wild  durch  einander  zu  tummeln. 

Keiner,  auf  wagenkund'  und  männerstärke  vertrauend  , 
Wag'  allein  vor  andern  zum  kämpfe  sich  gegen  die  Troer; 
Keiner  auch  weiche  zurük:  denn  also  schwächt  ihr  euch  selber.    305 
Welcher  mann  vom  geschirr  hinkommt  auf  des  anderen  wagen, 
Strecke  die  lanze  daher ;  denn  weit  heilsamer  ist  solches. 
Das  war  der   alten  gebrauch,  die  städt'  und   mauren  zertrümmert, 
Solchen  sinn  und  mut  im  tapferen  herzen  bewahrend. 

Also  crmahnte  der  greis,  vorlängst  wohlkundig  des  krieges.  310 
Ihn  auch  sah  mit  freude  der  Völkerfürst  Agamemnon  ; 
l'nd  er  begann  zu  jenem ,  und  sprach  die  geflügelten  worte  : 

Möchten ,  o  greis ,  wie  der  mut  dein  herz  noch  füllet  im  busen , 
So  dir  folgen  die  knie*,  und  fest  die  stärke  dir  dauern ! 
Aber  dich  drükt  des  alters  gemeinsame  last!  O  ihr  götter,  315 

Dafs  sie  ein  anderer  trüg* ,    und  Du  ein  Jüngling  einhergingst ! 

Ihm  antwortete  drauf  der  gerenische  reisige  Nestor : 
Atreus  söhn ,  ja  gqme  verlangt'  ich  selber  noch  jezo 
Dfcrm  sein,  wie  ich  einst  den  held  Ereuthalion  hinwarf! 
Doch  nicht  alles  zugleich  verliehn  ja  die  götter  den  menschen*     320 
War  ich  ein  Jüngling  vordem ,  so  naht  mir  jezo  das  alter. 
Aber  auch  so  beglcit'  ich  die  reisigen  noch ,  und  ermahne 
Andre  mit  rath  und  worten ;  denn  das  ist  die  ehre  der  alten. 
Speere  geziemt  zu  werfen  den  jüngeren,  welche  der  jähre 
U'eniger  zählen  denn  Ich,  und  noch  vertrauen  der  stärke!         3^5 
Homers  Ilias«   I.  Ban<l.  G 


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98  ILIAS. 

Jener  sprachs ;  und  voibei  ging  freudiges  muts   Agamemnon ; 
Fand  dann  Peteos  söhn ,  den  rossetummler  Menestheus  , 
Stehn,  und  umher  die  Athener  geschaart ,  wohlkundig  des  fcldrufs. 
Aber  zunächst  ihm  stand  der  erfindungsreiche  Odys&eus, 
Welchem  umher  Kefailener  in  unverwüstbaren  schlachtreihn       330 
Standen.     Denn  noch  nicht  tonte  zu  beider  volke  der  aufruhr» 
Weil  nur  jüngst  mit  einander  erregt  andrängten  die  schaaren 
Rossebezähmender  Troer  und  Danaer.     Aber  erwartend 
Standen  sie,  wann  vorruckend  ein  anderer  zug  der  Achaier 
Stürmt*  in  der  Troer  volk ,  und  dort  anhübe  das  treffen.  335 

Diese  schalt  erblickend  der  völkcrfürst  Agamemnon; 
Und  er  begann  zu  ihnen ,   und  sprach  die  geflügelten  worte : 

O  du,  Peteos  söhn,  des  gottbeseligten  herschers! 
Und  du ,  reichlich  geschmükt  mit  bethörungen ,  sinnend  auf  vortheil ! 
Was  so  zusammengeschmiegt  entfernt  ihr  euch,  andererharrend?  340 
Traun  Euch  war  es  gemäfs ,   in  der  vordersten  reihe  der  kämpfer 
Dazustehn ,  und  hinein  in  die  flammende  Schlacht  euch  zu  stürzen  ! 
Seid  doch  Ihr  die  ersten  zum  mahl  mir  immer  gerufen, 
Rüsteten  wir  den  edlen  ein  ehrenmahl ,  wir  Achaier ! 
Freud' ists  dann,  zu  schmausen  gebratenes  fleisch ,  und  zu  trinken  345 
Becher  des  süisen  weins,  des  erlabenden,  weil  euch  gelüstet! 
Doch  nun  säht  ihr  mit  freude ,  wenn  auch  zehn  schaaren  Achaia*s 
Euch  zuvor  eindrängen  mit  grausamem  erz  in  die  feidschlacht ! 

Finster  schaut'  und  begann  der  erfindungsreiche  Odysseus: 
Welch  ein  wori:,  o  Atreid',  ist  dir  aus  den  lippcn  entflohen?  350 
Wie?  uns  nennst  du  zur  Schlacht  saumselii^e?  Wann  wir  Achaier 


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VIERTER  GESANG.  99 

Gegen  die  reisigen  Troer  die  wut  aufregen  de*  Ares; 
Wirst  du  schaun,  so  du  willst,  und  solcherlei  dinge  dich  kümmern, 
Auch  des  Telemachos  vater  gemischt  in  das  vordergetüminel 
Troisther  reisigen  gehn !  Du  schwazest  da  nichtige  worte !  355 

Lächelnd  erwiederte  drauf  der  herschcr  des  volki  A^aniciüüon, 
Als  er  zürnen  ihn  sah;  und  xurük  nun  nahm  er  die  rede: 

Edler  Laertiad',  erfindungsreicher  Odysseus, 
Weder  tadel  von  mir  verdienen  du ,  weder  ermahnung. 
Wcifs  ich  doch,  wie  das  herz  in  deinem  busen  beständig  360 

Milde  gedanken  mir  hegt;  du  gleichst  an  gesinnung  mir  selber. 
Komm;  dies  wollen  hinfort  wir  berichtigen,  wenn  ja  ein  hattes 
Wort  entfiel;  das  mögen  die  himmlischen  alles  vereiteln! 

Dieses  gesagt,  vcrliefs  er  sie  dort,  und  eilte  zu  andern. 
Tydeus  söhn  nun  fand  er,  den  stolzen  held  Diomedes,  365 

Stehn  auf . rossebespanntem  und  wohlgcfügetem  wagen; 
Neben  ihm  Sthenelos  auch,  den  kapaneischen  spröfsling. 
Ihn  auch  schalt  erblickend  der  völkerfürst  Agamemnon;  ' 
Und  er  begann  zu  jenem,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Wehe  mir,  Tydeus  söhn,  des  feurigen  rossebezähmers ,        370 
Wie  du  erbebst!  wie  du  bang'  umschaust  nach  den  pEaden  des  treffen« ! 
Nie  hat  Tydeus  also  verzagt  zu  erscheinen  geliebet. 
Sondern  weit  den  genossen  voraus  in  die  feinde  zu  sprengen. 
Also  erzählt,  wer  ihn  sah  in  der  arbeit:  ninmicr  ja  hab'  ich 
Selbst  ihn  gesehn,  noch  erkannt;  doch  strebet*  er,  ^agt  man,  vor  andern.  3*75 
Einst  verliefs  er  des  kriegs  heerzug,  und  kam  in  Mykene, 
Er,  mit  dem  held  Polyneikes,  ein  gastfreund,  volk  zu  versammeUi, 


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loo  ILIAS» 

Weil  mit  streit  sie  bezogen  die  heiligen  mauren  von  Tliebe; 
Und  sie  fleheten  sehr  um  rühmliche  bundesgenossen. 
Jen'  auch  wollten  gewähren ,  und  billigten ,  was  sie  gefodert ;     380 
Doch  Xeus  wandte  die  that  durch  unglükdrohende  zeichen. 
Als  sie  nunmehr  uns  verlassen,  und  fort  des  weges  gewandelt» 
Und  den  Asopos  erreicht,  den  gras  und  binsen  umufern; 
Sendeten  dort  die  Achaier  den  Tydeus  wieder  mit  botschaft. 
Jener  emeik',  und  fand  die  versammelten  Kadmeionen  385 

Fröhlich  am  mahl  im  palaste  der  heiligen  macht  Eteokles. 
Doch  er  crblödete  nicht,  der  rossebändiger  Tydeus, 
Fremdling  zwar,  und  allein,  umringt  von  vielen  Kadmeiem; 
Sondern  er  rief  zu  der  kämpfe  versuch ;  und  in  jeglichem  siegt'  er 
Sonder  muh:  so  mächtig  als  helferin  naht'  ihm  Athene.  390 

Jene ,  von  zorn  ihm  entbrannt ,  die  kadmeiischen  sporner  der  rosse , 
Legeten  hinterhalt,  auf  dem  heimweg  seiner  zu  harren, 
Junglinge,  fünfzig  an  zahl;  und  zween  anführer  geboten, 
Mäon  der  Hämonid',  unsterblichen  göttern  vergleichbar, 
Und  des  Autöfonos  söhn,  der  trozende  held  Lykofontes.  395 

Aber  es  ward  auch  jenen  ein  schmähliches  ende  von  Tydeus ; 
Alle  sie  strekt'  er  dahin,  und  einen  nur  sandt'  er  zur  heimat; 
Mäon  allein  entsandt'  er,  dem  wink  der  unsterblichen  trauend. 
So  war  Tydeus  einst,  der  Atolier!  Aber  der  söhn  hier 
Ist  ein  schlechterer  held  in  der  Schlacht ,  doch  ein  besserer  redner.     400 

Jener  sprachs;  ihm  crwicdertc  nichts  der  held  Diomedes, 
Ehrfurchtvoll  dem  verweise  des  ehrenvollen  gebieters. 
Aber  Käpaneus  söhn,  des  gepriesenen,  gab  ihm  die  antwort: 


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VIERTER    GESANG,  loi 

Rede  nicht  falsch,  Atreide,  so  wohlbekannt  mit  der  Wahrheit! 
Tapferer  rühmen  wir  uns,  weit  mehr  denn  unsere  väter!  405 

Wir  ja  eroberten  Thebe,  die  siebenthorige  veste. 
Weniger  zwar  hinführend  des  volks  vor  die  mauer  des  Are«, 
Aber  durch  götterzeichen  gestärkt  und  die  hülfe  Kronions. 
Jene  bereiteten  selbst  durch  missethat  ihr  verderben. 
Darum  preise  mir  nicht  in  gleicher  ehre  die  väter!  41a 

Finster  schaut*  und  begann  der  starke  held  DIomedes: 
Trauter,  q  halte  dich  still,  und  gehorche  du  meiner  ermahnung. 
Denn  nicht  Ich  verarg'  es  dem  hirten  des  volks  Agamemnon, 
Dafs  er  zum  kämpf  anreizet  die  heliumschienten  Achaier. 
Denn  ihm  folgt  ja  der  rühm,  wenn  Achaia's  3Öhne  die  Troer      415 
Bändigen,  und  mit  triumf  zur  heiligen  Ilios  eingehn;.  ' 

Ihm  auch  unendlicher  gram,  wenn  gebändiget  sind  die  Achaier. 
Aber  wohlan,,  auch  beide  gedenken  wir  stürmender  ab\yehr! 

Sprach«,  und  vom  wagen  herab  mk  den  rüstungen  sprang  er  zur  erde, 
Graunvoll  klirrte  das  erz  um  die  brüst  des  völkergebieters,  420 
Ali  er  sich  schwang ;  ihm  hätt'  auch  ein  männlicher  unten  gezittect. 

Wie  wenn  die  meeresflut  zum  hallenden  felsengestad"^^  her 
Wc^*  an  woge  sich  stürzt,  vom  Xefyros  aqfgewühlet; 
Weit  auf  der  höhe  zuerst  erhebt  sie  sich;  aber  arvjezo^ 
Laut  am  lande  zerplazt,  e;:donnext  sie,,  und  um  den  vorstrand    425 
Hanget  sie  krumm  aufbrandend  >  und  spek  von  ferne  den  salzschaani: 
Also  zogen  gedrängt  die  Danaer,  häufen  an  häufen, 
Rastlos  her  in  die  Schlacht.    Es  gebot  den  seinigen  jeder 
Völkerfiirst ;  still  gingen  die  atideren:  (keiner  gedäcTit'  auch, 

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101  :  ILTAS- 

Solch  ein  grokcs  gefolg'  hab'  einen  laut  in  den  buscn:)  430 

Ehrfurchtsvoll  verstummend  den  königen ;  jegliche  heerschaar 
Hell  von  buntem  geschmeid',  in  welches  gehüllt  sie  einherzog- 
Troja's  volk:  wie  die  schafe  des  reichen  manns  in  der  bürde 
Zahllos  stehn,  und  mit  milch  die  schäumenden  eimer  erfüllen, 
Blockend  ohn'  unterlafs,  da  der  lammer  stimme  gehört  wird:    435 
Also  erscholl  das  geschrei  im  weiten  beere  der  Troer; 
Denn  nicht  gleich  war  aller  getön ,  noch  einerlei  ausruf ; 
Vielfach  gemischt  war  die  sprach',  und  mancherlei  Stammes  die  Völker. 
Hier  ermunterte  Ares,  und  dort  Zeus  tochter  Athene;  439 

Schrecken  zugleich  und  Graun,  und  die  rastlos  lechzende  Zwietracht, 
Sie  des  mordenden  Ares  verbündete  freundin  und  Schwester: 
Die  erst  klein  von  gestalt  einherschleicht ;  aber  in  kurzem 
Hebet  sie  hoch  an  den  himmel  das  haupt,  und  geht  auf  der  erde. 
Sie  nun  streuete  zank  zu  gemeinsamem  weh  in  die  mitte, 
Wandelnd  von  schaar  zu  schaar,  das  geseufc  def  männer  vermehrend.  44  - 

Als  sie  nunmehr  anstrebend  auf  Einem  räum  sich  begegnet ; 
Trafen  zugleich  stierl^äut*,  und  speere  zugleich,  und  die  kräfte 
Rüstiger  männer  in'erz;  und  die  hochgenabelten  schilde 
Naheten  dichtgedrängt;  und  umher  stieg  lautes  getös'  auf. 
Jezo  erscholl  wehklagen  utid  siegsgeschrei  mit  einander,  450 

Würgender  dort  und  erwürgter;  und  Wut  umströmte  das  crdreich. 
Wie  zween  ström'  im  herbste  geschwellt,  den  gebirgen  entrollend. 
Zum  gemeinsamen  thal  ihr  strudelndes  "wasser  ergiefscn, 
Beid'  aus  mächtigem  quell,  in  dern  schrof  aushöhlenden  absturz  ; 
Ferne  hört  Uir  geräusch  der  weidende  hirt  .auf  den  bergen :        455 

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VIERTER  GESANG»  103 

>I$o  erhub  den  vermischten  sich  wutgcschrei  und  Verfolgung. 

Erst  nun  erschlug  den  Troern  Antilochos  einen  der  kämpfer. 
Welcher  im  vorkampf  glänzte ,  Thalysios  söhn  Echepolos; 
Diesem  traf  er  zuerst  den  umflatterten  kegel  des  helmes» 
Dafs  er  die  stirne  durchbohrt'  \  hinein  dann  tief  in  den  schadel       460 
Drang  die  eherne  spix';  und  nacht  iiinhu  11t'  ihm  die  äugen; 
Ind  er  sank,  wie  ein  thurm»  im  ungestüme  der  iFeldschlacht. 
Schnell  des  gefallenen  fufe  crgrif  Elefenor  der  herscher , 
Vom  Chalködon  erzeugt >  heerfürst  der  erhabnen  x^banter; 
Dieser  entzog  den  geschossen  ihn  cifcrig,  dafeer^eschwind  ihm    465 
Raubte  das  waffengeschmeid' ;  allein  kurz  währte  die  arbeit. 
Denn  wie  den  todten  er  schleifte  ^  da  sah  der  beherzte  Agenor , 
Dafs  dem  gebükten  die  seit*  entblöi^t  vora  schilde  hervorschien , 
lakte  den  erzgerUsteten  sthaftr  und  lost  ihm  die  glieder. 
Also  verliefe  ihn  der  geist ;.  doch  über  ihm  tobte  die  äibeit         470 
GraunvoH  kämpfender  Troer  und  Danaer  r  ähnlich  den  wölfen. 
Sprangen  sie  wild  aa  einandei>  und  mann  für  mann  sich  erwürgend, 

Ajas  der  Telamonid*  erschlug  Anthcmions.  söhn  izt, 
In  frischblühender  kraft ,  Simoqisios :  welchen  die  mutter 
Einst,  vom  Ida  kommend,,  an  Simois  ufer  geboren,  475 

Als  sie ,  die  heerde  zu  schaun  ^  dorthin  den  eitern  gefolgt  war : 
D^rura  nannten  sie  ihn  Simoeisios.     Aber  den  eitern 
Lohnet'  er  nicht  die  pflege ;  denn  kurz,  nur  bKitte  das  leben 
'fhm,  da  vor  Ajas  speer,  des  mutigen  beiden  ^  er  hinsank. 
Denn  wie  er  vorwärts  ging,  traf  jener  die  brüst  an  der  warze    480 
Rechts,  dafs  gerad'  hindurch  ihm  der  eherne  speer  aus  der  schiriter 


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I04  ILIAS. 

Drang,  und  er  selbst  in  den  staub  hintaumelte:  gleich  derpappcl. 
Die  in  gewässerter  aue  des  grofsen  sumpfes  emporwuchs, 
Glattes  Stamms,  nur  oben  entwuchsen  ihr  grünende  zweige; 
Und  die  der  wagener  jezt  abhaut  mit  blinkendem  eisen,  485 

Dafs  er  zum  kränz  des  rades  sie  beug*  am  zierlichen  wagen; 
Jezo  liegt  sie  welkend  am  bord  des  rinnenden  baches: 
So  Anthemions  «ohn  Simoeisios,  als  das  geschmeid*  ihm 
Raubete  Ajas  der  held.     Doch  Antifos,  rasch  in  dem  panzer, 
Sandt*  ihm,  Priamos  söhn,  die  spizige  lanz'  im  gcwühl  her;     490 
Fehlend  zwar;  doch  dem  Leukos,  Odysscus  edlem  genossen, 
Flog  das  geschofs  in  die  schäm»  da  zurük  den  todten  er  schleifte: 
Auf  ihn  taumelt'  er  bin,  und  der  leichnam  sank  aus  der  hand  ihm. 
Um  den  erschlagenen  freund  entbrannt*  im  herzen  Odysscus, 
Ging  durch  das  vordergefecht  mit  stralendem  erze  gerüstet,       495 
Stand  dann  jenem  genaht,   und  schofs  den  blinkenden  wurf&piefs, 
Rings  umschauend  zuvor;  und  zurük  dort  stoben  die  Trofcr, 
Als  hinzielte  der  held;  doch  flog  nicht  eitles  gcschofs  ihm, 
Sondern  Priamos  söhn  Demokoon  traf  es ,  den  bastard , 
Der  von  Abydos  ihm  kam,  vom  gestüt  leichtrennender  gaule.      500 
Dem  nun  sandte  die  lanz',  um  den  seinigen  zürnend,  Odysseus 
Durch  den  schlaf,  und  hindurch  aus  dem  anderen  schlafe  gestürmet 
Kam  die  eherne  spiz';  und  nacht  unihüllt'  ihm  die  äugen; 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall,  und  es  raspelten  um  ihn  die  waffen. 
Rükwärts  wichen  die  ersten  des  kampfs,  und  der  stralende  Hcktor.     505 
Aber  die  Danaer  tchrien  laut  auf,  und  entzogen  die  todten, 
Drangen  sodann  noch  tiefer  hinein.     Defs  zürnet'  Apollon» 


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VIERTER  GESANG.  105 

Schauend  von  Pergamos  höh',  und  ermunterung  rief  er  den  Troern: 

Auf,  ihr  reisigen  Troer,   wohlauf!  und  räumet  das  feld  nicht 
Argos  söhflen;  ihr  leib  ist  weder  von  stein,  noch  von  eisen,     510 
Dafs  abpralle  der  wurf  des  leibdurchbohrenden  erzes  I 
Nicht  doch  Achilleus  einmal,  der  söhn  der  lockigen  Thetis, 
Kämpft;  er  ruht  bei  den  schiffen,  das  herz  voll  nagendes  zomes! 

Also  rief  von  der  Stadt  der  schrekliche.     Doch  die  Achaier 
Trieb  Zeus  tochter  zum  kämpf,  die  herliche  Tritogeneia,  5J5 

"Wandelnd  von  schaar  zu  schaar,  wo  säumende  kampfer  erschienen. 

Jext  unistrikte  der  tod  Amarynkeus  söhn ,  den  Diores ; 
Denn  ihn  traf  an  dem  knöchel  des  rechten  fufses  ein  feldstein, 
Fausterfüllend  und  rauh;  es  warf  der  thrakische  führer 
Pciros,  Imbrasos  söhn,  der  hergekommen  von  Anos.  520 

Sehnen  zugleich  und  knochen  zerschmetterte  sortder  verschonen 
Ihm  der  entsezliche  stein;  dafs  er  riiklings  hinab  auf  den  bodcn 
Taumelte,  beide  händ*  umher  zu  den  freunden  verbreitend, 
Matt  ausathmend  den  geist.     Da  nahete;  der  ihn  verwundet, 
Peiros,  und  bohrte  die  lanz' in  den  nabel  ihm;  und  es  ent&türzten     525 
Alle  gedärme  zur  crd',  und  nacht  umhüllt'  ihm  die  äugen. 

Ihn  den  stürmenden  traf  mit  dem  spcer  der  Atolier  Thoas, 
Ucber  der  warz'  in  die  brüst;  und  es  drang  in  die  lunge  das  erz  ein. 
Nahe  sofort  sprang  Thoas  hinan,  und  rifs  ihm  des  Speeres  529 
Machtigen  schaft  aus  der  brüst ;  dann  zog  er  das  schneidende  schwert  aus, 
Schwang  es,  und  haut*  ihm  über  den  bauch,  und  raubte  das  leben. 
Doch  nicht  nahm  er  die  wehr;  denn  rings  umstanden  ihn  Thraker 
Mit  hochstiäubendem  haar ,  langschaftige  spiefse  bewegend , 

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io6  ILIAS.      VIKRTER  GESANG. 

Welche,  wie  grof«  der  held,  wie  gewaltig  er  war,  und  wie  ruhmvoll. 
Dennoch  zuriik  ihn  drängten;  er  wich  voll  jäher  be&tiirzung.      535 
Also  lagen  sie  beid*  im  staube  gestrekt  mit  einander, 
Dort  der  Thrakier,  hier  der  erzumschimiten  Epeier     " 
Fürsten  zugleich;  auch  sanken  noch  viel  der  anderen  ringsum. 

Jexo  hätte  kein  mann  da«  werk  der  kricger  getadelt^ 
Wandelt*  er,  ungetrofFen  und  ungehaun  von  dem  crze,  540 

Kings  durch  das  waffengewühl,  und  leitete  Pallas  Athene 
Ihn  an  der  hand,   abwehrend  den  fliegenden  stürm  der  geschosse. 
Denn  viel  sanken  der  Troer,  und  viel  der  Danaer  vorwärts 
Jenes  tags  in  den  staub,  und  bluteten  neben  einander. 


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I  L  I  A  S. 


FÜNFTER      GESANG. 


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INHALT. 

Diomedes,  den  Athene  zur  tapfer keit  erregt,  wird  von  Pa 
daros  geschossen^  Er  erlegt  den  Pandaris ,  und  verwundet  d 
Äneias,  samt  der  entführenden  Afrodite.  Diese  flieht  auf  d 
Ares  wagen  zum  Olympos.  ApoUon  trägt ,  von  Diomedes  ve 
folgt,  den  Äneias  in  seinen  tempel  auf  Pergamos,  woher  er  g 
heilt  bald  zurückkehrt.  Auf  ApoUons  ermahnung  erwekt  Ares  a 
Troer,  und  die  Achaier  weichen  allmählich.  Tlepolemos  von  Sa 
pedon  erlegt.  Here  und  Athene  fahren  vom  Olympos^  den  jichü 
ern  gegen  Ares  zu  helfen.  Diomedes ,  von  Athene  ermahnt  h\ 
begleitet,  verwundet  den  Ares.  Der  gott  kehrt  zum  Olyntpo 
und  die  guttinnen  folgen. 


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I  L  I  A  S. 

FÜNFTER     GESANG. 

Jezo  schmükt'  Athene  des  Tydeus  söhn  Diomedes 
Hoch  mit  kraft  und  entschlu£s,  damit  vorstralend  aus  allem 
Danaervolk  er  erschien',  und  herlichen^ruhm  sich  gewänne. 
Ihm  auf  dem  heim  und  dem  schiid*  entflammte  sie  mächtig  umher  glut : 
Ähnlich  dem  glanigesrirne  der  herbstnacht,  welches  am  meisten    5 
Klar  den  himmel  durchstrah,  in  Okeanos  fluten  gebadet: 
Solche  glut  hiefs  jenem  sie  haupt  umflammen  und  schultern,     * 
Scürmete  dann  ihn  hinein ,  wo  am  heftigsten  schlug  das  getiimmel. 

Unter  den  Troern  war  ein  unsträflicher  priester  Hefastos, 
Daresy  mächdg  und  reich,  der  ins  heer  zween  söhne  gesendet,     !• 
Fegeus  und  Idäos,  geübt  in  jeglichem  l^ampfe. 
Diese  sprengten  hervor  aus  den  übrigen  auf  Diomedes, 
Beid*  im  rossegeschirr ;  Er  strebte  xu  fufs  von  der  erde. 
Als  sie  nunmehr  sich  genaht,  die  eilenden  gegen  einander; 
Sendete  Fegeus  zuerst  die  weithinschattende  lanze.  15 

Aber  es  flog  dem  Tydeidendas  erx  links  über  die  schulter 
Hin,  und  verwundete  nicht.    Nun  schwang  auch  jener  den  wurfspiefs, 
Tydeus  söhn ;  und  ihm  flog  nicht  eitles  geschofs  aus  der  rechten ; 
Sondern  es  traf  in  die  kerbe  der  brüst,  und  stürzt'  ihn  vom  wagen. 
Aber  Idäos  entsprang,  den  zierlichen  sessel  verlassend;  ao 

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HO  ILIAS. 

Denn  nicht  wagt'  er   zu  ichüzen  den   leib  des  e>mordeten  brudei 
Kaum  auch,  kaum  er  selber  entrann  dem  ichwarxen  verhk'ngnis; 
Doch  ihn_entrükt'  Hefastos ,  in  schirmende  nacht  ihn  verhüllend, 
Dafs  nicht  ganz  ihm  sänke  der  greis  in  traurigen  Jammer. 
Weg  nun  trieb  das  gespann  der  söhn  des  erhabenen  Tydeus,     i 
Gab  es  den  seinigen  drauf,  zu  den  räumigen  schifFeo  zu  führen^ 
Jezt  wie  die  mutigen  Troer  geschaut  die  söhne  des  Dares, 
Den  in  ängstlicher  flucht,   und  jenen  erlegt  an  dem  wagen; 
Regte  sich  allen  das  herz.     Doch  Zeus  blauäugige  tochter 
Fafst'  an  der  hand,  und  ermahnte  den  ungebändigten  Ares:      | 

Ares ,  o  Ares  voll  nxord ,  bluttriefender  ♦  maurenzertriimmrer  1 
Lassen  wir  nicht  die  Troer  allein  izt  und  die  Achaier 
Kämpfen ,  zu  welcherlei  volk  Xeus  vorsieht  wende  den  siegsruhm 
Und  wir  weichen  zurük,  und  meiden  den  zorn  Kronions? 

Sprachs ,  und  entführte  der  Schlacht  den  ungebändigten  Ares ; 
Diesen  sezte  sie  drauf  am  gebügelten  Strand  des  Skamand  ros.        j 

Argos  söhn'  izt  drängten  den  feind,  und  jeglichem/ Führer 
Sank  ein  mann.     Erst  stürzte  der  völkerfürst  Agamemnon 
Hodios  aus  dem  geschirr,  den  Halizonengebieter.' 
Als  er  zuerst  umwandte ,  da  flog  in  den  rücken  der  speer  ihm 
Zwischen  der  schulterbucht,  dafs  vorn  aus  dem  busen  er  vordra^ 
Dumpf  hin  kracht*  et  im  fall,    und  es  r.asselten  um  ihn  die  wafF 

Aber  Idomeneus  tilgte  den  söhn  des  mäonischen  Bords, 
Fästost  der  her  aus  Tarne,  dem  scholligen  lande,  gekommen. 
Dieser  strebt'  auf  dem  wagen  empor,  doch  die  ragende  lanze 
Stiefs  ihm  der  speerberühmte  Idomeneus  rechts  in  die  Schulter  ; 
Und  er  entsank  dem  ge$chirr ,  und  graun  des  todes  umhüllt'  iht 

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FÜNFTER   GESANG.  iii 

f 

Aber  Idomeneus  freund'  entzogen  ihm  eilig  die  rU&tung. 

Ihn,  des  Strofios  söhn  Skamandrios ,  kundig  der  wildjagd, 
Rafie  mit  spiziger  lanze  des  Atreus  söhn  Mcnelaos ,  /  50     - 

Jenen  tapferen  Jäger.     Gelehrt  von  Artemis  sejber , 
Traf  er  alles  gewild ,  das  der  forst  des  gebirges  ernähret. 
Doch  nichts  frommte  nunmehr  ihm   Artemis,   froh  des  geschosses, 
Nichts  die  gepriesene  kunst ,  ferntreffende  pfeile  zu  schnellen ; 
Sondern  des  Atreus  söhn ,  der  streitbare  held  Menelaos ,  55 

Ab  er  vor  ihm  hinbebte,  durchstach  mit  dem  Speere  den  rücken 
Zwischen  der  schulterbacht ,  dafs  vorn  aus  dem  husea  er  vordrang. 
Jener  entsank  vorwärts ,  und  6s  rassehen  um  ihn  die  waffen. 

Auch  Meriones  traf  den  Fereklos,  stammend  von  Tekton, 
Haimonssohn,  der  mit  bänden  crfindsam  allerlei  kunstwerk        60 
Bildete;  denn  ihn  erkohr  zum  lieblinge  Pallas  Athene, 
fr  auch  hatte  dem  Paris  die  sch>vebenden  schiiFe  gezimmert , 
Jene  beginner  des  wehs,  die  unheil  brachten  den  Troern, 
l^ad  ihm  selbst ;  weil  nicht  er  vernahm  der  unsterblichen  aussprach. 
Diesen  traf,  da  er  jezt  im  verfolgenden  lauf  ihn  ereilte ,  65 

Rechts  hindurch  ins  gesäfs  Meriones ,  dafs  ihm  die  spize , 
Vom  die  blase  durchbohrend,  am  Schambein  wieder  hervordrang. 
Heulend  sank  er  aufs  knie ,  und  todesschatten  umfing  ihn. 

Mcges  warf  den  Pedäos  dahin,  den  söhn  des  Antenor, 
ftr  unehelich  war ;  doch  erzog  ihn  die  edle  Theano  ^o 

Gfeh  den  eigenen  kindern ,  gefällig  zu  sein  dem  gemahle« 
l^escm  schofs  nachrennend  der  speerberühmte  Fyleide 
"inten  die  spizige  lanze  gerad'  in  die  höhle  des  nackens ; 
Zwischen  den  zahnen  hindurch  zerschnitt  die  zunge  das>erz  ihm; 

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112  ILIAS. 

Und  er  enuank  in  den  staub,  am  kalten  erze  noch  knirschend.     -5 

^Doch  der  Euämonid*  Eurypylos  traf  den  Hypsenor, 
Ihn  Dolopions  söhn,  des  erhabenen,  der  dem  Skamandros 
War  zum  priester  geweiht,  wie  ein  gott  im  volke  geehret. 
Aber  Eurypylos  nun,  der  glänzende  söhn  des  Euämon, 
Als  er  vor  ihm  hinbebte,  verfolgt*  und  schwang  in  die  schulter       80 
Rasch  anrennend  das  schwert,  und  hieb  den  neivichtcn  arm  ab: 
Blutig  entsank  ihm  der  arm  ins  gefild*  hin ;  aber  die  äugen 
Uebernahm  der  purpurne  tod  und  das  grause  Verhängnis. 

So  arbeiteten  jen'  im  ungestüme  der  fcldschhu  ht. 
Aber  des  Tydeus  söhn,  nicht  wüfste  man,  welcherlei  volks  er      85 
Schaltete,  ob  er  mit  Troern  einherging',  ob  mit  Achaiern. 
Denn  er  durchtobte  das  feld ,  dem  geschwollenen  ströme  vergleichbar , 
Welcher  mit  herbstlicher  flut  sich  ergeufst,  und  die  brücken  zerscheitert; 
Nicht  ihn  zu  hemmen  vermag  der  brücken  gewaltiges  bollwerk, 
Auch  nicht  hemmen  die  zäune  der  grünenden  saatengefilde         90 
Ihn,  der  beschleuniget  kommt,  wann  gedrängt  Zeus  schauer  herabfällt. 
Weit  dann  unter  ihm  sinkf  der  Jünglinge  fröhliche  arbeit: 
Also  vor  Tydeus  söhn  enttgiumelten  dichte  geschwader 
Troisches  volks ,  und  bestanden  ihn  nicht ,  wie  viel  sie  auch  waren. 

Aber  sobald  ihn  schaute  der  glänzende  söhn  des  Lykaon,     95 
Wie  er  durchtobte  das  fe*d,  und  umher  zerstreute  die  schaaren; 
Richtet*  auf  Tydeus  söhn  er  sofort  sein  krummes  geschofs  hin. 
Schnellte  dem  stürmenden  zu,  und  traf  ihn  rechts  an  der  schulter» 
In  sein  panzergelenk ;  ihm  flog  das  herbe  geschofs  durch, 
Grad'  in  die  schulter  hinein,  und  blut  umströmte  den  panzer.      loa 
Jauchzend  erhub  die  stimme  der  glänzende  sohri^des  |L.ykaon: 

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ohn  des  Lyka 
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FÜNFTER  GEIÖÄNG.       '  113 

Angedrängt,  ihr  Troer  voll  kriegimut,  sporner  der  rosse! 
Denn  nun  trafs  den  besten  der  Danaer!  NiiTimer,  vcrnaut*  ich, 
Wird  er  es  lang*  aushalten;  das  starke  geschofc,  so  in  Wahrheit 
Mich  Xeus  herschender  soTin  xum  streit  aus  Lykia  hertrieb!       105 
So  «ein  jauchzender  ruf;  ihn  aber  bezwang  das  geschofs  nicht; 
Sondern  er  wich,  und  gestellt  vor  den  rossebespanneten  wagen, 
Redet'  er  Sthenelos  an,  den  kapane'ischen  spröfsling: 

Auf,  o  trautester  Kapaneiad*,  und  steige  vom  wagen, 
Dafs  du  das  herbe  geschofs  hervor  aus  der  Schulter  mir  ziehest,     iio 
Also  der  held;  doch  Sthenelos  sprang  von  dem  wagen  zur  erde, 
Naht',  und  zog  den  schnellen  durchdringenden  pfeil  aus  der  schulter; 
Hell  durchsprizte  das  blut  die  geflochtenen  ringe  des  panzers; 
Jezo  betete  laut  der  rufer  im  streit  Diomedesz 

Höre,  des  ^giserschütternden  Zeus  unbezwungene  tochter!      115 
Wenn  du  mir  je  und  dem  vater  mit  sorgsamer  liebe  genahet 
im  feindseligen  streit;  so  liebe  mich  nun;  o  Athene!  ^ 

Gicb ,  dafc  ich  treffe  den  mann ,  und  der  fliegende  speer  ihn  erreiche. 
Welcher  zuvor  mich  verwundet,  und  hoch  frohlockend  sich  rühmet, 
Nicht  mehr  schau'  ich  lange  das  licht  der  stralenden  sonne!      120 

Also  rief  er  flehend ;  ihn  hörete  I^allas  Athene, 
Leicht  ihm  schuf  sie  die  glieder,  die  füfs',  und  die  arme  von  oben; 
Nahe  nuh  trat  sie  hinan,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Kehre  getrost  j  Diomedes,  zum  muligen  kämpf  mit  den  Troern; 
Denn  in  das  herz  dir  gofs  ich  den  mut  und  die  stärke  des  vaters,    1^5 
Wie  unerschrekt  hinsprengte  der  scliildcrscluitterer  Tyd^us. 
Auch  entnahm  ich  den  äugen  die  finjtcrnis,  welche  sie  dekte; 
Dafs  du  wohl  erkennest  den  gott  und  den  sterblichen  menschen* 
Homers  Ilias.   I.  Band.  optzed 5^00gle 


114  ILIAS* 

Drum  so  etwa  ein  gott,  dich  hier  zu  versuchen»  herannaht; 
Hüte  dich,  seligen  göttern  im  kahipf  entgegen  zu  wandeln,       130 
Allen  sonst:  doch  so  etwa  die  tochter  Zeus  Afrodite 
Kam'  in  den  streit,  die  magst  du  mit  spizigem  erze  verwunden. 

Also  sprach,  und  enteike*  die  herscherin  Pallas  Athene. 
Aber  es  flog  Diomedes  znriik  in  das  Vordergetümmel. 
Hatt*  er  zuvor  im  herzen  geglüht,  ixiit  den  Troein  zu  kämpfen;     135 
Jezo  etgrif  ihn  dreimal  entflammterer  mut :  wie  den  bergleun , 
Welchen  der  hirt  im  felde,  die  wolUgen  schafe  bewachend. 
Streifte,  da  über  den  zäun  er  hereinsprang,  ohn'  ihn  zu  tödten; 
Jenem  erregt'  er  die  kraft,  und  hinfort  nicht  waget  er  abwefar. 
Nein,  in  den  Stallungen  birgt  er  sich  wo,  und  es  fliehn  die  verlafsnen ;  140 
Aufgehäuft  nun  liegen  die  blutenden  über  einander; 
Jener  entspringt  wutvoll  aus  dem  hochumschränkten  geheget 
So  voll  wut  in  die  Troer  erhub  sich  der  held  Diomedes. 

Jezt  den  Astynoos  rafe*  er  hinweg,  und  den  herscher  Hypeinor; 
Ihn  an  der  warze  der  brüst  mit  eherner  lanze  durchbohrend ;    145 
Jenem  schwang  er  ins  schultergelenk  des  gewaltigen  ^Schwertes 
Vhh;  dafs  vom  halse  die  Schulter  sich  sonderte,  und  von  dem  rücken. 
Diese  verliefs  er,  und  drang  auf  Abas  und  Polyeidos, 
Beid'  Eurydamas  söhne,  des  traumauslegenden  greises. 
Doch  den  scheidenden  hatte  der  greis  nicht  träume  gedeutet ;        150 
Sondern  es  raubt'  ihr  geschmeide  der  starke  held  Diomedes. 
Drauf  den  Xanthos  un^  Thoon  verfolget'  er ,  söhne  des  Fänops , 
Beide  spät  ihm  geboren;  und  schwach  vom  traurigen  alter, 
Xeugt'  er  kein  anderes  kind,  sein  eigenthum  zu  ererben. 
Jener  entwafnete  nun',  ihr  süise$  leben  vertilgendt^  155 

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FÜNFTER  GESANG.  115 

Beide  zugleich;  dafs  der  vater  in  gram  und  finsterer  Schwermut 
Nachblieb,  weil  nicht  lebend  sie  heim  aus  dem  treffen  ihm  kehrten» 
Freudig  begriffst,  und  das  erV  eindringende  fremde  sich  theiiten. 

Jezo  zween  aus  Priamos  blut,  des  Dardanionen, 
Traf  er  auf  Einem  geschirr,  den  Chromios  und  den  Echemon;       166 
Und  wie  ein  low'  in  die  rinder  sich  stürzt,  und  den  nackeh  der  starke 
Abknirscht,  oder  der  kuh,  die  laubgehölze  durchweiden: 
Also  beide  zugleich  warf  Tydeus  sehn  aus  dem  wagen 
Schreklich  herab  mit  gewalt;  und  hierauf  nahm  er  die  rüstung; 
Doch  das  gespann  entführten  die  seinigen  ihm  zu  den  schiffen.      165 

Jenen  ersah  Aneias,  .wie  sehr  er  verdünnte  die  schlachtreihn ; 
Flugs  durcheilt'  er  den  kämpf  und  den  klirrenden  stürm  der  geschosse, 
Rings  nach  Pandaros  forschend,   dem  göttlichen,  ob  er  ihn  fände« 
Jezo  fand  er  den  starken  untadlichen  söhn  des  Lykaon, 
Trat  vor  jenen  hinan ,  und  redete ,  also  beginnend :  170 

Pandaros,  wo  dein  bogen,  und  wo  die  gefiederten  pfeile,  • 
Und  dein  rühm,  den  weder  alhier  ein  anderer  theilet, 
Noch  in  Lykia  einer  dir  abzugewinnen  sich  rühmet? 
Hebe  die  hände  zu  Xeus,  und  sende  dem  mann  ein  geschofs  hin. 
Der  da  einher  so  schaltet,  und  schon  viel  böses  den  Troern       17 j 
Snftete,  weil  er  vieler  und  tapferer  kniee  gelöset! 
Ist  er  nicht  etwa  ein  gott,  der  im  -zorn  heimsuchet  die  Troer, 
Rächend  der  opfer  schuld ;  denh  hart  ist  die  räche  der  gÖtter. 

Ihm  antwortete  drauf  der  glänzende  söhn  des  Lykaon : 
Edler  fiirst,  Aneias,  der  erzgepanzerten  Troer,  180 

Gleich  des  Tydeus  söhne,  dem  feurigen,  acht'  ich  ihn  völlig; 
Denn  ich  erkenne  den  schild ,  und  die  längliche  ^*ffiPfA)(^^  helme* 

igi  ize     y  ^ 


ii6  '  ILIAS. 

Auch  sein  rossegeschirr ;  doch  vielleicht  auch  mag  er  ein  gott  <eyn. 
I6t  der  mann,  den  ich  sage,  dei  feurige  söhn  des  Tydeus; 
Nicht  ohn'  einigen  gott  ergrimmt'  er  so,  sondern  ihm  nahe        185 
Steht  ein  unsterblicher  dort,  ein  gewölk  um  die  schulter  sich  hüllend, 
Der  auch  das  schnelle  geschofs  abwendete,  welches  ihm  zuflog. 
Denn  ihm  sandt'  ich  bereits  ein  geschofs ,  und  traf  ihm  die  schulter 
Rechts,  dafs  völlig  die  spit*  in  das  panzergelenk  ihm  hineindrang; 
Und  ich  hoft',  ihn  hinab  zu  beschleunigen  zum  Aldoneus.         190 
Dennoch  bezwang  ich  ihn  nicht.     Ein  gott  mufs  wahrlich  erzürnt  seyn. 
Auch  nicht  hab'  ichldie  röss',  und  ein  schnelles  geschirr  zu  besteigen; 
Sondern  ich  liefe  in  Lykaons  palast  eilf  zierliche  wagen. 
Stark  und  neu  vom  künstler  gefugt,  mit  teppichcn  ringsum 
Überhängt;  und  bei  jeglichem  stehn  zweispännige  rosse  195 

Müfsig,  mit  nährendem  speit  und  gelblicher  gerstc  gösattigt. 
Dringend  ermahnete  zwar  der  grauende  kricger  Lykaon 
Mich  den  scheidenden  dort  in  der  schöngebaueten  wohnung, 
Dafs  ich,  erhöht  im  sessel  des  rossebespann^ten  wagens, 
Troisches  volk  anführte  zum  ungestüme  der  feldschlacht.  aoo 

Aber  ich  hörete  nicht,  (wie  heilsam,  hatt'  ich  gehöret!) 
Schonend  des  edlen  gespanns,   dafs  mirs  nicht  darbte  der  nahrung 
Bei  umzingeltem  volk,  da  es  reichlicher  pflege  gewohnt  wan 
Also  kam  ich  zu  fufs  gen  Uios,  ohne  die  rosse. 
Nur  dem  bogen  vertrauend;  allein  nichts  sollt'  er  mir  fronmien!     205 
Denn  schon  zween  heerfiirsten  der  Danaer  sandt'  ich  geschofs  hin, 
JTydeus  söhn',  und  des  Atreus  söhn';  und  beiden  hervor  drang 
Helles  biut  aus  der  wunde:  doch  reizt'  ich  beide  nur  stärker.     ^ 
unseligen  stund'  enthob  ich  bogen  und  köcher 

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FÜNFTER   GESANG.  U7 

Jenes  tagca  dem  pflok,  da  nach  Ilios  lieblicher,  vcste  aio 

Troisches  yolfc  ich  führte,  xu  gumt  dem  erhabenen  Hektor. 
Weid  ich  einntäl  heimkehren ,  und  wieder^ehn  mit  den  äugen 
Vatergefild*  und  weib ,  und  die  hohgebühnete  wohnung ; 
Schleunig  haue  mir  dann  das  haupt  von  der  schuher  ein  fremdling.. 
Wo  nicht  dieses  geschofs  in  loderndes  feucr  ich  weife,  zis 

Kun  in  den  bänden  geknikt ,  das  ein  nichtiger  tand  mich  begleitet ! 

Aber  Aneias  sprach,  der  Troer  fürst,  ihm  erwiedemd: 
Freund,  nicht  also  geredet!  Xuvor  wird  dieses  nicht -anders, 
Ehe  dem  n>ann  wir  beide  mit  unseren  rossen  und  wagen. 
Kühn  entgegen  gerennt,  und  mit  kriegesgeräth  ihn  versuchet.      220 
Auf  denn ,  ru  meinem  geschirr  erbebe  dich ,  dafs.  du  erkennest , 
^Vie  doch  troische  rosse  geübt  sind ,  durch  die  gefildc 
Dort  Lu  sprengen  und  dort,  ia  Verfolgungen,    und  in  entfiiehung. 
Ins  auch  wohl  in  die  stadt>  errettea  sie ,  wenn  ja  von  neu<;n\. 
Zeus  ihin  ehre  verleiht ,  des  Tydeus  sphn  DiomedeSi  22^ 

Auf  denn,  dieg^ifsel  sofort,  und  die  kunstreich  prangenden  zügcL 
Mm;  ich  selbst  verlasse,  die  ross*,  und  wart^  des  kampfes. 
Oder  begegn'  ihm  Du;  und  mir  sei  die  sorge  der  tossß^ 

Ihm  antwortete  drauf  der  glänzende  söhn  des.  Lykaon:. 
Lenke  du  selbst,  Aneias,  dein  rossegesp^nn  mit  dca^Pgeln.      ^3<> 
Huniger  können,  gewohnt,  des  lenkenden  >  Jen'  ujjs  entreifsen 
Auf  dem  gebognen  geschirr ,  wann  wieder  verfolgt;  der  Tydeide. 
Denn  sonst  möchten  sie.schcu  abirren  vom  lauf*  und  d^m  Schlachtfeld*' 
^'ns  unwillig:  enttragen ,  des  eigeners  st^rnm^  vQripissend ; 
Leicht  dann  stürxet  daher  der  sohu  des.  erhabenen  Tydeu^s^       asS 
Der  uns  selber  erschlägt,  und  entfuhrt  di<5  stampfend^  rosse. 


118  ILIAS. 

Darum  lenke  du  selbst  dein  wagengeschirr  und  die  rosse ; 
Jenem  will  Ich,  so  er  kommt,  mit  spiziger  lanxe  begegnen. 

Also  redeten  beid*,  und  den  künstlichen  wagen  besteigend. 
Sprengten  ^uf  Tydeus  söhn  sie  daher  mit  hurtigen  rossen.  240 

Sie  nahm  Sthenelos  wahr,  der  kapaneische  spröf&ling;  . 
Schnell  zum  Tydeiden  darauf  die  geflügelten  worte  begann  ert 

Tydeus  söhn  Diomedes,  du  meiner  seele  geliebter, 
Schau  zween  tapfere  männer  auf  dich  anstürmen  zum  kämpfe , 
Beid*  unermefslicher  kraft:  er  dort,  wohlkundig  des  bogens,       245 
Pandaros,  rühmet  sich  laut  als  söhn  des  edlen  Lykaon; 
Weil  Aneias  ein  so^n  des  hochbeherzten  Anchises 
Trozt  entsprossen  zu  seyn,  von  der  tochter  Zeus  Afrodite. 
Auf  denn ,  lab  uns  im  wagen  entfliehn ,  und  wüte  mir  so  «nicht 
Unter  dem^vordergewühl,  dafs  nicht  dein  leben  dir  schwinde.      250 

Finster  schaut'  und  begann  der  starke  held  Diomedes: 
Nichts  von  flucht  mir  gesagt;  denn  schwerlich  möcht*  ich  gchorcl^en! 
Mir  nicht  ists  anartend,  zurükzubeben  im  kämpfe, 
Oder  hinab  mich  zu  schmiegen ;  mir  dauret  die  kraft  ungeschwächt  noch ! 
Dazustehn  in  dem  wagen,  verdreufst  mich;  nein,  wie  ich  hier  bin,     255 
Wandr  ich  gegen  sie  an ;  furcht  wehret  mir  Pallas  Athene. 
Nie  trägt  jene  zurük  ihr  gespann  schnellfüfsiger  rosse 
Beid'  aus  unseren  bänden,  wofern  auch  einer  entrinnet. 
£ines  verkünd*  ich  dir  noch,  und  Du  bewahr'  es  im  herzen. 
Wenn  ja  den  rühm  mir  gewährt  die  rathende  göttin  Athene ,        060 
Dafs  ich  iie  tödte  zugleich;  dann  unsere  hurtigen  rosse 
Hemme  zurük,  das  gezäum  am  sesselrande  befe&tigt; 
u  Aneias  rossen  enteile  mir,,  dafs  duoi^l^d^ 


FÜNFTER    GESANG.  119 

Aus  der  Troer  gewühl  zu  den  hellumschienten  Achaiern. 
Jene«  geschlechts  ja  sind  sie,  das  Xeus  Kronion  dem  Tros  einst  26$ 
Gab  zum  entgelte  des  sohns  Ganymedes:  edel  vor  allen 
Rossen,  so  viel'  umstralet  das  tageslicht  und  die  sonne. 
Jenes  geschlechts  entwandte  der  völkcrfurst  Anchises, 
Ohne  Laomedons  künde  die  eigenen  Stuten  vermählend, 
Welche  darauf  sechs  füllen  in  seinem  palast  ihm  gebaren,  27Q 

Vier  von  jenen  behielt  und  ernähret'  er  selbst  an  der  kripp^; 
Die.  dort  gab  er  Aneias  dem  söhn,  zween  stürmende  renner. 
Nähmen  wir  diese  zum  raub,  dann  würd*  ein  herlicher  rühm  uns^ 

Also  redeten  jen*  im  wechselgespräch  mit  einander^ 
Schnell  nun  naheten  beide,  die  hurtigen  rosse  beflügelnd.  27^ 

Gegen  ihn  rufte  zuerst  der  glänzende  söhn  des  Lykaon: 

Feuriger,  hochbeherzter,   du  söhn  des  stralendcn  Tydeus, 
Nicht  das  herbe  geschofs  vom  schnellenden  bogen  bezwang  dich; 
Aber  anjezt  mit  dem  Speere  versuch'  ich  es,  ob  ey  mir  treffe. 

Sprachs,  und  im  schwung' entsandt' er  die  weitl^nschattende  lanze; 
Und  sit  traf  auf  den  schild  des  königes ;  diesen  hindurch  flog  280. 
Stürmend  die  eherne  spiz' ,  und  schmetterte  g^gen  den  panzer. 
Jauchzend  erhub  die  srimme  der  glänzende  söhn  des  Lykaon: 

Ha  ?  das  traf  doch  hindurch  in  die  weiche  dir  I  Ninuner,  vermut'  ich, 
Wirst  du  es  lang' aushalten ;  und  herlichen  rühm  mir  gewährst  du !  285^ 

Drauf  begann  unerschrocken  der  starke  held  Diomedes: 
Nicht  getroffen ,  gefehh  !  Doch  schwerlich  werdet  ihr,  mein'  ich, 
Eher  zur  ruh  eingehn,  bis  wenigstens  einer  entfallend 
Ares  mit  blute  getränkt,  den  unaufhaltsamen  krieger!« 

Sprachs,  und  entsandte  den  speer ;  ihn  nchwte  Py^<^^^    20- 


150  ILIAS. 

Grad*  am  aug'  in  die  nas';  und  die  schimmernden  T:ihne  durchdrang  sie ; 
Hinten  zugleich  die  xunge  zerschnitt  das  starrende  erz  ihm , 
Dafs  die  stürmende  spiz'  am  unteren  klnne  hcrvorschofs. 
Und   er  .entsank  dem  geschirr ,  und  es  rasselten  um  ihn  die  waffen  , 
Reges  gelen)cs,  weitstralend ;  und  seitwärts  zukten  die  rosse,      295 
Mutig  und  rasch;  ihn  aber  verliefe  dort  ödem  und  stärke. 

"-    Siehe  da  rannt'  Aneias  mit  schild  und  ragendem  spcer  an, 
Sorgend,  ob  weg  ihm  zögen  den  todteh  freund  die  Achaier. 
Rings  umwandelt'  er  ihn,  wie  ein  low'  in  trozender  kühnheit; 
Vor  ihn  sttekt*  er  die  lanz',  und  den  schild  von  gerundeter  wölbung,  300 
Ihn  zu  erschlagen,  bereit,  wer  nur  annahete  jenem, 
Mit  graunvollem  geschrei.^    Da  ergrif  den  gewaltigen  Feldstein 
Tydeus  söhn,  so  schwer,  dafs  nicht  ^ween  männer  ihn  trügen, 
Wie  nun  sterbliche  sind ,  doch  er  schwang  ihn  allein  und  behende. 
Hiermit  traf  er  Aneias  am  hüftgelenk ,  wo  des  schenkeis  305 

Bein  in  der  hüfte  sich  dreht,    das  auch  die  pfanne  genannt  wird  ; 
Und  er  zermalmt'  ihm  die  pfann',  und  zerrifs  ihm  beide  die  sehnen  ; 
Rings  auch entblöfste  die  haut  der  zackige  stein:  und  der  held  dort 
Sank  vorwärts  auf  das  knie,  und  stemmte  die  nervichte  rechte 
Gegen  die  erd';  und  die  äugen  umzog  die  finstere  nadit  ihm,    310 

Dort  i)nn  war*  er  gestorben,  der  völkerfürst  Aneias, 
Wenn  nicht  scharf  es  bemerkt  die  tochter  Xeus  Afrodite, 
Pie  dem  Anchises  vordem  ihn  gebar  bei  der  heerde  der  rinder. 
Diese  i  den  trautesten  söhn  mit  lilienarmen  umschlingend  , 
Breitet'  ihm  vor  die  falte  des  silberhellen  gewandes,  315 

Gegen  der  feinde  geschofs,  dafs  kein  gaultummler  Achaia^s 
'hm  die  brüst  mit  erze  durchbohrt',  und  das  leben  entrisse. 


FÜNFTER    GESANG.  121 

Also  den  trautesten  söhn  epttrug  sie  der  stürmende  feldschlacht^ 

Doch  nicht  Käpatieus  söhn  war  sorglos  jenes  Vertrages, 
Welchen  ihm  anbefahl  der  rufer  im  streit  Diomedes;  320 

Sondern  er  hemmt'  abwärts  das  gespann  starkhufiger  rosse, 
Aufscr  dem  stürm ,  das  gexäum  am  sesselrande  befestigt ; 
Schnell  dann  Aneias  rosse,  die  schöngemähnten ,  entfuhrt'  er 
Aus  der  Troer  gewUhl  zu  den  hell  umschienten  Achaiern; 
Gab  sie  darauf  dem  genossen  Deipylos ,  den  er  vor  allen  325 

Jugendfreunden  geehrt,  weil  fügsames  sinnes  sein  heri  war: 
DaCs  zu  den  schiffen  hinab  er  sie  führete.     Selber  der  held  nui^ 
Stieg  in  das  eigne  geschirr,  und  ergrif  die  prangenden  zügel, 
Lenkte  dann  schnell  zum  Tydeiden  diemachtvoll  stampfenden  rosse , 
Freudiges  muts.     Der  folgte  mit  grausamem  erze  d^er  Kypris  ,         330 
Weil  er  erkannt,  sie  erschein'  unkriegerisch,  keine  der  andern 
Göttinnen ,  welche  der  männer  gefecht  obwaltend  durchwandeln , 
Weder  Athene's  macht ,  noch  der  städt'  unholdin  Enyo. 
A!s  er  nunmehr  sie  erreicht,  durch  schlachtgetiimmel  verfolgend; 
Jeio,  die  lanze  gestrekt,  der  söhn  des  erhabenen  Tydeus,  335 

Traf  er  mit  eherner  spize  daher  sich  schwingend  die  hand  ihr , 
lart  und  weich;  und  sofort  in  die  haut  ein  stürmte  die  lanze 
Durch  d^e  ambrosische  hülle,  gewebt  von  den  Chariten  selber, 
Nah  am  gelenk  irt  der  fläche:  da  rann  unsterbliches  blut  ihr. 
Klarer  saft,  \vie  den  wunden  der  seligen  götter  entfliefset;  340, 

Denn  nicht  kosten  sie  brot,  noch  trinken  sie  funkelndes  weines; 
Blutlos  sind  sie  daher,  und  heifsen  unsterbliche  götter. 
Laut  auf  schrie  die  göitin ,  und  warf  zur  erde  den  söhn  hin. 
Diesen  nahm  in  die  h'ind'  und  errettete  Föbos  ApolIoiQOgle 


121  ILIAS» 

Hüllend  in  dunkles  gewölk,  dafs  kein  gaultummler  Achaia*s      345 
Ihm  die  Brust  mit  erze  durchbohrt',  und  das  leben  entrisse. 
Jezo  erhub  die  stimme  der  rufer  im  streit  Diomedes: 

Weiche  zurük,  Zeus  tochter,  aus  männerkampf  und  entscheidung ! 
Nicht  genug,  dafs  du  weiber  von  schwachem  sinne  verleitest? 
Wo  du  hinfort  iii  den  krieg  dich  einmengst ;  wahrlich  ich  meine ,  3S^ 
Schaudern  sollst  du  vor  krieg ,  wenn  du  fem  nur  nennen  ihn  hörest ! 

Jener  sprachs;  und  verwirrt  enteilte  sie,  quälen  erduldend. 
Iris  nahm  und  enttrug  sie  windschnell  aus  dem  Getümmel, 
Ach  voro  schmerze  betäubt ,  und  die  shöne  band  so  geyöthct ! 
Jezo  fand  sie  zur  linken  der  Schlacht  den  tobenden  Ares  355 

-Sizend,  in  nacht  die  lanze  gehüllt,  und  die  hurtigen  rosse. 
Und  auf  die  knie'  hinfallend  vor  ihrem^  theuersten  bruder  i. 
Bat  sie  und  flehete  sehr  um  die  goldgeschirret^n  rosse: 

Theuerster  bruder  »-^  schaffe  mich  weg ,  und  gieb  mir  die  rosse  j 
Dafs  zum  Olympos  ich  komm' ,  alwo  die  unsterblichen  'Äohnen.  360 
Heftig  schmerzt  mich  die  wunde;  mich  trafein  sterblicher  mann  dort, 
Tydeus  söhn,  der  anjezt  wohl  Zeus  den  vater  bekämpfte. 

Jene  spiachs;  und  er  gab  die  gotdgeschirreten  rosse. 
Und  ,sie  trat  in  den  sesscl ,  das  herz  voll  grofser  betrübnis. 
Neben  si&  trat  dann  Iris ,  und  fafst'  in  den  bänden  die  zügel ;     365 
Treibend  schwang  sie  die  geifsel ,  und  rasch  hin  flogen  die  rosse. 
Bald  erreichten  sie  dann  die  seligen  höhn  des  Olympos. 
Alda  hemmte  die  rosse  die  windschnell  eilende  Iris, 
Schirrte  sie  ab  vom  wagen ,  und  reicht'  ambrosische  nahrung. 
Aber  mit  wehmuth  sank  in  Dione's  schoofs  Afrodite;  370 

Mütterlich  hiek  nun  jene  die  götdichc  tochtcr  umarmet» 


FÜNFTER   GESANG.  123 

breichelte  sie  mit  det  hand  ,«iind  redete»  also  beginnend  : 
Wer  mishandelte  dich ,  mein  töchterchen ,  unter  den  göttern » 
Sonder  scheu,  als  hättest  du  öffentlich  frevel  verübet? 

Ihr  antwortete  drauf  die  holdanlkchelnde  Kypris:  375 

Mich  hat  verlezt  der  Tydeide,  der  troxige  held  Diomedes, 
Weil  ich  den  theueren  söhn  aus  dem  Schlachtgetümmel  hinwegtrug, 
Meinen  Aneias ,  der  mir ,  o  weit  vor  allen ,  geliebt  ist. 
Nicht  ists  mehr  der  Troer  und  Danaer  schrekliche  feldschlacht ; 
Sondern  es  nahn  die  Achaier  sogar  unsterblichen  kämpfend !     380 

Ihr  antwonete  drauf  die  herliche  göttin  Dione: 
Dulde,  du  liebes  kind,  und  fasse  dich,  herzlich  betrübt  zwar! 
Viele  det  unsrigen  schon,  die  olympische  häuser  bewohnen, 
Duldeten  gram  von  menschen,  indem  wir  einander  gekränket. 
Ares  trugs  mit  geduld ,  da  di?  riesenbrut  des  Aloeus ,  385 

Otos  samt  Efialtes,  ihn  hart  in  banden  gefesselt. 
Dreizehn  lag  er  der  mond',  umschränkt  vom  ehernen  kerker; 
Lnd  er  verschmachtete  schier,  der  unersättliche  kriegcr, 
Wenn  nicht  der  brut  Stiefmutter,  die  reizende  Eeriböa, 
Solches  dem  Hermes  gesagt :  der  entwendete  heimlich  den  Ares ,  390 
Dem  schon  fehlte  die  kraft ;  denn  die  grausame  fessel  bezwang  ihn. 
Hcre  auch  trugs,«  als  einst  Amfitryons  mächtiger  söhn  ihr 
Mit  dreischneidigem  pfeil  an  d^r  rechten  seit'  in  den  busen 
Traf;  da  hätte  beinah  unheilbarer  schmerz  sie  ergriffen. 
Selbst  auch  Aides  trugs,  der  gewaltige  schattenbeherscher ,  395 

Als  ihn  eben  der  mann,  der  söhn  des  Ägiserschüttrcrs , 
lernen  am  thor  der  todten  mit  schmerzendem  pfeile  verwundet. 
Aber  er  stieg  zum  hause  des  Zeus  und  dem  hoheg^^^^^l^ 


124  ILIAS» 

Traurcnd  das  herz ,  durchdrungen  vph  wütender  pein ;  denn  gehef 
War  ip  der  mächtigen  Schulter  d^r  pfeil,  und  quält*  ihm  die  seele.  4 
Doch  ihm  legt'  auf  die  wunde  Päeon  lindernden  baUam, 
Und  er  genas  ;  denn  nicht  war  sterbliches  loos  ihm  bcschicdciu 
Kühner,  entsexlicher .mann ,  der  frech,  nicht  achtend  des  firevek. 
Sein  g^schofs  auf  götter  gespannt,  des  Olympos  bewohner^ 
Jenen  erregte  dir  teus  blauäugige  tochter  AtheijCv  4^ 

Thor !  er.  e^v^'og  nicht  solches ,  der  söhn  des  mutigen  Tydeu« , 
Dafs  ftrcht  lange  besteht,  wer  wider  unsterbliche  kämpfet., 
Dafs  nicht  kinc^r  ihm  einst  an  den  knien :  mein  väterchen !  stammelr 
Ihm  der  gekehrt  aus  krieg  und  schrecken  voller  entscheidung. 
Darum  hüte  sich  jezt,  wie  tapfer  er  sei,  Diomedes.,  41 

Dafs  nicht  stärker ,   denn  Du ,  ein  anderer  gegen  ihn  lüimpfe ; 
Dafs  nicht  Ägialeia ,  die  sinnige  tochter  Adrastos , 
Einst  aus  dem  schlaf  aufschluchzend  die  hausgenossen  erwecke, 
Schw^rmutsvoll  um  den  Jugendgemahl ,  den  ersteig  Acbaia's , 
Sie,  das  erhabene  weib  von  Tydeus  söhn  Diomedes!  41 

Sprachs;  und  troknete  jener  mit  beiden  bänden  die  wunde; 
Heil  ward  jezo  die  band ,  und  besänftiget  ruhten  die  schmerzen. 
Aber  es  schaut*  Athene  daher  und  die  königin  Here  , 
Und  mit  stichelnden,  Worten  erregten  sie  Zeus  Kronion. 
Also  rediete  Zeus  blauäugige  tochter  Athene:  43 

Vater  Ireus,  o  wirst  du  mit  zorn  aufnehmen  die  rede?. 
Sicher  bewog  nun  Kypris  ein  schönes  achaiisches  weiblein» 
Mitzugehn  zu  den  Troern,  die  jezt  unmäfsig  sie  liebet; 
Dort  vielleicht  am  gewande  der  holden  Achaierin  streichelnd , 
Hat  sie  mit  goldener  spange  die  zarte  band  sich  eerizct.  421 


FÜNFTER  GESANG.  135 

Sprachs;   da  lächelte  sanft  der  memchen  und  ewigen  vater, 
Rief  und  redete  so  zu  der  goldenen  Afrodite: 

Nicht  dir  wurden  verliehn ,  mein  töchterchen ,  werke  des  kriegest 
3rdne  du  lieber  hinfort  anmutige  werke  der  hochxeit, 
Oiese  besorgt  schon  Ares  der  stürmende,  und  Athcnäa.  430 

Also  redeten  Jen'  im  wechselgespräch  mit  einander. 
\ber  es  rannt'  auf  Aneias^  der  rufcr  im  streit  Diomedes, 
Wissend  zwar,  dafs  selber  ApoUons  hand  ihn  bedekte. 
Doch  nicht  scheut'  er  den  gott,  den  gewaltigen;  sondern  begierig 
Strcbt'er  xa  tödteh  den  held>  und  die  prangende  rüstung  zu  rauben.  435 
Dreimal  stürzt'  er  hinan,  voll  heifser  begier  zu  ermorden; 
Dreimal  erregte  mit  macht  den  leuchtenden  schild  ihm  ApoUon. 
Als  er  das  viertemal  drauf  anstiirmete ,  stark  wie  ein  Dämon , 
Drohte  mit  schreklichem  ruf  der  treffende  Föbos  ApoUon : 

Hute  dich,  Tydeus  söhn,  und  weiche  mir !  Nimmei  den  göttern  440 
Wage  dich  gleich  zu  achten ;  denn  gar  nicht  ähnliches  Stammes 
Sind  unsterbliche  götter ,  und  erd umwandelnde  menschen! 

Also  der  gott;    da  entwich  mit  zauderndem  schritt  DiomedeS» 
Scheuend  den  furchtbaren  zorn  des  treffenden  Föbos  ApoUon. 
Doch  den  Aneias  enttrug  dem  schlachtgetümmel  ApoUon,  445 

Hin  wo  der  tempel  ihm  stand  auf  Pergamos  heiliger  höhe. 
Sein  dort  pflegeten  Leto  und  Artemis,  froh  des  geschosses, 
Drinnen  im  heiligsten  räum,    ihm  kraft  und  herlichkeit  schenkend. 
Aber  es  schuf  ein  gebild  der  gott  des  silbernen  bogens , 
Ganz  dem  Aneias  gleich  an  gestalt  und  jeglicher  rüstung ;  450 

Und  um  das  bild ,  hier  Troer  und  hier  mutvoUe^  Achaier , 
Hauten  sie  wild  einander  umher  an  den  bu^en  die  stierhaut 

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126  ILIAS. 

Schongeründcter  sehild'  und  leichtgeschwungencr  tanschen. 
Doch  xum  tobenden  Ares  begann  nun  Föbos  Apollon : 

Ares,  o  Ares  vollmprd,  bluttriefender,  maurenxertriimmrer !  4. 
Möchtest  du  nicht  den  mann  aus  der  Schlacht  zu  entfernen  dahingehi 
Tydeus  söhn,   der  anjezt  wohl  Zeus  den  vater  bekämpfte? 
Erstlich  hat  €x  der  Kypris  die  hand  am  knöchel  verwundet; 
Und  mich  selber  darauf  bestürmet*  er,  stark  wue  ein  Dämon! 

Also  sprach  er,  und  sezt*,  auf  Pergamos  höhe  sich  nieder.  41 
Troja's  schaaren  durcheilt*  und  ermunterte  Ares'  der  wütrich, 
Akamai  gleich  an  gestalt,  dem  rüstigen  führer  der  Thraker. 
Jezt  des  Priamos  söhnen ,  den  gottibeseligten ,  rief  er : 

O  ihr  Priamos  söhne,  des  gottbeseligten  herschers. 
Bis  wie  lange  vergönnt  ihr  das  morden  des  volks  den  Achaiern?  : 
Bis  vielleicht  um  der  Stadt  schönprangende  thore  gekämpft  wrc*  - 
Liegt  c}och  der  mann ,  den  gleich  wir  geehrt  dem  göttlichen  Hcktc 
Held  Aneias,  der  söhn  des  hochgesinnten  Anchises! 
Auf ,  dem  getüimnel  der  schlacht  entziehn  wir  den  edlen  genösse 

Jener  riefs,  und  erregte  den  mut  und  die  herzen  der  männer.  4 
Jczo  begann  Sarpedon,  und  schalt  den  göttlichen  Hektor: 

Hektor,  wohin  ist  geschwunden  der  mut  dir,  den  du  zuvor  trug 
Schirmen,  auch  ohne  volk  und  verbündete,   wölkest  du  Troja, 
Du  allein  mit  den  Schwägern  und  deinen  leiblichen  brüdern  ! 
Keinen  davon  nun  kann  ich  umher  schauii  ,  oder  bemerken ;    4 
Sondern  geschmiegt  sind  alle ,  wie  scheue  hund*  um  den  löwen ; 
Doch  Wir  tragen  die  schlacht,  die  wir  als  berufene  mitgehn. 
Auch  ich  selbst,  ein  bundesgenol^,  sehr  ferne  ja  kam  ich. 
Her  aus  dem  Lykierland*  an  Xanthos  wirbelnden  fluten: 

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FÜNFTER  GESANG.  127 

Wo  ein  geliebtes  weib  ich  verliefs,  und  ein  stammelndes  knäblein,    480 
Und  der  besixungen  viel,  was  nur  ein  darbendet  Wünschet. 
Aber  auch  so  ermahn'  ich  die  Lykier,  eifere  selbst  auch. 
Meinem  mann  zu  begegnen;  wiewohl  nichts  solches  mir  hier  ist. 
Welches  hinweg  mir  trüg*  ein  Danaet,  oder  entführte. 
Doch  Du  stehst  da  selber ,  und  auch  nicht  andere  mahnst  du    485 
Auszuharren  im  Volk,  und  schuz  zu  bieten  den  weibem. 
O  dafs  nicht,  wie  gefangen  im  weiteinschliefsenden  zuggarn, 
Ihr  feindseligen  mahlnern  zu  raub  und  beute  dahin&inkt, 
Welche  sie  bald  austilgten,  die  Stadt  voll  prangender  häuser! 
Dir  ja  gebührts«  das  alles  bei  tag*  und  nacht  zu  besorgen,        49« 
Dafs  du  flehst  den  fürstep  der  fernberufenen  helfer, 
Rasdos  hier  zu  bestehn,  und  ablegst  heftigen  Vorwurf! 

Also  sprach  Sarpedon,  das  herz  aufreizend  dem  Hektor. 
Schnell  vom  wagen  herab  mit  den  rüstungen  sprang  er  zur  erde. 
Schwenkend  die  spizigen  lanzen,  durchwandelt*  er  alle  gescn wader,  495 
Rings  ermahnend  zum  kämpf,  und  erwekte  die  tobende  feldschlacht. 
Sic  nun  wandten  die  stirn,  und  begegneten  kühn  den  Achaiern. 
Argos  Volk  dort  harrte,  gedrängt  in  schaaren  und  furchtlos. 
Doch  wie  der  wind  hintraget  die  spreu  durch  heilige  tennen. 
Unter  der  worfeler  schwung,  wann  die  gelbgelokte  Demeter       500 
Sondert  die  frucht  und  die  spreu  im  hauch  andrängender  winde; 
Fem  dann  Imuft  das  weifse  gcstöber  sich:  also  umzog  nun 
Weifc  von  oben  der  staub  die  Danaer,  den  durch  die  heerschaar 
Auf  zum  ehernen  himmel  gestampft  mit  den  hufen  die  rosse, 
Wieder  zum  kämpf  anrennend,  da  rings  umwandten  die  lenker.   505 
Grade  heran  drang  stürnusch  der  angrif.     Aber  in  nacht  ring« 


128  ILIAS* 

Hüllte  der  cobeode  Ares  den  kämpf,  xum  schirme  den  Troern, 
Wandelnd  um  jegliche  schaar,  und  richtete  aus  die  emiahnang. 
Sein,  des  Fbbos  Apollon  itiit  goldehem  scjiwcrt,  der  ihm  auftrug 
Trojas  Volke  den  rtiut  lü  erhöhn;  als  Pallas  Athene  51c 

Scheiden  er  sah,  die  hülfe  dem  Danaerheere  geleistet; 

Auch  den  Aneias  entsandt'  aus  dem  heiligthume  des  tempeis 
Jexo  der  gott,  und  erfüllte  mit  kraft  den  hirten  der  Völker. 
Plözlich  trat  zu  den  seinen  der  herliche,  welche  sich  freuten;         i 
Als  sie  sahn,  dafs  lebend  urid  unVerlez.t  er  daherging»  51J 

Und  voll  tapferes  mutes;  allein  ihn  fragete  keiner; 
Denn  es  verbot  das  andre  geschäft,  das  ApoUon  erregte, 
Ares  der  wüiger  zugleich,  und  die  rastlos  lechzende  Eris. 

Aber  die  Ajas  beid',  tind  Odysseus,  samt  Diomedes^ 
Mahneten  dort  zum  gefechte  die  t)anaer,  welche  von  selbst  auch    52c 
Weder  dem  drang  der  Troer  erzitterten,  weder  dem  feldruf; 
Sondern  sie  harreten  fest,  dem  gewölk  gleich,  welches  Kronion 
Stellt'  in  ruhiger  iuft  auf  hochgescheitelten  bergen; 
Unbewegt,  weil  schlummert  des  Boreas  macht;  und  der  andern 
Vollandrangenden  winde,  die  bald  die  schattigen  wölken  52J 

Mit  lautbrausendenf  hauch  fortwehn  in  zerstreuter  Verwirrung: 
Also  standen  dem  feind  die  Danaer  ruhig  und  furchdos. 
Atreui  söhn  durcheilte  die  heerschaar,  vieles  ermahnend: 

Seid  nun  männer,  o  freund';  und  erhebt  euch  tapferes  herzens 
Ehret  euch  selbst  einander  im  ungestüme  der  feldschlacht !  S3< 

Denn  wo  sich  ehrt  ein  Volk,  stehn  mehrere  männer  denn  fallen; 
Aber  dem  fliehenden  hebt  nicht  rühm  sich  empor,  noch  errettung 

Riefs,  und  entsandte  den  spcer  mit  gewalt ;  und  im;  vorderen  treifefl 

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FÜNFTER  GESANG.  «9 

Strekt'  er  Deikoon  hin ,  den  freund  des  edlen  Aneias »  ' 

Pergasos  sohn>  den  hoch  wie  Priamos  söhne  die  Troer  535 

Ehreten;  denn  rasch  war  er  im  vorderkampfe  zu  kämpfen« 
Diesem  traf  mit  der  lanze  den  schild  Agamemnon  der  herscher; 
Und  nicht  hemmete  solcher  den  Speer;  durch  stürmte  das  erz  ihm» 
Unten  hineiti  in  den  bauch,  den  künstlichen  gurt  durchtx>hrend. 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall ,  und  es  rasselten  um  ihn  die  waiFen»    540 

Jezo  entraft'  Aneias  der  D^naer  tapferste  männer» 
Krethoii  samt  dem  bruder  Orsilochos»  söhne  Diokles» 
Aber  der  vater  wohnt*  in  der  schÖngebaueten  Ferc, 
Reich  an  lebensgut,  und  erwuchs  vom  geschlecht  des  Alfeios^ 
Welcher  den  breiten  ström  hinroUt  diirch  der  Pylicr  äcker:         545 
Der  den  Orsilochos  zeugt',  ein  grcyfses  volk  zu  beherschen; 
Aber  Orsilochos  zeugte  den  hochgesinnten  Diokles ; 
Und  dem  Diokles  wurden  die  zwillingssöhne  geboren^ 
Krethon  und  Orsilochos  beld',  allknndig  des  Streites« 
Beid'  als  Jünglinge  dann ,  in  dunkelen  schüfen  des  mfcetes.j .    •  550 
Folgeten  Argos  hcere  zum  kämpf  mit  den  tei&igen  Troja's^ 
Ruhm  für  Atreus  sÖhn',  Agameihnon  und  MeiielaoSt       *  " 
Suchend  im.  streit:  nun  hüllte  sie  dort  des  todes  Verhängnis« 
Wie  zween  freudige  lÖwen  zugleich  auf -ragenden  berghöhti 
Wuchsen ,  genährt  von  der  mutter,  in  dunkeler  tiefe  .des  wal<te ; ,  S5J 
Beide  sie  rauben  tiunmehr'  hornvieh  und  gemästetes  kl^nvi^h,* 
Und  die  gehege  der  menschen  verwüsten  si/^s  bis  sie  nünf. selbem 
Fallen  durch  männerhand,  Von  spizigem  erzC  getödjett  .•     . .  '  ,  ' 
So  voll  kraft  ♦  von  Aneias  gewaltigert  händeh  Ijftsieget , 
Sanken  die  zween,  gleich  tahnen  mit  hochaufsteigenden  wipfeln»   ^60 

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Homers  Ilias.   I.  Band.  1  ^ 


I30  ILIAS* 

Ihren  fall  betraurte  der  rufer  im  streit  Menelaos. 
RascK  durch  das  vordergewühl ,  mit  stralendem  ene  gewapnet, 
Nahet'  er,  schwenkend  den  speer;  und  das  herz  ermuntert* ihsn  Ares, 
Weil  er  hoft%  ihn  gestrekt  von  Aneias  händen  zu  schauen. 
Als  ihn  Antilochos  sähe,  der  söhn  des  erhabenen  Nestor,  565 

Eilt'  er  durchs  vordergewühl ;  denn  er  sorgt'  um  den  hirten  der  völker , 
Dafs  er  erlag' ,  und  dem  volke  vereitelte  alle  die  arbeit. 
Beide  hielten,  die  arm'  und  die  erzgerüsteten  lanzen 
Dort  schon  gegen  einander  gezukt,  in  begierde  des  kämpfe«. 
Aber  Antilochos.  trat  dem  Völkerhirten  zur  seite:  5-jo 

Und  nicht  harrt'  Aneias ,  obzwar  ein  rüstiger  kämpfer , 
As  er  sah  zween  männer,  voll  muts  mit  einander  beharrend, 
ene,  nachdem  sie  die  todten  zum  volk  der  Achaier  gezogen , 
Aebcn  dort  die  atmen,  gelegt  in  die  hände  der  freunde; 
Doch  sie  selber  gewandt,  arbeiteteten  wieder  im  yorkampf.        5-75 

Ihnen  sank  Pylämenes  nun,  deni  Ares  vergleichbar, 
fitrst  der  Paflagonen,  der  schildgewapneten  Streiter: 
Welchen  des  Atreus  sehn,  der  streitbare  held  Menelaos, 
Stach,  wie  er  stand,  mit  der  lanz',  am  Schlüsselbeine  durchbohrend. 
Aber  Amilochos  warf  den  zügellenkenden  diener,  580 

Mydon,  Atymnios  söhn,  da  er  wandte  die  stampfenden  rosse, 
Gbad*  an  des  armes  gdenk  mit  dem  feldsttin ;  dafs  ihm  die  zügel , 
SchiiAmemd  von  elfenbem,  in  den  staub  des  gefildes  entsanken. 
Doch  An^lochos  naht',   und  hieb  ihm  das  schwert  in  die  schlafe; 
Und  er  entsank  aufröchelnd  dem  schöngelnldeten  sess^l,  585 

Häuptlings  hinab  in  den  staub,   auf  scheitel  gestellt  und  schultern. 
Abo  st9in4  er  lange,  vom  lockeren  sande  gehalteii, 

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FÜNFTER  GESANG.  131 

Eis  anstofsend  die  ross'  in  den  staub  hinwarfen  den  leichnam; 
Denn  sie  trieb  mit  der  geifsel  Antilochos  zu  den  Achaiern.         589 

Jezt  wie  sie  Hektor  ersah  durch  die  Ordnungen  9  stürmt*  er  auf  jene 
Her  mit  geschrei;  ihm  folgten  zugleich  heerschaaren  der  Troer, 
Tapfere.     Dort  ging  Ares  Voran»  und  die  grause  Enyo: 
Sie  von  getiimmel  umtobt  und  unermefslichem  aufruhr ; 
Ares,  mit  macht  in  den  bänden  die  schrekliche  lanze  bewegend, 
Wandehe  bald  vor  Hektor  einher,  bald  folget*  er  jenem.  595 

Als  er  ihn  sah^  schnell  stuzte  der  rufer  im  streit  Diomedes. 
So  wie  ein  mann  unthätig,  da  weite  geüld*  ex  durchwallt  ist. 
Steht  am  reifsenden  falle  des  Stroms «  der  ins  meer  sich  ergiefset. 
Starr  voll  schäum  hinbrausen  ihn  sieht)  tihd  in  eile  zurükkehrt: 
Also  entrifs  der  Tydeid'  in  eile  sich)  sprach  dann  zum  volke:        600 

Freunde ,  was  staunen  wir  so  dem  verdienst  des  göttlichen  Hektor, 
Lanzenschwinger  zu  seyn*  und  Unerschrockener  krieger? 
Geht  bei  ihm  doch  immer  ein  gott,  und  wehrt  dem  verderben! 
Jeii  auch  naht'  ihm  Ares,  der  dort  wie  ein  leiblicher  wandelt  1- 
Auf  denn ,  gegen  die  Troer  zurük  stets  wendend  das  antliz ,      €0$ 
Weichen  wir,  und  nicht  suchen  wir  kämpf  mit  unstetbliche«  göttern! 

Jener  sprachs ;  und  di<S  Troer  in  schlachtreihn  wandelten  nähei^« 
Hektor  aber  erschlug  zween  streiterfahrene  manner, 
Beid'  auf  Einem  geschirr,  den  Anchialos,  und  den  Menesthes. 
Ihren  fall  betraurte  der  Telamonicr  Ajas.  6td 

Naher  trat  er  hinan,  und  schwang  die  eherne  lanze; 
Und  den  Amfios  traf  er,  des  Selagos  söhn,  der  in  PäiOif 
Wohnete,  güterreich  und  feldreich;  doch  das  verhkngnis 
führt'  ihn «  helfet  zu  sein ,  dem  Priamos  her  und  den  söhnen. 

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1^2  ILIAS. 

Diesen  traf  am  gurte  der  Telamgiiier  AjaSj 
Dafs  ihm  tief  in  den  bauch  eindrang  die  ragende  lanze ; 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall.     Da  naht'  ihm  der  leuchtende  Ajas, 
Rasch  die  wehr  lu  entxiehn;  doch  es  schütteten  Speere  die  Troer, 
Blinkend  und  scharfgespiz.t ,  und  den  schild  umstarreten  viele. 
Jezo  stemmt'  er  den  fufs ,  und  die  eherne  lanz'  aus  dem  leichnam     620 
Tog  er  heraus ;  doch  jiicht  vermocht'  er  die  prangende  rüstung 
Auch^von  der  schuker  zu  nehmen;  es  drängeten  ihn  die  geschosse. 
Furcht  nun  gebot  die  starke  Umzingelung  mutiger  Troer , 
Welche-,  so  viel  und  tapfer,  ihm  droheten,  Speere  bewegend; 
Welche,  wie  grofs  der  held,  wie  gewaltig  er  war,  und  wie  ruhmvoll, 
Dennoch  zurük  ihn  drängten;  er  wich  voll  jäher  besturxung.      625 

So  arbeiteten  Jen'  im  ungestüme  der  feldschlacht. 
Aber  den  Herakleiden  Tlepolemos ,  grofs  und  gewaltig , 
Trieb  auf  Sarpedon  daher,  den  göttlichen,  böses  Verhängnis. 
Als  sie  nunmehr  sich  genaht,  die  eilenden  gegen  einander,        630 
Sohn  zugleich  und  enkel  des  schwarzumwölkten  Kronion; 
Hub  Tlepolemos  an ,  und  rief  zu  jenem  die  worte: 

Herscher  des  Lykiervolks,  was  nöthiget  dich,  o  Sarpedon, 
Hier  in  angst  zu  vergehn,  du  ein  mann  unkundig  des , Streites ? 
Unwahr  preisen  sie  dich  ein  geschlecht  des  Ägiserschüttrers         635 
Xeus,  denn  sehr  gebricht  dir  die  heldentugend  der  mäniier, 
Wcldie  von  Xeus  abstammten  in  vorigen  menschengeschlechtem ! 
Welch  ein  anderer  war  die  hohe  kraft  Herakles, 
Wie  man  erzählt,  mein  vater,  der  trozende,  löwenbeherztes 
Welcher  auch  hieher  kam,  Laomedons  rosse  zu  fodern,  640 

Von  sechs  schiffen  allein  und  wenigem  volke  beeleitet, 

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FÜNFTER   GESANG.  133 

Aber  die  Stadt  verödet,  und  leer  die  gassen  ruriikKefs!- 

Du  bist  feig*  im  herxen,  und  fuhrst  hinsterbende  völker; 

Und  nicht  wirst  du  den  Tipern ,  so  scheinet  es ,  hülfe  gewähren , 

Kommend  aus  Lykias  flur,  auch  nicht  wenn  du  tapferer  wärest,     645 

Sondern,  von  mir  bezwungen,  zu  Aides  pforten  hinabgehn! 

« 

Drauf  begann  Sarpedon ,  der  Lykier  fürst ,  ihm  crwiedemd  z 
Iwar,  Tlepolemos,  jener  verwüstete  IKos  veste, 
Um  des  erhabenen  helden  Laomedons  frevelnde  thorheit, 
Weil  er,  für  wohlthat  ihn  mit  heftiger  rede  bedrohend,  650 

Nicht  die  rosse  gewährte,  warum  et  ferne  daherkam« 
Doch  Dir  meld'  ich  alhier  den  tod  und.  das  schwarze  Verhängnis , 
Durch  mich  selbst  dir  bestimmt;  von  meiner  lanze  gebändigt, 
Glebst  du  mir  rühm,  und  die  seele  dem  spornet  der  gauF  Aldoneus. 

Also  sprach  Sarpedon ;  und  hoch  mit  eschenem  wurfspiefs    65^ 
Drohte  Tlepolegios  her,  und  beider  gewaltige  lanzea 
Flogen  zugleich  aus  der  hand.     Da  traf  Sarpedon  dem  gegner 
Grad'  in  den  hals ,    dafs  hinten  die  schrekliche  spize  hervordrang  j 
Schnell  umhüllt'  ihm  die  äugen  ein  mitternächtliches  dunkeL 
AI  er  Tlepolemos  traf  den  linken  schenke!  Sarpedüns  .660 

Mit  langschaftigem  speer ;  und  hindurch  flog  strebend  die  spize , 
Bis  an  den  k;nochen  gedrän^;  nur  den  tod  noch  hemmte  der  vater. 

Ihn,,  den  göttlichen  held  Sarpedon,  führeten  hebend- 

Mle  freund'  aus  dem.  kajnpf ;  doch  die  ragende  lanze  beschwert'  ihn, 

i 
Nachgeschleift:  denn  keiner  bemerkte  sie,  oder  besann  sich,       665 

Auszuziehn,  dafs  er  ginge,  den  eschenen  speer  aus  dem  schenke!^ 

L'nter  der  hast ;  so.  in  eil*  arbeiteten  seine  besorger* 

Auch  den  Tlepolemos  trugen  die  h^Uumschicotcn  Achaict.  , 


134  ILIAS, 

Dort  aus  dein  kämpfe  zuriik,     Dicfs  sah  der  edle  Odysseus , 

Voll  ausdaurender  kraft ;  qnd  bewegt  ward  innig  das  hcrx  ihm.  670 

Und  er  erwog  hierauf  in  des  herzens  geist  und  empfindung : 

Ob  er  zuvor  Xcus  söhn,  des  donnerfrohen ^  verfolgte; 

Oder  mehreren  noch  der  Lykier  raubte  das  leben. 

Aber  nicht  dem  erhabnen  Odysseus  gönnte  das  schiksal, 

Zeus  gewaltigen  söhn  mit  scharfem  erz  zu  erlegen;  67^ 

Darum  wandt'  ihm  den  mut  in  der  Lykier  meng*  Athenäa. 

Dort  den  Köranos  raft*  er ,  den  Chromios ,  und  den  Alastor , 

Halios  auch ,  und  Alkandros ,  und  Prytanis ,  auch  den  Noemon. 

Und  noch  mehr  der  Lykier  schlug  der  edle  Odysseus, 

Wenn  nicht  scharf  ihn  bemerkt  der  helmumflatterte  Hektor.        6Sq 

Rasch  durch  das  vordergewiihl ,  init  stralendem  erze  gewapnet , 

Kam  er,  ein  graun  der  Achaier ;  doch  froh  des  nahenden  freundes 

Ward  Zeus  söhn  Sarpedon,  und  sprach  mit  trauriger  stimme: 

Lafs  nicht ,  Priamos  söhn ,  mich  nun  zum  raub  den  Achaiern 
tiiegen;  vertheidige  mich !  Dann^  mög'  auch  fliehen  mein  leben   68  J 
Dort  in  euerer  Stadt ;  weil  mir  doch  weigert  das  schiksal , 
Heimgekehrt  in  mein  haus,  zum  lieben  binde  der  väter, 
Einst  mein  liebendes  weib  zu  erfreun ,  und  das  stammelnde  söhnlein  * 

Jener  sprachs;  ihm  erwiederte  nichts  der  gewaltige  Hektor; 
Sondern  et  stürmte  vorbei,  voll  heifser  begier,  wie  er  eilig         690 
Wegdrängt'  Argos  volk  ,  und  vielen  noch  faubte  das  leben. 
Aber  den  göttlichen  hcld  Sarpedon  legten  die  freunde 
Unter  die  prangende  buche  des  ägiserschtitternden  vaters. 
Dort   nun   zog  ihm  hervor. den  eschenen  speer  aus  dem  schenke! 
Pelagon ,  tapfer  und  stark ,  der  ihm  ein  trauter  genofs  war,        695 


FÜNFTER  GESANG.  135 

Und  ihn  v^rliefs  sein  geist,  und  nacht  umhüllte  die  aifgen* 
Doch  bald  athmet'  er  auf,  und  kühlende  hauche  des  nordwinds 
Wehten  er&ischung  daher  dem  matt  arbeitenden  leben. 

Argos  Volk,  von  Ares  gedrängt  und  dem  stralenden  Hektor» 
Wandte  sich  weder  hinab  zu  den'  dunkelen  schiffen  des  meeres ,    700 
Noch  auch  strebt' es  entgegen  dem  kämpf;  nein,  weiter  zurük  stets 
Wichen  sie,  als  sie  vernahmen  im  troischen  beere  den  Ares. 

Welchen  entblöfste  zuerst,  und  welchen  zulezt  des  geschmeides 
Hektor  zugleich,  des  Priamos  söhn,  und  der  eherne  Ares? 
Teuthras  den  göttlichen  held ,  und  den  rossetummler  Orestes ,     705 
Drauf  den  Onömaos  auch ,  und  Atolias  kämpfer  den  Trechos , 
Helenes,  Onops  söhn,  und  Oresbios,  rüstig  im  leibgurt: 
Der  einst  Hyle  bewohnt,  des  reichthum^  sorgsamer  hüteri 

Wo  am  sec  Kefissis  er  bauete;  und  ihm  benachbart, 

i  '       . 

Wohneten  andre  Booten,  der  segensflur  sich  erfreuend.  Tip 

Aber  sobald  sie  bemerkte  die  lilienarmige  Here, 

Wie  sie  der  Danaer  voik  austilgten  im  stürm  der  entscheidung ; 

Schnell  zur  Athene  nunmehr  die  geflügelten  worte  begann  sie ; 
Weh  mir,  des  ägiserschütternden  Zeus  unbezwungene  tochter! 

Traun  mit  eitelem  worte  vertrösteten  wir  Menelaos,  lij 

Hcimzugehn  ein  vertilger  der  festummauerten  Troja, 

Wenn  wir  so  zu  wüten  dem  tobenden  Ares  vergönnen! 

Aber  wohlan,  auch  beide  gedenken  wir  stürmender  abwehr! 
Sprachs ;  und  willig  gehorcht'  ihr  Xeus  blauäugige  tochter. 

Jene  nun  eilt'  anschirrend  die  goldgezügelten  rosse,  720^ 

Here,  die  heilige  göttin,  erzeugt  vom  gewaltigen  Kronos. 

Hebe  fögt'  um  den  wagen  alsbald  die  gerundeten  ^^It^^lc 


136  ILIAS, 

Mit  acht  ehernen  Speichen,  umher  an  die  eiserne  axe^. 

Gold  ist  ihiien  der  kränz,  unaltendes;  aber  umher  sind 

Eherne  schienen  gelegt,  anpassende,   wunder  d?m  anblik.  '^XS 

Silbern  glänzen  die  nahen  in  schönümlaufender  riindung. 

Dann  in  goldenen  riemen  und  silbernen  schwebet  der  sessel 

Ausgespannt,  und  umringt  mit  zween  umlaufenden  rändern« 

Vornhin  strekt  aus  silber  die  deichsei  sich ;  aber  am  ende 

Band  sie  das  goldene  joch,  das  prangende;  dem  sie  die  seile,     -730 

Golden  und  schön,  umschlang.     Xn  das  joch  nun  fugete  Here 

Ihr  schnellfüfsig  gespann,  und  brannte  nach  streit  und  getümmel. 

Aber  Pallas  Athene ,  des  Agiserschütterers  tochter « 
Liefs  hingleiten  das  feifie  gewand  im  gemache  des  vaters,, 
Buntgewtrkt,  das  sie  selber  mit  künstlicher  hand  sich  bereitet.     ^735 
Drauf  in  den  panzer  gehüllt  des  schwarzumwölkten  Kronion, 
Nahm  sie  das  waiFengerSth  zur  thränenbringenden  feldschlacht. 
Siehe  sie  warf  um  die  schulter  die  Ägis,  prangend  mit  quästen. 
Fürchterlich,  rundumher  mit  drohendem  schrecken  gekränzet. 
Drauf  ist  Streit,  drauf  Schtizung,  und  drauf  die  starre  Verfolgung,  -740 
Drauf  auch  das  Gorgohaupt,  des  entsezlichen  Ungeheuers « 
Schrcckenvoll  und  entsezlich,  das  graun  des  donnernden  vaters  ! 
Auch  umschlofs  sie  das  haupt  mit  des  heims  viergipflichter  kuppel , 
Golden  und  grofs ,  fufskämpfer  aus  hundert  Städten  zu  decken. 
Jezt  in  den  flammenden  wagen  erhub  sie  sich ;  nahm  dann  die  lanze,  745 
Schwer  und  grofs  und  gediegen ,  womit  sie  die  schaareu  der  hclden 
Bändiget,  welchen  sie  zürnt,  die  tochter  des  schreklichen  vaters. 
Here  beflügelte  nun  mit  geschwungener  gcifsel  die  rosse; 
Un4  auf  krachte  von  selbst  des  himmels  thor,  daahÄiQliloren 


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.v'teb^if*" 


FÜNFTER   GESANG.  137 

Hüteten ,  welchen  der  himmel  vertraut  ward,  und  der  Olympos,  .750 
Dab  sie  die  hüllende  wölk'  izt  öfheten,  jezo  verschlössen. 
Dort  nun  lenkten  sie  durch  die  leichtgesporneten  rosse. 

Jeio  &nden  sie  Zeus,  der  entfernt  von  anderen  göttern 
Oben  safs  auf  der  kuppe  des  vielgezakten  Olympos. 
Alda  hemmt'  ihr  gcfpann  die  lilienarmige  Here,  755 

Und  den  erhabenen  Teus  befragte  sie,  also  beginnend: 

Zürnst  du  nicht,  vater  Zeus,  den  gewaltigen  thaten  des  Ares, 
Wie  et  verderbt  ein  so  grpf&es  und  herliches  volk  der  Achaier , 
Frech,  nicht  der  Ordnung  gemäfs?  Mich  schmerzet  es!  Aber  geruhig 
Treuen  sich  Kypris  zugleich  und  der  gott  des  silbernen  bpgens ,      ^(So 
Welche  den  wüterich  reizten.,  der  keine  gerechtigkeit  kennet! 
Vater  Zeus ,  ob  du  defs  mir  ereifertest ,  wenn  ich  den  Ares 
Mit  unseligem  schlage  hinweg  aus  dem  kämpfe  verscheuchte? 

Ihr  antwortete  drauf  der  herscher  im  donneigewölk  Zeus: 
Frisch  nur ,  gereizt  auf  jenen  die  beuterin  Pallas  Athene ,  765 

Die  am  meisten  ihn  pflegt  in  bitteren  schmerz  zu  versenken! 

Also  Zeus;  ihm  gehorchte  die  lilienarmige  Here. 
Treibend  schwang  sie  die  geifsel,  und  rasch  hin  {bgen  die  rosse. 
Irischen  dqr  erd'  einher  und  dem  stemgewölbe  des  himmels. 
Weit  wie  die  dunkelnde  fern*  ein  mann  durchspäht  mit  den  äugen,     t|o 
Sliend  auf  hoher  wart',  in  das  finstere  meer  hinschauende 
So  weit  heben  inci  Sprung  sich  der  göttinnen  schallende  rosse. 
Aber  nachdenfi  sie  Troja  erreicht,  und  die  doppelte  Strömung, 
Wo  des  Simois  flut  sich  vereiniget  und  des  Skamandros; 
J '0  hemmt'  ihr  gespann  die  lilienarmige  Here,  »JIS 

Vo^elöst  vom  wagen,  und  breitet^  dichtes  gewxJlked^^OOgle 


138  ILIAS. 

Aber  ambrosia  sprofs  der  Siraois  jenen  zur  weide. 

Sie  dann  eilten  dahin,   gleich  schüchternen  tauben  am  gange, 
Beid'  entbrannt  zu  helfen  den  männerschaaren  von  Argos. 
Als  sie  nunmehr  hinkamen,  alwo  die  meisten  und  stärksten      '780 
Standen  um  Tydeus  söhn,  den  gewältigen  rossebezähmer , 
Dichtgedrängt,  blutgierig,  wie  raubverschlingende  löwen, 
Oder  wie  eher  des  waldes,  die  voll  unverwüstbarer  kraft  sind; 
Jezo  stand  sie  und  rufte,  die  lilienarmige  göttin, 
Stentom  gleich,  dem  starken  an  brüst  und  eherner  stimme,       "785 
Dessen  ruf  laut  tönte,  wie  fünfzig  anderer  männer: 

Schande  doch,  Argos  volk,  ihr  verworfenen,  treflichanbildung! 
Weil  noch  mit  in  die  Schlacht  einging  der  edle  Achilleus, 
Wägeten  nie  die  Troer  aus  Dardanos  schirmenden  thoren 
Vorzugehn;  denn  sie  scheuten  Achilleus  mächtige  lanze!  790 

Nun  ist  ferne  der  Stadt  bei  den  räumigen  schüfen  ihr  Schlachtfeld  ! 

Jene  rieSs,  und  erregte  den  mut  und  die  herzen  der  nüinner. 
Aber  zu  Tydeus  söhn  enteilete  Pallas  Athene; 
Und  sie  fand  den  herscher  am  rossebespanneten  wagen. 
Wie  er  die  wund'  abkühlte ,  die  Pandaros  pfeil  ihm  gebohret.      795 
Denn  ihn  quälte  der  schweifs ,  und  der  druk  des  breiten  gehenkes 
An  dem  gerundeten  schild*;  und  kraftlos  starrte  die  hand  ihni. 
Jezo  hob  er  den  riemen ,  und  troknete  dunkeles  blut  ab. 
Aber  das  joch  der  rosse  berührt*,  und  sagte  die  göttin: 

Wenig  gleicht  dem  erzeuger  der  söhn  des  mutigen  Tydeus !     800 
Tydeus  traun  war  klein  von  gestalt  nur,  aber  ein  krieger! 
Selbst  einmal,  da  ich  jenem  den  kämpf  nicht  wollte  gestatten. 
Noch  ausschweifenden,  troz,  da  er  einging^fern  yOTj^^chaiern, 


FÜNFTER   GESANG,  139 

Abgesandt  in  Thebe,  zu  häufigen  Kadmeionen ; 
(Ruhig  hiefs  ich  ihn  sizen  am  feiennahl  im  palaste:)  805 

Dennoch  zeigt'  er  den  mut  voll  Ungestüms,  wie' beständig , 
Rief  die  Kadmeier  zu  kämpfen  hervor ;  und  iti  jeglichem  siegt*  er 
Sonder  müh :  so  mächtig  als  helferin  naht'  ich  ihm  selber. 
Zwar  auch  deiner  walt'  ich  mit  hülf  und  schirmender  obhut, 
Und  X«  freudigem  kaqiirf  ermahn'  ich  dich  wider  die  Troer:       810 
Doch  dir  starret^  die  glieder  vielleicht  von  stürmischer  arbeit; 

Oder  dich  lähmt  auch  die  furcht,  die  entseelende !  Nimmer  in  zukunft 
Scheinst  du  von  Tydeus  erzeugt,  dem  feurigen  söhne  des  Oneus! 
Ihr  antwortete  drauf  der  starke  held  Diomedes : 

Wohl  erkenn'  ich  dich,  gönin;  des  Agiserschütterers  tochtcr;        815 

Darum  meld'  ich  dir  frei  und  unverhohlen  die  Wahrheit. 

Weder  lähmt  mich  die  furcht,  die  entseelende ,  weder  die  trägheit; 

Sondern  annoch  gedenk'  ich,  o  herscherin,  deines  gebotes; 

Niemals  seligen  göttern  im  kämpf  entgegen  zu  wandeln. 

Allen  sonst;  doch  so  etwa  die  tochter  Xeus  Afrodite  820 

Kam'  in  den  streit,   die  möcht'  ich  mit  spizigem  erze  verwunden. 

Siehe,  warum  ich  selber  zurükwich,  und  auch  dem  andern 

Danaervolke  gebot,  sich  hieher  alle  zu  sammeln; 

Denn  ich  erkenne  den  Ares,  der  dort  das  treffen  dorchwaltet. 
Drauf  antwortete  Xeus  blauäugige  tochter  Athene :  825 

Tydeus  söhn,  Diomedes,  du  meiner  seele  geliebter, 

Fürchte  du  weder  den  Ares  hinfort,  noch  einen  der  andern 

Ewigen  sonst :  so  mächtig  als  helferin  nah'  ich  dir  selber ! 

Mmig ,  zuerst  auf  Ares  gelenkt  die  stampfenden  rosse ! 

Dann  verwund'  in  der  näh',  und  scheu  nicht  Ares  denKwütrich,  830 

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I40  ILIAS, 

Jenen  rasenden  dort,   den  leidigen  Andrenumandren! 
Ihn  der  neulich  mir  gelbst  und  der  Here  gelobt  die  verheifsung, 
Troja's  volk  zu  bekämpfen ,  und  beizustehn  den  Argeiein  ; 
Aber  anjezt  die  Troer  vertheidiget,  jener  vergessend  I 

Kaum  gesagt ;  und  sofort  den  Sthenelos  trieb  sie  vom  wagen ,  835 
Ihn  mit  der  hand  abreifsend  ;  und  williges  mutes  entsprang  er. 
Sie  dann  trat  i^n  den  sessel  zum  göttlichen  held  Dipmedes, 
Heifs  in  begierde  des  kampfs ;  laut  stöhnte  iie  buchene  axe, 
I. astvoll,  tragend  den  tapfersten  mann,  und  die  schrekliche  gpttin. 
Geifcel  sofort  und  zügel  ergrif  nun  Pallas  Arhene,  840 

Eilt'  und  lenkt*  auf  Ares  zuerst  die  stampfenden  rosse. 
Jener  entwafnete  dort  der  Atolier  tapfersten  krieget, 
Perifas,  grofe  und  gewaltig,  Ochesios  edlen  erzeugten: 
Diesen  enthiillt*  izt  Ares,  der  blutige.     Aber  Athene 
Barg  sich  in  Ai.des  heim,  vor  dem  blik  des  gewaltsamen  Ares.       845 

Als  nun  der  mordende  Ares  ^rsah  Diomedes  d^n  edlen; 
Liefs  er  Perifas  scHnell ,  den  gewaltigen ,  dort  in  dem  staube 
Liegen,  alwo  er  zuerst  des  erschlagenen  seele  geraubet; 
Selbst  dann  eilt'  er  gerad-  auf  den  reisigen  held  Diomedes. 
Als  sie  nunmehr  sich  genaht ,  die  eilenden  gegen  einander ;         850 
Vorwärts  strekte  der  gott  sich  über  das  joch  und  die  zügel 
Mit  erzbliiikender  kinz',    in  begier  ihm  die  seele  zu  rauben. 
Aber  die  herscherin  Pallas  Athen',  in  der  hand  sie  ergreifend, 
Stiefs  sie  hinweg  vom  sessel ,  dafs  nichtiges  schwungs  sie  vorbeiflog. 
Wieder  erhub  sich  darauf  der  rufer  im  streit  Diomedes  855 

Mit  erzblinkender  lanz* ;  und  es  drängte  sie  Pallas  Athene 
(j^gen  die  weiche  des  bauchs,  wo  die  eherne  binde^ichTanschIof& : 


FÜNFTER  GESANG.  141 

Dorthin  traf  und  zerrifs  ihm  die' schöne  haut  Dioniedes; 

Log  dann  die  lanze  zurük.     Da  brüllte  der  eherne  AresT 

iVie  wenn  zugleich  neuntausend  daherschricn»  ja  zehntausend      860 

(mtige  männer  im  streit,   zu  schreklichem  kämpf  iich  begegnend. 

Und  CS  erzitterten  rings  die  Troer  umher  und  Achaier, 

Bange  vor  angst:  so  brüllte  der  rastlos  wütende  Ares. 

Jelö  wie  hoch  aus  Wolken  umnachtetes  dunkel  erscheinet». 
Wenn  nach  der  schwül'  ein  orkan  mit  brausender  wüt  sich  erhebet  t    8^5 
Also  dem  held  Diomedes  erschien  der  eherne  Ares^ 
AU  er ,  in  Wolken  gehüllt ,  auGFuhi^  zum  erhabenen  himmel. 
Eilendes  Schwungs  erreicht*  er  die  seligen  höhn  des  Olympos. 
Don  nun  safs  er  bei  Xeus  dem  donnerer,  trauriges  hetzens» 
Icigte  das  göttliche  blut,  das  niedertrof  aus  der  wunde;  870 

Und  er  begann  wehklagend ,  und  sprach  die  geflügeheh  worte  t 

liimst  du  nicht*  vater  Tcns^  die  gewaltigen  thaten  erblickend? 
Stets  doch  haben  wir  götter  die  bitterste  quäl  zu  erdulden , 
Einer  vom  rath  des  andern,  mit  gunst  für  die  sterblichen  eifernd! 
Doch  Dir  streiten  wir  alle  I  denn  dein  i«t  die  rasende  tochter ,       875 
Die,  zu  verderben  entbrannt,  nur  frevele  thaten  ersinnet! 
Alle  die  anderen  götter,  so  viel  den  Olympos  bewohnen, 
Folgen  ja  dir  willfährig,  und  huldigen  deinem  geböte. 
Jene  nur,  weder  mit  Worten  bezähmst  du  sie,  weder  mit  thaten; 
Sondern  vergönnst,  weil  du  selber  gezeugt  die  verderbende  tochter :    880 
Welche  nun  den  Tydcidcn,  den  stolzen  held  Diomedes, 
Wild  zu  rasen  gereizt  auf  unsterbliche  götter  des  himmeU ! 
Frstlich  hat  er  der  Kypris  die  hand  am  knöchel  verwundet; 
^'nd  mich  selber  darauf  bestürmet'  er ,  stark  wie  ein  Dämon ! 


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141  ILIAS.     FÜNFTER  GESANG. 

Nur  mit  eilenden  fiifsen  entrann  ich  ihm!  Lange  vielleicht  noch     88 j 
Rang'  ich  dort  mit  quälen  im  gräfslichen  leichcngewinmiel ; 
Oder  ich  lebt'  unkräftig,  entstellt  von  des  crxes  Verwundung! 

Finster  schaut*  und  begann  der  herschcr  im  donncrgcwölk  Xeus: 
Hüte  dich,  Andrerumandrer ,  mir  hier  lur  seite  zu  winseln! 
Siehe  verhafst  mir  bist  du  vor  allen  olympischen  göttern !  890 

Immer  hast  du  den  xank  nur  geliebt ,  und  kämpf  und  befehdung! 
Gleich  der  mutter  an  troi  und  unerträglichem  Starrsinn  j 
Heren,  welche  mir  kaum  durch  worte  gebändiget  hachgiebt! 
Auch  ihr  rath,  wie  ich  meyn',  hat  dieses  weh  dir  bereitet! 
Aber  ich  kann  nicht  länger  es  ansehn,  dafs  du  dich  quälest.      895 
Bist  du  doch  meines  g«schlechts,  und  mir  gebar  dich  die  tnutter. 
Hätt*  ein  anderer  gott  dich  erzeugt,  heilloser  verderber! 
Traun  du  lägest  vorlängst  tief  unter  den  Üranionen. 

Also  XeuS)  und  gebot  dem  Päeon,  jenen  zu  heilen« 
Ihm  nun  legt*  auf  die  wunde  Päeon  lindernden  baisam  ^    .        ^öö 
Und  er  genas;  denn  nicht  war  sterbliches  loos  ihm  beschieden« 
Schnell  wie  die  weifse  milch  von  feigenlabe  gerinnet  ^ 
Flüssig  zuvor;  denn  eilig  erharscht  sie  umher  dem  vermischcr* 
Also  schlofs  sich  die  wunde  sofort  dem  tobenden  Ares. 
Jezo  badet*  ihn  Hebe,  und  hüllt'  ihm  schöne  gewand'  um;        905 
Neben  den  donnerer  Zeus  dann  sezt'  er  sich,  freudiges  trozes. 

Heim  nun  kehreten  jen*  in  Xeus  des  allmächtigen  wohnung ; 
Here  von  Argos  zugleich,  und  Athen'  Alalkömene's  göttin, 
Als  sie  gehenmit  den  verderber,  den  männerraordenden  Ares« 


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I  L  I  A  S. 


SECHSTER     GESANa 


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INHALT. 

Die  Ac haier  im  vortheiL  Hektor  eilt  in  die  stadt,  dann 
seine  mutier  Hekabe  zur  Athene  flehe.  Glaukos  und  Diomedi 
erkennen  sich  als  gastfreunde.  Hekabe  mit  den  edlen  Troerinne 
fleht.  Hektor  ruft  den  Paris  zur  schlackt  zurük.  Er  sucht  se 
ne  Andromäche  zu  hause,  und  findet  sie  auf  dem  skäischen  thor 
Er  kehrt'  mit  Paris  in  die  schlachte 


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IL  I  A  S. 

SECHSTER     GESANG. 

> 

H'insam  war  der  Troer  und  Danaer  schrekliche  feldschlacht. 
Viel  nun,  hierhin  und  dort,  durchtobte  der  kämpf  das  gefilde, 
Jener,  die  grad'  auf  einander  die  ehernen  lanzen  gerichtet. 
Zwischen  des  Simois  flut,  und  des  niederwalienden  Xanthos. 

Ajas  der  Tclamonide  zuerst,  schuxwehr  der  AcJiaier,  5 

Brach  die  schaar  der  Troer,  und  Schafte  licht  den  genossen. 
Treffend  den  mann ,  der  der  beste  des  thrakischen  Volkes  einherging , 
Ihn  des  Eusoros  söhn ,  den  Akamas ,  grofs  und  gewaltig. 
Diesem  traf  er  zuerst  den  umflatterten  kegel  des  helmes, 
Dufs  er  die  stirne  durchbohrt* ;  hinein  dann  tief  in  den  schädel      lo 
Drang  die  ehtrne  spiz',  und  nacht  umhüllt'  ihm  die  äugen. 

Drauf  den  Axylos  erschhig  der  rufer  im  streit  Diomedes» 
Theuthras  söhn :  er  wohnt'  in  der  schÖngebauten  Arisbe , 
Reich  an  lebensgut ;  auch  war  er  geliebt  von  den  menschen , 
Weil  er  alle  mit  lieb'  herbergete,    wohnend  am  heerweg*  IJ 

Doch  nicht  einer  davon  entfernt'  ihm  das  grause  verderben , 
Vor  ihn  selbst  hintretend :  es  tödtete  beide  der  krieger , 
Ihn  und  den  kampfgcnossen  Kalesios ,  der  des  gespannes 
Lenker  ihm  war:  und  zugleich  versanken  sie  unter  die  erde. 
Homers  Ilias.    I.  Band.  '  ^      y  0 


146  ILIAS* 

Aber  Euryalos  nahm  des  Ofeltios  waffen  und  Dresos;  20 

Drauf  den  Asepos  ereilt*  er  und  Pedasos ,  die  mit  der  Na'i« 
Abarbärea  einst  der  edle  Bukölion  zeugte. 
Aber  Bukölion  war  Laomedohs  söhn,  des  erhabnen , 
Seines  geschlechts  der  erste;  doch  heimlich  gebar  ihn  die  mutter. 
Einst  als  hirt  bei  den  Schafen,  gewann  er  lieb*  und  umarmung,    25 
Und  befruchtet  gebar  ihm  t.willingssöhne  die  Nymfe. 
Beiden  löste  nunmehr  die  kraft  und  die  strebenden  glieder 
Er  der  Mekisteiad',  und  entzog  den  schultern  die  rüstung. 

.  Auch  den  Asiyalos  schlug  der  streitbare  held  Polypötes ; 
Und  den  Pidyte«  bezwang,  den  Perkosier,  stürmend  Odysscus  '  30 
Mit  erxblinkendcr  lanz*;  und  Teukros  den  held  Aretaon. 
Nestors  mutiger  söhn  Antilochos  warf  den  Abieros 
Hin ,  und  den  Elatos  warf  der  völkcrfürst  Agamemnon : 
Dieser  bewohnt'  an  des  Stroms  ISatmois  grünenden  ufern 
Pedasos  luftige  Stadt ;  den  Fylakos  traf  im  entfliehen  35 

Leitos;  und  Eurypylos  nahm  des  Melanthios  rüstung. 

Doch  deii  Adrastos  erhaschte  der  rufet  im  streit  Menelaos 
Lebend  anjezt ;  denn  die  rosse  durchsprengten  ihm  scheu  das  gefilde  ; 
Aber  die  füfs'  im  zweige  der  tamariske  verwickelnd , 
Brachen  sie  vorn  die  deichsei  des  krummen  geschirrSj  und  enteilten      40 
Selber  zur  Stadt,  wo  noch  andre  verwildene  rosse  hinaufflohn. 
Jener  entsank  <iem  sessel,    und  taumelte  neben  dem  rade 
Vorwärts  hin  in  den  staub  auf  das  antliz.     Siehe ,  da  naht*  ihm. 
Atreus  söhn  Menelaos  mit  weithinschattender  lanze. 
Aber  Adrastos  umschlang  ihm  die  knie* ,  und  jammerte  flehend  :      4^ 
Fähe  mich ,  Atreus  söhn ,  und  nim  vollgültige  Ipsung. 

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SECHSTER   GESANG.  147 

Viel  kleinode  verwahrt  der  begüterte  vater  im  hause» 

Erz  und  goldes  genug, \und  schongeschmiedetes  eisen. 

Hievon  reicht  mein  vater  dir  gern  unermefsliche  lösung» 

Wenn  er  mich  noch  lebend  erforscht  bei  den  schiffen  A,cbaia's.     50 

Jener  sprachs ,  und  diesem  das  herz  -im  busen  bewegt'  er. 
Und  schon  war  er  bereit,  ihn  dem  kampfgenossen  zu  geben^ 
Dafs  er  hinab  zu  den  $chiiFen  ihn  fiihrete.     Doch  Agamemnon 
Eilete  laufend  heran,  und  erhub  den  strafenden  ausruf: 

Trautester,  o  Menelaos,  warum  doch  sorgst  du  für  jene        55 
So?  Ja  herliche  thaten  geschahn  dir  daheim  von  dea  männern 
Troja's !  Keiner  davon  entfliehe  aun  grausem  verderben , 
Keiner  nun  unserem  arm!  auch  nicht  im  schoofse  das  knablein. 
Welches  die  schwangere  trägt,  auch  das  nicht!  Alles  zugleich  nun 
Sterbe 9  was  Ilios  nährt,  ohn'  erbarmen  gera&  und  vernichtet!     $0 

Also  sprach  und  wandte  des  bruders  herz  Agamemnon, 
Denn  sein  wort  war  gerecht;  und  er  stieis  den  edien  Adi^stos 
Weg  mit  der  hand.     Da  bohrt'  ihm  der  völkerfui;5t  Agamemnon 
Seine  lanz'  in  den  bauch;  und  er  kehrte  sich«     Atreus  soho  dann 
Stemmte  die  fers'  auf  die  brüst,  und  zog  den  eschenen  ;speer  ^^^.    65 

Nestor  aber  gebot  mit  hallendem  riif  den  Argeiem: 
Freund',  ihr  beiden  des  Danaerstamms ,  o  genossen  des  Arpsl 
Dafs  nun  keiner,  zu  raub'  und  beute  gewandt,  mir  dahinten 
Zaudere,  um  da$  meiste  hinab  zu  den  sdbüffen  zu  tragen! 
Lafst  uns  tödten  die  mannet !  Nachher  auch  köiuit  ihr  geruhig      I0 . 
Leichnamen  durch  das  gefild'  auszieha  ihr  waffengesctimqide« 

Jener  sprachs ,  und  erregte  den  mut  und  die  her?^en  der  mannen 
Bald  nun  wären  die  Troer  vor  Argos  kxiegrikcheiv^cihneix 


148  ILIAS. 

Ilios  zugeflohn,  durch  ohnmacht  alle  gebändigt; 

Aber  schnell  zu  Aneias  und  Hektor  redete  nahend  '75 

Helenes,  Priamos  söhn,  der  kundigste  vogeldeuter: 

Hektor  du,  und  Aneias;  denn  euch  belastet  die  meiste 
Kriegsarbeit  der  Troer  und  Lykier,  weil  ihr  die  besten 
Seid  au  jeglichem  xwek,  mit  kraft  gerüstet  und  Weisheit: 
Steht  alhier,  und,  hemmet  das  volk  zuriik  vor  den  thorenj.  8ö 

Kings  das  gedrang*  umwandelnd ,  bevor  in  die  arme  der  weiber 
Fliehend  sich  jene  gestürzt»  dem  höhnenden  feinde  zum  jubel! 
Aber  nachdem  ihr  umher  die  Ordnungen  wieder  ermuntert, 
Wollen  wir  selbst  hier  bleibend  der  Danaer  schaaren  bekämpfen , 
Niedergebeugt  wie  wir  sind;  denn  dringende  noth  ja  gebietet:      85 
Hektor,  und'  Du  geh'  eilig  gen  liios,  sage  daselbst  dann 
Unserer  mutter  das  wort.     Sie,  edlere  weiber  versammelnd 
Hoch  auf  die  bürg ,  zum  tempel  der  herscherin  Pallas  Athene , 
Oefne  dort  mit  dem  Schlüssel  die  pforte  des  heiligen  hauses; 
Und  das  gewand ,  so  ihr  das  köstlichste  scheint  und  das  gröfste     go 
Aller  im  hause  zu  sein,  und  geliebt  am  meisten  ihr  selber« 
Lege  sie  dar  auf  die  kniee  der  schöngelokten  Athene;  ^ 

Und  sie  gelob^  in  dem  tempel  ihr  zwölf  untadliche  kühe, 
Jährige,  ungezähmte,  zu  heiligen:  wenn  sie  der  Stadt  sich» 
Und  der  troischen  fraun  und  zarten  kinder  erbarmet;  95 

Wenn  sie  des  Tydeus  söhn  von  der  heiligen  Ilios  abwehrt , 
Jenen  Stürmer  der  schlacht,  den  gewaltigen  schreckengebietcr , 
Den  ich  fürwahr  den  stärksten  im  volk  der  Danaer  achte! 
Selbst  vor  Achillcus  nicht,  dem  herschenden,  zagten  wir  also, 
Welcher  doch  söhn  der  göttin  genannt  wird!  Jener ,^ie  heftig     100 

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SECHSTER   GESANG*  U9 

Wütet  er !  keiner  vermag  an  gewalt  Ihm  gleich  sich  zu  stellen ! 

Helenes  sprachs ;  doch  Hektor  gehorcht'  unverdrossen  dem  bruder. 
Schnell  vom  wagen  herab  mit  den  rü^tungen  sprang  er  xur  erde. 
Schwenkend  die  spizigen  laoxen,  durchwandelt*  er  alle  geschwader, 
Kings  ermahnend  zum  kämpf,  und  erwekte  die  tobende  feld&chlacht«  (05 
Sie  nun  wandten  die  stirn',  und  begegneten  kühn  den  Achaiern. 
Arges  söhn'  ixt  wichen  zurük»  und  tuhten  vom  morde. 
Wähnend,  ein  ewiger  sei  vom  sterngewölbe  des  himmels 
Niedergeeilt,  xu  helfen  den  schnell  umkehrenden  Troern., 
Hektor  aber  gebot  mit  hallendem  rufe  den  Troern:  Uo 

Troja's  mutige  söhn',  und  fernher uf^ne  helfet! 
Seid  nun  männer,   o.  freund*,   und  gedankt  einstürmender  abwehu; 
Während  ich  selbst  hinwandle  gen  IHos,  und  die  erhabnen 
Greise  dts  raths  anmahne,  zugleich  aycb  unsere  weiber, 
Dals  sie  den  hinmilischen  flehn,  und  sühnhekatomben  verheifsen.    1 15 

Dieses  gesagt,  enteilte  der  hclmumflattcrtc  Hektor. 
Oben  schlug  ihm  den  nacken ,  und  tief  die  knöchel  des  schwarxea 
Felles  land,  der  rings  am  genabelten  schild'  ui^nherlief. 

Glaukos  jezt,  des  Hippolochos  söhn,  und  der  held  Diomedes^ 
Kamen  hervor  aas  den  heeren  gerannt,  in  begierde  des  kampfes.     i2o 
Ms  sie  nunmehr  sich  genaht,  die  eilenden  gegen  einander y 
Jczo  begann  et  zuerst ,  der  rufer  im  streit  Diomedcs : 

Wer  doch  bist  du,  edler,  der  sterblichen  crdebewohner ? 
Nie  ersah  i(:h  ja  dich  in  männerehrendej  feldschlacht 
Vormals;  aber  anjext  erhebst  du;  dich  >yeit  vor  den  andern,       125 
Kühnes  tnuts,  da  du  meiner  gewaltigen  lanxe  dich  darstellst. 
Meiner  kraft  begegnen  nur  söhn*  uqglükliche^  dt^eri^^Qg!^ 


ISO  ILIAS. 

Aber  wofern  du  cm  gott  herabgekommcn  vom  himmcl , 
Nimmer  fürwahr  begehr*  ich  mit  himmelsmächten  zu  kan^fen* 
Nicht  des  Dryas  erteugter  eihmal,  der  starke  Lykurgos,  130 

Lebete  lang',  als  gegen  des  himmels  mächt'  er  gestrebet: 
Welcher  vordem  Dionysos,  des  rasenden,  ammen  verfolgend 
Sfheucht'  auf  dem  heiligen  berge  Nyseion ;  alle  xogleich  nun 
Warfen  die  laubigen  Stäbe  hinweg,  da  der  mörder  Lykurgos 
Wild  mit  dem  Stachel  sie  schlug ;  auch  floh  Dionysos ,  und  tauchte     1 35 
Unter  die  woge  des  meers,    und  Thetis  nahm  in  den  schoofs  ihn. 
Welcher  erbebt' ,   aifigstvoll  vor  der  drohenden  stimme  des  mannes. 
Jenem  zürnten  darauf  die  ruhig  waltenden  götter, 
Und  ihn  blendete  Zeus  der  donnerer ;  auch  nicht  lange 
Lebt'  er  annoch ,  denn  verhafst  war  er  allen  unsterblichen  göttem.     140 
Nein ,  nicht  selige  götter  im  kämpf  zu  bestehen  verlang*  ich ! 
Wenn  du  ein  sterblicher  bist,  und  genährt  von  fruchten  des  fetdes; 
Komm  heraii,  dafs  du  eilig  das  ziel  des  todes  erreichest. 

Ihm  antwortete  drauf  Hippolochos  edler  erzeugter : 
Tydeus  mutiger  söhn,  was  fragst  du  nach  meinem  gesehlechte?      145 
Gleich  wie  blattet  im  walde ,  so  sind  die  geschlechte  der  menschen  ; 
Blätter  verweht  zur  erde  der  wind  nun ,  andere  treibt  dann 
Wieder  der  knospende  y^ald ,  wann  neu  auflebet  der  friihling : 
So  der  menschen  geschlecht,  dies  wächst,  und  jenes  verschwindet. 
Soll  ich  dir  aber  auch  dieses  verkündigen,  dafc  du  erkennest      150 
Unserer  väter  geschlecht;  wiewohl  es  vielen  bekannt  ist: 
Efyre  htifit  die  städt  in  der  rossertährenden  Argos, 
Wo  einst  Siiyfos  war,  der  schlaueste  unter  den  männern, 
Sis)  fos ,  Aolos  söhn ;  der  zeugte  sich  Glaukos  zum  sohm^^ 


SECHSTER   GESANG.  151 

Glaukos  darauf  erzeugte  den  herlichen  Bellerofontes ,  155 

Welcheni  Schönheit  die  gotter  und  reizende  männerstärke 

Schenketen.    Prötos  aber  ersann  ihm  böses  im  herzen, 

Der  aus  dem  land'  ihn  vertrieb;  denn  allgewaltig  beherscht'  ef 

Argos  volk,  und  Zeus  vertraut*  ihm  zepter  und  obmacht. 

Jenem  entbrannt*  Anteia,  des  Prötos  edle  gemahlin,  160 

Dali  sie  in  heimlicher  lieb*  ihm  nahcte ;  doch  er  gehorcht'  ihr 

Nicht,  der  edelgesinnte  verständige  Bellerofontes. 

Jezo  mit  lug  erschien  sie,  und  sprach  zum  könige  Prötos; 

Tod  dir,  oder,  o  Prötos,  erschlage  du  Bellerofontes, 
Welcher  frech  zu  liebe  mir  nahete,  wider  mein  wollen.  165 

Jene  sprachs ;  und  der  könig  ereiferte ,  solches  vernehmend. 
Dennoch  vermied  er  den  mord ,  denn  graunvoll  war  der  gcdank'  ihm. 
Aber  er  sandt'  ihn  gen  Lykia  hin ,  und  traurige  zeichen 
Gab  er  ihm ,  todeswinke  gerizt  auf  gefaltetem  täflein : 
Dafs ,  wann  er  solches  dem  schwäher  gezeigt ,  er  da«  leben  verlöre.  170 
Jener  wandeke  hin ,  im  geleit  obwaltender  götter. 
Als  er  nunmehr -gen  Lykia  kam,  und  dem  strömenden  Xanthos; 
Ehrt*  ihn,  gewogenes  sinns,  der  weilen  Lykia  könig. 
Gab  neuntägigen  schmaus,  und  erschlug  neun  stiere  zum  Opfer. 
Aber  nachdem  zum  zehnten  die  rosige  Eos  emporstieg;  175 

Jezo  fragt*  er  den  gast,  und  hiefs  ihn  zeigen  das  täflein, 
Welches  ihm  sein  eidam,  der  herschende  Prötos  gesendet. 
Als  er  nunmehr  vernommen  die  todeswinke  des  eidams; 
Hiefs  er  jenen  zuerst  die  ungeheure  Chimära 
Tödten,  die  göttlicher  art,  nicht  menschlicher,  dort  emporwuchs:    180 
Voiti  ein  low',  und  hinten  ein  drach*,  und  ^cjs  in (dg-^ mitte, 


155  ILIAS. 

Schreklich  umher  aushauchend  die  macht  des  lodernden  feuers« 

Doch  er  tödtete  sie,  dem  geheifs  der  unsterblichen  trauend. 

Weiter  darauf  bekämpft'  er  der  Sölymcr  ruchtbare  völker ; 

Diesen  nannt'  er  den  härtesten  kämpf,  den  er  kämpfte  mit  männem .   1 85 

Drauf  xum  dritten  erschlug  er  die  männliche  hord*  Amazonen« 

Jexo  dem  kehrenden  auch  entwarf  er  betrügliche  teuschung: 

Als  er  im  Lykierlande  gewählt  die  tapfersten  männer» 

Legt'  er  den  hinterhalt;  allein  nicht  kamen  sie  heimwärts, 

Alle  vertilgte  sie  dort  der  untadliche  Belleforontes.  ige 

Als  er  nunmehr  erkannte  den  held  aus  göttlichem  samen; 

Hielt  er  dort  ihn  zurük,  und  gab  ihm  die  blühende  tochter. 

Gab  ihm  auch  die  hälfte  der  königsehre  zum  antheil. 

Auch  die  Lykier  mafsen  ihm  auserkohrene  guter, 

Schön  an  ackergefild'  und  pflanzungen,  dafs  er  sie  baute.  195 

Jene  gebar  drei  kinder  dem  feurigen  Bellerofontes, 

Erst  Isandros,  Hippolochos  dann,  und  Laodameia« 

Siehe ,  zu  Laodameia  gesellte  sich  Zeus  Kronion ; 

Und  sie  gebar  Sarpedon ,  den  götterähnlichen  Streiter. 

Aber  nachdem  auch  jener  den  hiiiunlischen  allen  verhafst  ward ;     200 

Irrt*  er  umher  einsam,  sein  herz  abzehrend  in  kummer, 

Durch  die  aleische  flur,  der  sterblichen  pfade  vermeidend« 

Seinen  söhn  Isandros  ermordete  Ares  der  wötrich. 

Als  er  kämpft'  in  der  schlacht  mit  der  Solymer  ruchtbaren  Völkern. 

Artemis  raubt'  ihm  die  tochter,  die  lenkerin  goldener  zügel.       205 

Aber  Hippolochos  zeugete  mich,  ihn  rühm'  ich  ab  vater. 

Dieser  sandt'  in  Troja  mich  her,  und  ermahnte  mich  sorgsam. 

Immer  der  erste  zu  sein ,  und  vorzustreben  vor  andernt 

igi  ize     y  ^ 


SECHSTER  GESANG.  153 

Dafs  ich  der  vätcr  geschlecht  nicht  schändete ,  welches  die  ersten 
Männer  in  Efyre  xeugt*,  und  im  weiten  Lykierlande.  210 

Sieh  aus  solchem  geschlccht  und  blute  dir  rühm'  ich  mith  jezo. 

Spiachs;  doch  freudig  vernahm  es  der  rufer  im  streit  Diomedes. 
Eilend  stekt*  er  die  lanz'  in  die  nahrungsprosseade  erde, 
Und  mit  freundlicher  rede  zum  völkerhirten  begann  er: 

Wahrlich ,  so  bist  du  mir  gast  aus  väterzeiten  schon  vormals  I  215 
Oneus  der  held  hat  einst  den  untadlichen  Bellerofontes 
Gastlich  im  hause  geehrt,  und  zwanzig  tage  geherbergt. 
Jen'  auch  reichten  einander  zum  denkmal  schöne  geschenke. 
Oneus  ehre ngeschenk  war  ein  leibgurt,  schimmernd  von  purpur , 
Aber  des  Bellerofontes  ein  goldener  doppelbecher ;  220 

Dnd  ihn  liefs  ich  scheidend  zurük  in  meiner  behausung. 
Nicht  des  Tydeus  gedenk'  ich;   denn  noch  ein  stammelnder  knabe 
Blieb  ich  daheim ,  da  vor  Thebe  das  volk  der  Achaier  getilgt  ward. 
Alio  bin  ich  nunmehr  dein  gastfreund  mitten  in  Argos  i 
Du  in  Lykia  mir ,  wann  jenes  land  ich  besuche^  ^5 

Drum  mit  unseren  lanzen  vermeiden  wir  uns  im  getu'nmiel. 
Mir  ja  sind  noch  Troer  genug,  und  rühmliche  helfer, 
Dafs  ich  tödte,  wen  gottmir  gewährt,  und  die  schenke!  erreichen; 
Dir  sind  Achaier  genug ,  dafs  ,  welchen  du  kannst ,  du  erlegest* 
Aber  die  wehr  mit  einander  vertauschen  wir,  dafs  auch  die  andern  230 
Schaun ,  wie  wir  gaste  zu  sein  aus  väterzeiten  uns  rühmen. 

Also  redeten  Jen* ,  und  herab  von  den  wagen  sich  schwingend  , 
Füfiten  sie  beid' einander  die  ha'nd',  und  gelobten  sich  freundschaft. 
Jea  ward  Glaukos  erreget  von  Zeus,  dafs  er  ohne  besinnung 
Gegen  den  held  Diomedes  die  rüstungen ,  goldijg^ J5ij^(3^ögi|(^  235 


154  ILIAS. 

Wechselte ,  hundert  farren  sie  wenh ,  neun  farren  die  andern. 

Als  nun  Hektor  erreicht  das  skäische  thor  und  die  buche ; 
Jezt  umeilten  ihn  rings  die  troischen  weiber  und  töchter, 
Forschend  dort  nach  söhnen,  nach  brüd^n  dort,  und  verwandte] 
Und  den  gemahlen  im  beer.     Er  ermahnte  sie,  alle  die  götter    2J 
Anzuflehn;  doch  vielen  war  weh  und  Jammer  verhänget. 

Als  er  den  schönen  patast  des  Priamos  jezo  erreichte. 
Der  mit  gehauenen  hallen  geschmükt  war:    (aber  im  innern 
Waren  funfxig  gemacher  aus  schön  geglättetem,  marmor. 
Dicht  an  einander  gebaut;  es  ruheten  drinnen  des  königs  % 

Priamos  söhn'  umher  mit  ihren  vcrmäjiletcn  weibern; 
Auch  den  töchtern  waren  zur  anderen  seit«  des  hofes 
Xwölf  gewölbte  gemacher  aus  schöngeglättetem  i^narmor, 
Dicht  an  einander  gebaut;  es  ruheten  drinnen  des  königs 
Priamos  eidam'  nmher  mit  ehrfurchtwü^digen  weibern:)  2j 

Dort  begegnete  Hektor  der  gernaustheilenden  mutter, 
Die  zu  Laödike  ging,  der  holdesten  tochtet  an  bildung. 
Jene  faf&t'  ihm  die  hand  »  und  redete ,  also  beginnend : 

Lieber  sohh,  wie  kommst  du,  das  wütende  treffen  verlassen^ 
Hart  wohl  drängen  sie  uns ,  die  ^ntsezUchen  mannet  Achaia*s ,  2j 
Kämpfend  um  unsere  sta,dt ;  dafs  nun  dein  herz  dich  hiehertrieb 
Deine  bände  dem  Xeus  von  Ilios  bürg  zu  erheben ! 
Aber  verzeuch,  bis  dir  des  lieblichen  wcines  ich  bringe; 
Dafs  du  Zeus  dem  vater  zuvor  und  den  anderen  göttern 
Sprengest,  und  dann  auch  selber  des  labetrunks  dich  erfreuest,     olt 
Denn  dem  ermüdeten  mann  ist  der  wein  ja  kräftige  Stärkung, 
So  wie  du  dich  ermüdet ,  im  kämpf  för  die  cbkiigenr  stehend. 

^     .         Digitizedb7COt)gle 


SECHSTER  GESANG.  155 

Ihr  antwortete  dräuf  der  helmuiidflatterte  Hektor: 
Jicht  des  lieblichen  weins  mir  gebracht,  ehrwürdige  mutter, 
)afsdu  nicht  mich  entnervst,  und  desmutsund  der  kraficich  vergesse. 
iit  ungewaschener  hand  Zeus  dunkelen  wein  zu  sprengen ,    ,   265 
frag'  ich  scheu ;  nicht  ziemt  es ,  den  schwarzumwöikten  Kronion 
^nzuflehn ,  mit  blut  und  kriegesstaube  besudelt. 
^bcr  wohlan,  zum  tempel  der  Siegerin  Pallas  Athene 
jehe  mit  räuchwerk  hin ,  die  edleren  weiber  versammelnd ;       2*70 
Und  das  gewand,  so  dir  das  köstlichste  scheint  und  das  gröfste 
Uler  im  hause  zu  sein ,  und  geliebt  am  meisten  dir  selber , 
lolches  leg*  auf  die  kniec  der  schöngelokten  Athene , 
\uch  gelob'  in  dem  tempel  ihr  zwölf  untadliche  kühe , 
jährige,  ungezähmte,  zu  heiligen:  wenn  sie  der  Stadt  sich,       275 
Und  der  troischen  fraun  und  zarten  kinder  erbarmet; 
Wenn  sie  des  Tydeus  söhn  von  der  heiligen  Ilios  abwehrt. 
Jenen  Stürmer  der  schlacht,  den  gewaltigen  schrcckcngebicter. 
Auf  denn,  gehe  zum  tempel  der  Siegerin  Pallas  Athetie 
Du;  ich  selbst  nun  eile  zu  Paris,  ihn  zu  berufen,  280 

Ob  er  vielleicht  noch  achte  des  rufenden.     Schlänge  die  erd'  ihn 
L«l)cnd  hinab !  Ihn  erschuf  zum  verderben  der  gott  des  Olympos    . 
Troja*s  Volk',  und  dem  Priamos  selbst ,  und  den  söhnen  des  herschers. 
Sah'  ich  jenen. einmal  in  Aides  wohnung  hinabg'ehn; 
Dann  vcrgäfs'Sch  im  herzen  des  unerfreulichen  elends !  285 

Jener  sprachs;  und  die  mutter  ins  haus  eingebend,  beschied  dort 
Magd'  in  die  Stadt;  und  sie  riefen  die  schaar  der  edleren  weiber. 
Mbit  dann  stieg  sie  hinab  in  die  lieblich  duftende  kammer, 
^^0  äe  die  schönen  gewande  verwahrete,  reich  an  erfindung. 

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156  ILIAS« 

•Werke  sidonischet  fraun,  die  der  göttliche  held  Alexandros        2; 
Selbst  aus  Sidon  gebracht ,  unendliche  wogen  durchschiffend , 
AU  er  Helena  heim,  die  edelentsprosscne ,  führte. 
Deren  enthub  ixt  Hekabe  eins  xum  geschenk  der  Athene, 
Welches  das  gröfseste  war ,  und  das  schönste  zugleich  an  erfindun| 
Hell  Wie  ein  stern ,   so  stralt'  es ,  und  lag  das  unterste  aller.         2J 
Und  sie  enteilt',  ihr  folgten  gedrängt  die  edleren  weiber. 

Als  sie  nunmehr  auf  der  bürg  den  tempel  erreicht  der  Athed 
Ofnete  jenen  die  pforte  die  anmutsvolle  Theano , 
Kisseus  lochtet ,  vermählt  dem  gaulbexähmer  Antenor, 
Welche  die  Troer  geweiht  zur  ptiesterin  Pallas  Athenc*s.  3c 

Air  erhüben  die  bände  mit  janmierndem  laut  zur  Athene, 
Aber  es  nahm  das  gewand  die  anmutsvolle  Theano, 
Legt'  es  dar  auf  die  kniee  der  schöngelokten  Athene, 
Flehete-  dann  gelobend  zu  Zeus  des  allmächtigen  tochter : 

Pallas  Athene  voll  macht ,  stadischirmerin ,  edelste  göttin  !  3G 
Brich  doch  jezo  den  speer  Diomedes;   aber  ihn  selber 
Lafs  auf  das  antliz  gestürzt  vor  dem  skäischen  thore  sich  walzen ! 
Dafs  wir  jezo  sofort  zwölf  stattliche  küh'  in  dem  tempel, 
Jährige,  ungezähmte,  dir  heiligen:  werm  du  der  Stadt  dich, 
Und  der  troischen  fraun  und  zarten  kinder  erbarmest!  31 

Also  sprach  sie  betend ;  es  weigerte  Pallas  Athene. 
Während  sie  dort  so  flehten  zu  Zeus  des  allmächrigen  tochter ; 
Wandelte  Hektor  den  weg  zum  schönen  palast  Alexandros, 
Welchen  er  selbst  sich  erbaut  mit  den  kunsterfahrensten  männern 
Aller,  so  viel  in  Troja,  dem  scholligen  lande,   sich  nährten:     31 
Diese  bereiteten  ihm  das  ^emiich  und  den  saitk  und t den  voihof , 

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SECHSTER  GESANG.  15^ 

loch  auf  der  bürg,   und  nahe  bei  Priamös  wohnung  und  Hektors. 
^rt  hinein  ging  Hektor ,  der  göttliche.     Sieh ,  in  der  rechten 
frug  er  den  speer ,  eilf  eilen  an  läng* ;  und  yorn  an  dem  schafte 
llinkte  die  eherne  schärf,  umlegt  mit  goldenem  ringe.  320 

hn  im  gemach  jext  fand  er ,  die  stattlichen  waffen  durchforschend , 
biiei  und  schild,  und  glättend  das  hörn  des  krummen  geschossesi 
tber  Helena  safs ,  die  Argeierin ,  unter  den  weibem 
iimig,  den  mägden  umher  anmutige  werke  gebietend, 
lektor  schalt  ihn  erblickend ,  und  rief  die  beschämenden  worte  t     325 

Seltsamer ,  nicht  wars  löblich ,  «o  unmutsvoll  zu  ereifern ! 
■che,  das  volk  verschwindet »  um  Stadt  und  thürmende  maiier 
limpfend;  und  deinethalb  ist  feldgeschrei  und  getümmel 
lings  entbrannt  um  die  veste !  Du  zanktest  ja  selbst  mit  dem  andern  , 
Velchen  du  wo  saumselig  ersähst  zur  traurigen  feldschlacht»        330 
iuf  denn ,  ehe  die  Stadt  in  feindlicher  flamme  verlodre ! 

Ihm  antwortete  drauf  der  göttliche  held  Alexandros  1 
äektor ,  dieweil  du  mit  recht  mich  tadeltest ,   nicht  mit  unrecht ; 
iarum  sag*  ich  dir  jezt :  Du  höre  mein  wort ,  und  vernim  es. 
Jai  nicht  wider  die  Troer  so  unmutsvoll  und  ereifert,  335 

lafs  ich  hier  im  gemach;  zum  grame  nur  wollt'  ich  mich  wenden. 
Joch  nun  hat  mich  die   gattin  mit  freundlichen  wojten  beredet, 
Wzugehn  in  die  Schlacht;  auch  scheinet  es  also  mir  selber 
ksser  hinfort  zu  sein ;  denn  es  wechselt  der  sieg  um  die  männer« 
^ber  verzeuch,  bis  ich  jezo  in  kriegesgeräth  mich  gehUlIet;         340. 
Met  geh ,  so  folg*  ich ,  und  hoffe  dich  bald  zu  erreichen. 

Jener  sprachs;  ihm  erwiederte  nichts  der  gewaltige  Hektor. 
^bcr  Helena  sprach  mit  hold  liebkosenden  worten :        ^         i 

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158  ILIAS. 

O  mein  schwager,  des  schnöden,  des  unheilstiftenden  weib 
Hätte  doch  jenes  tags,  da  luerst  mich  die  mutter  geboren,        i 
Ungestüm  ein  orkan  mich  entraft  auf  ein  ödes  gebirg'  hin, 
Oder  hinab  in  die  woge  des  weitaufrauschenden  mceres, 
Dafs  mich  die  woge  verschlang',  eh  solche  thaten  geschahen! 
Aber  nachdem  dies  übel  im  rath  der  götter  verhängt  ward; 
War*  ich  wenigstens  doch  des  besseren  mannes  gemahlin ,  i 

Welcher  empfände  die  schmach  und  so  viel  nachrede  der  menschi 
Dem  ist  weder  anjezt  hcrxhaftigkeit ,  noch  in  der  Zukunft 
Wird  sie  ihm  je;  und  ich  meine,  geniefsen  werd*  er  der  frücht« 
Aber  o  kommi  doch  herein,  und  scze  dich  hier  auf  den  sessel, 
Schwager;  dieweil  dir  am  meisten  die  arbeit  liegt  an  der  seele , 
Um  mich  schändliches  weib  und  die  frevelthat  Alexandros : 
Dtnen  ein  trauriges  ioos  Xeus  sendete,  dafs  wir  hinfort  auch 
Kuchtbar  sein  im  gesange  der  kommenden  enkelgeschlechter  1 

Ihr  antwortete  drauf  der  helmumflatterte  Hektor: 
Hdena,  heifse  mich  nicht  so  freundlich  sizen ;  ich  darf  nicht. 
Denn  schon  dringt  mir  das  herz  mit  heftigkeit,  dafs  ich  den  Trd 
Helfe,  die  sehnsuchtsvoll  nach  mir  abwesenden  ümschaun. 
Aber  du  muntere  diesen  nur  auf,  auch  treib'  er  sich  selber; 
Dafs  er  noch  in  den  mauren  der  Stadt  mich  wieder  erreiche. 

V 

Denn  ich  will  in  die  wohnung  zuvor  eingehn,  um  zu  schauen 
Mein  gesind',  und  das  liebende  weib,  und  das  stammelnde  söhnl 
Denn  wer  weifs,  ob  ich  wieder  zurük  zu  den  meinigen  kehre, 
Oder  mich  jezt  durch  die  hände  der  Danaer  tilgen  die  götter. 

Also  sprach,  und  enteilte;  der  helmumflatterte  Hektor. 
Bald  erreicht'  er  darauf  die  wohlgebauctc  wobnuncf.  t 

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SECHSTER  GESANG,  159 

Doch  nicht  fand  er  die  schöne  Andromache  dort  in  den  kanunern : 
londem  zugleich  mit  dem  kind'  und  der  dienerin,  schönes  gewandes, 
kandsieannochauf  demthurm,  und  jammerte,  seufzend  und  weinend. 
Us  nun  Hektor  daheim  nicht  fand  die  untadliche  gattin ,  ^ 

Trat  er  zur  schwelle  hinan ,  und  rief  den  mägden  des  hauses :      ß-^^ 

Auf  wohlan,  ihr  mägde«  verkündiget  schnell  mir  die  Wahrheit. ' 
IVohin  ging  die  schöne  Andromache  aus  dem  gemache? 
|)b  sie  zu  Schwestern  des  manns ,  ob  xu  stattlichen  frauen  der  Schwäger, 
3der  zum  haus'  Athene's  enteilete ,  wo  auch  die  andern 
Locfcigcn  Troerinnen  die  schrekliche  götnn  versöhnen?  380 

ihm  antwortete  drauf  die  ämsige  schafnerin  also : 
Rektor,  weil  du  gebeutst >  die  Wahrheit  dir  zu  verkünden; 
^ichtzu  Schwestern  des  manns,  noch  zu  stattlichen  frauen  derschwäger, 
3deT  zum  haus'  Athene's  enteilte  sie ,  wo  auch  die  andern 
^ockigen  Troerinnen  die  schrekliche  gÖttin  versöhnen ;  385 

iondcm  den  thnrm  erstieg  sie  von  Ilios,  weil  sie  gehöret, 
öaü  noth  leiden  die  Troer,  und  obmacht  sei  den  Achaiem. 
Eben  geht  sie  hinaus  mit  eilendem  schritte  xur  mauer, 
Einer  rasenden  gleich ;  und  die  Wärterin  trägt  ihr  das  kind  nach. 

AUo  sprach  xu  Hektor  die  schafnerin;  schnell  aus  der  wohnung 
^'  er  den  weg  zurük  durch  die  wohlbebaueten  gassen.  391 

^  er  das  s^iische  thor ,  die  gewakige  veste  durch  wandelnd , 
|tto  erreicht ,  wo  hinaus  ihn  führte  der  weg  ins  gefilde ; 
^  die  reiche  gemahlin  Andromache  eilendes  laufes 
■»cgcn  ihn  her,  des  edlen  Eetion  biiihende  töchter:  sgs 

^n  Eetion  wohnt*  am  waldigen  hange  des  Piakos, 
'»der  plakischcn  Thebe,  Kilikias  männcr  bcherschend ^^         , 

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i6o  ILIAS. 

Und  er  vermählte  die  tochter  dem  erxumschimmerten  Hektor. 
Diese  begegnet'  ihm  jext ;  die  dienerln  aber ,  ihr  folgend , 
Trug  an  der  brüst  das  zarte,  noch  ganx  unmündige  knäblein,        4< 
Hektors  einzigen  söhn ,  dem  schimmernden  Sterne  vergleichbar» 
Hektor  nannte  den  söhn  Skamandrios,  aber  4ie  andern 
Nannten  Astyanax  ihn,  denn  allein  schirmt'  Ilios  Hekton 
Siehe,  mit  lächeln  blikte  der  vater  still  auf  das  knäblein; 
Aber  neben  ihn  trat  Andromache,  thränen  vergiefsend,  4 

Drükt'  ihm  freundlich  die  hand,  und  redete,  also  beginnend: 

Seltsamer  mann ,  dich  tödtet  dein  mut  noch !  und  du  erbarmst  di 
Nicht  des  stammelnden  kindes,  noch  mein  des  elenden  weibes. 
Ach  bald  wittwe  von  dir  I  denn  dich  tödten  gewifs  die  Achaier , 
Alle  mit  macht  anstürmend !  Allein  mir  wäre  das  beste ,  ^ 

Deiner  beraubt,  in  die  erde  hinabzusinken;  denn  weiter 
Ist  kein  trost  mir  übrig,  wenn  Du  dein  schiksal  vollendest» 
Sondern  weh!  und  ich  habe  nicht  vater,  noch  liebende  mutter! 
Meinen  vater  erschlug  ja  der  göttliche  streitet  Achilleus, 
Und  verhehne  die. Stadt,  die  kilikische  männer  bevölkert,  i 

Thebe  mit  ragendem  thor:  den  E'etion  selber  erschlug  er,  | 

Doch  nicht  nahm  er  die  wafien;  denn  graunvoU  war  der  gedank'  ih 
Nein,  er  verbrannte  den  held  mit  dem  künstlichen  w äffen gcschm ei 
Hoch  dann  häuft'  er  ein  mal;  und  rings  mit  ulmen  umpflanzte 
Bergbewohnende  Nymfen,  des  Ägiserschütterers  töchter.  , 

Sieben  waren  der  brüder  mir  dort  in  unserer  wohnung; 
Diese  wandelten  all'  am  selbigen  tage  tum  Als; 
Denn  sie  all'  erlegte  der  mutige  renner  Achilleus, 
Bei  weifiwolligen  schafen  und  schwerhinwaniklndcn  rindern« 

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SECHSTER  GESANG.  i6i 

Meine  mutter»  die  fursrin  am  waldigen  hatige  des  Piakos  ^         425 

Führet'  er  zwar  hieher  mit  anderer  beute  des  krieges; 

Doch  befreit'  er  sie  wieder,  und  nahm  unendliche  lösungt 

Aber  im  Vaterpalast  erlegte  sie  Artemis  bogen» 

Hektor,  o  Du  bist  jezo  mir  vater  und  liebende  mutter» 

Auch  mein  bruder  allein,  o  Du  mein  blühender  gatte!  43a 

Aber  erbarme  dich  nun,  und  bleib'  alhier  auf  dem  thurme! 

Mache  nicht  zur  waise  das  kind,  und  zur  wittwe  die  gattin! 

Stelle  das  heer  dorthin  an  den  feigenhügel;  denn  dort  ist 

Leichter  die  Stadt  zu  ersteigen »  und  frei  die  mauer  dem  angrif. 

Dreimal  haben  ja  dort  es  versucht  die  tapfersten  ktieger,  435 

Kühn  um  die  Ajas  beid'  und  den  hohen  Idomeneus  strebend, 

Auch  um  des  Atreus  söhn',  und  den  starken  held  Dicfmedess 

Ob  nun  jenen  vielleicht  ein  kundiger  seher  geweissagt , 

Oder  auch  selbst  ihr  herz  aus  eigener  regung  sie  antrieb. 

Ihr  antwortete  drauf  der  helmumflatterte  Hektor  s  44a 

Mich  auch  h^rmt  das  alles,  o  trauteste;  aber  ich  scheue 
Trojas  männer  zu  sehr»  und  die  saumnachschleppenden  weiber, 
Wenn ,  wie  ein  feiger ,  entfernt  ich  hier  ausweiche  der  feldschlacht 
Auch  verbeut  es  mein  herz ;  denn  ich  lernete ,  biederes  mutes 
Immer  zu  sein,  und  zu  kämpfen  im  Vorderkampfe  der  Troer,    445 
Schirmend  zugleich  des  vaters  erhabenen  rühm,  und  den  meinen! 
Iwar  das  erkenn'  ich  gewifs  in  des  herzens  geist  und  empfindung: 
Einst  wird  konmien  der  tag,  da  die  heilige  Uios  hinsinkt, 
Priamos  selbst,  und  das  volk  des  lanzenkundigen  königs» 
Doch  nicht  geht  mir  so  nahe  der  Troer  künftiges  elend ,  450 

Nicht  der  Hekabe  selbst ,  noch  Priamos  auch ,  des  beherschers , 
üomers  Uias.  I.  Band.  Xt 


i6ä  ILIAS* 

Noch  der  leiblichen  briider ,  die  dann  >  so  viel  und  so  tapfer , 
Air  in  den  staub  hinsinken ,  von  feindlichen  händen  getödtet : 
Als  wie  deins,  wenn  ein  mann  der  erzumschirmten  Achaier 
.  Weg  die  weinende  fuhrt,  der  freiheit  tag  dir  entreifsend;  455 

Wenn  du  in  Argos  webst  für  die  herscherin»  oder  auch  miilisain 
yil2usset  trägst  aus  dem  quell' Hypereia»  oder  Messeis  ^ 
Sehr  unwilliges  muts ;  doch  hart  belastet  der  zwang  dich ! 
Künftig  sagt  dann  einer,  die  thränenvergieisende  schauend: 
Hektors  weib  war  diese  ^  des  tapfersten  beiden  im  volke  460 

Rossebezähmender  Troer ,  da  Ilios  Stadt  sie  umkämpften ! 
Also  redet  man  einst;  und  neu  erwacht  dir  der  kummer, 
Solchen  manii  zu  vemussen ,  der  abwchr  böte  der  knechtschaft ! 
Aber  es  decke  mich  todten  der  aufgeworfene  hiigel, 
£h  ich  von  deinem  geschrei  anhör',  und  deiner  entfuhrung!      465^ 

Also  der  held^  und  hin  nach  dem  knäblein  strekt*  er  die  arme; 
Aber  zurük  an  den  busen  der  schöngegürteten  amme 
Schmiegte  sich  schreiend  das  kind ,  erschrekt  von  dem  liebenden  vatcr »; 
Scheuend  des  erzes  glänz,   und  die  flatternde  mahne  des  busches. 
Welchen  es  fürchterlich'  sah  von  des  helmes  spize  herabwehn.       4*70 
Lächelnd  schaute  der  vater  das  kind,  auch  die  zärtliche  mutter. 
Schleunig  nahm  vom  haupte  den  heim  der  stralende  Hektor , 
Legete  dann  auf  die  ^rde  den  schimmernden  j  aber  er  selber 
Küfste  scfin  liebes  kind »  und  wiegt*  es  sanft  in  den  armen ; 
Laut  dann  flehet'  er  also  dem  Zeus  und  den  anderen  gÖttem :         475 

Xeus  und  ihr  anderen  götter,  o  lafst  doch  dieses  mein  knäblein 
Werden  hinfort,  wie  ich  selbst,  vorstrebend  im  volke  der  Troer, 
Auch  so  stark  angewalt,  und  Ilios  mächtig  behersch^^ 


SECHSTER  GESANG.  163 

Und  man  sage  dereinst:  Der  ragt  noch  weit  vor  dem  vater! 
Wann  er  vom  streit  heimkehrt,  mit  der  blurigen  beute  beladen,     480 
Eines  erschlagenen  feinds!  Dann  freue  sich  herzlich  die^nutter! 

Also  sprach  er,  und  reicht'  in  di^  arme  der  liebenden  gatdn 
Seinen  söhn;  und  sie  driikt*  ihn  an  ihren  duftenden  busen, 
Lächelnd  mit  thränen  im  blik;  und  ihr  mann  voll  inniger  wehmut 
Streichelte  sie  mit  der  händ,  und  redete ,  also  beginnend:  485 

Armes  weib,  nicht  mufst  du  xu  sehr  mir  trauren  im  herzen! 
Keiner  wird  gegen  geschik  hinab  mich  senden  zum  Ais« 
Doch  dem  Verhängnis  entrann  wohl  nie  der  sterblichen  einer » 
Edel  oder  geringe,  nachdem  er  einmal  gezeugt  ward«  ■    -^ 

Auf,  zum  gemach  hingehend,  besorge  du  deine  geschalte,        4go 
Spindel  und  webestuhl,  und  gebeut  den  dienenden  weibem, 
Fleiüsig  am  werke  zu  sein.    Der  krieg  gebühret  den  männern 
Allen,  und  mir  am  meisten,  die  Ilios  veste  bewohnen. 

Dieses  gesagt,  erhob  er  den  heim,  der  stralende  Hektori 
Von  rofshaaren  umwallt;  heim  ging  die  liebende  gattin^  49J 

Rükwärts  häufig  gewandt,  und  herzliche  thränen  vergießend« 
Bald  erreichte  sie  nun  des  männervertilgenden  H^ktors 
Wohlgebauete  wohnung,  und  fand  die  mägd'  in  der  kammer, 
Viel  an  der  zahl;  und  allen  erregte  sie  gram  und  betrübius«  . 
Lebend  noch  ward  Hektor  betraurt  in  seinem  palaste ;.  50O 

Denn  sie  glaubten  gewifs,  er  kehre  nie  aus  der  feldschlacht 
Wieder  heim ,  der  Achaier  gewaltigen  bänden  entrinnend. 

Paris  auch  zauderte  nicht  in  der  hochgewölbeten  wohnung; 
Sondern  sobald  er  in  wafFen  von  stralendem  erz  sich  gehiiHet, 
Eilt'  er  daher  durch  die  Stadt,  den  hurrigen  füfsen  vertrauend.       SOJS 

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i64  ILIAS.    SECHSTER  GESANG. 

Wie  wenn,  genährt  an  der  krippe  mit  reichlichem  futter,  ein  staUrofs 
Mutig  die  halfter  zerreiEst,  und  stampfendes  laufs  in  die  felder 
Eilt,  zum  bade  gewöhnt  des  lieblich  wallenden  Stromes, 
Trozender  kraft;  hoch  ttägt  es  das  haiipt,  und  rings  an  den  schulrerti 
Fliegen  die  mahnen  umher;  doch  stolz  auf  den  adel  der  Jugend,    510 
Tragen  die  schenke!  es  leicht  zur  bekannteren  weide  der  Stuten: 
Also  wandelte  Paiis  herab  von  Pergamos  höhe, 
Priamos  söhn,  umstralt  von  leuchtender  wehr,  wie  die  sonne, 
Freudiges  muts ;  und  es  flogen  die  Schenkel  ihm.    Eilend  nun  hatt'  er 
Hektor  den  bruder  erreicht,  den  erhabenen,  als  er  sich  wenden     515 
Wollte  vom  ort,  wo  vertraulich  mit  seinem  weib*  er  geredet. 
Also  begann  zu  jenem  der  göttliche  held  Alexandros: 

Wahrlich,  mein  älterer  bruder,  dich  eilenden  hielt  ich  zu  lange 
Zaudernd  auf,  und  kam  nicht  ordentlich,  wie  du  befählest. 

Ihm  antwortete  drauf  der  helmumflatterte  Hektor :  520 

Guter»  es  darf  dir  schwerlich  ein  mann,  der  billigkeit  achtet« 
Tadeln  die  werke  der  schlacht;  du  bist  ein  tapferer  Streiter. 
Oft  nur  säumest  du  gern,  und  willst  nicht.     Aber  es  kränkt  mir 
Innig  das  herz,  von  dir  die  schmähliche  rede  zu  hören 
Unter  dem  troischen  volk,  das  um  dich  so  manches  erduldet.    525 
Konun»  dies  wollen  wir  künftig  berichtigen ,  wann  uns  einmal  Xeus 
Gönnen  wird,  des  fammiels  unendlich  waltenden  göttern 
Dankend  den  krug  zu  stellen  der  freiheit  in  dem  palaste, 
Weil  wir  aus  Troja  verjagt  die  hellumschienten  Achaier. 


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I  L  I  A  S, 


SIEBENTER     GESANG. 


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INHALT. 

Athene  und  Apotton^  die  schlackt  zu  enden,  heißen  Rektor 
den  tapfersten  Ackaier  zum  Zweikampf  fodern.  Unter  neunfür^ 
sten  trift  das  loos  den  Ajas,  Telamons  sokn.  Die  nackt  trennt 
die  kämpfer.  Nestor  in  Agamemnons  gezelt  rätk  stillstand,  um 
die  todten  zu  verbrennen,  und  versckanzung  des  lagers.  Ante^ 
nor  in  Ilios  rätk,  die  Helena  zurBkzugeben ;  welckes  Paris  ver^ 
wirft.  Am  morgen  läßt  Priamos  die  Ackaier  um  stillstand  bit^ 
ten.  Bestattung  der  todten.  Versckansi^ung  des  lagers,  und  Po. 
seidons  unwiüe.    In  der  nackt  unglHklicke  zeichen  von  Zeus. 


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I  L  I  A  S. 

SIEBENTER     GESANG. 


a 


'iescs  gesagt,  durcheilte  das  thor  der  stralende  Hektor; 
Auch  Alexandres  der  bruder  enteilete;  aber  das  herz  war 
Beiden  entbrannt ,  zu  kämpfen  den  tapferen  kämpf  der  entscheidung« 
Wie  wenn  ein  gott  den  schilfern  nach  sehnlichem  harren  den  fahrwind 
Sendet,  nachden^  arbeitend  mit  schon  geglätteten  rudern   '  5 

Lange  das  meer  sie  geregt,  und  müd'  hinsanken  die  gliedert 
Also  erschienen  si^  dort  den  sehnlich  harrenden  Troern. 

Jener  antraft':  er  dort  den  Menesthios ,  jenes  beherschers 
Arcidioos  söhn,  den  der  keulenschwinger  in  Arne      ' 
Arc'ithoos  zeugt'  und  die  herliche  Filomedusa..  10 

Hektor  aber  durchschofs  dem  Eloneus  unter  der  sturmhaub' 


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i68  ILIAS. 

Ehernem  rande  den  hals  mit  dem  speer ,  und  löste  die  glieder« 
Glaukos,  Hippolochos  söhn,  der  lykischen  männer  gebieter, 
Traf  den  Ifinoos  jezt  in  der  tobenden  schlacht  mit  dem  wurfspiefs, 
Dexiassohn",  da  das  schnelle  gespanner  bestieg,  in  die  schulter;  15 
Vnd  er  entsank  vom  wagen  zur  erd' ,  ihm  erschlaften  die  gUeder, 
^         Aber  sobald  sie  bemerkte  die  herscherin  Pallas  Athene, 
Wie  sie  der  Danaer  volk  austilgten  im  kämpf  der  entscheidung ; 
Stürmendes  schwungs  entflog  sie  den  felsenhöhn  des  Olympos 
Hin  zu  Uios  Stadt.    Entgegen  ihr  eilet'  ApoUon,  20 

Schauend  von  Pergamos  zinne;  den  siegsruhm  gönnt*  er  den  Troern, 
Jezt  begegneten  sich  die  unsterblichen  bcid'  afi  der  buche; 
Und  zur  Athene  begann  Zeus  söhn,  der  herscher  Apollon: 

Was  so  voller  begier,  o  Xeus  des  allmächtigen  tochter. 
Kamst  du  anjezt  vom  Olympos?  wie  treibt  dich  der  heftige  eifer?  25 
Pafs  du  vielleicht  den  Achaiern  der  schlacht  i^mwechselnden  sieg  nun 
Gebest  ?  Denn  nicht  ja  der  Troer ,  der  fallenden ,  jammert  dich  jemals ! 
Aber  gehorchtest  du  mir,  traun  weit  zuträglicher  war*  es: 
Jezt  denn  lassen  wir  ^uha  den  feindlichen  kämpf  der  entscheidung, 
lieut;  doch  künftig  erneun  sie  die  feldschlacht «  bis  das  schiksal    30 
Uios  endlich  erreicht;  dieweil  es  also  im  herzen 
Euth  göttinnen  gefällt,  die  hohe  Stadt  zu  verwüsten^ 

Drauf  antwortete  Xeus  blauäugige  tpchter  Athene ; 
Also  seis,  Ferntreffer;  denn  dies  auch  selber  gedenkend, 
Kam  ich  anjezt  vom  Olympos  zu  Troern  her^b  und  Achaiern.  35 

Aber  wohlan ;  wie  strebst  du  den  kämpf  zu  stillen  der  männer? 

Ihr  antwortete  drauf  Zeus  söhn ,  der  herscher  ApoUon : 


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SIE;BENTER    GESANG»  169 

Hcktor  erhöhn  wir.  den  mut,  dem  gewalrigen  rossebezahmer , 

Ob  er  ein  einteler  wohl  der  Danaer  einen  hervorruft, 

Gegen  ihn  anzukämpfen  in  schreckenvoller  entscheidang;  40 

Und  ob  dann  unwillig  die  erzumschienten  Achaier 

Einen  allein  hersenden  xum  kämpf  mit  dem  göttUch^Jn  Hekton 

Also  c^r  gQtt;  ihm  gehorchte  die  berscherin  Pallas  Athene. 
Ifclenös  aber  vernahm,  des  Priamos  sehn,  in  der  s^le 
Jenen  rath,  d^r  beider  unsterblichen  sinne  gefallen;  45 

Eilend  trat  er  zu  Hektor  hinan,  und  redete  alisos 

Hektor ,  Priamos  söhn ,  an  rathschlufs  gleich  dem  Kroiiion , 
Möchtest  du  jcxt  mir  gehorchen?  Dcili  lieber  bruder  ja  biii  ich. 
ficifse  die  äderen  ruhn ,  die  Troer  umher  und  Achaier ;  * 

Selbst  dann  rufe  hervor  den  tapfersten  aller  Achaier ,  50 

Gegen  dicji  anzukämpfen  in  schreckcnvoUer  Entscheidung, 
Noch  picht  ward  dir  verhängt,  den  tod  und  das  schiksal  zu  dulden; 
Also  vernahm  ich  die  stinunc  der  ewig>y altenden  götter. 

Also  sprach  er;  und  hoch  erfreute  sich  Hektor  des  ^yortesJ 
Trat  dann  hervor  in  die  mitt',  vuid  hemmte  die  troischen  häufen ,  55 
Haltend  die  mitt^  des  Speers;  und  still  nun  standen  sie  alle, 
Auch  Agamemnon  sexte  die  hellum^chientcn  Achaier, 
Aber  Pallas  Athen'  und  mit  silbernem  bogen  ApoUon 
Seiten  sich  beid',  an  gestalt  wie  xween  *hochfliegcnde  geier^ 
Auf  die  erhabene  buche  des  ägiserschu'tternden  vaters ,  fo 

Froh  des  männergewühls ;  und  die  Ordnungen  safsen  gedrängt  nun  , 
Dicht  von  Schilden  und  helmen  und  ragenden  lanzen  umstarret, 
So  wi^  upter  .dem  west  hinschauert  ins  meer  ein  gekräusel » 

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170  '  ILIAS. 

Wann  er  zuerst  andrängt ,  und  dunklere  flut  sich  erhebet : 

Also  safsen  geschaart  die  Achaier  umher  und  die  Troer  65 

Durch  das  gefild',  und  Hektor  begann  in  der  mitte  der  völker: 

Hört  mein  wort,  ihr  Troer,  und  hellumschiente  Achaier, 
Dafs  ich  rede,  wie  mir  das  herz  im  busen  gebietet. 
Unseren  bund  hat  Zeus,  der  erhabene,  nicht  vollendet; 
Sondern  bösen  entschlufs  verhänget  er  beiderlei  Völkern:  70 

Bis  entweder  ihr  selbsto^  einnehmt  die  gethürmete  Troja, 
Oder  vor  uns  ihr  erliegt  bei  den  meerdurchwandelnden  schiffen. 
Euch  ja;  sind  im  heere  die  tapfersten  beiden  Achaia's. 
Wem  von  solchen  das  herz  mit  mir  zu  kämpfen  gebietet, 
Hier  nun  tret*  er  hervor,  n\it  dem  göttlichen  (lektor  zum  vorkampf  I  75 
Abo  beding'  ich  das  wort,  und  zeug*  uns  werde  Kronion« 
Wenn  mich  jenet  erlegt  mit  ragender  spize'des  erzes, 
Trag*  er  den  raub  des  gescfameides  hinab  zu  den  jäumigen  schiffen ; 
Ab^r  den  leib  entsend'  er  gen  Ilios ,  dafs  in  der  heimat 
Troj^'s  männer  und  fraun  des  feuers  ehre  mir  geben«  80 

Wenn  ich  jenen  erieg',  und  rühm  mi^  gewähret  Apollon, 
Trag'  ich  den  raub  des  geschmeidej  in  Ilios  heilige  veste » 
Dafs  ich  ihn  häng'  an  den  tempel  des  treffenden  Föbos  ApoUon ; 
Doch  der  erschlagene  kehrt  zu  den  schöngebordeten  schiffen, 
Dafs  mit  pracht  ihn  bestatten  die  hauptumlokten  Achaier,  •         8j 
Und  ihni  ein  mal  aufschütten  am  breiten  Hellespontos. 
Künftig  sagt  dann  einer  der  spätgeborenen  menschen, 
In^  vielrudrigen  schiffe  zum  dunkelen  meer  hinsteuernd^ 
Seht  das  sagende  grab  des  lan^stgestorbencn  mannest 

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SIEBENTER   GESAI^G,  171 

Der  einst  tapfc«  im  streit  hinsank  dem  göttlichen  Hektor!  90 

Also  redet  man  einst,  und  mein  ist  ewiger  nachruhm. 

Jener  sprachs ;  doch  alle  verstummten  umher ,  und  schwiegen ; 
Schimpflich  wars  xu  weigern,  und  anzunehmen  gefahrvolL 
Endlich  stand  Menelaos  empor,  und  redete  also, 
Strafend  mit  herbem  verweis',  und  schwer  aus  demjierzen  erseufxt'  er :  95 

Weh  nxiif  drohende  prahler,  Achai'rinnen,  nicht  mehr  Achaier! 
Traun ,  dpch  schmäch  ist  solches  und  vinauslöschliche  schände , 
Wenn  kein  Danaer  nun  dem  Hektor  wagt  lu  begegnen ! 
Aber  o  mögt  ihr  all'  in  wasser  und  erd*  euch  verwandeln. 
Wie  ihr  gesamt  dasizet,  so  herzlos  jeder  und  ruhmlos!  100 

Selber  denn  giirt'  ich  jenem  Tium  kämpfe  mich !  Oben  ipi  himiQel 
Hangen  des  siegs  ausgäng'  an  der  hand  der  unsterblichen  götterS| 

Also  sprach  er,  und  hiil|te  das  stattUche  waffengeschmeid'  um. 
Jeio  erschien ,  Menelaos ,  das  endende  ziel  dir  dc;s  lebens , 
Durch  die  gewalt  des  Hektor  ^  denn  mächtiger  war  er  bei  weitem;  105 
Hätten  dich  nicht  auffahrend  gehemmt  die  herscher  Achaia*s^ 
Selbst  auch  Atreus  söhn ,  der  völkerfiirst  Agamttnnon , 
Fatt'  ihm  die  rechte  hand ,  und  redete ,  also  beginnend : 

Nim  doch  bedacht,  Menelaos,  du  göttlicher!  night  ja  geziei^tdif 
So  unbesonnene  wut ;  drum  fasse  dich,  herzlich  betrübt  zwar ;      i|a 
Und  wetteifere  nicht,  den  stärkeren  mann  zu  bekämpfen» 
Hektor ,  Priamos  söhn ,  vor  dem  auch  anderen  grauqt ! 
Ihn  hat  Achilleus  selbst  in  der  männerehrenden  feldschlacht 
Aniugchen  gest^zt,  der  doch  viel' stärker  wie  du  ist. 
Du  denn  sezc  dich  nuii,  zur  schaar  d^r  deinigcn  wandelnd;      ||| 

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17»  ILIAS*  1 

1 

Diesem  erhellt  sich  zum  kämpf  schon  ein  anderer  an;  den  Achaicm.l 
Mög*  er  auch  furchtlos  sein,  auch  unersättlich  des  krieges; 
Gern  wohl»  mein'  ich,  beugt  er  die  kniee  si<li,  wenn  er  entfliehet     | 
Aus  dem  erbitterten  kämpf  und  der  schreckenvoll^n  entscheidung ! 

Also  sprach  und  wandte  des  brqders  h^rx  Agamemnon,      i2o 
Denn  sein  wort  war  gerecht ;  er  gehorcht'  ihm  r  und  die  genosscq 
Zogen  ihm  freudig  nunmehr  den  waffenschiinuk  von  den  schultern« 
Aber  Nestor  erhub  sich  in  Argos  volk,  und  begann  sqt 

Wehe ,  wie  grofses  leid  dem  achaiischen  lande  herannaht ! 
Weinen  ja  würde  vor  schmerz  der  graue  reisige  Peleüs ,  xz5  \ 

Rühmlich  die  Myrniidonen  mit  rath  und  rede  beberschend;  | 

\    Der  ^inst  mich  zu  befragen  in  eigener  wpl^lung  erfreut  wai^t 
Und  nach  aller  Argeier  geschlecht  und  Zeugungen  forsdite ! 
liört*  ex  9  wie  scheu  nun  diese  gesamt  sich  schmiegen  vor  Hektor;      I 
Oft  zu  den  ewjgen  würd'  er  die  händ'  aufheben  mit  flehen»     130  I 
Dafs  aus  den  gliedern  der  geist  einging'  in  Aides  wohnung ! 
Wenn  ich,  o  vater  XeüSj  und  Pallas  Ath?n\  und  Apollon, 
Grünete,  so  wie  vordem,  da  an  Keladons  reifsendem  strpme 
Kämpfte  der  Pylier  beer  mit  Arkadias  lanzengeUbtc^n ,. 
Hart  an  Feia's  mauren»  w;o  schnell  der  lardanos  hinströmt!       13$ 
Vorn  war  jenen  im  kämpf  Ereuthälion ,  ähnlich  den  göttern , 
Hell  um  die  schulter  geschmükt  mit  des  Areithoos  rUstung,^ 
Jenes  erhabenen  beiden  ,^  der  Keulenschwinger  mjit  namen 
Ward  Yon  männem  genannt  und  scljöngegürtctcn  weibern :. 
Denn  nie  trug  er  bogen  noch  ragende  lanz'  in  der  feldschlacht»     140  ' 
Soi\derni  trennte  di<;  reihn  nut  dem  schwung  der  qserneiü  k,euk,       ! 


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SIEBENTER  GESANG,  173 

Diesen  erschlug  LykuYgos  durch  list,  durch  keitie  gewalt  ihn, 
Im  einengenden  Wege ,  wo  nidits  ihm  die  eiserne  keule 
Frommete  gegen  .den  tod :  denn  Lykurgos ,  welcher  zuvorkam , 
Rannt' ihm  die  lanz'  in  den  leib,  dafs  zurUk  auf  den  boden  ei^hinsank.  145 
Und  er  entblöfst'  ihn  der  wehr,  die  geschenkt  der  eherne  Ares; 
Diese  trug  er  selber  hinfort  im  getümloiel  des  Ares. 
Aber  nachdem  Lykurgos  daheim  im  palaste  gealtert , 
Uebergab  er  die  wehr  Ereuthalion,  seinem  genossen; 
Der  nun,  trozend  datauf,  die  tapfersten  alle  hervorrief.  150 

Dodi  sie  erbebten  ihm  all'  und  zitterten ;  keiner  bestand  ihn. 
Midi  nur  entflammte  der  mut  voll  kühnes  vertrauns  zu  dem  kämpfe , 
Vnverzagt;  doch  war  an  geburt  ich  der  jüngste  von  allen. 
Und  Ich  kämpft'  ihm  entgegen ,  und  rühm  verlieh  mir  Athene. 
Dm  den  gröfsesten  nun  und  gewaltigsten  mann  erschlug  ich^     155 
bafs  er  weit  auf  dem  boden  sich  dehnete  hierhin  und  dorthin« 
War'  ich  so  jugendlich  noch ,  und  ungeschwächtes  Vermögens ; 
Tiaun  bald  fände  des  kampfs  der  helmumflatterte  Hektor  1 
Aber  so  viel  Ihr  seid ,  die  tapfersten  aUer  Achaier , 
Auch  kein  einziger  wagt  es,  dem  Hektor  getrost  zu  begegnen!     160 
Also  strafte  der  greis*;  da  erhüben  sich  neun  in  der  heerschaar. 
Em  vor  allen  erstand  der  herscher  des  Volks  Agamemnon ; 
Ihm  zunächst  der  Tydeide ,  der  starke  held  Diomedes ; 
Drauf  die  Aja«  zugleich,  mit  trozigem  mute  gerüstet^ 
I^ann  Idomeneus  selbst»  und  Idomeneus  kriegesgenoCs  auch,      165 
Held  Meriones,  gleich  dem  mäimermordenden  Ares; 
Auch  Eurypylos  dann,  der  glänzende  söhn  des  Euämon; 

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174  ILIAS. 

Thoas  auch»  der  Andrämonid',  und  der  edle  Odysseus. 
Alle  sie  waren  bereit  zum  kämpf  mit  dem  göttlichen  Hektor. 
Doch  von  neuem  begann  der  gerenische  reisige  Nestor:  !*]< 

Jezt  durchs  loos  mit  einander  entscheidet  es »  welcher  bestimmt  sei 
Hoch  erfreun  wird  dieser  die  heliumschienten  Achaier; 
Aber  auch  selbst  im  herten  erfreut  er  sich,  wenn  er  entfliehet 
Aus  dem  erbitterten  kämpf  und'  der  schreckenvollen  entscheidung 

Also  der  greis;  und  ein  loos  bezeichnete  jeder  sich  selber;        i-]| 
Dann  in  den  heim  Agamemnon^ ,  des  königes »  warf  man  sie  alle 
Aber  das  volk  hub  flehend  die  händ'  empor  zu  den  gÖttcrn; 
Also  betete  mancher,  den  blik  gen  himmel  gewendet: 

Vater vXeus,  gieb  Ajas  das  loos^  o  giebs  dem  Tydeiden, 
Oder  ihm  selbst,  dem  könig  der  golddurchblinkten  Mykenc.       i8( 

Also  das  volk;  dort  schüttelte  nun  der  reisige  Nestor; 
Und  es  entsprang  dem  helme  das  loos,  das  sie  selber  gewün^chet 
Ajas  loos ;  rings  trug  es  der  herold  durch  die  versanunlung 
Rechtshin,  allen  es  zeigend,  den  edeleh  beiden  Achaia's. 
Aber  nicht  erkennend  verleugnete  solches  ein. jeder.  i8i 

Doch  wie  er  jenen  erreicht,  ringsum  die  Versammlung  durchwandelnd 
Der  das  bezeichnete  warf  in  den  heim ,  den  stralenden  Ajas ; 
Hielt  er  unter  die  band,  utid  hinein  warfs  nahend  der  herold, 
iSchnell  erkannt'  er  schauend  das  loos,  und  freute  sich  herzlich; 
Warf  es  dann  vor  die  fiifse  zur  erd'  hin ,  also  beginnend :  sg/i 

Wahrlich  mein  ist,  freunde,  das  loos,  und  ich  freue  mich  selblj 
Herzlich;  dieweil  ich  hoife  den  sieg  vom  göttlichen  Hektor*  i 

Aber  wohlan,  indefs  ich  mit  kriegsgeräth  mich  umhülle;  , 

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SIEBENTER   GESANG.  175 

Fleht  ihr  anderen  Xeus,  dem  wakenden  söhne  des  Kronos» 
Vor  euch  selbst  in  der  stille ,  damit  nicht  hören  die  Troer ;        195 
Oder  mit  laute»  gebet,  denn  niemand  furchten  wir  wahrlich! 
Keiner  ja  soll  durch  gewalt  trozvoU  mich  gezwungenen  treiben. 
Noch  durch  siegende  kunst ;  denn  nicht  unkundig  des  krieges 
Hoff*  ich  in  Salamis  flur  geboren  zu  sein  und  erzogen ! 

Ajas  sprachs ;  und  sie  flehten  zum  waltenden  Zeus  Kronion.    200 
Also  betete  mancher,  den  blik  gen  himmel  gewendet: 

Vater  Xeus,  ruhmwiirdig  und  hehr,  du  herscher  vom  Ida, 
Gleb,  dafs  Ajas  den  sieg  und  glänzenden  rühm  sich  gewinne! 
Ist  dir  aber  auch  Hektor  geliebt,  und  waltest  du  seiner; 
Gleich  dann  schmücke  sie  beide  mit  kraft  und  ehre  des  sieges !        205 

Also  das  Volk;  und  es  dekte  mit  blinkendem  erze  sich  Ajas. 
Aber  nachdem  er  den  leib  ringsum  in  waffen  gehiillet; 
Stünnt'  er  sofort,  wie  Ares  der  ungeheure  herannaht, 
Wenn  in  die  schlacht  zu  männern  er  Angeht»  welche  Kronion 
Trieb  zum  erbitterten  kämpfe  der  geistyerzehrenden  Zwietracht :     210 
So  stürnit'  Ajas  einher,  der  gewaltige  hört  der  Achaier,         ^ 
lächelnd  mit  finsterem  ernste  des  antlizes;  und  mit  den  fiifsen 
Wandelt'  er  mächtigen  schritt,  und  schVang  die  erhabene  lanze. 
Sein  erfreuten  sich  hoch  die  Danaer  ringsher  schauend ; 
Aber  dem  volk  der  Troer  durchschauderte  schrecken  die  glieder.    215 
Selbst  dem  Hektor  begann  sein  herz  im  busen  zu  schlagen ; 
Doch  nicht  könnt'  er  nunmehr  wo  zurükfliehn,  noch  sich  verbergen 
Unter  die  häufen  des  volks ;  denn  er  foderte  selber  den  Zweikampf. 
Aja*  nahte  herw>  und  trug  den  thürmendcn  Schild  vor, 

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176  ILIAS* 

Ehern  und  siebenhäutig,  den  Tychios  klug  ihm  vollendet 9  020 

Hoch  berühmt  in  des  leders  bereitungen ,  wohnend  in  Hyle  z 

Dieser  schuf  ihm  den  regsamen  schild  aus  sieben  häuten 

Feistgenähreter  stier',  und  umzog  lum  achten  mit  erx  sie. 

Den  nun  trug  vor  der  brüst  der  Telamonier  Ajas, 

Stellte  sich  nahe  vor  Hektor,  und  sprach  die  drohenden  Worte:       aas 

Hektor,  deutlich  nunmehr  erkennest  du^  einer  mit  einem. 
Wie  sich  im  Danaervolk  noch  andere  beiden  erheben» 
Auch  nach  Peleus  söhn,  dem  zermalmenden,  löwenbeherxten ! 
Jener  zwar  bei  den  schnellen  gebogenen  schüfen  des  meeres 
Ruht  nun ,  zürnend  im  geist  dem  hirten  des  volks  Agamemnon;    230 
Aber  auch  wir  sind  mk'nner,  mit  freudigkeit  dir  zu  begegnen, 
Und  noch  viel !  Auf,  hebe  den  kämpf  und  die  blutige  fehd'  an ! 

Ihm  antwortete  drauf  der  helmumdatterte  Hektor: 
Ajas,  göttlicher  söhn  des  Telamon,  völkergebieter , 
Denke  mich  nicht  durch  troz,  wie  ein  schwaches  kind,  zu  versuchen,  ^35 
Oder  ein  ^eib ,  das  nimmer  des  kiriegs  arbeiten'  gelernet ! 
Wohl  sind  mir  die  kämpfe  bekannt,  und  die  schlachten  der  männer! 
Rechtshin  weiüs  ich  zu  wenden ,  und  links  zu  wenden  den  stierschild  ^ 
Dürrer  last,  um  stets  unermüdeter  stärke  zu  kämpfen; 
Weils  zu  fufs  ihn  zu  tanzen ,  den  tanz  des  schreklichen  Ares ,       040 
Weifs  auch  rasch  im  getümmel  die  fliegenden  rosse  zu  lenken! 
Aber  nicht  doch  ereile  mein  speer  dich,  tapferer  krieger, 
lieimlicl;^  mit  laurender  list;  nein  öffentlich,  ob  er  dich  treffe! 

Spruchs,  und  im  schwung*  entsandt'  er  die  weithinschattende  lanze ; 

Und  sie  traf  dem  Ajas  den  siebenhäutigen  stierschild  045 

I 

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SIEBENTER   GESANG.  177 

Auf  das  obere  erz,  das  ihm  tum  achten  Umherlag: 
SecHs  der  schichten  durchdrang  das  spähende  erz  unbezwingbar , 
Doch  in  der  siebenten  haut  ermattet'^  es.     Wieder  entsandt'  ihm 
Ajas  der  göttliche  hcld  die  weithinschattende  lanze; 
Und  sie  traf  dem  Hektor  den  schild  von  gerundeter  wölbung«      ASß 
Siehe,  den  stialenden  schild  durchschmetterte  mächtig  die  lanze. 
Auch  in  das  kunstgeschmeide  des  hämisches  drang  sie  geheftet; 
Grad'  hindurch  an  der  weiche  des  bauchs  durchschnitt  sie  den  leibrok 
Stürmend :  da  wand  sich  jenerr ,  und  mied  das  schwarze  Verhängnis» 
Beide  dann  zogen  heraus  die  ragenden  speer\  und  zugleich  nun    255 
Rannten  sie  an,  blutgierig,  wie  raubverschlingende  löwen» 
Oder  wie  eher  des  waldes,  die  voll  unvcrwüstbarer  kraft  sind. 
Priamos  söhn  stiefs  mächtig  den  speer  auf  die  mitte  des  Schildes; 
Doch  nicht  brach  er  das  erz,  denn  rükwärts  bog  sich  die  spize. 
Nun  stach  Ajas  den  schild  anlaufend  ihm ;  aber  hindurch  drang    260 
Schmetternd  die  eherne  lanz*,  und  erschütterte  jenen  im  angrif. 
Streifend  am  hals'  hin  fuhr  sie,  und  schwarz  entsprizte  das  blut  ihm* 
Doch  nicht  ruhte  vom  kämpf  der  helmumflatterte  Hektor; 
Rükwärts  weichend  erhub  er  mit  nervichter  rechte  den  feldstein, 
Der  dort  lag  im  gefilde,  den  dunkelen,  rauhen  und  grofsen;      a^ 
Schwang,  und  traf  dem  Ajas  den  siebenhäutigen  Stierschild 
Mitten  gerad'  auf  den  nabel,  dafs  ringsum  dröhnend  das  erz  scholL 
Wieder  erhub  nun  Ajas  den  noch  viel  grösseren  feldstein, 
Sandt'  ihn  daher  ümschwingend;  und  strengt*  unermefsliche  kraft  an. 
Einwärts  brach  er  den  schild  mit  dem  mühlsteinähnlichen  felsen,    27a 
t'nd  verlezt'  ihm  die  kniee,  dafs  rüklings  jener  dahinsank, 
Homers  Ilias.   I.  Band.  M 

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178  ILIAS. 

Fest  den  sthild  in  der  band ;  doch  schnell  erhub  ihn  Apollon. 
Je7.t  auch  hätten  mit  Schwertern  in  nahem  kämpf  sie  verwundet, 
Wenn  nicht  zween  herolde,  die  boten,  Zeus  und  der  männer , 
Eilend  genaht ,  von  den  Troern  und  erzumschirmten   Achaiern  ,  2,1  $ 
'Dort  Idaos ,  und  hier  Talthybios ,  beide  verständig. 
Zwischen  die  kämpfenden  strekien  die  Stäbe  sie ;  aber  Idäos 
SpTcich  das  wort,  der  herold,  verständiges  rathes  erfahren: 

Nun  nicht  mehr,  ihr  kinder,  des  feindlichen  kampfs  und  gefechtes ! 
'Beide  ja  seid  ihr  geliebt  dem  herscher  im  donnergewölk  Zeus ;     280 
•Beid' auch  tapfere  Streiter:  das  schaueten  jezo  wir  alle. 
Doch  nun  nahet  die  nacht;  gut  ists,  auch  der  nacht  zu  gehorchen. 

Gegen  ihn  rief  antwortend  der  Tela monier  Ajas : 
Erst ,  Idäos ,  ermahnt  den  Hektor ,  also  zu  reden ; 
Weil  er  selbst  zum  kämpfe  die  tapfersten  alle  hervorrief.  285 

Jener  beginn';  und  gerne  gehorch*  ich  dir,  wenn  er  zuerst  will. 

Ihm  antwortete  drauf  der  helmumflatterte  Hektor: 
Ajas,  dieweil  dir  ein  gott  die  kraft  und  die  gröfse  verliehen, 
Und  den  verstand ,  auch  künde  des  Speers  vor  allen  Achaiern ; 
Lafs  uns  jezt  ausruhen  vom  feindlichen  kämpf  der  entscheidung,  290 
Heut;  doch  künftig  erneun  wir  die  feldschlacht,  bis  uns  ein  Dämon 
Trennen  wird ,  und  geben  der  Völker  einem  den  siegsruhm. 
Denn  nun  nahet  die  nacht;  gut  ists,  auch  der  nacht  zu  gehorchen: 
Dafs  du'  dort  bei  den  schiffen  das  herz  der  Achaier  erfreuest, 
Doch  vor  allen  der  freund'  und  deiner  lieben  genossen;  295 

'Aber  ich  selbst,  heimkehrend  in  Priamos  Stadt,  des  bebe  r  sehe  rs ,    "^ 
Troja  s'  männer  erfreu'  und  saumnachschleppende  weiber , 


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SIEBENTER    GESANG.  179 

Welche  für  mich  aufflehend  im  heiligen  räum  sich  gesammeltt 
Auf,  auch  rühmliche  gaben  verehren  wir  beid'  einander ; 
Dafs  einst  werde  gesagt  bei  Troern  und  bei  Achaiern :  300 

Sehtt  sie  kämpften  den  kämpf  der  geistverxehrenden  Zwietracht, 
Und  dann  schieden  sie  beid'  in  Freundschaft  wieder  versöhnet. 

Hektor  sprachs ,  und  reicht'  ihm  das  seh  wert  voll  silberner  buckeln' 
Samt  der  scheid*  in  die  hand ';  und  dem  schongeschnittenen  riemen. 
Ajas  schenkt' ihm  dagegen  den  leibgurt,  schimmernd  vonpurpur.  305 
Also  beide  getrennt ,  kehrt  Er  xu  den  schaaren  Achaia's 
Wieder ,  und  Er  in  der  Troer  gewiihl  hin :  welche  sich  freuten  i 
Als  sie  sahn,  dafs  lebend  und  unverlext  er  daherging» 
AjAS  bänden  entflohn  und  unaufhaltsamer  stärke; 
Führten  ihn  dann  in  die  Stadt,  und  glaubeten  kaum  ihn  errettet.  310  , 
Auch  den  Aja«  Führten  die  hellumschienten  Achaier 
Hin  zum  Held  Agamemnon;  der  hoch  des  sieges  erfreut  war. 

Als  sie  nunmehr  ins  gezelt  um  Atreus  sehn  sich  versammelt  i 
Opferte,  ihnen  zum  schmaus,  der  völkerfürst  Agamemnon 
Hncn  stier,  fünfjährig  und  feist,  dem  starken  Kronioiu  31^ 

Diesen  zogen  sie  ab,  und  zcr legeten  alles  gcschäfüg  , 
Schnitten  behend'  in  stücke  das  fleisch  j  und  stektens  an  spiefse^ 
Brieten  sodann  vorsichtig,  und  zogen  es  alles  herunter. 
Aber  nachdem  sie  ruhten  vom  werk  i  und  das  mahl  sich  bereitet; 
Schmausten  sie,  und  nicht  mangelt'  ihr  herz  des  gemeinsamen  mahles. 
Aber  den  Ajas  ehrt'  er  mit  langausreichendem  rücken^  3^1 

Atreas  heldensohn,  der  völkerfürst  Agamemnon^ 
Aber  nachdem  die  begierde  des  trank«  und  der  speise  gestillt  w^  { 


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180^  ILIAS. 

Jezo  begann  der  gteis  den  entwurf  zu  ordnen  in  Weisheit, 
Nestor,  der  schon  eher  mit  treflichein  rathe  genüzet;  325 

Dieser  begann  wohlpieincnd ,  und  redete  vor  der  Versammlung: 

Atreus  söhn,  und  ihr  andern,  erhabene  fursten  Achaia's, 
Viele  ja  sind  gestorben  der  hauptumlokten  Achaier, 
Welchen  das  schwarze  blut  um  den  herlichen  ström  des  Skamandros 
Ares  der  wütrich  vergofs,  und  die  ^elcn  zum  A'ides  sanken.     330 
Drum ,  wenn  der  morgen  erscheint ,  lafs  ruhen  den  krieg  der  Achaier , 
Dafs  wir  gesamt  auf  wagen  die  leichname  holen,  von  rindern 
Und  maulthieren  geführt ;  alsdann  verbrennen  wir  alle , 
Etwas  entfernt  von  den  schiffen,  damit  einst  jeder  den  kindern 
Bringe  den  staub,  wann  wieder  zum  vateriande  wir  heimziehn.    335 
Einen  hiigel  am  brand'  erheben  Vir ,  draufsen  versammelt , 
Allen  zugleich  im  gefiid';  und  neben  ihm  bauen  wir  eilig 
Hochgethiirmt  die  mauer ,  uns  selbst  und  den  schiffen  zur  schuzwehr. 
Drin  auch  bauen  wir  thore  mit  wohicinfugenden  flUgeln, 
Dafs  bequem  durch  solche  der  weg  sei  rossen  und  wagen.  340 

Draufsen  umziehn  wir  sodann  mit  tiefem  graben  die  mauer, 
Welcher  rings  abwehre  den  reisigen  zeug  und  das  fufsvolk ; 
Dafs  nicht  einst  andränge  die  macht  hochherziger  Troer. 

Jener  sprachs;  und  umher  die  könige  riefen  ihm  beifall. 
Auch  die  Troer  kamen  auf  Ilios  burjj  zur  Versammlung,  345 

Schreckenvoll  und  verwirrt,  vor  Priamos  hohem  palaste; 
Und  vor  ihnen  begann  der  verständige  held  Antenor : 

Hört  mein  wort ,  ihr  Troer ,  ihr  Dardaner ,  und  ihr  genossen  , 
Daft  ich  rede,  wie  mir  das  herz  im  busen  gebietet. 


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SIEBENTER  GESANG,  igi 

Auf  nun,  Helena  selbst,  die  Argeicrin,  samt  der  besizung  350 

Geben  wir  Atreus  söhnen  zurük«     Jezt  kämpfen  wir  treulos 
Gegen  den  heiligen  bund;  drum  hoff*  ich  nimmer,  dafs  Wohlfahrt 
Unserem  volk  aufblühe,  bevor  wir  also  gehandelt. 

Also  redete  jener,  und  seztc  sich.     Wieder  erhub  sich 
Alexandras  der  held ,  der  lockigen  Helena  gatte :  s      335 

Dieser  erwiederte  drauf,  und  sprach  die  geflügelten  wortea 

Keineswegs,  Antenor,  gefallt  mir,  wa$  du  geredet! 
Leicht  wohl  könntest  du  sonst  ein  besseres  rathen ,   denn  solches  2 
Aber  wofern  du  wirklich  in  völligem  ernste  geredet; 
Traun  dann  raubeten  dir  die  unsterblichen  selbst  die  besinnung !  360 
Jezo  verkünd*  auch  Ich  den  rossAezähmenden  Trofcrn ; 
Grade  heraus  bekenn'  ich :  Das  weib ,  nie  geh'  ich^  es  wieder ; 
Aber  das  gut,  sq  viel  ich  aus  Argos  fuhrt'  in  die  wohnung. 
Will  ich  gesamt  ausgeben ,  und  noch  des  meinen  hinzuthua. 

Also  redete  jener,  und  sezte  sich«     Wieder  erhub  sich  365 

Priamos,  Dardanos  enkel,  an  rath  den  unsterblichen  ähnlich; 
Dieser  begann  wohlmeinend,  und   redete  vor  der  Versammlung: 

Hört  mein  wort ,  ihr  Troer ,  ihr  Dardaner ,  und  ihr  genossen ; 
Dafs  ich  rede,  wie  mir  das  herz  hn  busen  gebietet. 
Jcio  empfaht  nachtkost  durch  das  kriegsheer ,  so  wie  gewöhnlich ,  ß'j^ 
Auch  gedenket  der  hut,  und  «cid  ein  jeglicher  wachsam» 
Morgen  geh'  Idäos  hinab  zu  den  rk'umigen  schiffen: 
Dafs  er  den  fürsten  des  volks  Agame^inon  und  Menelaos 
Sage  die  red'  Alexandros,  um  welchen  der  streit  sich  erhoben; 
Auch  dies  wo«  vcrkünd'  er,  da,s  heilsa^ne,  ob  sie  geneigt  ^ein,  315 

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181  ILIAS. 

Auszuruhn  vom  kriege,  dem  gräfslichen,  bis  wir  die  todten 
Erst  verbrannt;  dann  wieder  sei  feldschlacht ,  bis  uns  ein  Dämon 
Trennen  wird,  und  geben  der  völker  einem  den  siegsruhm. 

Also  der  greis;  da  horten  sie  aufmerksam,  und  gehorchten. 
Spätmahl  nahmen  sie  nun  durch  das  ktiegsheer,  häufen  bei  häufen. 
Morgens  ging  Idlios  hinab  zu  den  schiffen  Achaia*s.  381 

Und  er  fand  die  Achaier  im  rath,  die  genossen  des  Ares, 
Neben  dem  hinterschif  Agamemnons.  Jener,  sich  nahend, 
Trat  in  den  kreis,  und  begann,  der  lautaustonende  hcrold: 

Atreus  söhn*,  und  ihr  andern,  erhabene  fürsten  Achaia's,     385 
Priamos  sendete  mich,  und  die  anderen  edlen  der  Troer, 
Dafs  ich,  wäV  es  vielleicht  euch 'angenehm  und  gefällig, 
Sagte  die  red'  Alexandros^  um  welchen  der  streit  sich  erhoben. 
Alles  gut,  so  viel  Alexandros  in  räumigen  schiffen 
Her  gen  Troja  geführt,  (hätt'  eher  der  tod  ihn  ereilet!)  390 

Will  er  gesamt  ausgeben,  und  noch  des  seinen  hinzuthun. 
Aber  die  jugendvermählte  von  Atreus  söhn  Menelaos 
Gi'ebt  er  nie,  wie  er  sagt;  obzwar  ihn  die  Troer  ermahnen. 
Dieses  wort  auch  sollt'  ich  verkündigen,  ob  ihr  geneigt  seid, 
Auszuruhn  vom  kriege,  dem  gräfslichen,  bis  wir  die  todten       395 
Erst  verbrannt;  dann  wieder  sei  feldschlacht,  bis  uns  ein  Dämon 
Trennen  wird,  und  geben  der  Volker  einem  den  siegsruhm. 

Jener  sprachs;  doch  alle  verstummten  umher,  und  schwiegen. 
Endlich  begann  vor  ihnen  der  rufer  im  streit  Diomedes: 

Dafs  nur  keiner  das  gut  Alexandros  nehme ,  ja  selbst  nicht      400 
Helena!  Wohl  ja  erkennt,  auch  wer  unmündiges  geistes, 

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SIEBENTER   GESANG,  »85 

Dafs  den  Troern  bereits  herdrohe  das  ziel  des  Verderbens! 

Also  der  held;  ihm  jauchzten  gesartit  die  m'inner  Achaia's, 
Hoch  das  wort  anstaunend  von  Tydeus  söhn  Diomedes. 
Jezo  sprach  zu  Idäos  der  völkerfürst  Agamemnon:  405 

Selber  anizt,  Idäos,  vernahmst  du  das  wort  der  Achaier, 
Weichen  bescheid  sie  geben;  auch  mir  gelicbet  es  also. 
Doch  der  todten  Verbrennung  sei  euch  mimichten  geweigert. 
Keiner  sei  unwillfährig  bei  abgeschiedenen  todten , 
Dafs  er,  nachdem  sie  gestorben,  mit  glut  zu  besänftigen  eile.         410 
Höre  den  bund  Xeus  selber,  der  donnernde  gatte  der  Here! 

Jener  sprachs,  und  empor  zu  den  himmlischen  hob  er  den  zepter« 
Aber  es  kehrt'  Idäos  zur  heiligen  liios  wieder. 
Dort  noch  safsen  im  rath  die  Troer  und  Dardanionen, 
Alle  gesellt  mit  einander,  und  harreten  seiner  zuriikkunft.  415 

Jezo  kam  Idäos  daher,  und  sagte  die  botschaft, 
Hingestellt  in  die  mitte.    Da  rüsteten  jene  sich  eilig, 
Andere,  leichen  zu  holen,  und  andere,  holz  aus  den  wäldern« 
Auch  die  Argeier  indefs  v^n  den  schöngebordeten  schüfen 
Eileten,  leichen  zu  holen ,  und  andere,  holz  aus  den  wäldern.      420 

Aber  die  sonn'  erhellte  mit  jungem  stral  die  gefildc. 
Aus  des  riefergofsnen  Okeanos  ruhiger  Strömung, 
Steigend  am  himmel  empor.     Da  begegneten  Jen'  einander« 
Schwer  nun  wars  zu  erkennen  im  Schlachtfeld  jeden  der  männer. 
Doch  sie  wuschen  mit  wasser  den  blutigen  raoid  von  den  gliedern,     425 
Heilse  thränen  vergiefsend ,  und  hüben  sie  all*  ?uf  die  wagen. 
Aber  zu  weinen  verbot  held  Priamos;  jene  versttimmt  nun 

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184  ILIAS, 

Häuften  empor  auf  die  scheiter  die  leichname ,  trauriges  heriens » 
Zündeten  an  das  feuer,  und  kehrten  zur  heiligen  Troja. 
Also  auch  Jen'  entgegen,  die  hellumschienten  Achaier,,  430 

Häuften  empor  auf  die  scheiter  die  leichname ,  trauriges  herxens , 
7/iindeten  an  das  feuer,  und  kehrten  zu  räumigen  schüfen. 

Als  noch  nicht  der  morgen  erschien,  nur  gtauende  dämmrung, 
Jezo  erhub  um  den  brand  sich  erlesenes  volk  der  Achaier. 
Einen  hiigel  umher  erhüben  sie,  draufsen  versammelt,  435 

Allen  zugleich  im  gefild*;  und  neben  ihm  bauten  sie  eilig 
Hochgethürmt  die  mauer,  sich  selbst  und  den  schiffen  zur  schuz wehr. 
Driq  auch  batiten  sie  thore  mit  \<^leinfugenden  flügeln, 
Dafs  be(]uem  durch  solche  der  weg  war  rossen  und  wagen. 
Draufsen  umzogen  sie  dann  mit  tiefem  graben  die  mauer,         440 
Breit  umher  und  grofs,  und  drinnen  auch  pflanzten  sie  pfähle« 
So  arbeiteten  hier  die  hauptumlokten  Achaier. 

Dort  die  götter,  um  Xeus  den  wetterleuchtenden  sizend. 
Staunten  dem  grofsen  werke  der  erzumschirmten  Achaier, 
Unter  ihnen  begann  der  erderschünrer  Poseidons  445 

Vater  Xeus ,  ist  irgend  ein  mensch  des  unendlichen  Weltraums , 
Der  den  unsterblichen  noch  vorsaz'  und  entschliefsungen  mittheilt? 
Schauest  du  nicht,  wie  jezo  die  hauptumlokten  Achaier 
Eine  mauer  den  schiffen  erbaueten,  rings  auch  den  graben 
Leiteten,  ohne  zuvor  uns  festhekatomben  zu  opfern?  450 

Ihr  nun  dauret  der  rühm,  so  weit  hinstralet  das  tagslicht; 
Jener,  vergifst  man  hinfort ,  die  Ich  und  Föbos  Apollon 
Einst  um  die  «tadt  dem  held^n  Laomedon  bauten  in  mühsal! 

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SIEBENTER  GESANG,  i8s 

Unmutsvoll  nun  begann  der  herscher  im  donnergewölk  Zeus : 
O  du  Gestaderschüttrer,  gewaltiger!  welcherlei  rede!  455 

Wenn  noch  ein  anderer  gott  furch^  aufserte  jener  erfindung. 
Der  weit  minder  denn  Du  vörstrebt*  an  gewalt  und  an  kühnheit! 
Doch  Dir  dauret  der  rühm,  so  weit  hinitralet  das  tagslicht. 
Auf  wohlan,  sobald  nun  die  hayptumlokten  Achaier 
Heimgekehrt  in  den  schiffen  zum  lieben  lande  der  väter;  460 

Ein  dann  reifse  die  raau^r,  und  stürze  sie  ganz' in  die  meerRut, 
iVieder  das  grofs^  gestad'  umher  mit  sande  bedeckend, 
Pafe  auch  die  spur  wegschwinde  vom  grofsen  bau  der  Acbaien 

Also  redeten  jen*  im  wechselgespräch  mit  einander. 
Nieder  tauchtq  die  sonn',  und  der  Danaer  werk  war  vollendet.       465 
Kings  in  den  zelten  erschlugen  sie  stiqr*,  und  nahmen  das  spätmahl« 
Aber  viel  der  schiffe,  init  wein  beladen,  aus  Lemnos 
J^andeten,  abgesandt  vom  lasoniden  Euneos, 
Welchen  Hypsipyle  trug  dem  völkerhirtcn  I^son. 
Atreus  söhnen  aliein,  Agamemnon  und  Me^elaos,  4701 

Sandt'  er  edleren  trank  zum  geschenk  her,  tausend  der  majse^ 
Dort  nun  kauften  des  weins  die  hauptujnlokteii  Achaier  s 
Andere  brachten  erz,  und  andere  blinkendes  eisen, 
Andere  dann  stierhäut',  und  andere  lebende  rinder, 
Andre  gefangne  der  schlacht,  und  bereiteten  lieblichen  festschmaus.  475 

Ganz  die  nacht  durchharrten  die  hauptumlokten  Achaier 
Schmausend;  auch  dort  die  Troer  in  Ilios,  und  die  genossen* 
Aber  die  ganze  nacht  sann  unheil  Zeus  der  erhabne, 
Drohend  mit  donnergetönjda  fafste  sie  bleiches  emsezen« 

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186         ILIAS,     SIEBENTER  GESANG. 

Ringsher  wein  aus  den  bechern  vergossen  sie ;  keines  auch  dürft*  ihn  -480 
Trinken ,  bevor  er  gesprengt  dem  aUinächtigen  söhne  des  Kronos. 
Jeder  ruhcte  dann,  und  empfing  die  gäbe  des  Schlafes. 


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I  L  I  A  S. 


ACHTER     GESANG. 


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INHALT. 

Den  versammelten  güttern  verbietet  Zeus^  weder  Achaiern 
noch  Troern  beizustehn^  und  fährt  ^ zum  Ida.  Schlacht.  Zeiis 
wägt  den  Achaiern  verderben  ^  und  schrekt,  sie  mit  dem  donner. 
Here  bittet  den  Poseidon  umsonst  ^  den  Achaiern  zu  helfen.  Die 
Achaier  in  die  verschanzung  gedrängt.  Agamemnon  und  ein  zei- 
chen  ermuntert  sie  zum  neuen  angrif.  Teukros,  strekt  viele  mit 
dem  bogen,  und  wird  von  Hektor  verwundet.  Die  Achaier  von 
neuem  in  die  verschanzung  getrieben.  Here  und  Athene  fahren 
vom  Olympos  den  Achaiern  zu  hülfe.  Zeus  befiehlt  ihnen  durch 
Jris  umzukehren.  Er  selbst ,  zum  Olympos  gekehrt^  droht  den 
Achaiern  noch  größere  niedertage,  Hektar  mit  den  siegenden 
Jroern  übernachtet  vor  dem  lager. 


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i  L  I  A  S. 


ACHTER      GESANG. 


E 


^05  im  safrangewand*  umschien  mit  helle  den  erdkreis , 
Als  der  donnere?  Xeus  die  unsterblichen  rief  zur  Versammlung 
Auf  die  erhabenste  kuppe  des  vielgezakten  Olympos. 
Selbst  nun  begann  er  den  rath ;  und  die  hinunlischen  horchten  ihm  alle. 
Hört  mein  wort,  ihr  götter  umher,   und  ihr  göttinnen  alle,     5 
Dafs  ich  rede  ,  wie  mir  das  herz  im  busen  gebietet. 
Kein  unsterblicher  hier,  ob  er  gott  sei,  oder  ob  göttin, 
Trachte,  wie  dies  mein  wort  er  vereitele;  alle  zugleich  ihr 
Stimmt  ihm  bei ,  dafs  ich  eilig  Vollendung  schaffe  dem  werke ! 
Wen  ich  jezt  von  den  göttem  gesondertes  sinnes  erkenne,  10 

Dafs  er  geht,  und  Troer  begünstiget,  oder  Achaier; 
Schmählich  geschlagen  fürwahr  kehrt  solcher  mir  heim  zum  Olympos! 
Oder  ich  fafs*  und  schwing'  ihn  hinab  in  des  Tartaros  dunkel, 
Ferne,  wo  tief  sich  öfnet  der  abgrund  unter  der  qrde: 

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I90  ILIAS^ 

Den  die  eiserne  pforte  verschleußt  und  dife  eherne  schwelle,         i 
So  weit  unter  dem  Ais,  wie  über  der  erd'  ist  der  himmel! 
Dann  vernimt  er,  wie  weit  ich  der  miichtig&te  sei  vor  dengötternl 
Auf  wohlan ,  ihr  götter ,  versuchts ,  dafs  ihr  all*  es  erkennet , 
Eine  goldene  kette  befestigend  oben  am  himmel^ 
Hängt  dann  all'  ihr  götter  euch  an ,  und  ihr  götiinnen  alle :         2 
Dennoch  zögt  ihr  nie  vom  himmel  herab  auf  den  boden 
Zeus  den  ordnet  der  weit ,  wie  sehr  ihr  rängt  in  der  arbeit ! 
Wenn  nun  aber  auch  mir  im  ernst  es  gefiele  xu  ziehen ; 
Selbst  mit  der  erd'  euch  zog'  ich  empor,  und  selbst  mit  dem  mcer« 
Und  die  kette  darauf  um  das  felsenhaupt  des  Olympos  2 

Band*  ich  fest ,  dafs  schwebend  das  weitall  hing*  in  der  höhe ! 
So  weit  rag*  ich  vor  götter n  an  macht ,  so  weit  vor  den  men scher] 

Jener sprachs ;   doch  alle  verstummten  umher,  und  schwieger 
Hoch  das  wort  anstaunend;  denn  kraftvoll  hatt*  er  geredet. 
Endlich  erwiederte  Zeus  blauäugige  tochter  Athene:  ; 

Unser  vater  Kronion;  o  du,  der  gebietenden  höchster, 
Wohl  ja  erkennen  auch  wir ,  wie  an  macht  unbezwinglich  du  waltest 
Aber  es  jammern  uns  der  Danaer  streitbare  völker. 
Die  nun  wohl,  ihr  böses  geschik  vollendend,  verschwinden* 
Dennoch  enthalten  wir  uns  der  befehdungen,  wenn  du  gebietest;  J 
Rath  nur  wollen  wir  geben  den  Danaern ,  welcher  gedeihe , 
Dafs  nicht  all'  hinschwinden  vor  deinem  gewaltigen  zorne. 

Lächelnd  erwiederte  drauf  der  herscher  im  donnergewölk  7.eu 
Fasse  dich,  Tritogeneia,  mein  töchterchen!  nicht  mit  des  herzen 
Meinung  sprach  ich  das  wort ;  ich  will  dir  freundlich  gesinnt  sein  !  . 

Also  sprach  er,  und  schirrt'  in  das  joch  erzhufige  rosse; 

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ACHTER   GESANG.  191 

Stürmendes  flugs,  umwallt  von  goldener  mahne  die  schultern; 
Selbst  dann  hüllt*  er  in  gold  sich  den  leib,    und  fafste  die  geifsel, 
Schön  aus  golde  gewirkt,  und  trat  in  den  sessel  des  wagens. 
Trcibcrid  schwang  er  die  geifsel,  und  rasch  hin  flogen  die  rosse,      45 
Zwischen  der  eid'  einher  und  dem  stemge wölbe  des  himmels. 
Schnell  den  Ida  erreicht'  er,  den  quelligen  nährer  des  wildes, 
Gargaros,  wo  ihm  pranget  ein  hain  und  duftender  akar. 
Dort  nun   hielt  der  vater  des  menschengeschlechts  und  der  götter. 
Löste  die  rosse  vom  wagen,  und  breitete  dichtes  gewölk  aus.       50 
Selber  iczt*  er  sodann  auf  die  höhe  sich,  freudiges  troxes, 
AVo  er  die  Stadt  der  Troer  umsah,  und  die  schiffe  Achaia*s. 

Jen'  ixt  nahmen  das  mahl,  die  hauptumlokten  Achaier, 
Rasch  in  den  zelteiji  umher ,  und  hiilleten  straks  das  geschmeid'  um. 
Auch  die  Troer  dagegen  in  llios  fafsten  die  Waffen,  55 

Weniger  zwar,  doch  entbrannt  zum  blutigen  kämpf  der  entscheidung  1 
Durch  hartdringende  noth;  denn  es  galt  für  weiber  und  kinder. 
Ringsum  standen  geöfnet  die  thor',   und  es  stürzte  das  kriegsheer, 
Streiter  zu  fufs  und  zu  wagen,  hinaus  mit  lautem  getümmel. 

Als  sie^unmehr  anstrebend  auf  Einem  räum  sich  begegnet;      60 
Trafen  zugleich  stierhäut',  und  speere  zugleich,  und  die  kräfte 
Rüidger  männer  in  erz;  und  die  hochgenabelten  schildc 
Kahetcn  dichtgedrängt;  und  umher  stieg  lautes  getös*  auf. 
Jezo  erscholl  wehklagen  und  siegsgeschrei  mit  einander. 
Würgender  dort  und  erwürgter;  und  blut  umströmte  das  erdreich.    65 

Weil  noch  morgen  es  war,  und  der  heilige  tag  emporstieg; 
Hafteten  jegliches  heeres  geschoss*,  und  es  sanken  die  völker. 
Aber  sobald  die  sonn*  an  dem  mittagshinuiiel  eiiiherging; 

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192  ILIAS* 

Jczo  strekte  der  vatcr  hervor  die  goldene  wage. 

Legt'  in  die  schalen  hinein  zwei  fimtere  tode&loo&e,  7c 

Troja's  rei&igem  volk  und  den  erzumschirmten  Achaiern» 

Falste  die  mitt',  und  wog:  da  la&tete  schnell  der  Achaier 

i^chlksalstag »  dafs  die  schale  zur  nahrungsprossenden  erde 

Niedersank,  und  der  Troer  zum  weiten  himmel  emporstieg« 

Laut  vom  Ida  herab  nun  donnert*  er,  und  sein  entbrannter  7^ 

Stral  durchzukte  das  heer  der  Danaer;  sie,  bei  dem  anblik, 

Starreten  auf,  und  alle  durchschauerte  bleiches  entsezen. 

Nicht  Idomeneus  selber  verweilt'  izt,  nicht  Agamemnon, 

Nicht  die  Ajas  wagten  zu  stehn,  die  genossen  des  Ares. 

Nestor  allein  noch  stand,  der  gereniiche  hört  der  Achaier,  8a 

Ungern«  weil  ihm  verlezt  war  ein  rofs:  das  traf  nriit  dem  pfeile 

Alexandros  der  held,  der  lockigen  Helena  gatte, 

Grad'  in  den/scheitel  des  haupts,  wo  zuerst  die  mahne  der  rosse 

Vom  dem  schädel  entwächst,  und  tödlicher  ist  die  Verwundung. 

Angstvoll  bäumt*  es  empor,  weil  tief  der  pfcil  ins  gehirn  drang,        S5 

Und  es  verwirrte  Hie  ross*,  um  das  crz  in  der  wunde  sich  wälzend. 

Während  der  greis  die  stränge  dem  nebenrofs  mit  deip  Schwerte 

Abzuhaun  sich  erhub;  kam  Hektors  schnelles  gespann  ihm 

Durch  die  Verfolgung  daher,  mit  dem  unerschrockenen  lenkcr, 

Hektor!  Dort  nun  hätte  der  greis  sein  leben  verloren,  90 

Wenn  nicht  scharf  ihn  bemerkt  der  rufer  im  streit  Diomedes. 

Furchtbar  jezt  ausrufend,  ermahnet*  er  so  den  Ody.veus: 

Edler  Laerdad*,  erfindungsreicher  Odysscus, 
Wohin  fliehst  du,  den  rücken  gewandt,  wie  ein  feiger  im  schwärme? 
Dafs  nur  keiner  den  speer  dir  fliehenden  heft*  in  die  Schulter !     95 

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ACHTER  GESANG»  193 

Bleib  doch,  damit  von  dem  greise  den  schreklichen  mann  wir  entfernen ! 

Jener  sprachs ;  nicht  hörte  der  herliche  dulder  Odysseus ,  i 

Sondern  er  stürmte  vorbei  za  den  räumigen  schiiFen  Achaia's.  \ 

Doch  der  Tydeid*,  auch  selber  allein,  drang  kühn  in  den  vorkampf» 
Stellte  sich  dann  vor  die  rosse  des  neleiadischen  greises,  loo 

Und  er  begann  zu  jenem,  und  spracli  die  geflügelten  worte: 

Wahrlich,  o  greis,  hart  drängen  dich  jüngere  männer im  angrif! 
Deine  kraft  ist  gelöst,  und  mühsames  alter  beschwert  dich; 
Auch  ist  schwach  dein  wagengefahrt ,  und  müde  die  rosse* 
Auf  denn,  zu  meinem  geschirr  erhebe|dich,  dafe  du  erkennest,     105 
Wie  doch  tJroische  rosse  geübt  sind,  durch  die  gefilde 
Dort  zu  sprengen  und  dort,  in  Verfolgungen  und  in  entfliehung: 
Die  ich  jüngst  von  Aneias  errang,  dem  schreckengebieter. 
Jene  lafs  den  gefährteti  zur  obhut;  wir  mit  den  meinen 
Wollen  die  reisigen  Troer  gerad'  angehn ,  dafs  auch  Hektor  i  to 

Einsehn  lern',  ob  mir  selbst  auch  wüte  der  speer  in  den  bänden! 

Sprachs';  und  ihm  folgte  gern  der  gerenische  reisige  Nestor. 
Jext  die  nestorischen  rosse  besorgeten  beide  gePährten, 
Sthenelos,  tapferes  muts,  und  Eurymedon,  glühepd  vor  chrsucht* 
Sie  dort  traten  zugleich  in  das  rasche  geschirr  Diomedes.  115 

Nestor  fafst'  in  die  bände  die  kunstreich  prangender!  zügel, 
Schwang  dann  die  geifsel  zum  lauf;  und  bald  erreichten  sie  Hektor* 
Ihm,  wie  er  grad'  andrang,  entsandte  den  speer  Diomedes; 
Und  er  verfehlt'  ihn  zwar;  doch  dem  wagenlenkenden  diener. 
Welcher  Eniopeu«  hiefs,  dem  söhn  des  erhabnen  Thebäos,         xao 
Als  er  hielt  das  geiäum,  durchschofs  er  die  brüst  an  der  warze; 
Und  er  entsank  dem  geschirr,  und  zuriik  ihm  ziiktcn  die  rosse» 
Homers  Ilias.    I.  Band.  ij|zedby  g 


194  ILIAS* 

Fliegendes  huFs;  ihn  aber  verliefs  dort  ödem  und  stärke, 
tiektois  seele  durchdrang  der  bittere  schmerz  um  den  lenker; 
^och  ihn  liefs  er  daselbst ,  wie  sehr  er  traurte  des  freundes,       125 
Liegen;  und  forscht',  ob  irgend  ein  mutiger  lenker  erschiene; 
Und  nicht  lang'  entbehrten  die  rosse  der  hut,  denn  er  fand  nun 
Ifitos  mutigen  söhn  Archeptolemos :  diesem  gebot  er 
Rasch  in  den  wagen  xu- steigen,  und  gab  den  bänden  die  xugel. 

Jezt  war'  entschieden  der  kämpf,  und  unheilbare  thaten  vollendet, 
Und  sie  zusammengescheucht  in  Ilios,  gleich  wie  die  lämmer;       131 
Wenn  nicht  scharf  es  bemerkt  der  götter  und  sterblichen  vatcr. 
Siehe,  da  scholl  sein  donner  mit  graun ,  und  der  leuchtende  stral  schlug 
Schmetternd  hinab  in  den  grund  vor  dem  raschen  gespann  Diomedes : 
Schreklich  lodert*  empor  die  schweflichte  flamme  des  himmels;.     135 
Und  wild  bebten  in  angst  die  rosse  zurük  vor  dem  wagen. 
Nestors  bänden  entsanken  die  kunstreich  prangenden  xUgel, 
Und  er  erschrak  im  herzen,  und  sprach  zum  held  Diomedes: 

Tydeus  söhn,  auf!  wende  zur  flucht  die  stampfenden  rosse! 
Oder  erkennest  du  nicht,  dafs  Zeus  nicht  sieg  dir  gewähret?     140 
Jezo  zwar  wird  jener  von  Zeus  Kronion  verherlicht. 
Heut;  doch  künftig  werden  wir  selbst  auch,  wenns  ihm  gelüstet. 
Wieder  geehrt !  Nie  mag  ja  ein  nlann  Zeus  hindern  im  rathschlufs , 
Nicht  der  gewaltigste  selbst;  denn  Er  ist  mächtig  vor  allen! 

Ihm  antwortete  drauf  der  rufer  im  streit  Diomedes :  145 

Wahrlich,  o  greis,  du  hast  wohlziemende  worte  geredet; 
Aber  ein  heftiger  schmerz  durchdringt  mir  die  tiefe  des  herzens ! 
Bektor  sagt  ja  dereinst  in  des  troischen  Volkes  versanimlung : 
Tydeus  söhn  ist  bange  vor  mir  zu  den  schüfen  geflohen! 

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ACHTER   GESANG.  195 

Also  troxt  er  hinfort ; 'dann   reifse  sich  weit- mir  die  erd'  auf!     150 

Ihm  antwortete  drauf  der  gerenische  reisige  Nestor: 
Wehe  mir,  Tydeus  söhn,   des  feurigen,  welcherlei  rede! 
Denn  wofern  dich  Hektor  auch  feig*  einst  nennet  und  kraftlos» 
Niemals  glauben  ihm  doch  die  Troer  und  Dardanionen, 
Oder  die  fraun  der  Troer,  der  schildgewapneten  Streiter,  155 

Welchen  umher  in  den  staub  die  blühenden  männer  du  strektest. 

Also  der  greis ,  und  wandte  zur  flucht  die  stampfenden  rosse 
Durch  die  Verfolgung  zurük;  nach  stiirmeten  Troer  und  Hektor, 
Mit  graunvollem  geschrei,  und  schütteten  herbe  geschosse. 
Aber  es  rief  lauttönend  der  heim  umflatterte  Hektor;  160 

Tydeus  söhn,  dich  ehrten  die  reisigen  beiden  Achaia's 
Hoch  an  siz ,  und  an  fleische  des  mahls ,   und  gePülleten  bechern. 
Künftig  verachten  sie  dich;  wie  ein  weib  erscheinest  du  jezo ! 
Fort,  du  zagendes  mädchen!  denn  nie,   mich  tapfer  verdrängend. 
Steigst  du  hinan  die  mauren  von  Ilios,  oder  entführest  165 

Uns  die  weiber  im  schif;  nein,  dir  erst  send'  ich  den  Dämon!     ^ 

Jener  sprachs ;  da  erwog  mit  wankendem  sinn  Diomedes , 
Ob  er  die  ross'  umlenkt',  und  kühn  eritgegen  ihm  kämpfte. 
Dreimai  sann  er  umher  in  des  herzens  geist  ui^d  empfindung; 
Dreimal  scholl  vom  Ida  das  donnergetön  des  Kronion,  170 

Troja*s  Volk   ankündend  der  Schlacht  umwechselnden  siegsruhn}* 
Hektor  aber  gebot  mit  hallendem  rufe  den  Troern: 

Troer,  und  Lykier  ihr,  und  Dardaner,  kämpfer  der  nähe. 
Seid  nun  männer ,  o  freund' ,  und  gedenkt  einstürmender  abwehr ! 
Denn  ich  erkenne,  wie  Mir  voll  huld  zuwinkte  Kronion  i'jj 

Sieg  und  erhabenen  rühm,  dpch  schmach  den  Achaiern  und  unheil. 


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196  ILIAS. 

"Thörichte ,  die  sich  nunit\ehr  xum  schaz  aussannen  die  mauer , 
Welche  so  schwach  und  venichtlich ,  so  nichts  vor  meiner  gewalt  ist ! 
Denn  mir  springen  die  rosse  mit  leichtigkcit  über  den  graben ! 
Aber  sobald  ich  dort  den  gebogenen  schiffen  genahet  t  t8o 

Dann  gedenke  man  wohl  für  brennendes  feuer  zu  sorgen; 
Dafs  ich  die  schifF*  anzünde  mit  glut,  und  sie  selber  ermorde, 
Atgos  söhn'  um  die  schiffie ,  betäubt  im  dampfe  des  brandes ! 

Also  der  held;  und  die  ross'  ermahnet'  er,  laut  ausrufend s 
Xanthos,  und  Du,  Podargos,  und  mutiger  Lampos,  und  Athon,    185 

Jezt  die  reichliche  pflege  vergeltet  mir,  welche  mit  Sorgfalt 

I 

Euch  Andromache  gab,  des  hohen  Eetion  tochter; 

Da  sie  zuerst  vor  euch  den  lieblichen  weizen  geschüttet* 

Auch  des  weines  gemischt ,  nach  herzenswunsche  zu  trinken , 

Eher  denn  mir,  der  doch  ihr  blühender  gatte  sich  rühmet!        190 

Auf  denn ,  mit  grofser  gewalt ,  und  verfolget  sie :   dafs  wir  erobern 

Nestors  stralendcn  schild,  dcfs  rühm  nun  reichet  zum  himmel, 

Ganz  sei  lauteres  gold  das  gewölb',  und  die  Stangen  des  Schildes ; 

Auch  von  der  schulter  herab  dem  reisigen  held  Diomedes 

Jenen  künstlichen  hämisch,  den  selbst  Hefästos  geschmiedet!     195 

^Vürd'  uns  solches  ein  raub,  dann  hoft'  ich  wohl,  die  Achaier 

Möchten  die  nacht  noch  steigen  in  leichthinsegelnde  schiffe! 

Also  jauchzet'  er  laut;  da  zürnt'  ihm  die  herscherin  Here, 
Regte  «ich  heftig  im  thron ,  und  erschütterte  weit  den  Olympos. 
Drauf  zu  Poseidaon ,  dem  mächtigen  gotte ,  begann  sie :  aoo 

O  du  Gestaderschüttrer ,  gewaltiger,  wenden  auch  Dir  nicht 
Argps  sinkende  schaaren  das  herz  im  busen  zu  mitleid? 
Bringen  sie  doch  gen  Agä  und  Helikc  dir  der  geichenkc 

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ACHTER  GESANG,  197 

Viel',  und  erfreuende  stets  I  O  gönne  du  ihnen  den  sieg  nun! 
Denn  wenn  wir  nur  wollten  ,  der  Danaer  sämtliche  helfer ,        aqs 
Troja's  volk  Wegdrängen ^  und  Xeus  dem  donneret  steuern; 
Traun  bald  {afs-  er  daselbst  sich  einsam  härmend  auf  Ida! 

Unmutsvoll  nun  begann  der  erderschüttrer  Poseidon  ; 
Welch  ein  wort,  o  Here,  verwegene,  hast  du  geredet! 
Nimmermehr  verlang'  ich  mit  Zeus  Kronion  zu  kämpfen,         210 
Ich  und  die  anderen  hier;  denn  Er  ist  xnächtig  vor  allen! 

Also  redeten  jen'  im  wcchselgespräch  mit  einander^ 
Dort,  SQ  viM  von  d^n  schiffen  zum  wall  und  graben  sich  ausdehnt, 
Voll  war  alles  von  rossen  und  schildgewapneten  männcrn , 
Dichtgedningt;  denn  es  drängte ,  dem  stürmenden  Ares  vergleichbar , 
HektQr,  Priamos  «ohn,  nachdem  Zeus  rühm  ihm  gewähret^      216 
Und  nun  hätt*  ?r  verbrapnt  in  lodernder  flamme  die  schiffe. 
Wenn  nicht  Her?  sogleich  aufregte  das  herz  Agamemnons, 
Welcher  auch  selbst  üineilte,  die  Danaer  schnell  zu  ermuntern. 
Schleunig  ^ng  er  hiqab  d^r  Danaer  schiiT  und  gezelte,  TM 

Haltend  in  nervichter  hand  den  grofsen  purpurnen  mantel; 
Und  er  betrat  des  Qdyss^us  gewaltiges  dunkeles  meerschif,     ^• 
Welches  die  naitt'  einnahm;  dafs  beiderseits  sie  vernähmen. 
Dort  zvi  Ajas  gezelten  hinab  ^  des  Telampniden, 
Dort  zu  des  Pcleionen^  die  b^id*  an  den  enden  ihr  schifheer  225 
Aufgestellt,  hochtrozend  auf  mut  und  stärke  der  bände. 
Laut  nun  scholl  sein  durchdringender  ruf  in  das  heer  der  Achaier: 

Schande  doch,  Argosvolk,  ihr  veru^orfenen ,  treflich  an  bildung ! 
Wo  ist  jezo  der  rühm,  da  wir  uns  tapfere  priesen? 
W^o,  was  einst  in  Lemnoj-mit  nichtiger  red'  ihr  gepralet,.         230 


198  ILIAS* 

Schmausend  das  viele  fleisch  der  hochgehörneten  rinder, 

Und  ausleerend  die  kriige,  zum  rand  mit  weine  gefiillet? 

Gegen  hundert  der  Troer,  ja  gar  zweihundert,  vermafs  sich 

Jeder  im  kämpfe  zu  stehn !    Jezt  gehen  wir  nichts  vor  dem  Einen 

Hektor,  der  bald  die  schiffe  verbrennt  in  loderndem  feucr!         235 

,Hast  du,  o  vater  Zeus,  je  einen  gewaltigen  könig 

So  beladen  mit  fluch,  und  des  herlichen  ruhms  ihn  beraubet? 

Niemals  ging  ich  ja  doch'  vor  deinem  prangenden  altar 

Im  vielrudrigen  schiffe  vorbei,  herwandernd  in  unglük; 

Nein  auf  allen  verbrannt'  ich  der  stiere  fett  und  die  schenke! ,  240 

Sehnsuchtsvoll  zu  vertilgen  die  festummauerte  Troja. 

Aber,  o  leus,  gewähre  mir  doch  nur  dieses  verlangen: 

Lafs  uns  wenigstens  selber  errettet  sein  und  entfliehen; 

Nicht  lafs  so  hinsinken  vor  Troja's  macht  die  Achaier! 

Also  rief  er  bethränt;  voll  mitleids  schaut'  ihn  der  vater;     243 
Und  er  winkt'  ihm  errettung  der  Danaer,  nicht  ihr  verderben. 
Schnell  den  adler  entsandt'  er,  die  edelste  Vorbedeutung; 
Dieser  trug  in  den  klauen  ein  kind  der  flüchtigen  hindin , 
Und  vor  leus  altar,  den  prangenden,  warf  er  das  hir&chkalb» 
Wo  dtm  enthüllenden  Zeus  .die  Danaer  pflegten  zu  opfern.       250 
Jene,  sobald  sie  gesehn,  wie  von  Zeus  herschwebte  der  vogel , 
Drangen  gestärkt  in  der  Troer  gewühl ,  und  entbrannten  vor  Streitlust. 

Jezo  rühmte  sich  keiner,  so  viel  auch  Danaer  waren, 
Dafs  vor  Tydeus  söhn  er  gelenkt  die  hurtigen  rosse. 
Vorgesprengt  aus  dem  graben  ,  und  kühn  entgegen  gekämpfet;      255 
Weit  vor  allen  erschlug  er  zuerst  den  gerüsteten  Troer, 
'nions  söhn  Agelaos,  der  bang'  umwandte  die  ross^Ic 


Achter  gesang.  199 

Doch  dem  gewendeten  stiefs  der  Tydeide  den  Speer  in  den  rucken , 
Zwischen  der  schulterbucht »  dafs  vorn  aus  dem  busen  er  vordrang ; 
Und  er  entsank  dem  geschirr  ,  und  es  rasseken  um  ihn  die'wafFen. 
Nach  Ihm  drangen  voran  Agamemnon  und  Menelaos;  261 

Diesen  zunächst  die  Ajas,  mit  troz  und  stärke  gerüstet; 
Dann  Idomeneus  selbst,  und  Idomeneus  kriegesgenofs  auch, 
Held  Meriones,  gleich  dem  männermordenden  Ares; 
Auch  Eurypylos  dann,  der  glänzende  söhn  des  Euämon;  265 

Teukros  auch  kam  der  neunte,  gespannt  den  schnellenden  bogen, 
Hinter  des  Ajas  Schilde  gestellt,  des  Telamoniden: 
Oft  dafc  Ajas  den  schild  ihm  hinweghob;  aber  der  held  dort 
Schaut'  umher,  und  sobald  sein  todesgeschofs  im  getümmel 
Traf,  dann  taumelte  jener  dahin,  sein  leben  verhauchend;        2^0 
Doch  er  eilte  zurük,   wie  ein  kind  an  die  mutter  sich  schmieget. 
Nah  an  Ajas  gedrängt ,  der  mit  stralendem  schild'  ihn  bedekte. 

Welchen  der  Troer  zuerst  traf  jezt  der  untadliche  Teukros  ? 
Erst  den  Or&ilochos  traf  er,  und  Ormenos,  auch  Ofelestes, 
Dätor  und  Chromios  auch ,  und  den  göttlichen  held  Lykofontes ,  275 
Auch  Polyämons  söhn  Hamopaon,  auch  Melanippos: 
Alle  sie  strekt'  er  gehäuft  zur  nahrungsprossenden  erde. 
Ihn  nun  sah  mit  freude  der  völkerfüfst  Agamemnon, 
Wie  er  mit  starkem  geschosse  die  schlachtreihn  tilgte  den  Troern; 
Nahe  trat  er  hinan,  und  sprach  zu  jenem  die  wortei  28« 

Teukros,  edeler  freund,  Telamonier,  völkergebifter, 
Trif  so  fort,  und  werde  der  Danaer  licht,  und  des  vatcrs 
Telamon  auch ,  ^er  in  liebe  dich  nähiete ,  als  du  ein  kind  warst^ 
Und,  der  dienerin  söhn,  dich  pflegt'  in  eigener  wphnung : 


aoo  ILIAS. 

Ihn 9  den  entfemeten  nun,  erhebe  zu  gläniendem  rühme!  28s 

Denn  ich  verkündige  dir,  und  das  wird  wahrlich  vollendet. 

Wenn  mir  etwa  gewährt  der  donnerer  Xeus  und  Athene , 

Ilios  auszutilgen  y  die  Stadt  voll  prangender  häuser; 

Dann  nach  mir  selber  zuerst  verleih'  ich  ein  ehrengeschenk  Dir: 

Ob  es  ein  dreifufs  sei ,  ob  ein  doppelgespann  mit  dem  wagen,        290 

Oder  ein  blühendes  weih,  das  dir  dein  lager  besteige. 

Rasch  antwortete  jenem  darauf  der  untadliche  Teukros: 
Atreus  söhn,  ruhmvoller,  warum,  da  ich  selber  ja  strebe t 
Mahnest  du  mich?  Nichts  wahrlich,  so  viel  die  kraft  nur  gewähret, 
Tauder*  ich;  sondern  seitdem  gen  Ilios  jene  wir  drängen,  295 

Hab*  ich  feindliche  männer  mit  zielendem  bogen  getödtct. 
Acht  schon  hab'  ich  versendet  der  lang  vorblinkenden  pfeile. 
Und  sie  hafteten  all*  in  streitbarer  Jünglinge  leibern. 
Nur  nicht  jenen  vermag  ich,  den  wütenden  hund,  zu  erreichen! 
'       Sprachs,  und  sandt'  ein  andres  geschofs  von  der  senne  des  bogens , 
Grad'  auf  Hektor  dahin,  mit  herzlichem  wünsch  ihn  zu  treffen,     301 
Und  er  verfehlt*  ihn  zwar ;  doch  den  edlen  Gorgythion  traf  er , 
Priamos  tapferen  söhn,  die  brüst  mit  dem  pfeile  durchbohrend: 
Welchen  ein  nebcnwcib,  aus  Asyme  gewählt,  ihm  geholfen, 
Kastianeira  die  schön*,  an  gcstalt  göttinnen  vergleichbar«  305 

So  wie  der  mohn  zur  seite  das  haupt  neigt,  welcher  im  garten 
Steht,  von  wuchs  belastet,  und  regenschauer  des  frühlings: 
Also  neigt'  er  zur  seite  d^  haupt,  vo^i  helme  beschweret, 

Teukros  sandt'  ein  andres  geschofs  von  der  senne  des  bogens, 
Grad'  auf  Hektor  dahin ,  mit  herzlichem  wünsch  ihn  zu  treffen,  310 
Aber  auch  jezt  veifehh'  er ;  denn  seitwärts  tif^^Js^^^s»  ApoUon. 


ACHTER   GESANG.  201 

Archeptolcmos  nur,  dem  mutigen  lenker  des  Hektor, 
Als  er  Sprengt'  in  die  schlachte  durchschofs  er  die  bru&t  an  der  warze; 
Und  er  entsank  dem  geschirr,  und  zuTÜk  ihiii  zukten  die  rosse, 
Fliegendes  hufs;  ihn  aber  verliefs  dort  ödem  und  stärke,  315 

Hektars  seele  durchdrang  der  bittere  schmerz  um  den  lenker; 
Doch  ihn  liefs  er  daselbst,  wie  sehr  er  traurte  des  freundes. 
Schnell  dann  hiefs  ^r  den  bruder  Kebriones,  der  ihm  genaht  war. 
Nehmen  der  rosse  gezäum ;  und  nicht  unwillig  gehorcht'  er.  ^ 
Aber  er  selbst  entschwang  sich  dem  glänzenden  scssel  des  wagens,    ßTo 
Mit  graunvpllem  geschrei,    und  fafst'in  der  rechten  den  feldstein. 
Drang  dann  grad*  auf  Teukros,  in  heifser  begier  ihn  zu  treffen. 
Jener  hatt*  aus  dem  köcher  ^in  herbes  geschofs  sich  gewählet , 
l'nd  auf  die  senne  gefügt ;  da  traf  der  gewaltige  Hektor » 
Als  er  die  senn*  anzo^,  ihn  am  Schlüsselbein  auf  die  achsel,     325 
Iwisch^n  hals'  und  brüst,  wo  tiidli^h^r  ist  die  Verwundung; 
Dort  den  strebenden  traf  er  mit  zacl^igern  stein  des  gefildes, 
Und  zerrifs  ihm  die  senn';   es  erstarrte  die  hand  an  dem  knöchel, 
Ind  er  entsank  hinknieend ,  es  gUtt  aus  der  hand  ihm  der  bogen. 
Doch  nicht  Ajas  vergafs  des  hingesunkenen  bruders ,  330 

Sondern  umging  ihn  in  eile,  mit  mächtigem  Schilde  bedeckend. 
Schnell  dann  bükten  sich  her  zween  auserwählte  genossen, 
Echios  söhn  Mekisteus  zugleich  >  und  der  edle  Alastor, 
Die  zu  den  räumigen  schiffen  den  schwer  aufstöhnenden  trugen. 

Wieder  erhob  die  Troer  mit  mut  der  olympische  könig.      335 
Grade  zurük  an  den  graben  verdrängeten  sie  die  Achaier; 
Hektor  drang  mit  den  ersten  voran ,  wutfunkelndes  blickes. 
So  wie  ein  hund  den  eher  des  bergwalds ,  oder  den  löwen  gle 


ao2  ILIAS^ 

Im  nachrennen  erhascht,  den  hurtigen  fiifsen  vertrauend, 
Hinten  an  hüft*  und  Icnd*,  und  stets  des  gewendeten  achtet:     340 
Also  verfolgt'  izt  Hektor  die  hauptutnlokten  Achaier, 
Immerdar  hinstreckend  den  äufsersten;  und  sie  entflohen. 
Aber  nachdem  sie  die  pfähle  hindurch  und  den  graben  geeilet, 
Fliehendes  laufs,  und  mancher  gestürzt  vor  den  händen  der  Troer; 
Jezo  hemmeten  jene  sich  dort  bei  den  schiffen  beharrend,  345 

Und  ermahnten  einander;  und  rings  mit  erhobenen  händen 
Betete  laut  ein  jeder  zu  allen  unsterblichen  göttern. 
Hektor  tummelt*  umher  das  gespann  schönmähniger  rosse , 
Grafs  wie  die  Gorgo  an  blik,  und  der  männermordende  Ares. 

Jene  sah  mit  erbarmen  die  lilienarmige  Herc;  350 

Schnell  zur  Athene  darauf  die  geflügelten  worte  begann  sie: 

Weh  mir,  o  tochter  Xeus^,  des  donnerersi  wollen  wir  noch  nicht 
Retten  das  sterbende  volk  der  Danaer,  auch  nur  zulezt  noch? 
Die  nun  wohl,  ihr  böses  geschik  vollendend,  verschwinden, 
Unter  des  Einen  gewalt!  Da  wütet  er  ganz  unerträglich,  355 

Hektor,  Priamos  söhn:  und  viel  schon  that  er  des  freveis! 

Drauf  antwortete  Zeus  blauäugige  tochter  Athene: 
Bald  schon  hätte  mir  dieser  den  mut  und  die  seele  verloren, 
Unter  der  hand  der  Argeier  vertilgt  im  heimischen  lande; 
Aber  es  tobt  mein  vater  mit  nicht  wohlwollendem  herzen,  360 

Grausam,  stets  unbillig,  und  jeden  entschlufs  mir  vereitelnd. 
Nicht  ja  gedenkt  er  mir  dessen,  wie  oft  vordem  ich  den  sehn  ihm 
Rettete,  wann  er  gequält  von  Eurystheus  kämpfen  sich  härmte. 
Auf  zum  himmel  weinte  der  duldende ;  aber  es  sandt'  ihm 
Mich  zur  helfcrin  schnell  von  des  himmels  höhe  Kronion.         36^ 


ACHTER  GESANG.  103 

Hatt'  ich  doch  dieses  xuvor  im  spähenden  geist^  geschauet, 

Als  er  hinab  zu  Ais  verriegelten  thoren  ihn  sandte, 

Dafs  er  vom  Erebos  brächte  den  hund  des  graulichen  Ais! 

Niemals  war'  er  entronnen  dem  stygi&chen  ström  des  entsezens! 

Nun  bin  Ich  ihm  verhafct;  doch  den  nith  der  Thetis  vollzog  er,     3']o 

Welche  die  knie*  ihm  geherzt,  und  das  kinn  mit  den  bänden  berühret , 

Flehend,   dafs  rühm  er  gewähre  dem  städteverwiister  Achilleus. 

Aber  er  nennt  mich  einmal  blauäugiges  töchterchen  wieder! 

Auf,  und  schirr'  uns  sofort  das  gespann  starkhufiger  rosse; 

Weil  ich  selbst,  in  den  saal  des  ägiserschütternden  vaters  375 

Gehend,  zum  kämpf  anlege  die  rÜ6tungen:  dafs  ich  erkerine, 

Ob  uns  Priamos  söhn,  der  helmumflatterte  Hektor, 

Froh  sein  wird,  wenn  ich  plözlich  erschein'  in  den  pfaden  des  treffens, 

rraun  wohl  mancher  der  Troer  wird  sättigen  hund*  und  gevögel 

Seines  fettes  und  tleisches,  gestrekt  bei  den  schiffen  Achaias!      380 

Sprachs;  und  willig  gehorcht*  ihr  die  lilienarmige  Here. 
Jene  nun  eilt*  anschirrend  die  goldgezügelien  rosse, 
Hcre,  die  heilige  gottin,  erzeugt  vom  gewaltigen  Kronos. 
Aber  Pallas  Athene,  des  Agiserschiittercrs  tochter, 
Liefs  hingleiten  das  feine  gewand  im  gemache  des  vaters,  38^ 

Buntgewirkt,  das  sie  selber  mit  künstlicher  band  sich  bereitet. 
Drauf  in  den  panzer  gehüllt  des  schwarzumwölkren  Kronion, 
Ndhm  sie  das  waffengcräth  zur  thränenbringenden  feldsch lacht. 
Jext  in  den  flammenden  wagen  erhub  sie  sich;  nahm  dann  die  lanze. 
Schwer  und  grofs  und  gediegen ,  womit  sie  die  schaaren  der  beiden    390 
Bündiget,  welchen  sie  zürnt,  die  tochter  des  schreklichen  vaiers. 
Hcre  beflügelte  nun  mit  geschwungener  geifsel  4|]Siz^^(§DOgIe 


104  l  L I  A  St 

Und  auf  krachte  von  selbst  des  hlmmels  thor ,  das  die  Hoien 
Hüteten,  welchen  der  himmel  vertraut  ward,  und  der  Olympos 
Dafs  &ie  die  hüllende  wölk*  izt  öfneten,  jezo  verschlöbeiu  i 

Dort  nun  lenkten  sie  durch  die  leichtgesporneten  rosse. 

Aber  da  Zeus  von^  Ida  sie  schauete ,  heftig  ergrimmt'  er ; 
Und  zu  verkündigen  sandt'  er  die  goldgeflügelte  Iris: 

Eile  mir,  hurtige  Iris,  und  wende  sie,  ehe  daher  si^ 
Kommen ;  denn  unsanft  möchten  im  jcampf  wir  einander  begegnen !  i 
Denn  ich  verkündige  dir,  und  das  wird  wahrlich  vollendet. 
Lähmen  werd'  ich  jenen  die  hurtigen  ross*  an  dem  wagen, 
Stürzen  sie  selbst  vom  sessel  beigab «  und  den  wagen  zerschmette 
Nicht  auch  einmal  in  zehn  dmroUender  jähre  Vollendung 
Würden  die  wunden  geheilt,  womit  mein  stral  sie  gezeichnet:      i 
Dafs  mir  erkenn'  Athens  den  schr^klichen  kämpf  mit  dem  vatc 
Weniger  reiu  mii[  Here  d^n  Mnmut,  oder  den  zorn  auf; 
Stets  j^  \yar  sie  gewohnt,  dab  sie  einbracht  W^f  ich  beschlossei 

Jener  sprachs;  doch  Iris,  die  windschnell  eilende  botin, 
Schwang  sich  vom  Idag^birg'  einher  zupi  grofsen  Olympos.      i 
Jezt  am  vorderen  thore  des  vielgebognen  Olympos 
Hielt  sie  die  kommenden  an,  ynd  sprach  die  worte  Kronions: 

Sagt  mir,  wohin  so  geeilt?  was  wütet  das  herz  euch  im  bus< 
Nicht  verstattet  ^uch  Zeus,  dein  Danaervolke  zu  helfem 
Denn  so  droht'  euch  jezo  der  donner^r,  wo  er  ^  ausführt;  * 
Lähmen  werd'  er  euch  beiden  di^  hurtigen  ross'  an  dem  wagen 
Stürzen  euch  selbst  vom  sessel  herab,  und  den  wagen  zerschmette 
Nicht  auch  einmal  in  zehn  ümroUender  jähre  Vollendung 
Würden  die  wunden  geheilt,  womit  sem  sür^gj^ch  gezeichnet: 


ACHTER   GESANG.  105 

his  du  erkennst,  Athene,  den  schreklichen  kämpf  mit  dem  Vater»    420 

Veniger  reixt  ihm  Here  den  unmut,  oder  den  xorn  auf; 

cets  ja  war  sie  gewohnt»  dafs  sie  einbrach»  was  er  beschlossen. 

Iber,  entsexliche  du,  schamloseste,  wenn  du  in  Wahrheit 

Vagst j  xum  kämpfe  mit  Zeus  den  gewaltigen  Speer  xu  erheben! 

Also  sprach ,  und  enteilte  die  leichthinschwebendc,  Iris.        425 
Ibcr  Htrc  begann ,  und  sprach  xu  Pallas  Athene : 

Weh  mir,  o  tochter  Zeus,  des  donnerers'  länger  fiirwahr  nicht 
-ass*  ich  geschehn ,  dafs  wir  Zeus  um  sterbliche  menschen  bekämpfen ! 
•lag  ein  anderer  sinken  in  statib ,  und  ein  anderer  leben , 
Welchen  es  trift !  Doch  jener ,  nach  eigenem  rathe  beschliefsertd »     430 
lichte  den  streit  der  Troer  und  Danaer,  wie  es  ihm  ansteht! 

Sprachs»  und  lenkte  xurük  das  gespann  starkhufiger  rosse. 
fort  nun  lösten  die  Hören  die  schön gemähneten  rosse ; 
►lese  banden  sie  fert,  xu  ambrosischen  krippen  geführet, 
Itellten  darauf  den  wagen  empor  an  schimmernde  wände.         435 
|cnc  selbst  danti  sexten  auf  goldene  sessel  sich  nieder, 
Jnter  die  andereti  götter,  das  herx  voll  grofser  betriibnis. 

Zeus  vom  Ida  daher,  im  schöngeräderten  wagen, 
fricb  zum  Olympos  die  ross* ,  und  kam  xu  der  götter  Versammlung, 
hm  nun  loste  die  rosse  der  erderschüttrer  Poseidon,  440 

lub  xum  geitell  den  wagen  empor,  und  umhüllt'  ihn  mit  leinwand. 
ir,  dem  goldenen  throne  genaht,  der  ordner  der  weit  Zeus, 
icite  sich;  unter  dem  gang*  erbebten  die  höhn  des  Olympos. 
[ene,  getrennt  von  Zeus  und  allein,  Athenä^  und  Here, 
lafsen,  und  wägeten  nichts  xu  verkündigen,  oder  xu  fragen.    445 
Vber  er  selbst  vemafajm  es  in  seinem  geist,  und  begann  so; 

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2o6  ILIAS* 

Warum  seid  ihr  also  betrübt,  Athenäa  und  {^ere? 
Nicht  fehr  lange  bemüht'  euch  die  männerehrende  feldichlacht, 
Troja's  volk  zu  verderben ,  das  heftigen  groll  euch  erregt  hat ! 
Alle,  so  weit  Ich  rag*. an  gewalt  und  unnahbaren  banden,        4; 
Möchten  mich  nicht  abwehren ,  die  ewigen  auf  dem  Olympos ! 
Doch  Euch  bebten  ja  eher  vor  angst  die  reizenden  glieder, 
Eh  ihr  den  krieg  nur  ge!>ehn,  und  die  schreklichen  thaten  des  krieg 
Denn  ich  verkündige  nun,  und  traun,  das  wäre  vollendet! 
Nimmer  in  eurem  geschirre,  vom  schlag  der  donner  verwundet,    4 
Wärt  ihr  gekehrt  zum  Olympos,  dem  siz  der  unsterblichen  gört( 

Also  Zeus;  da  murrten  geheim  Athenäa  urtd  Here. 
Nahe  sich  safsen  sie  dort,  nur  unheil  sinnend  den  Troern. 
Athenäa  nunmehr  schwieg  still,  und  redete  gar  nichts, 
Eifernd  dem  vater  Zeus,  und  ihr  tobte  das  herz  in  erbittrung.        i 
Here  nur  konnte  den  zorn  nicht  bändigen,  sondern  begann  so: 

Welch  ein  wort,  Kronioh,  du  schreklicher ,  hast  du  geredet 
Wohl  ja  erkennen  auch  wir,  wie  an  macht  unbezwinglich  du  walt 
Aber  es  jammern  uns  der  Danaer  streitbare  völker. 
Die  nun  wohl,  ihr  böses  geschik  vollendend,  verschwinden.  < 
Dennoch  enthalten  wir  uns  der  befehdungen,  wenn  du  gebieten 
Kath  nur  wollen,  wir  geben  den  Danaein ,  welcher  gedeihe , 
Dafs  nicht  all'  hinschwinden  vor  deinem  gewalrigen  zorne. 

Ihr  antwortete  drauf  der  herscher  im  donnergewölk  Xeus: 
Morgen  gewifs  noch  mehr ,  du  hoheitblickende  Here , 
Wirst  du  schaun,  so  du  willst,  den  überstarken  Kronion 
Tilgen  ein  grofses  beer  von  Achaia's  lanzengeübten. 
Denn  nkht  ruhn  soll  eher  vom  streit  der  gewaltige  Hektor, 

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ACHTER  GESANG.  307 

Eh  sich  erhebt  bei  den  schiffen  der  mutige  renner  Achiileus, 
Jenes  tags,  wann  dort  sie  zusammengedrängt  um  die  Steuer      475 
Kämpfen  in  schreklicher  eng',  um  den  hingesunknen  Patroklos. 
Also  sprach  das  Verhängnis !   Doch  dein ,  der  zürnenden ,  acht'  ich 
Nichts,  und  ob  du  im  zorn  an  die  äuisersten  enden  entflöhest 
Alles  lands  und  des  meers ,  wo  läpetos  druntf n  und  Kronos 
Siien,  von  Helios  nie,  dem  leuchtenden  söhn  Hyperions,  480 

Noch  von  winden  erfreut;  denn  tief  ist  der  Tartaros  ringsum! 
Nein,  ob  auch  dorthinschweifend  du  wandertest,  nicht  um  ein  wenig 
Acht'  ich  der  tobenden  doch;   weil  nichts  schamloser  denn  Du  ist! 

Sprachs;  ihm  erwiederte  nichts  die  lilienarmige  Here. 
Doch  zum  Ok^anos  sank  des  Helios  leuchtende  fackel,  485 

Ziehend  die  dunkele  nacht  auf  die  nahrungsprossende  erde. 
iUngem  sahn  die  Troer  das  tauchende  licht;  doch  erfreulich 
Kam,  und  herzlich  erwünscht,  die  finstere  nacht  den  Achaiern. 

j6zo  berief  die  Troer  zum  rath  der  stralende  Hektor, 
Abwärts  dort  von  den  schiffen  zum  wirbelnden  ströme  sie  führend,  490 
Wo  noch  rein  das  gefild'  aus  umliegenden  leichen  hervorschien. 
Alle  sie  traten  vom  wagen  zur  erd',  und  hörten  die  rede, 
Die  nun  Hektor  begann,  der  göttliche.     Sieh,  in  der  rechten 
Trug  er  den  speer,  eilf  eilen  an  läng';  und  vorn  an  dem  Schafte 
filinkte  die  eherne  schärf,  umlegt  mit  goldenem  ringe;  49S 

Hierauf  lehnte  sich  jener,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Hört  mein  wort,  ihr  Troer.,  ihr  Dardaner,  und  ihr  genossen. 
Traun,  ich  hoft',  ein  verderber  der  schiff'  und  aller  Achaier, 
Jezo  heimzukehren  zu  Ilios  luftigen  höhen; 
Doch  uns  ereUte  die  nacht,  die  jezt  am  meisten  gerettet  500 

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20g  .  ILIAS^ 

Argos  Volk  und  die  schiff'  am  wogenschlage  des  meeres. 

Aber  wohlan,  jczt  wollen  der  finsteren  nacht  wir  gehorchen. 

Und  uns  rüsten  das  mahl.     Die  schöngemähneten  rosse 

Löst  aus  dem  joch  der  geschirr*,  und  reicht  vorschüttend  das  futtci. 

Doch  uns  führt  aus  der  Stadt  homvieh  und  gemästetes  kleinvieh      505 

Eilig  daher ;  auch  wein ,  den  herxerfreuenden ,  bringt  uns 

Reichlich,  und  brot  aus  den  häusem,  und  holz  auch  leset  in  menge: 

Dafs  wir  die  ganze  nacht  bis  zum  dämmernden  Schimmer  der  Eoj 

Feuer  brennen  durchs  heer,  und  der  glänz  aufsteige  zum  himmel; 

Dafs  nicht  gar  im  finstem  die  hauptumlokten  Achaier  510 

Uns  zu  cntfliehn  versuchen  auf  weitem  rücken  des  meeres, 

Wenigstens  nicht  in  mufse  die  schiff'  und  ruhig  betreten; 

Nein,  dafs  mancher  von  jenen  daheim  die  wunde  des  pfeilcs 

Oder  des  scharfen  speers  sich  lindere,  die  ihn  ereilte, 

Als  er  ins  schif  einsprang;  damit  auch  andere  schaudern,  515 

Gegen  die  reisigen  Troer  das  weh  zu  tragen  des  krieges. 

Lafst  durch  die  Stadt  herolde,  die  lieblinge  Zeus,  ausrufen, 

Dafs  vollblühende  knaben  und  grau  schon  werdende  mannet 

Rings  um  die  Stadt  sich  lagern ,  auf  gottgebaueten  thürmen. 

Aber  die  zarten  fraun ,  umher  in  den  Wohnungen  jede,  52c 

Brennen  ein  mächtiges  feuer;  und  wachsame  hut  sei  beständig: 

Dafs  nicht  schlau  einbreche  der  feind,  da  die  krieger  entfernt  sincl. 

Also  seis,  wie  ich  red*,  ihr  edelmütigen  Troer; 

Und  gesagt  ist  das  wort,  das  jezt  ich  heilsam  geachtet. 

Morgen  werd*  ich  das  andre  den  reisigen  Troern  verkünden.^     52« 

Flehend  wünsch'  ich,  und  hoffe  zu  Zeus  und  den  anderen  göttern, 

Endlich  hinweg7;utreiben  die  wütenden  hunde  des  schiksals, 

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ACHTER   GESANG,  .     «09 

Welche  das  schiksal  um  auf  dunkelen  schifFen  gebracht  liat. 
Auf,  wir  wollen  die  liacht  aufinerksam  hüten  des  heeres; 
Frühe  sodann  vor  morgen,  mit  ehernen  waiFen  gerüstet,  53a 

Gegen  die  räumigen  schiff'  erheben  wir  stürmenden  angrif. 
Dann  will  kh  sehn ,  ob  Tydeus  gewalriger  söhn  Diomedes 
Mich  von  den  schiifen  xur  mauer  hinwegdrangt,  oder  ich  selbst  ihn 
Tödte  mit  meinem  erx ,  und  blutige  waffen  erbeute. 
Morgen  zeig'  uns  der  held  die  tapferkeit,  ob  er  vor  meiner       535 
Nahenden  lanze  besteht.     Doch  unter  den  vordersten,  mein' ich,    . 
Sinkt  er  dem  stoise  der  band ,  und  viel  umher  der  genossen , 
Wann  uns  Helios  morgen  emporstralt.    O  so  gewils  nur 
Möcht'  ich  unsterblich  sein,  und  blühn  in  ewiger  jugend» 
Ehrenvoll^  wie  geehrt  wird  Athene  selbst  und  ApoUon:  540 

Als  der  kommende  tag  ein  unheil  bringt  den  Argeiern ! 

Also  redete  Hektor;  und  beifall  rauschten  die  Troer*  ^     - 
Sie  nun  lösten  die  rosse,  die  schäumenden  unter  dem  joche, 
Banden  sie  dann  mit  riemen,  am  eigenen  wagen  ein  jeder.    ' 
Und  man  fuhrt*  aus  der  Stadt  hornvieh  und  gemästetes  kleinvieh   545 
Eilig  daher;  auch  wein,  den  herxerfreuendcn ,  trug  man 
Reichlich,  und  brot  aus  den  häusern,  und  holz  auch  las  man  in  menge. 
Und  man  brachte  den  gÖttem  vollkommene  festhekatomben. 
Opferduft  vom  gefild'  erhüben  die  wind'  in  den  himmel, 
Siifses  geruchs:  doch  nahmen  ihn  nicht  die  seligen  göder^         550 
Abgeneigt;  denn  verhafst  war  die  heilige  Ilios  jenen, 
Priamos  selbst,  und  das  volk  des  lanzenkundigen  königs. 

Sie  dort,  mutig  und  stolz,  in  des  kriegs  abtheiluhgen  rastend » 
Saisen  die  ganze  nacht;  und  es  loderten  häufige  feuer* 
Homers  Ilias.   I.  Band.  Digi@dbyGoOgle 


iiö  1LIA5.    ACHTER  GESANG. 

Wie  wenn  hoch  am  himmel  die  stern'  um  den  leuchtenden  mond  her  555 
Scheinen  in  herlichem  glänz,  wann  windstill  ruhet  der  äther; 
Hell  sind  alle  die  warten  der  berg',  und  die  zackigen  gipfel, 
Thäler  auch ;  aber  am  himmel  eröfhet  sich  endlos  der  äther ; 
Air  auch  schaut  man  die  stem';  und  herzlich  freut  sich  der  hirte: 
So  viel ,  zwischen  des  Xanthos  gestad*  und  den  schiffen  Achaia'«,    560 
Loderten,  weit  limstralend  Vor  Ilios,  feuer  der  Troer. 
Tausend  feuer  im  feld'  entflammten  sie;  aber  an  jedem 
Safsen  fünfzig  der  männer,  im  glänz  des  lodernden  feuess. 
Doch  die  rosse,  mit  speit  und  gelblicher  gerste  genähret. 
Standen  bei  ihrem  geschirr,  die  goldene  früh*  erwartend*  56 j 


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I  L  I  A  S. 


NEUNTER     GESANa 


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INHALT. 

Agamemnon  biruft  düfUrsten,  und  räth  zur  flucht.  Diomi^ 
des  und  Nestor  wider stehn*  fTache  am  graben.  Die  fürsten, 
von  Agamemnon  bewirtet  9  rathschlagen.  Auf  Nestors  rath  sen^ 
det  Agamemnon  f  den  Achilleus  ;su  versöhnen  f  den  Fönix,  Ajas 
Telamons  söhn,  und  Odgsseusw  mit  zween  herolden.  Achilleus 
empfängt  sie^gaistfrei,  aber  verwirft  die  antrage,  und  behält  den 
Fönix  zurük.  Die  anderen  bringen  die  antwort  in  Agamemnons 
zeit,  Diomedes  ermahnt  zur  beharrlichkeit ,  und  man  geht  zur 
ruhe. 


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I  l.  I  A  S. 

NEUNTER      GESANa 


i3o  dort  wachten  die  Troer  vor  Ilio*.     Doch  die  Achaier 
Ängstete  grauliche  flucht,  des  starrenden  Schreckens  genossin; 
Und  unduldsamer  schmerz  durchxukte  die  tapfersten  alle. 
Wie  zween  wind'  aufregen  des  meers  fischwimmelnde  fluten» 
Nord  und  sausender  west,  die  bdd'  aus  Thrakia  herwehn,  5 

Kommend  in  schleuniger  wut;  und  sogleich  nun  dunkele  wallung 
Hoch  sich  erhebt ,  und  sie  häufig  ans  land.  ausschütten  das  meergras : 
Also  zeriils  unruhe  das  herz  der  edlen  Achaier. 

Atreus  söhn  t  in  der  seele  von  heftigem  grame  verwundet , . 
Wandelt'  umher ,   herolden  von  tönender  summe  gebietend ,        ip 
Namentlich  jeglichen  mann  zur  rathsversammlung  zu  rufen, 
Doch  nicht  laut;  auch  selbst  arbeitet'  er  unter  den  ersten. 
Jezo  sausen  im  rath  die  bekümmerten;  und  Agamemnon 
Stand  voll  thränen  empor,  der  finsteren  quelle  vergleichbar, 

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ai4  ILIAS^ 

Die  aus  jaKeih  geHipp  vorgeufst  ihr  dunkles  gcwässcr.  15 

Also  schwer  aufseufzend  vor  i^rgos  söhnen  begann  er: 

Freunde,  des  volks  von  Argos  erhabene  fursten  und  pfleger. 
Hart  hat  Xeus  der  Kronid*  in  schwere  schuld  mich  verstricket! 
Grausamer!  welcher  mir  einst  mit  gnädigem  winke  gelobet,  . 
Heimzugehn  ein  vertilger  der  festummauerten  Troja.  oo 

Aber  verderblichen  trug  bescWofs  er  jexo,'und  heilst  mich 
Ruhmlos  kehren  gen  Argos,  nachdem  viel  volks  mir  dahinstarb. 
Also  gePällts  nun  wohl  dem  hocherhabnpn  Kronion , 
Der  schon  vielen  Städten  das  haupt  zu  boden  geschmettert , 
Und  noch  schmettern  es  wird ;  denn  sein  ist  siegende  allmacht.     25 
Auf  demnach,  wie  ich  rede  das  wort,  so  gehorchet  mir  alle; 
Lafst  uns  fliehii  in  den  schiffen  zum  lieben  lande  der  väter: 
Nie  cifobem  wir  doch  die  weitdurchwanderte  Troja ! 

Jener  sprachs ;  doch  alle  verstummten  umher,  und  schwiegen. 
Lange  safsen  verstumörntdie  bekümmerten  männör  Achaia's.  30 
Endlich  i»gaTin  vor  ihnen  der  röfer  im  streit  Diomedes : 

A^reisrsusolin.,  gleich tnufs  ich  dsts  diörichte  weit  dir  bestreiten. 
Wie  es^risührt,  o  konig,  im  rath.  Du  zürne  mir  defs  nicht. 
Xwar  mir  schmähtest  du  }üngst  die  tapferkeit  vor  den  Achaiern, 
Mutlos*  sei  ich  mid  ganz  unkriegerisch ;  aber  das  alles  55 

%Vissen  Achaia's  söhne ,  -die  Jünglinge  so  wie  die  greise* 
Dir  ja -gab  nur  eines  der  S€hr.  des  verborgenen  ^Krönos: 
Nur  mit  dem  zepter  der  macht  geehrt  zu  wefrden  vor  allen; 
Doch  nicht  tapferkeit  gab  er ,  die  edelste  istärke  'der  menschen ! 
Seltsamer,  wie?  du  glaubtest  im  ernst,  die  nünner  Achaia's        40 

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NEUNTER    GESANG.  MS 

Wären  so  gar  unkriegrisch  und  mutlos,  wie  du  geredet? 
Wenn  dir  selber  das  herz  so  eiferig  drängt  nach  der  heimkehr, 
Wandere!  frei  ist  der  weg,  und  nahe  die  schiff'  an  dem meexstrand 
Aufgestellt,  die  in  menge  dir  hergefolgt  von  Mykene, 
Aber  die  andern  bleiben ,  die  hauptumlokten  Achaier ,  45 

Bis  wir  zersti)rt  die  vest^  des  Priamo«!  Wollen  auch  jene, 
Lafs  sie  entfliehn  in  den  schiffen  z^m  lieben  lande  der  vater ! 
Ich  und  Sthenelos  dann,  wir  kämpfen  den  kämpf,  bis  wir  endlich 
Ilios  schiksal  erreicht;  denn  mit  gottheit  kamen  wir  hieher! 

Ako  der  held ;  ihm  jauchzten  ge^mt  die  männer  Achaia's,    .50 
Hoch  da^  wort  anstaunend  von  Tydeus  söhn  Diomedes. 
Jezo  erstand  vor  ihnen  und  sprach  der  reifi^ige  Nestor; 

Tydeus  söhn ,  wohl  bist  du  der  tapferste  krieger  im  Schlachtfeld, 
Auch  im  rath  erscheinst  dp  von  deinem  alter  der  beste. 
Keiner  mag  dir  tadeln  das  wort,  von  allen  Achaiem,  55 

Noch  entgegen  dir  reden ;  nur  blieb  ungeendet  das  wort  dir. 
Zwar  auch  bist  du  ein  jiingling,  und  kanntest  sogar  mein  söhn  sein, 
Selber  der  jüngst'  an  geburt;  doch  lauter  verständiges  sprichst  du 
Unter  den  fursten  des  heers,  da  der  sache  gemäfs  du  geredet. 
Auf,  ich  selber  demnach,  der  höherer  jähre  sich  rühmet,  €0 

Will  ausreden  das  w^tt  und  endigen;  schwerlich  auch  wird  mir 
'  Einer  die  rede  verschmahn,  auch  nicht  Agamemnon  der  herscher. 
Ohne  geschlecht  und  gesez ,  ohn*  eigenen  heerd  ist  jener , 
Wer  des  heimischen  kriegs  sich  erfreut,  des  entsezlichen  Scheusals! 
Aber  wohlan ,  jezt  wollen  der  finsteren  nacht  wir  gehorchen ,  •      65 
Und  uns  rüsten  das  mahl.    Doch  die  sämtlichen  hüter  der  schaaren 

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ai6  ILIAS^ 

Gehn  hinaus I  und  lagern  am  graben  sich,  ausser  der  mauer. 
Solches  befehl*  ich  jezo  den  Jünglingen.     Aber  du  führ'  uns^ 
Atreus  söhn,  ins  gezelt;  denn  Pu  bist  obergebieter. 
Gieb  den  geehrten  ein  mahl ;  dir  gleich  ist  solches,  nicht  ungleich.     "70 
Voll  sind  dir  die  gezelte  des  weins,  den  der  Danaer  schiffe 
Täglich  aus  Thrakia  her  auf  weitem  meere  dir  bringen ; 
Dir  ist  jeder  bewirtung  genug,  der  du  vieles  beherschest. 
Sind  dann  viele  gesellt,  so  gehorch'  ihm,  welcher  den  besten 
Rath  zu  rathen  vermag;  denn  noth  ist  allen  Achaiera  *75 

Kluger  und  heilsauner  rath,  da  die  feind'  unferne  den  schiffen 
Brennen  der  feuer  so  viel!  Wer  mag  wohl  dessen  erfreut  sein? 
Diese  nacht  wird  vertilgen  das  kriegsheer,  oder  erretten! 

Also  der  greis;  da  hörten  sie  aufmerksam,   und  gehorchten« 
Schnell  zur  hut  enteilten  gewapnete  männer  dem  iager:  80 

Dort  um  Nestors  söhn,  den  hirten  des  volks  Thrasymedes; 
Dort  um  Askalafos  her  und  lälmenos,  söhne  des  Ares; 
Auch  um  Meriones  dort,  und  Deipyros,  und  um  den  edlen 
Afareus,  auch  um  Kreions  erhabenen  söhn  Lykomedes. 
Sieben  geboten  der  hut;  und  jeglichem  wandelten  hundert  Ss 

junglinge  nach,  in  den  banden  die  ragenden  Speere  bewegend« 
Zwischen  dem  graben  umher  und  dem  steinwall  sezten  sich  jene ; 
Dort  entflammten  sie  fcuer,  und  rüsteten  jeder  die  nachtkost.  . 

Atreus  sbhn  nun  führte  die  edleren  fursten  Achaia's 
Air  ins  gezelt ,  und  empfing  sie  mit  herzerfr^uendcm  schmause.     90 
Und  $U  erhoben  die  hande  zum  leckerbereiteten  mahle» 
Aber  nachdem  die  begierde  des  tranks  und  der  -speise  gestillt  war ; 

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NEUNTER    GESANG.    .  217 

Jezo  begann  der  greis  den  entwurf  zu  ordnen  'in  Weisheit , 

Nestor,  der  schon  ehej  mit  treflichem  rathe  genüzet; 

Dieser  begann  wohlmeinend ,  und  redete  vor  der  Versammlung :    95 

Atreus  söhn,  ruhmvoller,  du . völkerPiirst  Agamenmon, 
Dir  soll  beginnen  das  wort ,  dir  endigen ;  weil  du  so  vielen 
Völkern  mächtig  gebeutst ,  und  Dir  Zeus  selber  verliehn  liat 
Zepter  zugleich  und  gesez ,  da£s  aller  wohl  du  berathest. 
Dium  ziemt  Dirs  vor  allen,  zu  reden  ein  wort,  und  zu  hören,  100 
Auch  zu  vollziehn  dem  andern,  wem  sonst  sein  herz  es  gebietet, 
Dafs  er  rede  zum  heil;  denn  Du  entscheidest,  was  sein  soll. 
Aber  ich  selbst  will  sagen ,  wie  mirs  am  heilsamsten  diinket. 
Deim  kein  anderer  mag  wohl  besseren  rath  noch  ersinnen. 
Als  mein  herz  ihn  bewahrt,  nicht  vormals,  oder  anjezt  auch,      105 
Seit  dem  tag,  da  du ,  liebling  des  Xeus ,  die  schöne  Briseis 
Aus  dem  gezek  wegführtest  dem  riimenden  Peleionen : 
Nicht  nach  unserem  sinne  fürwahr ;  denn  ich  habe  mit  grofsem 
Inistc  dich  abgemahnt.     Doch  Du ,  hochherziges  geistes , 
Hast  den  tapfersten  mann,  den  selbst  die  unsterblichen  ehrten  ,  iio 
^clunählich  entehrt ;  denn  du  nahmst  das  geschenk  ihm.  Aber  auch  jezo 
Sinnt  uii\)ter,  wie  wir  etwa  sein  herz  zur  Versöhnung  bewegen 
Durdi  gefällige  gaben ,  und  sanft  einnehmende  worte. 

Ihm  antwortete  drauf  der  herscher  des  volks  Agamemnon  : 
Crcis,  nicht  unwahr  hast  du  den  fehl  mir  jezo  gerüget.  115 

Ja  idi  fehlt*,  und  leugn'  es  auch  nicht  I  Traun,  vielen  der  völker 
Gleicht  an  wenhe  der  mann ,  den  Zeus  im  herzen  sich  auskohr : 
*^ic  nun  jenen  er  ehrt',  und  niederschlug  die  Achaier^ 


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218  ILIAS. 

Aber  nachdem  ich  gefehlt.,  dem  schädlichen  sinne  gehorchend  ; 
Will  ich  gerft  es  vergelten,  und  biet'  unendliche  stihnung.  i2e 

Allen  umher  nun  will  ich  die  herlichen  gaben  benennen: 
Zehn  talente  des  goldes;  dazu  dreifüfsiger  kessel 
Sieben,  vom  feuer  noch  rein ,  und  iwanzig  schimmernde  becken; 
«Auch  zwölf  mächtige  rosse,  gekrönt  mit  preisen  des  wetdaufs. 
Wohl  nicht  dürftig  wäre  der  mann,  dem  so  vieles  geworden,      125 
Und  nicht  arm  an  schäxcn  des  hochgepriesenen  goldes: 
Als  mir  siegskleinode  gebracht  xlie  stampfenden  rosse! 
Sieben  weiber  auch  gel/  ich,  untadliche,  kundig  der  arbeit, 
Lesbische,  die,  da  er  Le&bos,  die  blühende,  selber  erobert, 
Irh  mir  eikohr,   die  an  reiz  der  sterblichen  töditer  besiegten.       130 
Diese  ,nun  geb*  ich  Ihm;  es  begleite  sie.,  die  ich  hinwegnahm, 
Brises  tochter  z^ugleich;  und  mit  heiligem  eide  beschwör'  ich, 
Dafs  ich  nie  ihr  iager  verunehrt,  noch  ihr  genahet. 
Wie  in  der  menschengeschlecht  der  mann  dem  weibe  sich  nahet. 
Dieses  empfang'  er  alles  sogleich.     Doch  geben  die  götter,         135 
Dafs  wir  die  mächtige  Stadt  des  Priamos  endlich  erobern; 
Reichlich  soll  er  das  schif  mit  gold  und  erx  belasten, 
Selbst  einsteigend ,  wann  einst  wir  Danaer  theilen  den  iies^sraub. 
Auch  der  troischen  weiber  erwähle  sich  zwanzig  er  selber, 
Die  nach  Helena  dort,  der  Argeicrin,  prangen  an  Schönheit.        140 
Wann  zum  achaiischen  Argos ,  dem  segenslande ,  wir  heimziehn ; 
Soll  er  mir  cidam  «ein ,  und  ich  ehr  ihn  gleich  dem  Orestes , 
Der  mein  einziger  söhn  aufblüht  in  freudiger  fülle. 
Drei  sind  mir  der  töchter  in  festgebauetcr  wohnung: 


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NEUNTER  GESANG,  219 

Deren  wähl'  er  sich  eine,  Chiysöthemis ,  Ifianassa,  14J 

Oder  Laodike  auch,  und  fuhr*  er  umsonst  die  erkohme 
Heim  in  des  Peleus  haus;  ich  geh'  ihm  selber  noch  brautsch^z, 
Reichliche!^ ,  mehr  als  je  ein  mann  der  tochter  gegeben. 
Sieben. geb'  ich  ihm  dort  der  wohlbevölkerten  Städte: 
Enope,  und  Kardämyle^  auch ,  und  die  grasige  Hire,  15« 

Ferä,  die  heilige  bürg,  und  die  grünenden  auen  Antheias, 
Auch  Apeia  die  schön*,  und  Pedasos,  fröhlich  des  Weinbaus. 
Alle  sind  nah'  am  meere,  begrenzt  von  der  sandigen  Pylos; 
L'nd  es  bewohnen  sie  männer,  an  schafvieh  reich,  und  an  hornvieh: 
Die  ihn  hoch  mit  geschenken,  wie  einen  uiftterblichen ,  ehrten,     155 
Und,  vom  zepter  beherscht,  ihm  steuerten  reichliche  schazung. 
Dieses  vollend'  ich  jetiem,  sobald  er  sich  wendet  vom  zome. 
Zähm'  er  sich!  A'ides  ist  unbiegsam,  und  unversöhnlich; 
Aber  den  sterblichen  auch  der  verhafsteste  unter  den  göttern.   , 
Auch  mir  nachstehn  sollt'  er,  so  weit  ich  höher  an  macht  bin,         i6o 
Und  so  weit  ich  älter  an  lebensjahren  mich  rühme. 

Ihm  antwortete  diauf  der  gerenische  reisige  Nestor  1 
Atreus  söhn,  ruhmvoller,  dii  völkerfürst  Agamemnon, 
flicht  verächtliche  gaben  gewährst  du  dem  herscher  Achilleut. 
Auf  denn,  erlesene  männer  entsenden  wir,  eilendes  schritte!       165 
Hinzugehn  ins  gefzelt  des  Peleiaden  Achilleus. 
Oder  wohlan,  ich  selber  erwähle  sie;  und. sie  gehorchen. 
Fönix  gehe  zuerst,  der- liebling  des  Zeus,  als  führcr; 
D^nn  auch  Ajas  der  grofse  zugleich,  und  der  edle  Odysseüf. 
Aber  Hodios  folg'  und  F.urybates  ihnen  als  herold«  i^o 

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a2o  ILIAS* 


« 


Spiengt  nun  mit  wasser  die  händ\  und  ermahnt  zur  stille  der  andacfat; 
Dafs  wir  Zeus  den  Kroniden  zuvor  anfiehn  um  erbarmung. 

Jener  sprachs;  und  allen  gefiel  die  rede  des  königs. 
Eilend  sprengten  mit  wasser  die  herold'  ihnen  die  hände; 
Jünglinge  füllten  sodann  die  kriige  zum  rand  mit  getränke,       175 
Wandten  von  neuem  sich  rechts,  und  vertheileten  allefa  die  becher. 
Als  sie  des  tranks  nun  gesprengt ,  und  nach  herz^nswunscne  getrunken  ; 
Eilten  sie  aus  dem  gezelte  von  Atreus  söhn  Agamemnon. 
Viel  ermahnte  sie  noch  der  gerenische  reisige  Nestor, 
Jeglichem  mann  zuwinkend,  vor  allen  zumeist  dem  Odysseus,     180 
Eiferig  doch  zu  bereden*den  heilichen  Peleionen. 

Beid'  izt  gingen  am  ufer  des  weitaufrauschenden  meeres. 
Beteten  viel  und  gelobten  dem  erdumgiirter  Poseidon, 
Dafs  sie  doch  leicht  gewonnen  den  hohen  sinn  des  Achilleus. 

Als  sie  die  zeit'  und  schüfe  der  Myrmidonen  erreichten;  185 

Fanden  sie  ihn,  wie  er  labte  sein  herz  mit  der  klingenden  leier, 
Schön  und  künstlich  gewölbt,  woran  ein  silberner  Steg  war; 
Die  aus  der  beut*  er  gewählt,  da  Eetions  Stadt  er  vertilget: 
Hiermit  labt*  er  sein  herz,  und  sang  siegsthaten  der  m'anner. 
Gegen  ihn  safs  Patroklos  allein,  und  harrete  schweigend  190 

Dort  auf  Aal^os  enkel,  bis  seinen  gesang  er  geendigt. 
Jen*  izt  gingen  daher,  und  voran  der  edle  Odysseus,     \ 
Nahten  und  standen  vor  ihm;  bestürzt  nun  erhub  sich  Achilleus, 
Samt  der  leier  zugleich,  verlassend  den  siz,  wo  er  ruhte. 
Auch. Patroklos  erhub  sich,  sobald  er  schaute  die  männer.  195 

Beid*  an  der  hand  anfassend,  begann  der  renner  Achilleus; 

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NEUNTER  GESANG»  121 

Freude  mit  euch !  'willkommen,  ihr  theueren !  Zwar  ist  gewifc  noth ! 
Doch   auch  dem  zürnetiden  kommt  ihr  geliebt  vor  allen  Achaiem. 

Also  sprach,  und  führte  hinein,  der  edle  Achilleus, 
Seite  sie  dann  auf  sessel  und  teppichd ,  schimmernd  von  purpur.     200 
Eilend  sprach  er  daiauf  zu  Patroklos ,  der  ihm  genaht  war : 

Einen  gtölseren  krag,  Menötios  söhn,  uns  gestellet;' 
Misch'  auch  stärkeren  wein ,.  und  jeglichem  reiche  den  becher ; 
Denn  die  werthesten  jiränner  sind  mir  jezt  unter  dem  obdach. 

Jener  sprachs ;  da  gehorchte  dem  freund  sein  trauter  Patroklos.   205 
Selbst  nun  stellt'  er  aie  mächtige  bank  im  giante  des  feuers, 
Legte  darauf  den  rücken  der  feisten  zieg'  und  des  schafes , 
Legt*  auch  des  masucHweins  Schulter  darauf  voll  blühendes  fettes« 
Aber  Automedon  hielt,  und  es  schnitt  der  edle  Achilleus; 
Wohl  zerstükt'  er  das  fleisch,  und  stekt'  es.  alles  an  spiefse.        aio 
Mächtige  glut  entflanomte  Menötios  göttlicher  söhn  izt. 
Als  nun  die  loh'  ausbrannt*,    und  des  feuers  blume  verwelkt  war; 
Breitet'  et  aus  die  kohlen ,  und  richtete  drüber  die  spiefse , 
Sprengte  mit  heiligem  salz ,  und  dreht'  auf  stüzenden  gabeln. 
Als  er  nunmehr  es  gebraten ,  und  hin  auf  borde  geschüttet ;        215 
Theilte  Patroklos  das  brot  in  schöngeflochtenen  körben     • 
Rings  um  den  dsch;  und  das  fleisch  venheilete  selber  Achilleus. 
Selbst  dann  sab  er  entgegen  dem  göttergleidhen  Odysseus, 
Dort  an  der  anderen  wand,  und  gebot,  dals  Patroklos  den  göttera 
Opferte;  dieser  gehorcht',  und  warf  die  erstling'  ins  feuer.  220 

Und  sie  erhoben' die  bände  zum  leckerbereiteten  mahle. 
Aber  nachdem  di^  begierde  des  trank«  und  der  speise  gesriUt  war; 


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aaa  ILIAS* 

Jett  winkt'  Aja^dem  Fonix.     Das  sah  der  edle  Odysscut, 
Füllte  mit  wein  den  becher,  und  trank  dem  Peleiden  mit  handschlag: 
Heil  dir.  Peletd'!  an  des  mahies  gemeinsamer  fülle  gebrichts  nicht»  225 
Weder  dort  im  gexelt  um  Atreus  söhn  Agamemnon , 
Noch  auch  jexo  alhier;  denn  genug  des  erfreuenden  stehet 
Hier  lum  schmaus:  doch  nicht  nach  lieblichem  mahle  verlangt  uns ; 
Sondern  das  grofse  weh,  du  göttlicher,  ringsum  schauend 9 
Xagen  wir !  Jexo  gilts  ,  ob  errettet  sind ,  oder  verloreh ,  ^30 

Uns  die  "gebogenen  schüfe,  wo  du  nicht  mit  stärke  dich  gihtest! 
Nahe  den  schüfen  bereits  und  dem  steinwall  dröhn  sie  gelagert, 
Troja's  mutige  söhn',  und  die  femberufenen  helfer. 
Ringsum  feuer  entflammend  durchs  heer ;  und  es  hemime  sie,  trozt  man» 
Nichts  annoch ,  sich  hinein  in  die  dnnkelen  schüfe  zu  stürzen.  *"    235 
Ihnen  gewährt  auch  Zeus  der  Kronid'  andeutungen  rechtshin. 
Sendend  den  stral ;  doch  Hektor ,  die  funkelnden  äugen  voll  mordlust. 
Wütet  daher,  und  vertrauend  dem  donnerer,  achtet  er  nichts  mehr» 
Weder  menschen  noch  gott;  so  treibt  ihn  der  taumel  des  Wahnsinns, 
Sehnlich  wünscht  er,  dafs  bald  der  heilige  morgen  erscheine;    040 
Denn  er  verhelfst  von  den  schiffen  zu  haun  die  prangenden  schnäbel» 
Sie  dann  selbst  zu  verbrennen  in  stürmender  flamm',  und  zu  morden 
Argos  söhn'  um  die  schiffe,  betäubt  im  dampfe  des  brandes. 
Hierum  sorg'  ich  im  Herzen  geängsdget,  dafs  ihm  die  drohung 
Ganz  vollenden  die  götter ,  und  uns  das  sclaksal  verhängt  sei»       245 
Hinzusterben  in  Troja ,  entfernt  von  der  fruchtbaren  Argos. 
Aber  wohlauf!  wenn  das  herz  dir  gebeut,  die  männer  Achaia'« 
Jezt,  auch  spät,  zu  befrein  aus  der  drängenden  Troer  getümmcL 

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NEUNTER  GESANG.  223 

Siehe,  dir  selbst  wird  künftig  es  leid  sein;  aber  vergebens 

Sucht  man  geschehenem  übel  noch  be&serung ;  lieber  zuvor  nun    250 

Sinn*  umher,  wie  du  fern^st  den  schreklichen  tag  der  Ächaier. 

Ach  mein  freund,  wie  sehr  ermahnte  dich  Peleus  der  vater^ 

Jenes  tags,  da  aus  Ftia  zu  Atreus  söhn  er  dich  sandtet 

Lieber  söhn,  siegsstärke  wird  dir  Athenäa  und  Hetc 

Geben ,  wenns  ihnen  gePallt;  nur  den  stolz  des  erhabenen  herzens  255 

Bändige  Du  in  der  brüst;  denn  freundlicher  sinn  ist  besser. 

Meide  den  bösen  zank,,  den  verderblichen ,  dafs  dich  noch  höher 

Eiire  das  volk  der  Argeier,  die  Jünglinge  so  wie  die  greise; 

Alsp  ermahnte  der  greis;  du  vergafsest  es.     Aber  auch  jezt  noch 

Ruh',  und  entsage  dem  zorne,  dem  kränkenden !  Sieh,  Agamemnon  26b 

Beut  dir  würdige  gaben,  sobald  du  dich  wendest  vöni  zorne. 

Willst  du,  so  höre  mich  an,  und  lafs  mich  alles  erzähleri, 

>Vas  dir  dort  im  gezelt  zur  gäbe  verhiefs  Agamemnon: 

Xehn  talente  des  goldes,  dazu  dreifüfsiger  kessel 

Sieben ,  yom  fepernoch  rein,  und  zwanzig  schimmernde  becken ;  265 

Auch  zwölf  mächdge  rosse ,  gekrönt  mit  preisen  des  wettlaufs. 

Wohl  nicht  dürftig  wäre  der  mann ,  dem  so  vieles  geworden , 

Und  nicht  arm  an  schäzen  des  hochgepriesenen  golde&: 

Ab  Agamemaons  rosse  der  siegskleinode  gewannen. 

Sieben  weiber  auch  giebt  er,  uncadliche;  kundig  der  arbeit,       2'7« 

Lesbische,  die,  da  du  Lesbos,  die  blühende,  selber  erobert. 

Er  sich  erkohr,  die  an  reiz  der  sterblichen  töchter  besiegten. 

Diese  nun  giebt  er  Dir ;  es  begleite  sie ,  die  er  hinwegnahm , 

firises  tochter  zugleich;  und  mit  heiligem  eide  beschwört  er. 


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a24  ILIAS^ 

Dafs  er  nie  ihr  I^er  verunehrt,  noch  ihr  genahet,  215 

Wie  in  der  menschen  geschlecht  der  mann  dem  weihe  sich   nahet. 
Dieses  empfängst  du  alles  sogleich.    Doch  geben  die  götter, 
Dafs  wir  die  mächtige  Stadt  des  Priamos  etidlicfi  erobern; 
Reichlich  solls^  du  das  schif  mit  gold  und  erz  belasten , 
Selbst  einsteigend ,  wenn  einst  wir  Danaer  theilen  den  'siegsraub«     280 
Auch  der  troischen  weiber  erwähle  du  zwanzig  dir  selber, 
Die  nach  Helena  dort,  der  Argeierin,  pra^ngen  an  Schönheit. 
Wann  zum  achaiischen  Argos,  dem  segenslande,  wir  heimziehn; 
Sollst  du  ihm  eidam  sein,  und  er  ehrt  dich  gleich  dem  Orestes, 
Der  sein  einziger  söhn  aufblüht  in  freudiger  fiille.  28S 

Drei  sind  ihm  der  töchter  in  festgebaueter  wohnung: 
Deren  wähle  dir  eine,  Chrysöthemis ,  Ifianassa, 
Oder  Laödike  auch,  und  führ'  umsonst  die  erkohrne 
Heim  in  des  Peleus  haus ;  er  giebt  dir  selber  noch  braütschaz , 
Reichlichen,  mehr  als  je  ein  mann  der  tochtcr  gegeben.  290 

Sieben  giebt  er  dir  dort  der  wohlbevölkerten  Städte; 
Enope,  und  Kardämyle  auch,  und  die  grasige  Hire, 
Ferä,  die  heilige  bürg,  und  die  grünenden  auen  Antheias, 
Auch  Apeia  die  schön',  und  Pedasos ,  fröhlich  des  Weinbaus. 
Alle  sind  nah'  am  meere ,   begrenzt  von  der  sandigen  Pylos ;      295 
Und  es  bewohnen  sie  männer,  an  schafvieh  reich,  und  an  homvieh: 
Die  dich  hoch  mit  geschenken,  wie  einen  unsterblichen,  ehrten, 
Und,  vom  zepter  beherscht,  dir  steuerten  reichliche  schazung. 
Dieses  vollendet  er  dir,   sobald  du  dich  wendest  vom  zorne. 
Aber  wenn  Ajtreus  söhn  zu  sehr  dir  im  herzen  verha&t  ist*       300 


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NEUNTER  GESANG,  aaj 

Er  und  seine  geschenk';  o  so  schau  der  andren  Achaier 
Drängende  noth  mit  erbarmen  im  heer,   das  wie  einen  der  göttex 
Ehren  dich  wird;  denn  allen  fÜrvvahr  hochherlich  erschienst  du: 
Hektor  entraftest  du  nun!  denn  nahe  dir  wagt*  er  zu  kommen» 
Voll  unsinnigei  wut;  da  er  wähnt,  nicht  einer  auch  gleiche      305 
Ihm  in  der  Danaer  volk,  so  viel  hertrugen  die' schüfe. 
Ihm  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achilleus: 
Edler  L^rtiad',  erfindungsreicher  Odysseus, 
Sieh,  ich  mufs  die  rede  nur  grad*  und  frank  dir  verweigern» 
So  wie  im  herxen  ich  denk»  und  wies  unfehlbar  geschehn  wird ;  310 
Dafs  ihr  mir  nicht  vorjammert ,  von  hier  und  dort  mich  belagernd. 
Denn^mir  verhafst  ist  jener,  so  sehr  wie  des  Aides  pforten, 
Wer  ein  andres  im  herzen  verbirgt,  und  ein  anderes  redet. 
Aber  ich  selbst  will  sagen,  wie  mirs  am  heilsamsten  dü'nket. 
Weder  des  Atreus  söhn  Agamemnon  spll  mich  bereden»  315 

Noch  die  andern  Achaier;  dieweil  ja  nimmer  ein  dank  war, 
Rastk>s  fort  zu  kämpfen  den  kämpf  mit  feindlichen  männern! 
Gleich  ist  des  bleibenden  loos ,  und  sein ,  der  im  felde  sich  anstrengt } 
Gleicher  ehre  geniefst  der  feig'  und  der  tapfere  krieger» 
Gleich  auch  stirbt  der  träge  dahin ,  und  wer  vieles  gethan  hat. ,   320 
Nichts  ja  fruchtet  es  mir,   da  ich  sorg'  und  kummer  erduldet» 
Stets  die  seele  dem  tod'  entgegentragend  im  streite. 
So  wie  den  nackenden  vöglein  im  nest  darbringet  die  mutter 
Einen  gefundenen  bissen,  wenn  ihr  auch  selber  nicht  wohl  ist: 
Also  hab'  ich  genug  unruhiger  nachte  durchwachet,  325 

Auch  der  blutigen  tage  genug  durchstiebt  in  der  feldschlackt» 
Homers  lUas.  I.  Band.  P  > 

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fta6  ILIAS. 

Tapfere  mannet  bekämpfend,   um  jenen  eui  weib  xu  erobern! 
Lwölf  schon  hab'  ich  mit  «chißen,  bevölkerte  Städte,  verwüstet, 
Und  eilf  andre  zu  fufs  im  scholligen  lande  der  Troer; 
Dort  aus  allen  erkohr  ich  der  kleinode  viel  und  geehrte  330 

Mir,  und  brachte  sie  alle  zur  gab*  Agamemnon  dem  herscher, 
Atreus  söhn':  Er,  tuheild  indefs  bei  den  rüstigen  schüfen, 
Nahm  die  schäz\  und  vettheilt*  ein  weniges,  vieles  behielt  ei* 
Dennoch  gab  er  den  beiden  und  konigen  ehrengeschenke , 
Die  noch  jeder  verwahrt;  Mir  einzigen  nur  der  Achaier  395 

Nahm  ers,   und  hat  die  genossin,  die  reizende,    der  er  in  woUusc 
Froh  seirt  mag !  Was  bewog  denn  zum  kriegszug  gegen  die  Troer 
Argos  Volk?  Was  ftihrt'  er  daher  die  versammelten  Streiter, 
Atreus  söhn?  Wars  nicht  der  lockigen  Helena  wegen? 
Lieben  sie  etwa  allein  von  den  redenden  menschen  die  weiber,  s4^ 
Atreus  söhn'?  Ein  jeder,  dem  gut  und  bieder  das  herz  ist, 
Liebt  sein  weib^  und  pflegt  sie  mit  Zärtlichkeit:  so  wie  ich  jene 
Auch  von  herzen  geliebt  >  wiewohl  mein  speer  sie  erbeutet* 
Nun  er  mir  aus  den  Händen  den  siegslohn  raubte  mit  arglist , 
Nie  versuch'  er  hinfort  mich  kundigen!  ninuner  ihm  trau'  ich!  345 
Sondern  mit  dir,  Odysseus^  und  anderen  völkergebietern 
Sinn'  er  nach^  von  den  schiffen  die  feindliche  glut  zu  entfernen. 
Traun  sehr  vieles  bereits  vollendet'  et  ohne  mein  zuthun: 
Schön  die  mauer  erbaut'  er,  und  leitete  draufsen  den  graben, 
Breit  umher  und  grofs ;  und  drinnen  auch-  pflanzet'  er  pfähle !     350 
Dennoch  kann  er  ja  nicht  die  gewait  des  mordenden  Hektor 
Bändigen!  Aber  da  Ich  im  Danaervolke  noch  mitzog; 


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NEUNTER  GESANG.  .     227 

l 

Niemals  wagte  zum  kämpf  von  Ilios  ferne  sich  Hektor ; 
Nur  zum  skäischen  thor  und  bis  zur  buche  gelangt^  er, 
Wo  er  einst  mich  bestand ,  und  kaum  mir  entfloh  vor  dem  angrif.  355 
Nun  mir  nicht  es  gefällt,  mit  dem  göttlichen  Hektor  zu  kämpfen; 
Bring*  ich  morgen  ein  opfer  für  Zeus  und  die  anderen  götter, 
Wohl  dann  belad'  ich  die  schiff* ,  und  wann  ich  ins  meer  sie  gezogen, 
Wirst  du  schaun ,  so  du  wilbt,  und  solcherlei  dinge  dich  künmiern , 
Schwimmen  im  morgenroth  auf  dem  flutenden  Hellespontos         360 
Meine  schiff*,  und  darin  die  eiferig  rudernden  männjer;  / 
Und  wenn  glükliche  fahrt  der  Gestaderschutterer  gönnet, 
Möcht'  ich  am  dritten  tag*  in  die  schollige  Fna  gelangen. 
Vieles  hab'  ich  daheim ,  das  ich  hieher  wandernd  zurüklie& ; 
Anderes  auch  von  hier ,  an  gold*  und  röthlichem  erze ,  365 

Schöngegurtete  weiber  zugleich,  und  giauLiches  eisen, 
Bring*  ich,  so  viel  ich  erloost;  doch  den  sieg'slohn,  der  fhn  gegeben, 
Nahm  ihn  mir  selbst  hochmüdg,  der  völkerfürst  Againemnoü , ' 
Atreus  söhn!  Das  alles  verkiind' ihm ,  so  wie  ich  ^g«> 
Öffentlich :  dafs  ihm  ergrimmen  auch  andere  männer  Achala'i ,     3^o 
Wenn  er  noch  einen  vielleicht  der  Danaer  hoft  zu  beifriegen , 
Jener  in  Unverschämtheit  gehallettf!  Schwerlich  indefs^  ftiit  ' 
Wagt  er  hinfort,  auch  frech  wie  ein  hund,  ix^  antliz  zu  icha»^! 
Ninuner  ihm  werd*  ich  zurath  mich  vereinigen,  ninundr  zu  that^i! 
Einmal  betrog  er  mich  nuh,  und  frevelte ;  nimmer  kinfbrt  M^hl  3-75 
Teuscht  er  mit  tückischem  wort;  er  begnüge  sich!  «oftd^rn  geruhig 
Wandr*  er  dahin :  denn  ihm  raubte  der  waltende  Xess  die  berinnung* 
Graul  sind  nfiir  seine  geschenk' ,  und  ich  acht*  ihn  selber  nicht  se  viel! 


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228  ILIAS. 

Nein,  und  bot*  er  mir  zehnmal  und  xwanzigmal  grSfscre  gUtet> 
Als  was  jexp  er  hat,  und  was  er  vielleicht  noch  erwartet;  380 

Bot'  er  sogar  die  guter  Orchomenos,  oder  was  Thebe 
Hegt,  Agyptos  Stadt,  wo  reich  sind  die  häuser  an  schäzen: 
Hundert  hat  sie  der  thor*,  und  es  ziehn  zweihundert  aus  jedeni. 
Rüstige  märuier  zum  streit ,  mit  rossen  daher  und  geschirren : 
Bot'  er  mir  auch  so  viel,  wie  des  sandes  am  meer  und  des  staubes ;    385 
Dennoch  nimmer,  hinfort  bewegte  mein  herz  Agamemnon» 
£h  er  mir  ausgebufst  die  seelenkränkende  Schmähung! 
Keine  tocht^  begehr'  ich  von  Atreus  söhn  Aganiemnon; 
Trozte  sie.  auch  an  reiz  der  goldenen  Afrodite , 
Wäre^  sie  klug ,  wie  Pallas  Athen' ,  an  künstlicher  arbeit ;  390 

Dennoch  begehr'  ich  sie  nicht!  Er  wähle  sich  sonst  der  Achaier 
Einen,  der  Ihm  gemäfs»  und  der  auch  höher  an  macht  ist. 
Denn  erhalten  die  götter  mich  nur,  und  gelang'  ich  zur  heimat; 
Dann,  wird  Peleus  selbj^t  ein  edeles  weib  mir  vermählen. 
Viel  der  Achaierinnen  sind  rings  in  Hellas  und  Ftia ,  395 

Töchter  erhabener  Fürsten,  die  städt'  und  länder  beherschen; 
Hievon,  die  mir  gefa'llt,  erwähl'  ich  zur  trauten  gemahlin. 
Dort,-o  wie  oftmals  hebt  mein  mutiges  herz  sich  von  Sehnsucht, 
Einer  gefälligen  gattin  vermählt,  in  ehlicher  eintracht, 
Mich  der  guter  zu  freun,  die  Peleus  der  greis  sich  gesammelt.  400 

Nicht«  sind  gegen  das  leben  die  schäze  niir:  nichts,,  was  vordem  auch 
Ilios  barg,  wie  man  sagt,  die  .staf;It  voll  prangender  häuser, 
£inst,  als  blühte  der  fried',  eh  die  macht  der  Achaier  daherkam; 
Noch^  .was  die  steinerne  schwelle  des  TreiFenden  drinnen  bewahret, 

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NEUNTER  GESANG»  229 

Föbos  Apdltons  schaz,  in  Pytho*s  klippigen  Feldern«  405 

Beutet  man  doch  im  gefecht.  hornvieh  und  gemastetes  kleinvieh. 
Und  man  gewinnt  dreifüTs'  und  braun  gemahn  ete  rosse; 
Aber  des  menschen  geist  kehrt  niemals,  weder  erbeutet, 
Noch  erlangt ,  nachdem  er  des  sterbenden  lippen  entflohn  ist« 
Meine  göttliche  mutter,  die  silberfüfsige  Thetis,  410 

Sagt,  mich  führe  lum  tod'  ein  zwie&ich  endendes  schiksal. 
Wenn  ich  alhier  aushanend  die  Stadt  der  Troer  umkämpfe; 
Hin  sei  die  heimkehr  dann,  doch  blühe  mir  ewiger  nachriihm. 
Aber  wenn  heim  ich  kehre  xum  Heben  knde  der  väter; 
Dann  sei  verwelkt  mein  rühm,  doch  weithin  reiche  des  lebcns       415 
Dauer,  und  nicht  frühzeitig  ans  ziel  des  todes  gelang*  ich. 
Auch  den  anderen  möcht'  ich  ein  rathsame«  wort  zureden. 
Heim  in  den  schiffen  zu  gehn?  nie  findet  ihr  doch  der  erhabnen 
Ilios  Untergang;  denn  der  waltende  Zeus  Kronion 
Dekt  sie  mit  schirmender  hand ,  und  mutvoU  trozen  die  völker.      420 
Ihr  denn  gehet  nunmehr,  den  edelen  forsten  Achaia's 
Botschaft  anzusagen:  das  ehrenamt  der  geehrten; 
Dafs  sie  anderen  rath  und  besseren  jczo  ersinnen, 
Welcher  die  schiff'  errette  zugleich ,  upd  das  volk  der  Achaier 
Bei  den  geräumigen  schiffen?  denn  nicht  ist  jener  gedeihlich,         425 
Welchen  sie  jezt  ausdachten,  da  Ich  im  zome  beharre. 
Fönnc  indefs  mag  bleibend  bei  uns  zur  ruhe  sich  legen , 
Dals  er  mit  mir  heimschiffe  zum  lieben  lande  der  väter ,  ' 

Morgen,  wenns  ihm  gefällt;  denn  nicht  aus  zwang  soll  er  mitgehn.    , 
Jener  sprachs;  doch  alle  verstummten  umher,  und  schwiegen,  430 

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ago  ILIAS* 

Hoch  das  wort  anstaunend ;  denn  kraftvoll  hatt'  er  geredet« 

Endlich  begann  Vor  ihnen  der  graue  reisige  Fönix , 

Mit  vordringenden  thränen,  besorgt  um  der  Danaer  schiffe: 

Hast  du  die  heimkehr  denn  im  geiste  dir,,  edler  Achilleus, 
Vorgesext,  und  entsagst  du  durchaus,  vom  vertilgenden  feuer    435 
^   Unsere  schiffe  zu  retten,  da  zorn  in  die  seele  dir  eindrang; 

O  wie  könnt*  ich,  von  dir,  mein  söhn,  mich  trennend,  allein  hier 

Bleiben?  Mich  sandte  mit  dir  der  graue  rei&ige  Peleus, 

Jenes  tags,  da  aus  ¥t\ü  zu  Atreus  söhn  er  dich  sandte. 

Jung  wie  du  warst,  unkundig  des  allverheerenden  krieges,        440 

Und  rathschlagender  reden,  wodurch  sich  männer  hervorthun. 

Darum  sendet*  er  mich,  um  getreu  zu  lehren  das  alles; 

Wohlberedt  in  wortcn  zu  sein,  und  rüstig  in  thaten. 

Also  könnt*  ich  von  dir,  mein  trautester,  mich  ja  unmöglich 

Trennen,  und  gäbe  mir  auch  ein  ewiger  Selbst  die  verheifsung,      4.15 

Mich,  voni  alter  enthüllt,  zum  blühenden  jüngling  zu  schaffen: 

So  wie  ich  Hellas  verliefs,  das  land  der  rosigen  jungfraun. 

Fliehend  des  vaters  zank,  des  Ormeniden  Amyntor, 

Der  um  die  nebengemahlin ,  die  schöngelokte ,  mir  zürnte : 

Denn  ihr.schenkt'  er  die  lieb*,  und  entehrte  die  ehliche  gattin,       450 

Meine  mutter*    Doch  stets  unüschlang  sie  mir  flehend  die  kniec. 

Jene  zuvor  zu  beschlafen,  dafs  gram  sie  würde  dem  greise, 

Ihr  gehorcht*  ich,  und  thats.     Doch  sobald  es  merkte  der  vater. 

Rief  er  mit  gräfsUchem  fluch  der  Erinnyen  furchtbare  gottheit« 

Dafs  nie  sizen  ihm  möcht'  auf  seinen  knieen  ein  söhnlein,         455 

Aufgewachsen  von  mir ;  und  den  (Itich  vollbrachte  der  grause 

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NEUN?"ER  GESANG,  231 

Unterirdische  Xetis,  und  die  schreklkhe  Persefoneia. 
Erst  zwar  trieb  mich  der  zorn ,  mit  scharfem  erz  ihn  zu  tödten ; 
Doch  der  unsterblithen  einer  bezähmte  mich ,  welcher  ins  herz  mir 
Legte  des  volks  nachred',  und  die  Schmähungen  unter  den  menscben :  460 
Dafs  nicht  rings  die  Achaier  den  Vatermörder  mich  nennten. 
Jezo  durchaus  nicht  länger  war  mirs  im  herzen  erträglich , 
Vor  dem  zürnenden  vater  einherzugehn  in  der  wohnung. 
Häufig  zwar  umringten  inich  Jugendfreund'  und  verwandte , 
Welche  mit  vielem  flehn  zuriik  im  hause  mich  hielten.  465 

Viele  gemästete  schaf*  und  viel  schwerwandelndes  homvieh 
Schlachteten  sie,  und  manches  mit  fett  umblühete  mastschwein 
Sengten  sie  ausgestrekt  in  d^r  lodernden  glut  d^s  Hefä&tos; 
Viel  auch  wurde  des  weines  geschöpft  aus  den  krügen  des  grei&es; 
Neun  der  nachte  bei  mir  verw^ileten  jene  beständig,    »  41® 

Wechselnd  die  hut  um  einander;  vind  pi^  erioschen  die  feuer: 
Eins  am  thor  in  d^r  halle  des  fi^stum^nauerten  vorhofs, 
Und  auf  der  ^lausQur  eins ,  vor  der  doppelpforte  der  kämmen 
Aber  nachdem  die  zehnte  der  finsteren  näc|ite  gekommen; 
Jezt  erbrach  ich  der  ka^nmer  mit  kunst  gefügete  pforte,  475 

Filtc  hinaus,  und  erklomm  die  schirmeade  mauer  des  vorhofs 
Leicht,  von  keinem  der  hiiter  bemerkt  und  der  wachenden  weiber, 
Sprang  dann  hinab,  und  entfloh  durch  Hellas  räumige  Auren , 
Bis  zur  scholligen  Fua,  dem  lämmergefild' ,  ich  gelangt  war. 
Hin  zum  könige  Peleus :  der  gern  und  freundlich  mich  aufnahm ,    480 
Und  mich  geliebt,  wie  ein  vater  den  einzigen  söhn  nur  liebet, 
Den  er  im  alter  gezeugt »  sein  grofses  gut  zu  ererben. 

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aja  ILIAS. 

Jener  machte  mich  reich,  und  g^b  mir  ein  volk  in  Verwaltung, 

Fern  an  der  grenze  von  Ftia,  der  Doloper  mächtige  herschaft. 

Dich  auch  macht*  ich  zum  manne ,  du  göttergleicher  Achilleus ,     48S 

Liebend  mit  herzlicher  treu;   auch  wolltest  du  nimmer  mit  andetn 

Weder  zum  gastmahl  gehn ,  noch  daheim  in  den  Wohnungen  essen , 

Eh  ich  selber  dich  nahm ,  auf  meine  kniee  dich  sezend , 

Und  die  zerschnittene  speise  dir  bot ,    und  den  becher  dir  vorhielt. 

Oftmals  hast  du  das  kleid  mir  vorn  am  busen  befeuchtet,         490 

Wein  aus  dem  munde  verschüttend  in  unbehülflicher  kindheit. 

Also  hab*  ich  so  manches  durchstrebt,  und  so  manches  erduldet, 

Deinethalb;  ich  bedachte,  wie  eigene  kinder  die  götter 

Mir  versagt,  und  wählte,  du  göitcrgleicher  Achilleus, 

Dich  zuni  söhn,  dafs  einst  du  vor  traurigem  schiksalmich  schirmtest. 

Zähme  dein  grofses  herz,  o  Achilleus!  Nicht  ja  geziemt  dir      496 

Uirerbarmender  sinn;  lenksam  sind  selber  die  götter, 

Die  doch  weit  erhabner  an  herlichkeit,  ehr*  und  gewalt  sind. 

Diese  vermag  durch  räuchern  und  demutsvolle  geliibde, 

Durch  weingufs  und  gedüft,  der  sterbliche  umzulenken,  500 

Bittend  mit  flehn :  wann  sich  einer  versündiget  oder  gefehlet. 

Denn  die  reuigen  Bitten  sind  Zeus  des  allmächtigen  töchter. 

Lahm  und  runzelich  sie,  und  seitwärts  irrendes  auges, 

Die  auch  hinter  der  Schuld  sich  mit  sorg*  anstrengen  zu  wandeln. 

Aber  die  Schuld  ist  frisch  und  hurtig  zu  fufs ;  denn  vor  allen  .        505 

Weithin  läuft  sie  voraus,  und  zuvor  in  jegliches  land  auch 

Kommt  sie ,  schadend  den  menschen ;  doch  jen*  als  heilende  folgen. 

Wer  nun  mit  scheu  aufhünt  dio  nahenden  töchter  Kronions, 

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NEUNTER  GESANG,  333 

Diesem  frommen  sie  sehr ,  und  hören  auch  seine  gebete« 

Doch  wenir  einer  verschmäht,  und  troziges  sinnes  sich  weigert;     510 

Jexo  flehn  die  Bitten,  dem  Xeus  Kronion  sich  nahend, 

Dafs  ihm  folge  die  Schuld ,  bis  er  durch  schaden  gebüfset. 

Aber  gewähr',  Achilleus,  auch  Du  den  töchtem  Kronions 

» 

Ehrfurcht,  welche  das  herx  auch  anderer  edlen  bezwinget« 

Denn  wofern  nioit  gaben  er  bot*,  und  künftig  verhiefse,  515 

Atreus  söhn,  und  stets  in  feindlichem  sinne  beharrte; 

Nimmer  fürwahr  begehrt*  ich,  dafe  leicht  wegwerfend  den  zom  du 

Argos  Volk'  abwehrtest  die  noth,  wie  sehr  sies  bedürften. 

Doch  nun  giebt  er  ja  vieles  sogleich,  und  andres  verheifst  er; 

Anzuflehn  auch  sandt'  er  daher  die  edelsten  mannet,  £29 

Die  er  in  Argos  volk  auswählete,  weil  sie  die  liebsten 

Aller  Achaier  dir  sind.    Du  verschmäh  nicht  diesen  die  rede» 

Oder  den  gang.     Nicht  war  ja  zuvor  unbillig  dein  zürnen. 

Also  hörten  wir  auch  in  der  vorzeit  rühmen  die  männer 

Göttliches  Stamms,  wenn  einer  zu  heftigem  zom  sich  ereifert;        525 

Doch  versöhnten  sie  gaben  und  mild  zuredende  worte. 

Einer  that  gedenk'  ich  von  alters  her,  nicht  von  neulich, 

>Vie  sie  geschah ;  ich  will^  sie  vor  euch ,  ihr  lieben ,  erzählen. 

Mit  den  Kureten  stritt  der  Atolier  mutige  heerschaar 

Einst  um  Kälydons  Stadt ,  und  sie  würgten  sich  unter  einander :     530 

Denn  die  Atolier  kämpften  für  Kalydons  liebliche  veste, 

Weil  der  Kureten  volk  sie  mit  krieg  zu  verheeren  entbrannt  war. 

Artemis  sandte  das  weh,  die  goldenthronende  göttin. 

Zürnend ,  dafs  Ihr  kein  opfer  der  ernt'  auf  fruchtbarem  acker 

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134  ILIAS^ 

Oneus  bracht';  es  genossen  die  himmlischen  all'- hekatomben ;    535 
Ihr  nur  opfert'  er  nicht,  der  tochter  Zeus  des  erhabnen-, 
Achtlos,  oder  vergessend;  doch  grofs  war  seine  Verschuldung. 
Jene  darauf  voll  zoms,  die  unsterbliche,  froh  des  geschosscs. 
Reizt'  ihm  ein  gräfslichgenährt  waldschwein  mh  gewaldgen  hauem, 
Das  viel  bÖses  begann,  des  Öneus'a'cker  durchstUrmend.  ^40 

Viel  hochragende  bäume  hinab  warfs  über  einander 
Samt  den  wurzeln  zur  crd',  und  samt  den  bluten  des  obstes« 
Endlich  erschlug  den  verderber  des  Oneus  söhn  Meleagros, 
Der  aus  vielen  Städten  die  mutigsten  Jäger  und  hunde 
Sammelte;  denn  nie  hätt'  er  mit  wenigem  volk  es  gebändigt,     ^5 
Solch  ein  gewild,  das  viel'  auf  die  traurig^en  scheiter  gefuhret.        j 
Artemis  aber  erreg;'  ein  grofses  getös'  und  getiimmel 
Ueber  des  ebers  haupt  und  borstenstarrende  hülle, 
Zwischen  dem  volk  der  Kureten  und  hochgesinnten  Atoler. 
Während  nun  Meleagros,  der  streitbare,  mit  in  die  feldschlacht     $s^ 
Zog ,  traf  stets  die  Kureten  das  unheil ;  und  sie  vermochten 
Nicht  mehr  aufser  der  mauer  zu  stehn,  so  viel  sie  auch  waren. 
Doch  da  von  zom  Meleagros  erfüllt  ward,  welcher  auch  andern 
Oft  anschwellt  im  busen  das  herz,  den  verständigsten  selber; 
Siehe  nunmehr,  groll  tragend  der  leiblichen  matter  Althäa«        555 
Ruht'  er  daheim  bei  der  gattin,  der  rosigen  Kleopätra, 
Die  von  der  raschen  Marpessa  erwuchs,  der  tochter  Buenos, 
Und  dem  gewaltigen  Idas,  dem  tapfersten  erdebewohner 
Jener  zeit ;  denn  selbst  auf  den  herschenden  Föbos  ApoUon 
Hatt*  er  den  bogen  gespannt ,  um  das  leichthinwandelnde  mägdlein. 

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NEUNTER   GESANG.  335 

Diese  wafd  im  pala«te  darauf  von  vater  und  mutter  561 

Mit  Zunamen  genannt  Alkyone,  weil  iAr  die  mutter 

Einst,  das  jammergeschik  der  Alkyon  traurig  erduldend, 

Weinete,  da  sie  entführt  der  treffende  Föbos  Apollon. 

Bei  ihr  ruhete  jener,  das  herz  voll  nagendes  zornes,  565 

Hart  gekränkt  durch  der  mutter  Verwünschungen,  welche  den  göttern 

V^iel  aufseufzend  gefleht,  ob  des  leiblich);n  teuders  ermordung: 

Viel  mit  den  bänden  auch  schlug  sie  die  nahrungsprossende  erde. 

Rufend  zu  Aides  macht  und  der  schreklichen  Persefoneia\ 

Hingesenkt  auf  die  knie',  und  nczte  sich  weinend  den  busen,        570 

Tod  zu  senden  dem  söhn;  und  die  wütende  grause  Erinnys 

Hört'  aus  dem  Erebgs  sie,  das  nachtdurchwandelnde  scheusal.. 

Bald  nun  scholl  um  die  thote  der  feindliche  stürm ,  und  die  thürme 

Kasseken  laut  von  geschofs^     D^  kamen  Atoliergreise 

Flehend  zu  ihn\,  und  sandten  der  ewigen  heiligste  priester,      575 

Dafs  er  zum  kämpf  auszog',  ein  grofses  geschenk  ihm  verheizend. 

Ko  die  fetteste  flur  der  lieblichen  Kalydon  prange, 

Dort  geboten  sie  ihm  ein  stattliches  gut  sich  zu  wählen. 

Fünfzig  morgen  umher:  die  hälft'  an  rebengefilde, 

Und  die  hälft'  unbepflanztes ,  für  saat  durchschnittenes  landes«     580 

/iel  auch  fleht'  ihm  der  greis,  der  rossebändiger  Oneus, 

>tieg  hinan  zu  der  schwelle  der  hochgebübneten  kanuner, 

*ocht'  an  der  fugenden  pfort',  und  sank  zu  den  knieen  de*  söhnet, 

Vuch  die  Schwestern  zugleich  und  die  ehifurchtwürdige  mutter 

•"leheten  viel ;  doch  mehr  nur  verweigert'  er ;  viel  auch  die  freunde ,    585 

Vclche  die  sorgsamsten  ihm  und  geliebtesten  waren  vor  allen. 

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136  ILIAS. 

Dennoch  konnten  sie  nicht  sein  herz  im  busen  bewegen; 

Bis  schon  häufig  die  kammer  geschofs  xraf ,  schon  auf  die  thiinne 

Klomm  der  Kureten  volk ,  und  die  Stadt  rings  flammte  von  feuer. 

Jezo  bat  den  beiden  die  schongegürtete  gattin,  59c 

Flehend  mit  jammerton,  und  nannt*  ihm  alle  das  elend. 

Das  ungliikliche  menschen  umringt  in  eroberter  veste: 

IVie  man  die  männer  erschlägt ,  und  die  Stadt  mit  flammen  verwüstet , 

Auch  die  kindei;  entPühit,  und  dife  txefgegürteten  weiber» 

Jezt  ward  rege  sein  herz  ,  da  so  Schrekliche  thaten  er  hörte.      535 

Eilend  ging  er,  und  hüllte  das  stralende  waffengeschmeid'  um. 

Also  wandt'  er  nunmehr  den  bösen  tag  der  Atoler, 

Folgend  dem  eigenen  mut ;  doch  nicht  mehr  gab  man  geschenk*  ihm, 

Viel*  und  köstliches  werthes ,  umsonst  nun  wandt'  er  das  übel. 

Nicht  so  denke  du  mir,  mein  trautester;  lafs  dir  den  Dämon,  60c 

Nicht  dorthin  verleiten  das  herz !  Weit  schlechter  ja  war'  es , 

Wenn  du  brennende  schiffe  vertheidigte^t !  Nein,  für  geschenke 

Komm,  dann  wirst  du  geehrt  wie  ein  gott  sein  allen  Achaiem. 

Doch  wenn  sonder  geschenk  in  die  mordende  schlacht  du  hineingehst: 

Nicht  mehr  gleich  wird  ehre  dir  sein,  wie  mächtig  du  obsiegst.     605 

Ihm  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achillcuss 
Fönix ,  vater  und  greis ,  du  göttlicher ,  wenig  bedarf  ich 
Jener  ehr';  ich  meine «  dafs  Zeus  rathschlufs  mich  gechrct! 
Diese  daurt  bei  den  schiffen  der  Danaer,  weil  mir  der  athem 
Meinen  busen  noch  hebt,  und  kraft  in  den  knieen  sich  reget.    610 
'  Eines  verkünd'  ich  dir  noch ,  und  Du  bewahr'  es  im  herzen. 
Störe  mir  nicht  die  seele  mit  jammernder  klag'  und  betrübnis » 

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NEUNTER  GE"SANG.  237 

Atreus  heldensohn  zu  begünstigen.     Wenig  geziemt  diis, 

Dafs  du  ihn  liebst ;   du  möchtest  in  hafs  die  liebe  mir  wandeln. 

Schiklicher,  dafs  du  mit  mir  den  kränkst,  der  mich  selber  gekninket !  615 

Gleich  mir  hersche  hinfort ,    und  empfang  die  hälfte  der  ehre. 

Diese  verkünden  es  schon;  Du  lege  dich  auszuruhen 

Hier  auf  weichem  lager.     Sobald  der  morgen  sich  röthet, 

Halten  wir  rath ,  ob  wir  kehren  zum  unsrigen ,  oder  noch  bleibenr 

Sprachs,  und  gebot  dem  Pairoklos  geheim  mit  deutenden  wimpern, 
Fönix  wärmendes  bett  zu  beschleunigen ;  dafs  sie  der  heimkehr    621 
Schnell  aus  seinem  gezelt  sich  erinnerten.     Eilend  begann  nun 
Ajas,  der  göttliche  Telamonid',  und  sprach  zur  Versammlung: 

Edler  Laertiad',  erfindungsreicher  Odysseus, 
Lafs  uns  gehn ;  denn  schwerlich,  so  scheints,  wird  jezo  der  endzwek  625 
Unseres  weges  erreicht;  zu  verkündigen, aber'  geziemt  uns 
lilig  das  wort  den  Achaiern,  wiewohl  es  wenig  erfreuet; 
Denn  sie  siien  gewifs,  und  erwarten  uns.     Aber  Achilleus 
Trägt  unmild'  in  der  brüst,  und  ein  herz  hochfahrendes  geistes! 
Grausamer !  nichts  ja  bewegt  ihn  die  freundschaft  seiner  genossen^  630 
Die  wir  stets  bei  den  schiffen  ihn  ehreten,  hoch  vor  den  andern! 
Unbarmherziger  mann !  Für  den  mord  auch  selber  des  bruders , 
Mahm  wohl  mancher  die  sühnung ,  ja  selbst  des  erschlagenen  sohfies ; 
Dann  bleibt  jener  zurük  in  der  heimat ,  vieles  bezahlend ; 
\ber  bezähmt  wird  diesem  der  mut  des  erhabenen  herzens ,      6^!^ 
iYann  er  die  sühnung  empfing.    Allein  Dir  gaben  ein  hartes 
Unversöhnliches  herz  die  unsterblichen ,  wegen  des  Einen 
Vlägdlcins !  Bieten  wir  dir  doch  sieben  eilesene  jungFraun , 


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138  ILIAS. 

Auch  viel  andres  daxu  !  O  sei  sanftmütiges  hcrzcns ; 
Ehr'  auch  den  heiligen  heerd:    wir  sind  dir  gaste  des  hauses     64< 
Aus  der  Danaer  volk ,  und  achten  es  grofs ,   vor  der^  andern 
Nahe  verwandt  dir  zu  sein,  und  die  werthesten  aller  Achaier. 

Ihm  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achilleus: 
Ajas,  göttlicher  söhn  des  Telamon,  völkergebieter , 
Alles  hast  du  beinahe  mir<  selbst  aus  der  seele  geredet.  645 

Aber  es  schwillt  mein  herz  von  galle  mir,  wenn  ich  des  inannes 
Denke,  der  mir  so  schnöde  vor  Argos  volke  gethan  hat, 
Atreus  söhn,  als  war*  ich  ein  ungeachteter  frcmdling. 
Ihr  denn  gehet  nunmehr,  dort  anzusagen  die  botschafr» 
Denn  nicht  werd*  ich  eher  des  blutigen  kampfes  gedenken,        65c 
Ehe  des  waltenden  Priamos  söhn,  der  göttliche  Hektor, 
Schon  die  gezeft'  und  schiffe  der  Myrmidonen  erreicht  hat, 
Argos  volk  hinmordend ,  und  glut  in  den  schiffen  entflammet. 
Doch  wird,  hoff*  ich,  bei  meinem  gezclt  und  dunkelen  schiffe 
Hektor,  wie  eifrig  er  ist,  sich  wohl  enthalten  des  kampfes.         6^ 

So  der  Peleid';  und  jeder,  den  doppelten  becher  erhebend. 
Sprengt*,  und  ging  zu  den  schiffen  hinweg;  sie  führet*  Odysseus. 
Aber  Patroklos  ermahnte  die  freund*  und  die  dienenden  mägde, 
Fönix  wärmendes  bett  zu  beschleunigen,  ohne  verweilen. 
Ihm  gehorchten  die  mägd',  und  breiteten  ämsig  das  lager,        6& 
Wollige  vHefs* ,  und  die  deck* ,  und  der  leinwand  zarteste  blume. 
Alda  ruhte  der  greis,  die  heilige  früh*  erwartend. 
Aber  Achilleus  schlief  im  innem  gemach  des  gezeltes; 
Und  ihm  ruhte  zur  seit*  ein  rosenwangiges  mägdlein, 

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NEUNTER  GESANG.  239 

Das  er  in  Lemnos  gewann,  des  Forbas  kind»  Diomede.  665 

Auch  Patroklos  legt'  ihm  entgegen  sich ;  aber  xur  seit*  ihm 
Ifis,  hold  und  geschmükt,  die  der  Peleion*  ihm  gcschcnkct, 
Als  er  Skyros  bezwang,  die  erhabene  Stadt  des  Enyeus. 

Jene,  nachdem  sie  erreicht  die  kriegsgezelt'  Agamemnons» 
Grüfste  mit  goldenen  bechern  die  schaar  der  edlen  Achaier»      679 
Andere  anderswoher  entgegeneilend  und  fragend. 
Aber  zuerst  nun  forschte  der  völkerfuxst  Agamemnon: 

Sprich,  preisvoller  Odysseus,  erhabener  rühm  der  Achaier, 
Will  er  vielleicht  abwehren  die  feindliche  glut  von  den  schüfen? 
Oder  versagt  er,  und  nähret  den  zorn  des  erhabenen  herzens?       675 

Ihm  antwortete  drauf  der  herliche  dulder  Ody$seu$: 
Atreus  söhn,  ruhmvoIleiT,  du  völkerfSirst  Agamemncm, 
Noch  will  jener  den  tom  nicht  bändigen,  sondern  niir  höhet 
Schwillt  ihm  der  mut;  dein  achtet  er  nicht,  noch  deiner  geschenke. 
Selber  heifset  er  dich  mit  Arges  höhnen  erwägen,  680 

Wie  du  die  scliifFe  zu  retten  vermögst  und  das  volk  der  Achaier. 
Aber  er  selber  droht,  sobald  der  morgen  sich  töthet, 
Nieder  ins  meer  zu  ziehen  die  ichöngebordeten  schüfe. 
Auch  den  anderen  möcht'  er  ein  rathsames  wort  zureden, 
Heim  in  den  schüfen  zu  gehn:  nie  findet  ihr  doch  der  erhabnen     685 
Ilios  Untergang;  denn  der  waltende  Zeus  Kronion 
Dekt  sie  mit  schirmender  hand,  und  mutvoll  trozen  die  völker« 
Also  sprach  er ;  auch  dittse  bezeugen  es ,  welche  mir  folgten , 
Ajas  und  beid'  herold«  zugleich ,  die  verständigen  mannen 
Fönix  der  greis  blieb  dort,  und  legte  sich;  denn  so  gebot  er:  £90 


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»40  ILIAS.    NEUNTER   GESANG. 

Dals  er  mit  ihm  heimschiiie  xum  lieben  lande  der  väter , 

Morgen ,  wenns  ihm  gefallt ;  denn  nicht  aus  xwang  soll  er  mitgehn. 

Jener  sprachs;  doch  alle  verstummten  umher,  und  schwiegen. 

Hoch  das  wort  anstaunend  ;  denn  kraftvoll  hatt'  er  geredet. 
* 
.   Lange  safsen  verstummt  die  bekümmerten  männer  Achaia's.       695 

Endlich  begann  vor  ihnen  der  rufer  im  streit  Diomedes:. 

Atreus  söhn,  ruhmvoller,  du  völkerfurst  Againemnon, 
Hättest  du  nie  doch  gefleht  dem  untadlichen  Peleionen, 
Reiche  geschenk'  anbietend !  Denn  stolz  ist  jener  ja  so  schon : 
Und  nun  hast  du  noch  mehr  im  stolxen  sinn  ihn  bekräftigt.         ^00 
Aber  fürwahr  ich  denke,  wir  lassen  ihn;  ob  er  hinweggeht, 
Oder  bleibt.     Dann  wird  er  zur  feldschlacht  'wieder  mit  ausziehn , 
Wann  sein  herz  im  busen  gebeut,  und  ein  gott  ihn  erreget. 
Auf  demnach,  wie  ich  rede  das  wort,  so  gehorchet  mir  alle. 
Jezo  geht  zur  ruhe ,  nachdem  ihr  das  herz  euch  erfreuet  705 

Nährender  kost  und  weines;  denn  kraft  ist  solches  und  stärke. 
Aber  sobald  nun  Eos  mit  rosenfingem  emporstralt; 
Ordne  du  schnell  vor  den  schiffen  die  reisigen  so  wie  das  fufsvolk  , 
Muntre  sie  auf,  und  kühn  mit  den  vordersten  kämpfe  du  selber. 

Also  der  held;  und  umher  die  könige.  riefen  ihm  beifall,    'yio 
Hoch  dks  wort  anstaunend  von  Tydeus  söhn  Diomedes. 
Als  sie  des  tranks  nun  gesprengt ,  da  kehrten  sie  heim  in  die  zelte  ; 
Jeder  rubere  dort,  und  «mpfirtg  die  gab«  des  schlafes. 


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I  L  I  A  S. 


2EHNTER     GESANG, 


Homers  IHas.    I.  Band.  DigtizedQpOOgle 


INHALT. 

Der  schlaflose  Agamemnon  und  Menelaos  wecken  die  fürsten. 
Sie  sehn  nach  der  wache  ^  und  besprechen  sich  am  graben.  Dia» 
medeslind  Odysseus,  auf  kundschäft  ausgehend ,  ergreifen  und 
t'ödten  den  Volon  ^  welchen  Hektor  zum  spähen  gesandt.  F'on  ihfn 
belehrt  p  tödten  sie  im 'troischen  lager  den  neugekotnnie^en  Rhesos 

fnit  zwölf  ThrakierUf  und  entführen  des  Rhesos  rosse. 

\ 


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I  L  I  A  S. 


ZEHNTER      GESANG. 


XlUe  sonst  bei  den  schiffen ,  die  edleren  beiden  Achaia's, 

Schliefen  die  ganze  nacht ,  von  sanftem  ^chlun^mer  gefesselt ; 

Nur  nicht  Atreus  söhne,  dem  hirten  des  volks  Agamemnon, 

Nahte  der  liebliche  schlaf,  da  viele*  im  geist  er  bewegte- 

Wie  wenn  der  Donnerer  blixt,  der  geipahl  der  lockten  Here,        j 

Vielen  regen  bereitend,  unendlichen,  oder  ^uch  hagel, 

Oder  ein  Schneegestöber,  das  weifs  die  gefilde  bedecket ^ 

Oder  dafs  etwa  des  kriegs  scheusal  weit  öfne  den  racheix: 

So  vielfältig  erseufxt*,  im  busen  beklemmt,  ^gaxnemxiQTiy 

Tief  aus  dem  herzen  empor,  ynd  angst  durchbebte  die  brüst  ihi^,  lO 

Siehe,  so  oft  er  das  feld,  das  troische,  weit  umschaute; 

Staunt'  er  über  die  feuer,  wie  viel  vor  Ilio$  brai^nten,  . 

Über  der  flöten  und  pfeifen  getön,  und  der  menschen  getüaimel, 

Aber  &o  oft  zu  den  schiffen  er  sah,  und  dem  volk  der  Achaier; 

Viel  alsdann  von  dem.  haupt  enuauft*  er  des  haars  nüt  den  wurzcl9>  15 

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244  I L 1 A  S. 

I 

Hoch  aufflehend  xu  Zeus;   und  er  seufxt'  chrsüchuges  hcrxens. 

Dieser  gedank'  erschien  dem  zweifehiden  endlich  der  beste: 
Erst  XU  Nestor  xu  gehn,  dem  neleiadischen  könig; 
Ob  er  mit  jenem  vielleicht  unsträflichen  rath  aussonne, 
Welcher  das  bös'  abwehrte  von  allem  volk  der  Achaier.  ao 

Aufrecht  jext  umhüllt'  er  die  brüst  mit  wolligem  leibrok; 
Unter  die  glänxenden  fUfs*  auch  band  er  sich  stattliche  solen ; 
Warf  dann  das  blutige  feil  des  gewaltigen  leun  um  die  schultern » 
Falb  und  grols ,  das  die  ktiöchel  erreicht' ;  utid  fafste  die  lanxe. 

So  auch  war  Menelaos  in  bebender  angst ^  und  niemals         sij; 
Ruht'ihmschlaf  auf  den  äugen,  dem  sinnenden,  was  doch  verhängt  -ei 
Argos  tapferem  volk,  das  für  Ihn  durch  weites  gewässer 
Kam  in  der  Troer  gefild*,  unverdrossenem  streite  sich  bietend. 
Erstlich  ein  pardelvliefs  um  den  mächtigen  rücken  sich  hüllt'  er. 
Zottig  -und  buntgeflekt ;  in  der  sturmhaub'  ehernen  schirm  dann     30 
Barg  er  das  haupt,  und  fafste  den  specr  mit  nervichter  rechten. 
Schnell  datm  ging  er  xu  wecken  den  herschenden  bruder,  der  machtvoll 
Allen  Achaiern  gebot,  wie  ein  gott  im  volke  gcchret. 
Ihn  nun  fand  er  die  schulter  mit  stattlichen  rüstungen  deckend, 
Hinten  am  dunkelen  schif ;  und  herxlich  erwünscht  ihm  erschien  er.   35 
Jexo  begann  er  xuerst,  der  rufer  im  streit  Menelaos: 

Warum  wapnest  du  aich ,  mein  älterer?  Soll  xu  den  Troern 
Dir  hingehen  ein  freund  xu  erkundigen?  Aber  mit  unruh 
Sorg'  ich  im  geist,  dafs  keiner  xu  solcher  that  sich  erbiete^ 
Hin  xum  feindlichen  heer  als  einsamer  späher  xu  wandeln  40 

Durch  die  ambrosische  nacht ;  der  müfst'  ein  entschlossener  mann  sein  ! 

Gegen  ihn  rief  antwortend  der  völkerfürst  Agamemnon : 

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ZEHNTER  GESANG.       .  545 

Rath  bedürfen  wir  beide,  du  göttlicher,  o  M^nelaos, 
Wohl  ersonnenen  rath,  der  Sicherheit  sch^ff^  und  errettung 
Argps  vqik'  und  den  schiffen ;  di^weil  Zeus  her^  sich  gewandt  h^t.    45 
Wahrlich  zu  Hektors  opfer  hat  mehr  sein  herz  er  geneig^t! 
Denn  nie  sah  ich  vordem,  noch  höret'  ich  je  erzählen, 
Dafs.Ein  mann  der  wunder  so  viel  ain  tgi^e  vollendet, 
Als  nun  Hektor  gethan,  Zeus  liebling,  am  volk  der  Achaier» 
Selber  für  sich,  obzwar  nicht  gptt  ihn  zeugte  noch  göttin.  50 

Aber  er  that ,  defs  wahrlich  mit  schmerz  die  Argeier  gedenken , 
Spät  v»nd  lange  hinfort;  so  häuft'  er  das  weh  den  Achaiem! 
Hurtig,  d^n  Ajas  sogleich  und  Ido^eneus  mir  zu  berufen, 
Lauf  zu  den  schiffen  hinab:  weil  Ich  zum  göttlichen  Nestor 
Wandr,  und  aufzustehn  ihn  ermuntere;  ob  er  geneigt  sei,  55 

Hin  zur  heiligen  schaar  der  wächtej  zu  gehp »  und  zu  ordnen^^ 
Ihm  ja  gehorchen  si^  wohl  api  freudigsten ;  dejin  sein  söhn  ist 
Führer  der  hut  mit  Äferiones  dtjrt ,  des  kr^tiscb^n  königs 
Waffenfreund;  denii  diesep  vertraueten  wir  sie  am  meisten. 

Ihm  antwortete  drauf  der  rufer  im  streit  Menelaos;  60 

Was  denxi  ist  d^in  will',  und  die  absieht  deii?cs  gebotcs? 
Bleib*  ich  dort  mit  jenen,  und  wart?  dein,  bis  du  hinkommst? 
Qder  lauf  ich  dir  nach,  sobald  ichs  jenen  verkündigt? 

Wiederum  antwortete  drauf  Agamemnon  der  herschcr: 
Bleibe  mir  dort,  dafs  nicht  in  der  dunkelheit  wir  von  einander    65 
Irregehn;  denn  es  sind  viel  kreuzende  wege  des  lagers. 
Ruf  auch,  wohin  du  konunst,  und  ermuntere  rings  zu  wachen, 
Jeglichen  mann,  nach  geschlecht  nriit  vaterijamen  benennend, 
Jeglichem  ehr'  erw^eiscnd ;  ynd  nicht  erhebe  dich  vornehm. 


24<5         '  ILIAS. 

Lafs  uns  viclmelir  arbeiten,  wie  andere!  Also  ja  hat  uns  70 

Xeus  bei  unsrcr  geburt  dies  lastende  wehe  verhänget! 

Jener  sprachs,  und  entsandte  den  wohl  ermahncten  bruder; 
Eilete  dann,  uili  Nestor  den  völkerhirten  xu  wecken. 
Diesen  fand  er  nunmehr  am  gexelt  und  dunkelen  schiffe, 
Ruhend  im  weichen  bett*;  und  neben  ihm,  prangte  die  rüstung:  .    75 
Schild,  und  stralender  heim,  und  zwo  erzblinkende  lanxen; 
Neben  ihm  prangt*  auch  der  gurt ,  der  künstliche ,  welcher  den  alten 
Gürtete.,^ wann  er  gewapnet  zur  mordenden  Schlacht  einherzog. 
Führend  das  Volk;  denn  er  achtete  nicht  des  traurigen  alters. 
Jezo  erhob  er  das  haupt,  auf  den  eilenbogen  sich  stüzend,  80 

Und  er  begann  zum  Atreiden ,  und  fragt'  ihn  also  mit  zuruf : 

Wer  bist  Du,   der  so  einsam  des  lagers  schiffe  durchwandelt, 
Jezt  in.  der  finsteren  nacht,  da  andere  sterbliche  schlafen? 
Ob  du  einen  der  freund*  umhersuchst,  oder  ein  maulthier? 
Red',  und  nahe  mir  nicht,  ein  schweigender!  Wessen  bedarfst  du?   85 

Ihih  antwortete  drauf  der  herscher  des  volks  Agamemnon : 
Nestor,  Neleus  söhn,  du  erhabener  rühm  der  Achaier, 
Kenne  doch  Atreus  söhn  Agamemnon,  welchen  vor  allen 
Zeus*  in  unendlichen  jaftimer  gesenkt,  50  lange  der  atfaem 
Meinen  busen  noch  hebt,  und  kraft  in  den  knieen  sich  reget.      90 
So  nun  irr*  ich,  dieweil  kein  ruhiger  schlaf  mir  die  äugen 
iuschliefst,  sondern  der  krieg  und  die  noth  der  Achaier  mich  kümmert. 
Denn  ich  sorge  mit  angst  'um  die  Danaer;  nicht  in  der  fassung 
BKeb  mir  der  mut,  ganz  ward  ich  bet'aubt;  es  entfliegt  aus  dem  busen 
Mein  aufklopfendes  herz ,  und  es  zittern  mir  unten  die  gliedcr !     95 
Aber  sinnst  du  auf  that ,  da  auch  Dir  nicht  nahet  der  schlununer ; 


ZEHNTER  GESANG,  347 

Lab  zu  den  hütern  dort  uns  hinabgehn,  dafs  wir  erkennen, 
Ob  sie  vielleicht»  entkräftet  von  kriegsarbeit  und  ermudung, 
Sich  zum  Schlummer  gelegt,  und  ganz  der  \v^chb  vergessen. 
Denn  das  feindliche  heer  ist  nah  uns;  keiner  ja  weifs  ts,  loo 

Ob  nicht  selbst  in  der  nacht  sie  heran  sich  wagen  zum  angiiF. 

Ihm  antwortete  drauf  der  gerenische  reisige  Nestor: 
Atreus  söhn,  ruhmvoller,  du  völkerfijrst  Agamemnon, 
Nie  wird  doch  dem  Hektor  ein  jeglicher  wünsch  von  Kronbn 
Ausgeführt,  den  er  jezt  sicH  erträuincte,  sondern  ihn,  hoff*  ich^     105 
Drangen  der  sorgen  hinfort  noch  mehrere,  wenn  nur  Achilleut 
Von  dem  verderblichen  zorn  die  erhabene  secle  gewendet. 
G^rn  begleit'  ich  dich  nun ;  doch  lafs  uns  auch  andere  wecken : 
Tydeus  söhn ,  den  schwingcr  des  Speers ,-  und  den  edlen  Odysseüi , 
Ajas  den  schnellen  zugleich,  und  Fyleus  tapferen  spröfsling.       iiö 
Wenn  auch  einer  geschwind'  hinwandelte,  jene  zu  rufen, 
Ajas,  Telamons  söhn,  und  Idomenetis,  Kreta's  beherscher; 
Deren  schiffe  ja  stehn  am  fernesten ,  nicht  in  der  nähe. 
Aber  ihn,  den  geliebten  und  edlen  freund  Menelaos, 
Scheit'  ich  fürwahr,  und  wiewohl  du  mir  eifertest,  nimmer  verberg'  ichs, 
Dafc  er  schläft,  und  allein  dir  zugewendet  die  arbeit.  '   116 

Xiemt*  es  ihm  doch,  arbeitend  die  sämtlichen  Fürsten  Achaia's 
Anzuflehn ;  denn  die  noth  uindrängt  uns ,  gar  unerträglich ! 

Wiederum  antwortete  drauf  Agamemnon  der  herscher: 
Greis,  zu  anderer  zeit  verstätt'  ich  dir,  jenen  zu  tadeln;  120 

Denn  oft  säumt  mein  bruder,   und  geht  nicht  rasch  an  die  arbeit. 
Weder  von  trägheit  besiegt^  noch  Unverstände  des  geistes, 
Sondern  auf  mich  herschauend  ^  und  mein  beginnen  erw^end. 


a48  ILIAS. 

Doch  nun  hub  er  sich  früher  vom  schlaf,  und  besuchte  zuerst  mich; 
Und  ich  sandt*  ihn  umher,  dafs  er  foderte,  welche  du  wiiAschest.     125 
Gehen  wir  denn!  sie  finden  wir  sicherlich  dort  bei  den  hütern 
Aufser  dem  thor,  wo  ich  ihnen  bedeutete  sich  zu  versammeln. 

Ihm  antwortete  drauf  der  gerenische  reisige  Nestor; 
So  .wird  keiner  ihm  zürnen  der  Danaer,  noch  ihm  mit  unlust 
Folgen,  sobald  er  einen  mit  ernst  antreibt  und  ermahnet.  130 

Dieses  gesagt,  umhüllt'  er  di^  brüst  mit  wolligem  leibrok; 
Unter  die  glanzenden  fiifs'  auch  band  er  sich  stattliche  solen; 
Um  sich  schnallt*  er  darauf  den  purpurschimmernden  mantcl. 
Doppelt,  und  weitgefaltet,  umblüht  von  der  wolle  gekrk'usel; 
Nahm  auch  die  mächtige  lanze ,  gespizt  mit  der  schärfe  des  erze3 ;     135 
Eilete  dann  durch  die  schüfe  der  erzumschirmten  Achaier, 
Jezo  zuerst  den  Odysseus,  an  rathschlufs  gleich  dem  Kronion, 
Wekte  der  greis  aus  dem  schlaf,  der  gerenische  reisige  Nestor, 
Hebend  die  stimm';  und  sogleich  an  das  herz  drang  jenem  der  au&ruf; 
Und  er  kam  aus  dem  zeit,  und  sprach  zu  ihnen  die  wortc:      140 
Warum  irrt  ihr  so  einsam,   des  lagers  schiffe  durchy^andelnd. 
Durch  die  ambrosische  nacht?  Was  treibt" euch  jezo  für  noth  an? 

Ihm  antwortete  drauf  der  gerenische  reisige  Nestor; 
Edler  Laertiad*,  erfindungsreicher  Odysseus, 

Turne  nicht;  denn  groise  bekümmeniis  drängt  die  Achaier.         145 
Komm,: und  wecke  mit  uns  noch  andere,  welchen  es  zieihet, 
Heilsamen  rath  zu.rathen,  der  heimkehr,  oder  des  kampfes. 

Jener  sprachs ;  da  eih'  ins  gezeh  der  wei*e  Odysseus , 
Warf  den  prangenden  schild  um  die  schulter  sich ,  folgte  dann  jenen. 
Schnell  nun  kamen  sie  hin,  wo  Tydeus  ^qhn  Diomedes  t  15a 


ZEHNTER  GESANG.  249 

Draufscn  lag  am  gezelt  mit  den  rästungcn;  auch  die  genossen 

Schliefen  umher,  auf  den  Schilden  das  haupt;  und  jegliches  lanze 

Ragt'  auf  des  Schaftes  spiz*  emporgerichtet ,  und  fernhin 

4 
Stralte  das  erz,  wie  die  blize  des  Donnerers.     Aber  der  held  selbst 

Schlummerte,  ausgestrekt  auf  die  haut  des  geweideten  stieres;     155 

Auch  war  unter  dem  haupt  ein  schimmernder  teppich  gebreitet. 

Diesen  wekte  genaht  der  gerenische  reisige  Nestor, 

Rührend  den  fufs  mit  der  fer^',  und  ermunterte,  scheltend  ins  antlizt 

Wache  doch,  Tydeus  söhn !  Was  schläfst  du  ruhig  die  nacht  durcl|? 
Hörtest  du  nicht ,  wie  die  Troer  sich  dort  auf  dem  hiigel  des  feldes  160 
Lagerten*,   nahe  den  schiffen,    und  weniger  räum  sie  noch  abhäk? 

Also  der  gxcU ;  doch  schleunig  ^rst^n<;l  aus  d^m  schlaf  Diomedes; 
Und  er  begann  zu  jenem,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Alzu  ämsiger  gr^is,  du  ruhst  auch  nimmer  vop  ^rbe;t! 
Sind  nicht  andere  noch  und  jüngere  männer  Achaia's»  165 

Welchen  es  mehr  obläge,  der  könig^  jeden  zu  wecken, 
Rings  durchwandelnd  das  heer?  Du  übeitreibst  es,  o  altera 

Ihm  antwortete  drauf  der  gereni&che  reisige  Nestor : 
Wahrlich,  o  freund,  du  hast  wohlziemende  worte  geredet. 
Selber  hab'  ich  ja  söhn',  und  trefliche,  hab'  auch  der  yölker      iio 
Sonst  genug,  dafs  mir  einer  umhergehn  könnte  zu  rufen^  ^ 

Aber  viel  zii  grolie  bekümmernis  drängt  die  Achaier  i 
Denn  nun  steht  es  allen  fürwahr  auf  dei  schärfe  des  messet^: 
Schmählicher  Untergang  den  Achaiern ,  oder  auch  leben ! 
Auf  denn,  Ajas  den  schnellen,  und  Fyleus  tapferen  spröfsling,      175 
>Vecke  vom  schlaf;  du  biit  ja  der  jüngere,   daurt  dich  mein  alter, 
Sprachs ;  und  sogleich  warf  jener  das  löw^nfell  um  die  schultem. 


250  ILIAS. 

Fdlb  und  grofs,  das  die  knöchel  erreicht',  und  hkte  die  lanie; 
Hin  dann  eilte  der  held,  und  erwekt'  und  brachte  die  andern. 

Als  sie  rÄinmehr  der  hütcr  Versammelte  schaaren  erreichten ,    i8o 
Fanden  sie  auch  nicht  schlafen  die  edelen  fiihrer  der  schaaren; 
Sondern  munter  und  wach  mit  den  rüstungen  safsen  sie  alle* 
So  wie  die  hund'  unruhig  die  schaf  im  gehege  bewachen, 
Hörend  des  unthiers  laut,  des  gewaltigen,  das  aus  der  waldung- 
Ankommt  durch  das  'gebirg',  umtönt  von  lautem  getümmel        185 
Treibender  männer  und  hund';  entflohn  ist  ihnen  der  Schlummer: 
Also  entfloh  auch  jenen  der  süfse  schlaf  von  den  wimpern, 
Da  sie  die  nacht  durchwachten ,  die  schrekliche,  stets  nach  dem  Felde 
Hingewandt ,  ob  sie  etwa  den  anlauf  merkten  der  Troer. 
Diese  sah  mit  freude  der  greis,  und  redete  Stärkung;  190 

Und  er  begann  xu  ihnen,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Recht  so,  trauteste  kinder,  seid  wachsam;  keinen  besiege 
Jeio  der  schlaf:  dafs  nicht  ein  triumf  wir  werden  den  feinden ! 

^    Also  der  greis,  und  den  graben  durcheilet*  er;  aber  ihm  folgten 
Argos  könige  nach ,  so  viele  zum  rath  sich  versammelt.  195 

Auch  Meriones  folgt',  und  Nestors  edcler  spröfsling, 
Jeiien  zugleich;  denn  sie  selber  beriefen  sie  tnit  zur  berathung. 
Jezt,  nachdem  lit  den  graben  durchwandelten,  sezten  sich  alle. 
Wo  noch  rein  das  gefild'  aus  umliegenden  leichen  hervorschien; 
Dort  wo  der  stürmende  Hektor  sich  wendete  von  der  Argeier    aoo 
Blutigem  mord',  als  schon  die  finstere  nacht  sie  umhüllte: 
Alda  sezten  sich  jen',  und  redeten  unter  einander. 
Und  es  begann  das  gespräch  der  gerenische  reisige  Nestor: 

Freund'»  o  möchte  nicht  iezo  ein  mann  vertra^n  der  kühnheit, 

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ZEHNTER  GESANG.  351 

Und  dem  entschlossenen  mut,  zu  den  edelmütigen  Troern         ao5 

Hinzugehn?  ob  er  etwa  der  äufsersten  einen  erhaschte, 

Oder  vielleicht  ein  gespräch  der  feindlichen  männer  behorchte^ 

Was  sie  jezo  im  rath  abredeten:  ob  sie  gedenken , 

Fem  alhier  zu  bleiben  von  Ilios,  oder  zur  Stadt  nun 

Heim  von  den  schiffen  zu  gehn ,  nachdem  sie  besiegt  die  Achaier.    2io 

Dieses  erforscht'  er  alles,  und  kehrete  wieder  zu  uns  dann, 

Unvcrlezt;  grols  wäre  der  rühm  ihm  unter  dem  himmel, 

Rings  in  der  menschen  geschlecht,  auch  lohnten  ihm  edle  geschenke. 

Denn  so  viel'  in  den  schiffen  gewalt  ausüben  und  herschaft, 

Jeder  umher  von  allen,  verehrt*  ein  dunkeles  schaf  ihm ,  215 

Samt  dem  saugenden  lamm ;  kein  eigenthum  war'  ihm  vergleichbar ; 

Stets  auch  kam'  er  geladen  zu  fest  und  freudenbewirtung. 

Jener  sprachs;  doch  alle  verstummten  umher,  und  schwiegen. 
Jezo  begann  vor  ihnen  der  tufer  im  streit  Diomedes: 

Nestor,  mich  reizt  mein  mut  und  das  herz  voll  freudiger  kühnheit, 
Einzugehn  in  das  beer  der  nahe  gelagerten  Troer.  221 

Doch  wen»  mir  zum  begleiter  ein  anderer  mann  sich  erböte; 
Gröfsere  Zuversicht,  und  mehr  unerschrockenheit  gab'  es. 
Wo  zween  wandeln  zugleich,    da  bemerkt  der  ein'  und  der  andre 
Schneller,  was  heilsam  sei;  doch  der  einzele,  ob  er  bemerket,       225 
Ist  doch  langsamer  stets  sein  sinn ,  und  schwach  die  emschliefsung. 

So  der  Tydeid';  und  viel'  erboten  sich  ihm  zu  bcgleitem: 
Willig  waren  die  Ajas  zugleich,  die  genossen  des  Ares; 
Willig  Meriones  auch,  sehr  willig  der  söhn  des  Nestor, 
Willig  der  Atreione,  der  Schwinger  des  speers  Menelaos;  230 

WiUig  war  auch  Odysseus,  der  duldende,  unter  die  TiQ^Ie 


25?  ILIAS, 

Kifizugehn;  denn  er  trug  ein  wagendes  herz  in  dem  busen. 
jexo  begann  vor  ihnen  der  völkeifiirst  Agamemnon : 

Tydeus  söhn  Diomede^,  du  meiner  scele  geliebter, 
Selbst  nunmehr  xum  genossen  erwähle  dir,  welchen  du  wünschest,  ^35 
Unter  der  zahl  den  besten,  diew^ii  so  viele  bereit  sind. 
Doch  nicht  teusche  das  herz  dir  ehrfurcht,  dafs  du  den  bessern 
Übergehst,  und  den  schlechtem  aus  blöder  scheu  dir  gesellest, 
Schauen4  auf  edleren  stamm;  und  rag*  er  an  Obergewalt  auch. 

Jener  sprachs ;  deriij  er  sorgt*  um  den  bräunHchen  held  Menelaos. 
Jezo  beigann  von  neuem  der  rufer  im  streit  Diomedesi  241 

Wenn  ihr  nun  den  genossen  mir  selbst  zu  wählen  gebietet. 
Wie  vergäfse  doch  Ich  des  göttergleichen  Odysseus? 
Dem  so  entschlossen  der  mut ,  und  d^  herz  voll  freudiger  kühnheh 
Jst  ia  jeder  gefahr ;  denn  es  liebt  ihn  Pallas  Athene.  245 

Wenn  mich  dieser  begleitet ,  spgar.  aus  flammendern  feuer 
Kehrten  wir  beide  zuriik;  denn  er  weifs  zu  erfinden,  wie  keiner. 

Ihm  antwortete  drapf  der  herliche  duld^r  Odysseys :. 
Tydeus  sphn,  nicht  darfst  du.  so  sehr  mich  rühmen,  noch  tadeln; 
Denn  vor  kundigen  männern  von  Argos  redest  du  solches,  250 
Gehen  wir  denn!  schnell  eilet  cli^  nacht,  und  nah  ist  der  morgen. 
Weit  schon  rükten  die  st?rn\  und  es  scliwand  das  meiste  der  nacht  hir>, 
Um  zween  theile  bereits^  nur  ein  drittheil  haben  wir  übrig. 

Dieses  gesagt,  verhülhen  ^ich  beid'  in  schrekliche  rüstungt 
Tydeus  söhne  nun  gab  der  streitbare  held  Thrasymed^s  255 

Sein  zweischneidiges  schwert;  denn  das  eigene  blieb  bei  den  schiffen ; 
Auch  den  schild ;  und  dekt'  ihm  das  haupt  mit  dem  helnie  von  stierhau t» 
Sonder  kqgel  und  busch,  der  auch  Sturmhaube  genannt  wird,^ 


ZEHNTER    GESANG.  253 

Und  vor  Wunden  bewahrt  der  blühenden  Jünglinge  scheitcl. 

Aber  Meriones   gab  dem  Odysscus  bogen  und  köcher,  260 

Samt  dem  schwert ;  und  dekte  des  königes  haupt  mit  dem  helme , 

Auch  aus  leder  geformt:  »inwendig  mit  häufigen  riemen 

Wölbt'  er  sich,  straf  durchspannt  j  und  auswärts  schienen  die  hauer 

Vom  wcifs^ahnigen  Schwein,   und  starreten  hieb  in  und  dorthin, 

Schön  und  künstlich  gereiht ;  und  ein  filz  war  drinnen  befestigt.  265 

Einst  aus  Eleon  hatt'  Autolykos  diesen  erbeutet, 

Stürmend  den  festen  palast  des  Hormeniden  Amyntor ; ' 

Jener  gab  dem  Kytherer  Amfidamas  ihn  gen  Skandeia; 

Aber  Amfidamas  gab  xura  gastgeschenk  ihn  dem  Molos; 

Dieser  gab  ihn  dem  söhne  Meriones  wieder  xu  tragen;  270 

Und  nun  war  er  dem  haupt  des  Odysseus  feste  beschüzung» 

Als  sich  beide  nunmehr  in  schrekliche  rüstung  gehüllet» 
£iken  sie  fort,  und  verliefsen  die  edelen  beiden  Achaia's. 
Ihnen  naht  ein  reiher,  gesandt  von  Pallas  Athene, 
Rechtsher  (liegend  am  weg^ ;  ihn  sahen  sie  nicht  mit  den  äugen  275 
Durch  die  finstere  nacht,  nur  ward  sein  tönen  gehöret. 
Freudig  vernahm  Odysseus  den  flug ,  und  rief  zu  Athene : 

Höre  mich,  tochter  Xeus  des  Donnerers,   die  du  beständig 
Mich  in  allen  gefahren  vertheidigesi ,  und,  wo  ich  hingeh, 
Meiner  gederkst;  o  zumeist  gieb  jezo  mir  lieb',  Athenäa!  280 

Lafs  uns  wohl  zu  den  schiffen  und  ruhmvoll  wieder  gelangen, 
Thätcr  erhabener  that,  die  nachweh  schaffe  den  Troern! 

Ihm  zunächst  auch  flehte  der  rufer  im  streit  Diomedes: 
Höre  du  jczt  auch  mich»  o  Xeus  unbczwungene  tochter! 
Folge  hiir,  wie  du  dem  vater  gefolgt,  dem  göttlichen  Tvdeus,       28s 

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354  1 L I A  S« 

Als  er  gen  Thebe  ging,  ein  gesendeter  von  den  Achai^rnJ 
Jen*. am  Asopos  verlassend,  die  erxumschirmten  Achaier, 
Bracht'  er  freundliche  worte  den  kriegrischen  Kadmeionen 
Dorthin;  doch  umkehrend  vollendet*  er  schrekliche  thaten» 
Mit  dir,  heilige  göttin,  da  Ihm  willfährig  du  beistandst.  290 

So  nun  wollest  du  mir  auch  beistehn,  und  mich  behüten! 
Dir  dann  opfr'  ich  ein  jähriges . rind ,  breitstimig  und  fehllos; 
Ungezähmt,  das  ninuner  ein  mann  zum  joche  gebändigt: 
Dieses  opfer*  ich  dir,  mit  goldumzogenen. hörnern. 

Also  fleheten  beid';  es  hörte  sie  Pallas  Athene.  ;  295 

Drauf,  nachdem  sie  gefleht  zu  Zeus  des  allmäclitigen  tochter. 
Gingen  sie  schnell,  zween  löwen  an  mut,  im  nächtlichen  dunkel, 
Über  gemord*  und  leichen  hinweg,  durch  waffen  und  blut  hin. 

Auch  nicht  dort  liefs  Hektor  die  edelmütigen  Troer 
Ausruhn ,  sondern  berief  die  edelsten  rings  zur  Versammlung ,     300 
Alle  des  troischen  volks  erhabene  fursten  und  pfleger; 
Vor  den  versammelten  nun  entwarf  er  die  weise  berathung: 

Wer  doch  möchte  die  that  einwilligend  jezt  mir  gewähren» 
Um  ein  grofses  geschenk,  das  ihm  zum  lohne  genug  sei? 
Einen  wagen  verehr*  ich,  und  zween .hochhalsige  rosse,  305 

Welche  die  edelsten  sein  bei  den  rüstigen  schiffen  Achaia*s: 
Wer  auch  immej;  es  wagt,    und  selber  den  rühm  sich  erstreber, 
Nahe  zu  gehn  an  die  schiffe  der  Danaer,  und  zu  erforschen: 
Ob  sie  stets  noch  bewachen  die  nisdgen  schiffe,  wie  vormals; 
Oder  ob  sie  vielleicht,  von  unseren  bänden  bezähmet,  310 

Schon  die  flucht  mit  einander  beschleunigen,  und  sich  enthalten, 
Nächtliche  hut  zu  versehn,  kraftlos  von  der  scbreküchen  arbeit. 

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,  ZEHNTER  GESANG,  355 

Jener  sprachs ;  doch  alle  verstummten  umher,  und  schwiegen. 
Aber  im  troischen  volk  war  Dolon,   erzeugt  von  Eumedcs, 
Einena  göttlichen  heiold,  an  gold'  und  erxe  begütert;  315 

Zwar  ein  übeler  mann  von  gestalt,  doch  ein  hurtiger  läufer. 
Und  der  einzige  söhn  mit  fünf  aufwachsenden  schwestem. 
Dieser  begann  vonretend  im  Tath  der  Troer  zu  Hektor  : 

Hektor,  mich  reizt  mein  mut,  und  das  herz  voll  freudiger  kühnheit , 
Nahe  zu  gehn  an  die  schiffe  der  Danaer ,  und  zu  erforschen.        320 
Aber  wohlan,  den  zepter  erhebe  mir,  heilig  beschwörend, 
Dafs  du  jenes  gespann,  und  den  erzumschimnierten  wagen, 
Schenken  mir  willst,  das  ihn  trägt,  den  untadlichen  Peleionen. 
Nicht  auch  werd'  ich  umsonst  ausspähn  ,  noch  gegen  erwartung. 
Denn  so  weit  durchwandr'  ich  das  kriegsheer,  bis  ich  erreiche  325 
Selbst  Agamemnons  scKif,  wo  vielleicht  sein  werden  die  fürsten, 
Heilsamen  lath  zu  rathen,  der  heimkehr,  oder  des  kampfes. 

Jener  sprachs ;  doch  Hektor  erhub  den  zepter ,  und  schwur  ihm : 
Höre  mich  nun  Zeus  selber ,  der  donnernde  gatte  der  Here! 
Nie  soll  jenes  gespann  ein  anderer  lenken  der  Troer;  330 

Sopdern  Dir  verheifs'  ich  daherzuprangen  bestiindig! 

Sprachs ,  und  gelobt'  unwahres  im  schwur ,  und  reizete  jenen. 
£lend  hängt'  er  darauf  das  krumme  geschofs  um  die  schiilter , 
Hüllete  dann  ^ich  umher  ein  graugezotteltes  wolf^fell. 
Fügte  den yotterhelm  auf  das  haupt,  und  fafste  den  wurfspiefs,    335 
Xilete  dann  zu  den  schiffen  der  Danaer.    Aber  ihm  ward  nicht 
Wiederkehr  von   den  schiffen,  das  wort  zu  bringen  dem  Hektor. 
Als  er  nunmehr  verlassen  der  ross'  und  der  männer  getümmel, 
Ging  er  den  weg  mit  begicr.    Allein  der  edle  Odysseus 

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256  .  ILIAS- 

Merkte  des  nahenden  gang,  und  sprach  zum  söhne  des  T^deus:    340 
Siehe,  da  kommt,  Diomedes^  ein  mann  aus  dem  lager  gewandelt ! 
Will  er  vielleicht  auskundend  tu  unseren  schiffen  herannahn, 
Oder  einen  berauben  der  leichname  hier  auf  dem  Schlachtfeld  ? 
Auf,  wir  lassen  ihn  erst  voröbcrgehn  im  gefilde, 
Wenig  nur ;  dann  stürmen  wir  nach,  und  erhaschen  den  flüchtling«   345 
Eilendes  laufs.     Doch  wenn  er  mit  schnelleren  fUfsen  zuvorrennt; 
Immer  sodann  zu  den  schiiFen  vom  lager  hinweg  ihn  gescheuchet, 
Mit  anstürmendem  speer,  dafs  nicht  zu  der  Stadt  er  entrinne. 

Also  besprachen  sich  beid',  und  bargen  sich  aufser  dem  wege. 
Unter  den  todten  geschmiegt ;  lind  vorbei  lief  jener  bedachtlos.  g^o 
Als  er  so  weit  sich  entfernt,  wie  ein  joch  maulthier*  an  des  ackere 
Ende  gewinnt;  denn  sie  gehn  vor  langsam  folgiendcn  stieren. 
Mutig  ein  tief  brachfeld  mit  gefiigetem  pflüg  durchfuichend : 
Schnell  nun  liefen  sie  nach ,  und  er  stand ,  das  getöse  vernehmend ; 
Denn  er  vermutet*^  im  geiste ,  zurük  berufende  freunde  355 

Kämen  aus  Troja's  volk,  ihm  nachgesendet  von  Hektot. 
Aber  so  weit  nur  entfernt,  wie  ein  speerwurf,  oder  noch  minder« 
Kannt*  er  dje  männer  als  feind';  und  die  hurtigen  kniee  bewegend , 
Floh  er,  dahin ;  doch  jene  verfolgeten  angestrenget. 
Wie  wenn  zween  scharfzahnige  hund*,  erfahren  der  wildjagd,     360 
Treiben  in  dringender  eile  das  hirschkalb  oder  den  hasen. 
Durch  dikwaldigen  räum,  und  voran  der  quäkende  rennet: 
Also  trieb  der  Tydeid'  und  der  städteverwüstei^  Odysseus 
Ihn  von  den  seinen  hinweg,  in  dringender  eile  verfotgend« 
Aber  nachflem  schon  dicht  an  der  Danaer  hut  er  genaht  war,        363 
Fliehend  hinab  zu  den  schiffen;  mit  zorn  nun  exfuUt' Athenäa 

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ZEHNTER   GESANG,  257 

Tydeus  söhn,  dafs  keiner  der  erxumschirmten  Achaler 
Früheres  wurfs  sich  riihmt',  und  et  selbst  der  zweite  nur  käme; 
Rasch  mit  der  ianz'  anstiirmen.d »  bedroht'  ihn'der  held  Diomedes: 
Steh  da,  oder  ich  werfe  die  lanze  dir  I  Schwerlich  vermagst  du     s^o 
Lange  dem  schreklichen  tod'  aus  meiner  hand  zu  entOiehen! 

Sprachs,  und  im  schwung'  entsandt*  er  den  speer,  und  fehlte  mit  vorsaz; 
Rechtshin.  über  die  schuher  ihm  flog  des  geglätteten  Speeres 
Erz  in  den  boden  hinein:  und  er  stand  nun,  starr  vor  schrecken, 
Bebend  das  kinn,  und  es  klappten  ihm  laut  in  dem  munde  die  zahne,  375 
Blafs  sein  gesicht  vor  angst.  Jezt  nahten  sie  keichend,  und  hielten 
Beid'  an  den  händen  ihn  fest;  doch  Er  mit  thränen  begann  so: 

Faht  mich  lebenden  doch ;  und  ich  löse  mich.  Dienn  mir  daheim  liegt 
Erz  und  goldes  genug,  und  schönge^chmiedetes  eisen. 
Hievon  reicht  mein  vater  euch  gern  unendliche  lösung,  380 

Wenn  er  mich  noch  lebend  erforscht  bei  den  schiffen  Achaia*s. 

Ihm  antwortete  drauf  der  erfindungsreiche  Odysseus: 
Sei  g^etrost ;  kein  tödesgedank'  umschwebe  das  herz  dir  I 
Aber  sage  mir  jczt,  und  verkündige  lautere  Wahrheit. 
Warum  gehst  du  allein  vom  lager  hinab  zu  den  schiffen,  385 

Jezt  in  der  finsteren  nacht ,  da  andere  sterbliche  schlafen  ? 
Willst  du  einen  berauben  der  leichname  hier  auf  dem  Schlachtfeld? 
Oder  sandte  dich  Hektor,  dafs  wohl  bei  den  schiffen  du  alles 
Spähetest?  Oder  bewog  dein  eigenes  herz  dich  zu  gehen? 

Ihm  antwortete  Dolon  darauf;  und  es  bebten  die  glieder:        390 
Ach  zu  Jammer  und  weh  verleitete  Hektor  das  herz  mir. 
Welcher  des  tadellosen  Achilleus  stampfende  rosse 
Mir  zum  geschenkc  verhiefc,  und  den  crzumschimmerten  wagen; 

,  QigitizedbyVjOOQlC    * 

Homers  lUas.  I.  Band.  R 


158  ILIAS^ 

Und  mir  befahl,  duich wandelnd  der  nacht  stillfliebendes  dunkel. 
Nahe  zu  gehn  an  die  schiffe  der  Danaer,  und  zu  erforschen:    395 
Ob  ihr  stets  noch  bewacht  die  rüstigen  schiffe,  wie  vormals; 
Oder  ob  ihr  vielleicht,  von  unseren  bänden  bezähmet, 
Schon  die  flucht  mit  einander  beschleuniget,  und  euch  enthaltet , 
Nächtliche  hut  zu  versehn,  kraftlos  von  der  schreklichen  arbeit. 

Lächelnd  erwiederte  drauf  der  erfindungsreiche  Odysseus :      40a' 
Traun  nach  grofsem  geschenk  hat  dir  die  seele  gelüstet, 
Nach  des  Peleiden  gespann,  des  feurigen!  Schwer  sind  die  rosse 
Jedem  sterblichen  manne  zu  bändigen,  oder  zu  lenken, 
Aufser  Achilleus  selbst,  den  gebar  die  unsterbliche  mutter. 
Aber  sage  mir  jezt,  und  verkündige  lautere  Wahrheit.  405 

Wo  verliefsest  du  Hektör,  den  hirten  des  volks,  da  du  weggingst? 
"Wo  sind  ihm  die  geräthe  des  kriegs?  wo  stehn  ihm  die  rosse? 
Auch  die  anderen  Troer,  wie  wachen  sie,  oder  wie  ruhn  sie? 
Sag'  auch,  was  sie  im  rath  abredeten:  ob  sie  gedenken, 
Fern  alhier  zu  bleiben  von  Ilios,  oder  zur  Stadt  nun  410 

Heim  von  den  schiffen  zu  gehn,   nachdem  sie  besiegt  die  Achaier. 

Ihm  antwortete  Dolon  darauf,  der  söhn  des  Fumedes: 
Gerti  will  Ich  dir  Solches  verkündigen,  ganz  nach  der  Wahrheit. 
Hektor  berief  nun  alle ,  des  heers  rathgebende  forsten , 
Rath  mit  ihnen  zu  halten  am  mal  des  göttlichen  Ilos,  4^5 

Fern  dem  geräusch.     Was  aber  von  wachen,  o  held,  du  gefraget  r 
Keine  gesonderte  schirmet  das  kriegsheer,  oder  bewacht  es. 
Denn  wo  Troer  sich  glut  anzündeten,  welchen  es  noth  ist. 
Diese  warten  der  hut,  und  ermahnen  sich  unter  einander, 
Wach  zu  sein.     Hingegen  die  fernberufenen  helEer  4^o 

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ZEHNTER   GESANG.  259 

Ruhn  im  schlaf;  und  die  wach'  ist  überlassen  den  Troem; 
Denn  nicht  jenen  sind  kinder  und  gattinnen  hier  in  der  nähe. 

Ihm  antwortete  drauf  der  erfindungsreiche  Odysseus: 
Wie  denn,  etwa  vermischt  mit  Troja's  reisigen  mlinnern 
Schlafen  Sie,  oder  aliein?  Dies  sage  mir,  dafs  ich  es  wisse.        425 

Ihm  antwortete  Dolon  darauf,  der  söhn  des  Eumedes: 
Gern  will  Ich  auch  solches  verkündigen ,   ganz  nach  der  Wahrheit. 
Meerwärts  ruhn  mit  den  Karen,  päonische  krümmer  des  bo'gens, 
Leleger  auch,  Kaukonen  zunächst,  und  edle  Pelasger; 
Lykier  ruhn  gen  Thymbra  hinauf,  und  trozige  Myser,  430 

Frygias  reisige  schaar,  und  Mäonias  rossebezähmer. 
Aber  was  fraget  ihr  mich  so  genau  nach  allem  und  jedem? 
Denn  wofern  ihr  begehrt  in  d^s  troische  lager  zu  wandeln; 
Dort  am  ende  des  heers  sind  neu  ankommende  Thraker, 
Hingestrekt  um  Rhesos,  Fioneus  söhn,  den  bcherscher:  435 

Dessen  rosse  die  schönsten  imd  grÖfsestcn ,  die  itK  gesehen , 
Wcifser  denn  blendender  schnee ,  und  hurtiges  laufs  wie  die  winde. 
Auch  sein  wagen  ist  köstlich  mit  gold  und  silber  geschmucket,' 
Rüstungen  auch  aus  golde,  gewaltige,  wunder  dem  anblik, 
Trägt  er  daher;  kaum  ziemt  es  den  sterblichen  erdebewohnern ,     440' 
Solches  geräth  zu  tragen ,  vielmehr  unsterblichen  göttern.      • 
Doch  nun  führt  mich  hinab  zu  des  meers  schnellwandelnden  schüfen; 
Oder  lafst  mich  gebunden  alhier  in  grausamer  fessel, 
Bis  ihr  wiedergekehrt,  und  selber  gesehn  aus  erfahr u ng , 
Ob  ich  geziemende  wort*  euch  meldete,  oder  nicht  also.  445 

Finster  schaut'  und  begann  der  starke  held  Diomedes: 


Nur  nicht  flucht,  o  Dolon,  erwarte  mir  etwa  im 

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Ite^e 


i6o  ILIAS. 

Gabst  du  auch  guten  bescheid,  da  in  unsere  bände  du  kämest! 

Denn  wofern  wir  anjezt  dich  löseten,  oder  entiiefsen; 

Traun  du  luimst  auch  hinfort  zu  den  rüstigen  schüfen  Achaia's,     450 

Sei  es  um  auszuspähn,  seis  öffentlich  uns  zu  bekämpfen. 

Doch  so  von  meiner  hand  du  besiegt  dein  leben  verlierest; 

NimmeAnehr  dann  magst  du  verderblich  sein  den  Argeiem. 

Sprachs ;  und  bereit  war  jener,  das  kinn  mit  nervichter  hand  ihm 
Rührend ,  emporzuflehn ;  doch  tief  in  den  nacken  ihm  schwang  er  455 
Schnell  das  erhobene  Schwert,  und  durchschnitt  ihm  beide  die  sehnen , 
Dafs  des  redenden  haupt  mit  dem  staub'  hinrollend  verniischt  ward« 
Hierauf  nahmen  ihm  jene  den  otterhelm  von  der  scheitel, 
Auch  sein  krummes  geschofs  f  den  ragenden  Speer ,  und  das  wolfsfelL 
Alles  empor  zu  Zeus  siegprangender  tochter  Athene  ,  460 

Hub  Odysseus  der  held,  und  rief  anbetend  die  worte: 

Freue  dich  deis,  o  güttin;  denn  dich  zuerst  im  Olympos 
Rufen  wir  an  vor  allen  unsterblichen !  Aber  auch  jezo 
Leit'  uns  hin  zum  lager  der  thrakischen  männer  und  rosse! 

Also  betet'  er  laut,  und  legete  hebend  die  rüstung  4^5 

Hoch  auf  des  felds  tamarisk' ,  und  dabei  zum  deutlichen  merkmal 
Legt*  er  gesanuneltes  röhr,  und  brach  tamariskengezweig'  ab; 
Dafs  sie  des  oits  nicht  fehlten,  %urük  durch  iinsternis  kehrend. 
Vorwärts  gingen  sie  nun,  durch  mord  und  waffen  und  blut  hin; 
Und  sie  erreichten  in  eile  die  schaar  der  thrakischen  männer.    470 
Jene  schliefen  cnmervt  von  der  arbeit;  aber  bei  ihnen 
Prangten  gestrekt  zur  erde  die  rüstungen ,  schön  nach  der  Ordnung , 
Dreifach  gereiht;  und  bei  jedem  die  stampfenden  doppelgespanne. 


Rhesos  schlief  in  der  mitt',  und  die  hurtigen  rosse  hei  jcw 

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.  ZEHNTER   GESANG.  a6i 

Standen  mit  riemen  gehemmt  am  hintersten  ringe  des  wagens«      475 
Ihn  nun  zeigte  dein  freunde,  zuerst  wahrnehmend,  Odysseuss 

Dies  ist  dir,  Diömedes,  der  m^nn,  und  dieses  die  rosse, 
Welche  zuvor  uns  Dolon  bezeichnete,  den  wir  getödtet. 
Aber  wohlan,  nun  zeige  die  tapferkeit;  denn  dir  geziemt  nicht, 
Hier  unthätig  zu  stehn  mit  den  rüstungen )  Löse  die  ross'  ab ;        480 
Oder  du  tödte  die  manner,  und  mir  sei  die  sorge  der  rosse. 

Sprachs;  doch  jenen  beseelte  mit  mut  Xeus  tochter  Athene, 
^Vild  nun  haut'  er  umher  f  mistöniges  röcheln  erhub  sich 
Unter  dem  mordenden  schwert,  und  geröthet  von  blut.war  der  boden. 
So  wie  ein  low',  antrefifend  das  ungehiitete  kleiuvieh,  483 

'Kegen  oder  auch  schafe,  mit  grimmigem  mut  sich  hineinstürzt; 
Also  die  thrakischen  mäoner  disrchwandelte  do];t  Dioniede«,, 
fiLs  er  zwölfe  gemordet.     Allein  der  kluge  Odysseu^, 
Welchen  mann  dei:  Tydeide  mit  hauendem  Schwerte  getödtot, 
Solchen  zog  Odysseus  zurük,  am  fufs  ihn  ergreifend;  490 

Denn  er  bedacht'  im  geist,  wi^  di^  schöngemähneten  rosse 
Leicht  hindurch  ihm  gingen,  und  nicht  anstuzend  erbebten» 
V)bcr  todte  zu  schreiten,  noch  ungewohnt  des  ermorden«. 
Aber  nachdem  zu  dem  könig  der  held  Diomedes  gelangt  war, 
Zum  dreizehnten  beraubt*  er  auch  ihn  des  erfreulichem  lebens,     495 
Und  schwer  athmet'  er  auf:  ein  schreklicher  träum  zu  dem  haupte 
Stand  ihm  die  nacht,  der  öneidische  held,  durch  den  rath  der  Athene. 
Anxsig  löst'  Odysseus  indefs  die  stampfenden  rosse, 
Band  sie  mit  riemen  vereint,  und  trieb  sie  hinweg  aus  dem  häufen, 
Mit  dem  geschofs  anschlagend;  denn  nicht  oie  schimmernde  geifsel  500 
Hatt'  er  zu  nehmen  beducht  aus  dem  I^ü^^^^dW^IJJ P(3SSt^*  Wagens. 


a62  ILIAS. 

Jezo  pfif  er  leis',  und  warnte  den  held  Diomedes. 

Jenei  indefs  sani^  bleibend  umher,  was  er  kühneres  thäte: 

Ob  er  den  wagen  zugleich ,  wo  die  glänzenden  rÜ5tungen  lagen , 

Xög'  an  der  deichsei  hinweg,  ob  hinaustrüg',  hoch  ihn  erhebend;    505 

Oder  noch  mehreren  dort  der  Thrakier  raubte  den  ödem. 

Als  er  dieses  im  geiste  bewegete ,  siehe,  da  naht'  ihm 

Pallas  Athen',  und  begann  zum  edlen  held  Diomedes: 

Denke  der  Wiederkehr,  o  söhn  des  erhabenen  Tydeus, 
Xu  den  geräumigen  schiffen ;  dafs  nicht  du  ein  fliehender  kommest,  510 
Wenn  vielleicht  auch  die  Troer  erwekt  der  unsterblichen  einer! 

Jene  sprachs;  da  erkannte  der  held  die  stimme  der  göttin. 
Eilend  bestieg  er  ein  rofs;  da  schlug  mit  dem  bogen  Odysseus    ^ 
Beid',  und  sie  flogen  daher  zu  den  rüstigen  schiffen  Achaia's. 

Aber  nicht  achtlos  lauschte  der  gott  des  silbernen  bogens.       515 
Als  er  sah,  wie  Athene  zu  Tydeus  söhn  sich  gesellet; 
Zürnend  ihr^  drang  er  sofort  in  des  troischeri  heeres  getümmel. 
Und  den  Thrakierfursten  Hippokoon  wekt'  er  vom  Schlummer, 
Rheso^  tapferen  sippen.     Doch  Er,  dem  lager  entfahrend, 
Als  er  den  ort  leer  sah,  wo  die  hurtigen  rosse  gestanden,  5ao 

Und  noch  zappelnd  die  männer  in  schreckenvoller  ermordung; 
Laut  wehklagt'  er  nunmehr,  und  rief  dem  lieben  genossen. 
Aber  die  Troer,  mit  lerm  und  unermefslichem  aufiuhr. 
Stürzten  heran,  und  schauten  erstarrt  die  entsezlichen  thaten, 
Was  doch  die  männer  verübt,  die  entflohn  zu  den  räumigen  schiffen,   S^S 

Als  sie  den  ort  nun  erreicht ,  wo  sie  Hektors  späher  getodtet ; 
Henrunte  die  hurtigen  rosse  der  held,  Zeus  liebling  Odysseus; 
Aber  zur  erd*  entsprang  der  Tydeid',  und  die  bluiige^rüstuncr 

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ZEHNTER   GESANG.  263 

Reicht'  er  Odysseus  bänden ,  und  stieg  auf  den  rücken  des  rosse«.  . 
Jener  schlug  mit  dem  bogen ;  und  rasch  hin  flogen  die  rosse  530 
Zu  den  geräumigen  schifFen ;  denn  dortbin  wünschten  sie  herzlich. 
Nestor  horte  zuerst  die  stampfenden  huf*,  und  begann  so: 

Freunde ,  des  Volks  von  Argos  erhabene  fursten  und  pfleger , 
Irr'  ich,  oder  ist  Wahrheit  mein  wort?  Doch  die  seele  gebeut  mir«. 
Schnell  antrabender  rosse  gestampf  umtont  mir  die  obren.  535 

Wenn  doch  Odysseus  jezt  und  der  starke  held  Diomedes 
Hurtig  daher  von  den  Troern  beflügehen  stampfende  rosse! 
Aber  ich  sorg*  im  herzen  geängstiget,  was  sie  betroffen, 
Argos  tapferste  beiden  im  lermenden  Troergctümmel ! 

Noch  nicht  ganz  war  geredet  das  wort ;  da  kamen  sie  selber.  540 
Und  sie  schwangen  herab  auf  die  erde  sich;  jene  mit  fretide 
Reichten  die  bände  zum  grofs,  und  redeten  frepnd liehe  wortc. 
Doch  vor  allen  begann  der  gfercnische  reisige'  Nestor  • 

Sprich«  preisvoller  Odysseu«,   erhabener  rubmr  der  Achaier, 
Wie/ ihr  doch  die  rosse  gewannt?  ob  ins  Troergewübl  ih*  545 

Eindrangt»  ob  sie  ein  gott,  der  euch  begegnete,  darbot? 
Wunderbar  gleicht  ihr  Schimmer  den-  leuchtenden  sonnenstralen l 
Stets  zwar  geh'  ich  mit  Troern  gesellt,   und  zaudere,  mein'  ich. 
Niemals  gern  bei  den  schiffen ,  wiewohl  ein  grauender  krieger ; 
Solcherlei  rosse  jedoch  hab'  ich  weder  gesehn  noch  bemerket  l      550 
Aber  gewils  hat  euch  ein  begegnender  gott  sie  verliehen ; 
Denn  es  liebt  euch  beide  der  herscher  im  donnergewölk  teuSf 
Und  des  allmächtigen  Xeus  blauäugige  tochter  Athene. 

Ihm  antwortete  drauf  der . erfindungsreiche  Odysseus: 
Nestor,  Neleus  söhn,  du  erhabener  rühm  der  Achaier,  «"^ 

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i64  ILIAS,    ZEHNTERGESANG. 

Leicht  kann  wahrlich  ein  gott  noch  schönere  rosse  denn  diese  » 
Wenns  ihm  gefallt  >  darbieten ;  denn  weit  gewaltiger  sind  sie ! 
Diese,  greis,  wie  du  fragst,  sind  neu  ankommende  rosse» 
Thrakische,  welchen  den  eigner  der  tapfere  held  Diomedes 
Tödtete,  zwölf  auch  umher  der  edelsten  kriegesgefährten.  569 

Zum  dreizehnten  annoch  erschlugen  wir,  nahe  den  schiflFcnt 
Einen  spähenden  mann,   der  kundschaft  unseres  heeres 
Forschte,  von  Hektor  gesandt  und  den  aaderen  fürsten  der  Troer. 

Sprachs,  und  lenkte  den  graben  hindurch  die  stampfenden  rosse. 
Jauchzendes  muts ;  ihn  begleiteten  froh  die  andern  Achaier.        565 
Als  sie  nunmehr  erreichten  das  schöne  gezelt  Diomedes; 
Banden  sie  dort  die  rosse  mit  wohlgeschnittenen  riemen 
Fest  an  die  kripp',  alwo  die  anderen  rosse  des  königs 
Standen,  geflügeltes  hufs,  mit  lieblichem  weizen  sich  nährend. 
Aber  Odysseus  legte  die  blutige  beute  des  Dolon  570 

Hinten  ins  schif ,  bis  sie  könnten  ein  dankfest  weihn  der  Athene. 
Drauf  entwuschen  sich  beide  den  vielen  Schweifs  in  die  meerflut 
Eingetaucht,  von  den  beinen,  dem  hals'  umher»  und  den  schenkein. 
Aber  nachdem  die  woge  den  vielen  schweüs  der  arbeit 
Ganz  den  gliedern  entspulti   und  gelabt  ihr  mutiges  herz  war;  575 
Stiegen  sie  ein  zum  bad'  in  schöngeglättete  wannen. 
Beide  vom  bad'  erfrischt,  und  gesalbt  nait  geschmeidigem  öle, 
Safsen  zum  fnihmahl  jezt;  und  aus  vollem  kruge  sich  schöpfend , 
Gossen  sie  aus  vor  Athene  des  herzerfreuenden  weines^ 


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I  L  I  A  S. 


ELFTER     GESANG. 


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INHALT. 

Am  morgen  rüstet  sich  Agamemnon  9  und  ßihrt  zur  sehlacht, 
Hektar  ihm  entgegen.  Vor  Agamemnons  tapfer keit  fliehu  die 
Troer.  Zeus  vom  lia  sendet  dem  Hektor  befehlt  bis  Agamemnon 
.  verwundet  sei,  den  kämpf  zu  vermeiden,  *  Der  verwundete  Aga. 
me'mnon  entweicht ,  und  Hektor  dringt  vor,  Ferwundtt  kehrt  Dio- 
medes  zu  den  schißen ;  dann  Odysseus ,  von  Ajas  aus  der  Umzin- 
gelung gerettet \  dann  Machaon  und  Eurtfpylos.  Zu  Nestor, 
der  mit  Machaon  vorbeifuhr,  sendet  Achiäeus  den  Patrokios  zu 
fragen,  wer  der  verwundete  sei,  Patrokios,  durch  Nestors  rede 
gerührt ,  begegnet  dem  Eurypylos ,  führt  ihn  voll  mitleid  ins  zelt^ 
und  verbindet  ihn. 


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I  L  I  A  S. 


ELFTER      GESANG. 


Hos  stieg  am  dem  lagcr  des  hochgesinnten  Tithonos 

Aufwärts,  göttern  das  licht  und  sterblichen  menschen  zu  bringen. 

ZLeus  nun  sandte  daher  zu  der  Danaer  schiiFen  die  Eris , 

Welche  zu  schreklichem  wehe  das  kriegsgraun  trug  in  den  händen. 

Und  sie  betrat  des  Odysseus  gewaldges  dunkeles  meerschif ,  5 

V\  elches  die  mitt'  einnahm,  dafs  beiderseits  sie  vernähmen , 

Dort  zu  Ajas  gezehen  hinab,  des  Telamonidcn, 

Jon  zu  des  Peleionen,  die  beid'  an  den  enden  ihr  schifheer 

Vufgestellt,  hochtrozend  auf  mut  und  stärke  der  hk'nde. 

^Ida  stand  die  göttin  und  schrie,  machtvoll  und  entsezlich,        to 

.aut  in  Achaias  heer,und  rüstete  jegliches  mannes 

lusen  mit  kraft,  rastlos  im  streite  zu  stehn  und  zu  kämpfen. 

Lllen  sofort  schien  süfser  der  kämpf,  als  wiederzukehren 

II  den  geräumigen  schiffen  zum  lieben  lande  der  väter, 

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268  ILIAS. 

Atreus  söhn  auch  rief  und  ermahnete ,  fchnell  sich  zu  güiten,  ij 
Argos  volk;  auch  dekt*  er  sich  selbst  mit  blendendem  crze. 
Eilend  fügt'  ex  xuerst  um  die  beine  sich  bergende  schienen. 
Blank  und  schön,  anschliefsend  mit  silberner  knöchelbedeckung ; 
Weiter  umschirmt*  er  die  brüst  ringsher  mit  dem  ehernen  hämisch , 
Den  ihm  Kinyras  einst  zum  gastgeschenke  verliehen.  2fi 

Penn  es  erscholl  gen  Kypros  der  grofse  ruf  der  Achaier, 
Da£s  sie  zum  troischen  lande  hinaufzuschiiFen  beschlossen; 
Darum  schenkt*  er  ihm  jenen ,  gefällig  zu  sein  dem  behersch^r. 
Ringsum  wechsehen  zehn  blauschimpiemde  streifen  des  stales, 
Xwölf  aus  funkelndem  gold',  und  i^wanzig  andre  des  xinnes ;      25 
Auch  drei  bläuliche  drachen  erhüben  sich  gegen  den  hals  ihn^ 
Beiderseits,  voll  glänz  wie  regenbogen,  die  Kronos 
Sohn  in  die  wölke  gestellt ,  den  redenden  n^enschen  zur  Wahrschau, 
liieir^uf  warf  er  das  schwert  um  die  schütter  sich:   goldene  buckeln 
Leuchteten  über  das  heft ;  und  ringsum  hüllte  di^  scheide ,  30 

Silberhell,  am  gehenk  von  stralendem  gokle  befestigt. 
Drauf  den  umwölbenden  schild,  den  gewaltigen,  hub  er,  den  schönen, 
Reich  an  kunst;  ihm  liefen  umher  zehn  eherne  kreise; 
Auch  umblinkten  ihn  zwanzig  von  zinn  aufschwellende  nabel, 
Weifs  ,  und  der  mittlere  war  von  dunkeler  bläue  des  stales.         35 
Auch  die  Schreckengestalt  der  Gorgo  drohetc  schlängelnd, 
Mit  wutfunkelndem  blik,  und  umher  war  Graun  und  Entsezen. 
Silbern  war  des  Schildes  gehenk ;  und  gräfslich  auf  diesem 
Wand  ein  bläulicher  drache  den  leib;  drei  häupter  des  Scheusals 
Waren  umhergekrümmt ,  aus  Einem  halse,  sich  windend.  40 

Dr.iaf  tmiichlofs  er  das  haupt  mit  des  heims  viergipÖichter  kuppel, 

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ELFTER   GESANa  aß^ 

/on  rofshaarcn  umwallt;  und  fürchterlich  winkte  tler  helmbusch. 
\uch  zwo  mächtige  lanzen,  gespizt  mit  der  schärfe  des  erzes* 
^afste  der  held,  dafs  ferne  das  erz  tum  erhabenen  himmel 
itralt'.     Es  donnerten  nun  lauther  Athenäa  und  Heie ,  45 

:!och  zu  ehren  den  könig  der  golddurchblinkten  Mykene. 

Jezo  gebot  ein  jeder  dem  eigenen  wagenlenker, 
Oort  am  graben  die  ross'  in  geordneter  reihe  zu  halten* 
\ber  die  Streiter  zu  fufs ,  mit  ehernen  wafFen  gerüstet , 
Drangen  voran;  endloses  geschrei  durchhallte  die  dämmrung.     50 
^or  den  reisigen  zogen  sie  rasch ,  an  dem  graben  geordnet ; 
^fahe  folgeten  dann  die  reisigen.     Aber  getümmel 
robt'  in  dem  beer,  von  Kronion  erregt,   der  hoch  aus  dem  äther 
Thau^mit  blute  gesprengt  ausschüttete;  denn  er  gedachte,  * 

Viele  tapfere  häuptei  hinabzusenden  zum  Ais.  55 

Jenseits  hielten  die  Troer  geschaart  auf  dem  hügel  des  ftldcs  ; 
Hektor  der  grofse  gebot  und  der  edle  Polydamas  jenen , 
\uch  Aneias,  geehrt  wie  ein  gott  im  volke  der  Troer, 
Polybos  auch,  und  Agenor  der  held,  und  der  mutige  Jüngling 
^kamas,  göttem  gleich,  drei  tapfere  söhn'  Agenors.  60 

Rektor  durchging  die  ersten  mit  rundgcwölbetem  schiide. 
>o  wie  aus  nachtgewölk  ein  stem  zum  verderben  hervorblikt, 
Stralenhell ;  dann  wieder  sich  taucht  in  schattende  wölken: 
Vlso  erschien  izt  Hektor,  die  vordersten  rings  durchwandelnd , 
|ezo  im  äufsersten  zug'»  und  ordnete;  ganz  in  dem  erze  65 

^euchtet'  er,   ähnlich  dem  stral  des  ägiserschütternden  vaters* 

Siehe  nunmehr,  wie  Schnitter  entgegenstrebend  einander 
[irade  das  schwad  hiiunähn«  auf  der  flur  des  begüterten  mannen« 

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Wcixcn  oder  auch  gerat',  und  die  sinkenden  bunde  sich  häufen: 
Also  stürmten  die  Troer  und  Danaer  gegen  einander  -70 

Mordend,  nicht  hier  noch  dort  der  verderblichen  flucht  sich  erinnernd; 
Haupt  an  haupt  drang  alle?  xur  feldschlacht ;  und  wie  die  wölfc 
Tobten  sie.     Froh  nun  schaute  die  jammererregende  Eris : 
Denn  der  unsterblichen  war  sie  allein  noch  unter  den  Streitern ; 
Und  kein  anderer  gott  gesellte  sich;  sondern  geruhig  75 

Saben  sie  all'  in  den  eignen  behausungen ,  dort  wo  fiir  jeden 
Prangt*  ein  schöner  palast,   auf  den  steigenden  höhn  des  Olyinpos. 
Alle  tadelten  sie  den  schwarxumwölkten  Kronion, 
Weil  er  dem  troischcn  volke  beschlofs  xu  verleihen  den  siegsruhm. 
Doch  nicht  achtete  dessen  der  Donnerer;  ferne  gesondert,  80 

Schied  er  hinweg  von  den  andern ,  und  sexte  sich ,  freudiges  trozes , 
Wo  er  die  Stadt  der  Troer  umsah,  und  die  schiffe  Achaia's , 
Und  hellstralendes  erx,  und  würgende  rings  und  erwürgte. 

Weil  noch  morgen  es  war ,  und  der  heilige  tag  emporstieg ; 
Hafteten  jegliches  heeres  geschoss',  und  es  sanken  die  völker.       85 
Doch  wenn  ein  mann,  holxhauend  im  forst,  sein  mahl  sich  bereitet, 
An  des  gebirgs  abhängen ,  nachdem  er  'die  arme  gesättigt , 
Ragende  bäume  zu  haun,  und  unlust  drang  in  die  seele. 
Und  nach  erquickender  kost  sein  herx  vor  verlangen  ihm  schmachtet : 
Jexo  mit  kraft  durchbrachen  die  Danaer  kühn  die  geschwader ,     90 
Rufend  den  freunden  umher  in  den  Ordnungen.     Sieh*,  Agamemnon 
Stürmte  voran,  und  entrafte  den  völkerhirtcn  Bianor, 
Ihn,  und  darauf  den  genossen,  den  wagenlenker  Oileus. 
Dieser  schwang  sich  herab  vom  wagengeschirr ,  und  bestand  ihn  ; 
Doch  in  des  grad'  anstrebenden  stirn  mit  spixiger  lanxe  95 

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ELFTER   GESANG.  271 

liach  er;  und  nicht  verwehrte  der  sturmhaub'  ehefne  wölbung, 
londern  erx  und  schädel  durchbohrte  sie,  und  das  gehirn  ward 
Jani  mit  blute  vermischt:  so  bändigt'  er  jenen  im  angrif. 
Sie  nun  liefs  er  daselbst,  der  völkerfiirst  Agamemnon, 
iakt  die  schimmernden  brühte,  nach  abgehülleten  panzern;       loo 
'Ute  sodann  auf  Isos  und  Antifos ,  gierig  des  mordes , 
ohne  des  Priamos  bcid',  unächt  und  eJielich,  beide 
fchend  in  Einem  geschirr.     Der  bastard  lenkte  die  zügel; 
kntifos  stand  xum  kämpfe,  der  herliche?  die  der  Peleid*  einst 
Luf  anhöhen  des  Ida  mit  weidenen  gerten  gefesselt,  105 

lIs  er  hütend  der  schafe  sie  fand,  und  befreiet  um  lösung. 
iber  des  Atreus  söhn,  der  völkerfiirst  Agamemnon, 
crem  über  der  warxe  durchschofs  er  die  brüst  mit  der  lanze;    . 
btifos  haut'  er  am  ohr  mit  dem  schwert,  und  stiirzt'ihn  vom  wagen, 
chncll  entzog  er  darauf  der  getödteten  prangende  rüstung,        iio 
ennend  beid';  er  sah  sie  Vordem  bei  den  rüstigen  schüfen, 
Js  iie  vom  Ida  geführt  der  mutige  renner  Achilieus. 
3  WC  ein  leu  der  hindin  noch  unbehülfliche  kinder 
eicht  nach  einander  zermalmt,  mit  mächtigen  zahnen  sie  fassend, 
iTann  er  im  lager  sie  traf,  und  ihr  blühendes  leben  entreifset;        115     ( 
31C,  wie  nahe  sie  ist,  vermag  nicht  ihnen  zu  helfen; 
cnn  ihr  selbst  ctbcben  von  schreklicher  angst  die  gebeine; 
lendes  laufs  entflieht  sie  durch  dichtes  geitäud'  und  durch  Waldung, 
25tlo5,  triefend  von  schweife,  vor  der  wut  des  mächtigen  raubthiers: 
so  könnt'  izt  keiner  des  troischen  volks  vom  verderben  lao 

ne  beirein;  auch  selber  vor  Argos  söhnen  entflohn  sie. 
Jexo  den  kiiegesfrohen  Hippolochos  und  den  Peisandro«, 

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^j2  \    ILIAS* 

Bcid'  Antimachos  söhne,  des  waltenden:  welcher  am  meisten 
Drang,  vom  gold'  Alexandros,  den  glänzenden  gaben ^  bethöret, 
Helena  nicht  tu  geben  dem  bräunlichen  held  Menelaos:  i2< 

Dessen  söhne  nun  traf  der  völkerftirst  Agamemnon, 
Beid*  auf  Einem  geschirr,  die  hurtigen  rosse  bezähmend; 
Denn  es  entflohn  den  händen  die  kunstreich  prangenden^  zilgel , 
Uod  sie  tununelten  wild.     Da  stürzt*  er  heran,  wie  ein  löwe, 
Atreus  söhn;  und  sie  flehten  ihm  hingeschmiegt  vom  wagen:        I3< 

Fah'  uns,  Atreus  söhn,  und  nim  vollgültige  lösung. 
/Viel  kleinode  ja  rulm  ia  Antimachos  hause  verwahret  i 
Erz  und  goldes  genug,  und  schöngeschmiedetes  eisen. 
Hievon  reicht  der  vatcr  dir  gern  unermefsliche  lösung, 
Wenn  er  uns  noch  lebend  erforscht  bei  den  schiffen  Achaia*««     13^ 

Also  fleheten  sie  mit  freundlichen  Worten  den  könig 
Weinend  an ;  da  erscholl  die  unbarmherzige  stimme : 

Hat  Antimachos  denn,  der  waltende  held,  euch  gezeuget. 
Welcher  im  rath  einst  hiefs,  dafs  Troja's  volk  Mcnelaos, 
Als  er  gesandt  hinkam,  mit  dem  göttergleichen  Odysseus,  14 

Dort  erschlug*,  und  sie  nicht  heimsendete  zu  den  Achaiern; 
Auf,  so  büfst  mir  jezo  des  vaters  schändlichen  frevel. 

Sprachs,  und  stürzte  Peisandros  vom  wagengeschirr  auf  die  erd< 
Werfend  den  speer  in  die  brüst,  dafs  zurük  auf  den  boden  er  hinsanl 
Aber  Hippolochos  spirang  von  dem  siz ;  da  erschlug  er  ihn  unten ,  14 
Ihm  mit  dem  schivert  abhauend  die  händ\  und  das  haupt  von  der  schulte 
Liefs  wie  den  mörser  sodann  ümrollen  den  rümpf  im  getümmel. 

Jene  verliefs  er,  und  dort,  wo  am  dichtesteiv drängten  die  häufen 
Stürzt*  «r  hinein,  begleitet  von  hellumschienten  Achaiern. 

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ELFTER  GESANG.  ayj 

Fufsvolk  mordete  nun  fufsvolk,  das  gezwungen  turükflohi  150 

Und  rofslenker  die  lenker  der  ross%  (und  es  wallte  der  staub  hoch 
Aus  dem  gefild%  erregt  von  dem  donnernden  huf  der  gespaime,) 
Tödtendes  erz  nachschwingend.     Doch  Atreus  söhn  Agamenmon» 
Immer  verfolgt'  er  mit  mord,  und  ermahnete  laut  die  Argeier. 
Wie  wenn-  vertilgendes  feuer  in  niegehauene  waldung  155 

Fallt,  dann  wirbelnd  der  stürm  es  umherträgt,  und  bis  zur  Wurzel 
Stamm'  und  getweig'  hinsinken,  geraft  von  des  feuerorkans  wutt 
Also  vor  Atreas  söhn  Agamemnon  sanken  die  ha'upter 
Fliehender  Tioer  in  staub,  und  viel  hochhalsige  rosse 
Rasselten,  leer  die  geschirre^  dahin  durch  diepfade  des  treSens»  i6d 
Ihrer  untadlichen  Unker  beraubt,  die  zerstreut  im  gefilde 
Lagen )  den  geiern  anizt  weit  lieblicher,  als  den  Vermählten. 

Hektorn  zog  aus  geschossen  der  Donnerer ,  und  aus  dem  staube^ 
Aus  dem  gewürge  der  schlachte  aus  strömendem  blut  und  getUnmiel» 
Doch  ihm  Folgt*  Agamemnon ,  mit  macht  die  Achaier  erinumexnd«  i6i5 
Jene  flohn  zu  dem  male  des  alten  dardanischen  Ilos^ 
Mitten  durch  das  gefild*,  an  der  feigenhöhe  vorüber  > 
Sehnsuchtsvoll  nach  der  Stadt;  dodi  stets  lautschreiend  verfolgt^  eti 
Atreus  söhn ,  mit  blut  die  unnahbaren  hände  besudelt» 
Als  zu  dem  skäischen  thore  sie  jezt  und  def  buche  gej>ii)gci4     iT^ 
Standen  sie  endlich  still,  und  erwarteten  einer  den  andern. 
Stets  noch  durch  das  gefilcT  entflohen  sie>   scheu  wie  die  rinder« 
Welche  der  löwe  gescheucht  >  in  dämmerader  stunde  des  melkens» 
Allzumal;  doch  der  einen  erscheint  izt  gtaij|s€s  verderben;  , 

Ihr  den  nacken  zerknirscht  er,  mit  mächtigen  Zährten  sie  fassend,  175 
Erst,  dann  schlürft  er  das, blut  und  die  etngeweide  hinunter: 

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Homers  Ilks.   I.  Band.  S  *^ 


274  ILIAS. 

Also  verfolgte  sie  Atreus  gewaltiger  söhn  Agamemnon, 
^Immerdar  hinstreckend  den  äuf&ersten ;  und  sie  entflohen. 

Vorwärts  taumelten  viel*  und  riikwärts  viele  vom  wagen, 

Unter  der  hand  des  Atreiden ;  so  tobt'  er  voran  mit  der  lanxe.        ijo 

Aber  da  bald  er  nunmehr  rur  Stadt  und  thürmenden  mauer 
'Nahete;  siehe,  der  vater  des  menschengeschlechts  und  der  gpttet 
*Sextc  sich  nun  auf  dem  gipfel  des  quellenströmenden  Ida , 

Nieder  vom  himmel  gesenkt,  den  flammenden  stral  in  den  bänden. 

Schnell  dann  sandt'  er  als  botin  die  goldgefltigelte  Iriss  iS5 

Eile  mir,  hurtige  Iris,  das  wort  tu  verkünden  dem  Hektor. 
^Weil  er  sieht,  dafs  annoch  der  völkerhirt  Agamemnon 

Tobt  in  dem  vordergewühl ,  und  die  reihn  der  männer  vertilget; 

Weich*  er  selber  rurük,  doch  dem  anderen  Volke  gebiet*  er, 
•Gegen  den  feind  zu  kämpfen  im  ungestüme  der  feldschlacht.     190 

Aber  sobald  ein  speer  ihh  verwundete,  oder  ein  pfeilschufs, 
«Dafs  er  den  wagen  besteigt;  dann  rüst*  ich  jenen  mit  stärke, 

Niederxuhaun ,  bis  er  naht  den  schöngebordeten  schiffen. 

Bis  die  sonne  sich  senkt,  und  heiliges  dunkel  herauftieht. 

Also  Zeus;  ihm  gehorchte  die  windschnell  eilende  Iris;  *         195 

Von  den  idäischen  höhn  zur  heiligen  Iltos  fuhr  sie; 
*Fänd  des  waltenden  Priamos  söhn,  den  göttlichen  Hektor, 

Stehn  auf  rossebespanntem  und  wohlgefiigetem  wagen ; 
•Nahe  dann  trat,  und  begann,  die  leichthinschwebende  Iris 2 

Hektor ,  Priamos  söhn ,  dem  leus  an  rathe  vergleichbar ,      200 

Teus  entsendete  mich,  dir  dieses  wort  zu  verkünden. 
«Weil  4if  siehst,  dafs  annoch  der  völkerhirt  Agamemnon 

Tobt  in  dem  vordergewilfal ,  und  die  reikn  der  männer  veitilget; 

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ELFTER   GESANG.  275 

Weiche  du  selber  zurtik»  doch  gebeut  dem  anderen  volkc, 
Gegen  den  feind  zu  kämpfen  im  ungestüme  der  feldsch  lacht.     Oog 
Aber. sobald  ein  *peer  ihn  verwundete,  oder  ein  pfeilschufs»  ' 
Dafs  et  den  wagen  besteigt;  dann  rüstet  er  dich  mit  starke, 
Niederzuhaun ,  bis  du  nahst  den  schöngebordeten  schiffen, 
Bis  die  sonne  sich  senkt,  und  heiliges  dunkel  heraufzieht. 

.  Also  ^sprach,  und  enteilte >  die  leichthinschwebende  Iris«  2io 
Hektor  vom  wagen  herab'  mit  den  rustungen  sprang  auf  die  erde* 
Schwenkend  die  spizigen  lanzen«  durch  wandelt'  er  alle  geschwader, 
Rings  ermahnend  zum  kämpf,  und  erwekte  die  tobende  feldschlacht« 
Sie  nun  wandten  die  stim,  und  begegneten  kühn  den  A^haiern. 
.Argos  söhn'  auch  drüben  verstärkten  die  macht  der  geschwader;  215 
Neu  begann  das  gefec«lit ;  an  drangen  ^ie  t  doch  Agamemnon 
Stürmte  voraus;  denn  er  wollte  der  vorderste  kämpfen  vor  allen. 

Sagt  mir  anizt*  ihr  Mu«en,  olympische  höhen  bewohnend: 
Welcher  kam  doch  zuerst  Agamemnons  banden  entgegen. 
Unter  den  Troern  selbst,  und  den.  rühmlichen  bunjdesgenossen?    a^ 

Erst  Antenors  söhn  Ifidamas,  grofs  und  gewaltig, 
Aufgenährt  in  Thrake ,  der  scholligert  mutter  der  schafe. 
.Kisseus  der  ahn  erzog  ihn  als  kind  in  der  eigenen  Wohnung« 
Welcher  Theano  gezeugt,  Ifidamas  rosige  mutt^n 
Aber  nachdem  er  das  ziel  der -rühmlichen  juigend  erreichet«       MS 
Jczo  behielt  ihn  der  ahn,  und  gab  ihm  die  bUibende  tochtcr. 
Neuvermählt  dann  folgt*  er  dem  grolien  ruf  der  A^haier 
Aus  dem  gemach,  mit  iwolf  schönprangenden  schiffen  des  nueeras; 
Und  er.  liefe  in  Perkope  zurük  die  schwebenden  schiffe, 
Selber  sodann  fufc^vaiKiclnd  erreicht*  erjlios  mauern-        t         030 


276  ILIAS. 

Dieser  begegnete  jezt  des  Aureus  söhn'  Agamemnon. 
Als  sie  nunmehr  sich  genaht,  die  eilenden  gegen  einander , 
Jezo  verfehlt'  Agamemnon ,  und  seitwärts  flog  ihm  die  lanze. 
Aber  Ifidamas  stiefs  auf  den  leibgurt,  unter  dem  panzer, 
Kraftvoll,  drängte  dann  nach,  der  nervithten  rechte  vertrauend.    I35 
Doch  er  durchbohrete'  nicht  den  schöngetriebenen  gürtel ; 
Sondern  vom  Silber  gehemmt ,  verbog  wie  blei  sich  die  spize. 
Schleunig  ergrif  die  lanzc  der  herschende  held  Agamemnon , 
Zog  sie  heran,  mit  gewalt,  wie  ein  berglöw',  und  aus  der  hand  ihm 
Rifs  er  sie ;  schwang  in  den  nacken  das  schwert ,  und  löste  die  glieder. 
Also  sank  er  daselbst,  und  schlief  den  ehernen  Schlummer,       241 
Mideidswerth ,  von  der  gattin  getrennt,  für  die  seinigen  kämpfend. 
Eh  sein  jugendlich  weib  ihm  belohnt  die  grofsen  geschenke: 
Hundert  rinder  schenkt'  er  zuerst,  und  gelobte  darauf  noch 
Tausend  ziegen  und  schaf '  aus  seinen  unendlichen  heerden.       245 
Ihn  entwafnete  jezt  des  Atreus  söhn  Agamemnon, 
Trug  dann  einher  durch  Achaiergewüht  die  prangende  rüstung. 

Aber  sobald  ihn  Koon  ersah,  der  gcpriesenste  kämpfer, 
Er  der  ältere  söhn  des  Antenor;  hüllt*  ihm  die  äugen 
Überschwenglicher  gram  um  den  hingesunkenen  bruder.  ^250 

Seitwärts  genaht  mit  dem  speer,  unbemerkt  vom  held  Agamemnon, 
Stach  er  ihm  in  die  mitte  des  arms,  dicht  unter  der  beugung, 
Dafs  ihn  grade  durchdrang  die  schimmernde  spize  des  erzes. 
Schauer  ergrif  nun  plözlich  den  herschenden  held  Agamemnon  ; 
Dennoch  tastet*  er  nicht  vomi  kämpf  und  schlachtengetümmel ,        cl^S 
Sondern  er  stürzt*  auf  Koon  mit  sturmgenähreter  lanze. 
Seinen  Ifidaihas  dort,  den  leiblichen  bruder  vom<-\'ater,T 

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ELFTER  GESANG,  577 

7.0g  CT  am  fufs  in  der  eil',  und  rief  den  tapfersten  allifn, 

Doch  wie  er  zog  im  gedränge,   verwundet'  ihn  unter  dem  schUde 

Jener  mit  erzgerüstetem  sqhaft ,  und  löste  die  gli^der ;  96a 

IJber  Ifidamas  dann  enthieb  er  das  haupt  ihm  genahet, 

So  vom^Atreiden  besiegt,  dem  könige,  fanden  Antenors 

Beide  söhn'  ihr  Verhängnis,  und  sanken  in  A'ides  wohming. 

£f  dann  wandelte  fort  durch  schlachtreihn  anderer  männer, 
Mordend  mit  lanz'  und  schwert  and  gewaltigen  steinen  de$  feldes,  263 
yfäl  ihm  das  blut  noch  warm  aus  offener  wunde  hervordrang. 
Aber  sobald  ihm  stokte  das  blut  in  erharschender  wunde, 
Heftiger  schmerz  nun  fafste  den  heldenmut  Agamemnons. 
Wie  der  gebährerin  seelc  der  pfcil  des  Schmerzes  durchdringet, 
Herb'  und  scharf,  den  gesandt  hartringende  Eileithyen ,  $fc']a 

Sic  .der  Here  tochter ,  von  bitteren  wehen  begleitet ; 
Also  £äfste  der  schmerz  den  heldenmut  Agamemnons. 
Und  er  sprang  in  den  sessel,  dem  wagenlenker  gebietend, 
Dais  Z14  den  räumigen  schiffen  er  kehretc;  d^nn  Um  umfing  gram« 
Laut  nun  scholl  sein  durchdringender  ruf  in  das  heer  der  Achaier :  2*75 

Freunde,  des  yolks  von  Argos  erhabene  fürsten  und  pfleger, 
Ihr  nun  hemmet  xurük  von  den  meerdurchwandelnden  schiffen 
Diesen  entsezlichen  streit,  da  Mir  Zeus  waltende  vorsieht 
Je;zo  verwehrt,  die  Troer  den  ganzen  tag  zu  bekämpfen! 

.  Sprachs;  da  geifselte  rasch  die  glänzenden  rosse  der  lenket  280 
Hin  zu  den  räumigen  schiffen;  und  nicht  unwillig . entflohn  sie« 
Beide  mit  schäumender  brüst,  .und  besprengt  VQii  unten  mit  staube. 
Trugen  sie  fern  aus  der  schlacht  den  hartgequäleten  könig. . 

Aber  wie  Hektör  ersah,  daCs  Atreus  söhn  sid^ntfcrjite, 


178  ILIAS, 

Mahnet*  er  Troer  zugleich  und  Lykier,  laut  ausrufend ;  ?t85 

Troer«  und  Lykier  ihr,  und  Dardaner,  kämpfer  der  nahe. 
Seid  nun  männer,  o  freund*,  und  gedenkt  einstürmeoder  abwehr! 
Fern  i&t  der  tapferste  mann,   und  Mir  giebt  hergehen  ^iegsr\ihni 
Zeus  der  Kronid'!  Auf,  grade  gelenkt  die  stampfenden  rosse, 
Gegen  der  Danaer  beiden,  dafs  höheren  rühm  ihr  gewinnet!    a^ 

Hekior  riefs ,  und  erregte  dei^  mut  und  die  harzen  der  mänpen 
Wie  wenn  oft  ein  Jäger  die  schaar  weifsxabniger  hunde  ' 
Reizt  auf  den  grimmigen  eher  de^  waldthals ,  oder  den  löwen ; 
So  auf  die  Danaer  reizte  die  edelmütigen  Troer* 
Hcktor,  Priamos  söhn,  dexs^  mordenden  Ares  vergleichbar'        295 
Selbst  hochtrozendes  sinns  durch  wandelt'  er  vorn  das  getiimmel. 
Stürzte  sich  dann  in  die  schlacht,  wie  ein  hochherbrausender  Sturmwind, 
Der  in  gewaltigen^  stürz  blauschimmernde  wogen  emporwühlt. 
Welchen  strekte  zuerst ,  und  welchen  zulezt  in  den  staub  hia 
Hektor,.  Priamos  söhn,  da  Ihm  Zeus  ^hre  verliehen?  300 

Erst  Assäos  den  held,  Autdnoos  dann,  und  Opites« 
Dolops,  Klytios  söhn,  und  Ofeltios,  auch  Agelaos, 
Oros;  Asymnos  sodann,  und  Hippönoos ,  freudig  zur  feldschlacht^ 
Diese  gebieter  entraft'  er  den  Danaern,  würgte  dann  weiter 
Unter  dem  volk :  wie  der  west  aus  einander  wirrt  die  gewölke  305 
Vom  blafsschauernden  süd ,  mit  dichtem  stürm  sie  verdrängend ; 
Häufig  wälzt  hochbrandend  die  woge  «ich,  aber  eihpor  sprizt 
Weifser  schäum ,  vor  dem  stofse  der  viel^chzuckenden  Windsbraut : 
So  rings  stiSirzten  vor  Hekior  bezwungene  häupter  des  Volkes, 
Jezt  war'  entschieden  der  kämpf,  und  unheilbare  thaten  vollendet,  310 
Und  in  die  schiffe  gedrängt  das  fliehende  hcjet  der^chaier; 

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ELFTER  GESANG.  279, 

Hatt<  nicht  den  Tydcklen  eunahnt  der  dulder  .Odysseus : 

Tydei4$  söhn»  wie  vergessen  wir  doch  einstürmender  abwehr? 
Auf,  trit  näher,  mein  freiend,  &teh  neben  mir!  Schande  ja  war*  e^»,^ 
>Veno  er  die  schiff'  eimübn^e,  der  helmun>flfitteite  Hektar!      31  j; 

Ihm  antwortete  drauf  der  starke  held  Pio4Tiedc$ : 
Gerne  bebarr*  ich  aihier,  and  dulde  noch;  ai^er  nur  wenig 
Fruchtet  unsere  kraft;  denn  der.  herschex  im  dgnu^rgewölk  Zeus 
Will  die  Troer  mit  sieg  verbcrlicheny  vor  den  Achatern! 

Sprach«,  und  warf  Thyiabräos  vom  wagen  herab  a^uf  die  er^i^  320 
Links  durchschmetternd  die  brüst  mit  dem  wurFspiefs;  aber  Cklysseu« 
Traf  den  edlea  MloUoOi  des  köuiges  wagengencssen,   . 
Jene  liefsen  sie  dprt  ausruhn  von  der  kriegrischen  »tbeit.. 
Drangen  hinein  ins  getiimmel,  und  wüteten:  wie  wenn  der  eher 
P.uir  in  di?  hunde  der  jagd  hoc]itrozeiides  mutes  hineinstürzt :     3^3 
Also  durchK)btcn  den  f#ind  die  gewendeten;  und  die  Achaier 
Frt^  en  $ich  aufiuathmen,  ge«chj?ucht  von  dem  göttlichen  Hektor. 

Jezitwar  eirhaschrc^in  geschirr ;  xween  tapferste  m'^nner  des  Volke« 
Trug  es,  von  M«rops  Qrieugt,  dem  Perkosier:  welcher  vor  allen 
Fernes  ge«chik  wahrnahm,  und  nie  den  söhnen  gestattet,  330 

Finiugchn  in  den  krieg,  d$n  verderblichen;  aber  sie  hörten 
Nicht  sein  iMiort,  denn  sie  führte  de&  dvinki^len  todes  Verhängnis. 
Die>?n  kam  der  Tyd^ide,   der  schwanger  des  speers  Oiomqdcs, 
Raubete  geist  upd  leben ,  und  t^ug  die  prangend^  rüstung. 
Doch  dem  Hippodamas  jezt  und  Hypeirochos  nabmsieOdysseus«  335 

Nun  liefs  schweben  die  schlacht  im  glcichgewichte  Kronion^ 
Schauend  vom  Ida  herab;  und  sie  würgten  sich  unter  einander. 
Siehe,  den  Päoniäen  Agäsifofo«  traf  Diomedes,      r^^^^T^ 

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28Q  I.LIAS,    ^       • 

Stofsend  mh  eherner  hinx*  am  hiiftbein;   denn  das  gespann  war 

Nicht  ihm  nah  lu  entfliehn ;  so  grofe  war  des  geistes  hethörung  V    340 

Abwärts  hiek  der  genofs  den  wagen  ihm;  aber  er  selber 

Tobte  zu  fufs  durch  das  vordergewiihl  j  bis  sein  leben  dahin  war. 

Doch  wie  sie  Hektor  erkannt  durch  die  Ordnungen,  stnrmt*  er  auf  jene 

Her  mit  geschrei ;  und  es  folgten  zugleich  heprschaaren  der  Troer. 

Als  er  ihn  sah  ^  da  stuztc  der  rufer  im  streit  Diomedes»  345 

Und  er  redete  schnell  zu  Odysseus,  der  ihm  genaht  war: 

Schau,   dort  wälzt  das  verderben  sich  her,  der  gewaltige  Hektor? 

Aber  wohlan,  hier  stehn  wir  in  fcst  ausharrender  abwehr* 

Sprachs,  und  im  schwang*  entsandt'  er  die  weithinschattende  lanze« 

Traf,  undverfehlete  nicht,  auf  das  haupt  dem  kommenden  zielend,  350. 

Oben  die  kuppel  des  heims ;  doch  prallte  das  erz  von  dem  crze , 

Eh  es  die  schöne  haut  ihm  beröhrt;  denn  es  >K^hwe  der  heim  ab. 

Dreifach,  länglich  gespizt,  ihm  geschenkt  von  Föbos  Apollon. 

Hektor  flog  unermefslich  zurük ,   in  die  schaaren  sich  mischend ; 

Und  er  entsank  hinknieend ,  und  stemmte  die  nervichte  rechte     355 

Ge^n  die  erd' ;  und  die  äugen  umzog  die  ^nstere  nacht  ihm. 

Aber  indcfs  der  Tydeide  dem  schwung  nacheilte  des  Speeres , 

Fern  durch  das  vordergewühl,  wo  er  nieder  ihm  schofs  in  den  boden  ; 

Kehrete  Hektors  geist ,  und  schnell  in  den  sessel  sich  sck^ngend , 

/ 
Jagt'  er  hinweg  ins  gedräng',  und  vermied  das  schwarze  verhl^ngnis.  360 

Doch  mit  dem  speer  anstürmend ,  begann  der  held  Diomedes*: 

Wieder  entrannst  du  dem  tode,  du  hund !  Schon  nahte  verderben 

Über  dein  haüpt;  doch  von  neuem  entrb'kte' dich  Föbos  Apollon, 

Den  du  gewifs  anflehst ,  in  das  speergerassel  dich  wagend ! 

Poch  bajd  mein'  ich  mit  dir  zu  endigen ,  künftig/%cffegniend  ,     365 


ELFTER   GESANG,  ..      agi 

Würdiget  anders  auch  mich  ein  unsterblicher  gott  xu  begleiten! 
Jczo  eil*  ich  umher  zu  den  anderen ,  wen  ich  erhasche ! 

Sprachs,  und  Faons  söhne,  dem  tapferen,  raubt*  er  die  rüstung. 
Aber  der  held  Alexandros,  der  lockigen  Helena  gatte,  . 
Richtet'  auf  Tydcus  söhn  das  geschöfs,  den  hirteii  der  volker,    570 
Hinter  die  seule  geschmiegt ,  auf  dem  männerbereitet^n  grabmal 
Ilos  des  Dardaniden ,  des  vormals  waltenden  greises. 
Jener  entrifs  dem  starken  Agastrofbs  eilend  des  pailzers 
Kunstgeflecbt  von  der  brost,  und  den  schild  von  den  müchdgen  söhultern, 
Samt  dem  gewichtigen  heim.     Da  zog  er  den  bcigel  des  hocnes ,    375 
Schnellt'  und  traf$  nicht  eitles  geschöfs  von  der  nerve  versenaend, 
Unten  den  rechten  fufs;  und  das  erz,  durch  die  sole  gedrungen, 
Bohrt'  in  den  boden  hinab.     Doch  er  mit  behaglicher  lache 
Sprang  aus  dem  hinterhalt ,  und  rief  lautjauchzend  di^  worte : 

Ha  das  traf!  nicht  eitel  entflog  dar  geschöfs !  O  wie  gerne        38a 
Hätt-  ich  die  weiche  des  bauchs  dir  durchbohrt,  und  das  leben  entrisse^i ! 
Dann  vermöchten  die  Troer  doch  aufzuathmen  von  drangsal, 
Welche  du  wild  fortscheuchst ,  wie  ein  leu  die  meckernden  ziegen ! 

Diauf  begann  unerschrocken  der  starke*  hejd  Diomed^s  2 
Lästerer,  bogenschüz,'  pfeilprangendei ,  mädchenbeäugler !  385 

Wenn  du  mit  ofner  gewalt  in  rtistungen  wider  mich  kämest, 
Nichts  wohl  frommete  dii  das  geschöfs  und  di^  häufigen  pfeile. 
Jezt  da  den  fufs  mir  unten  du  rizetest,  prahlst  du  vergebens. 
Nichts  gilt  mirs!  als  traf'  ein  m^dchen  mkh,  oder  ein  knäblein! 
Kraftlos  spielt  das  geschöfs  des  nichtsgeachteten  Weichlings!        390 
Traun  wohl  anders  von  mir,  "und  ob  nur  ein  wenig  es  fasse, 
Dringt  ein  scharfes  geschöfs,  und  sofort  zu  den  lodten  gesellt  es! 

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28a  ILIAS* 

Seiner  vermählten  daheim  äind  umher  zerrissen  die  wangen, 
Und  die  kinder  verwaist;  mit  blut  die  erde  befleckend  394 

Modert  er;  und  der  gevögel  umschwärmt  ihn  mehr»  denn  der  wdber! 

Also  der  heid ;  doch  Odys6(;u5  der  lanzenschwinger,  sich  nüiend. 
Trat  vor  ihn ;  nun  sa{s  er  geschirmt ,  und  zog  sich  den  schnellen 
FFjil  aus  dem  fpfs ;  und  der  schmerz  durchdrang  ihm  die  glied^r  gewaltsam« 
Und  er  sprang  in  den  sessel,  dem  wagenlenker  gebietend, 
Dufs  zu  den  räumigen  schHFen  er  kehrete ;  denn  ihn  umfing  gram.     400 

Einsam  blieb  Odysseus  der  lanzenschwinger  >  und  niejnand 
Hiirrt'  um  ihn  der  Achaier,  denn  furcht  verscheuchte  si^  alle, 
Unmutsvoll  nun ,  sprach  er  zu  seiner  exhabenen  seele : 

W^ehe,  was  soll  mir  geschehn!  O  schände  doch,  wenn. ich  entflöhe, 
Fort  durch  menge  geschrekt !  Doch  entsezlich^r>  wijrd*  ich  geBingen,  405 
Einsam  hier ;  denn  die  .andern  der  Danacr  scheuchte  Kronion ! 
Aber  warum  doch  bewegt^  da$  }i^rz  mir  splche  g^dafiken? 
Wohl  ja  weifs  ich,  dafs  feige  zprük  sich, ziehen  vom  kämpfet 
Doch  wer  edel  erscheint  in  der  feldschlacht ,  dem  ist  durchaus  noth, 
Tapfer  den  feind  zu  bestehn ,  er  treffe  nun,  oder  m'<m  treff'  ihn!     41Q 

Ab  er  solches  erw^g  in  des  herzdns  geist  imd  empfindung, 
Trogen  bereits  die  Troer  heran  in  geschildeten  schlachfreihn ; 
Und  sie  umschlossen  ihn  rings,  ihr  unheü  selber  \imzingelnd. 
Wie  auf  den  eher  umher  Jagdhund'  und  blühende  Jäger 
Kennen  ini  stürz;  er  wandeh  aus  tiefverwachsener  holzUng»        415 
Wezend  den  weifsen  zahn  im  zurükgebpgenen  rüssel; 
Kings  nun  stürmen  sie  an;  und  >vild  mit  klappenden  huuern 
Wütet  er;  dennoch  bestehp  sie  zugleich,  wie  SiphrclxUch  er  difohet: 
Also  dort  um  Odysseus ,  den  göttlichen ,  stürsteii^icb  lingsher 

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ELFTER  GESANG,  ^83 

Troer*     Doch  jener  durchstach  dem^  untadlichcn  Dciopites  420 

Erst  clie  obere  schüUer,  mit  spiziger  lanz*  ihn  ereijend; 
Auch  den  Thoon  darauf  und  lEnnomos  strekt'  er  in  Uut  hin; 
Auch  dem  Cher&idamas  rannt'  er>  der  schnell  vom  wagen  herabsprang> 
Unter  dem  buklichten  schild  den  ragenden  «peer  in  den  nabel, 
Tief;  und  er  «ank  in  d^n  staub,  mit  der  band  den  bgden  ergreifend.  425 
Jene  verliefs  er«    und  Hippasos  söhn  mit  der  lanze  durchstach  er» 
Charops,  den  leiblichen  bruder  des  wohlent&prossenen  Sokos, 
Ihm  ein  helfer  zu  sein,  wie  ein  gott,  kam  Sokos  gewandelt; 
Nahe  trat  er  hinap,  und  sprach  zu  jenem  die  worte; 

O  preis  voller  Odysseus,  an  list  unerschöpft,  und  an  arbeit,    43Q 
Heut  ist  dir  entweder  der  rühm,  dafs  Hippasos  söhne 
Beide  du,  solche  männer,  gestrekk,  und  die  wafFen  erbeutet; 
Oder  von  meiner  lanze  durchbohrt,  verhaqchst  dui  das  leben! 

Also  sprach  er ,  und  stiefs  auf  des  Schildes  geiUndete  Wölbung, 
Siehe,  den  stralenden  schild  durchschnietterte  mächtig  die  lanze,  43 j 
Auch  in  das  kunsrge&chmeide  des  harnisches  dipang  sie  geheftet; 
Gc.nz  dann  rifs  sie  die  haut  von  den  rippcn  ihm;  aber  Athene 
Licfs  nicht  dringen  das  erz  in  die  eingeweide  des  niannes. 
Doch  wie  Odysseus  erkannt,  dafs  ihm  kein  todesgeschols  kanii 
>\'ich  er  ein  wenig  zuriik,  und  sprach  zu  Sokos  die  worte:        44a 

Unglükseliger,  traun!  dich  ergreift  nun  grauses  verderben! 
Z.war  mich  hast  du  gehemmt  in  des  troischen  Volkes  beka'mpfung:  - 
Doch  Dir  meld'  ich  alhier  den  tod  und  das  schwarze  Verhängnis ; 
Oiesen  tag  dir  bestimmt;  von  meiner  lanze  gebändigt, 
[Riebst  du  mir  rühm,  und  die  seele  dem  sporner  der  gauF  Aidoneus.  445 

Sprachs;  und  jenet,  zurük  in  d^  flucht  gewendet^  enteilte; 

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284  ILIASt 

Doch  dem  gewendeten  schof&  er  den  ehernen  Speer  in  den  riicken , 
Zwischen  der  &chulterbucht ,  dafs  vorh  aus  dem  busen  er  vordrang; 
Dumpf  hin  kracht-  er  im  fall ;  und  es  rief  frohlockend  Odysseus : 

Sokos,  Hippasos  söhn,  des  feuiigen  rossebeiähmers ,  450 

Siehe,  der  endende  tqd  erhaschte  dich,  und  du  entrannst  picht! 
Wehe  dir,  nicht  dein  vater  und  deine  liebende  mutter 
DHicken  die  äugen  dir  zu ,  dem  sterbenden ;  sondern  des  raubes 
Vögel  zerhacken  dich  bald,  mit  den  fittigen  froh  dich  umflatternd ! 
Starb'  auch  Ich,  dann  schmücken  mein  grab  die  edlen  Achaier!      455 

Jener  sprächs ,   und  den  mächtigen  speer  des  erhabenen  Sokos 
•TLog  er  hervor  aus  der  wund*,  und  dem  hochgenabelten  Schilde; 
Flugs,  dem  entzogenen  nach,  schofs  blut,  und  schwächte  das  herz  ihm. 
Doch  wie  die  mutigen  Troer  das  blut  ^es  königes  schauten , 
Kiefen  sie  laut  einander,  und  wandelten  gegen  ihn  alle.  460 

Aber  Odysseus  wich  dem  gedrängt,  und  schrie  zu  den  freunden. 
Dreimal  schrie  er  empor,  wie  die  bru&t  aushallet  des  mannes; 
Dreimal  vernahm  das  geschrei  der  streitbare  held  Menelaos, 
Schnell  begann  er  und  sprach  zu  Ajas ,  der  ihm  genaht  wat : 

Ajas,  göttlicher  söhn  des  Tclamon,  völketgsbieter ,  46J 

Eben  umscholl  Odysseus,  des  duldenden,  fernes  geschrei  mich, 
Jukbem'  gleich,  als  driingten  den  einsam  verlassenen  etw^ 
Troer,  den  weg  abschneidend  im  ungestüme  der  feldschlacht. 
Auf,  das  getümmel  hindurch!  denn  auszuhelfen  geziemet i 
Dafs  nur  nichts  ihm  begegne,  deip  einsan\en  unter  den  Troern,     470 
Stark  wie  er  sei ;  und  schmerzlich  der  Danaer  volk  ihn  vermisse ! 

Sprachs ,  und  ging ;  ihin  folgte  der  gotterähn liehe  Streiter. 
Und  iie  erreichten  Odysseus,  den  heriichen;  uno^ihn  gedrängt  wai 

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ELFTER   GESANG.  2^5 

Troergewtihl :  so  wie  oft  rothgelbe  schakal'  im  gebirgwald 
Umdengehörnetcnhirsch,  den  verwundeten ,  welchen  ein  jäger    475 
Traf  mit  der  senne  geschofs;  dem  zwar  entrann  er  im  laufe 
Fliehend,  dieweil  warm  itröratc  das  blut,  und  die  kniee  sich  regten; 
Aber  sobald  ihn  der  schmerz  des  geflügelten  pfeiles  gebändigt, 
Dann  zerreifsen  schakal'  im  gebirg'  ihn,  gierig  des  fleisches. 
Tief  im  schattigen  hain ;  doch  ein  leu ,  den  gesendet  ein  Dämon,  480 
Naht  grimmvoll;  es  entfliehn  dieschakal',  und  jener  verschlingt  nun : 
Also  dort  um  Odysseus,  den  feurigen  held  voll  erfindung, 
Diangen  viel  der  Troer,  und  tapfere.     Aber  der  held  schwang 
Seine  lanz',  und  wehrte  dem  grausamen  tag  des  Verderbens. 
Ajas  nahete  jezt,  und  den  thiirmenden  schildi  vortragend»  485 

Trat  er  zu  ihm;  und  die  Troer  entzitterten  dorthin  und  dahin. 
Jenen  führt'  an  der  hand  der  streitbare  held  Menelaos 
Aus  dem  gewühl,  bis  die  rosse  der  wagengenofs  ihm  genähert. 
Ajas  sprang  in  der  Troer  gedräng',  und  entrafte  Doryklos, 
Priamos  neben&ohn;  und  darauf  auch  den  Pändokos  stUnc*  er,    490 
Stürzte  Lysandros  dahin,  und  Pyrasos,  und  den  Pylartes. 
Wie  wenn  hochgeschwollen  ein  ström  in  das  thal  sich  ergie&et, 
Strudelnd  im  herbst  vom  gebirg',  indem  Zeus  regen  ihn  fortdrängt; 
Viel  der  dorrenden  eichen  sodann,  viel  kiefergehölz  auch 
Wälzt  er  hinab ,  und  rollt  viel  trübenden  schlämm  in  die  salzfl  ut :    495 
Also  durchtobt'  hinstürzend  das  feld  der  stralende  Ajas, 
Bahn  durch  männer  sich  hauend  und  reisige.    Dieses  vernahm  noch 
Hektör  nicht;  denn  er  kämpft'  an  der  linken  seite  des  treffens,     . 
Längs  dem  gestade  des  Stroms  Skamandros:  dort  wo  am  meisten 
Taumelten  häupter  der  männer,  und  graunvoU  brülhe  der  Schlachtruf, 

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a86  ILIAS* 

Um  den  Idomeneus  her»  und  den  götterähnlfchen  Nestor.  501 

Hektor  schaltete  dort  im  gewiihl,  und  &chrckliche  thaten 

Übt'  CT  mit^  Speer  und  wagen ,  der  Jünglinge  reihen  verwüstend. 

Doch  nicht  wären  gewichen  die  edelen  männer  Achaia's, 

Hatte  nicht  Alexandros,  der  lockigen  Helena  gatte,  505 

Mitten  im  streite  gehemmt  den  völkerhirten  Machaon, 

Mit  dreischneidigem  pfeil  ihm  rechts  die  schuUer.verwundend. 

Seigethalb  erschrakeii  die  mutfaeseelten  Achaier, 

Sorgend,  es  möchte  der  feind  in  gewendeter  schUcht  ihn  ermorden. 

Schnell  zum  göttlichen  Nestor  begann  Idomeneus  also:  510 

Nestor,  Neleus  söhn,  du  erhabener  rühm  der  Achaier»  ' 
'  Hurtig,  betrit  dein  wagengeschirr ;  auch  betret*  es  Machaon 
Neben  dir;  dann  zu  den  schiffen  gelenkt  die  stampfenden  rosse! 
Denn  ein  heilender  mann  ist  werth  wie  viele  zu  achten, 
Der  ausschneidet  den  pfeil,  und  mit  lindernder  salbe  verbindet«     515 

Sprach«;  und  ihm  folgete  gern  der  gereni^che  reisige  Nestor; 
Schnell  betrs^t  er  sein  wagengeschirr;  auch  betrat  es  Machaon, 
Er,  Asklepios  söhn,  des  unvergleichbaren  arztes. 
Treibend  schwang  er  die  geifsel,  und  rasch  hin  flogen  die  rosse 
Xu  den  geräumigen  schiffen ;  denn  dorthin  wünschten  sie  herzlich.    520 

Aber  Kebriones  sah  der  troischen  männer  getümmel, 
Hektors  wagengenofs,  und  redete,  also  beginnend: 

Hektor,  wir  beide  sind  hier  mit  Danaerschaaren  beschäftigt, 
Fern  am  ende  der  «chlacht ,  der  ents^tlichen ;  aber  die  andern 
Troer  sind  dort  in  einander  gewirrt,  die^espann  und  sie  selben     525 
Ajas  durchtobt  das  gewühl,  der  Telamonid';  ihn  erkenn'  ich:    . 
Denn  breit  raget  der  schild  um  die  Schulter  ihm.     Wenn  wie  denn  izo 

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ELFTER  GESANG.  287 

Dorthin  io$s*  und  wagen  beßügelten ,  wo  nun  am  meisten 
Streiter  xu  fiiCs  und  xu  wagen ,  im  schreklichen  kämpf  sich  begegnend , 
Rings  einander  ermorden,  und  graunvoll  brüllet  der  Schlachtruf!  530 

Sprachs,  und  geifselte  rasch  das  gespann  schönmähnlger  tossp 
Mit  hellknallendem  schwung;  doch  sie,  der  gcifseUgehorchend , 
Trugen  das  schnelle  geschirr  durch  Troer  dahin  und  Achaier, 
Stampfend  auf  bäuchige  schild*  und  leichname  .*  unten  besudelt 
Trof  die  axe  von  Wut,   und  die  zierlichen  ränder  des  sessels,  535 
Welchen  jeit  von  der  hufe  gestampf  ansprizten  die  tropfen ,     - 
Jezt  von  der  räder  beschLag.     So  strebte  der  held  in  der  mk'nner 
Dichtes  gewUhl,  zu  zerstreun,  wo  er  stürmetel  Grauses  getümmel 
Bracht*  er  dem  Volk  der  Achajer,  und  rastete  wenig  vom  Speere. 
Sieh',  er  wandelte  fort  durch  schlachtreihn  anderer  männer,      540 
Mordend  mit  lanz' und  Rh  wert  und  gewaltigen  steinen  des  feldes; 
Ajas  nuir  vermied  er  im  kämpf,  den  Telamoniden; 
Denn  ihm  eiferte  Zeus,   wann  den  stärkeren  mann  er  bekämpfe. 

Zeus  nun  sendete  furcht,  der  allmächtige  vater,  dem  Ajas. 
Starrend  stand,  und  warf  er  den  lastenden  schild  auf  die  schulter ,  545 
Flüchtete  dann,  umschauend  im  männetgewühl ,  wie  ein  raubthier, 
Rückwärts  häufig  gewandt,  mit  langsam  wechselnden  knieen. 
Wie  wenn  den  funkelnden  leun  vom  verschlossenen  riridetgehege 
Oftmals  hund'  abscheuchen  und  landbewohnende  manner , 
Welche  nicht  ihm  gestatten,  das  fett  derrinder  zu  rauben,       550 
Ganz  durchwachend  die  nacht;  er  dort,  nach  fleische  begierig. 
Rennt  gtadan ; '  doch  er  wütet  umsonst ;  denn  häufige  Speere 
Fliegen  ihm  weit  entgegen,   von  mutigen  handln  geschleudert. 
Auch  helUodemde  brmnd*;  und  er  zuktim  stülpenden  ankuf; 


/ 


288  ILIAS* 

Dann  in  der  dämmerung  scheidet  er  weg,  mit  bekünunertem  herxcn:  555 

Also  ging  nun  Ajas  mit  traurendem  gei&t  von  den  Troern, 

Sehr  ungern;  denn  er  sorgte  voll  Angst  um  der  Danaer  schiffe. 

Wie  wenn  zum  Feld*  ein  esel  sich  drängt,  und  die  knaben  bewältigt^ 

Träges  gangs,  auf  dem  viel  stecken  zerscheiterten  ringsum; 

Jezt  eindringend  zerrauft  er  die  saat  tief;  aber  die  knaben  560 

Schlagen  umher  mit  stecken ;  doch  schwach  ist  die  stärke  der  kinder. 

Und  sie  vertreiben  ihn  kaum»  nachdem  er  mit  frafs  sich  gesättigt: 

Also  schwärmt'  um  den  heid,  den  Telamoni'er  Ajas» 

Mutiger  Troer  gewUhl  und  fcmberufencr  helfcr^ 

Die  aufden  Schild  die  lanzen  ihm  schmetterten,  immer  verfolgend.  565 

Aber  bald  gedachte  der  held  einstürmender  abwehr» 

Wieder  das  antliz  gewandt,  und  zwang  die  dichten  geschwader 

Reisiger  Troer   zurük;   bald  kehrt'  er  von  neuem  zur  flucht  um* 

Allen  indefs  verwehrt'  er  den  weg  zu  den  rüstigen  schiffen; 

Denn  er  selbst,  in  der  Troer  und  Danaer  mitte  sich  stellend»    5*]o 

Wütete;  aber  die  speere,    von  mutigen  bänden  geschleudert» 

Hafteten  theils  anprallend  im  siebenhäutigen  sderschild ; 

Viel  auch  im  Zwischenräume,    den  schönen  leib  nicht  erreichend. 

Standen  empor  aus  der  erde,  voll  gier  im  flei^he  zu  schwelgen. 

Als  ihn  Eurypylos  jezt,  der  glänzende  söhn  des  Euamon ,      5*75 
Schauete»  wie  der  geschoss'  unmässiger  stürm  ihn  umdrängte; 
Stand  er  zu  jenem  genaht ,  und  schwang  den  blinkenden  wurfspjefs  , 
Und  traf  Fausias.  söhn ,  den  hirten  des  volks  Apisaon » 
Unter  der  b^ust  in  die  leber,  und  losere  straks  ihm  die  glieder. 
Schnell  dann  sprang  er  hinzu ,  und  raubte  die  wehr  von  den  schultern. 
Aber  sobald  ihn  ersah  der  göttliche  held  Alexandros«  58  t 

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ELFTER   GESANG,  a89 

Wie  ci  die"  wehr  abnahm  dem  getödteten;  tog  er  den  bogen 
Gegen 'Eurypy lös  flugs,  und  sandt'  in  den  schenke!  den  pfeil  ihmi 
Rechts  hinein;  und  das  röhr  brach  ab,  und  beschwerte  den  schenke!. 
Schnell  in  der  freunde  gedräng'  entzog  ersieh,  meidend  das  schiksal;  5S5 
Laut  nun  scholl  sein  durchdringender  ruf  in  das  heer  der  Achaiers 

Freunde,  des  volks  von  Argos  erhabene  fiirsten  und  pfleger, 
Steht,  die  stirne  gewandt,  und  schirmt  vor  dem  grausamen  tage 
Ajas,  der  hart  von  geschossen  umdrängt  wird!  Nimmer,  Vermut'  ich. 
Wird  er  dem  treffen  entfliehn  r  dem  entsezlichen !  Al)er  o  stellt  euch  590 
Gegen  den  feind,  um  Ajas,  den  mächtigen  Telamoniden! 

So  der  verwundete  held  Eurypylos;  und  die  genossen 
Stellten  sich  nah  um  ihp,  die  Schilde  gelehnt  an  die  schultern, 
Alle  die  lanzen  erhöht.     Daher  nun  wandehe  Ajas, 
Stand  dann  xum  feinde  gewandt,  da  der  seinigen  schaar  er  erreichet.  595 
Abo  kämpften  sie  dort,  wie  lodernde  flammen  des  feuers. 

Nestorn  aber  enttrugen  der  schlacht  die  nele'ischen  stuten, 
Schäumend  in  schweifs,  und  brachten  den  völkerhirten  Machaon* 
Jenen  sah  und  erkannte  der  mutige  renner  Achilleus; 
Denn  er  stand  auf  dem  hinterverdek  des  gewaltigen  meerschifs ,     600 
Schauepd  die  kriegsarbeit,  und  die  thränenwerthe  Verfolgung. 
Schnell  XU  seinem  genossen  Patrokleus  redet'  er  jexo, 
Laut  xurufend  vom  schif;  und  Er,  im  gexelte  vernehmend, 
Kam  gleich  Ares  hervor;  dies  war  des  wehes  beginn  ihm. 
Also  fragte  xuerst  Menötios  tapferer  spröfsling:  605 

Warum  rufest  du  mir,  0  Achilleus?  wessen  bedarfst  du? 
Ihm  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achilleus: 

Edler  Menötiad*,  o  meiner  seele  geliebter,        ^         , 

^  .  DigitizedbyVjOOQlC 

Homers  lUas.   I.  Band.  T 


190  I L I A  S* 

Bald  wohl  nahn,  vcnnut*  ich>  zu  meinen  knien  die  Achaier, 
Anzuflehn;  denn  die  noth  umdränget  sie,  ganz  unerträglich.      6io 
Aber  o  geh,  Patroklos,  du  göttlicher,  fot&che  von  Nestor, 
Welchen  verwundeten  mann  er  dort  aus  dem  treffen  zurükführt. 
Xwar  von  hinten  erschien  dem  Machaon  ganz  die  gestalt  gleich » 
Ihm  des  Asklepios  söhn ;  aHein  nicht  sah  ich  das  antliz ; 
Denn  mir  stürmten  die  rosse  vorbei,  im  geflügelten  laufe.  615 

Jener  sprachs;  da  gehorchte  dem  freund  sein  trauter  Patroklos, 
Silt'  und  lief  zu  den  zelten  und  rüstigen  schiffen  Achaia's. 
Als  nun  jene  das  zeit. des  Neleiaden  erreichten, 
.  Traten  sie  selbst  vom  wagen  zur  nahrungsprossenden  erde; 
Hierauf  löste  die  ross'  Eurymedon ,  diener  des  greises ,  620 

Von  dem  geschirr.     Sie  aber,  den  schweifs  der  gewandezu  kühlen, 
SteUten  sich  gegen  den  wind  am  luftigen  meergestade. 
Gingen  sodann  ins  gezelt ,  und  sezten  sich  nieder  auf  sessel. 
Weinmus  mengt'  izt  ihnen  die  lockige  Hekamede, 
Die  aus  Tcnedos  wählte  der  greis,  wie  Achilleus  sie  einnahm,       625 
Tochter  des  hochgesinnten  Arsinoos,  die  die  Achaier 
Ihm  auskohren,  diewcil  er  im  rath  vorragte  vor  allen. 
Diese  rükte  zuerst  die  schöne  geglättete  tafel 
Mit  stahlblauem  gestcU  vor  die  könige;  mitten  darauf  dann 
Stand  ein  eherner  korb  voll  trunkeinladender  zwiebeln,  630 

Gelblicher  honig  dabei,  samt  heiligem  kerne  des  mehles; 
Auch  ein  stattlicher  kelch,  den  der  greis  mitbrachte  von  Pylos: 
Den  rings  goldene  buckeln  umschimmerten ;  aber  der  henkel 
Waren  vier,  und  umher  zwo  pickende  tauben  an  jedem ^ 
Schön  aus  golde  geformt ;  zwei  waren  auch  unten  4^^Äd<fP'  635 


ELFTER   GESANG.  a^i 

Mühsam  hob  ein  andrer  den  schweren  kelch  von  der  tafel» 
War  er  voll;  doch  Nestor  der  greis  erhob  unbemüht  ihn« 
Hieriil  mengte  das  weib,  an  gestalt  göttinnen  vergleichbar» 
Ihnen  des  pramnischen  weins,  und  rieb  mit  eherner  raspel 
Ziegenkäse  darauf,  mit  weifsem  mehl  ihn  bestreuend,  640 

Nöthigte  dann  zu  trinken  voni  wohlbereiteten  weinmus. 
Beide ,  nachdem  sie  im  tränke  den  brennenden  durst  sich  gelöschet , 
Freueten  sich  des  gesprächs,  un4  redeten  viel  mit  einander. 

Jezo  stand  an  der  pforte  Pattokios,  ähnlich  den  göttern. 
Als  ihn  scheute  der  greis ,  da  sprang  er  vom  schimmernden  sessel ,    645 
Führt'  ihn  herein  an  der  hand,  und  nöthigte  freundlich  zum  size. 
Doch  Patroklos  versagt*  es  dem  greis',  und  erwiederte  also: 

Nöthige  nicht  .zum  size,  du  göttlicher  alter;  ich  darf  nicht« 
Ehrfurcht  fodert  und  scheu,  der  mich  aussandte,  zu  forschen. 
Welchen  verwundeten  dort  du  zurükführst.     Aber  ich  selber       650 
Kenn*  ihn  schon;  denn  ich  sehe  den  völkerhirten  Machaon. 
Jezo  kehr*  ich  als  bot*,  und  melde  das  wort  dem  Achilleuf. 
Wohl  ja  kennest  auch  du,  ehrwürdiger  alter,  des  maaqes 
Heftigen  sinn,  der  leicht  unschuldige  selber  beschuldigt« 

Ihm  antwortete  drauf  der  gerenische  reisige  Nestor:  655 

Was  doch  küi^mern  so  sehr  des  Achilleus  herz  die  Achaiet, 
Welche  bereits  das  geschofs  verwundete?  Aber  er  weit  nicht, 
Welch  ein  weh  sich  erhub  durch  das  kriegshcerl  Alle  die  tapfcm 
Liegen  umher  bei  den  schiffen ,  mit;  wurf  und  stofse  verwundet !  . 
Wund  ist  vom  pfeil  der  Tydeide,  der  starke  held  Diomedes;    660 
Wund  von  dqr  lanz*  Odyiseus,  der  hetliche,  und  Agamemnon*' 
Diesen  anderen  hier  entführt*  ich  eben  der 


feldschlacht,  t 

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292  ,  ILIAS* 

Als  der  scntie  gc^chors  ihn  vctwundctc.     Aber  AchiUeul 

Hegt,  xwar  tapfer,  mit  uns  nicht  mitleid  oder  erbannung! 

Harrt  er  vielleicht,  bis  erst  die  rüstigen  schiff'  am  gestade«         66$ 

Troz  der  Achaiermacht,  in  feindlicher  flamme  vcrlodem, 

Und  wir  selbst  hinbluten  der  reihe  nach?  Nicht  ja  besteht  mir 

Kraft,  wie  vordem  sie  gestrebt  in  den  leichtgebogenen  gliedern! 

War'  ich  so  jugendlich  noch,  und  ungeschwächtes  Vermögens , 

Wie  als  einst  der  Eleier  und  Pylier  fehde  sich  anspann»  670 

Über  den  rinderraub;  da  Ich  den  Itymoneus  hinwarf^ 

Jenen  tapferen  ^hn  des  Hypeirochos,  wohnend  in  Elis»  ^ 

Vhd  mir  entschädigung  nahm.     Er  stritt^  uns  wehrend  die  rinder; 

Aber  ihn  traf  im  vordergewühl  mein  stürmender  wurfspiefs, 

Dafs  er  sank«  und  in  angst  sein  ländliches  Volk  sich  zerstreute.       675 

Viel  und  reichliche  beute  gewannen  wir  rings  aus  den  f eidern: 

Fünfzig  heerden  der  rinder  umher,  der  weidenden  schafe 

Eben  so  viel,  auch  der  schweine  so  viel,  und  der  streifenden  ziegen; 

Auch  der  bräunlichen  rosse  gewannen  wir  hundert  und  fupfxig, 

Stuten  all',  und  viele  von  saugenden  füllen  begleitet.  680 

Weg  nun  trieben  wir  jene,  hinein  zur  neleischen  Pylos, 

Nachts  in  die  Stadt  ankommend;   und  herzlich  freute  sich  Neleus^ 

Dafs  mir  Jünglinge  schon  so  viel  kriegsbeute  beschert  war. 

Heroldstuf  nun  tönte,  sobald  der  morgen  emporstieg. 

Jeden  herbei «  wem  schuld  in  der  heiligen  Elis  gebührte.  685 

Aber  de«  Pyllervolks  versamnrielte  obergebieter 

Theileten  aus;  denn  vielen  gebührete  schuld  von  Epeiem, 

Seit  wir  wenigen  dort  in  drangsal  Pylos  bewohnet. 

Denn  uns  drängt'  hinkonunend  die  hohe  kraft  HerajclM 

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ELFTER   GESANG.  »93 

Einige  jähre  zuvor  und  erschlug  die  tapfersten  mdnneu  690 

Siehe,  wir  waren  zwölf  untadliche  söhne  des  Neleus; 

Davon  blieb  ich  allein;  die  anderen  sanken  getödtet, 

Dmm  verachteten  uns  die  erzumschirmten  Epeier, 

Und  voll  Übermutes  verübten  sie  mancherlei  frevel. 

Draus  nun  wählte  der  greis  sich  eine  heerde  der  rinder,  695 

Eine  von  schafen  gedrängt,  drei  hunderte,  samt  den  hirten; 

Weil  auch  Ihm  viel  schuld  in  der  heiligen  EHs  gebührte: 

Vier  siegprangende  rosse  zusamt  dem  wagengcschirre , 

Zum  Wettrennen  gesandt:  denn  ein  dreifufs  war  zur  belohnqng 

Aufgesreüt;  da  behielt  der  völkerfürst  Augeias     •  loo 

Jene  zurük,  und  entsandte  den  traurenden  wagenlenker. 

So  zum*  zorne  gereizt  durch  wort'  und  thaten  des  freveis , 

Kählte  sich  vieles  der  greis;  das  übrige  gab  er  dem  volke» 

Gleichgetheilt,  dafs  keiner  ihm  leer  ausginge  des  gutes. 

Also  vollendeten  wir  ein  jegliches,  und  um  die  Stadt  her  705 

Weihten  wir  opfer  des  danks.     Doch  schnell  am  dritten  der  tage 

Kamen  die  feind'  unzählbar,  sie  selbst  und  stampfende  ro^sse, 

Alle  goschaart ;  auch  kamen  die  zween  Molionen  gerüstet , 

Kinder  annoch,  und  wenig  gewandt  in  stürmender  ab^yehr. 

Eine  Stadt  Thryoessa  erhebt  sich  auf  felsigem  hügel,  Tio 

Fern  an  Alfeios  ström,  und  begrenzt  die  sandige  Pyloss 

Diese  bekämpfte  der  feind,  sie  auszutilgen  verlangend. 

Doch  wie  sie  ganz  das  gcfild*  umschwärmeten ,  kam  uns  Athen« 

Schnell  vom  Olympos  gerannt  mit  der  botschaft,  uns  zu  bewafnen. 

Nachts;  und  nicht  unwillig  erbot  sich  Pylicrvolk  rings,  715 

Sondern  mit  freudigen!  mut  zu  der  feldschlacht. .   ^fe  nur  verwehrte 

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294  ILIAS* 

Neleus,  mitzugehn  in  den  streit,  und  barg  mir  die  rosse;  ^ 

Denn  npch  wähnt*  er  mich  nicht  zu  kriegsarbeiten  gewixigt. 
Dentioch  strah*  ich  hervor  in  unserer  reisigen  schaaren, 
Ohne  gespann,  auch  zu  fufs;  so  trieb  in  den  kämpf  mich  Athene. 
Aber  es  rollt  ein  ström  Minyeios  nieder  zur  salzflut,  qai 

Dicht  an  Aren':  hier  harreten  wir  der  heiligen  frühe, 
Pylos  reisige  schaar;  und  daher  flofs  menge  des  fufsvolks. 
,  Drauf  mit  gesamter  macht  in  wohlgerüstetem  heerzug  * 
Kamen  wir  mittags  hin  zum  heiligen  stiom  Alfeios.  »725 

Alda  brachten  wir  Xeus  dem  allmächtigen  prangende  opfer. 
Einen  stier  dem  Alfeios,  und  einen  stier  dem  Poseidon, 
Eine  kuh  von  der  heerde  -fiir  Zeus  blauädgige  tochter ; 
Spätmahl  nahmen  wir  nun  durch  das  kriegsheer,  häufen  bei  häufen, 
Legten  uns  dann  zur  ruh,  in  eigener  rüstung  ein  jeder,  730 

Längs  den  flilten  des  Stroms.    Die  hochgesinnten  Epeier 
Standen  bereits  um  die  Stadt,  sie  hinwegzutilgen  verlangend; 
Aber  sie  fanden  zuvor  des  Ares  schrekliche  arbeit. 
Denn  als  leuchtend  die  sonn'  emporsüeg  über  die  erde, 
Rannten  wir  an  zum  gefecht,  und  fleheten  Zeus  und  Athenen.      ^35 
Jezt  da  die  schlacht  anhub  der  Pyiier  und  der  Epeier, 
Raft*.  ich  den  ersten  der  feind',  und  nahm  die  stampfenden  rosse, 
Mulios,  kühn  und  gewandt,  der  ein  eidam  war  des  Augeias, 
Seiner  ältesten  tochter  vermählt,  Agamede  der  blonden, 
Die  heilkräuter  verstand,  so  viel  rings  nähret  das  erdreich.         »740 
Ihn,  wie  er  gegen  mich  kam,  durchbohrt'  ich  mit  eherner  lanze  ; 
Und  er  entsank  in  den  staub;  und  Ich,  m  den  sessel  mich  schwingend , 
Stand  nun  im  vordergewühL     Die  hochgesinnten  Epeieiole 


ELFTER   GESANG.  295 

Titrerten  ängstlich  umher ,  da  deii  mann  hinfallen  sie  sahen. 
Ihn  der  reisigen  fuhrer,  der  weit  vorstrebt'  in  der  feldschlacht.  745 
Aber  ich  stürmt'  in  die  feinde,  dem  dunkelen  donnerorkan  gleich; 
Funixig  gewann  ich  ^er  wagen,  und  zween  kriegsmänner  um  jeden 
Knirschten  den  staub  mit  den  zahnen,  von  meiner  lanze  gebändigt. 
Aktors  söhn'  auch  hätt*  ich  gestrekt,  die  zween  Molionen, 
Hätte  nur  nicht  ihr  vater,  der  erderschüttrer  Poseidon,  750 

Schnell  dem  gefecht  sie  entrükt^  in  dunkelen  nebel  sie  hüllend.- 
Jezo  gewahrere  Zeus  den  Pyliern  herliche  siegsmacht. 
Denn  stets  folgeten  wir  durch  schildbestreuete  felder. 
Niederhauend  den  feind,  und  stattliche  rUstungen  sammelnd, 
Bis  wir  zum  weizengefilde  Buprasion  trieben  die  rosse,  755 

Und  zum  olenischen  fels,  und  wo  Alesions  hügel 
IfVifd  genannt,  wo  zurUk  uns  wendete  Pallas  Athene. 
Dort  verliefs  ich  den  lezten  erschlagenen;  und  die  Achaier 
Lenkten  das  schnelle  gespann  von  Buprasion  wieder  gen*Pylos, 
Preisend  mit  dank  von  den  ewigen  Zeus,  von  den  sterblichen  Nestor.  760 
So  war  Ich  (o  ich  wars!)  in  der  feldschlacht!  Aber  Achilleu« 
Hegt  der  tugcnd  genufs  sich  allein  nurf  Wahrlich  mit  thränen 
Wird  er  hinfort  es  bejammern,  nachdem  die  Achaier  vertilgt  sind! 
Ach  mein  &eund,  wohl  hat  dich  Menödos  also  ermahnet» 
Jenes  tag»,  da  aus  Fria  zu  Atreus  söhn  er  dich  sandte.  765 

Denn  wir  beide  darinnen,  ich  selbst  und  der  edle  Odysseus, 
Hörten  sie  all'  im  gemach,  die  ermahnungen,  die  er  dir  mitgab. 
Siehe,  wir  kamen  dahin  zu  Pejeus  stattlicher  wohnung, 
Völker  umher  aufbietend  im  fruchtbaren  land*  Achaia's; 
Und  'Wir  fanden  den  held  Menötios  dort  im  palaste^  770 

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196  ILIAS* 

Dich  und  Achilleus  zugleich.    Der  alte  reisige  Peleuaf 

Brannte  dem  doniierer  Xeus  die  fetten  schenke!  des  süeres 

In  dem  umschlossenen  hof,  und  hielt  den  goldenen  becher. 

Sprengend  den  funkelnden  wein  in  die  heilige  flamme  des  opfers. 

Und  ihr  ordnetet  beide  das  stierQeisch.  ^  Jezo  erschienen  "775 

Wir  an  der  pforte  des  hofs;  bestiint  nun  erhub  sich  Achilleus, 

Führt'  uns  herein  an  der  hand,  und  nöthigte  hreundlich  zum  sixe, 

Wohl  dann  bewirtet'  er  uns,  nach  heiliger  sitte  des  gastrechts. 

Aber  nachdem  wir  der  kost  uns  gesättiget  und  des  getränkes, 

Jezo  begann  ich  die  red',  euch  mitzugehen  empfehlend;  '78# 

Ihr  auch  wolltet  es  gern ,  und  viel  ermahnten  die  v'ater. 

Peleus,  der  grauende  held,  ermahnete  seinen  Achilleus , 

Immer  der  erste  zu  sein,  und  vorzustreben  vor  andern. 

Dich  ermahnete  also  Menönos,  Aktors. erzeugter: 

Lieber  söhn,  an  geburt  ist  zwar  erhabner  Achilleus,  ^785 

Alter  dafür  bist  dii;  doch  Ihm  ward  gröfscre  stärke; 

Aber  du  hilf  ihm  treulich  mit  rath  und  kluger  erinnrung, 

Und  sei  lenker  dem  freund';  er  folgt  d^r  gerne  zum  guten. 

Also  ermahnte  der  greis ;  du  vergafsest  es.    Aber  auch  jezt  noch 

Sage  doch  dies  Achilleus,  dem  feurigen,  ob  er  gehorche.  790 

Denn  wer  weifs?  vielleicht,  durch  göttliche  hülfe,  bewegt  ihn 

Dein  zusprach!  Gut  inmier  ist  redliche  warnung  des  freundes. 

Aber  wofern  in  der  seeF  ein  wink  der  götter  ihn  abschrekt, 

Und  ihm  wortc  von  Zeus  ansagte  die  göttliche  rnuttcr; 

Send'  er  zum  wenigsten  dich,  und  der  Myrmidonen  geschwader    ^95 

Folge  zugleich,  ob  du  etwa  ein  lipht  der  Danaer  werdest. 

Dir  auch  geb'  er  das  wafFcngeschmeid'  im  kämpft  zu  tragen. 


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ELFTER  GESANG.  397 

Ob,  dich  fiir  Ihn  ansehend,  vielleicht  vom  kämpfe  die  Troet 
Abstehn,  und  sich  erholen  die  kriegrischen  männer  Achaia's 
Ihrer  angst;  wie  klein  sie  auch  sei,  die  erholung  des  kampfes.    800 
Leicht  auch  könnt  ihr  frischen  die  matt  schon  werdenden  Streiter 
Kükwärts  drängen  zur  Stadt ,  von  den  schüfen  hinweg  und  gezelten. 

Abo  der  greis,  und  jenem  das  herz  im  busep  bewegt'  er. 
Schnell  durchlief  er  die  schiffe  zum  Äakiden  Achrlleus. 
Aber  nachdem  zu  den  schiffen  des  göttergleichen  Odysseus        805 
Laufend  Patroklos  genaht,  wo  der  volkskreis  und  der  gerichtplan 
War ,  wo  rings  auch  alcäre ,  gebaut  den  unsterblichen  göttern ; 
Traf  er  Eurypylos  dort ,  den  glänzenden  söhn  des  Euämon , 
Welcher  hart  verwundet  daher ,  mit  dem  pfeil  in  dem  Schenkel ,     809 
Mühsam  hinkt'  aus  der  Schlacht;  ihm  strömete  nieder  der  angstschweifs 
Häufig  von  Schulter  und  baupt ,  und  hervor  aus  schmerzender  wunde 
Rieselte  schwarzes  blut;  doch  blieb  ihm  die  stärke  des  geistes« 
Mideidsvoll  erblikt'  ihn  Menötios  tapferer  spröfsling; 
Und  er  begann  wehklagend,  und  sprach  die  geflügelten  worte^ 

Weh  euch,  weh!  der  Achaier  erhabene  fürsten  und  pfkger!    815 
Solltet  ihr  so,' den  freunden  entfernt  und  dem  vatergefilde, 
Nähren  mit  weifsem  fett  in  Troja  hurtige  hunde? 
Aber  verkündige  mir,  Eurypylos,  göttlicher  kämpfer: 
Ob  noch  bestehn  die  Achaier  dem  ubergewaltigen  Hektor, 
Oder  bereits  hinsinken,  von  seiner  lanze  gebändigt?  820 

Und  der  verständige  söhn  des  Euämon  sagte  dagegeht 
Nichts  mehr ,  göttlicher  held  Patrokleus ,  schaft  den  Achaiern 
Heil ;  bald  -werden  sie  all'  um  die  dunkelen  schiffe  gestrckt  sein ! 
Denn  sie  alle  bereits ,  die  vordem  die  tapfersten  jybf  @bOQle 


298  ILIAS«    ELFTER  GESANG. 

Liegen  umher  bei  den  schiffen  i  mit  wurf  und  stofse  verwundet,     825 

Unter  der  hand  der  Troer,  die  stets  anwachsen  an  starke! 

Aber  errette  du  mich^  xum  dunkelen  schiffe  mich  führend; 

Schneid'  aus  dem  schenke!  den  pfeil,  und  rein  mit  laulichem  wasser 

Spüle  das  schwärzliche  blut;  auch  lege  mir  lindepide  würx'  auf. 

Heilsame,  welche  du  selbst  von  Achiüeus,  sagt  man,  gelemet»     830 

Ihm,  den  Cheiron  gelehrt,  der  gerechteste  aller  Kentauren. 

Denn  die  ärzte  des  heers,  Podaleirios  und  Machaon: 

Einer  wird  im  gezelt  an  seiner  wunde,  vermut'  ich, 

Selber  anjezt  bedürftig  des  wohlerfahrenen  arztes. 

Liegen;  der  andr'  im  gefilde  besteht  die  wütende  schlacht  noch.     835 

Ihni  antwortete  drauf  Menötios  tapferer  spröfsling: 
Wie  •  kann  solches  geschehn  ?  was  machen  wir ,  söhn  des  Euämon  ? 
Eilend  mufs  ich  Achilleus ,  dem  feurigen ,  melden  die  botschaft , 
Welche  mir  Nestor  befahl,  der  gerenische  hört  der  Achaier. 
Dennoch  werd'  ich  nimmer  dich  hier  verlassen  im  schmerze !     840 

Sprachst  und  unter  der  brüst  den  völkerhirten  umfiassend 
Führt'  er  ins  zeit;  ein  genofs  dort  breitete  feile  der  stier'  aus. 
Hierauf  strekt'  ihn  der  held ,  und  schnitt  mit  dem  messer  den  schaifeji 
Schmerzenden  pfeil  aus  dem  schenke!;  auch  rein  mit  laulichem  wasser 
Spült'  er  das  schwärzliche  blut;  dann  streut'  er  die  bittere  würze!  845 
Drauf,  mit  den  händen  zermalmt,  die  lindernde,  welche  die  schmenen 
Alle  l)ezwang;  und  es  stokte  das  blut  in  erharschender  wunde. 


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I  L  I  A  S. 


ZWÖLFTER    GESANG, 


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INHALT. 

Künftige  Vertilgung  der  mauer.  Die  Achaier  eingetrieben. 
Hektar  t  wie  Polydamas  rieth,  läfst  die  reisigen  absteigen  ^  und 
in  fnnf  Ordnungen  anrücken.  Nur  Asios  var  seiner  schaar  fährt 
im  wagen  auf  das  linke  thor  %  welches  zween  Lapithen  vertheidi^ 
gen.  Ein  unglüklicher  vogel  erscheint  den  'Troern ;  Polydamas 
warnt  den  Hektar  umsonst.  Zeus  sendet  den  Achaiern  sinem 
stäubenden  wind  entgegen.  Hektar  stürmt  die  mauer^  und  die 
beiden  Ajas  ermuntern  zur  gegenwehr.  Sarpedon  und  Glaukos 
\nahn  dem  thurme  des  Menestheus  ^  dem  Telamons  söhne  zu  hülfe 
eilen.  Glaukos  entweicht  verwundet ;  Sarpedon  reifst  die  Brust» 
wehr  herab.  Hektar  zerfprengt  ein  thor  mit  einem  steintaurf : 
worauf  die  Troer  zugleich  über  die  mauer,  und  durch  aas  thor 
eindringen. 


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IL  I  AS. 


IWÖLFTER      GESANG« 


LMlso  sorgt'  im  geiclte  M^notios  tapferer  spiöfsling. 
Ms  des  Eurypylos  arzt,  de^  verwundeten.     Aber  es  kämpitcti 
Argos  söhn*  und  die  Troer  mit  heerskraft.     Länger  ein  schuz  sein 
Sollte  der  Danaer  graben  nicht  mehr  ,  noch  die  ragende  mauer , 
Welche  sie  breit  um  die  schüF'  aufthUrmeten ,  rings  dann  den  graben  s 
Leiteten:  denn  nicht  brachten  sie  festhekatomben  den  göttern, 
Dafs  die  riisrigen  schiffe  zugleich  und  den  köstlichen  kriegsraub 
Schirmt'  ihr  umgehendes  werk ;  nein ,  troz  den  unsterblichen  göttem 
Ward  ts  gebaut ;  deswegen  auch  Stands    nicht  lang'  unerschiittert. 
Denn  weil  Hektor  lebend  noch  war,  noch  zürnet'  Achijleus»       lo 
Und  unzerrüttet  die  Stadt  des  herschenden  Priamos  ragte; 
Eben  so  lang'  auch  bestaild  der  Danaer  gvofse  verschanzung. 
Aber  nachdem  gestorben  der  Troer  tapferste  beiden. 
Mancher   auch  der  Argeier  vertilgt  war,  mancher  noch  übrig , 
Und  nun  Priamos  Stadt  hinsank  im  zehnten  der  jähre.,        ,        15 

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302  ILIAS^ 

Dann  die  Argeier  in  ^hiffen  zur  heimath  wiedergekehiet ; 

/ 
Jczo  bejchlob  Poseidaon  im  rath  und  Föbos  Apöllon, 

Wegzunlgen  den  bau  ,  der  ströme  gewalt  einlenkend. 

So  viel  hoch  vom  Idagebirg'  in  das  meer  sich  ergiefsen» 

Khodios  und  Karesos  ,  Heptäporos  auch ,  und  Granikos »  20 

Rhesos  au^h ,  und  Äsepos  zugleich ,  und  der  edle  Skamandros , 

Simois  auch  9  wo  gehäuft  stierschild'  und  gekegelte  helme 

Niedersanken  in  staub,  und  das  göttergeschlecht  der  Heroen: 

Allen  gesamt  nun  wandte  die  miindungen  Föbos  ApoUon 

'Gegen  den  bau ;  lieun  tage  beströmt'  er  ihn ;  während  herab  Xeus     25 

Regnete,  schneller  ins  meer  die  umflutete  mauer  zu  wälzen. 

Aber  der  Eiderschütterer  selbst,  in  den  händen  den  dreizak. 

Ging  voran ,    und   stürzt'    aus  dem  gründe  gewühlt  in  die  Mrogen 

Alle  blök*  uiid  steine,  die  mühsam  gelegt  die  Achaier; 

Schleift'  und  ebnet'  es  rings  am  reifsenden  HeUespontos ,  30 

Und  umhüllte  mit  sand  weithin  das.grofse  gestade , 

Wo  er  die  mauer  vertilgt;    darin   wandt*  er  zuiük  in  das   flutbett 

Jeglichen  ström ,  wo  zuvor  er  ergofs  sein  schönes  gewisser. 

Also  sollte  de^inst  Poseidons  macht  und  ApoUons 

Thaten  thun.  Doch  jezo  war  schlacht  und  getümmel  entbrannt  rings  35 

Um  den  gexyalugen  bau ,  und  der  thürme  geworfene  balken 

Donnerten.    Argos  volk,  von  Kronions  geifsel  gebändigt. 

Drängte  sich  eingehegt  bei  den  schwarzen  gebogenen  schiffen. 

Bange, vor  Hektors  wut,  des  gewaltigen  schieckengebieters. 

Er  dort  stritt,  wie  zuvor,  mit  dem  ungestüm  des  orkanes.  40 

Wie  wenn  in)  kreise  der  hund'  und  rüstigen  Jäger  ein  waldschwein 

Hingsher,  oder  ein  löwe,  sich  dreht,  wutfunkelndes  bückeis; 

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ZWÖLFTER   GESANG.  .     503 

Jene  'gesamt ,  mit  einander  in  heerschaar  wohlgeordnet , 

Stehn  ihm  entgegen  gestellt,  und  es  fliegen  geschwungene  spiefse 

H'dufig  daher  aus  den  händen;  doch  sein  ruhmathmendes  herz  kennt  45 

Weder  furcht  noch  enifliehn ,  und  tapferkeit  tödtet  ihn  endlich ; 

Vielfach  drehet  er  sich ,  die  reihn  der  männer  versuchend ; 

Und  wo  er  grad'  anrennt,  da  weichen  ihm  reihen  der  männer: 

So  im  gcwiihl  ging  Hektor  umhergewandt,   und  ermahnte. 

Über  den  graben  zu  sprengen,  die  seinigen.    Aber  ihm  wagtens  50 

Nicht  die  rosse,  geflügeltes  hufs  ;  sie  wieherten  lautauf, 

Stehend  am  äussersten  bord ;    denn-  zuriik  dort  schrektc  des  grabens 

Breite,  der  vs'eder  zum  sprungc  bequem  war,  weder  zum  durchgang 

Leichtgebahnt:  denn  ein  jäh  abhängiges  ufer  erhob  sich 

Rings  an  jeglicher  seit';  auch  war  mit  spizigen  pEihlen  ^^ 

Obenher  er  bepflanzt,  die  Achaia's  söhne  gestellet, 

Dicht  gereiRt  und  mächtig,  zur  ab  wehr  feindlicher  männer« 

Schwerlich  vermocht'  ein  rofs,  an  den  rollenden  wagen  gespannet, 

tJberzugchn;  fufsvölker  nur  eiferten,  ob  sie  vermöchten. 

Aber  Polydamas  sprach ,  dem  trozigen  Hektor  sich  nahend : .      60 

Hektor,  und  Ihr  der  Troer  gewaltige,  und  der  genossen, 
Thorheit  ists ,    durch  den  graben-  die  hurtigen  rosse  zu  treiben. 
Viel  zu  schwer  ist  wahrlich  der  weg;  denn  spizige  pfähle 
Stehn  ja  daran,  und  zunäciist  der  Danaer  mächtige  mauer. 
Dort  lenkt  keiner  hinab  der  reisigen,  keiner  besteht  auch  65 

Unten  den  kämpf;  hin  sänken  sie  all',    in  der  enge  verwundet. 
Denn  wofern  nun  ganz,  in  vertilgendem  zorne  sie  heimsucht 
Der  hochdonnemde  Zeus,  und  den  Troern  hülfe  gewiihret; 
Traun  dann  wünscht'  ich  selber  aufs  schleunigste  solches  vollendet; 

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304  ILIAS* 

Dafs  liier  ruhmlos  stürben  von  Argos  fem  die  Achaier.  »jo 

Wenn  sie  jcdoc^i  umkehrten,  und  rükverfolgung  begönne 

Von  den  schiffen  daher,  in  die  tief  uns  drängend  des  grabens; 

Nimmer  kam*,  ich  furcht'  es,  auch  nicht  ein  bete  von  dannen , 

Wieder  gen  Troja  xurük,  vor  den  umgewandten  Ac^iaiem. 

Auf  demnach,  wie  ich  rede  das  wort,  so  gehorchet  mir  alle-        ^5 

Lsifst  die  ross*  am  graben,  gehemmt  von  den  wagengenossen; 

Selbst  dann,  Streiter  zu  fufs,  mit  ehernen  waffen  gerüstet, 

Folgen  wir  alle  dem  Hektor  in  hcerschaar.     Doch  die  Achaier 

Stehh  uns  nicht,  wenn  jenen  das  ziel  des  Verderbens  daherdroht. 

So  des  Polydamas  rath;  den  unschädlichen  billigte  Hektor«,       80 
Schnell  vom  wagen  herab  mit  den  rüstungen  sprang  er  zur  erde. 
Auch  nicht  blieben  in  wagen  die  anderen " Troer  versammelt; 
Sondern  sie  stürmten  herab,  da  sie  sahn  den  göttlichen  Hektor. 
Jezo  gebot  ein  jeder  dem  eigenen  wagenlenker. 
Dort  am  graben  die  ross*  in  geordneter  reihe,  zu  halten.  85 

Selber  darauf  sich  theilend ,  in  fünf  heerschaaren  geordnet , 
Gingen  sie  wohlgereiht,  und  folgeten  ihren  gebietem. 

Hektor  selbst  und  der  edle  Polydamas  führten  die  Ordnung^ 
Welche  die  meisten  enthielt  und  tapfersten,  alle  b^erig. 
Durchzubrechen  den  wall,  und  nah  um  die  schiflFc  zu  kämpfen,      go 
Auch  Kebriones  folgte  der  dritte, noch;  und  dem  geringern 
Blieb,  an  Kebriones  statt,  nun  Hektors  wagen  vertrauet. 
Paris  gebot  der  zweiten,  Alkäthoos  auch,  und  Agenor. 
Helenos  führte  die  dritt*,  und  De'ifobos,  göttlicher  bildung» 
Beide  des  Priamos  söhn';  aüph  Asios  führte  mit  jenen,  ^^ 

Aiios,  Hyrtakos  söhn,  den  hergebracht  aus  Arisbe 


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ZWÖLFTER   GESANG,  305 

Rosse ,  feurig  und  grofs »  vom  heiligen  ström  Selleis*  « 

Aber  der  vierten  herscht*  Aneias  voran »  des  Anchises 

Starker  söhn;  samt  diesem  Antetior^  tapfere  söhne,       / 

Akamas  und  Archilochos  beid%  allkundig  des  Streites«  loo 

Endlich  gebot  Sarpedon  den  rühmlichen  bundesgenossen , 

Der  sich  den  Glaukos  gesellt\  und  den  kriegüschen  Asteropäos: 

Denn  sie  dünkten  ihm  beide  die  tapfersten  sonder  vergleichung » 

Aller  umher,  nach  ihm  selbst;  er  ragete  weit  vor  den  andern. 

Als  sie  nunmehr  sich  zusammengedrängt  mit  Schilden  von  stierhaut ;  105 

Eilten  sie  freudiges  muts  auf  die  Danaer,  hoffend,  nicht  öbstehn 

Würden  sie»  sondern  bald  um  die  dunkelen  schiffe  gestrekt  sein« 

Alle  sonst,  die  Troer  und  fernberufenen  helfer,L 
Waren  Polydamas  rathe,  des  tadellosen,  gefolget; 
Nur  nicht  Asios  wollte,  des  Hyrtakos  söhn,  der  gebietet*»  vio 

Dort  verlassen  di«  ross'  und  den  wagenlenkenden  diener; 
Sondern  er  drang  samt  ihnen  zugleich  an  die  rüstigen  schiffe« 
Thörichtcr!  ach  nicht  sollt'  er,^  die  schreklichen  Keren  Vermeidend » 
Samt  dem  wagengespann  in  stolzem  triumf ,  von  den  schijfen 
Wiedemm  heimkehren  zu  Ilios  luftigen  höhen;  tiS 

Denn  ihn  umhüllte  zuvor  das  unheilsame  Verhängnis 
Unter  Idomeneus  lanze,  des  herlichen  Deukalionen»    . 
Denn  er  wandt*  in  die  schiffe  zur  lihken  sich,  wo  die  Achaier 
Aus  dem  gefild'  einzogen  mit  hurtigen  rossen  und  wagen  t 
Dort  nun  lenkt'  er  hindurch  der  rosse  geschirr;  und  er  fand  nicht     toa 
Vorgestrekt  die  flügel  des  thors,  noch  den  mächtigen  riegel; 
Offen  hielten  es  miinher,  und  harrcten,  ob  ein  genofs  noch 
Käme,  dem  treffen  entflohn>  und  rettung  sucht' in ^dem  lager. 
Homers  Ilias.   I.  Band«  U 


506  I L I A  S* 

GraJan  lenkt'  er  die  rosse,  der  wähnende'';  andere  folgten 

Naclti  mit  hellem  geschrei ;  denn  die  Danaer  würden  nicht  obstehn,  1 25 

Höften  sie,  sondern  bald  um  die  dunkelen  schiffe  ge&trekt  sein. 

Thoren!  sie  fanden  daselbst  zween  tapfere  männer  am  eingang, 

Edelmütige  söhne  der  speergewohnten  Lapithen: 

Ihii,  des  Peirithoos  söhn,  den  starken  held  Polypötes, 

Ihn,  den  Leonteus  auch,  dem  mordenden  Ares  vergleichbar.     130 

Beid*  an  dem  eingang  dort  des  hochgeflügelten  thores 

Standen  sie:  also  stehn  hochwipflige  eichen  der  berge, 

Welche  den  stürm  ausharren  und  regenschauer  beständig, 

Eingesenkt  mitgrofsen  und  weithinreichenden  wurzeln: 

Also  die  zween  y  der  gewalt  der  mächtigen  arme  vertrauend  t     135 

Harrten  sie  aus  unerschrocken  des  mächtigen  Asios  annahn. 

Jene,  gerad'  auf  die  mauer,  die  trozende,  sprengten  mit  lautem 

Feldgeschrei,  und  erhoben  die  trockenen  Schilde  von  stierhaut. 

Um  beld  Asios  her,  um  lämenos,  und  um  Orestes, 

Akamas,  Asios  söhn,  um  Onömaos  auch,  und  um  Thoon.        140 

Sie  dort  hatten  zuvor  die  heliumschienten  Achaier 

Drinnen  im  lager  ermahnt ,  zum  mutigen  kämpf  für  die  schiffe ; 

Aber  sobald  zu  der  mauer  mit  macht  anrennen  sie  sahen 

Troja's  söhn',  und  erscholl  der  Danaer  angst  und  getümmel, 

Brachen  sie  beid'  hervor,  und  kämpfeten  draufsen  am  eingang.      145 

Gleich  zweeti  ebem  an  mut,  unbändigen,  die  in  dem  bergwald 

Kühn  der  männer  und  hund'  anwandelnde  heze  bestehen; 

Seitwärts  nun  einbrechend  durchschmettem  sie  rings  die  gesträuche. 

Weg  vom  stamme  sie  mähend ,    und  wild  mit  klappenden  faauem  | 

Wüten  sie,  bis  ein  geschob  ihr  mutiges  leben  VMtiLMti  150 

igi  ize     y  ^ 


ZWÖLFTER  GESANG.  307 

Also  klappt  auch  jenen  das  schinuhemde  erz  an  den  busen, 
Unter  der  feinde  geschols;  denn  sie  wehrten  mit  grofser  gewalt  ab , 
Oben  dem  volk  der  mauer,  und  eigener  stärke  vertrauend. 
Jene»  mit  steinen  herab  von  den  wohlgebaueten  thürmen» 
Schleuderten,  um  sich  selbst  zu  vertheidigen ,  und  die  gezelte^       155 
Samt  den  schiffen  des  meers.    Wie  ein  Schneegestöber  herabfallt, 
Welches  ein  heftiger  wind,  die  schattigen  wolkep  erschütternd,    . 
Häufig  heruntergiefst  zur  nahrungsprossenden  erde : 
Solch  ein  schwall  von  geschossen  entstöberte  dort  der  Achaier 
Händen,  und  dort  der  Troer ;  und  dumpf  rings  krachten  die  helme,     i$6 
Von  mühlsteinen  umprallt,  und  die  hochgenabelten  schildeu 
Laut  nunmehr  wehklagte,  vor  schmerz  die  hüften  sich  schlagend, 
Asios,  ^yrtakos  söhn,  und  rief,  unwilliges  hertens: 

Vater  2eus,  ja  wahrlich  auch  dir  gefielen  der  falschheit        , 
Teuschungen!  Nie  doch  hätt*  ich  geglaubt,  die  beiden  Achaia's.  '.1S5 
Würden  bestehn  vor  unsrer  gewalt  und  unnahbaren  bänden! 
Aber  sie,  wie  die  wespen  mit  regsamem  leib',  und  die  bienenj 
Die  am  höckrichten  weg'  ihr  felsennest  sich  bereitet. 
Nicht  verlassen  ihr  haus  in  den  höhlungen,  sondern  den  angrif 
Raubender  jKger  bestehn,  im  mutigen  kämpf  für  die  kinder:     l^9 
So  auch  wollen  sie  nicht,  obgleich  nur  zween,  von  dem  thprq 
Abstehn,  bis  sie  entweder  erlegt  sind,  oder  gefangen! 

Asios  riefs;  ihn  hört*  unbewegetes  ßinnts  Kronion;. 
Denn  er  beschlofs  im  geiste,  dem  Hektoc  rühm  xu  gewähren^ 

Andere  kämpften  den  kämpf  um  andere  thorQ  des  lagcrs«    i^S 
Aber  zu  schwer  ist  mirs,  wie  ein  gott,  das  4lUs  zij  melden! 
Denn  ringsher  um  den  wall  stieg  schreklid^|.Jf^u^rorkaa  auf, 


308  ILIAS, 

Prasselnder  stein';  unmutig  im  gelst,  doch  genSthiget,  schirmten 
Argos  söhne  die  schiff';  und  es  trauerten  herzlich  die  gÖtter, 
Alle,  so  viel  den  Achaiern  ini  kämpf  mitheUende  waren.  i8o 

Stürmend  begann  der  Lapithen  gefecht  und  Waffenentscheidung. 
"Siehe y  Peirithoos  söhn,  der  starke  held  Polypote«, 
Schofs  auf  Dämasos  stirne  den  speer,  durch  die  eherne  klippel: 
Und  nicht  hemmte  das  erz  den  gewaltigen ;  sondern  hindurch  drang 
Schmetternd  die  eherne  spiz*  in  den  schädel  ihm ,  uiid  das  gehim  ward 
Gant  mit  blute  vermischt:  so  bändigt*  er  jenen  im  angrif.  ißö 

Weiter  darauf  dem  Pylon  und  Ormenos  raubt*  er  die  rüstung. 
Doch  den  Hippomachos  traf  des  Ares  spröfsling  Leonteus» 
Ihn  des  Antimachos  söhn,   mh  dem  wurfspiefs  unten  am  leibgun. 
Dann  aus  der  scheide  sofort  das  scharfe  schwert  sich  entrcifsend ,      190 
Drang  er  merst  auf  Antifates  ein ,  durch  das  grause  getümmel , 
Schwang  in  der  näh* ,  und  hieb ,  dafs  xurük  auf  den  boderi  er  hinsank^ 
Weit«?  darauf  den  Menon ,  lämenos  dann ,  und  Orestes , 
Alle  sie  strekt*  er  gehäuft  zur  nahrungsprojisenden  erde. 

Während  sie  jen'  enthüllten  des  schimmernden  waffengcichmeides. 
Folgten  dem  Hektor  dort  und  Polydamas  bliilieHde  männer,        x^ 
Sie  die  meisten  an  zahl  und  tapfersten,  alle  begierig. 
Durchzubrechen  den  wall,   und  in  glut*zu  entflammen  die  schiiFc. 
Diese  zauderten  noch,  unschlüssiges  raths,  an  dem  graben. 
Denn  ein  vogel  erschien,  da  sie  übcrzugehn  sich  entschlossen,      aoo 
Ein  höchfliegender  adler,  der,  linkshin  streifend  das  kriegsheer. 
Eine  schlang'  in  den  klauen  dahertrug>  roth  und  unendlich. 
Lebend  annoch,  und  zappelnd,  noch  nicht  vergessend  der  «neitlust. 
Deiui  dem  haltenden  adler  durchstach  sie  die  bru^^^^  halse. 


ZWÖLFTER   GESANG»  309 

Rtikwärts  drehend  das  haupt ;  er  schwang  sie  hinweg  auf  die  ecde»    205 
Hart  von  schmerzen  gequäh;  und  sie  fiel  in  dip  mitte  des  haufens; 
Aber  ex  selbst  lauttönend  entflog  im  hauche  des  windes. 
Starrend  sahn  die  Troer  umh^r  die  ringelnde  schlänge 
Liegen  im  staub ,  das  zeichen  des  ägiserschüttemden  vaters. 
Aber  Polydamas  sprach,  dem  trozigen  Hektor  sich  nahend:      aio 
Hektor ,  du  pflegst  mich  zwar  in  Versammlungen  immer  zu  tadeln, 
Red'  ich  heilsamen  rath;   denn  traun,  es  geziemet  durchaus  nicht, 
Anderer  meinung  zu  sein,  dem  gehorchenden,  wxder  im  rathe, 
Noch  in  der  schlacht,  vielmehr  dpin  ansehn  stets  zu  vergröfsern: 
Dennoch  sag'  ich  dir  jezo ,  .wie  mirs  am  heilsamsten  dünket.      215 
Lalst  nicht  weiter  uns  gehn,  um  der  Danaer  schiffe  zu  kämpfen. 
Denn  so  wird,  vermut'  ich,  es  endigen,  wenn  ja  den  Troern 
Dieser  vogel  erschien,  da  sie  iiberzugehn  sich  entschlossen: 
Ein  hochfliegender  adler,  der,  linkshin  streifend  das  kriegsheer, 
Fine  schlang'  in  den  klauen  dahertrug,  roth  und  unendlich,     aao 
Lebend ;  doch  schnell  sie  entschwang,  eh  heim  er  kam  in  die  wohnung, 
Und  nicht  vollends  sie  brachte,   zum  raub  den  harrenden  kindem. 
So  auch  wir:  wo  wir  anders  durch  mauer  und  thor  der  Achaier 
Brechen  mit  grofser  gewalt,  und  vor  uns  fliehn  die  Achaier; 
Kehren  wir  nicht  in  ordnonglden  selbigen  weg  von  den  schiffen  \    225 
Sondern  viel  der  Troer  verlassen  wir,  die  der  Achaiei 
Hand  mit  dem  erze  getödtet,  im  mutigen  kämpf  für  die  schiffe« 
Also  würd'  ein  seher  verkündigen,  welcher  im  geiste 
Kennte  der  zeichen  verstand ,  und  dem  aufhorchten  die  völker« 

Finster  schaqt'  und  begann  der  helmumflatterte  Hektor:       23Q 
Keineswegs  gefällt  mir,  Polydamas,  was  du  geredet I^ooqIc 


3IO     .  ILIAS. 

Leicht  wohl  könntest  du  sonst  ein  besseres  rathen »  denn  solches ! 

Aber  wofern  du  wirklich  in  völligem  ernste  geredet; 

Traun  dann  raubeten  dir  die  unsterblichen  selbst  die  besinnung: 

Der  du  befiehlst,  zu  vergessen  des  donnerers  Xeus  Kronion        235 

Rathschluis,  welchen  er  6elbst  mir  zugewinkt  und  gelobet; 

Du  hingegen  ermahnst,  den  weitgeflügelten  vögeln 

Mehr  zu  vertraun.    Ich  achte  sie  nicht,  noch  kümmert  mich  solches, 

Ob  sie  rechts  hinfliegen,  zum  tagesglanz  und  zur  sonne, 

Oder  auch  links  dorthin,  zum  nächtlichen  dunkel  gewendet.      a4g 

Wir  vertrauen  auf  Zeus,  des  hocherhabenen,  rathschlufs. 

Der  die  sterblichen  all'  und  die  ewigen  götter  beherschet! 

Ein  Wahrzeichen  nur  gilt:  das  Vaterland  zu  erretten! 

Doch  was  zitterst  denn  Du  vor  kämpf  und  Waffenentscheidung? 

Sänken  wir  anderen  auch  an  den  rüstigen  schiffen  Achaia*s         245 

Alle  getödtet  umher;  Dir  droht  kein  schrecken  des  todes! 

Denn  dir  ward  kein  herz,  ausharrend  den  feind  und  die  feldschlacht ' 

yfo  du  mir  aber  dem  kämpf  dich  entziehn  wirst,  oder  der  andern 

Einen  vom  krieg'  ablenken,  durch  thörichte  worte  beschwazend; 

Schnell  von  meiner  lanze  durchbohrt,  verhauchst  du  das  leben !     25c 

Dieses  gesagt,  ging  jener  voran;  ihm  folgten  die  andern 
Mit  graunvoUem  geschrei.     Der  donnerfrohe  Kronion 
Sendete  hoch  vom  Idagebirg'  unermefslichen  Sturmwind, 
Der  zu  den  schiffen  den  staub  hinwirbelte:  dafs  den  Achaiem 
Sank  der  mut,  doch  der  Troer  und  Hektors  rühm  sich  erhöhte«     25^ 
Jero  dem  wink  des  gottes,  und  eigener  stärke  vertrauend, 
JStrebten  sie  durchzubrechen  der  Danaer  grofse  verschanzung; 
Rissen  herab  die  zinnen  der  thürm',  und  regten j^^ij^stwchr , 


ZWÖLFTER   GESANG,  311 

Und  umwühlten  mit  hebeln  des  walls  vorragende  pfeiler» 
Die  man  zuerst  in  die  erde  gesenkt ,  zur  veste  den  thürmen:    260 
Di^e  wuchtet'  ihr  stoSs^  und  sie  hoften  der  schlitternden  mauer 
Einbruch.    Doch  nicht  wichen  die  Danaer  dort  von  der  stelle; 
Sondern  mit  starrenden  Schilden  die  brustwehr  rings  umzäunend , 
Warfen  sie  sttin*  und  geschoss'  auf  die  mauerstürmenden  feinde. 

Aber  die  Ajas  beide,  das  volk  auf  den  thürmen  ermahnend,  26$' 
Wandelten  ringsumher,  und  erregten  den  mut  der  Achaier, 
Den  mit  freundlicher  red',  und  den  mit  strenger  bedrohung 
Xiichtigend,  welchen  sie  ganz  im  gefccht  nachlässig  erblikten: 

Freund',  im  Danaervolk  wer  heryorstrebt,  oder  wer  mitgeht. 

Auch  wer  dahintenbleibt ;  denn  gar  nicht  gleich  mit  einander      270 

r 
SchaiFen  die  männer  im  kämpf:  nun  zeigt  für  alle  sich  arbeit! 

Aach  ihr  selber  fürwahr  erkennet  es!  Nimmer  zurük  denn 

Wendet  euch  gegen  die  schiffe,  die  drohungen  hörend  des  ^rozers; 

Sondern  vprani  dringt  all',  und  ermahnt  euch  unter  einander ! 

Ob  ja  Zeus  vergönne,  der  donnergott  des  Olympos,  275 

Da£s  wir,  den  streit  abwehrend,  zur  Stadt  die  feinde  verfolgen! 

Also  schrien  sie  beid',  und  erregten  den  kämpf  der  Achaier. 

Dort,  gleichwie  Schneeflocken  daher  in  dichtem  gestöber 

Fallen  am  wintertage,  wann  Zeus  der  herscher  sich  auimacht. 

Über  die  menschen  zu  schnein,  der  allmacht  pfeile  versendend;    280 

Kuhn  dann  heifst  er  die  wind',  und  schüttet  herab,  bis  er  einhüllt 

iochgescheitelte  häupter  der  berg',  und  zackige  gipfel, 

iuch  die  gefiide  voll  klee,  und  dts  landmanns  fruchtbare  äcker; 

iuch  des  graulichen  meers  vorstcand'' und  buchten  umfliegt  schnee, 

ibcr  die  wog'  anrausch^end  verschlinget  ihn^  M^^;;2g^^^}^    285 


3ia  ILIAS* 

Wird  von  oben  umhiillt,  wann  gedrängt  Zeus  schauer  herabfallt: 
So  dort  flog  von  beere  tu  beer  der  steine  gewimmel, 
Welche  die  Troer  hier ,  und  die  Danaer  dort  auf  die  Troer 
Schleuderten;  und  um  die  mauer  erscholl  rings  dumpfes  gepolter. 

Noch  nicht  hätten  die  Troer  anjett  und  der  stralende  Hektor     290 
Durchgebrochen  die  pforte  des  v/alls  und  den  mächtigen  riegel; 
Hätte  der  waltende  Zeus  nicht  seinen  söhn,  den  Sarpedon, 
Auf  die  Argeier  gesandt,  wie  den  leun  auf  gehörnete  rinder« 
Vor  sich  trug  er  den  schild  von  gleichgeründetef  wolbiing« 
Schöngehämmert  aus  erx,  den  prangenden ;  welchen  der  wehrschmied 
Hämmerte,  drinnen  gefugt  aus  häufigen  tinderhäuten ,  296 

Und  um  den  rand  ringsber  mit  goldenen  Stäben  durchzogen: 
Diesen  sich  nun  vortragend  zum  schirm,  zween  speere  bewegend, 
Eilt*  er  hinan,  wie  ein  löwe  des  betgwalds,  welcher  des  fleisches 
Lang'  entbehrt,  und  jezo,  gereizt  von  der  mutigen  seele,  300 

Eindringt,  schafe  zu  würgen,  auch  selbst  in  ein  dichtes  gehege; 
Findet  er  zwar  bei  ihnen  die  wachsamen  bitten  versammelt. 
Die  mit  hunden  und  spiefsen  umher  die  schafe  behüten, 
Doch  nicht  ohne. versuch  von  dem  stall  zu  entfliehen  gedenkt  er; 
Nein.»  entweder  er  raubt,  wo  er  einsprang,  oder  auch  selber       305 
Wird  er  verlezt  im  beginn  von  rüstiger  hs^nd  mit  dem  wurfspiefs: 
So  dort  reizte  der  mut  den  gottergleichen  Sarpedon, 
Stürmend  der  matter  zu  nahn,  und  durchzubrechen  die  brustwehr. 
Schnell  zu  Glaukos  nunmehr,   des  Hippolochos  söhne,  begann  er: 

Glaukos,  warum  doch* ehrte  man  uns  vor  anderen  immer        310 
Hoch  an  siz,  an  fleische  des  mahls,  und  gefulleten  bechern. 
Uns  im  Lykierlande  /  wie  himmlische  gött^r^^^J^e^rachtend  ? 


ZWÖLFTER  GESANG,  313 

Und  was  baun  wir  ein  gro&es  gcfild^  am  ufer  des  Xanthof , 
Das  2nit  pflanzungen  prangt  und  weizenbe&äeten  ackern? 
Darum  ziemet  uns  jezt,  mit  X.ykierhelden  des  vorkampfs  315 

Dazustehn,  und  ^inein  in  die  brennende  schlacht  uns  zu  stürzen; 
Dais  man  also  im  volk  der  gepanzerten  Lykier  sage: 
Nicht  fürwahr  unrühmlich  beherschen  sie  Lykia's  söhne» 
Unsere  könige  hier,  mit  gemästeten  schafen  sich  nährend» 
Und  herzstärkendem  wein,  dem  erlesenen;  sondern  ihr  mut  auch  320 
Raget  empor ,  denn  sie  kämpfen  mit  Lykierhelden  des  vorkamp& ! 
Trautester,  könnten  wir  ja,  durch  Weigerung  dieses  gefechtes » 
Immerdar  fortblühen,  unsterblich  beid'  und  unalternd; 
Weder  ich  selbst  dann  stellte  mich  unter  die  vordersten  kämpfer » 
Noch  ermuntert*  ich  dich  zur  männerehrenden  feldschlacht.        325 
Aber  da  gleichwohl  Keren  des  schreklichen  todes  daherdrohn. 
Tausende,  die  nicht  meidet  ein  sterblicher,  oder  entfliehet; 
Auf!  dals  anderer  rühm  wir  verheriichen,  oder  den  unsem! 

Also  der  held;  nicht  träge  vemahms ,  noch  sträubte  sich  Glaukos* 
Gradan  drangen  sie  beide ,  die  schaar  der  Lykier  führend.        330 

Als  er  sie  sah,  dastuzte  des  Peteos  söhn  Menestheys; 
Denn  ihm  nahten  zum  thurm  sie  daher,  mit  verderben  gerüstet. 
Rings  umspäht'  er  den  thurm,  ob  der  Danaerfiirsten  er  einen 
Schaute,  weicher  die  noth  abwehrete  seinen. genossen. 
Jezo  sah  et  die  Ajas,  sie  beide  des  kämpft  unersättlich»  335 

Dastehn,  auch  den  Teukros,  der  jüngst  vom  gezelte  zurükkam» 
Nahe  sich;  doeh  nicht  konnte  so  weit  aushallen  sein  antuf,   : 
Durch  das  getöse  der  schlacht :  es  erscholl  zum  hinmiel  der  aufruhr  ; 
Denn  rings  prallt*  an  die  schild'  und  die  flattern<|J||i  j^e^e  ge$chö&  her . 
Homers  Ilias.    I.  Band.    ->-  X 


314  ILIAS. 

Und  an  die  thor';  all'  alle  bestiinnte  man»  und  die  darau&en  340 
Stehenden  strebten  mit  macht  sich  durchzubrechen  den  eingang. 
Ungesäumt  zu  Ajas  entsandt*  er  Thootes  den  herold: 

Laufe  mir»  edler  Thootes,  in  eil\  und  rufe  den  Ajas; 
Lieber  sie  beide  zugleich:  denn  weit  das  beste  vor  allem 
War*  es,  dieweil  hier' bald  ein  gräfsliches  morden  bevorsteht!    345 
Denn  hart  drängen  die  Kirsten  der  Lykiet,  welche  von  jeher 
Ungestüm  anrennen  in  schredienvoller  entscheidung ! 
Aber  wofern  auch  dort  die  kriegsarbeit  sie  beschäftigt; 
Komme  doch  Ajas  allein,  dd  Telamon  tapferer  spröisling» 
Und  ihm  gesellt  sei  Teukros  der  held ,  wohlkundig  des  bogens !    350 

Jener  sprachs;  nicht  träge  vernahm  die  worte  der  herold» 
(leia  er  enteilt'  an  der  mauer  der  erzumschiimten  Achaier, 
Stand  den  mudgen  Ajas  genaht ,  und  redete  also : 

Ajas  beid',  heerfiihrer  der  erxumschirmten  Achaier,. 
Euch  Ermahnt  des  Peteos  söhn ,  der  edle  Menestheus ,  355 

Don  der  kdegesgewalt  ein  weniges  nur  zu  begegnen ; 
Lieber  ihr  beide  zugleich:  denn  weit  das  beste  vor  allem 
IVär'  es,  xliewieil  dort  bald  ein  gräfsliches  morden  bevorsteht! 
Denn  hart  drängen  die  (ursten  der  Lykier,  welche  von  jeher 
Ungestüm  anrennen  in  schreckenvoller  entscheidung!  3601 

Aber  wofern  auch  hier  die  kriegsarbeit  euch  beschäfrigt;  , 

Komme  doch  Ajas  allein,  des  Telamon  tapferer  spröisliag. 
Und  ihm  gesellt  sei  Teukros  der  held»  wohlkundig  des  bogens ! 

Sprachs;  und  willig  gehorchte  der  Telamonier  Ajas. 
Schnell  zu  OUeus  söhn  die  geflügelten  worte  begann  er:  36- 

Ajas,  ita  beid'^lhier,  du  selbst  und  der  heU Xykomede« • 


ZWÖLFTER  GESANG,  ,315 

Stehet  fest,  und  ermahnt  die  Danaer,  tapfer  zu  streiten. 
Ich  entwandere,  dort  der  kriegsarbeit  xu  begegnen; 
Schnell  .dann  eil'  ich  xuräk,  nachdem  ich  jene  vertheidigt. 

Also  sprach,  und  enteilte,  der  Telamonier  Ajas;  3*|o 

Und  ihm  gesellt  ging  Teukros,  der  leibliche  bruder  vom  vater;. 
Auch  Pandion  zugleich  trug  Teukros- krummes  geschofs  nach. 
Als  sie  dem  thurm  izt  nahten  des  hochgesinnten  Menestheus, 
Drinnen  die  mauer  entlang;  zu  bedrängeten  nahten  sie  wahrlich» 
Dort  an  die  brustwehr  klommen,  dem  düsteren  stürme  vergleichbar,  375 
Jene,  des  Lykiervolks  erhabene  fursten  und  pfleger; 
Tobend  begann  nun  nahes  gefecht ,  und  es  hallte  der  Schlachtruf. 

Ajas  strekte  zuerst,  der  telamonische  kämpfer, 
Einen  freund  des  Sarpedon,  den  hochbeherzten  Epikles, 
Mit  scharfzackigem  marmor  gefällt,  der  drinnen  der  mauer        386 
Grofs  an  der  brustwehr  lag,  der  oberste«    Schwerlich  vielleicht  wohl 
Trüg'  ihn  mit  beiden  bänden  ein  mann ,  auch  in  blühender  jugend , 
Wie  nun  sterbliche  sind;  doch  er  schleuderte,  hoch  ihn  erhebend, 
Brach  ihm  des  heims  viergipflichtes  erz,  und  zerknirschte  mit  Einmal 
Alle  gebeine  des  haupts ;  und  schnell,  wie  ein  taucher  von  ansehh,  ^gfs 
Schofs  er  vom  ragenden  thurm,  und  der  geist  entfloh  den  gebeinen. 
Teukros  traf  den  Glaukos,  Hippolochos  edlen  erzeugten, 
Mit  dem  geschofs,  da  stürmend  den  hohen  wall  er  hinanstieg, 
Wo  er  ihn  sah  entblöfsen  den  arm,  und  hemmte  die  Streitlust. 
Jener  entsprang  von  der  mauer  geheim ,  dafs  nicht  ein  Achaier    3^ 
Ihn  den  verwundeten  schaut',  und  stolz  mit  worten  verhöhnte. 
Schmerz  durchdrang  dem  Sarpedon  die  brüst,  als  Glaukos  hinwegging. 
Gleich  nachdem  er  es  merkte ;  doch  nicht  verwais  cr^d^Jaj^pfes ; 


3i6  N  ILIAS^ 

Sondern  er  traf  Alkmaon,  des  Thestor  söhn,  mit  der  lanie 
Stofs,  und  entrifs  ihm  den  schalt ;  da  taumek'  er,  folgend  der  lanie,  395 
Vorwärts,  und  es  umklirrt*  ihn  das  erz  der  prangenden  rüstung. 
Doch  Sarpedon,  mit  grofser  gewalt  anfassend  die  brustwchr. 
Zog,  und  gesamt  nachfolgend  entstünte  sie;  aber  von  oben 
Ward  die  mauer  entblöfst,  und  öfnete  vielen  den  zugang. 

Ajas  sofort  und  Teukros  begegneten:   der  mit  dem  pfeile    400 
Traf  das  riemengehenk,  das  hell  um  den  busen  ihm  stralte» 
Am  ringsdeckenden  schild';  allein  Zeus  wehrte  dem  schiksal 
Seines  sohns,  dafs  nicht  bei  den  äufsersten  schiffen  er  hinsank. 
Drauf  stach  Ajas  den  schild  anlaufend  ihm ;  aber  hindurch  drang 
Schmetternd  die  eherne  lanz',  und  erschütterte  jenen  im  angrif«    405 
Weg  von  der  brustwehr  zukt*  er  ein  weniges ;  doch  nicht  gänzlich 
Wieb  er ,  dieweil  sein  herz  noch  erwartete  rühm  zu  gewinnen. 
Laut  in  die  göttliche  schaar  der  Lykier  ruft'  er ,  sich  drehend  2 

Lykier,  o  wie  vergelst  ihr  der  rastlos  stUrmenden  abwehr? 
Mir  ja  ists  unmöglich,  und  war'  ich  der  tapferste  Streiter,         .  410 
Durchzubrechen  allein,  und  bahn  zu  d^n  schüfen  zu  öfnen! 
Auf  denn ,  zugleich  mir  gefolgt !  denn  mehrerer  arbeit  ist  besser ! 

.    Jener  spachs ;  und  geschrekt  von  des  königes  scheltendem  zuruf. 
Rannten  sie  heftiger  an,  gedräigt  um  den  waltenden  könig. 
Argos  söhn' auch  drüben  verstärkten  die  macht  der  geschwader,«  415 
Innerhalb  der  mauer;  und  fürchterlich  drohte  die  arbeit. 
Weder  die  Lykier  konnten  mit  macht  den  Danaerheklen 
Je  durchbrechen  den  wall,   und  bahn  zu  den  schiffen  sich  öfhen; 
Noch  auch  konnten  mit  macht  die  Danaer  Lykia's  söhne 
Wieder  vom  wall  abdrängen ,  nachdem  sie  sich  einmal  genahet.  420 

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\ 


ZWÖLFTER  GESANG.  317 

Sonderi)  wie  zween  landmänner  dip  grenz'  einander  bestreiten; 
Jeder  ein  xnafs  in  der  h^nd  ^   auf  gemeinsamer  scheide  dqs  Feldes » 
Stehn  sie  auf  wenigem  räum,  und  zankpn  sich  wegen  der  gleichung: 
Also  trennt'  auch  jene  die  bmstwehr;  über  ihr  käpnpfend» 
Haueten  wild  sie  einander  umher  ap  d^n  busen  die  snerhaut     425 
Schöpgeründeter  schild'  und  leichtgeschwungenipr  tartschen. 
Viel'  auch  wurden  am  leib  vom  grausamen  erze  verwundet; 
Einige,  wapn  sich  wendend  im  streit  sie  den  rücken  entblöfsten 
Durch  das  gewül>l ,  und  manche  sogar  durch  di^  schilde  von  stierhaut. 
Überall  von  thürmen  und  brustwehr  rieselte  rothes  435^" 

Blut,  an  jeglicher  seite»  von  Troern  vind  von  Achaiem«  / 

Doch  nicht  Schäften  sie  flucht  der  Danapr;  sondern  sie  standen 
Gleich :  wie  die  wage  steht ,  wenn  ein  w^ib ,  lohnspinnend  un^  redlichi 
Abwägt  woir  und  gewicht,  und  di^  schalen  b^id'  in  gerade^ 
Schwebung  hält ,  für  die  kind^r  den  ärmlichen  lohn  zu  gewinnen :    43^ 
Also  stand  gl^ichschwebend  die  Schlacht  der  kämpFendpi  völkcrt 
Bis  nunmehr  Zeus  schenkte  der  obma^ht  ehre  dem  Hektor, 
Priamos  söhn,  der  zuerst  einstürmt'  in  der  Danaer  maue^ 
Laut  nun  scholl  sein  durchdringender  ruf  in  die  schaairen  der  T'oert 

Auf,  ihr  reisigen  Troer,  hinan!  und  brecht  d^r  Argeier      44« 
Mauer  hindurch,  und  werft  in  die  schiff'  auflodernde  flaminen! 

Also  ermahnte  der  h^Id,  und  aller  phrpn  vepiabinens, 
Gradan  drang  zu  der  mauer  die  heerschaar ; .  alle  begierig 
Klommen  empor  an  die  zinnen ,  geschärfte  speer'  in  den  bänden« 

Hektor  trug  aufraffend  den  feldstein,  welcher  am  thore        445 
Dastand ,  draufsen  gestellt ,  von  unten  dik ,  und  von  oben 
Zugespizt;  nicht  hätten  ihn  zwe'eti  der  tapfersten  männer 

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318         ILIAS,    ZWÖLFTER  GESANG, 

Leicht  xum  wagen  hinauf  vom  boden  gewälzt  mit  hebeln » 
Wie  nun  sterbliche  sind;  doch  er  schwang  ihn  allein  und  behende: 
Denn  ihm  leichterte  solchen  der  söhn  des  verborgenen  Kronos.       450 
Wie  wenn  ein  schafer  behend'  hinträgt  die  wolle  des  widders, 
Fassend  in  Einer  hand,  und  wenig  die  last  Ihn  beschweret: 
So  nahm  Hektor  und  trug  gradan  zu  den  bohlen  den  Feldstein , 
Welche  das  thor  verichlossen  mit  dicht  einfügender  pfortc, 
Xweigcflügelt  und  hoch;  und  zween  sich  begegnende  riegel       455 
Hielten  sie  innerhalb ,  mit  Einem  bolzen  befestigt. 
Nah  izt  trat  er  hinan,  und  \^arf  gestemmt  auf  die  mitte. 
Weit  gespreizt,  dafs  nicht  ein  schwächerer  wiirf  ihm  entSoge« 
Schmetternd  zerbrach  er  die  angeln  umher,  und  es  stürzte  d^r  marmor 
Schwer  hinein ;  dumpf  krachte  das  thor  ;-auch  die  mächtigen  riegel  460 
Hielten  ihm  nicht,  und  die  bohlen  zerspalteten  hiehin  und  dorthin, 
Unter  des  Steines  gewalt;  und  es  sprang  der  erhabene  Hektor 
Fütchtbari  hinein ,  wie  das  grauen  der  nacht:  er  stralt'  in  des  eries 
Schreklichem  glänz,  der  ihn  hüllt',  und  zwo  hellblinkende  lanzen 
Schüttelt'  er.    Schwerlich  hätt'  ein  begegnender  jezt  ihn  gehemmet,    465 
Aufser  ein  gott,*da  er  sprang  in  das  thor,  wutfunkelndes  blickes. 
Laut  ermahnt*  er  die  Troer,  unfiherge wandt  im  getümmel, 
Über  die  mauer  zu  steigen;  und  schnell  folgt'  alles  dem  aufruf: 
Andere  drangen  zur  mauer  und  kletterten,  andere  strömten 
Durch  die  gezimmerte  pfbrte  hinein.     Doch  es  flohn  die  Achaier    470 
Zu  den  geräumigen  schiffen;  es  tobt'  unermeßlicher  aufruhr. 


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Homers  Ilias 


VON 


IohannHeinrich    Voss- 


XIII  -  XXIV    GESANG. 


DRITTJI     TJS&BISSfiRTS     AVFLAGS. 

M^— —————— 

TÜBINGEN 
ia    duri.    Q.    C»tta'<cli«A    Buchhandlung. 

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f 


Homers    Ilias 

VON 

lOHANN    Heinrich    Voss. 


ZWEITER     BAND. 


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I  L  I  A  S. 


DREIZEHNTER     GESANG. 


Homers  Ilias.   II.  Band.  Digi.iz-^byGoOgk 


INHALT. 

Kampf  um  He  sehifi.  Poseidon,  von  Zeus  unbemerkt,  kommt 
die  Aehaier  zu  ermuntern.  Dem  Rektor  am  erstürmten  tkore  des 
Menestkeus  ufiderstehn  vorzüglich  die  Ajas.  Zur  linken  kämpfen 
am  tapfersten  Idomeneus  und  Meriones  wider  Äneias ,  Paris  und 
andere.  Auf  Polydamas  rath  beruft  Rektor  diefürsten,  dafs  man 
vereint  kämpfe,  oder  zurükziehe. '  Verstärkter  angrif. 


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I  L  I  A  S. 


DREIZEHNTER      GESANG. 


JLicus,  nachdem  er  die  Troer  und  Hektor  bracht'  an  die  schiffe, 
Xiiefs  sie  nunmehr  bei  jenen  in  arbeit  ringen  und  elend , 
Rastlos  fort;  und  er  wandte  zurük  die  straleilden  äugen, 
Seitwärts  hinab  auf  das  land  gauhummelnder  Thrakier  schauend. 
Auch  nahkämpfender  Myser,  und  trcflicher  Hippomolgen,  5 

Welche  bei  milch  arm  leben ,  ein  volk  der  gerechtesten  manner. 
Doch  auf  Troja  wandt'  er  nicht  mehr  die  stralenden  äugen ; 
Denn  nicht  hoft'  er  im  geist»  der  unsterblichen  würde  noch  einer 
Kommen,  um  Troja's  volk  zu  vertheidigen ,  oder  Achaia's. 

Aber  nicht  achtlos  lauschte  der  erderschüttrer  Poseidon.         10 
Denn  er  safs,  anstaunend  den  kämpf  und  die  waffenemscheidung, 
Hoch  auf  dem  obersten  gipfel  der  grünumwaldeten  Samos 
Thrakias:  dort  erschien  mit  allen  höhn  ihm  der  Ida, 
Auch  erschien  ihm  Priamos  Stadt,  und  der  Danaer  schiffe. 


4  ^  ILIAS.  ' 

Dort,  entstiegen  dem  meer,,  sah  jener  mit  gram  die  Achaier        15 
Fallen  vor  Troja's  macht,  und  ergrimmte  vor  zorn  dem  Kronion. 

Plöxlich  stieg  er  herab  von  dem  zackigen  feUengebirge , 
Wandelnd  mit  hurtigem  schritt ;  und  es  bebten  die  höhn  und  die  wälclev 
Weit  den  unsterblichen  füf&en  des  wandelnden  Poseidaon. 
Dreimal  schwang  er  sich  fort ;  und  das  viertemal  stand  er  am  ziele,     20 
Ägä:  wo  ein  gepriesner  palast  in  den  tiefen  des  sundes. 
Golden  und  schimmerreich,  ihm  erbaut  ward,  stets  unvergänglich. 
Schnell ,  wie  er  ankam ,  schirrt'  er  ins  joch  erzhufige  rosse , 
Stürmendes  flugs,  uitiwallt  von  goldener  mahne  die  schultern; 
Selber  i^göld  nun  hiillt'  er  den  leib,  und  fafste  die  geifsel,        25 
Schmaus  golde  gewirkt,  und  trat  in  den  se&sel  des  wagens. 
Lenkte  dann  Über  die  flut:  die  ungeheuer  des  abgrunds 
Hüpften  umher  aus  den  klü'ften,  den  mkchtigen  herscher  erkennend. 
Freudig  trennt'  aus  einander  die  Wge  sich;  und  wie  gefli^'gelt 
Eilten  sie ,  ohne  dafs  ^unten  die  eherne  axe  genezt  ward ;  30 

Und  ihn  trugen  im  sprung  zu  der  Danaer  schiffen  die  rosse. 

Eine  geräumige  grott'  ist  tief  in  den  Schlünden  des  sundes, 
Zwischen  Tenedos  höhn  und  der  rauhumstarreten  Imbros: 
Dorthin  stellte  die  rosse  der  erderschütti;er  Poseidon, 
Abgespannt  vom  gcschirr,  und  reicht*  ambrosische  nahrung  35 

Ihnen  zur  kost;   und  die  füfs'  umschlang  er  mit  goldenen  fesseln. 
Unzerbrechlich,  unlösbar,  dafs  fest  auf  der  stelle  sie  harrten. 
Bis  ihr  herscher  gekelitt;  dann  ging  er  ins  heer  der  Achaier. 

Troja's  männer  gedrängt,  dem  orkan  gleich,  oder  dem  feuer, 
Folgeren  Priamos  söhn',  unersättlicher  gier,  in  den  kämpf  hin,  40, 
Brausendes,  wüstes  geschreis;  denn  der  Danaer  schliFe  zu  nehmen  , 

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DREIZEHNTER   GESANG:  5 

Hoften  SIC,  und  zu  crmprden  die  Danaer  all*  um  die  schifFc. 

Aber  der  crderschiittrer,  der  landumstürmer  Poseidon, 
Reizte  den  mut  der  Argeier ,  des  mecrs  Abgründen  entstiegen , 
Ähnlich  ganz  dem  Kalchas  an  wuchs  und  gewaltiger  stimme.     45 
Erst  zu  den  Ajas  begann  er,  die  selbst  schon  glühten  iri  kampflust: 

Ihr,  o  Ajas,  vermögt  der  Danaer  volk  zu  erretten, 
^enn  ihr  der  stärke  gedenkt,  und  nicht  des  starrenden  zagens. 
Anderswo  schrecken  mich  nicht  die  unnahbaren  hände  der  Troer, 
Die  hoch  über  die  mauer  herein  sich  stürzten  mit  heerskraft;       50 
Allen  gesamt  schon  wehren  die  hellumschienten  Achaier. 
Hier  nur  sorg'  ich,  am  meisten  geängstiget,  was  uns  betreffe, 
Wo  der  rasende  dort,  wie  ein  brennendes  fcuer,  voranherscht , 
Hektor,  der  sich  entsprossen  von  Zeus  dem  allmächtigen  rühmet! 
Gäbe  doch  Euch  in  die  seel*  ein  unsterblicher  diesen  gedanken,        ^i^ 
Selbst  entgegen  zu  stehn  mit  gcwalt,  und  andre  zu  reizen! 
Traun,  wie  eifrig  er  strebt,  hinweg  von  den  schiffen  Achaia's 
Drängtet  ihr  ihn,  wenn  gleich  der  Olympier  selbst  ihn  erwecket! 

Sprachs,  und  rührte  sofort,   der  umufernde  Ländererschüttrer » 
Beide  mit  mächtigem  stab',  und  crfüUte  sie  tapferes  mutes;  66 

Leicht  auch  schuf  er  die  glieder,  die  füfs'  und  die  arme  von  oben. 
Aber  er  selbst,  wie  einihabicht  in  hurtigem  flug  sich  emporschwingt, 
Der,  von  des  felsengebirgs  hochschwindelnder  jähe  gehoben» 
Rasch  hinfährt  in  die  thale,  den  anderen  vogcl  verfolgend: 
Also  entschwang  sich  jenen  der  erderschüttrer  Poseidon.  65 

Erst  von  beiden  erkannt'  es  der  schnelle  söhn  des  O'ilcu«, 
Und  zu  Ajas  sogleich,  dem  Telamoniden,  begann  er; 

Aja4,  dieweil  uns  irgend  ein  gott,  von  den  hc^H^^«jpiympos> 

igi  ize     y  ^  ^ 


6  ILIAS^ 

Gleich  an  gestalt  dem  seher,  gebeut  bei  den  schiffen  zu  kämpfen: 
Denn  nicht  Kalchas  war  es,  der  deutende  vogelschauer;  -70 

Wohl  ja  bemerkt'  ich  von  hinten  der  fiifse  gang  und  der  schenke!. 
Als  er  hinweg  sich  wandte;    denn  leicht  zu  erkennen  sind  gölten 
Jezo  verlangt  mir  selber  der  mut  im  innersten  herzen, 
Stürmischer  aufgeregt,  zu  kämpfen  den  kämpf  der  entscheid u ng ; 
Und  mir  streben  von  unten  die  fiifs*,  und  die  bände  von  oben.  75 

Ihm  antwortete  drauf  der  Tclamonicr  Ajas: 
So  nun  streben  auch  mir  um  den  speer  die  unnahbaren  bände 
Ungestüm,  und  es  hebt  sich  die  seele  mir;  unten  die  fü£s*  auch 
Fliegen  mir  beide  von  selbst;  und  Sehnsucht  fühl'  ich,  auch  einzeln, 
Hektor,  Priamos  söhn,  den  Stürmer  der  schlacht,  zu  bekämpfen  !    80 

Also  redeten  jen'  im  wechselgespräch  mit  einander, 
Freudig  der  kämpf begier,  die  der  gott  in  den  herzen  entflammet. 

Hinten  indefs  erregte  die  Danaer  Poseidaon, 
Die  bei  den  rüstigen  schiffen  das  herz  sich  ein  wenig  erlabten: 
Welchen  zugleich  von  der  mühe  des  kampfs  hinsanken  die  glieder,     Ss 
Und  auch  grani  die  seele  belastete,  weil  sie  die  Troer 
Sahn  hoch  über  die  mauer  herein  sich  stürzen  mit  heerskraft: 
Diese  schaueten  sie ,  und  es  strömte  die  thrän'  aus  den  wimpem ; 
Denn  nicht  hoften  sie  ^ucht  ans  den  schreknisseii.    Aber  Poseidon 
Kräftigte  leicht  durchwandelnd  den  mut  der  starken  geschwader.     90 
Siehe,  zu  Teukros  zuerst  und  Le'itos  trat  er  ernvahnend, 
Auch  zu  Pencleos  hin,  zu  Deipyros  auch,  und  zu  Thoas, 
Dann  zu  Meridnes  auch,  und  Antilochos,  beiden  des  k^mpfes; 
Diese  reizte  der  gott,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Schande  doch,  Argos  söhn',  ihr  Jünglinge !  Euch  ja^ertraut'  ich,    95 

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DREIZEHNTER   GESANG»  7 

Dafs  ihr  tapfere«  armes  errettetet  unsere  schüfe !  ^ 

I  . 

Aber  wo  Ihr  der  gefahr  euch  entzieht  des  verderblichen  kämpfe«, 

Dann  ist  erschienen  der  tag,  da  Troergewah  uns  bezwinget! 
Weh  mir!  ein  grofses  wunder  erblick'  ich  dort  mit  den  äugen, 
GraunvoU,  welches  ich  nimmer  auch  nur  für  möglich  geachtet:      loo 
Troer  an  unseren  schiffen  so  nahe  nun!  welche  vordem  ja 
Gleich  den  hindinnen  waren,  den  flüchtigen,  die  in  den  wäldern 
Beute  sind  für  schakal'  und  reifsepde  pardei  und  wölfe, 
So  in  die  irre  gescheucht,  wehrlos,  nicht  freudig  zum  angrif: 
Also  wollten  die  Troer  den  mut  und  die  kraft  der  Achaiet         105 
Nimmer  vordem  ausharren  mit  abwehr,  auch  nur  ein  wenig. 
Nun  ist  ferne  der  Stadt  bei  den  räumigen  schiffen  ihr  Schlachtfeld, 
Durch  des  gebieters  vergehn,  und  lässigkeiten  der  völker, 
Die,  auf  jenen  ergrimmt,  nicht  kühn  zu  vertheidigen  streben 
Unsre  gebogenen  schiffe,  vielmehr  hinbluten  bei  ihnen.  iio 

Aber  wird  er  auch  wahrlich  mit  völligem  rechte  beschuldigt» 
Atreus  heldensohn,  der  völkerfürst  Agamemnon» 
Weil  er  schniählich  entehrt  den  mutigen  renner  Achilleus; 
Doch  nicht  Uns  geziemt  es,  so  abzust<^hn  vom  gcfechte! 
Auf  denn ,  und  lafst  euch  heilen ;  der  edelen  herzen  sind  heilbar«     1 15 
Nimmer  euch  selbst  zur  ehre  vergefst  ihr  dex  stürmenden  abwehr « 
Ihr  die  tapfersten  alle  der  Danaer !  Schwerlich  ja  würd*  ich 
Gegen  den  mann  auftreten,  der  wo  dem  gefecht  «ich  entzöge» 
Feig'  und  schwach;  Euch  aber  verarg'  ich  es  wahrlich  von  herzent 
Trauteste  freund',  ach  bald  noch  gröfseres  wehe  verschaft  ihr     X2^ 
Durch  nachlässigen  sinn!  Wohlauf,  und  gedenket  im  herzen 
Alle  der  schäm  und  der  schand'!  Ein  gewahiger  kämpf  ja  erhub  sich! 

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S  ILIAS. 

Hektot  stürmt  um  die  schifFe,  der  rufer  im  streit,  uns  bekämpfend , 
Furchtbar  an  kraft ,  und  durchbrach  schon  thor  und  mächtigen  ricgcl  I 

Abo  rief  und  erregte  die  Danaer  Poscidaon.  125 

Dort  um  die  Ajas  beide  gestellt  nun,  gingen  geschwader, 
Tapfere,  die  selbst  Ares  untadeüch  hätte  gefunden. 
Auch  Athenäa  selbst,  die  zerstreuerin.     Denn  der  Achaier 
Edelste  harrteh  der  Troer  gefafst,  und  des  gottlichen  Hektor: 
Lanz'  an  lanz'  eindrängend,  und  schiid  mit  schild  auf  einander,      130 
Tartich'  an  tartschc  gelehnt,  an  heim  heim,  krieger  an  kriegcr; 
Und  die  umflatterten  helme  der  nickenden  rührten  geengt  sich 
Mit  hellschimmernden  zacken:  so  dichtvereint  war  die  heerschaar; 
Aber  die  speer' ,  unruhig  -in  mutigen  bänden  beweget , 
Zitterten;  gradan  strebten  sie  all*,  und  entbrannten  in  kampfgicr.    135 

-Vor  auch  drangen  die  Troer  mit  heerskraft;  aber  voran  ging 
Hektor  in  rascher  begier:  wie  ein  schmetternder  stein  von  dem  felsen. 
Den  an  der  kröne  des  bergs  abreifst  die  ergossene  herbstflut» 
Brechend  mit  stürmischem  regen  das  band  des  entsezlichen  Felsens; 
Hoch  nun  stürzt  er  im  sprung  sich  herab,  und  zerschmetterte  waldu  ng  1 40 
Kracht;  doch  stets  und  unhemmbar  enttaumelt  er,  bis  er  erreichet 
Ebenen  grund;  dann  rollt  er  nicht  mehr,  wie  gewaltig  er  andrang: 
*Also  droht'  auch  Hektor  zuerst,  bis  zum  ufer  des  meeres 
Reicht  hindurchzudringen  der  Danaer  schuf'  und  gezelte, 
Mordend;  allein  da  nuimnehr  die  geschlossenen  reihen  er  antraf,     145 
Stand  er,  wie  nah*  er  gestrebt.     Die  begegnenden  männer  Achaias, 
Zuckend  daher  die  Schwerter  und  zwiefachschneidenden  lanzen , 
nen  ihn  mutig  zurük;  und  er  wich  voll  jäher  bestürzurrg. 
•^  fichoU  sein  durchdringender  ruf  in  die  schaarenTder  Troer : 

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DREIZEHNTER   GESANG.  ^    9 

Troer,  und  Lykier  ihr,,  und  Dardaner,  kampfer  der  nähe,     150 
Haltet  euchl    Traun  nicht  lange  bestehn  sie  vor  mir,  die  Achaicr, 
Nahen  sie  g^leich  mit  einander  in  heerschaar  wohlgeordnet; 
Sondern  bald  vor  dem  speer  entweichen  sie,  wo  mich  in  Wahrheit 
Trieb  der  erhabenste  gott,  der  donnernde  gatte  der  Here! 

HektOT  rief«,  und  erregte  den  mut  und  die  herzen  der  männer.  155 
Aber  Deifobos  ging  hochtrozeodes  sinns  in  der  heerschaar, 
Priamos  söhn,  und  trug  den  gleichgeründeten  schild  vor, 
Leise  bewegend  den  schritt,  und  unter  dem  schild'  anwandelnd. 
Doch  Meriones  zielte  mit  blinkender  lanz'  ihm  entgegen, 
Schofs ,  und  verfehlete  nicht  des  gewaltigen  schüdes  von  stierhaut     160 
Runden  kreis:  nicht  diesen  durchbohret'  er,  sondern  zuvor  brach 
Kurz  an  der  ose  der  ragende  schaft;  Deifobos  aber 
Hielt  den  gewakigen  schild  vom  leibe  sich ,  weil  er  im  herzen 
Scheute  Meriones  speer,  des  feurigen  beiden;  doch  jener, 
Schnell  in  der  freunde  gedrängt  entzog  er  sich ,  heftig  erbittert,       165 
Um  den  verfehleten  sieg,  und  den  wurfspiefs,  welcher  ihm  abbrach; 
Und  er  enteilt'  an  den  zelten  hinab  und  den  schiffen  Achaia's, 
Holend  den  mächtigen  speer,  der  ihm  im  gezelte  zurükblieb. 

Aber  die  anderen  kämpften ,  und  graunvoll  brüllte  der  Schlachtruf. 
Teukros  der  Telamonide  zuerst  schlug  einen  der  tapfem,  170 

Imbrios,  Mentors  söhn,  des  rossebegiiterten  herschers. 
Jener  wohnt'  in  Pedäos,  bevor  die  Achaier  gekommen, 
Priamos  nebentochtcr  vermählt,  der  Medesikaste. 
Aber  nachdem  die  Achaier  in  ruderschiffen  gelandet. 
Kam  er  gen  IHos  wieder,  und  ragete  hoch  vor  den  Troern;  -    1T5 
Auch  bei  Priamos  wohnt*  er-,  der  gleich  ihn  ehne  fJen  söhnen. 


lo  ILIAS. 

Den  traf  Telamons  söhn  jezt  unter  dem  ohr  mit  des  Schaftes 
Stofs,  und  entrifs  ihm  den  schaft;.  da  taumelt*  er  hin,  wie  die  esche. 
Die  auf  luftigem  gipfel  de«  weitgesehenen  berges, 
Nieder  vom  erze  gehaun,  zur  erd*  ihr  hartes  gesprofs  senkt:        i8o 
So  sank  jener ,  umklirrt  von  dem  erz  der  prangenden  rüstung^. 
Schnell  lief  Teukros  hinan ,  in  begier  das  geschmeide  zu  rauben ; 
Aber  im  lauf  schofs  Hektor  die  blinkende  lanz'  ihm  entgegen. 
Zwar  er  ielbst  vor&chauend  vermied  den  ehernen  wurf&piefs. 
Kaum;  doch  Amfimachos,  Kteatos  söhn,  des  Aktorionen,  185 

Traf,  da  er  nahte  zum  kämpf,  der  stürmende  speer  in  den  busen; 
Dumpf  hin  kracht*  er  im  fall,  und  es-  rassehen  um  ihn  die  w^afFen. 
Hektor  eilt*  in  begierde ,  den  heim ,  der  den  schlafen  sich  anschiofs. 
Ab  von  Amfimachos  haupte  zu  ziehn,  des  erhabenen  kämpfers; 
Aber  im  lauf  schofs  Ajas  jJic  blinkende  lanz'  ihm  entgegen.        190 
Hektors  leib  zwar  rührte  sie  nicht;  denn  er  starrete  ringsum 
Schreklich  in  stral^ndem  erz;  dpch  siehe,  dem  schild'  auf  den  nabel 
Stiefs  er,  und  drängt' ihn  mit  grofser  gewalt,  dafs  er  eilend  zurükwich 
Von  den  erschlagenen  zween:  die  zogen  hinweg  die  Achaier. 
Ihn,  den  Amfimachos  trugen  Athens  streitkundige  fürsten,  195 

Stichios  samt  Mcnestheus,  hinab  in  das  beer  der  Achaier; 
Imbrios  trugen  die  Ajas,  entbrannt  von  stürmischer  kampfgier. 
Wie  zween  löwen  die  geis ,  der  gewalt  scharfzahniger  hunde    . 
Weggeraft ,  fontragen  jduich  dichtverwachsenes  reisig , 
Hoch  empor  von  der  erd*  in  blutigen  rächen  sie  haltend:  200 

Also  hielten  empor  die  zween  geharnischten  Ajas 
Jenen,  und  raubten  die  wehr;  und  das  haupt  vom  zarten  genick'ihm 
Hieb  des  Oileus  söhn,  um  Amfimachos  heftig  erl^ittert, 

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DREIZEHNTER  GESANG.  n 

Sch^vang  en  darauf  wie  die  kugel  umhergedreht  ins  getümmel ;  ' 
Und  zu  Hektoxs  füfsen  entrollete  jenes  im  staube.  005 

Heftig  im  herzen  empört  ward  Posddaon  von  unmut, 
Als  sein  enkel  ihm  sank  in  schreckenvoller  entscheidung ; 
Und  er  enteih*  an  den  zelten  hinab  und  den  schifiFen  Achaia's, 
Trieb  die  Achaier  zum  kämpf,    und  bereitete  jammei  den  Troern. 
Ihm  begegnete  jezt  Idomeneus,  kundig  der  lanze,  210 

Wiedergekehrt  vom  genossen,  der  jüngst  ihm  aus  dem  gefecl\te 
Kam,  an  der  beugung  des  knies  mit  scharfem  erze  verwundet. 
Diesen  brachten  die  freund',  er  a)}er  befahl  ihn  den  ärzten» 
Eilete  dann  zum  gezelte;  denn  noch  in  das  treffen  verlangt'  er 
Einxugehn.     Ihm  nahend  begann  der  starke  Poseidoi; ,  •   Ai5 

Gleich  an  tönender  stimm'  Andrämons  söhne,  dem  Thoas. 
Der  durch  Pleuron  umher  und  Kalydons  bergige  felder 
Allen  Atolern  gebot,  wie  ein  gott  im  vplke  geehret: 

Wo  ist,  Kreta's  beherscher  Idomeneus,  allfc  die  drohung 
Hingeflohn,  die  den  Troern  Achaia's  söhne  gedrohet?  220 

Aber  der  Kreterfurst  Idomeneus  rief  ihm  die  antworte 
Thoas»  keiner  im  volk  ist  jezo  schuldig,  so  weit  ich 
Sehen  kann;  denn  alle  verstehn  wir  den  feind  zu  bekämpfen: 
Keinen  fesselt  die  furcht,  die  entseelc^nde ;  keiner,  von  trägheit 
Lafs,  entzieht  den  gefahren  der  Schlacht  sich :  sondern  es  wird  wohl  a,7S 
Also  beschlossen  sein  vom  allmächtigen  sohrie  des  Kronos, 
Dafs  hier  mhmlos  sterben  von  Argos  fern  die  Achaier.' 
Thoas ,  wohlan !  du  warst  ja  vordem  ausharrendes  mutes » 
Und  ermahnst  auch  andre,  wo  jemand  säumen  du  sähest; 
Drum  laGs  jezo  nicht  ab,  und  ermuntere  jeglichen  Streiter!  ,      230 

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la  ILIAS, 

Ihm  antwortete  drauf  der  erderschiittrcr  Poseidon : 
Nimmer  kehre  der  mann,  Idomeneus,  nimmer  von  Troja 
Wieder  heim ,  hier  werd*  er  zerfleischenden  hunden  ein  labsal , 
Welcher  an  dienm  tn.ß^e  den  kämpf  freiwillig  vermeidet! 
Aber  wohlan  lu  den  walltn ,  und  folge  mir !  Beiden  gebührt  nun     235 
Thätig  zu  sein ,-  ob  wir  hülfe  vielleicht  noch  schaffen ,  auch  zween  nur. 
Wirkt  doch  vereinigte  kraft  auch  wohl  von  schwächeren  männem; 
Und  wir  sind  ja  kundig  mit  tapferen  selber  zu  kämpfen. 

Dieses  gesagt,  enteilte  der  gott  in  der  männer  getiimmeL 
Als  Idomeneus  nun  zum  stattlichen  zelte  gelangt  war,  240 

Hüllt'  er  in  schöne  geräthe  den  leib,  und  fafste  zwo  lanzen. 
Eilte  dann,  ähnlich  dem  blizc  des  Donnerers,  welchen  Kronion 
Hoch  mit  der  hand  herschwang  vom  glanzerhellten  Olympos, 
Sterblichen  menschen  zum  zeichen;  er  stralt  in  blendender  klarheit: 
Also  blizte  das  erz  um  die  brüst  des  eilenden  königs.  245 

Aber  Meriones  kam,  sein  edler  genofs,  ihm  entgegen, 
Nah'  annoch  dem  gezelt;  denn  die  eherne  lanze  sich  holend. 
Lief  er  hinab;  ihm  ruft'  Ic^omeneus  heilige  stärke: 

Molos  rüstiger  söhn  Meriones,  liebster  der  freunde,' 
Warum  kamst  du  ,  verlassend  gefecht  und  Waffenentscheidung?     250 
Traf  dich  vielleicht  ein  geschofe,  und  quäh  dich  die  wunde  des  crzcs? 
Oder  suchest  du  mich  mit  botschaft?  Selber  gewifs  nicht  i 

Ausxuruhn  im  gezelte  verlanget  mich,  sondern  zu  kämpfen!  ' 

Und  der  verständige  held  Meriones  sagte  dagegen  s 
O  Idomeneus,  fürst  der  erzgepanzerten  Kreter,  255' 

Sieh,  ich  komm',  ob  dir  etwa  ein  speer  im  gezelte  zurükblieb,       : 
Dafs  ich  ihn  hole  zum  kämpf;  denn,  den  ich  l^tte.  zerbrach  ich, 

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DREIZEHNTER   GESANG.  13 

Treffend  De'i&bos  'schild ,  des  übergew^ltigen  kriegers. 

Aber  der  Kretcrfiirst  Idomcneus  rief  ihm  die  antwort: 
Suchst  du  Speere,  mein  freund,  so  findest  du  einen,  ja  zwanzig,   aßo 
Dort  in  meinem  gezelt  an  schimmernde  wände  gelehnet, 
Troischc,  die  von  erschlagnen  ich  beutete.     Denn  ich  bekenne, 
Niemals  ferne  zu  steh«  im  kämpf  mit  feindlichen  männern. 
Darum  hab'  ich  der  speere  genug,  und  genabelter  schilde. 
Auch  der  heim',  und  der  panier,  umstrah  von  freudigem  Schimmer.  265 

Und  der  verständige  held  Meriones  sagte  dagegen: 
Mir  auch  fehlts  bei  meinem  gezelt  und  dunkelen  schiffe 
Nicht  an  raub  der  Troer ;  doch  fern  ists ,  dessen  zu  holen. 
Denn  ich  selbst ,  wie  ich  meine ,  vergafs  noch  nimmer  des  mutes ; 
Sondern  zugleich  mit  den  ersten  in  männerehrender  fcldichlacht    270 
Pfleg' ich  zu  stehn,  wann  beginnt  der  blutige  kämpf  derentächeidung. 
Manchem  anderen  wohl  der  erzumschirmten  Achaier 
Bleib'  ich  verborgen  im  streit ;  Du  kennst  mich  lange ,  vermut'  ich. 

Aber  der  Kreterfürst  Idomeneus  rief  ihm  die  antwort: 
Deine  tapferkeit  kenn'  ich;  was  brauchest  du  dieses  zu  sagen?        275 
Viürdcn  qjpjezt  bei  den  schiffen  zum  hinterhalte  wir  tapfern 
Ausersehn,  wo  am  meisten  erkannt  wird  tilgend  der  männer, 
Wo  der  furchtsame  mann ,  wie  der  mutige ,  deutlich  hervorscheint : 
(Denn  dem  zagenden  wandelt  die  färbe  sich,   anders  und  anders; 
Aach  nicht  ruhig  zu  sizen  vergönnt  sein  wankender  geist  ihm,  .    280 
andern  er  hokt  unstät,  auf  wechselnden  knieen  sich  stUzend; 
Und  ihm  klopfet  das  herz  voll  Ungestüms  in  dem  busen, 
»ahndend  des  todes  graun ,  und  dem  schaudernden  klappen  die  zahne : 
l^h  nie  wandelt  dem  tapfern  die  färbe  sich,  nie  auch  erfülle  ihn 


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14  ILIAS. 

Grofse  furcht,  wenn  er  einnfal  zum  himerhalt  sich  gelagert;      285 

Sondern  er  wUn&cht ,  dafs  er  schnell  eingeh'  in  den  schreklichen  angrtf :) 

Keiner  mochte  sodann  dein  herz  und  die  arme  dir  tadeln! 

Wenn  auch  fliegendes  erz  dich  veWundete,  oder  gezuktes; 

Doch  nicht  traf  in  den  nacken  geschofs  dir,  noch  in  den  rücken, 

Sondern  der  brüst *entwedcr  begegnet'  es,  oder  dem  bauche,       290 

Weil  du  getad*  anstürmtest  im  vordergewühl  der  entschlofsnen. 

Aber  lafs  nicht  länger  uns  hier,  gleich  albernen  kindem, 

Schwazend  stehn,  dals  keiner  in  zürnendem  herzen  ercifrc; 

Sondern  du  geh  ins  gezelt,.  und  nim  dir  die  mächtige  lanze. 

Jener  sprachs ;  undMeriones,  gleich  dem  stürmenden  Ares,    295 

Holete  schnell  aus  dem  zelte  hervor  die  eherne  lanze, 

Folgt*  Idomeneus  dann ,  voll  heftiger  gier  des  gefechtes. 

Wie  wenn  Ares  zum  kämpf  hingebt,  der  menschenvertilger , 

Und  ihm  der  Schrecken ,  sein  söhn ,  an  kraft  und  an  mut  unbezwingbar. 

Nachfolgt,  welcher  verscheucht  auch  den  kühn  ausharrenden  krieger;  300 

Beid*  aus  Thrakia  gehn  sie  zu  Efyrerschaaren  gewapnct, 

Oder  zum  Flegyervolkc ,  dem  mutigen;  aber  zugleich  nicht 

Hören  sie  beider  gebet.  Ein  volk  nur  krönet  der  siegsruhm: 

So  Meriones  dort  und  Idomeneus,  forsten  des  heeres, 

Als  in  die  schlacht  sie  gingen,  mit  stralendem  erze  gewapnet.       305 
( 
Aber  zum  könige  sprach  Meriones,  also  beginnend: 

Deakalione,  wo  denkst  du  hineinzugehn  ins  getünmiel? 
Dort  zur  rechten  seite  der  heerschaar,  dort  in  die  mitte, 
Oder  auch  dort  zur  linken  ?  Denn  nirgends  scheinen  mir  etwa 
Dürftig  des  kampfes  zu  sein  die  hauptumlokten  Achaier.  310 

Aber  der  Kreterfürst  Idomeneus  rief  ihm  die  antwort: 

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DREIZEHNTER  GESANG.  15 

Mitreh  sind  schon  andre  vcrtheidiger  unseren  schiffen, 

Ajas  beid%  und  Teukros,  der  fertigste  hogenschüze 

Unter  dem  volk,  auch  tapfer  im  stehenden  kämpf  der  entscheidung: 

Welche  genug  ihn  hemmen ,  wie  kühn  zum  gefecht  er  dahertobt,     315 

Hektoi,  Priamos  söhn,  und  ob  er  der  tapferste  wäre! 

Schwer  wirds  wahrlich  ihm  sein,  dem  rasenden  Stürmer  der  feldschlacht, 

Jener  heldenmut  iind  unnahbare  hände  besiegend, 

Anzuzünden  die  schiffe;  wofern  nicht  selber  Kronion 

Einen  lodernden  brand  in  die  rüstigen  schiffe  hineinwirft.  320 

Aber  ein  mann  scheucht  Dimmer  den  Telamonier  Ajas, 

Keiner,  der  sterblich  ist,  und  kern  der  Demeter  geniefset, 

Auch  durchdringlich  dem  erz,  und  gewahigen  steinen  des  feldes. 

Selbst  vor  Achilleus  nicht,  dem,  zerschmetterer,  möcht'  er  weichen, 

[m  stillstehenden  kämpf;  denn  im  lauf  wetteifert  ihmViiemand.     325 

Dorthin   streb'  uns  zur  linken  det  heerschaar,  dafs  wir  in  eile 

!ehn,  ob  anderer  rühm  wir  verherlichen ,  oder  den  unsern! 

Jener  sprachs;  und  Meriones,  gleich  dem  stürmenden  Ares, 
Eilte  voran,  bis  sie  kamen  zur  heerschaar,  wo  er  ihn  hintrieb. 

Doch  wie  die  feind'  Idomeneus  sahn,  dem  feuer  an  kraft  gleich,    330 
Ihn  und  seinen  genossen  in  prangendem  waffengeschmeide; 
iliefen  sie  laut  einander,  und  gegen  ihn  wandelten  alle, 
uns  nun  ward  das  getummel  der  schlacht  um  die  ragenden  Steuer. 
Vic  vor  brausender  winde  gewalt  unwetter  daheiziehn, 
encs  tags ,  wann  häufig  der  staub  die  wege  bedecket ;  335 

'nd  sich  alsbald  von  dem  staub'  aufwölkt  ein  finsterer  nebel: 
0  dort  stürmt^  zusammen 4lie  schla9ht ;  denn  sie  sehnten  sich  herzlich, 
Kirch  das  gewüW  einander  ndt  spizigem  etze  zu  moxden.   t 

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i6  ILIAS. 

Weithin  starrte  die  würgende  Schlacht  von  erhobenen  lanxen, 

Lang  emporgestrebten ,  zerfleischenden ;  blendend  dem  äuge        340 

Schien  der  eherne  glänz  von  sonnenspiegelndcn  helmen, 

Neugeglättetem  panzergeschmeid',  und  leuchtenden  Schilden , 

'  Als  sie  sich  nahten  zum  kämpf.  Der  müfst'  ein  entschlossener  mann  sein. 

Welcher  sich  freute  zu  schaun  den  tumult  dort,  und  nicht  verzagte! 

Beide,  gesondertes  sin ns,  die  mächtigen  söhne  des  Kronos »    345 

Sannen  dem  heldengeschlecht  unheil  zu  bereiten  und  elend. 

,    Xeus  beschied  den  Troern  den  sieg  und  dem  göttlichen  Hektor, 

Peleus  rüstigen  söhn  zu  vcrherlichcn ;  aber  nicht  gänzlich 

Wollt* ^er  Achaia's  macht  vor  Ilios  lassen  verderben, 

Ruhm  nur  Schaft*  er  der  Thetis  und  ihrem  erhabenen  söhne.      350 

Doch  die  Argeier  durchging  und  ermunterte  Poseidaon,  , 

Heimlich  den  graulichen  fluten  enttaucht;  denn  er  sähe  mit  gram  sie 

Fallen  vor  Trojas  macht,  und  er^immte  vor  zorn  dem  Kronion. 

Zwar  entsprossen  sie  beid*  aus  gleichem  stamm  und  geschlechte ; 

I 
Aber  Xeus  war  eher  gezeugt,  und  höherer  Weisheit.  355 

Drum  auch  scheute  sich  jener  sie  offehbar  zu  beschirmen  ; 

Heimlich  stets  ermahnt'  er  die  Ordnungen,  menschlich  gebildet* 

Stehe,  des  schreklichcn  «treits  und  allverheerenden  krieges 

Fallstrik  zogen  sie  ^t\d* ,  und  warfen  es  über  die  völker , 

Unzerbrechlich,  unlösbar,  das  ^lel'  in  verderben  hinabrifs.  36« 

Jezo,  wiewohl  halbgrauendes  haupts,  die  Achaier  ermunternd 

Stürmt*  Idomeneus  ein,  und  trieb  die  erschrockenen  Troer. 

Denn  er  erschlug  den  edlen  Othryoneus,  der  von  Kabesos 

Neulich  dahergekommen  zum  grofsen  rufe  des  krieges. 

Dieser  warb  um  Kassandra,  die  schönste  von.Priamos  töchtem ,     ^6, 

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DREIZEHNTER  GESANG»  17 

Ohne  geschenkt  und  verhiefs  ein  grofses  werk  zu  vollenden v 
Weg  aus  Troja  tu  drangen  die  trozenden  männer' Achaia'Sk 
Priamos  aber>  der  gteis>  gelobetc  winkend  die  tochter 
Ihm  zur  eh':  und  er  kämpfte,  des  koniges  worte  vertrauende 
Doch  Idoineneus  ziehe  mit  blinkender  lanz'  ihm  entgegen  ^        370 
Schofs^  wie  er  hoch  anwandelt'»  und  traf;  nichts  frommte  der  panzer. 
Schwer  von  erz»  den  er  trug;  sie  drang  in  die  mitte  des  bauches; 
Dumpf  hin  kracht'. er  im  fall;  da  rief  frohlockend  der  Sieger: 

Hoch  vor  den  sterblichen  siUen,  ÖthtyqneuSi  sollst  dugerühmtsein, 
Wetib  du  gewUs  das  alles  hinausführ&t ;  was  du.  vttheissen        375 
t'riamos»  Dardanos  sehne  >  det  dir  die  tochter  gelobety 
Wir  auch  hätten  dir  gern  ein. gleiches  gelobt  und  vollendet: 
Siehe  >  die  schönste  tochter  des  Atreionen  gewännst  du  ^ 
Her  aus  Airgos  geführt»  zum  weibe  dir;  wenn  du  uns. hqlfesty 
Ilios  austutilgeti»  die  Stadt  voll  prangender  häuser.  380 

Folge  mir*  dort  bei  den  schiffen  der  Danaer  reden  wir  weiter 
Über  die  eh;  wir  sind  nicl^t  karg  ausstattende  seh wäher. 

Also  sprach  der  held  Idomeneus»  zog  dann  ana  fufs  ihn 
Durch  das  getümmel  der  Schlacht.     Doch  Asios  kam  ihm  e^n  rächer« 
Vor  dem  gespann  herwandeiiid,  das.tiah'  ihm  stets  an  den  f  chultern   38S 
Schnob,  vom  wagengenossen  gelenkt;  und  er  sehme  sich  Jbeifzlichi 
Wie  er  Idomeneus  träfet  doch  schnell  warf  jener  den  ^eer  ijun 
Unter  dem  kinn  in  die  gurgel,  dafs  hinten  das  ert  ihm  hervordrangt 
Und  er  sank,  wie  die  eiche  dahinsinkt»  oder  die  psqppd,     . 
Oder  die  stattliche  tanne,  die  hoch  auf  bergen  die  künstler       399 
Ab  mit  geschiiiFenen  äxten  gehaun,  tum  balken  des  schiffest 
Also  lag  er  gestrekt  vor  dem  rossebespanneten  wagen, 
Homers  Ilias.  IL  Band,  optzgby Google 


»I  ILIAS. 

Knirschend  in  angst,  nilt  den  banden  des  blutigen  staubes  ergreifend. 
Aber  dem  starrenden  lenker  entschwand  jedwede  besinnung; 
Nicht  einmal  vermocht*  er,  die  feindlichen  bände  vermeidend,      395 
Umzudrehn  das  gesipann:  doch  Antilochos,  freudig  zur  feldschlacbt 
Traf  mit  der  lanz'  ihn  mitten  hindurch;  nichts  frommte  der  panzer» 
Schwer  von  erz ,  den  er  trug ;  sie  drang  in  die  mitte  des  bauches  ; 
Und  er  entsank  aufröchelnd  dem  schöngebildeten  spssel. 
Aber  der  Nestorid'  Antilochos  lenkte  die  rosse  400 

Schnell  aus  dier  Troer  gewübl  zu  den  bellumschienten  Achaienu 

Siehe,  Deifobos  kam  dem  Idomeneus  nahe  gewandelt » 
Traurend  um  Asios  fall,  und  warf  die  blinkende  lanze. 
Zwar  er  selbst  vorschauend  vermied  den  ehernen  wurfspiefs, 
Kreta's  fürst;  denn  ihn  barg  des  Schildes  gerundete  wölbung,     405 
Welchen  er  trug ,  aus  häuten  der  stier'  und  blendendem  erze 
Starkgewölbt,  inwendig  mit  zwo  querstahgen  befestigt: 
Unter  ihn  schmiegt*  er  sich  ganz ,  dafs  der  wurfspiefs  über  ihn  hinflog , 
Und  mit  heiserem  tone  der  schild  von  der  streifenden  lanze 
Scholl;  nicht  aber  umsonst  entflog  sie  der  nervichten  rechte,       410 
Sondern  Hippasos  söhne,  dem  völkerhirten  Hypsenor, 
Fuhr  in  die  lebei  das  erz,  und  löst*  ihm  die  strebenden  kniee* 
Aber  Deifobo«  rief  mit  hoch  frohlockender  stimme : 

'   Nicht  fürwahr  ungerächt  liegt  Asios;  sondern  ich  meine, 
VVandehid  zu  Ais  bürg  mit  starkverriegelten  thoren,  415 

Wird  er  sich  fireuen  im  geist;  denn  ich  gab  ihm  dnen  begleitcr. 

Jener  sprachs;  da  schmerzte  der  jauchzende  ruf  die  Achaier; 
Und  dem  Antilochos  schwoll  sein  mutiges  herz  vor  betrübnis. 
Doch  nicht,  wie  er  auch  trauite,  vergafs  er  seines  genossen, 

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DREIZEHNTER   GESANG.  19 

Sondern  umging  ihn  in  eile,  mit  gro&em  schild'  ihn  bedeckend.    420 
Schnell  dann  bükten  sich  her  zween  auserwählte  genossen , 
Echios  söhn  Mekisteus  zugleich,  und  der  edle  Alastor> 
Die  zu  den  ra'umigen  schiffen  den  schwer  aufstöhnenden  trugen* 

Noch  war  Idomeneus  nicht  mutlos;   noch  strebt'  er  beständig, 
Ob  er  einen  der  Troer  mit  nacht  des  todes  umhüllte,  425 

Ob  er  auch  selbst  hinkrachte,  das  weh  der  Achaier  entfernend. 
Siehef  den  götcergleichen  Aikatnoos,  den  der  gebieter 
Asyetes  erzeugt:  ein  eidam  war  er  Anchises, 
Seiner  ältesten  tochter  vermählt,  der  Hippodameia^ 
Die  von  herzen  der  vater  daheim  und  die  zärdiche  mutter        430 
Liebeten;  weil  sie  vor  allen  zugleich  aufblühenden  jungfraun 
Glänzt'  an  Schönheit  und  kunst  und  tugenden;  darum. erkohr  ^ifs 
Auch  der  edelste  mann  im  weiten  lande  der  Troer:  » 

Diesen  bezwang  nunmehr  durch  Idomeneus  hand  Po&eidaon, 
Teuschend  den  hellen  blik,  und  hemmte  die  stattliche^  gUeder,     435 
Denn  niciit  rükwärts  könnt'  er  hinwegfliehn ,    oder  auch  seitwärts; 
Sondern  gleich  der  seul',  und  dem  hochgewipfelten  bäume, 
Stand  er  ganz  unbewegt;  da  stieis  Idomeneus  kraftvoll 
Seinen  speer  in  die  brüst,  und  zerschmetterte  rings  ihm  den  panzer. 
Der  mit  ehrnem  geflecht  ihn  bisher  vor  dem  tode  geschirmet;'   440 
Doch  rauh  tönt'  er  anizi,  um  die  mächtige  lanze  zerberstend« 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall',  und  es  stekte  die  lanz'  in  dem  herzen» 
Dafs  von  dem  pochenden  schlage  zugleich  der  schalt  an  dem  Speere 
Zitteite;  doch  bald  ruhte  die  kraft  des  mordenden  erzes. 
Aber  Idomeneus  rief  mit  hoch  frohlockender  stimme :  445 

Scheint  sie  dir  billig  zu  sein,  Deifobos,  unsere  rcchnung, 

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20  ILIAS. 

Drei  für  einen  erlegt?  Denn  umsonst  nur  ha5t  du  gepralet, 

Thörichter!  Aber  wohlan,  und  stelle  dich  selbst  mir  entgegen, 

Dafs  du  erkennst,  welch  einer  von  Zeus  geschlecht  ich  daherkam! 

Dieser  zeugete  Minos  zuerst,  den  hüter  von  Kreta;  4501 

Minos  darauf  erzeugte  Deukalions  heilige  stärke ; 

Aber  Deukälion  mich,  der  unzählichen  menschen  gebietet 

Weit  in  Kreta's  gefild';  allein  jczt  segelt*  ich  hieher. 

Dir  und  demvater  zum  weh\  und  anderen  söhnen  von  Troja! 

Also  der  held;  da  erwog  De'ifobos  wankendes  sinnes:         455 
Ob  er  sich  einen  gesellte  der  edclmürigen  Troer, 
Rükwärt«  wieder  gewandt;  ob  allein  er  wagte  den  Zweikampf. 
Dieser  gedank'  erschien  dem  zweifelnden  endlich  der  beste , 
Hi^ugehn-*zu  Aneias.    Er  fand  ihn  hinter  der  heerschaar 
Stehend;  denn  immerdar  dem  götdichen  Priamos  zürnt*  er,       460 
Weil  er  ihn  nicht  ehrte,  den  tapferen  Streiter  des  Volkes. 
Nahe  trat  er  hinan ,  und  sprach  die  geflügelten  worte : 

Edler  fürst  der  Troer,  Aneias;  traun  dir  geziemt  nun 
Deinen  schwager  zu  rächen,  wofern  dich  rührt  die  Verwandschaft. 
Komm  denn,  und  räche  mit  mir  Alkathoos,  welcher  vordem  ja,     465 
Deiner  Schwester  gemahl,  als  kind  dich  erzog  in  der  wohnung; 
Ihn  hat  Idomeneus  dir ,  dtt  speerberühmte ,  getödtet. 

Ji^ner  sprachs;  ihm  aber  das  herz  im  busen  erregt'  er. 
C^egen  Idomeneus  eilt'  er,  entbrannt  in  begicrde  des  kampfes. 
Doch  nicht  zagte  vor  furcht  Idomeneus ,  gleich  wie  ein  knäblein ;     4*70 
Sondern  er  stand,  wie  ein  eher  des  bergs,  voll  trozender  kühnheit. 
Welcher  fest  das  gehez  anwandelnder  männer  erwartet, 
Dort  in  einsamer  öd*,  und  den  borstigen  rücken  emporsträubt; 

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DREIZEHNTER  GESANG.  '     ^i 

Sieh,  es  funkeln  von  feuer  die  äugen  ihm;  aber  die  hauev 

Wexet  er,  abzuwehren  gefafst,  wie  die  hund*,  auch  die  Jäger:      475 

Also  bestand  der  Streiter  Idomeneus  kühn  den  Anelasg 

Der  mit  geschrei  anstürmte;  doch  ruft*  er  seinen  genossen, 

Afareus/samt  Askalafos  dort,  und  Deipyros  schauend. 

Auch  Meriones  dqrt,  und  Antilochos,  kundig  des  fcldrufs; 

Dies^  mahnt'  er  zum  kämpf,  und  sprach  die  geflügelten« wertes    480 

Freunde,  heian,  und  helft  mir  einzeleh!  Schrecken  ergi^ift  mich 
Vor  dem  raschen  Aneiasy  der  pnidi  zu  bestürmen  daherrenlit; 
Der  ^in  gewaltiger  ist  in  der  f eldschlacbt ,  männer  zu  tödten; 
Auch  noch  blüht  ihm  Jugend  in  üppiger  stärke  des  lebens. 
Wären  wir  doch  an  alter  so  gleich  uns ,  wie  an  gesinnung ;       485 
Bald  würd'  Ihn  siegsehre  vcrherlichcn ,  pder  inich  selber! 

Also  der  held;  und  sie  all',  einmütiges. sinnes  versammelt, 
Stellten  sich  nah*  umher,  die  schilde  gelehnt  an  die  scbult^nif 

Auch  Aneias  indefs  ermahnte  seine  genossen ,  . 
Paris,  samt  De'ifobos  dort,  und  den  edlen  Agenor,     r  490 

Welche  die  Troer  mit  ihm  anführeten ;  aber  die  völker 
Folgeten  nach  s  so  folgen  die  blockenden  schafe  dem  widdcr 
Von  der  weide  ^ux  ttänk';  es  freuet  sich  herzlich  der  schäferi 
Also  war  dem  Aneias  das  herz  im'  busöp  voll  freude, 
AU  er  die  völkerschaar  nachwandein  sähe  sich  selber«  49S 

Jen'  um  Alkathoos  nun  arbeiteten  /lab^  anstürmend  ' 
Mit  tangs^haftigen  Speeren;  und  rings  um  die  busM  derimÄnnei 
Hasseke  schtekUch  das  cant.,  von  den  zielenden  ge^n  «nandtr' 
Durch  das  gewühl.    Xween  manner ,  an  kriegsmüt  ratend  vor  a|idern, 
Beid',  Aneias  der  held  qnd  Idomeneus,  ähnlich  dcixl  Ares, 


34    •  ILIAS» 

Strebten  einander  den  leib  mit  grausamem  er*  tu  verwunden. 
Erstlich  schofs  Aneias  den  speer  auf  Idomeneus  zielend; 
Jener  indefs  vorschauend  vermied  den  ehernen  wurfspiefs» 
Dafs  Aneias  geschofs  mit  bebendem  schaft  in  den  boden 
Stürmte,  nachdem  es  umsonst  aus  nervichter  band  ihm  entflogen.    505 
Aber  Idomeneus  traf  des  Onömaos  wölbenden  panier 
Mitten  am  bauch,  dafs  schmetternd  ins  eingeweid'  ihm  die  spize 
Taucht*;  und  er  sank  in  den  staub,  mit  der  hand  deniboden  ergreifend. 
Zwar  Idomeneus  rifs  den  langen  speer  aus  dem  todten 
Eilend;  doch  nicht  vermocht*  er  noch  andere  prangende  rüstung   51« 
Him  von  der  schulter  zu  ziehn:  so  drängten  umher  die  geschosse. 
Denn  nicht  frisch  war  der  fiifse  gelenk  dem  strebenden  kärapfer, 
Weder  hinanzuspringen  nach  seinem  geschofs,  noch  zu  weichen. 
Drum  in  stehendem  kämpf  zwar  wehrt*  er  dem  grausamen  tage; 
Aber  zur  flucht  nicht  trugen  ihn  rasch  aus  dem  treffen  die  schenkeL  515 
Als  er  nun  langsam  wich,  da  flog  De'ifobos  lanze 
Blinkend  ihm  nach;  denn  er  hegte  noch  stets  fortdaurenden  groU  ihm. 
Doch  verfehlt*  er  auch  jezt;  denn  Askalafos  fafste  die  lanze. 
Ihn  Enyälios  söhn,   dafs  die  schulter  hindurch  ihm  der  wurfspiefs 
Stürmt*;  und  er  sank  in  den  staub,  mit  der  band  den  lipden  ergreifend.  520 
Nicht  vernahm  es  annoch  der  brüllende  wUterich  Ares, 
Dafs  sein  söhn  gefallen  im  ungestüme  der  feldschlacht ; 
Nein,  aufdcmbauptdesOlympos,  durch  Zeus  des  allmächtigen  rathschlufs, 
Safs  er^  in  goldenen  wölken  urhschränkt;  dort  safsen  zugleich  ihm 
Andre'  unsterbliche  götter »  zurük  von  dem  treffen  gehemmet.     525 

Ten'  um  Askalafos  nun  arbeiteten  nah*  anstürmend. 
Siehe,  De'ifobos  riis  von  Askalafos  haupte  den  blankegle 


N 


DREIZEHNTER   GESANG.        '       33 

flatternden  heim;  doch  Meriones,  rasch  wie  der  tobende  Ares, 
Rannte  den  Speer  in  den  arm  des  raubenden »  daf$  aus  der  hand  ihm 
Schnell  der  längliche  heim  mit  getön  hinsank  auf  den  boden,        530 
Doch  Meriones  sprang  von  neuem  hinan»  wie  ein  habichtj 
Und  er  entrifs  aus  dem  ende  des  arms  den  gewahigen  wuxfvpiefs, 
Dann  in  der  freunde  gedräng'  entzog  er  sich.    Aber  Polites* 
Seinen  verwundeten  bruder  Deifobos  mitten  umfassend,  534 

Führt'  ihn  hinweg  aus  dem  stürme  der  grä&lichen  schlacht  zu  den  rossen, 
Welche,  geflügeltes  hufs»  ihm  hinter  dem  kämpf  und  gefechte    . 
Standen ,   gehemmt  vom  lenkcr  am  kunstreich  prangenden  \yag^p. 
Diese  trugen  zur  Stadt  den  schwer  aufstöhnenden  krieger, 
Matt  vor  schmerz;  und  das  blut  entflofs  dem  verwundeten  arm^. 

Aber  die  anderen  kämpften ,  und  graunvoU  brüllte  der  Schlachtruf. 
Jczo  stürzt'  Aneias  auf  Afareus ,  söhn  des  Kaletqr ,  541 

Und  den  speef  in  die  gurgel  dem  zugewendeten  stiefs  er.   «^ 
Jenein  sanl^  fuf  seite  das  haupt,  es  folgte  4er  schild  nach, 
Auch  der  hdiq;  und  des  todes  entseelendcr  schauer  umfloCs  ihn. 

Als  Antilochos  jezt  den  gewendeten  Thoon  bemerkte,  545 

Stiefs  er,  im  sc^wung  anrennend,  und  ganz  die  ader  zerschnitt  er, 
Welche  längs  dem  rücken  emporläuft  bis  zu  dem  nacken: 
Diese  zerschnitt  er  ihm  ganz,  dafs  er  rüklings  hinab  auf  den  boden 
Taumelte«  |)eide  händ'  umher  zu  den  freunden  verbreitend. 
Aber  Antilochos  eilt\  und  entzog  den  schultern  diq  lüstung,      55« 
Mit  umschauendein  buk«  denn  rings  anstü^^nd^  Troei^ 
Trafeii  den  breiten  sdrild^  den  prangenden;  doch  si^  vermochten 
Nicht  ihni  durchhin  zu  verwunden  den  leih  mit  grausamena  erze, 
Nestors  glänzendem  söhn  \  deni^  der  erdexschuttre^.  Poseidon 


a4  ILIAS, 

Dekt*  Antilochos  rings  vor  dem  mächtigen  stürm  der  gcschoss^     555 
Denn  nie  war  er  der  ftind^  entlediget,  sondern  verkehrte 
Durch  das  gewöhl;  nie  ruhte  der  speer  ihm,  sondern  beständig 
Bebt'  er  geschwungen  umher;  und  er  wMhlete,  mutiges  herzens» 
Jezt  der«  würfe  das  zie},  und  jcz^  dem  stürmenden  anlauft 

Wohl  nahm  Adamas  nun  des  zielenden  wahr  im  getiinunel,  56© 
Asios  söhn ,  und  traf  mit  sptxigem  erze  den  schild  ihm , 
Nahe  daher  sich  stürzend ;  docli  kraftlos  machte  die  schärfe 
Der  schwarzlockige  herscher' des  m^ers,  sein  leben  verweigernd: 
Stecken  blieb  ein  theil,  wie  ein  ffahl  in  der  flamme  gehärtet, 
Auf  des  'Antilochos  schild*,  und  der  andere  lag  an  der  erde.      565 
Schnell  in  der  freunde  gedräng*  enuog  er  sich,  meldend^das  schiksal. 
Aber  Meriones  folgt',  und  schofs  die  lanze  dem  flüchtling 
Zwischen  schäm  und  nabel  hinein:  wo  am  meisten  empfindlich 
Naht  der  blutige  mord  den  ünglükseligen  menschens 
Dort  durchdrang  ihn  das  erz ,  dafs  er  hingestürzt  um  die  lanze      570 
Xappeltei,  gleich  wie  ein  stier,  den  im  bergwald  weidende  männer, 
Wie  er  sich  sträubt,  fortziehen  durch  zwang  des  rutengeflechtes : 
AlsQ  zappelt'  im  blut  er  ein  weniges,  aber  nicht  lange; 
Denn  ihm  nahte  der  held  Meriones,  welcher  dem  leibe 
Mächtig  die  lanz*  entriis ;  und  nacht  umhüllt'  ihm  die  äugen,         575 

Helenos  hieb  nun  genaht  dem  De'ipyros  über  die  schFäfe 
Mit  d0n  gewaldgen  thrakierschweit,  und  den  heim  von  dem  haupre 
I  Schmettert'  er,  dais  er  entfernt  hintaumelte;  und  ein  Achaier» 
Als  vor  der  streitenden  flifs'  er  rollete,  hob  ihn  vom  boden; 
Doch  Ihm  hüllte  die  äugen  ein  mitternächtliches  dunkel.'  5S0 

Schmerz  erglif  den  Atreidcn,  den  rufer  im  streit  Menelaos; 

ö      •      •  '  Digitizedby'  ' 


DREIZEHNTER   GESANG,  25 

Schnell  mit  furchtbarem  dröhn  auf  Helenos  eih'  er,  den  herscher, 
luckend  den  ehernen  speer;  doch  Helenos  spannte  den  bogen. 
Also  nahten  sie  betd' ,  und  trachteten ,  dieser  den  wurfspiefs 
Gegen  ihn  herxuschnellen ,  und  jener  den  pfeil  von  der  senne.       585 
Priamos  sehn  izt  traf  mit  dem  pfeil  den  wölbenden  paniec 
Jenem  über  der  brüst;  doch  es  flog  das  herbe  geschofs  ab« 
Wie  von  der  breuen  schaufei  herab  auf  geräumiger  renne 
Hüpfet  der  Johnen  fracht ,  der  gesprenkelten ,  oder  der  erbsen , 
Unter  des  windes  geräusch,  und  dem  mächdgen  schwunge  des  worflers: 
Also  vom  panzer  herab  dem  herlichen  hcld  Menelaos  591 

Pralletc  mächrig  zurük  das  herbe  geschofs ,  und  entflog  weit. 
Nun  traf  jener  die  band ,   der  rufer  im  streit  Menelaos , 
Weldie  den  bogen  gefafst,  den  geglätteten;  und  in  den  bogen 
Stünnte,  die  hand  durchbohrend,  hinein  die  eherne  lanze:        595 
Schnell  in  der  freunde  gedräng'  entxog  er  sich,  meidend  das  schiksal, 
Mit  hinhangender  hand ,  und  schleppte  den  eschenen  speer  nach« 
Diesen  10g  aus  der  hand  der  hochgesinnte  Agenor; 
Dann  verband  er  sie  selbst  mit  geflochtener  wolle  des  schafes, 
Sner Schleuder,  geführt  von  dem  kricgsgefahrten  des  herschers,    €09 

Aber  Peisandros  rannt*  auf  den  herlichen  held  Menelaos 
ungestüm ;  denn  ihn  führte  tum*  tod*  ein  böy s'  Verhängnis , 
^»^  Menelaos,  zu  fallen  in  schreckenvoUet  entschcidung, 
^^  sie  nunmehr  sich  genaht,  die  eilenden  gegen  einander? 
chofs  er  fehl,  der  Atreid',  und  Seitwärts  flog  ihm  die  lanze^         603 
•»tr  Peisandros  traf  dem  herlichen  held  Menelaos 
Ir^cJe  den  sdiild ;  Hur  könnt'  er  hindurch  nicht  treiben  die  spizp } 
cnn  sie  henmite  der  «child ,  dafs  ab  der  schaft  an  der  Öse  gle 


26  ILIAS. 

Brach:  schon  freute  rieh  jener  im  get<t,  und  erwartete  il^srubm; 
Doch  der  Atreid',  ausziehend  das  seh  wert  voll  silberner  buckeln ,    610 
Sprang  auf  Peisandros  hinan.      Der  hob  die  schimmernde  &treitaxt| 
Unter  dem  schild,  die  ehrne,  geschmiikt  mit  dem  stiele  von  Ölbaum, 
Schöngeglättet  und  lang;  und  sie  drangen  zugleich  an  einander. 
Dfewser  haut*  ihm  den  kegel  des  schweifumflatterten  helmes 
Oben  dicht  an  dem  busch:  doch  Er  des  nahenden  vorhaupt     61^ 
Über  der  nas*;  es  zerkrachte  der  knochen  ihm»  aber  die  ai^en 
Fielen  ihm  blutig  hinab  vor  die  fu£$*  .auf  den  staubigen  boden ;     j 
Und  er  entsank  sich  windend.    Da  stemmt*  er  die  fers*  auf  die  brost  ihm  | 
Raubte  das  waffengeschmeid' ,  und  rief  frohlockend  die  worte: 

So  doch  endlich  verlafst  ihr  der  reisigen  Danaer  schiffe,  621 
Ihr  unmenschlichen  Troer,  des  schreklichen  Streits  unersättlich!  1 
Die  ihr  auch  andere  schmach  und  beleidigung  nimmer  gespart  habt 
Wie  ihr  schändlichen  hunde  mich  schinähetet^  und  nicht  geachu 
leus  schwercreSenden  zom,  des  Donnerers,  welcher  das  gastrecb 
Heiliget,  und  austilgen  euch  wird  die  erhabene  veste!  62^ 

Die  piein  jugendlich  weib  und  viel  der  reijchen  b^sizung 
frech  ihr  von  dannen  gefuhrt»  nachdem  sie  euch  freundlich  bewirtet 
Und  nun  möchtet  ihr  gern  in  die  meerdurchwandelnden  schiffe 
Werfen  verderbliche ^lut ,  und  Achaia's  beiden  ermorden! 
Aber  ihr  ruht  wohl  endlich ,  wie  sehr  ihr  tobt,  von  der  kriegswuc!    63 
Vater  X«us,  man  sagt  ja,  du  seist  vorwaltend  an  Weisheit 
Ub^r  menschen  und  götter ;  doch  warst  Du  Stifter  des  alles ; 
Wie  du  anjezt  willfahrest  den  übermütigen  niänne^u 
Troja's,  welchen,  vor  troz  utvd  Üppigkeit,  ninuner  das  herz  sich 
Sättigen  kann  am  streite  des  allverdcrbenden  kriegedle  6; 


DREIZEHNTER   GESANG.  27 

Mies  wird  man  ja  satt»  dies  Schlummers^ selbst ,  und  der  liebe, 
\uch  des  süfsen  gesapgs»  und  bewunderten  reigentanzes : 
IVelche  doch  mehr  anreizen  die  sehnsuchtsvolle  begierde, 
\\s  der  krieg;  .doch  die  Troer  sind  piemals  satt  des  gefechtes! 

Also  sprach  er,  und  raubte  die  blutigen  waiFendemleichnam,    &|f 
Diq  er  den  seinigen  gab»  der  untadliche  held  Menelaos; 
\ber  er  selbst  drang  wieder  hinein  in  das  vordergötiimmeL. 

Siehe,  Pylämenes  söhn  Harpalion  wütete  jezo 
Segen  ihn  an,  der,  gesellt  dem  theueren  vater,  gen  Troja 
Kam. in  den  krieg,  allein  nicht  wiederkehrte  zur  heimat;  645 

Dieser  traf  dem  Atreiden  gerade  den  schild  mit  der  lanze , 
Nahe  gestellt;  doch  könnt'  er  hindurch  nicht  treiben  die  spize: 
Schnell  in  der  freunde  gediäog'  entzog  er  sich,  meidend  das  schiksal, 
Rings  umschauend ,  ob  einer  den  leib  mit  dem  erze  berührte.. 
Kber  Meriones  schob  den  ehernen  pfeil  nach  dem  flüchtling,         65p 
IVelchcr  rechts  am  gesäfs  ihn  verwundete,  dals  ihm  die  spize 
Vom ,  die  blase  durchbohrend ,   am  Schambein  wieder  hervordrang. 
HingeieKt  auf  der  sieUe ,  den  liebenden  freunden  im  arnie , 
Matt  den  geist  ausathmend,  dem  wurme  gleich,  auf  der  erde 
Lag  er  gestrekt;  schwarz  strömte  das  blut,  und  nezte  den  boden.    655 
[hn  nmeilteo  geschäftig  die  paflagonischen  kämpfer, 
3ie,  in  den  wagen  gelegt,  ihn  zur  heiligen  Ilios  brachten, 
kVehmoitsvoll ;  auch  folgte  der  vater  ihm,  thränen.  vergiefsend; 
>och  nicht  könnt'  er  rächen  den  tod  des  Ueben  söhn  es* 

.  Jezt  ward  Pan|fim  geist  um  den  fallenden  heftig  erbittert,    660 
iVelcher  ihm.  gastfreund  war  im  paflagonischen  volke ; 
Leimend  um  ihn,  entsandt' er  den  cbctncn* pfcil  von  der  scnne. 

V 


28  ILIAS, 

Einer  hiefs  Euchenor,  ein  söhn  Polyidos  des  sehers, 

Reich  an  hab*  und  edel,  ein  haus  in  Kofinthos  bewohnend. 

Der,  wohlkundig  des  trauergeschiks ,  im  schiffe  daherkam«        665 

Denn  oft  sagt'  ihm  solches  der  gute  greis  Polyidos, 

Sterben  würd*  er  zu  haus'  an  peinlich  schmachtender  kxankheit , 

Oder  auch  unter  den  schiffen  des  heers  von  den  Troern  getodtot; 

Darum  mied  er  sowohl  der  Danaer  schmaSilicbe  strafe. 

Als  der  krankheit  graun ,  tlafs  nicht  ihn  quälte  die  nachreu.     (70 

Diesen  am  ohr  und  backen  durchbohret*  er,  dais  aus  den  gliedern 

Schnell  der  geist  ihm  entfloh;  und  graun  des  todps  umhüllt*  ihn. 

Also  kämpften  sie  dort,  wie  lodernde  flammen  des  fcuers. 
Doch  nicht  Hektor  vernahm ,  der  gBttiiche,  oder  erkannt'  es, 
Dafs  zur  linken  der  schiffe  die  seinigen  würden  getödtet  675; 

Unter  der  Danaer  hand ,  und  bald  sich  des  siegs  die  Achaicr 
Freueten:  also  trieb  der  gestadumstürmer  Poseidon 
ArgOs  s6hne  zum  kämpf,  auch  selbst  mit  stärke  beschirmt'  er: 
Sondern  erhielt,  wo  zuerst  durch  mauer  und  thor  er  hereinsprang. 
Dichte  reihn  durchbrechend  ges6hildeter  •  mannet  von  Argos;      ( 
Dort  wo  Ajas  die  schiff'  an  den  Strand  und  Protesilaos 
Längs  dem  grauen  gewässer  emporzog;  aber  die  mauer 
Baueten  dort  die  Achaier  am  niedrigsten ,  wo  vor  den  andern 
Ungestüm  anstrebten  zuni  kämpf  sie  selbst  und  die  rosse^  . 

Sidie,  Booten  zugleich,  und  in  langem  gewand'  laonen,  685 
Lokrer,  und  Ftia's  söhn*,  auch  hochbetühmter  Epeier« 
Heinmten  mit  müh  von  den  schiffen  den  stünnenden;  doch  sie  veimochrcn 
Nicht  hinweg  zu  drängen  die  flammende  sräxke  de^  Hektor.  I 

Vornati  kämpften  Athens  erlesene-;  titid  ihr  gebiete^ 


DREIZEHNTER  GESANG«  29 

Wandelte  Peteos  söhn  Menestheus;  diesem  gesellr  war  690 

Feida«,  und  Bias  der  held,  und  Stichios.    Vor  den  Epeiem 

Ging  der  Fyleid',  held  Meges,  mit  Drakios,   und  mit  Amfion« 

Mcdon  führte  die  Frier,  zugleich  der  tapfre  Podarkes, 

Jener  war  unehlich  erzeugt  von  dem  edlen  Oileus , 

Medon,  des  Ajas  bruder,  des  kleineren;  aber  er  wohnte  695 

Feme  vom  Vaterland'  in  FyUke ,  weil  er  im  Jähzorn. 

Einst  den  vctter  erschlug  des  Oileus  wei^  Eriopis: 

Aber  gezeugt  war  Podarkes  vom  Fylakiden  Ifiklos. 

Diese,  voran  gewapnet  vor  Ftia's  mutiger  Jugend, 

Kämpften ,  der  Danaer  schiffe  verdieidigend ,  nächst  den  Booten«  700 

Ajas  wollte  sich  nie ,  der  rasche  söhn  des  Oileu^  , 
Fernen,  auch  nicht  ein  wenig,  vom  Telamonier  Ajas; 
Sondern  wie  zween  pflugsriere  den  stämmigen  pflüg  durch  ein  brachfeld, 
Schwärzlich  und  gleich  an  mute,  daherziehn,  und  an  den  stimcn 
Ringsum  häufiger  schweifs  vorquillt  um  die  ragenden  hömer ;    705 
Beide  von  Einem  joch ,  dem  geglätteten,  wenig  gesondert, 
Schneiden  sie  änuig  die  furche  hinab  zum  ende  des  feldes: 
AKo  halfen  sich  bcid*,  und  wandelten  dicht  an  einander. 
Aber  Telamons  söhn  begleiteten  viel'  und  entschlossne 
M'inner  zum  streite  gesellt,  die  seinen  schild  ihm  enthoben^      710 
Wann  ihm  die  kiiegsarbeit  und  der  schweifs  die  kniee  beschwerte. 
Doch  nicht  folgten  die  Lokrer  dem  mutigen  söhn  des  Oileus: 
Denn  nicht  duldet*  ihr  herz  im  stehenden  kämpfe  zu  kämpfen; 
Denn  nicht  hatten  sie  helme  von  erz  mit  wallendem  rolsschweif, 
Hatten  auch  nicht  gewölbete 'schildi'  und  eschene  lanzen;  715 

Sondern  mit  bogen  allein  und  geflochtener  wolle  des.schafe« 

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30  I L  I A  S, 

Zogen  sie  voll  vertraun  gen  Ilios ,  warfen  mit  diesen 

Dichte  geschofs',  und  brachen  die  troischen  kriegesgeschwader. 

Jene  nunmehr  vornan,  in  kunstreich  prangender  riistung, 

Kämpften  mit  Troja  s  volk  und  dem  erzumschinmierten  Hektor  2   ^2o 

Diese ,  von  fern  herwerfend ,  verbargen  sich.     Aber  der  Streitlust 

Dachten  die  Troer  nicht  mehr,  von  dem  stürme  verwirrt  der  gcschosjc. 

Schmachvoll  wären  anjezt  von  den  schiffen  daher  lind  gezeiten 

Troja's  söhne  gekehrt  zu  Ilios  luftiger  höhe; 

Aber  Polydaihas  sprach ,   dem  trozigen  Hektor  sich  nahend:      "2^ 

Hektor,  du  bist  hanherzig,  auf  warnende  rede  zu  horchen. 
Weil  dir  ein  gott  vorzüglich  des  kampfs  arbeiten  verliehn  hat. 
Darum  willst  du  an  rath  auch  kundiger  sein  vor  den  andern? 
Aber  du  kannst  unmöglich  doch  alles  zugleich  dir  erwerben. 
Anderen  ja  gewährte  der  gott  arbeiten  des  kriegcs;  730 

Anderen  legt'  in  den  busen  verstand  Zeus  waltende  vorsieht, 
Heilsamen ,  dessen  viel'  im  menschengeschlecht  sich  erfreuen , 
Der  auch  städte  beschirmt ;  doch  zumeist  er  selber  geniefst  ^ein. 
Drum  will  Ich  dir  sagen,  wie  mirs  am  besten  erscheinet. 
Rings  ja  droht  dir  umher  die  umzingelnde  flamme  des  krieges.    '73J 
Doch  die  mutigen  Troer,  nachdem  sie  die  mauer  erstiegen, 
Fernen  sich  theils  vom  gefecht  mit  den  nistungen ;  andere  kämpfen , 
>^Weniger  sie  mit  mehreren  noch,  durch  die  schiffe  zerstreuet. 
Weiche  demnach,  und  berufe  die  edelsten  alle  des  Volkes;  ' 

Dafs  wir  vereint  für  alles  entscheidenden  rath  ausdenken:  74* 

Ob  wir  hinein  uns  stürzen  ins  heer  vielrudriger  schüfe , 
So  uns  ein  g^ott  willfährig  den  dieg  sclienkt;  ob  wir  anizo 
Heim  von  den  schiffen  ziehn,  unbeschädi^et !  Denn  ich  besorge 

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DREIZEHNTER  GESANG.  31 

rraun,  uns  wägen  zurük  die  gestrige  schukl  die  Achaier 
Eleichlich,  dieweil  bei  den  schiffen  der  unersättliche  krieger       745 
Hiarrt,  der  schwerlich  hinfort  sich  ganz  enthalt  des  gefechtes. 

So  des  Polydamas  rath ;  den  unschädlichen  billigte  Hektor. 
Und  er  begann  zu  jenem,  und  sprach  die  geflügelten  werte: 

Sammle,  Polydamas,  hier  die  edelsten  alle  des  volkes. 
Dorthin  geh  ich  selber,  der  wütenden  Schlacht  zu  begegnen ;      '^50 
^bcr  ich  kehre  sofort,  nachdem  ich  ^Ucs  geordnet. 

Sprachs,  und  stürmte  hinweg,  wie  ein  schneegebirge  von  ansehn» 
Lautes  rufs,  und  durchflog  die  Troer  und  die  genossen. 
Schnell  zu  Polydamas  her,  des  Panthoos  streitbarem  söhne» 
Eilten  die  edelsten  alle,  da  Hektors  ruf  sie  vernahmen.  755 

Nur  den  Delfobos  noch ,  und  des  herschenden  Heienos  stärke » 
Adamas,  Asios  söhn,  samt  Asiqs,  Hyrtakos  söhne, 
Ging  er  umher  ausforschend  im  vorkampf,  ob  er  sie  fände. 
Doch  nicht  fand  er  sie  all'  unbcschädiget ,  noch  ungetödtet:  ^ 

Einige  lagen  bereits  um  die  ragenden  Steuer  von  Argot»  l(ki 

Unter  der  Danaer  hand  der  mutigen  seelen  beraubet; 
Andere  waren  daheim,  von  geschofs  und  lanze  verwundet. 
(hn  nun  fand  er  zur  linken  der  janunerbringenden  feldschlacht , 
Mexandros  den  held ,  der  lockigen  Helena  gatten , 
kVcIchei  mit  mut  aufregte  die  freund' ,  und  ermahnte  zu  kämpfen.  765 
^ahe  trat  er  hinan,  und  rief  die  beschämenden  worte: 

Weichling,  an  Schönheit  ein  held,  weibsüchtiger,  schlauer  Verführer ! 
No  ist  Deifobos  doch,  und  des  herschenden  Heienos  stärke, 
Vdamas,  Asios  söhn,  samt  Asios,  Hyrtakos  söhne? 

Vuch  Othryoneus  wo?  Nun  sank  sie  herab  von  dem  gipfel,      '770 

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3Z  ILIAS. 

Ilios  thürmende  stadt;  nun  naht  dein  grauses  verhängnU! 

Ihm  antwortete  drauf  der  göttliche  held  Alexandros  t 
Hektor,  dieweil  dein  heiz  unschuldige  selber  beschuldigt; 
Eher  möcht*  ich  vielleicht  ein  andermal  läfsig  im  kämpfe  Tl4 

Scheinen  ;  auch  mich  ja  gebar  nicht  ganz  unkriegrisch  die  mutter! 
Denn  seitdem  bei  den  schiffen  zur  schlacht  du  erregtest  die  freunde, 
Seitdem  streben  wir  hier  im  schaarengewühl  der  Achaier 
Sonderverzug!  Doch  die  freund' entschlummerten,  welche  du  forschest; 
Xween»  Deifobos  nur,  und  des  hergebenden  Helenos  starke, 
Schieden  hinweg,  verwundet  mit  langgeschafteten  lanzen,         78c 
Beid*  an  der  band.;  doch  den  tod '  entfernete  Zeus  Kronion« 
Führe  nunmehr,  wohin  dein  herz  und  mut  es  gebietet: 
Wir  mit  freudiger  seele  begleiten  dich ;  nimmer  auch  sollst  du 
Unseres  muts  vermissen ,  so  viel  die  kraft  nur  gewähret ! 
Über  die  kraft  kann  keiner ,  auch  nicht  der  tapferste ,  kämpfen !    ';Si 

Also  sprach,  und  lenkte  des  bruders  herz  Alexandros. 
Schnell  nun  eilten  sie  hin ,  wo  am  heftigsten  kämpf  und  gcfecht  warl 
Um  Kebriones  dort,  und  Polydamas  heilige  stärke , 
Falkes,  Orthäos  zugleich,  und  den  göttlichen  held  Polypötes,       1 
Palmys,  Askanios  auch,  und  Morys,  Hippotions  söhne:  ^gj 

Die  aus  dem  scholligen  land'  Askania  kamen  xum  Wechsel 
Früh  am  yorigen  tag* ;  izt  trieb  in  die  schlacht  sie  Kronion. 
Diese  rauschten  einher,  wie  der  stürm  unbändiger  winde. 
Der  vor  dem  rollenden  wetter  des  Donnerers  über  das  feld  braust, 
GraunvoU  dann  mit  getös'  in  die  flut  einstürzt «  und  emporbäumt  '4 
Viel  hochbrandende  wogen  dei  weitaufrauschenden  meeres* 
Krunmigewölbt  und  beschäumt,  vorn  andr\  und  andere  hinteni 

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DREIZEHNTER  GESANG.  ^3 

So  dort  drängten  sich  Troer  in  Ordnungen,  andre  nach  andern, 
Schimmernd  im  ehernen  glänz,  und  folgeten  ihren  gebietern. 
Hektor  stralte  voran,  dem  mordenden  Aies  vergleichbar,  800 

Priamos  söhn,  und  trug  den  glcichgeründeten  schild  vor, 
Dicht  aus  häuten  gefügt,  und  umlegt  mit  starrendem  erze; 
L'  nd  um  des  wandelnden  schlafen  bewegte  sich  stralend  der  helm^chmuk. 
Ringsumher  versucht*  er  mit  kühnem  gang  die  geschwader. 
Ob  sie  vielleicht  ihm  wichen,  wie  unter  dein  schild'  erdahertrat;  805 
Doch  nicht  schrekt*er  den  mut  in  der  männlichen  brüst  der  Achaier. 
Ajas  nahte  zuerst,  und  foderte,  mächtiges  Schrittes: 

Komm,  ungiüklicher ,  komm!  Warum  doch  schreckest  du  also 
Argos  Volk  ?  Nicht  wahrlich  des  kämpfe  unkundige  sind  wir , 
Sondern  Zeus,  mit  der  geifsel  des  wehs,  bezwang  die  Achaier.  810 
Sicherlich  wohl  im  herzen  erwartest  du  auszutilgen 
Unsere  schiffe  ;  doch  rasch  sind  auch  Uns  die  bände  zur  abwehr ! 
Traun  weit  eher  vielleicht  wird  eure  bevölkerte  veste 
Unter  unseren  bänden  besiegt  und  zu  bodcn  getriimmert ! 
Auch  dir  selbst  verkünd*  ich  den  nahen  tag,  da  du  fliehend      815 
Jammer A  wirst  zu  Zeus,  und  allen  unsterblichen  gönern, 
Dafs  noch  schneller  wie  falken  die  schöngemähneten  rosse 
Sein,  die  zur  Stadt  dich  tragen,  in  stäubender  flucht  durch  die  Felder. 

Als  er  es  sprach,  da  schwebt'  ihm  rechtsher  nahend  ein  vogel , 
Ein  hochfliegender  adler ;  und  lautauf  schrien  die  Achaier,         8^ 
Durch  das  zeichen  gestärkt.     Doch  es  rief  der  stralende  Hektor : 

Ajas,  wds  plauderst  du  da,  grofspralender ,  eiteler  schwäzcr? 
Wenn  ich  doch  so  gewifs  Zeus  söhn  des  Agiserschüttrers 
War',  ein  unsterblicher  gott  von  der  herscherin  Hercgeboren  , 
Homers  Ilias.    11.  Band. 


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H        ILIAS,    DREIZEHNTER  GESANG. 

Fwig  geehrt,  wie  geehrt  Aihenäa  wird  und  Apollon:  825 

Als  der  heutige  tag  ein  unheil  bringt  cfen  Argeiern 

Allen;  du  selbst  auch  liegst  ein  erschlagener,  wenn  du  es  wagest, 

Meinen  gewahigen  speer  zu  bestehn !  Er  xerrcifet  dir  den  zarten 

Leib;  dann  sättigest  du  der  Troer  hund'  und  gevögel 

Deines  fettes  und  fleisches ,  gestrekt  bei  den  schüfen  Achaia*s !     830 

Also  rief  der  herscher,  und  führete;  jene  nun  folgten 
Mit  graunvollcm  geschrei,  und  laut  nach  jauchzten  die  völkcr. 
Laut  auch  schrien  die  Argpier  daher ,  unlässiger  abwehr 
Eingedenk,  land  bestanden  die  nahenden  beiden  von  Troja. 
Zwiefach  scholl  ihr  geschrei  xu  den  glanzhöhn  Zeus  in  dem  äther.  83 J 


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I  L  I  A  S. 


VIERZEHNTER,    GESANG. 


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INHALT. 

Nestor,  der  den  verwundeten  Machao»  bewirtet,  eilt  auf  das 
getöse  hinaus,  und  spähet.  Ihm  begegnen  Agamemnon,  Diomedes 
und  Odysseus,  die,  matt  von  den  wunden,  das  treffen  zu  schaun 
kommen.  Agamemnons  gtdanken  an  r&kzug  tadelt  Odysseus. 
Nach  Diomedes  Vorschlag  gehn  sie  die  Achaier  zu  ermuntern;  und 
Poseidon  tröstet  den  Agamemnon.  Here,  mit  Afrodite's  gürtet 
ntschmüki,  schläfert  den  Zeus  auf  Ida  ein,  dafs  Poseidon  noch 
mächtiger  helfe.  Heitor,  den  Ajas  mit  dem  steine  traf,  wird 
ohnmächtig  aus  dir  sehlacht  getragen.  Die  Troer  fliehn,  indem 
Ajas,  Oileus  söhn,  sich  auszeichnet. 


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I  L  I  AS. 


VIERXEHNTER     GESANG. 


N. 


^ostor  vernahm  das  gesrhrei  nicht  achtlos,  sii^end  am  trunk  zwar; 
Schnell  zu  Asklq)ios  söhn  die  geflügelten  wbrte  begann  er: 

Denke  doch,  edler  MacKaon,  wohin  sich  wende  die  sache! 
Lauter  hallt  um  die  schiffe  der  ruf  von  blühenden  Streitern ! 
Aber  bleib  du  sizen,  und  trink  des  funkelnden  weines»  5 

fiis  dir  ein  warmes  bad  die  lockige  Hekamede 
Wärmt,  und  rein  die  glied^r  vom  blutigen  staube  dir  badet. 
Ich  will  indefs  hineilen,    und  schrteU  von  der  höhe  mich  ümsehn. 
Sprachs,  und  den  kilnstUchcn  schild  des  edelen  sohnes  ergrif  er. 
Der  im  gezelt  dalag  dem  reisigen  held  Thrasymedes ,  lo 

Übcrstralt  von  erz:  der  ging  mit  dem  schild^  des  vatets: 
Nahm  dann  die  mächtige  lanze,  gespizt  mit  der  schärfe  dps  erz^s« 
Stellte  sich  aufser  dem  zeit,  und  schaut'  uncrfreulifhe  thatcn: 
Diese  dahergescheucht ,  und  jen'  im  tumultc  verfolgend^  ,/[: 

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38  ILIAS. 

Troja*s  mutige  söhn';  auch  gestürzt  war  der  Danaer  mauer.  15 

Wie  wenn  dunkel  das  meer  aufwalk  mit  stummem  gewoge. 
Noch  vorahndend  der  wind'  im  gcsaus*  anstürxenden  wandel» 
Unbestimmt,  und  weder  sich  dorthin  wälzet,  noch  dorthin. 
Bis  in  entschiedenem  gang*  absteigt  von  Kronion  ein  fahrwind; 
Also  erwog  unruhig  der  greis  in  der  tiefe  des  herzens,  2m 

Zwiefach:  ob  er  ins  heer  gau kümmelnder  Danaei;  ginge , 
Oder  zu  Atreus  söhn,  dem  hirten  des  volks  Agamemnon. 
Dieser  gedank*  erschien  dem  zweifelnden  endlich  der  beste. 
Hin  zum  Atreiden  zu  gehn.    Dort  würgten  sie  einer  den  andern. 
Kämpfend  in  wut;  und  es  krachte  das  starrende  erz  um  die  leiber     25 
Unter  dem  stofs  der  Schwerter  und  zwiefachschneidenden  ianzen. 

Nestom  begegneten  nun  die  gottbeseligten  herscher, 
Wiedergekehrt  von  den  schiffen,  die  jungst  dem  erae  geblutet, 
Tydeus  söhn,  und  Odysseus,  und  Atreus  söhn  Agamenmon: 
Welchen  weit  vom  treffen  entfernt  sich  reihten  die  schiffe  30 

An  dem  gestade  des  meers.    Denn  die  erstgelandete^  zog  man 
Feldwärts  auf,  und  erhub  an  den  steuerenden  die  mauer. 
Nimmermehr  ja  konnte ,  wie  breit  es  war ,  das  gestade 
Alle  schiff'  einschlielsen  des  heers;  und  es  engte  die  völker: 
Darum  zog  man  gestuft  sie  empor,  und  erfüllte  des  ufers  35 

Weite  bucht,  die  begrenzt  von  den  Vorgebirgen  umherlief. 
Deshalb  kamen  zu  schaun  das  feldgeschrei  und  getümmel, 
Matt  auf  die  lanze  gestüzf ,  die  verwundeten ;  und  von  bctrübnis 
Schwoll  in  den  busen  ihr  herz.     Es  begegnete  jezo  der  ^rauc- 
Nestot,  und  macht'  hinstarren  das  herz  der  edlen  Achaier.  40 

'V'n  anredend  begann  der  herschende  held  Agamemnon :, 

.    ^       .  Digitizedby Google 


VIERZEHNTER  GESANG.  39 

Nestor,  Neleus  söhn,  du  erhabener  rühm  der  Achaier, 
Warum  kommst  du  daher,  das  würgende  treiFen  verlassend? 
Ach  ich  sorg',  es  vollende  das  wort  der  stütmende  Hektor, 
Wie  er  vordem  mir  gedroht  im  rath  der  versammehen  Troer:     45 
Eher  nicht  von  den  schiffen  gen  Ilios  wiederzukehren, 
£h  er  in  glut  die  sphifFe  verbrannt,  und  getödtet  sie  selber. 
Also  redete  jener;  und  nun  wird  alles  vollendet. 
Gotter,  gewifs  sie  alle,  die  heliumschienten  Achaier, 
Hegen  mir  groll  im  herzen,  und  hassen  mich,  gleich  wie  Achilleus ;    50 
Dafs  sie  dem  kämpf  sich  entziehn  um  die  ragenden  Steuer  der  schiffe! 

Ihm  antwortete  drauf  der  gerenische  reisige  Nestor : 
Dies  ward  alles  vollbracht  und  gefertiget;  nimmer  vermocht*  auch 
Selbst  der  donnerer  Z^us  es  ymzuschaffen  von  neuem! 
Denn  schon  sank  die  mauer  in  schutt,  die  ganz  unzerbrechlich,      55 
Traueten  wir,  sich  erhub,  uns  selbst  und  den  schiffen  zur  abwehr. 
Jen*  um  die  rüstigen  schiff',  unermeCsliche  jtftnpfe  bestehn  sie, 
Kastlos;  nicht  ja  erkenntest  du  mehr,  wie  scharf  du  umhersähst, 
Welcherseits  die  Achaier  im  tobenden  schwärme  sich  tummeln : 
So  ist  vermischt  das  gemord*,  und  es  hallt  zum  hijnmel  der  aufruhr. 
Uns  nun  latt  erwägen,  wohin  sich  wende  die  sache,  61 

Wenn  ja  verstand  noch  hilft.    Nur  rath*  ich  nicht,  in  die  feldschlacht 
Einzugehn;  denn  es  taugt  der  verwundete  nimnier  zu  streiten. 
Ihm  antwortete  drauf  der  herscher  des  volks  Agamemnon: 
Nestor,  dieweil  schon  wütet  der  kämpf  um  die  ragenden  Steuer,      65 
Und  nichts  frommte  der  mauer  gewaltiger  bau,  noch  der  graben, 
Was  mit  müh*  uns  Achaiern  gelang,  und  ganz  unzerbrechlich. 
Traueren  wir,  sich  erhub,  uns  selbst  und  den  schiffen  zur  abwehr; 


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40  ILIAS. 

AUo  gefallt«  nun  wohl  dem  hocherhabnen  Kronion, 
Dafi  hier  ruhmlos  sterben  von  Argos  fern  die  Achaier.  "70 

Wufst'  ich  es  doch,  als  Zeus  huldvoll  die  Achaier  beschirmte; 
Und  wcifs  jext,  dafs  er  jene  xur  herlichkeit  seliger  göttcr 
Auserwählt,  uns  aber  den  mut  und  die  bände  gefesselt. 
Auf  demnach,  wie  ich  rede  das  wort,  so  gehorchet  mir  alle. 
So  viel  schiffe  zunächst  am  rande  des  meers  wir  gestellet  #  75 

Nehmen  wir  all',  und  ziehn  sie  hinab  in  die  heilige  meerHut, 
Hoch  auf  der  fiut  mit  ankern  befestigend ,  bis  uns  heiannaht 
Ode  nacht,  wo  alsdann  auch  zurük  sich  hält  vom  gefechte 
Troja*s  volk;    drauf  ziehn  wir  die  sämtlichen  schuf*  in  die  wogen. 
Denn  nicht  tadel  verdients,  der  gefahr  auch  bei  nacht  zu  entrinnen !     80 
Besser,  wer  fliehend  entrann  der  gefahr,  als  wen  sie  ereilet! 

Finster  schaut'  und  begann  der  erfindungsreiche  Odysseus: 
Welch  ein  wott,  o  Atreid',  ist  dir  aus  den  lippen  entflohen? 
Schreklicher!  dafs  du  vielmehr  ein  anderes  feigeres  kriegsvolk 
Führetest,' ifur. nicht  uns  obwaltetest,  welchen  fürwahr  Xeus         85 
Früh  von  der  Jugend  gewährt'  auch  spät  ins  alter  zu  dauern 
Unter  des  kriegs  drangsalen,  bis  todt  auch  der  lezte  dahinsinkt! 
Also  gedenkst  du  im  ernst,  von  der  weitdurchwanderten  Troja 
Heimzufliehn,  um  welche  wir  gram  erduldet  so  vielfach? 
Schweig,  damit  kein  andrer  in  Argos  volk  es  vernehme. 
Dieses  wort,  das  schwerlich  ein  mann  mit  den  Hppen  nur  ausspricht, 
Dessen  seele  gelernt ,  anständige  dinge  zu  reden , 
"Wenn  er,  geschmükt  mit  dem  zepter,  so  mächtige  völkcr  behcrschet, 
Als  Dir,  könig,  daher  aus  Argos  Städten  gefolgt  sind! 
Jczo  tadr  ich  dir  gänzlich  den  einfall,  welchen  du  vprbriiigit !         95 

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VIERZEHNTER  GESANG«  41 

Mitten  in  schlacht  und  getümmel  die  schöngebordeten  schiffe 
Nieder  ins  meer  zu  ziehen ,  ermahnest  du :  dafs  noch  erwünschter 
Ende  der  Troer  geschik»  die  so  sdion  siegen  an  obmacht, 
Un4  uns  tod  und  verderben  zerschmettere!  Denn  es  bestehn  nicht 
Arges  söhne  die  schlacht,  so  ins  meer  wir  die  schiffe  hinabziehn; 
Sondern  in  angst  umschauend,  vergessen  sie  alle  der  Streitlust !  loi 
Traun  dann  wäre  dein  rath  uns  fürchterlich,  völkergebieter ! 

Ihm  antwortete  drauf  der  herscher  des  volks  Agamenuion: 
Tief  in  die  seele  fürwahr,  Odysseus,  drang  dein  verweis  mir. 
Schreckenvoll !  Doch  fodr*  ich  ja  nicht,  dafs  wider  ihr  wollen        105 
Argos  söhn'  in  das  meer  die  gebogenen  schiffe  hinabziehn. 
Konune  nunmehr,  wer  uns  mit  besserem  rathe  belehret, 
Jüngling  oder  auch  greis;  mir  kommt  er  ein  herzlich  erwünschter! 

Jezo  begann  vor  ihnen  der  rufer  im  streit  Diomedes ; 
Hier  ist  der  mann!  was  suchen  wir  länger  ihn?  höret  ihr  anders    iio 
Guten  rath,  und  verschmähet  ihn  nicht,  unwilliges  herzens, 
Drum  weil  Ich  an  geburt  der  jüngere  bin  von  euch  allen* 
Aber  ich  rühme  mich  stolz  nicht  weniger  edles  geschlechtes, 
Tydeus  söhn ,  den  in  Thebe  gebügelte  erde  bedecket ! 
Portheus  hatte  ja  drei  untadliche  söhne  gezeuget,  I15 

Welche  Pleuron  bewohnt,  und  Kalydons  bergige . felder ! 
Agiios  erst,  dann  Melas,  und  dann  der  rei&ige  Oneus, 
Tydeus  vater,  mein  ahn,  berühmt  vor  jenen  an  tugend. 
Dieser  weilte  daselbst;  doch  es  zog  mein  vater  gen  Argos, 
Lange  veiirrt:  so  ordnet'  es  Zeus  und  die  anderen  götter.  120 

Kiner  tochter  vermählt  des  Adrastos,  wohnt'  er  im  hause, 


Reich  an  lebensgut;  auch  genug  der  weizengefilde 


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41  ILIAS. 

Hatt*  er,  und  viel  der  gärten,  von  bäum  und  rebe  beschattet. 
Viel  auch  des  weidenden  viehs;  und  an  ianzenVunde  besiegt*  er 
Alles  Volk.     Doch  sicher  vernahmt  ihrs  schon,  wie  es  wahr  ist.       125 
Drum  nicht  wähnet  mich  feiges  und  unwehrhaites  geschlechtes » 
Noch  verachtet  den  raih,  den  ich  frei  vortrage  zur  wohlikhrt« 
Kommt,  wir  gehn  in  die  Schlacht,  obgleich  verwundet,  da  noth  ist! 
Dort  dann  wollen  wir  zwar  uns  selbst  "enthalten  des  kampfes/ 
Aus  dem  geschofs ,  dafs  nicht  uns  wund'  auf  wunde  verleze ;     130 
Doch  ermahnen  wir  andre  zu  tapferkelt,  welche  zuvor  schon» 
Ihrem  mut  willfahrend,  zuriikflohn^  müde  des  kampfes. 

Also  der  held ;  d^  hörten  sie  aufpfierksam ,  und  gehorchten. 
Eilend  folgten  sie  jezt  dem  herscher  des  volks  Agamemnon« 

Aber  nicht  achtlos  lauscht<;  der  erd^rschüttrer  Poseidon;       135 
Sondern  er  trat  zu  ihnen,  ein  altend^r  krieger  von  ans^hn« 
Fafete  die  rechte  h^nd  dem  berscher  des  volks  Agamemnon , 
Redetp  drauf  zu  jenem  y  und  sprach  die  geflügelten  wortet 

Atreus  söhn,  nun  wallt  des  Achilleus  grausames  herz  wohl 
Hoch  vor  frcud*  in  der  brüst,  das  giewürg'  und  die  flucht  der  Achaier   1 40 
Anxuschaun;  denn  ihm  fehlt  auch  die  ^nindeste  gute  besinnqng. 
Lafs  ihn  seinem  verderben ;  ein  himmlischer  zeichne  mit  schand'  ihn ! 
Noch  sind  dir  nicht  ganz  die  seligen  götter  gehässig; 
Sondern  gewifc  der  Troer  erhabene  fürsten  und  pfleget 
Füllen  noch  weit  das  gefilde  mit  staub,  und  du  siebest  noch  einmal    145  j 
Heim  sie  entfliehn  in  die  Stadt,  von  den  schiffen  hinweg  und  gezelten; 

Sprachs  und  mit  lautem  gcschrei  durchwandelt*  er  rasch  das  gefilde.  ! 
Wie  wenn  zugleich  neuntausend  daherschrien,  ja  zehntausend  | 
Rüstige  männer  im  streit j  zu  schreklichem  kamp{  sich  begegnend: 

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vier;^ehnter  gesang,  43 

Solche  srinrim'  enthallte  des  erderschütternden  köpigs  150 

Starker  brüst. in  das  heer ,  und  rüstete  jegliches  mannes 
Busen  mit  kraft,  rastlos  im  streite  zu  stehn  und  zu  kämpfen» 

Here  schauete  nun,  die  goldenthronende  göttin, 
Stehend,  vom  gipfel  daher  des  Olympos;  und  sie  erkannte 
Schnell  den  schaltenden  dort  in  der  männerehtenden  feldschlacht ,  155 
Ihren  leiblichen  bruder  und  schwager,  freudiges  herzens. 
Auch  den  levis  auf  der  höhe  des  quellenströmenden  Ida 
Schauete  sie ,  wie'  er  safs ,  und  zürnt'  ihm  tief  in  der  seele. 
Jezo  sann  sie  umher,  die  hoheitblickende  Here, 
IVie  sie.  teuschte  den  sinn  des  ägiscrschütternden  gottes,  |6§ 

Dieser  gedank'  erschien  der  zweifelnden  endlich  der  beste: 
IVohl  zu  schmücken  sich  selbst ,  und  hinzugehen  auf  Ida ; 
Db  vielleicht  er  begehrte »  von  lieb*  entbrannt  zu  umarmen 
Ihren  reiz  ,  und  sie  ihm  einschläfernde  holde  ^täubung 
Söfs'aufdie  äugen  herab,  und  das  herz  voll  spähenden  geistes.     165 
Und  sie  enteilt*  ins  gemach ,  das  dei  söhn ,  ihr  trauter  Hefästos , 
Schön  ihr  gebaut ,  und  die  pfpite  voll  kunst  an  die  pfosten  gefüget , 
Ocren  verborgenes  schlofs  kein  anderer  gott  poch  geöfnct. 
9ort  nun  ging  sie  hinein  >  und  verschlofs  die  glänzenden  flUgel. 
[ezt  entwusch  sie  zuerst  in  ambrosia  jede  befleckung  i^o 

hrem  reizenden  wuchs  ,  und  salbt'  ihn  mit  lauterem  öle , 
''ein  unci  ambrosischer  kraft,  von  würzigem  dufte  durchbabam't; 
Vciches ,  nur  eben  bewegt  im  ehernen  hause  Kronions , 
:rcle  sogleich  und  himmel  mit  wohlgerüchen  umhauchte: 
[iermit  salbte  sie  rings  die  schöne  gestalt ;  auch  das  haupthaar  175 
iäxnnnt'  und  ordnete  sie,  und  ringelte  glänzende  locken,       . 

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/ 


44  1 L I A  S* 

Schön  und  ambrosiaduFtend ,  herab  von  der  göttlichen  scheitel; 

JHüllte  &ich  drauf  ins  gewand,  das  ambrosische,  welches  Athene 

Zart 'und  künstlich  gewirkt,  voll  mancherlei  wundergebilde; 

Und  mit  güldenen  spangen  verband  sie  es  über  dem  busen;     isi 

Schlang  dann  umher  den  gürtel,  mit  hundert  quästen  umbordet. 

«  j 

Jezo  fügte  sie  auch  die  schönen  gehäng'  ^n  die  obren ,  ! 

Dreigestirnt,  hellspielend;  und  anmutUeuchtete  ringsum. 

Auch  ein  schleier  umhüllte  das  haupt  der  erhabenen  göttin. 

Lieblich  und  n eu vollende t ;  er  schimmerte,  hell  wie  die  sonne;  i8J 

Unter  die  glänzenden  fUfs*  auch  band  sie  sich  stattliche  solen. 

Als  sie  nunmehr  vollkommen  den  schmuck  um  die  gUeder  geordnet 

Eike  sie  aus  dem  gemach ;  dann  rief  sie  hervor  Afroditc , 

Von  den  anderen  göttern  entfernt ,  und  Redete  also  t 

Möchtest  du  jeit  willfahren,  mein  töchterchen,  was  ich  begehre;  19 

Oder  vielleicht  es  versagen ,  mir  dairuip  zürnend  im  herzen ,      I 

Weil  ich  selbst  die  Achaier ,  und  du  die  Tpcr  beschüzest? 

Ihr  antwortete  drauf  die  tochter  Zeus  Afrodite? 

Here,  gefeierte  göttin,  erzeugt  vom  gewaltigen  Kronos, 

Rede,  was  du  verlangst;  mdin  herz  gebeut  mir  gewährung,     ijj 

Kann  ich  nur  es  gewähren ,  und  ist  es  selber  gewährbar. 

Listenreich  antwortete  drauf  die  herscherin  Here: 

Gieb  mir  den  zauber  der  lieb*  und  Sehnsucht,  welcher  dir  alle 

Herzen  der  götter  bezähmt ,  und  sterblicher  erdebewohner. 

Denn  ich  gehe  zu  schaun  der  nährenden  erde  begrenzung ,       20 

Auch  den  Okeanos,  unsrc  geburt ,  und  Tethys  die  mutter: 

Welche  beid*  im  palaste  mich  wohl  gepflegt  und  erzogen  , 

Ihnen  von  Rheia  gebracht ,  da  der  waltende  'ffÄf^^f^  Kronos 


VIERZEHNTER  GESANG.  ,  45 

Unter  die  erde  verstiefs  und  die  flut  des  verödeten  meeres. 
Diese  geh*  ich  zu  schaun ,  und  den  heftigen  zwist  zu  vergleichen.  20 j 
Denn  schon  lange  zeit  vermeiden  sie  einer  des  andern 
Hochzeitbetc  und  umarmung,  getrennt  durch  bittere  feindschaft« 
Könnt'  ich  jenen  das  hert  durch  freundliche  worte  bewegen. 
Wieder  zu  nahn  dem  lager,  gesellt  zu  lieb'  und  umarmung; 
Stets  dann  würd'  ich  die  theure  geehrteste  freundin  genennet.    21a 

Ihr  antwortete  drauf  die  hold  anlächelnde  Kypris  : 
Nie  wärs  recht ,  noch  geziemt*  es  ,  dir  solches  wort  zu  verweigern ; ' 
Denn  du  ruhst  in  den  armen  des  hocherhabnen  Kronion. 

Sprachs,  und  löste  vom  busen  den  wunderköstlichen  giirtel , 
Buntgestikt:  dort  waren  die  zauberreize  versammelt;  .  215 

Dort  war  schmachtende  Heb*  und  Sehnsucht,  dort  das  getändel, 
\ucli  die  schmeichelnde  bitte»  die  selbst  den  weisen  bethörer. 
Den  nun  reichte  sie  jener ,  und  redete ,  also  beginnend : 

Da,  verbirg*  in  dem  busen  den  bunt  durchschimmerten  gürtel, 
No  ich  die  zauberreize  versammelte.  Wahrlich  du  kehrst  nicht  220 
ionder  erfolg  von  dannen  ,  was  dir  dein  herz  auch  begehret. 

Sprachs ;.  da  lächelte  sanft  die  hoheitblickende  Here ; 
.ächelnd  drauf  verbarg  sie  den  zaubqrgiJrtel  im  busen. 
ene  nun  ging  in  den  saal ,  die  tochter  Xeus  Afrodite. 
Lere  vcrliefs  im  schwunge  das  felsige  haupt  des  Olympos,         225 
'rat  auf  Pieria  dann ,  und  Emathias  liebliche  felder , 
tann  zu  den  schneeigen  höhn  gaultummelnder  Thraker  entflog  sie,^ 
ber  die  äulsersten  gipfel,  im  gang  nie  rührend  das  erdreich; 
^SLnn  von  dem  Athos  schritt  sie  herab  auf  die  wogende  meerdut ; 
emnos  erreichte  sie  dann ,  die  Stadt  des  göttlichen  Tlioas.         2;» 


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46  iLlAS. 

Üort  nun  fand  iic  den  Schlaf ,  den  leiblichen  bruder  des  Todes, 
Fafst'  ihm  freundlich  die  hand ,  und  redete ,  also  beginnend  : 

Mächtiger  Schlaf,  der  die  götter  und  iterblichen  alle  heherMrhct, 
Wenn  du  je  mir  ein  wort  vollendetest,  o  so  gehorch'auch 
Jezo  mir  gern ;  ich  werde  dir  dank  es  wissen  auf  ewig.  235 

Schnell  die  leuchtenden  äugen  Kronions  unter  den  wimpem 
Schläfire  mir  ein  ,  nachdem  uns  gesellt  hat  lieb'  und  umarmung. 
Deiner  harn  ein  geschehk,  ein  schöner  unaltender  sessel, 
Stralend  ron  gold:  ihn  soll  mein  hinkender  söhn  HeFastos 
Dir  bereiten  mit  kunst,  und  ein  schemel  sei  unter  den  fiifsen;   240 
Dafs  du  behaglich  am  mahl  die  glänzenden  Piilse  dir  ausruhst. 

Und  der  erquickende  Schlaf  antwortete,  folches  erwicdcrnd: 
Here,  gefeierte  göttin ,  erzeugt  vom  gewaltigen  Kronos» 
Jeden  anderen  leicht  der  ewigwaltenden  götter 
Schläfert*  ich  ein  ,  ja  selbst  des  Okeanos  wallende  fluten,  045! 

Jenes  Stroms ,  der  allen  geburt  vetliehn  und  erzeugung. 
Nur  nicht  Xeus  Kronion ,  dem  Donnerer »  wag'  ich  zu  nahen , 
Oder  ihn  einzuschläfern  ,  wo  nicht  er  selber  gebietet. 
Einst  schon  wizigten  mich ,  o  königin ,  deine  befehle » 
Jenes  tags,  da  Zeus  hochherziger  söhn  Herakies  as» 

Heim  von  Ilios  fuhr,  die  Stadt  in  trümmern  verlassend. 
Denn  ich  betäubte  den  sinn  des  ägiser&chüttemden  gottes. 
Sanft  umhergeschmiegt;  du  aber  ersannst  ihm  ein  unheil , 
Über  das.meer  aufstürmend  die  wut  lautbrau«ender  wii^de. 
Und  du  verschlugst  ihn  darauf  in  Kos  bevölkertes  eiland,  255! 

Weit  von  den  freunden  entfernt.-   Doch  Er ,  der  erwachende ,  zürnte,' 
Schleudernd  umher  die  götter  im  saal ;  mich  aber  vor  allen  ' 

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VIERZEHNTER    GESANG.  47 

Sacht'  er,  und  hatt'  austilgenid  vom  äther  ins  meer  .mich  gestiiriet ; 

Slur  die  Nacht,  die  bändigeiin  der  götter  und  menschen, 

!4ahm  mich  fliehenden  auf:  da  ruhetc,  wie  er  auch  tobte,  tSo 

Leus,  und  scheuetc  sich.,  die  schnelle  Nacht  zu  betrüben. 

und  nun  treibst  du  mich  wieder,  ein  heillos  werk  zu  beginnen! 

Ihm  antwortete  drauf  die  hoheitblickende  He^re : 
Schlaf,  warum  doch  'solches  in  deiner  seele  gedenkst  du  ? 
kleinst  du  vielleicht,  die  Troer  vertbeidige  so  der  Krcnide,        065 
tVie  um  Herakles  vor  zorn,  um  seinen  söhn,  er  entbrannt  war? 
üuf  nur,  komm;  ich  will  auch  der  jungem , Chariten  eine 
Dir  zu   umarmen  verleihn ,  dafs  dir  sie  ehegenossin 
ieilse»  Pa&ithea  selbst »  nach  welcher  du  stets  dich  gesehnet. 

Here  sprachs  ;  und  der  Schlaf  antwortete  freudiges  herzens:  270 

Sun  wohlan  y  beschwör'  es  bei  Styx  wehdrohenden  wassern» 

lührend  mit  einer  band  die  nahrungsprossende  erde, 

jnd  mit  der  andern  das  schimmernde  meer;  dafs  alle  sie  uns  nun 

Leugen  5ein,  >die  um  Kronos  versammelten  unteren  gotter: 

ianz  gewifi  mir  verleihn  der  Jüngern  Chariten  eine  275- 

Vilbc  dii ,  Pasithea  selbst  ^  nach  welcher  ich  stets  mich  gesehnet. 

Spxachs;  und  willig  gehorchte  die  lilienacrmige-Here, 
I 

chwur ,  wie  jener  begehrt,  und  rief  mit  namen  die  götter 

jr  im  Tartaros  unten,  die  man  Titanen  benennet. 

kbex  nachdem  sie  gelobt ,  und  ausgesprochen  den  eidschwur ;    280 

iingen  sie ,  Lemnos  beid'  und  Inibros  Stadt  zu  verlassen , 

ingehüllt  in  nebel ,  den  weg  in  eile  vollendend. 

ia  erreichten  sie  nun,  den  quelligcn  nührer  des  wildes, 

ekton,  wo  erst  dem  meer  sie  entwandeltcn;  dann  auf  der  vestc 

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4S  ILIAS* 

Schritten  «ie ;  und  es  erbebten  vom  gang  die  wipfcl  des  waldes.  2S5 
Dort  nun  weilte  der  Schlaf,  bevor  Xeus  äugen  ihn  sahen ; 
Hoch  au£  die  tanne  gesezt,  die  erhabene,  welche  des  Ida 
Höchste  nunmehr  durch  trübes  gedüft  zum  äther  emporstieg: 
Alda  sab  er  umhüllt  von  stachelvollem  gezweige , 
Gleich  dem  tönenden  vogel ,  der  nachts  die  gebirge  durchflattert ,  29) 
Chalkis  von  göttern  genannt,  und  nachtaar  unter  den  menschen. 

Here  mit  hurugeni  gang*  efsrieg  des  Gargaros  gipfel , 
Ida's  höh*;  und  sie  sähe  der  herscher  im  donnergewölk  Zeus. 
So  wie  er  sah,  so  umhüllt'  inbcunst  sein  waltendes  herz  ihm^ 
Jener  gleich ,  da  zuerst  sich  beide  gesellt  zur  umarmung ,  295 

Nahend  dem  bräutlichen  lager ,  geheim  vor  den  liebenden  eitern. 
Und  er  trat  ihr  entgegen,  und  redete,  also  beginnend: 

Here,  wohin  dein  weg,  da  du  hieher  kommst  vom  Olympos? 
Auch  nicht  hast  du  die  ross'  und  ein  schnelles  geschirr  zu  besteigen. 

Listenreich  antwortete  drauf  die  herscherin  Here:  300 

Xeus,  ich:  gehe  zu  schaun  der  nährenden  erde  begrenzung, 
4uch  den  Okeanos  ,  unsre  geburt,  und  Tethys  die  mutter. 
Welche  beid'  im  palaste  mich  wohl  gepflegt  und  erzogen;  * 
Diese  geh*. ich  zu  schaun,   und  den  heftigen  zwist  zu  vergleichen. 
Denn  schon  lange  zeit  vermieiden  sie  einer  des  andern  305 

Hochzeitbett  und  umarmung,  getrenm  dusch  bittere  feindschaft. 
Aber  die  ross*,  am  säume  des  quellenströmenden  Ida 
Stehen  sie ,  mich  zu  tragen  durch  trockenes  land  und  gewässer. 
Deinethalb  nun  lenkt'  ich  den  weg  hieher  vom  Olympos , 
Dafs  nicht  etwa  dein  herz  mir  eiferte ,  wandelt'  ich  heimüch     310 
Xu  des  Okeanos  hause ,  des  tief  hinströnienden  herschers. 

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VIERZEHNTER  GESANa  49 

Ihs  antwortete  drauf  der  herscher  im  donnergewölk  Zeus^ 
Here,  dorthin  magst  du  die  reis'  ?tuch  spater  beginnen^ 
Komm,  wir  wollen  in  lieb'  uns  vereinige^,  sanft  gelagert. 
Denn  so  sehr  hat  keine  der  göttinnent  oder  der  weib^r,  315 

Je  mein  herz  im  busen  mit  mächtiger  gtut  mir.  bewälngt : 
Weder,  als  ich,  entflanunt  von  Ixions  ehegenossin, 
Einst  den  Peirithoos  zeugt',  an  rath  den  unsterblichet^ ähnlich; 
Noch  da  ich  Dänae  liebt',  Akrisiös  reizende  tpchter, 
Welche  den  Perseus  gebar ,  den  herlichsten  kämpfer  der  vorzeit ;    3^ 
Noch  auch  Fönix  tochter,  des  ferngepriesenen  königs , 
Welche  mir  Minos  gebar,  und  den  göttlichen  held  Rhadamanthys  j 
Noch  daidi  Semele  liebt',  auch  nicht  Alkmene  von  Thebe, 
Welche  zum  söhne  mir  gab  den  hochgesinnten  Herakles  i 
Semele  aber  gebar  .der  sterblichen  iust  Dionysos ;  Mj 

Noch  da  ich  einst  die  erhabne,  die  schöngelokte  Demeter» 
Oder  <)ie  herliche  Leto  umarmete,  oder  dich  selber; 
Als  ich  anjezt  dir  glühe ,  durchbebt  von  süfsem  verlangen ! 

Listenreich  antwortete  drauf  die  herscherin  Here : 
Welch  ein  wort ^  Kronion,  du  schreklicher,  hast  du  geredet!      330 
Wenn  du  jezt  in  liebe  gesellt  zu  ruhen  begehrest 
Oben  auf  Ida's  höhn ,  wo  umher  frei  all^s  erscheinet ; 
O.wie  wärs,.wenn  uns  einer  der. ewigwaltenden  gottec 
Beid'  im  Schlummer  erblikt',  und  den  himmlischen  allen  es  eilend 
Meldete  ?  Traun  nie  kehrt'  ich  hinfort  zu  deinem  palaste ,  335 

Aufgestanden  vom  lager;  denn  unanständig  ja  war'  es! 
Aber  wofem  du  willst,  und  deiner  seel'  es  genehm  ist;  .  . 

Siehe,  du  hast  ein  gemach,  das  der  söhn,  dein  trauter  Hefastos, 

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Jäomers  lUas.  11,  Band.  D  ^ 


so  ILIAS. 

Schön  dir  gebaut,  und  die  pforte  voll  kumt  an  die  pfontn  geföget: 
Dorthin  gehn  wir  zu  ruhn ,  ist  dir  ja  gefailig  das  lagert  540 

Ihr  antwortete  drauf  der  he^cher  im  donnergewölk  Zeus : 
Here»  weder  ein  gott»  0  vertraue  mir,  weder  ein  mensch  auch 
Wird  uns  schaun :  denn  ein  solches  gewölk  verbreit'  ich  umher  dir » 
Stralend  ton  gold ;  nie  wlird'  uns  hindurch  spahn  Helios  selber , 
Der  doch  scharf  vor  allen  mit  stralenden  äugen  daherblikt«         345 

Also  Zeus,  und  umarmte  voll  Inbrunst  seine  gemahlin^ 
Unten  sptofs  die  heilige  erd'  aufgrünende  kräuter« 
Lotos  mit  thauiger  blum*,  und  krokos,  samt  hyakinthos. 
Dicht  und  locker  geschwellt ,  die  empor  vom  boden  sie  trugen : 
Hierauf  ruheten  beid\  und  hülleten  sich  ein  gewölk  um,  -        350 
Schön  und  stralend  von  gold  ;  und  es  thauete  nieder  mit  glanzduft. 

'    Also  schlummerte  dort  auf  Gargaros  höhe  der  vater , 
Sanft  von  schlaf  bezwungen  und  lieb',  und  umarmte  die  gattiiu 
Eilend  lief  der  erquickende  Schlaf  zu  den  schiffen  Achaia's , 
Botschaft  anzusagen  dem  erderschiittrer  Poseidon ;  355 

Nahe  trat  er  hinan,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Jezo  mit  ernst ,  Poseidon ,  gestrebt  Pur  die  männer  Achaia's ! 
Ihnen  verleih'  ich  rühm ,  zum  wenigsten  ,  weil  noch  Kronion 
Schläft ;  ich  selber  umhüllt'  ihir  mit  sanft  betäubendem  Schlummer  , 
Als  ihn  Here  bethört  zu  holder  lieb'  und  umarmung.  360 

Dieses  gesagt,  entflog  er  zu  rühmlichen  menschengeschlechtern. 
Doch  Ihn  reizt'  er  noch  mehr,  dem  Danaervolke  zu  helfen. 
Schnell  in  das  Vordergetümmel  sich  weit  verstürzend  ermahnt'  er: 

Lassen  wir,  Argos  söhne,  den  sieg  auch  jezo  dem  Hektor, 
Prlamossohn»  dafs  er  nehme  die  schiff*,  und  rühm  sich  gewinne?  365 

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VIERZEHNTER  GESANG.  5t 

Aber  er  wähnt  zwar  abo,  und  frohlokt,  weil  noch  Achilleus 
Bei  den  geräumigen  schiffen  verweilt  mit  zürnendem  herzen. 
Dennoch  vermissen  wir  Sein  nicht  sonderlich,  wenn  nur  wir  andern«, 
Mutiger  angestrengt ,  uns  vertheidigen  unter  einander ! 
Auf  demnach  ^  wie  ich  rede  das  wort ,  so  gehorchet  mir  alle,      s^jo 
Jezt  die  gewaltigsten  schild'  und  die  gröfsesten  unseres ,  heeres 
Angelegt,  und  die  luiupter  in  weithinstralende  helme 
Eingehüllt,  in  den  händen  die  ^mächtigsten  lanzen  bewegend» 
Wollen  wir  ^ehn,  ich  selber  voran;  und  schwerlich  besteht  uns 
Hektor,  Priamos  söhn,  wie  ungestüm  er  daherstrebt!  375 

Ist  wo  ein  streitbarer  mann,  der  mit  kleinerem  schilde  sich  decket, 
Reich'  er  dem  schwächeren  krieger  ihn  dar ,  und  nehme  den  gröfsern! 

Also  der  gott;  da  hörten  sie  aufmerksam,  und  gehorchten. 
Aber  die  könige  selbst,  die  verwundeten,  stellten  in  Ordnung, 
Tydeus  söhn,  und  Odysseus,  und  Atreus  söhn  Agamemnon ;    380 
Gingen  umher,  und  vertauschten  die  kriegsger'ithe  der  männer: 
Starke  bekam  der  starke ,  dem  schwächeren  gaben  sie  schwache. 
Drauf  nachdem  sie  den  leib  mit  blendendem  erte  gehüllet , 
Drangen  sie  vor;  sie  führte  der  erderschüttrer  Poseidon, 
Tragend  ein  Schwert,  entsezlich  und  lang»  in  der  nervichten  rechte,  385 
Gleich  dem  flammenden  bliz;  ihm  wagt  niemand  zu  begegnen 
In  der  vertilgenden  Schlacht ;  auch  die  furcht  schon  hemmet  die  krieger. 

Troja's  söhn*  auch  stellte  der  stralende  Hektor  lA  Ordnung. 
Siehe,  mitschreklicherwutnun  strengten  den  karfipf  der  enischcidung 
Der  schwarzlockige  herscher  des  meers ,  und  der  stralende  Hektor,  390 
Dieser  dem  Troervolk,  und  der  den  Danaern  helfend. 
Hoch  aaf  wogte  das  mecr  an  der  Danaer  schiff'  und  |[ezelte 

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S»  ,       .  JLIAS, 

Brandend  empor;  und  sie  rannten  mit  wutausruf.an  einander. 
Nicht  so  hallet  die  wog'  in  donnerndem  hall  an  den  fielsstrand. 
Aufgetürmt  aus  dem  meer  vom  gewaltigen  hauche  des  nordwinds ;  395 
Nicht  so  prasselt  das  feuer  heran  mit  sausenden  flammen 
Durch  ein  gekrümmt  bergdial ,  wann  den  Forst  zu  verbrennen  es  auffuhr ; 
Nicht  der  orkan  durchbrauset  die  hochgewipfelten  eichen 
So  voll  Wut,  wann  am  meisten  mit  grofsem  getos'  er  dahertobt: 
Als  dort  laut  der  Trpcr  und  Danaer  stimmen  erschollen»  40Q 

Dia  sie  mit  grausem  gesdirei  anwuteten  gegen  einander. 

Jezo  zielt'  auf  Ajas  zuerst  der  stralende  Hektor , 
Als  er  sich  gegen  ihn  wandt',  und  nicht  verfehlt'  ihn  die  lanze; 
Dort  wo  ihm  zween  riemen  sich  ^eiteten  über  den  busen» 
Dieser  vom  schild',  vnd  jener  vom  silbergebuckelten  Schwerte,  405 
Traf  er ;  doch  beide  beschirmten  den  leib.    Da  zürnete  Hektor , 
Dais  sein  schnelles  Reschofs  umsonst  aus  der  band  ihm  entflohn  war; 
Und  in  der  freunde  gedräng*  entzog  er  sich,  meidend  das  schiksal. 
Aber  den  weichenden  traf  der  Telamonier  Ajas 
Schnell  mit  dem  stein;  denn  viele,  die  räumigen  schiffe  zu  stüzen ,  410 
Lagen  gewälzt  vor  den  fufsen  der  kämpfenden :  den  nun  erhebend» 
Warf  er  über  dem  schiide  die  brüst  ihm ,  nahe  dem  halse ; 
Jenen  schwang,  wiedenkräuiel,  derwurf,  und  er  taumelte  ringsum ; 
Wie  vor  demschinetternden  schlage  des  Xeus  der  entwurzelte  eichbaum 
Niederkracht,  und  entsezlich  der  dampfdes  brennenden  schwefele  415 
Dampft  aus  dem  stamm ,  mutlos  und  betäubt  steht,  welcher  es  anschaut» 
Nähe  dem  Qrtj   denn  furchtbar  ist  Xeus  des  allmächtigen  dohner: 
Also  stürzt'  in  d.en-^t^ub  die  gewalt  des  göttlichen  Hektor. 
Schnell  enjtsank  die.lahze  der  band,  es  folgte  der  schild  nach, 

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VIERZEHNTER.  GESANG»  53 

Auch  der  heim;  ihti  ümklitrte  das  txz>  der  prangenden  riistung.    429 
Laut  vor  freud'  aufjauchzend,  bestürmten  ihn  männer  Achaia's» 
Hoffend  ihn  wegzuiiehn>  und  häufige  Speer'  aus  den  bänden 
Warfen  sie;    dennoch  traf  den  völkerhirten  nicht  ieiner, 
Weder  mit  stofs  noch  warf;  denn  die  tapfersten  nahten  umwandebid,. 
Hdd  Aneias,   Polydamas  auch,   und  der  edle  Agenor»  425 

Auch  Sarpedon,  der  Lykierfürst,  und  der  trefliche  Glaukos; 
Auch  der  anderen  keiner  versäumt*^  ihn ;    sondern  sie  hielten 
Wohlgcriindetc  schild'  ihm  xur-  abwehr.    Doch  ihn  erhebend 
Trugen  die  freund'  auf  den  armen  aus  kriegsarbeit  xu  den  rossen, 
Welche,  geflügeltes  hufs,  ihm  hinter  deni  kämpf  und  gefechte      430 
Standen,   gehemmt  vom-lenker  am  kunstreich  prangenden  wagen; 
Diese  trugen  zur  Stadt  den  schwer  aufstöhnenden  krieger. 

AU  sie  nunmehr' an  die  fuhrt  des  sehöiihinwallenden  Xanthos 
Kamen,  des  wirbelnden  Stroms,  den  Xens  der  unsterbliiche  zieugte; 
Legten  sie  dort  vom  gesthirr  ihn  «urerd-,  und  sprengetcn  wftsser-  43^ 
Über  ihn  her^  hs£d  athmiet'er  ^^f,  ttnd;blikte-gen;himmel-$ 
Hingeknict  dann  «afs  er,    und  spie  schwarxschäumendes  Mtot  aus;- 
Aber  zurgk  nun  sank  er  zuf  erd'  hin,*  und  eS  umhüllte 
Finstere  nacht  ihm  die  äugen;  detm  noth  betäubte  tter  wurf  ihn. 

Argos  söhn',    als  jezo  sie  Hektor  sahön  hinweggehn,  440 

Rannten  nochhefager  gegen  deri  feind,  und  gedachten  der  Streitlust. 
Siehe ,    zuerst  traf  Ajas ,    der  rasche  sohti  des^  Oileüs , 
Satniös^    nahe  daher  mit  spiziger  lanze  sich  schwingend  1 
Enops  söhn ;   ihn  gebair  dem  rinderweidendetl  Enops  >    • 

Eine  schöne  Najad'  an  Satniois'  grünenden  üfem :  .     445 

Diesen  traf  anrennend  der  streitbare  söhn  des  OiledP^S  -     -    • 


54  ILIAS. 

Durch  die  weiche  des  bauch«,  dafs  er  taumehe;  und  ihn'  umdrängten 
Trper  zugleich  und  Achaier,    gemischt  zu  grauser  entscheidung. 
Aber  der  lanzenschwinger  Polydamas  kam  ihm  ein  rächer, 
Panthoos  söhn,    und  schofs  Protho'enor  rechts  in  die  ^huker,    450 
Areilykos  söhn»   da£s  hindurch  der  stürmende  wurfspiefs 
Fuhr ;  und  er  sank  in  den  staub,  mit  der  hand  den  boden  ergreifend. 
Hoch  frohlokte  darob  Polydamas,,  laut  ausrufend: 

Nicht  ist  jezt,  vie  ich  mieine,   dem  mutigen  Pantboiden 
Aus  der  gewaltigen  hand  umsonst  entsprungen  der  wurfspiefs;  455 
Sondern  ihn  prägt  im  leib'  ein  Danaer,   welcher  vermutlich 
Nun,   auf  den  stab  sich  stiizend,   in  A'ides  wohnung  hinabgeht! 

Jener  sprachs;  und  es  schmerzte  der  jauchzende  ruf  die  Achaier; 
Aber  dem  Ajas  schwoll  sein  mutiges  herz  vot  betrübnis. 
Ihm  des  Telamon  söhn ,  dem  zunächst  hinsank  Prothoenor«       460 
Schnell,   dem  weichenden  nach,    p^tsandt'  er  die  blinkende  ianie« 
Zwar  Polydamas  selber  verminet  das  schwarze  Verhängnis» 
Seitwärts  hurtig  gewandt;  doch  A^cbilochos»  söhn  des  Amenor, 
fing  den.  wurf  i   ihn  weihte  der  ewigen  rs^th  dem  verderben» 
Diesem  Apg  das  g^schofs,    v^q  hai^pt  und  packen  sich  fuget,     465 
Ob<;n  am  wiübel:  hinein«  und  dprchs^lmitt  ihm  beide  die  sehnen  ; 
Pais  ihm  eher  d^  h^upt  upd  mund  und  näse.  das  erdreich 
HühreteDi,   ehq  hinab  die  VnW  un4  5<;henkei  ihm  s^en. 
l^aut  rief  Aja^  nvmmehr  zu  P^nthpQS  tieflichem  söhnen 

Sinne ^  P^lyd^mas,  nach,  und  sage  mir  lautere  Wahrheit»   4-70 
War  nicht  dies/cr  ein  m^nn«   PfPthoenors  wegen  z«  fallen, 
WMig  genug?  K«io  oi^dw  erscheint  er  mir,  oder  von  niedern; 
Sondern  qIq  IcibUchcr  biudei  de^  reisigen  beiden  Aii^cppf « 


VIERZEHNTER   GESANG,  $5 

Oder  ein  söhn;  ihm  mufs  an  gtschlecht  er  nahe  verwandt  sein, 

Ajaj  riefs,  wohl  kundig;  und  schmerz  erfüllte  die  Troer.  475 
Akamas  stieb  mit.  dem  speer  den  Böotier  Promachos  nieder , 
Titu  den  brudier  umwandelnd ,  da  der  an  den  füfsen  ihn  wegzog« 
Hoch  firohlokte  d^rob  held  Akam'as ,  laut,  ausrufend : 

Argos  volk,  pfeilkühne»  der  drohungen  ganz  unersättlich! 
Nicht  uns  wahrlich  allein  wird  kriegsdrangsal  und  betrübnis      4S0 
In\mer  zu  theil ;  euch  selber  ist  so  zu  fallen  geordnet ! 
Schaut,  wiö  Promachos. euch,  von  meiner  lanze  gebändigt. 
Ruhig  schläft ;  dafs  -nicht  .dei  bruders  schuldige  räche 
Lang'  euch  bleib*  UD)}ezahlt !   JSo  >vünscht  auch  ein  anderer  mann  wohl 
Einen  freund  im  hau&e,  des  Streits  abwehrer,  zu  lassen!  485 

Jener  sprachs;  und  es  schmerzte  der  jauchzende  ruf  die  Achaier. 
Doch  dein  Peneleos  schwoll  sein  mutiges  herz  vor  betrübnis. 
WUd  auf  Akamas  sprang  er ;'  und  nicht  stand  jener  des  königs 
Heftigem  stürm;  allein  den  Iljoneus  stiekt'  er  danieder, 
Forbas  söhn,  des  heerdebegüterten.,  welchen  Hermeias    .  J^oo 

Hoch  im  volk  der  Troer,  geliebt,  und.  mit  habe  gesegnet; 
Diesem  hatte  scin.w^ik  dc:n  Ilioncus  einzig  gpborcn: 
Unter  der  bfau'  jlkn^  stach  er  die  unterste  wurzel  des  auges, 
Dafs  ih^  der  stern  ausflofs ,  und  der  spcer,  durch  d^  äuge  gebohret, 
Hint^  den  scluCdc\  zgrbfach;  und  er  s^^fs  ausbreitend  die,  hände  495 
Beide.    Peneleos  drauf,  das  geschliffene  schwert  sich  entrcifsend, 
Schwang  es  gerad*  in  den  nacken ,  und  schmetterte  nieder  zur  erde 
Samt  dem  helme  das  haupt;  noch  war  die  gewahige  lanze 
Ihm  durch  das  äuge  gebohrt ;  dann  hub  er  es ,  ähnlich  dem  mohnhaupt , 
Zeigt'  es  dem  Troervolk ,  und  sprach  mit  jauchzender  stimme:    500 

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S6       ILIAS«    VIERZEHNTER  GESANjGu 

Meldet  mir  dies»  ihr  Troer,  Ilioneus  vater  und  mutter» 

Dals  sie  den  glänzenden  'söhn  daheim  im  palaste  betrauern ! 

Auch  nicht  Promachos  weib,  des  edlen  sohns  Alegenors, 

Grölst  ja  den  trauten  gemahl  mit  freudigkeit,  wann  wir  aus  Troja 

Heim  einst  kehren  in  schiffen ,  wir  blühenden  männer  Achaia*sf  505 

Jener  sprachs;  und  allen  erzitterten  unten  die  glieder; 
\  ... 

Jeglicher  schaut*  umher»  zu  entfliehn  dem  grausen  verderben* 

Sagt  mir  anizt,  ihr  Musen ^  olympische  höheii  bewohnend. 

Wer  der  Achaier  zuerst  blumiefendes  heldengeräth  sich 

Raubte ,  nachdem  gewendet  die  Schlacht  der  gewaltige  meergott.  Sio 

Ajas,  Telamons  söhn,  stiefs  eist  den  Hyrtios  nieder, 

Gyrtias  söhn,  den  ordner  der  trozigen  Myserschaaren ; 

Auch  Andlochos  nahm  des  Mermeros  wehr,  und  cles  Falkes; 

Aber  Meriones  warf  den  Hippotion  nieder ,  und  Morys ; 

Teukros  darauf  entrafte  den  Pröthoon ,  und  Perifetes ;  515 

Atreus  söhn  auch  stach  dem  hirten  des  volks  Hyperenor 

Tief  in  die  weiche  des  bauchs ,  und  die  eingeweide  durchdrang  ihm 

Schneidend  das  erz;  dals  die  seel'  aus  der  gaffenden  todeswunde 

Schleunig  entfloh ;    und  die  äugen  umzog  ihm  nächtliches  duhkeL 

Doch  schlug  Ajas  die  meisten,  der  rasche  söhn  des  Oileus;      520 

Denn  ihm  gleich  war  keiner,  in  hurtigem  lauf  zu  verfolgen 

Zitternder  männer  gewiihl,  wann  Xeus  sein  schrecken  erregte» 


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I  L  I  A  S. 


FÜNFZEHNTER     QESANa 


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INHALT. 

Der  erwachte  Zeus  bedroht  Here,  und  gebeut  ^  ihm  Iris  «d 
Jtpoüon  vom  Olympos^zu  rufen;  iafs  jene  dieu  Poseidon  aus  da 
Schlacht  gehen  heifse^  dieser  den  Hehtor  herstelle,  und  die  Ackalti 
scheuche,  bis  jfchiBeus  den  Patroklos  sende.  Es  geschieht.  Hek 
tor  ni{t  ApoSon  schreki  die  Achater,  deren  heldsn  allein  viier\ 
stehn,  in  das  Lager  zurük,  und  folgt  mit  den  Streitwagen  ühti 
graben  und  mauer,  wo  jfpoUon  ihm  bahnt.  Den  kämpf  höri 
Patroklos  in  Eurypylos  zeit ,  und  eilt  den  Achiüeus  zu  erweicht 
Die  Achaier  ziehn  sich  von  den  vorderen  schiffen  zurük.  Jjasi 
Telamons  söhn,  kämpft  von  den  Verdecken  mit  einem  schifsfmt\ 
und  vertheidigt  des  Protesilaos  schiff  das  Hektor  anzünden  vr^ 


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I  L  I  A  S. 

FÜNFZEHNTER     GESA Na 


riber  nachdem  sie  die  pPahle  hindurch  und  den  graben  geeilet, 
Fliehendes  laufs ,  und  mancher  gestürzt  von  der  Danaer  händen ; 
{ezo  hemmeten  jene  sich  dort  bei  den  wagen  beharrend, 
Uafs  ihr  gesicht  vor  angst»  die  erschrockenen.    Doch  es  erwachte 
leus  auf  Ida's  höhn  bei  der  goldenthronenden  Here.  5 

chnell  nun  stand  er  empor,    und  umsah  die  Achaier  und  Troers 
Mese  dahergescheucht,  und  Jen'  im  tumulte  verfolgend  ,> 
itgos  söhn',  und  mit  ihnen  den  meerbeherscher  Poseidon« 
lektor  auch  sah  er  im  felde ,  den  liegenden;  und  die  genossen 
afsen  umher;  und  beklemmt,  auf  athmet'er,  schwindelnd  in  ohnmachr, 
^nd  spie  blut;  denn  ihn  traf  kein  schwächerer  mann  der  Achaier.  11 
[itleidsvoU  erblikt'  ihn  der  menschen  und  ewigen  vater; 
lohend  zur  Here  begann  er,  und  sprach  mit  finsterem  antliz: 

Traun,  dein  böser  betrug,  arglistige,  tückische  Here, 
emmten  den  göttlichen  Hektor  vom  streit,  und  erschrckte  die  völker !  15 
och  wer  weifs ,  ob  nicht  wieder  des  schlaucrsonnenen  firevels 
rste  frucht  du  geniefscst,  von  meiner  geifsel  gezüchtigt;       / 
enkest  du  picht,  wk  du  hoch  hcrschwcbetcst ,  upd  an  die  füü'  ich 


6o  ILIAS^ 

Xween  ambossc;  gehängt,  und  ein  band  um  die  hände  geschürzet 
Golden  und  unxerbrechlieh?  Aus  ätherglanz  und  gewölk  her  a 
Schwebtest  du;  ringsum  traurten  die  ewigen  durch  den  Olympo 
Doch  nicht  wagte  zu  lösen  ein  nahender:  wen  ich  eihaschte. 
Schleudert'  ich  mächtig  gefafst  von  der  schwell*  ab,  bis  er  ilut  cid 
Niederstürzt*  ohnmächtig ;  auch  so  nicht  ruhte  der  zorn  mir  , 
Heftig  entbrannt  um  die  quäl  des. göttergleichen  Herakles,  : 

Welchen  Du,  mit  des  Boreas  hülf  aufregend  die  stürme  , 
'  Sendetest  durch  einöden  des  meers,  arglisten  entwerfend ,« 
Pnd  ihn  endlich  in  Kos  bevölkerte  insel  verschlugest; 
Doch  ihn  fuhrt*  ich  von  dannen  zurük ,  und  bracht*  ihn  in  Argos 
Kossenähi^endes  land ,  nach  mancherlei  kämpfen  des  eleads.  i 

Dessen  erinner*  ich  dich ,  dafs  hinfort  du  entsagest  dem  trug^e , 
Eis  du  erkannt  >  ob  frommen  dir  mög'  Umarmung  und  lager » 
Dem  du,  von  göttern  entfernt,  hier  nahetest,  und  mich  bethörtes 

Also  %€\xs;  da  stuzte  die  hoheitblickendc  Here; 
Und  sie. begann  dagegen,  und  sprach  die  geBügelten  worres         ; 
2/euge  mir  jezo  die  Erd* ,  und  der  wölbende  Himmel  von  obei 
Auch  die  stygische  flut,  die  hinabrollt:  welches  der  gröE&te 
Eidschwur  ja  und  furchtbarste  ist  den  seligen  göttern: 
Auch  dein  heiliges  haupt ,  und  unserer  blühenden  Jugend 
Hochzeitbett,  bei  welchem  ich  nie  falsch  wagte  zu  schwören!     , 
Dafs  nicht  meines  gehei'ses  der  erderschüttrer  Poseidon 
X'oja's  söhn*  und  Hektor  verlezt,  und  jene  beschirnciet; 
Sondern  vielleicht  sein  herz  aus  eigener  tegung  ihn  antreibt. 
Weil  er  in  noth  bei  den  schiffen  die  Danaer  sah  mit  erbarmung 
£h«r  ja  möcht'  ich  auch  Ihm  ein  rathsames  \fon  zureden, 

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FÜNFZEHNTER  GESANG.  6i 

its  er  wandle,  wohin,  Schwarz  wolkiger»  du  es  gebietest! 

Sprachs;  da  Ikchehe  sanft  der  menschen  und  ewigen  vater; 
nd  er  erwiederte  drauf ,  und  sprach  die  geflügelten  worte : 

Wenn  nur  Du  hififiihro,  du  hoheitblickende  Here, 
leich  mir  selbst  an  gesinnung  im  rath  der  unsterblichen  säfsest ;      50 
fahrlich  Poseidon  würde,  wie  sehr  er  auch  anderswohin  strebt, 
üd  umlenken  den  sinn,  nach  deinem  herxen  und  meinem, 
ber  wofern  ja  im  ernst  und  ohne  &lsch  du  geredet; 
rändele  nun  zu  der  götter  ge&chlecht,  und  rufe  mir  eilig 
is  daherzugehn ,  und  den  bogenberühmten  ApoUon  7  55 

lafs  sie  schnell  in  das  beer  der  erzumschirmten  Achaier 
Eedersteig',  und  verkünde  dem  meerbeherscher  Poseidon, 
bzulassen  vom  kämpf,  und  heim  zum  palaste  zu  kehren; 
bei  den  Hektor  zur  schlacht  aufmuntere  Föbos  ApoUon, 
iFiederum  ihn  beseele  mit  kraft,  und  zähme  die  schmerzen,      66 
ie  nun  schwer  sein  herz  ihm  ängstigen  ;  dann  die  Achaier 
Nieder  zur  flucht  ümwend',  ohnmächtiges  schrecken  erregend;, 
afs  die  fliehenden  bang'  in  des  Peleiaden  Achilleus 
uderschiffe  sich  stürzen.    Er  heifst  dann  seihen  Patroklos 
iifstehn ;   doch  ihn  erlegt  müt  dem  speer  der  stralende  Hektor ,      65 
ahe  vor  Ilios  mauren ,  nachdem  er  der  Jünglinge  viele 
[isgetilgt ,  auch  meinen  erhabenen  söhn  Sarpedon. 
n  dann  rächend,  erschlägt  den  gottlichen  Hektor  Achilleus. 
eh,  alsdann  von  neuem  verhäng'  ich  flucht  und  Verfolgung 
tts  von  den  schiffen  hinweg,  unwandelbar,  bis  die  Achaier     70 
bs  höhn  einnehmen ,  durch  weisen  rath  der  Athene, 
lier  werd'  ich  den'  zom  nicht  mäfsigen,  öder  der  andern 

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6^  ILIAS. 

Ewigen  einem  gestatten»  die  Danaer  dort  zu  tieschirmen; 

Ehe  dem  Peleioncn  erfüllt  ist ,  was  er  verlanget : 

Wie  ich  zuerst  ilim  verhiefs ,  mit  gewährendem  winke  des  hauptes,  y^ 

Jenes  tags,  als  Thetis  die  kniee  mir  flehend  umfafste, 

Ihren  söhn  zu  ehren,  den  städtever wüster  Achilleus. 

Sprachs;  und  willig  gehorchte  die  lilienarmige  Here» 
Eilte  vom  Idagebirg',  und  fuhr  zum  hohen  Olympos. 
yiic  der  gedanke  des  mannes  umherfliegt,  der,  da  er  vieles       { 
Land  der  erde  durchging,  nachdenkt  im  spähenden  geistez 
Dorthin  möcht'  ich,   und  dort;    und  mancherlei  pfade  beschlielse 
Also  durchflog  hineilend  den  weg  die  herscherin  Here« 
Als  sie  zum  hohen  Olympos  f^elangt  war,  fand  sie  versammelt 
All'  im  saale  des  Xeus,  die  unsterblichen.    Jene,  sie  schauend,  | 
Sprangen  empor  von  den  sizen,  und  grüfsten  sie  alle  mit  becher 
Aber  sie  liefs  die  andern»  und  nahm  der  rosigen  Thcmis 
Bechei  allein;  denn  zuerst  entgegen  ihr  kam  sie  gewandelt. 
Redete  freundlich  sie  an,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Warum  kommst  du ,  o  Here  ?  Du  scheinst  erschrocken  im  antliz«; 
Sicherlich  hat  dein  gemahl,  des  Kronos  söhn,  dich  ge'ängstct. 

•  Ihr  antwortete  drauf  die  lilienarmige  Here : 
Frage  mich  nicht,  o  Themis,  du  gottliche;  selber  ja  weifst  du, 
Wie  unfreundlich  er  ist,  und  übermütiges  herzens. 
Aber  beginn  mit  den  göttern  imi  saal  das  gemeinsame  gastmahl ;  | 
Dann  zugleich  samt  allen  unsterblichen  sollst  du  vernehmen. 
Welcherlei  gräucl  uns  Xeus  ankündiget.    Nimmer,  vermuc'  icb. 
Freut  sich  allen  da^  herz,  den  sterblichen,  oder  den  göttern; 
Hat  auch  mancher  bisher  in  behaglicher  ruhe  geschmäuseu 

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FÜNFZEHNTER  GESANG,  63. 

Also  spradi»  und  sette  isich  hin,  die  herscherin  Here.  loo 

Lings  nun  traurten  im  saal  die  unsterblichen,    Sie  mit  den  lippen 
«ächcke,  doch  nicht  wurde  die  stirn'  um  die  dunkelen  brauen 
Lufgeklärt ;  und  zu  allen  mit  zürnender  ^ele  begann  sie : 

Thörichte,  die  wir  dem  Zeus  co  unbesonnen  ereifern, 
>der  sein  thun  zu  stören  uns  abmiihn,  nahend  mit  worten,     105 
>der  mit  macht!   Er  sizet  von  fern,  und  achtet  nicht  unser, 
JnbesoTgt;  denn  er  dünkt  sich  vor  allen  unsterblichen  göttern 
Veit  an  kiaft  und  gewalt  den  erhabensten  sonder  vergleichung« 
)uldet  denn,  was  er  auch  immer  d««  unheils  jeglichem  sendet. 
Lben  nur  ward ,  ich  meine ,  dem  Are»  Jammer  bereitet  ,*  1 10 

)enn  Askaläfos  sank,  sein  trautester  unter  den  menschen, 
!>ort  in  der  Schlacht,    sein  söhn,  wieder  stürmende  Ares  bekennet. 

Here*sprachs;  doch  Ares,  die  nervichten  hüften  sich  schlagend 
dit  gebreiteten  bänden,  erhub  die  jammernde  stimme: 

Jezo  verargt  mirs  nicht,  olympischer  höhen- bewohner,         115 
laf«  ich,   ein  rächer  des  sohns,   hingeh  zu  den  schiffen  Achaia's; 
Väre  sogar  mein  loos,  von  des  Donnerers  strale  zerschmettert, 
Jnter  den  todten  zugleich  in  blut  und  staube  zu  liegen ! 

Jener  sprachs ;  und  die  rosse  gebot  er  dem  Graun  und  Entsezen 
Liizuschirren ,  und  zog  helbtralendes  wafFengeschmeid'  an.         120 
exo  fürwahr  noch  gröfser  und  schreckenvoüer  denn  jemals^ 
\^äre  den  göttern  entbrannt  der  zorn  und  die  räche  Kronions; 
/äre  nicht  Athenäa,  besorgt  um  die  ewigen  alle, 
chnell  aus  der  pforte  geeilt,  den  thron,  wo  sie  ruhte,  verlassend« 
Txn  vom  haupt  entrils  sie  den  heim,  und  den  schild  von  den  schultern;  1 25 

.uch  die  eherne  lanz',  aus  starker  hand  ihm  entreifsend«- 

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^4  ILIAS. 

Steiite  sie  hin ,  und  schalt  den  ungebändigten  Aies : 

Rasender  du ,  sinnloser »  du  rennst  in  verderben !  Umsonst  dem 
Hast  du  obren  zu  hören »  und  hegst  nicht  schäm  noch  besiiuiung 
Hörtest  du  nicht ,  was  geredet  die  lüienarmige  Here,  13 

Die  nun  eben  von  Zeus»  dem  Olympier ,  wieder  xuriikkam  ? 
Willst  du  vielleicht »  selbst  füllend  das  mafs  des  unendlichen  januneii 
Heim  zum  Olympos  kehren ,  ob  zwar  mit  verdmfs,  doch  genöthig 
Und  uns  anderen  allen  des  Jammers  fülle  bereiten? 
Denn  abdann  von  der  Troer  und  Danaer  mudgen  völkem         i^ 
Wandelt  er  her»  uns  bringend  verderben  und  graus  zum  Olympo 
Unli  er  ergreift  nach  einander ,  wer  schuldig  ist ,  oder  wer  schuldlo 
Drum  nun ,  rath'  ich ,  entsage  dem  zorn  ob  des  sohnes  ermorduni 
Mancher  bereits ,  und  besser  an  kraft  und  armen  denn  jener » 
Sank,  und  sinkt  noch  hinfort  ein  erschlagener«  Ists  doch  unmöglich^  ii 
Aller  sterblichen  menschen  geschlecht  vom  tode  zu  retten. 

Also  sprach  sie,  und  sezt'  auf  den  thron  den  stürmenden  Ares« 
Here  nunmehr  berief  den  ApoUon  aus  dem  gemache« 
Iris  zugleich,  die  verkündigerin  unsterblicher  götter; 
Und  sie  begann  zu  ihnen,  und  sprach  die  geflügelten  worte:     1 

Zeus  befiehlt ,  dafs  ihr  beid'  aufs  schleunigste  kommet  xum  Id 
Aber  sobald  ihr  genaht,  und  des  Donnerers  antliz  gesehen; 
Thut  alsdann,  was  hxuner  sein  herz  verlangt  und  gebietet« 

Also  sprach,  und  kehrte  zurük,  die  herscherin  Here» 
Sezte  sich  dann  auf  den  thron.  Doch  jen'  entschwangen  sich  eilend  » i 
Bis  sie  den  Ida  erreicht,  den  quelligen  nährer  des  wildes. 
Und  sie  fanden  den  waltenden  Xeus  auf  Gargaios  gipfel 
Hingesezt^  ihn  barg  die  duftende  wolkeoumhiiUung. 

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FÜNFZEHNTER  GESANG.  65 

Als  sich  beide  genaht  dem  wolkensammler  Kronion, 
Standen  sie;  und  nicht  war  des  schauenden  seele  voll  zornes,  155 
Weil  sie  ^schleunig  gehorcht  dem  bcfchl  der  trauten  g«mahlin. 
Drauf  zur  Iris  zuerst  die  geflügelten  worte  begann  er: 

Eile  mir,  hurtige  Iris,  zum  meerbeherscher  Poseidon, 
Alles  verkünd'  ihm  genau ,  und  sei  nicht  teuschende  botin. 
Auszuruhn  gebeut  ihm  von  kämpf  und  wafFenentscheidung ,       160 
VJnd  zu  gehn  in  die  schaar  der  unsterblichen ,  oder  zur  meerflut- 
Wenn  er  nicht  das  gebot  mir  beschleuniget,  sondern  verachtet;  - 
Dann  erwäg*  er  hinfort  in  des  herzens  geist  und  emplindung. 
Ob  er  nicht ,  wie  mächtig  er  sei ,  mich  nahenden  schwerlich 
Möchte  bestehn ;  denn  ich  dünke  mich  weit  erhabner  an  stärke ,  165 
Aher  auch  an  geburt;  und  nichts  doch  achtet  sein  herz  es, 
Gleich  sich  Mir  zu  wähnen  ,  vor  dem  auch  anderen  grauet« 

Also  Teus;  ihm  gehorchte  die  windschnell  eilende  Iris; 
Von  den  idäischen  höhn  zur  heiligen  Ilios  fuhr  sie. 
Wie  wenn  der  schnee  aus  wölken  daherfliegt,  oder  der  hagel,  i-jo- 
Kalt ,  und  geschnellt  vom  stofse  des  hellanwehenden  nordwinds : 
Also  durchflog  hineilend  den  weg  die  geflügelte  Iris  ; 
Nahe  gestellt  nun  sprach  sie  zum  erderschüttrer  Poseidon: 

Eine  Verkündigung  dir ,  schwarzlockiger  Erdumstürmer , 
Bring*  ich,   dahergesendet   von  Zeus  dtm  Ägiserschüttrer.  .175 

JVuszuruhn  gebeut  er  von  kämpf  und  walfönentscheidung, 
Und  zu  gehn  in  die  schaar  der  unsterblichen  ,  oder  ^ur  meerflut. 
Wenn  du  nicht  das  gebot  ihm  beschleunigest,   sondern  verachtest; 
Selber  dro^t  er  sodann,  zu  schreklichem  kämpfe  gerüstet, 
Wider  dich  herzukommen:  doch  warnet  er  dich,  tu  vernieiden   180 

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Homers  liias.  XI.  Band.  B 


66  ILIAS, 

Seinen  arm;  denn  er  dünke  sich  weit  erhabner  an  ^stärke , 
Alter  auch  an  gebuit ;  und  nichts  doch  achtet  dein  herz  es , 
Gleich  dich  Ihm  zu  wähnen,  vor  dem  auch  anderen  grauet. 

Unmutsvoll  nun  begann  der  erderschütternde  herscher : 
Traun  da;  heifst,  wie  mächug  er  sei,  hochmütig  geredet:  185 

Mir ,  der  an  würd'  ihm  gleicht ,  mit  gewalt  den  willen  zu  henunen ! 
Denn  \vir  sind  drei  brüder,  die  Kronps  zeugte  mit  Rheia: 
Zeus,  ich  selbst,  und  Ais,  der  unterirdische  könig. 
Dreifach  getheilt  ward  alles ,  und  jeder  gewann  von  der  heischaft: 
Mich, nun  trafs,  auf  immer  das  graue  meer  zu  bewohnen,         190 
Als  wir  gelost;  den  A'ides  traf  das  nächtliche  dunkel; 
Zeus  dann  traf  der  himmel  umher  in  äther  und  wölken; 
Aber  die  erd'  ist  allen  gemein ,  und  der  hohe  Olympos. 
Nimmer  folg*  ich  demnach  Zeus  Ordnungen;  sondern  geruhig 
Bleib*  er,  wie  stark  er  auch  ist,  in  seinend  beschiedenen  drittheil.    195 
Nicht  mit  den  armen  fürwahr ,  wie  den  zagenden ,  schrecke  mich  jener ! 
Seine  töchter  vielleicht  und  söhn'  auch  möcht'  er  mit  anstand 
Dujrch  hochfahrende  worte  bedräun ,  die  er  selber  gezenget ;  ' 

Denn  sie  werden  aus  zwang  auf  jedes  gebot  ihm  gehorchen ! 

Ihm  antwortete  drauf  die  windschnell  eilende  Iris :  200 

Völlig  50,  wie  du  sagst,  schwarz  lockiger  Erdumstürmcr, 
Bring*  ich  dem  Zeus  die  rede,  so  ungestüm,  und  so  trozig? 
Oder  wendest  du  noch?   Ge^rn  wenden  sich  herzen  der  edeln» 
Weifst  du  doch ,  dafs  älteren  stets  die  Erinnyen  beistehn. 

Wieder  begann  dagegen  der  erderschüttrer  Poseidon:  soj 

Iris,  du  hast,  o  gÖttin,  verständige  worte  geredet. 
Wahrlich  ein  gutes  ding,  wenn  ein  böte  weifs,  was  geziemet. 

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FÜNFZEHNTER  GESANG.  67 

Aber  dei  bittere  schmerz  hat  seeV  and  geist  mir  durchdrungen , 
Wenn  er ,  wer  gleich  an  wUrd'  $  und  ähnlichem  schik$al  bestimmt  ist» 
Den  zu  schelten  gedenkt  mit  wild  anfahrenden  Worten.  2ta 

Dennoch  möcht'  ich  für  jeit»  obzwar  unwillig,  ihm  weichen. 
Aber  ich  sage  dir  an »  und  beschiieis*  im  herzen  die  drohung  t 
Wo  er  zum  troz.mir  selbst,  und  der  siegerin  Pallas  Athene, 
Hermes,  und  der  Here  zum  troz ,  "bnd  dem  herscher  Hefastos» 
Ilios  veste  verschont ,  die  erhabene ,  und  die  Vertilgung  ai5 

Nicht  beschleufst ,  noch  schenket  die  Obergewalt  den  Achaiern ; 
Wiss'  er  dann ,  dafs  ewig  unheilbarer  zorn  uns  entflammet ! 

Also  sprach,  und  verlie£s  der  Danaer  h^er  Poseidaon* 
Ging  und  taucht*  in  die  fluten,   vermifst  von  den  beiden  Achaia*s* 
Jezo  begann  zu  ApoUon  d^r  herscher  im  donnergewölk  Zeus:  odo 

.Föbos,  geh,  o  geliebter,  zum  erzgepanzerten  tiektor; 
Denn  bereits  ja  entwich  der  erderschiittter  Poseidon 
Wieder  ins  heilige  meer,  den  verderblichen  grimm  tu  vermeiden 
Unseres  zorns.    Wohl  hätten  den  kämpf  auch  andr^/  gehöret , 
Selbst  die  unsterblichen  unter. der  erd',  umKronos  versammelt!  22S 
Ab^r  sowohl  für  mich  weit  heilsamer ,  als  für  ihn  selber , 
Wars,  dafs  jener  zuvor,  obzwar  unwillig,  enteilte 
Meinem  arm;  nicht  ^hatten  wir  ohne  Schweifs  uns  gesondert! 
Auf,  du  nim  in  die  bände  die  quastumbordete  Agis; 
Diese  mit  macht  herschUtternd,  erschrecke  das.  herz  der  Achaier.  230 
Aber  besorge  du  selbst,  FerntreiFer,  den  stralenden  Hektor:    . 
Denn  so  latig'  erhebe  den  mut  ihm,  bis  die  Achaier 
Fliehend  daher  die  schiff'  und  den  Hellespontos  erreichet, 
Dann^  beschliels'  ich  selber  mit  wört  und  th^t  ts  zp  ordnen , 

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68  ILIAS. 

Dafs  *ich  wieder  erholen  des  schweren  kampfs  die  Achaier.       ^35 

Jener  sprach«;  und  dem  vater  war  nicht  unfolgsam  Apollon. 
Schnell  von  dem  Idagebirg*  entschwang  er  sich ,  gleich  wie  der  habicht , 
Stürmend  zum  taubenmord ,  der  geschwindeste  aller  gevögel. 
Priamos  söhn  nun  fand  er,  den  heldenmütigen  Hektor, 
Sizend;  er  lag  nicht  mehr ,  und  erfrischt  vom  kehrenden  leben      240 
Kannt'er  die  scinigen  rings ;  des  alhems  schwer'  und  der  angstschweifs 
Ruhete,    weil  ihn  erwekt  des  Agiserschihterers  rathschlufs. 
Nahe  trat  und  begann  dci*  treffende  Föbos  Apollpn : 

Hektor,  Priamos  söhn,  warum  so  entfernt  von  den  andern 
Sizest  du-  kraftlos  hier?  Hat  etwa  ein  leid  dich  getroffen?  245 

'     -Wieder  begann  schwachathmend  der  helmumßatterte  Hektor : 
Wer  bist  Du,  o  bester  der  himmlischen,  welcher  mich  fraget? 
Hörtest  du  nicht,  dafs  dort  um  die  ragenden  Steuer  von  Argos» 
Wo  ich  die  freund'  ihm  vertilgte ,  mich  warf  der  gewaltige  Ajas 
Mit  dem  gestein  an  die  brüst,  und  hemmt'  im  stürmischen  angrif? 
Glaubt'  ich  doch  die  geister  der  tief'  und  A'ides  wohnung  251 

Diesen  tag  noch  zu  sehen;  denn  schon  verhaucht^  ich  die  seelc« 

Ihm  antwortete  drauf  der  treffende  herscher  Apollon: 
Sei  getrost ;  solch  einen  gewaltigen  retter  entsendet 
Teus  vom  Ida  daher,  dir  beiz ustehn  und  zu  helfen,  255 

Mich  den  Föbos  Apollon  mit  goldenem  schwert»  der  zuvor  auch 
Schirmte  dich  selber  zugleich,  und  Uios  thutmende  veste. 
Jezo  wohlan  >  ermahne  die  reisigen  schaaren  der  krieger. 
Auf  die  gebogenen  schiffe  die  hurtigen  rosse  zu  lenken» 
Sieh ,  ich  wandle  voran ,  und  ebne  die  bahn  vor  den  rossen       260 
Weit  hinab,  und  wende  ^ur  flucht  die  beiden  AchciiaV. 

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FÜNFZEHNTER;  GESANG.  69 

Also  der.gütt,  und  beseelte  mit  mut  den  hirten  der  vöIker. 
Wie  wenn ,  genährt  an  der  krippe  nut  reichlichem  futter ,  ein  stallrofs 
Mutig  die  halfter  xerreif&t»  und  stampfendes  laufs  in  die  Felder 
Eilt,  zum  bade  gewöhnt  des  lieblichwallenden  Stromes ,  0.6$ 

Tretender  kraft;  hoch  trägt  es  das  haupt,  und  rings  an  den  schultern 
Fliegen  die  mahnen  umher;    doch  stolz  auf  den  adel  der  Jugend» 
Tragen  die  Schenkel  es  leicht  zur  bekannteren  weide  der  stuten: 
So  auch  Hektor ,  in  eile  die  knie*  und  die  Schenkel  bewegend , 
Trieb  er  der  reisigen  schaar»  da  des  gdttes  stimm' er  vernommen.  270 
Dort,  wie  wenn  ein  gewild,  den  kronhirsch,  oder  den  geisbok^ 
Jagende  hund'  hinscheuchten  und  landbewohnende  männer; 
Jenen  dann  des  gebirgs  felshaupt  und  schattiges  dickicht 
Rettete;  denn  ihn  Versagte  das  schiksal  noch  den  Verfolgern; 
Doch  auf  das  laute  getümmel  erschien  ein  bärtiger  löwe  275 

Drohend  am  weg';,  und  verscheuchte  die  strebenden  alle  mit  einmal: 
So  die  Achaier  zuerst ,  in  schlachtreihn  ,  folgten  sie  inuner , 
Zuckend  daher  die  Schwerter  und  zwiefach  schneidenden  lanzen; 
Doch  wie  sie  Hektor  gesehn  die  männerschaaren  umwandeln; 
Standen  sie  starr,  und  allen  entsank  vor  die  fufse  der  mut  hin.  280 

Drauf  ermahnte  sie  Thoas,  der  tapfere  söhn  Andrämons, 
Edel  -im  volk  der  Atoler,  ein  kundiger  held  mit  dem  wurfspiefs. 
Auch  im  stehenden  kämpf;  den  redenden  aber  besiegten 
Wenige,  wann  um. ihr  wort  Achaia's  Jünglinge  stritten; 
Dieser  begann  wohlmeinend,  und  redete  vor  der  Versammlung:  285 

Weh  mir!  ein  grofses  wunder  erblick*  ich  dort  mit  den  äugen! 
Wie  doch  von  neuem  erstand ,  den  graulichen  Keren  entronnen , 
Hektor!  Eben  nur  hoft*  in  sicherem  herzen  ein  jeder ,     t 

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70  '  ILIAS. 

DaCs  er  von  Ajas  händen  gcstörxt,  des  Telamoniden. 

Aber  ein  gott  hat  wieder  emporgestellt  und  errettet  I90 

Hektor,  der  schon  vielen  der  Danaer  löste  die  kniee: 

Welches  auch  jext ,  vertnut*  ich ,  geschehn  wird !  Schwerlich  ja  steht  er 

Ohne  den  donnerer  Zeus  so  freudiges  muts  in  dem  vorkampf. 

Auf  demnach ,  wie  ich  rede  das  wort ,  so  gehorchet  mir  alle, 

Heif&t  die  menge  des  volks  zu  unseren  schiffen  zuriikziehn;       295 

Selbst  nur,  so  viele  wir  uns  die  tapfersten  rühmen  des  heeres, 

Lafst  uns  stehn,  um  zuerst  dem  ungestüm  zu  begegnen, 

Alle  die  lanzen  erhöht.    Ich  meine  ja,  wie  er  auch  antobt, 

Wird  er  im  herzen  sich  scheun ,  der  Danaer  schaar  zu  durchbrechen. 

Also  der  held ;  da  hörten  sie  aufmerksam ,  und  gehorchten.    300 
Schnell  um  die  Ajas  her,  und  Idomeneus,  Kreta'«  beherscher, 
Teukros  auch,  und  Meriones  auch,   und  den  kriegrischen  Meges» 
Ordneten  jene  die  Schlacht,  die  edelsten  helden  berufend. 
Gegen  der  Troer  gewalt,  und  Hektors;  aber  von  hinten 
Zog  die  menge  des  volks  rükwärts  zu  den  schiiFen  Achaia*s.      305 

Vor  nun  drängen  die  Troer  nnrit  heerskraft ;  Hektor  voran  ging 
Mächtiges  Schritts ;    vor  ihm  selbst  dann  wandelte  Föbos  Apolion » 
Eingehüllt  in  gewölk,  und  tmg  die  stürmische  Agis, 
OraunvoU,  rauhumsäumt,  hochfeierlich  1  welche  Hefästos 
Schmiedet' ,  und  Zeus  zu  tragen  empfing  zum  entsezen  der  männer  ;  3 10 
Diese  trug  in  den  händen  der  gott,  und  führte  die  Völker« 

Argos  söhn'  auch  harrten  gedrängt  dort;  und  ein  geschret  sti«g 
Laut  aus  beiderlei  heer ;  von  den  sennen  geschnellete  pfeile 
Sprangen;  und  häufige  Speere,  von  mutigen  händen  geschleudert. 
Hafteten  theils  anprallend  im  leib  der  blUhe^c|e|i^^^mpfer ;         315 


FÜNFZEHNTER  GESANG.  71 

Vier  auch  im  Zwischenräume,  den  schönen  leib  nicht  erreichend, 
Standen  empor  aus  der  erde,  voll  gier  im  fleische  zu  schwelgen»  ' 
IVeil  noch  still  die  Agis  einhertrug  Föbos  ApoUon, 
Hafteten  jegliches  heeres  geschofs'»  und  es  sanken  die  völker. 
Aber  sobald  er  sie  gegen  der  reisigen  Danaer  antliz  320 

Schüttelte,  laut  aufschreiend  und  fürchterlich;  jezo  verzagte 
Ihnen  im  busen  das  herz,  und  vergafs  einstürmender  abwehr. 
Schnell,  wie  die  heerd'  entweder  des  hornviehs,  oder  der  schafe, 
Xwei  raubthiere  zerstreun,  in  dämmernder  stunde  des  melkens, 
Kommend  in  schleuniger  wut,  wann  nicht  der  hüter  dabei  ist:    325 
Also  entflohn  die  Achaier,  wie  kräftlos,  ganz  von  ApoHons 
Schrecken  betäubt ;  denn  die  Troer  und  Hektor  ehrt'  er  mit  siegsruhm. 

Nun  schlug  mann  vor  mann,im  zerstrcueten  kämpf  der  entscheidung. 
Hektor  warf  den  Stichios  hin  und  den  Arkesilaos : 
Diesen  der  erzumschirmten  Böoner  ordnenden  fuhrer,  330 

Jenen  des  hochgesinnten  Menestheus  treuen  genossen. 
Auch  Aneias  entrafte  des  lasos  waiFen  und  Medons: 
Dieser  war  unehlich  erzeugt  von  dem  edlen  Oileus, 
Medon,  des  Ajas  bruder,  des  kleineren;  aber  er  wohnte 
Ferne  vom  Vaterland*  in  Fylake,  weil  er  im  Jähzorn  335 

Einst  den  vettcr  erschlug,  des  Oileus  weib*  Eriopis: 
lasos-  war  zum  führer  der  Athenäer  geoidnet, 
Sfelos  söhn  im  volke  genannt,  des  Bukoiionen. 
Auch  den  Mekistcus  schlug  Polydamas,  auch  den  Polites 
Echios  vom  im  gcfecht,  und  den  Klonios  mordet*  Agenor.         540 
Paris  durchschofs  rükwärts  dem  Deiochos  oben  die  Schulter, 
Als  er  im  vorkampf  floh,    dafs  vorn  hindurch  ihm>das  erz  drang. 

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J 


71  ILIAS, 

Während  sie  Jen'  entblöfsten  der  rüstungen;  flohn  die  Achaier, 
Und  auf  graben  und  pfähle  dahergestiirzt  in  Verwirrung, 
Bebten  &ie  dorthin  und  dort ,  und  tauchten  aus  zwang  in  die  mauer.  345 
Hcktor  aber  gebot  mit  hallendem  rufe  den  Troern : 

Grad'  auf  die  schiffe  gesprengt ,  und  verlafst  die  blutige  riistung ! 
Wen  ich  vielleicht  wo  anders  entfernt  von  den  schiffen  erblicke, 
Gleich  den  tod  auf  der  stelle  bereit*  ich  ihm!  Keine  verwandschaft 
Folgt  dann,  mannet  und  fraun ,  zum  todtenfeuer  dem  leichnam ;    350 
Sondern  er  liegt,  von  hunden  zerfleischt,  vor  Uios  mauern! 

Sprachs ,  und  trieb  das  gespann ,  und  geifselte  über  die  schultern, 
Lautes  rufs  anmahnend  die  Ordnungen.     Alle  zugleich  nun 
Lenkten  sie,  wild  aufschreiend,  die  wagenbeflügeinden  rosse, 
Mit  graunvoUem  gctös* ;  und  der  führende  Föbos  ApoUon  355 

Stüri.ete  leicht  mit  den  fiifsen  die  ragenden  ufer  des  graben« 
Stampfend  hinab  in  die  mitt*,  und  brükte  den  pfad  hinüber. 
Lang  zugleich  und  breit,  so  fern  der  geschwungene  wurfspiefs 
Hinfliegt ,  welchen  ein  mann ,  die  kraft  zu  versuchen ,  entsendet. 
Dort  nun  strömten  sie  vor  in  geschlossener  schaar,  und  Apollon    36b 
Vorn,  von  der  Agis  umstralt;  hin  stürzt'  er  der  Danaer  mauer. 
Leicht ,  wie  etwa  den  sand  ein  knab'  am  ufer  des  meeres , 
Der,  nachdem  er  ein  spiel  aufbaut'  in  kindischer  freude, 
Wieder  mit  hand  und  fufse  die  häuflein  spielend  verschüttet  x 
So,  ferntreCFender  Föbos,  verschüttetest  Du  der  Achaier  365 

Müh  und  daurenden  fleifs ,  und  scheuchtest  sie  selbst  mit  entsezen. 
Jezo  hemmeten  jene  sich  dort  bei  den  schiffen  beharrend. 
Und  ermahnten  einander;  und  rings  mit  erhobenen  bänden 
Betete  laut  ein  jeder  zu  allen  unsterblichen  göttern. 

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FÜNFZEHNTER  GESANG.  73 

Nestor  vor  allen  der  greif ,  der  gerenische  hört  der  Achakr ,      370 
Flehete,  streckend  die  hände  2um  Sterngewölbe  des  himmels: 

Vater  Zeus,  so  dir  einer  in  Arges  weizengfcfilden 
Fette  Schenkel  des  stiers  anzündete,  oder  des  widders, 
Flehend  um  Wiederkehr,  und  Du  ihm  gewinkt  und  gelohet; 
Denk'  uns  dcfc,  und  steur',  Olympier,  solchem  verderben!        375 
Lafs  nicht  so  hinsinken  vor  Troja's  macht  die  Achaier! 
.  Also  fleht'  er  empor ;  da  donnerte  Xeus  Kronion     > 
Laut,  das  gebet  erhörend  des  neleiadischen  greises. 

Trojans  söhn*,   als  sie  hörten  des  Agiserschiitterers   rathschlufs, 
Rannten  noch  heftiger  gegen  den  feind ,  und  gedachten  der  streitlust.380 
Dort  wie  die  mächtige  woge  des  unabsehbaren  meeres 
Über  den  bord  des  schifFes  hinabstürzt,  wann  sie  verfolget 
Wut  des  orkans ,  die  am  h&cbsten  den  scbwall  der  gewässer  emporth&rmt : 
Also  stürzten  die  Troer  mit  wutausruf  von  der  maüer, 
Lenkten  die  rosse  hinein,  und  kämpfeten  wild  um  die  steue^  385 
Mit  zweischneidigen  lanzen,  die  nahenden:  sie  von  den  wagen; 
Jene  hoch  vom  verdek,  die  dunkelcn  schiflfc  besteigend, 
Mit  langragenden  Stangen,  die  dort  auf  den  schiffen  zum  meerkampf 
Lagen,  zusammengefügt,  und  vorn  mit  erze  gerüstet. 

Aber  der  held  Patroklos,  indefs  die  Achaier  und  Troer       390 
Noch  umkämpften  den  wall,  auswärts  von  den  rüstigen  schiffen, 
Safs  noch  stets  in  des  edlen  Eurypylos  schönem  gezelte^ 
Ihn  mit  worten  erfreuend ,  und  fugt' auf  die  schmerzende  wund' ihm 
Lindernde  heilungssäfte ,  die  dunkele  quäl  zu  bezähmen. 
Vber  sobald  zur  mauer  mit  macht  anrennen  er  höite  395 

froja's  söhn',  und  erscholl  der  Danaer  angst  und  getümnrlel; 


•   74  ILIAS* 

Laut  Wehklagt*  er  nunmehr ,  und  beide  hüften  ^ich  schlagend 
Mit  gebreiteten  bänden,  erhub  er  die  jammernde  stimme: 

Nein ,  ich  kann  nicht  länger ,  Eurypylos ,  darfst  du  auch  ineina, 
Hier  verweilen  bei  dit;  zu  laut  schon  hebt  sich  der  aufruhr!     400 
Drum  dein  waffengenoüs  vergnüge  dich;  aber  ich  selber 
Eile  zu  Peleus  söhn,  ihn  aufzuregen  tur  feldschlacht. 
Denn  wer  weifs?  vielleicht  durth  göttliche  hülfe  bewegt  ihn 
Mein  Zuspruch!  Gut  immer  ist  redliche  Warnung  des  freundes. 

Kaum  gesagt ,  so  enttrugen  die  Schenkel  ihn.  Dort  die  Achaier ,  405 
'Fest  vor  der  Troer  gewalt  bestanden  sie;  doch  es  gelang  nicht, 
'  Jene,  die  minderen  zwar,  hinweg  von  den  schiffen  zu  drängen. 
Nicht  auch  den  Troern  gelangs ,  der.  Danaer  dichte  geschwader 
Trennend ,  hindurchzubrechen  in  ruderschifP  und  gezelte. 
Sondern  gleich ,  wie  die  schnür  abmifst  den  balken  des  Schiffes      410 
Unter  des  Zimmerers  hand,  des  erfahrenen,  welcher  die  Weisheit 
Aller  kunst  durchdachte,  gelehrt  von  Pallas  Athene: 
Also  stand  gleichschwebend  die  schlacht  der  kämpfenden  völker; 
Ringsher  kämpften  sie  kämpf  um  die  meerschifP«  andre  bei  andem. 
Hektor  erschien  vor  Ajas,  dem  ruhmverklärten,  ein  gegner.  415 
Bcid*  um  Eines  der  schiff'  arbeiteten;  aber  nicht  konnte. 
Weder  er  ihn  austreiben,  und  glut  in  den  schiffen  entflammen. 
Noch  ihn  jener  verdrängen,  nachdem  ihn  genähert  ein  Dämon. 
Ajas  der  held  schofs  jezo  des  Klytios  söhne  Kaietor 
Seinen  spcer  in  die  ^rust,  da  er  glut  zum  schiffe  dahertrug.      420 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall,  und  der  brand  entstürzte  dex  rechten. 
Aber  wie  Hektor  ersah,  dafs  ihm  sein  tapferer  vetter 
Niedersank  in  den  staub,  am  dunkelen  schiffe  des  meeres; 


FÜNFZEHNTER  GESANG.  75 

Vlahnct*  er  Troer  zugleich  und  Lykier ,  laut  ausrufend : 

Troer,  und  Lykier  ihr,  und  Dardaner,  kämpfer  der  nähe!    425 
Mimmermehr  doch  entweichet  de«  kampfs  graunvollem  gedräng'  hier ; 
Sondern  errettet  den  söhn  des  Klytios,  dafs  die  Achaier 
Nicht  ihm  die  wehr  abziehn ,  der  im  kreis  der  schiffe  dahinsank» 

Sprachs ,  und  entsandt'  auf  Ajas  imschwung  diehlinkende  lanze. 
Lwar  ihn  selbst  verfehlt*  er;  doch  Mastors  söhne  Lykofron,      430 
Ajas  genossen  im  ^reit,  dem  Kytherier,  welcher  bei  jenem 
Wohnete,  seit  er  um  mord  wegflog  aus  der  edlen  Kythere: 
Diesem  traf  er  ins  haupt  mit  dem  wurf&piefs  über  dem  ohre, 
Dicht  wie  an  Ajas  er  stand ;  und  riiklings  herab  auf  die  erde 
Sank  er  vom  hinterverdek  in  den  staub ;  es  erschlaften  die  glieder.     435 
Ajas  schaute  bestürzt,  und  sogleich  zum  bruder  begann  er : 

Teukros,  o  trautester,  sieh,  uns  sank  ein  treuer  gePahrte» 
Mastors  söhn ,  den  wir  beide ,  seitdem  er  kam  .von  Kythere  t 
VVerth  wie  vater  und  mutter  in  unserem  hause  geachtet ! 
Ihn  schlug  HektOT  anizt,  der  gewaltige  I   Wo  die  geschwinden  440 
Todesgeschoss'  und  der  bogen,  den  dir  geschenket  ApoUon? 

Jener  sprachs ;  doch  der  bruder  vemahms ,  und  naht'  ihm  in  eile , 
Haltend  zugleich  in  der  band  das  schnellende  hom,  und  denköcher, 
Pfeilevoll;  und  schleunig  entsandt'  er  geschosse  den  Troern* 
Kleitos  zuerst  nun  traf  er,  den  blühenden  söhn  Peisenors,         44S 
Ihn  des  Polydamas  freund,  des  gefeierten  Panthoiden, 
Welchem  die  zügcLer  lenkt':  er  war  um  die  rosse  geschäftig. 
Lenkend  dahin  ^  wo  vor  allen  am  dichtesten  tobten  die  schlachtreihn, 
Hektorn  und  den  Troern  gefallig  zu  sein:  doch  sofort  ihm 
Nahte  das  weh,  dem  ihn  keiner  cntrifs  der  strebenden  freunde.   450 


76  ILIAS. 

Denn  ihm  traf  von  hinten  der  schmerzende  pfeil  in  den  nacken ; 
Und  er  entsank  dem  geschirr,  und  zuriik  ihm  zukten  die  rosser 
Leer  das  geschirr  hinrasselnd.    Polydamas  aber  erkannt*  es 
Schnell,  und  eilte  zuerst  den  flüchtigen  rossen  entgegen. 
Diese  gab  er  Astynoos  drauf »  dem  söhn  Protiaons  ,  4Si 

Welchen  er  sehr  anmahnte,  die  ross'  ihm  nahe  zu  halten. 
Schauend  auf  ihn  ;  dann  eilt'  er,  und  drang  iri  das  vordergetümmel 

Teukros ,  ein  andres  geschofs  auf  den  stralendeh  Hektor  ergreifend 
Zielt' ;  und  er  hätte  gehemmt  den  kämpf  bei  den  schiffen  Achaia  s 
Hätt*  er  den  tapfersten  held  mit  treffendem  pfeile  getödtet.  461 

Doch  nicht  seiner  vergafs  der  waltende  Xeus ;  er  beschirmte 
Hektor,  und  raubte  den  rühm  dem  Telamonier  Teukros. 
Siehe,  die  schöngeflochtene  schnür  des  untadlichen  bogens 
Brach  er  dem  ziehenden  dort ;  und  seitwärü  flog  ihm  verwirrend 
Sein  erzschweres  geschofs ,  und  der  bogen  entsank  aus  derlinken.      46^ 
Teukros  schaute  bestürzt,  und  sogleich  zum  bruder  begann  er: 

Wehe  mir!  traun  es  vereitelt  ein  gott  uns  jeglichen  vorsaz 
Unseres  kampfs ,  der  den  bogen  aus  meiner  hand  mir  hinwegscblug, 
Und  mir  die  senne  zerrifs,  die  neugeflochten  ich  umband 
Heute  früh ,  zu  erdulden  auch  viel*  abspringende  pfeile.  4^o 

Ihm  antwortete  drauf  der  Telamonier  Ajas: 
Trautester,  ia{s  den  bogen  doch  nur  und  die  häufigen  pfeile 
Ruhn,  nachdem  ihn  zernichtet  ein  gott,  der  die  Danaer  neidet. 
Jezo  den  ragenden  speer  in  der  hand  ,  und  den  schild  auf  der  schulter 
Kämpfe  mit  Trojas  volk,  iznd  ermahn*  auch  andere  schaaren:  4'7j 
Dafs  nicht  arbeidos,  und  siegten  sie  gleich,  sie  erobern 
Unsre  gebordettn  schiffe!  Wohlauf,  und^j^eJ^c^^^M^trcitlust! 


FÜNFZEHNTER  GESANG,  77 

Jener  sprachs ;  und  den  bogen  verwahrete  Teukios  im  zelte ; 
^^arf  alsdann  unx  die  Schulter  die  last  des  vierfachen  Schildes ; 
.uch  das  gewaltige  haupt  mit  stattlichem  helme  bedekt'  er,      480 
'on  roishaaren  umwallt;    und  fürchterlich  winkte  der  helmbusch; 
[ahm  auch  die  mächtige  lanze ,  gespizt  mit  der  schärfe  des  erzes ;. 
ief  dann  zurük ,  und  stelh'  in  eile  sich  n^ben  den  bruder. 

Hektor,  sobald  er  gesehn,  dafs  Tcukios  bogen  vcrlezt  war, 
[ahnet'  er  Troer  zugleich  und  Lykier  ,  laut  ausrufend :  485 

Troer,  und  Lykier  ihr,  und  Dardaner,  kämpfer  der  nähe! 
nd  nun  männer,  o  freund',  und  gedenkt  eiilstürmendcr  abwchr 
hl  die  gebogenen  schiffe!  Denn  schon  mit  den  äugen  ersah  ich 
inem  tapferen  manne  verlezt  das  geschofs  von  Kronion. 
eicht  ja  erkannt  wird  Zeus  obwahender  schuz  von  den  menschen ,   490 
ncn  sowohl,  die  er  hoch  mit  glänzendem  rühme  verherlicht, 
\s  die  CT  niederbeugt ,  und  nicht  zu  vertheidigen  achtet : 
ie  nun  Argos  Völker  er  schwächt,  uns  aber  beschirmet. 
if,  zum  kampfum  die  schiffe  mit  heerskraft!  Welcher  von  euch  nun 
\d  und  schiksal  erreicht',  mit  wurf  und  stofse  verwundet,        495 
Tbe  !  Nicht  ruhmlos  ists ,  für  des  Vaterlandes  errettung 
rben  :  in  Wohlfahrt  läfst  er  die  ganin  "zurük  und  die  kinder, 
id  sein  haus  und  erb'  unbeschädiget ,  wann  die  Achaier 
imgekehrt  in  den  schiffen  zum  lieben  lande  der  väter! 

Hektor  riefs ,  und  erregte  den  mut  und  die  herzen  der  noänncr.  £00 
LS  indch  auch  drüben  ermunterte  seine  genossen: 

Schande  doch,  Argos  volk!  Nun  gilts,  entweder  zu  sterben, 
er  uns  heil  zu  schaffen,  und  unseren  schiffen  errettung! 
t  ihr  vielleicht,  wenn  die  schiffe  gewinnt  der  gewaltige  Hektor. 

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78  ILIAS. 

Dals  dann  jeder  zu  fuls  heimkehr*  in  der  väter  gefilde?  505 

Höret  ihr  nicht»  wie  laut  et  die  feindlichen  schaaren  ermuntert, 
Hektor,  der  schon  die  schifie  mit  glut  zu  verbrennen  daherstürmt  ? 
Nicht  zum  tanze  fürwahr  ermahnt  er  sie,  sondern  zum  kämpfe! 
Uns  .erscheint  nun  nirgend  ein  besserer  rath  und  entschlub  mehr, 
Als  mit  gewafheter  hand  vorwärts  in  die  feinde  zu  stürzen!       510 
Besser,  die.  wähl  des  todes  beschleunigen,  oder  des  lebens. 
Als  so  lang'  hinschmachten  in  schrecken  voller  entscheidung. 
So  umsonst  bei  den  schiffen,  vertilgt  von  schlechteren  männem! 

Ajas  riefs ,    und  erregte  den  mut  und  die  herzen  der  männer. 
Hektor  erschlug  den  Schedios  nun,  den  söhn  Perimedes,  515 

Der  den  Foka'em  gebo^  doch  Ajas  strekte  des  fufsvolks 
Führer  Laodamas  hin,  den  glänzenden  söhn  Antenors. 
Auch  Polydamas  nahm  dem  Kyllenier  Otos  die  cUstung , 
Welcher,  des  Meges  geoofs,  vorschritt  den  stolzen  Epeiem. 
Rächend  flog  der  Fyleide  hinan ;  doch  Polydamas  wich  ihm     520 
Seitwärts  aus:  ihn  selbst  nun  verfehlet'  er,  weil  ihm  ApoUon 
Weigerte ,  Panthoos  söhn  im  Vorderkampf  zu  bezwingen ; 
Aber  dem  Krb'smos  rannt'  er  gerad'  in  den  busen  die  lanze ; 
Dumpf  hin  kracht*  er  im  fall,    und  jener  entzog  ihm  die  rustung. 
Gegen  ihn  flog  nun  Dolops  hinan,  wohlkundig  der  lanze,         5^ 
Lampos  söhn ,  den  Lampos ,  der  tapferste  kämpfer ,  gexeuget , 
Er  Laomedons  söhn,  den  kundigen  Stürmer  der  feldschlachc : 
Dieser  durchstach  dem  Fyleiden  die  mitte  des  Schilds  mit  der  lanze , 
Nahe  daher  sich  stürzend;  allein  ihn  schirmte  der  panzer. 
Dicht  und  stark  mit  gelenken  befestiget:  welchen  noch  Fyleus        530 
Mit  aus  Eiyre  brachte,  vom  heiligen  ström  Selle'is  ; 

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FÜNFZEHNTER   GESANG.  79 

Denn  sein  gastfreund  schenkt'  ihm,  der  völkerfiJrst  Eufetes» 
Solchen  im  streit  zu  tragen ,  zur  abwehr  feindlicher  männer: 
Der  ihm  auch  jezt  vom  leibe  des  sohns  abhielt  das  verderben* 
Ihm  nun  traf  der  Fyleide  des  schweifumflatterten  helmes  535 

Oberste  wölbung  von  erz »  mit  dem  stofs  der  spizigen  lanze ; 
Dafs  der  gemähnete  busch  ihm  abbrach;  ganz  dann  zur  erde 
Sank  er  nieder  in  staub ,  noch  neu  geröthet  von  purpur. 
Während  er  ihn  noch  kämpfend  bestand,  und  holte  den  siegsruhm; 
Kam  ihm  plözlich  ein  helfer,  der  streitbare  held  Menelaos.        540 
Seitwärts  trat  er  geheim  mit  dem  speerr  und  die  schulter  von  hinten 
Warf  er,  dafs  vorn  aus  der  brüst  die  stürmende  spize  hervordrang, 
Ungestüm  fortstrebend;  da  taumelt'  er  nieder  aufs  antliz. 
Beide  nun  sprangen  hinzu ,  die  eherne  wehr  von  den  schultern 
Abzuziehn.     Doch  Hektor  gebot  den  verwandten  und  briidern       545 
Allen  umher;  vor  allen  den  edlen  söhn  Hiketaons 
Straft'  er,  den  held  Melanippos:  der  einst  schwerwandelnde  rinder    ^ 
In  Perköte  geweidet,  da  fern  noch  waren  die  feinde; 
Aber  nachdem  die  Achaier  in  ruderschiffen  gelandet  ^ 
Kam  er  gen  Uios  wieder,  und  ragetc  hoch  vor  den  Troern;      550 
Auch  bei  Priamos  wohnt'  er ,  der  gleich  ihn  ehrte  den  söhnen. 
Diesen  straft*  izt  Hektor,  and  laut  ausrufend  begann  er:     - 

Also  jezt,  Melanippos,  versäumen  wir?  Wendet  auch  dir  nicht 
Mildes  eibarmen  das  herz,  da  todt  dein  retter  dahinsank? 
Siehst  du  nicht ,  wie  sehr  sie  um  Dolops  rUstung  sich  abmühn  ?  555 
Folge  mir !  Jezo  gilts ,  nicht  fern  von  den  söhnen  Achaia's 
[kämpfend  zu  stehn!  Entweder  wir  morden  sie,  oder  vom  gipfel 
Stürzen  sie  Ilios  veste  herab,  und  ermorden  die  bilrger! 

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80  ILIAS. 

Sprachj,  und  eilte  voran;  Ihm  folgte  der  göttliche  Streiter. 
Argos  söhn*  auch  ermahnte  der  Telamonier  Ajas:  560 

Seid  nun  männer,  ofreund',  und  schäm  erPüll' euch  die  heuen! 
Ehret  euch  selbst  einander  im  ungestüme  der  feldschlacht ! 
Denn  wo  «ich  ehrt  ein  volk,  stehn  mehrere  männer,   denn  fallen; 
Doch  den  fliehenden  hebt  nicht  rühm  sich  empor,  noch  errettung! 

Also  der  held;  und  jene»  zur  abwehr  selber  entflammt  schon ,  565 
Fafsten  all'  in  die  hcrxen  das  wort;  sie  umzäunten  die  schiffe 
Weit  mit  ehmem  gehege ,  woran  Zeus  stürmte  die  Troer. 
Text  den  Antilochos  reixte  der  rufer  im  streit  Menelaos: 

Keiner  ist  jünger  denn  du,  Antilochos,  vor  den  Achaiem, 
Weder  geschwinder  im  lauf,  noch  tapfer  wie  du  in  der  feldschlacht ;  51© 
Wenn  du  hervor  doch  springend  erlegctest  einen  der  Troer! 

Also  sprach  er,  und  eilte  zurük,  und  reizere  jenen; 
Und  er  entsprang  dem  gewühi,  und  warf  die  blinkende  lanze« 
Mit  umschauendem  blik;  und  es  flohn  aus  einander  die  Troer, 
Als  hinzielte  der  mann  :  doch  umsonst  nicht  sandt*  er  die  lanze,  5*;5 
Sondern  dem  held  Melanippos,  dem  mutigen  söhn  Hiketaons, 
Welcher  zum  kämpf  anschritt,  durchschofs  er  die  brüst  an  der  wanc: 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall ,  und  es  rasselten  um  ihn  die  waffeo 
Aber  Antilochos  sprang ,  wio  der  rasche  hund  auf  des  rehes 
Blutendes  kalb  anstürzt,  das,  weil  aus  dem  lager  es  aufipuhr,  59 
Schnell  der  laurende  Jäger  durchschofs,  und  die  glieder  ihm  löitei 
.  So ,  Melanippos ,  auf  dich  sprang  Nestors  kriegrischer  söhn  ixt , 
Abzureifsen  die  wehr.     Ihn  sah  der  göttliche  Hektor, 
Welcher  entgegen  ihm  lief ,  durch  kämpf  und  wafFenentscheidund 
Nicht,  wie  tapfer  er  war,  bestand  Antilochos  jenen;  jl 

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FÜNFZEHNTER  GESANG.  gi 

Sondcfh  entflHchtete,  gleich  dem  gewild ,  das  böses  ^ethto  hat, 
Das,  da  den  hund  um  die  rindtr  es  mordete,  oder  den  hirten, 
Wegflieht,  ebe  die  schaar  versammelte!  mannet  herandringt: 
Also  der  Nestorid';  ihm  rannten  die  Troer  und  Hektor 
Nach  mit  lautem  getös',  und  schatteten-  herbe  geschosse;  590 

Doch  nun  stand  er  gewandt,  da  der  seinigen  schaar  er  eneichet. 

Troja's  volk,  blutgierig  wie  rsmb verschlingend«  löwen , 
Stürzte  nunmehr  in  die  schiffe,  des  Xeus  auftrage  vollendend; 
Der  sie  mit  höherem  mut  stets  kräftigte ,  doch  den  Argeiem 
Schwächte  das  herz ,  und  des  ruhms  sie  beraubt',  anreizend  die  Troer. 
Denn  dem  Hektor  beschldb  sein  lathschluis  rühm  zu  gewähren  1   596 
-Priamos  söhn,  damit  er  die  schrekliche  flamme  des  feüers 
Wurf'  in  die  prangenden. schiff',  und  ganz  ausführte  der  Thetis 
Unbarmherzigen  wünsch:  drum  harrete  Xeus  Kronion, 
Leuchten  zu  sehn  den  glänz  von  einem  entflammeten  schiffe;   600 
Doch  aUdann  verhängt'  er  den  Troern  flucht  und  Verfolgung 
Immerdar  von  den  schiffen ,  und  siegesruhm  den  Achaiern. 
Also  gesinnt t  erregt*  er,  der  Danaer  schiffe  zu  stürmen, 
Hektor,  Priamos  söhn,  der  seihst  schon  glixhte  von  eifer* 
Wutvoll  tobt'  er,  wie  Ares  mit  raffendem  Speer,  und  wie  feuer    605 
Schreklich  die  berge  durditobt ,    in  verwachsener  tiefe  des  wald^ ! 
Siehe,  der  schäum  umstand  die  lippcn  ihm,  während  die. äugen 
Unter  den  düsteren  brauen  ihm  funkelten;  und  um  die  schlafen 
Wehte  der  mähnenbusch  von  dem  heim  des  kämpfenden  Hektor 
Fürchterlich!  Selbst  war  Ihm  aiß  des  äthers  höhn  ein  beschirmet  6x0 
Zeus,  der  jenem  allein  ii^  mächrigen  schaaren  der  männer 
Preis  und  herlichkeit  gabt  denn  wenige  tage  nur  waren 
.      Hom.«  Dias.  U.  Band,  o:.,.e^GoOgIe. 


«a       .  ILIAS.  : 

Ihm  gewährt ;  schon  lenkt*  ihm  das  finstere  todesverKängnis  ' 
Pallas  Athene  daher  durch  ;iiegeiule  'macht  de$  AchilLeiis. 
Er  nuh  ging  zu  durchbrechen  die  Ordnungen»  rings  versuchend ,  615 
Wo  den  dichtesten  häufen  er  sah^  und  die  treflichscen  wa&n: 
4>ennoch  versucht'  er  unisonst  eihbruch,  wie  gewaltig  er  andrang; 
Denn  stets  hemmte  die  schaar  der  geschlossenen :  gleich  wie  ein  felsen , 
HochgethÜrmt  und  grofs,  an  des  bläulichen  meeres .  gestade , ; 
Welcher  besteht  der  orkan'  iin  gesaus'  anstUnbeikleo  wandel ,     620 
Und  die  geschwollene  Hut,  die  gegen  ihn  brandend  eniporrauscht: 
^o  vor  den  Troern  bestand  i  der  Danaer  volk ,  und  entfloh  nicht. 
*Er^  d«n  stralendes  feuer  umloucfaxete-,  sprang  auf  die  heerscbaar, 
tJnd  stürzt'  ein,  wie  die  wog'  in  das  rüstige  sthif  sich  hineinstiim, 
Ung'estüm  aus  den  wölken  vom  stürme  genährt;  es  bedekt  sich  625 
Ganz  mit  schäume  das  schiff   uikd. fürchterlich  saust  in  dem  segel 
'Oben  die  wut  desorkans;  und  es  bebt  den  erschrockenen  Schiffern 
Bange  das  herz  ;  weil  -wellig: vom  tode  g^tren^t  «ie  entfliegen ; 
Also  empört'  unrohe  das  herz  der  edlen  Achaicr. 
Aber  der  held,  wie  ein  Iowe  voll  wüt  eindringt  in. die  rihdery  630 
Die  in  gewsbserter  ane  des  mächtigen  aoimpfes  umhergehn , 
Tausenden;  nur  ein  hirt  beglelttt  sie,  wenig  geübt  .noch,     ' 
•Ein  krummhorniges  lirid  zu  vortheidigcii  wider  ein  raubthier ; 
Xwar  bei  den  vordersten  bald,   und  bald  bei  den  äufsersten  rindern, 
Wandelt  er  angstlich  umher;  doch  er,  iii  die  mittesich  iftürzend  ^     635 
Mordet  den  stier,  und  sämtlich  .entfliehen  sie:  so  die  Achaicr, 
Graunbetäubt  entflohn  sie  vor  Hektors  macht  und  Krönions , 
Alle;  doch  einen  erschlug  er ,  Mykene's  hcld  Peiifetes, 
Koprcus  söhn ,  des  berühmten  ,  der  einst  des  königs  Eurystheus 

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FÜNFZEHNTER  GESANG.  83 

Botschaft  pflag  zu  bringen  der  hohen  kraft  Herakles:  640 

Ihm  ein  besserer  söhn,  dem  schlechteren  vater,  gezeuget 
War  er  in  jeglicher  tugend,  im  rüstigen  lauf,  und  im  kämpfe» 
Auch  an  verstand  mit  den  ersten  im  rath  der  Mykener  gepriesen; 
Der  nun  sank  vor  Hektor,  und  gab  ihm  höheren  siegs rühm. 
Denn  wie  herum  er  sich  drehte ,  da  stiefs  er  sich  unten  am  schttde ,  645 
Der ,  die  geschofc'  abwehrend ,  ihm  tief  an  die  knöchel  hinabhing: 
Er»  verwickelt  daran ,  sank  rükwärts,  und  um  die  schlafen 
Tönte  mit  furchtbarem  klänge  der  heim  des  fallenden  kriegers. 
Hektor  bemerkt*  es  sofort,  und  eilendes  laufs  rhm  genahet, 

,£ohrt*er  die  lanz'in  die  brüst,  ihn  dicht  bei  den  lieben  genosssen  650 
Mordend:  sie  suchten  umsonst,  obzwar  den  genossen  betraurend, 
Rettung  j  sie  selbst  erbebten  zu  sehr'  dem  göttlichen  Hektor. 

Vorwärts  hatten  sie  schon ,  und  umher  die  äufsersten  schiffe , 
Die  man  zuerst  aufzog ;  und  herein  dort  stürzten  die  Troer. 

.Argos  söhn'  izt  wichen  gcnöthiget  zwar  von  den  vordem  655 

Schiffen  zurük ;  dort  aber  beharrten  sie  bei  den  gezelten 
Schaarweis ,  nichrsich  zerstreuend  durchs  lager  umher ;  denn  es  hielt  sie 
Scham  und  furcht;  sie  ermahnten  sich  unablässig  einander. 
Nestor  vor  allen  der  greis  ,  der  gerehische  hört  der  Achaier, 
Flehet«  jeglichem  manne ,  bei  stamm  und  geschlechte  beschwörend :  660 
Seid  npn  männer,  o  freund',  und  schäm  erfüll'  euch  die  herzen, 

"  Scham  vor  anderen  mer^chen !  Noch  mehr  erinnre  sich  jedkr 
Seines  weibs,  und  der  kinder,  des  eigenthums,  und  det  eltel:ti, 
Welchem  sie  leben  sowohl ,  als  welchem  bereits  sie  gestorben  ; 
Ihrenthdlb ,  der  entfernten  ,  beschwör*  ich  jexo  euch  flehend  ,      665 
Tapfer  den  feind  zu  bestehn ,  und  nicht  zur  flucht  euch  zu  wenden ! 

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8^  ILIAS. 

Nestor  siefs ,  und  erregte  den  mut  und  die  herzen  der  mannen 
Allen  nunmehr  von  den  äugen  enmahm  Athene  des  dunkeis 
Hehres  gewolk;  und  licht  umstralte  sie  hiehin  und  dorthin. 
Nach  der  seite  der  schiff'«  und  des  allverheerenden  krieges.        £70 
Hektor  sahn  sie,  den  rufer  im  streit,  und  sahn  die  genossen, 
Jene,  die  hinterwärts  sich  entfemeten,  müde  des  kampfes, 
Und  die  mutig  den  kämpf  um  die  rüstigen  schiffe  noch  kämpften. 

Doch  nicht  mehr  des  Ajas  erhabenem  mute  gefiel  es, 
Dort  in  der  ferne  zu  stehn  mit  den  anderen  söhnen  Achaia's ;  G75 

Sondern  der  schiffe  verdeck'  umwandelt'  er,  mächtiges  Schrittes, 
Und  bewegt'  in  den  bänden  die  mächtige  Stange  des  meerkampfs» 
Wohlgefögt  mit  ringen,  von  zweiundzwanzig  eilen. 
So  wie  ein  mann,  mit  rossen  einherzureiten  verständig, 
Der,  nachdem  er  aus  vieler!  sich  vier  reitrosse  vereinigt,  680 

Rasch  aus'  dem  flachen  gefilde  zur  grofsen  Stadt  sie  beflügelt. 
Auf  dem  gemeinsamen  weg';  und  viel  anstaunend  ihm  zuschaun, 
Männer  umher  und  weibcr;  denn  sicher  stets  und  unfehlbar 
Springt  er  vom  anderen  rofs  aufs  andere;  und  sie  entfliegen: 
So  dort  Ajas ,  auf  vieler  gerüsteten  schiffe  verdecke  685 

Wandelt'  er  mächtiges  schritts;  es  erscholl  sein  ruf  in  den  ather«. 
Stets  mit  schreklichem  laute  dem  volk  der  Achaier  gebot  er, 
Dafs  sie  schiff'  und  gezclte  vertheidigten.    Aber  auch  Hektor 
Weilete  nicht  im  häufen  der  dichtumpanzerten  Troer; 
Nein ,  wie  ein  funkelnder  adler  auf  weitgeflügelter  vb'gel  ^o 

Schaaren  daher  sich  Stürzt,  die  weidend  am  ström  sich  gelagert« 
Kraniche,  oder  gäns',  und  das  volk  langhalsiger  schwane: 
So  drang  Hektor  gerad'  auf  ein  schw'arzgeschnäbeltes  meerschif 

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FÜNFZEHNTER  GESANG,  «5 

Im  anstürmenden  lauf;  ihn  schwang  von  hinten  Kronion      ^ 
Mit  allmächtiger  hand»  und  zugleich  ihm  trieb  er  die  beerschaar.  695 

Wiederum  erhqb  sich  ein  bitterer  streit  bei  den  schiffen; 
Gleich  als  flog*  unermüdet  und  nie  bezwungenes  mutes         # 
Jeder  entgegen  dem  kämpf:  so  tobten  sie  wild  an  einander. 
Dieser  gedank'  entflammte  die  streitenden:  sie,  die  Achaier 
Dachten  nicht  zu  entfliehn  vor  denschreknissen»  sondern  zu  sterben ;  700 
Aber  den  Troern  hoft'  ein  jeglicher,  muriges  herzens» 
Anzuzünden  die  schiff',  und  Achaia*s  beiden  zu  morden. 
Also  gesinnt  im  herzen,  bekämpften  sie  wütend  einander. 
Hektor  fafste  nunmehr  das  steuerende  des  meerschifs , 
Das,  leichtsegelnd  und  schön»  den  Pkotesilaos  gen  Troja  705 

Hergeführt,  allein  nicht  wiederbrachte  zur  heimat. 
Um  dies  schif  nun  kämpften  die  Troer  und  die  Achaier, 
IVild  durch  einander  gemengt,  und  mordeten.    Keiner  erschien  izt, 
Welcher  auf  bogenschub  fern  harrete,  oder  auf  speerwurf; 
Nein  ganz  nahe  zusammen  gedrängt,  einmütiges  herzens,  710 

Schwangen  sie  scharfe  heil'  und  hauende  äxt'  auf  einander. 
Auch  gewalrige  Schwerter ,  .und  zwiefach  schneidende  lanzen. 
Manches  stattliche  schwert  mit  schwarzumwundenem  hefte 
Stürzete  dort  aus  der  haad  in  den  staub,  und  dort  von  den  schultern 
Streitender  männer  herab;  und  blut  umströmte  das  Erdreich.      715 
Hektor,  nachdem  er  das  schif  anrübrete»  liefs  es  durchaus  nicht. 
Fest  den  knauf  in  den  händen  gefafst ,  und  ermahnte  die  Troer  2 

Fbuer  her,  und  erhebt  in  stürmendem  dränge  den  Schlachtruf! 
Uns  nun  sendete  Zeus  den  tag,  der  alle  vergütet: 
Dafs  wir  die  schiff'  einnehmen,  die,  troz  den  unsterblichen  landend,  ^^- 

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86  ILtAS. 

-  Uns  so  viel  Unheiles  gebracht,  durch  dei  ältesten  zagheit« 
^Welche,  so  oft  zu  kämpfen  ich  strebt'  um  die  ragenden  Steuer, 
Immer  mich  selbst  abhielten,  und  kriegesvolk  mir  versagten. 
Aber  fiethört'  auch  damal  der  waltende  Zeus  Kronion 
Unseren  sinn;  doch  jexo  ermahnet  er  selbst  und  gebietet!  725 

Hektor  sprachs ;  und  sie  stürmten  noch  heftiger  auf  die  Achaici. 
Ajas  bestand  nicht  fürdcr,  ihn  drängten  zu  sehr  die  geschosse; 
Sondern  entwich  ein  wenig,  da  todesgraun  er  xuvorsah. 
Hoch  auf  des  steuerers  bank,  vom  verdek  des  schwebenden  schiffei. 
Dort  gestellt  nun  späht'  er  umher,  mit  der  lanze  die  Troer       730 
Stets  von  den  schiffen  entfernend,  wer  loderndes  fcuer  herantrug; 
Stets  mit  schreklichem  laute  dem  volk  der  Achaier  gebot  er: 

Freund*,  ihr  helden  des  Danaerstanims ,  o  genossen  des  Ares! 
Seid  nun  mannet,  o  freund',  und  gedenkt  einstürmender  abwehr! 
TVähnen  wir  denn,  uns  stehn  noch  tapfere  hdlfer  dahinten?      135 
Oder  eilt  stärkerer  wall,  der  das  weh  abwehre ^en  männem? 
Keine  Stadt  ist  nahe,  mit  thürmender  mauer  befesrigt, 
Welche  veitheidigen  könnt',  abwechselndes  volk  uns  gewährend; 
Sondern  ja  hier  im  felde  der  dichtumpanzerten  Troer 
Liegen  v;^ir  nahe  dem  meer,  entfernt  vom  lande  der  vätcr!       740 
Drum  in  den  artnen  ist  heil,   und  nicht  in  der  laue  des  kampfcs! 

Sprachs,  und  schaltete  wütend  daher  mit  der  spizigen  lanze. 
Niihm  dann  irgend  ein  Troer  zu  räumigen  schiffen  den  anlauf , 
Flammende  glut  in  der  hand,  zur  gunst  dem  ermahnenden  Hektor; 
Diesen  verwundete  Ajas,  mit  langem  speer  ihn  empfangend.     745 
Zwölf  mit  stürmender  hand  vor  "Achaia's  schiffen  «legt*  er. 

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I  L  I  AS. 


SECHZEHNTE«     GESANG. 


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in  H  ALT. 

Dem  Patroktos  erlaubt  jtchilleus,  in  seiner  rUstung  zur  ^er* 
theidigung  der  schiffe^  aber/tifht  fgeüe^f  au^nziekn.  j/jas  wird 
überwältigt^  und  das  scktf  brennt.  AekiÜeus  treibt  den  Pair^ 
klos  sich  zu  bewafneup  und  ordnet  die  sehaaren.  Patroklos  tr#r- 
treibt  die  Troer,  erst  vom  brennenden  schiffe,  dann  vbüig.  Ver* 
folgung  und'  abschneidung  der  äufsersten.  Sarpedons  tod.  Pa^ 
troklos  ersteigt  die  mauer,  wird  aber  von  JpoUon  gehemmt,  Hek^ 
tor  fährt  gegen  Patroklos  zurük,  der  seinen  wagenlenker  Kebrio^ 
nes  tHdtet.  Den  tapferen  Patroklos  macht  ApoÜon  betäubt  und 
wehrlos;  worauf  ihm  Euforbos  den  rücken,  dann  Hektar  den 
bauch  d^rchbohrt.    Seinen  genossen  Autoniedon  verfolgt  Hektar. 


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I  L  I  A  $• 


SECHZEHNTER     GESANa 


x\ko  kämpften  sie  dort  um  das  schöngebordete  meerschit 
Aber  Patioklos  trat  zum  völkerhirt^n  AchiUeuSt 
Heifse  tfaränen  vergiebend,  der  finsteren  quelle  vergleichbar» 
Die  aus  jähem  geklipp  vorgeulst  ihr  dunklet  gewässen    . 
Mitleidsvoll  erblikt'  ihn  der  mutige  renner  Achilleus;  5 

Und  er  begann  zu  jenem,  und  sprach  die  geflügelten  worte:  ' 

Warum  also  geweint ,  Patrokleus?  gleich  wie  ein  mägdlein. 
Klein  und  zart»  das  die  mutter  verfolgt»  und:  nimmich!  sie  anfleht» 
An  ihr  gewand  sich  schmiegend»  den  lauf  der  eilenden  henunet» 
Und  mh  thränenden  äugen  emporblikt-»  bis  sie  es  aufhebt:  lo 

So  auch  dir»  Patroklos»  entrinnt  das  tröpfelnde  thränlein. 
Bringst  du  den  Mynhidonen  Verkündigung»  oder  mir  selber? 
Hast  du  etwa  allein  botschaft  aus  Ftia  vernommen? 
Siehey  noch  lebt»  wie  sie  sagen»  Menötios»  Aktors  erzeugter; 

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90  I L  I A  S* 

Auch  noch  lebt  in  dem  volke  der  äakidische  Peleus:  15 

Welche  zween  wir  am  meisten  betrauerten,  wenn  sie  gestorben. 
Oder  um  Argos  volk  Wehklagest  du,  wie  es  verderbt  wiid 
An  den  geräumigen  schiffen,  zum  lohn  des  eigenen  freveis? 
Sprich,  verhehle  mir  nichts,  damit  wir  es  beide  wissen. 

Schwer  aufseufzend  erwiedertest  du ,  gaultummler  Patroklos:  20 
Peleus  söhn,  Achilleus,  erhabenstet  held  der  Achaier, 
Xtirne  mir  nicht;  zu  schwer  ja  belastet  der  gram  die  Achaier! 
Denn  sie  alle  bereits,  die  vordem  die  tapfersten  waren, 
Liegen  umher  bei  den  schiffen,  mit  Wurf  und  stofse  verwundet: 
Wund  ist  vom  pfeil  der  Tydeide,  der  starke  held  Diomedes;     25 
Wund  von  der  lanz*  Odysseus  der  herliche,  und  Agamenmon; 
Auch  den  Eurypylos  traf  ein  fliegender  pfeil  in  den  schenkeL 
Dieser  pflegen  umher  vielkundige  ärzte  mit  heilung, 
l^indernd  die  quäl.     Du  aber  bist  ganz  .unbiegsam ,  Achilleus-! 
Nie  doch  fiiUe  der  zorn  die  seele  mir,  welchen  du  hegest,  30 

Starker  zu  weh!  Wer  anders  genieist  dein,  auch  in  dcrzukunft, 
Wenn  du  nicht  die  Argeier  vom  schmählichen. janmier  errettest? 
Grausamer !  Nicht  dein  vater  war  traun  der  reisige  Peleus , 
Noch  auch  Thetis  die  muttev,  dich  schuf  die  finstere  ifieerflut, 
Dich  hochstarrende  fetsen:  denn  starr  ist  dein  heiz  und  gefähllos!  35 
Aber  wofern  in  der  sccl'  ein*  wink  der  götter  dich  abschrekt. 
Und  dir  worte  von  Zeus  ansagte. die  göttliche  mufter;. 
Sende  zum  weniigsten  mich,  und  der  Myrmidonpn  geschwader 
Folge  zugleich,  ob  kh  etwa  ein  licht  der  Danaer  werde.     • 
Gieb  mir  auch  nm  die  schultern  die  rüstungen,  welche  du  tragest^  40 

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SECHZEHNTER   GESAlMG»  91 

3b,  mich  för  dich  ansehend,  vielleicht  vom  kämpfe  die  Troer 
\bstehn«  und  sich  erholen  die  kriegrischen  männer  Achaia's 
hrer  angst ,  •  wie  klein  sie  auch  sei  die  erholung  des  kampFes. 
Leicht  auch  können  wir  frischen  die  matt  schon  werdenden  Streiter 
iükwärts  drängen  xur  Stadt»  von  den  schüfen  hinweg  und  geielten.   45 

Also  sprach  er  flehend,  der  thörichte!  Siehe,  sich  selber 
Sollt*-  er  jezo  den  tod  und  das  schrekliche  schiksal  erflehen ! 
Unmutsvoll  antwortete  dra>if  der  renner  Achilleus; 

Wehe  mir,  edeler  held  Patrokleus,  welcherlei  rede! 
Weder  ein  wink  der  gÖtter  bekümmert  mich,  welchen  ich  wahrnahm ;  50 
Nbch  hat  worte  von  Xeus  mir  gesagt  die  göttliche  mutter. 
Nur  Der  bittere  schmerz  hat  seel*  und  geist  mir  durchdrungen, 
(A'enn  den  gleichen  nunmehr  ein  mann  zu  berauben  gedenket,     " 
Und  sein  ehrengeschenk  zu  entziehn,   da  an  macht  er  vorangeht! 
Bitterer  Ichmerz  ist  mir  solches;  ich  trug  unendlichen  kummer!    55 
|ene,  die  mir  auskohren  zum  ehrengeschenk  die  Achaier, 
Und  mif  der  lanz'  ich  gewann,  die  thürmende  veste  zerstörend, 
5>.  nun  raft'  aus  den  bänden  der  völkerflirst  Agamemnon, 
\treus  sohn^  als  war*  ich  ein  ungeachtetcr  fremdling! 
\ber  vergangen  sei  das  vergangene !  Nimmer  ja  war  auch  €ö    . 

Rastlos  fort  zu  ztimen  mein  vorsaz;  denn  ich  beschloß  zwar 
füher  nicht  den  groll  zu  besänftigen,  aber  sobald  nun 
^leinen  schiffen  genaht  das  feldgeschrei  und  gettimmel.    ' 
[)u  denn  hülle  die  schultern  in  meine  gepriesene  riistung» 
Führ'  auch  das  streitbare  volk  der  Myrmidonen  zuni  kämpfe:     65  * 
^'eil  ja  mit  düsterem  graun  der  Troer  gewölk  sich  umherzogt 

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9»  ILIAS» 

Gegen  die  schiff*  amtürmend;  und  jen',^an  der  wogenden  meerflot 
Eingezwängt,  nur  wenig  des  schmalen  raums  noch  behaupten, 
Argos  söhn*,  und  der  Troer  gesamtes  reich  auf  sie  eindringt, 
Troziglich:  denn  nicht  sehn  sie  von  meinem  helme  die  stirne      70 
Nah  herstralen  mit  glänz!  Bald  hatten  sie  fliehend  die  sturzbach' 
Angefüllt  mit  todten,  wenn  Mir  Agamemnon  der  herscher 
Billigkeit  hätte  gewährt;  nun  kämpft  um  das  lager  ihr  angrif! 
Denn  nicht  Tydeus  söhn  I^omedes  schwingt  in  den  händen 
Seinen  wütenden  speer,  der  Dana^r  schmach  zu  entfernen;       75 
Nicht  auch  von  Atreus  söhne  vemehm'  ich  den  tönenden  ausruf 
Aus  dem  verhalsten  mund:  doch  Hektors  ruf,  des  erwürgeis. 
Weicher  die  Troer  ermahnt ,  umschmettert  mich !  Jene  mit  kriegsschrei 
Decken  das  ganze  gefild*,  und  besiegen  im  kämpf  die  Achaierl 
Dennoch  jezt>  o  PatroUos»  da^  weh  von  den  schiffen  entfernend,   8» 
Stürz*  in  die  Troer  mit  macht;  dafis  nicht  in  flammendem  feuer 
Jene  die  schiff*  anzünden,  und  rauben  die  fröhliche  heimkehi* 
Abet  vemim,  wie  dirs  mit  umfassendem  wort  ich  gebiete; 
Dafs  du  mich  mit  rühm  und  glänzender  ehre  verherlichst 
Vor  dem  volk  der  Achaier»  und  sie  das  rosige  mägdlein  85 

Wieder  zurük  mir  geben,  und  köstliche  gaben  hinzuthun: 
Treib*ausdenschiffensieweg,  und  wende  dich!  Ob  dir  vielleicht  aucb 
Ruhm  XU  gewinnen  verleiht  der  donnernde  gatte  der  Here; 
Doch  nicht  ohne  mich  selbst  verlange  du  sie  zu  bekämpfen» 
Troja*s  streitbare  söhne:  denn  weniger  ehrte  mich  solches.  90 

Auch  nicht  üppiges  mutes  im  streit  und  waffengetUnmiel 
Führe  du»  mordend  die  Troer»  das  volk  vor  Ilios  mauern; 


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SECHZEHNTER   GESANG.  93 

Dafs  nicht  her  vom  Olympos  det  ewigwaltenden  götter 

Einer  dir  nah';  es  liebt  sie  der  treiFende  Föbos  Apollon: 

Sondern  zurük  dich  gewandt,  nachdem  du  den  schiiFen  errettung   95 

Schufst,  und  lafs  die  andern  im  feld'  umher  sich  ermorden. 

W^enn  doch,  o  vater  Zeus,  und  Pallas  Athen',  und  Apollon, 

\uch  kein  einziger  Troer  sich  rettete,  aller  die  da  sind, 

^uch  der  Danaer  keiner;  und  Wir  nur  entflöhn  der  verrilgung; 

Dafs  wir  allein  abrissen  die  heiligen  zinnen  von  Troja!  100 

Also  redeten  Jen'  im  wechselgespräch  mit  einander. 
Ajas  bestand  nicht  fiirder;  ihn  drängten  zu  sehr  die  geschosse. 
Denn  ihn  bezwang  Zeus  heiliger  rath,  und  die  mutigen  Trper, 
Werfend  geschofs ;  dafs  schreklich  der  leuchtende  heim  um  die  schlafen, 
Rings  umprallt  von  geschofs,  aufrasselte;  denn  es  umprallt'  ihm  105 
Stets  dai  gebuckelte  erz;  und  links  erstarrte  die  schulter,* 
Stets  vom  schilde  beschwert ,  dem  prangenden :  dennoch  vermocht'  ihn 
Keiner  umher  zu  erschüttern,   wie  viel  des  geschosses  herandrang. 
Häufig  indels  und  schwer  auf  athmet'  er,  und  es  entflofs  ihm, 
Rings  von  den  gliedern  herab,  der  angstschweils ;  nimmer  erholung  1 10 
IVard  ihm  vergönnt;  ringsher  ward  graun  an  graun  ihnir  gereihet. 

Sagt  mir  anizt,  ihr  Museii,  olympische  höhen  bewohnend, 
^ie  nun  feuer  zuerst  einfiel  in  der  Danaer  schiffe. 

Hektor,  heran  sich  stürzend  auf  Ajas  eschene  lanze, 
Schwang  das  gewaltige  schwert,  und  dicht  an  der  Öse  des  erzes     115 
Schmettert'  er  grade  sie  durch;  und  der  Telamonier.  Ajas 
Lukt'  umsonst  in  der  hand  den  verstümmelten  schaft,  da  geschleudert 
?ern  die  spize  von  ezz  mit  getöh  hinsank  auf  den  boden. 


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94  ILIAS* 

Ajas  erkannte. nunmehr»  in  erhabener  seel'  aufschauemd» 
Göttergewalt 9  dafs  gänzlich  des  kampfs  anschlage  vereitle  iic 

Der  hochdonnernde  Zeus,  und  den  Troern  gönne  den  siegsruhm; 
Und  er  entwich  dem  geschofs.    Da  warfen  sie  brennendes  feuer 
Schnell  in  das  schif',  und  plöxlich  unlöschbar  lodert*  umher  glut 
Also  ergofs  um  das  Steuer  die  flamme  sich..    Aber  Achilleus 
Schlug  sich  die  hiiften  vor  schmerz,  und  redete  so  zu  Patrokleus: 

Hebe  dich ,  edeler  held  Patrokleus ,  reisiger  kämpfer !  i2( 

Denn  ich  seh'  an  den  schüfen  der  feindlichen  flamme  gewalt  schon 
Dafs  sie  nicht  nehmen  die  schiiF*,  und  gehemmt  sei  jeglicher  ausweg 
Hüll*  in  die  wafirn  dich  rasch ;  und  ich  selbst  versammle  die  völker 

Jener  sprachs ;  und  Patroklos  umschlols  sich  mit  blendendem  erze 
Eilend  fugt'  er  zuerst  um  die  beine  sich  bergende  schienen,        151 
Blank  uvid  schon,  anschliefsend.  mit  silberner  knöchelbedeckung. 
Weiter  umschirmt'  er  die  brüst  ringsher  mit  dem  ehernen  harnisdii 
Künstlich  und  sternenhell,  des  äakidischen  renners; 
Hiüigte  sodann  um  die  schuher  das  schwert  voll  silberner  buckeln,    13; 
Eherner  kling' ;  und  darauf  den  schild  auch ,  grbfs  und  gediegen ; 
Auch  das  gewaltige  haupt  mit  stattlichem  helme  bedekt'  er. 
Von  rofshaaren  umwallt;  und  fürchterlich  winkte  der  helmbusch; 
Auch  zwo  mächdge  lanzen,  gerecht  in  den  bänden,  ergrif  er. 
Nur  nicht  nahm  er  den  speer  des  untadlichen  Peleiönen,  14c 

Schwer  und  grofs  und  gediegen;   es  könnt'  ihn  der  Danaer  keinei 
Schwingen,  allein  vermocht'  ihn  umherzu schwingen  Achilleus: 
Pelions  ragende  esche,  die  Cheiron  schenkte  dem  vater, 
Pelions  gipfel  enttraun,  zum  mord  den  heldengeschlechtem. 


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SECHZEHNTER  GESANG,  .95 

Aber  Automedon  hieb  er  in  eil'  anschirren*  die  rosse,     -  145 

Ihn  den  trautesten  freund  nach  dem  schaarentrenner  Achiileus, 

Der  ihm  bewährt  w^  vor  allen,  im  kämpf  zu  bestehen  den  hohnruf. 

Und  Automedon  führt'  in  das  joch  die  hurtigen  rosse 

Xanthos  und  Balios  beide,  die  rasch  hinflogen  wie  winde; 

Diese  gebar  dem  Xefyros  einst  die  Harpye  Podarge,  150 

Weidend  auf  grüner  au  an  Okeanos  strömenden  wassern. 

Nebengespannt  dann  liefs  er  den  mutigen  Pedasos  wandeln, 

Den  aus  Eerions  Stadt  siegreich  einst  führet'  Achiileus , 

Der,  zwar  sterblich  gezeugt,  mit  unsterblichen  rossen  einherlief. 

Aber  die  Myrmidonen  bewafnete  wandelnd  Achiileus  155 

Rings  durch  alle  gezelte  mit  rüstttngen.    Jene,  wie  wölfe, 
Gierig  nach  fleisch,  und  das  herz  voll  unermefslicher  kübnheit,    < 
Welche  den  mächtigen  hirsch  mit  geweih,  den  sie  würgten  im  bergwald, 
Fressend  umstehn ,  sie  alle  von  blut  um  die  backen  geröthet ; 
Jezo  gehn  sie  geschaart,  und  am  finsteren  sprudel  des  quelles     160 
Lecken  sie,  dünn  die  Zungen  gestrekt,  das  dunkle  gewisser 
Obenhin,  ausspeiend  den  blutigen  mord;  und  unzähmbar 
rrozt  in  dem.  busen  ihr  herz,  und  gedehnt  sind  allen  die  bauche: 
Mso  der  Myrmidonen  erhabene  fürsten  und  pfleger, 
l'Vild  iwi  den  edlen  genossen  des  äakidischen  renniers  165 

Stürmtyi  sie;    unter  der  schaar  stand  kriegrisches  mutes  Achi]leus, 
Laut  anmahnend  die  ro&s',  und  me  schildgewapneten  männer. 

Fünfzig  waren  der  schiffe,   die,  hurtiges  laufs.,  dem  Achiileus 
Einst  gen  Tioja  gefolgt ,  Zeus  lieblinge ;  aber  in  jedem 
tVaren  fünfzig  männer,  die  ruderbänke  bedeckend/  170 


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96     \  ILIAS* 

Diesen  ordnet*  ef  fiinf  kriegsobersten,  welchen  er  traute, 
Vorxustehn;  und  er  selber  gebot  obwaltend  den  herschem. 
Eine  der  Ordnungen  fährte  Menesthios,  rasch  in  dem  panier« 
Er  ein  söhn  Spercheios,  des  himmelentsprossenen  Stromes: 
Ihn  gebar  Polydora,  des  Peleus  liebliche  tochter,  1*7; 

Durch  Spercheios  kraft,  das  weib  zum  gotte  gelagert; 
Doch  als  vater  genannt  ward  Boros,  der  söhn  Perieres,    « 
Welcher  sie  ÖiFentlich  nahm  nach  unendlicher  bräutigamsgabe« 
Drauf  die  andere  führt*  Eudöros,  jener  beherzte 
Jungfraunsohn ,  den  die  schönste  zu  reigentanz  Polymele,     ,     iB< 
Fylas  tochter,  gebar:  denn  der  nuichtige  Argoswürger 
Liebte  sie,  äk  er  im  chor  der  Sängerinnen  sie  wahrnahm 
Tanzend  an  Artemis  fest,  der  götnn  mit  goldener  spindel; 
Eilend  stieg  er  zum  söUer  empor,  und  umarmte  sie  heimlich, 
Hermes,  der  rener  aus  noth;  und  den  glänzenden  söhn  Eudoros   iS! 
Trug  ihr  schoofs,  der  im  laufe  so  rasch  war,  und  in  der  feldschladu 
Aber  nachdem  ihn  jezo  die  ringende  EUeithya 
Xog  an  das  tageslicht,  und  der  sonne  glänz  er  gesehen; 
FUhrete  Jen'  Echekles,  der  nächtige  söhn  des  Aktor, 
Heim  in  seinen  palast,  nach  unendlicher  bräutigamsgabe ;  19 

Fylas  indefs,  der  greis,  erzog  den  knaben,  und  pflegt'  ihn 
Mit  treuherziger  lieb',  als  wk'rs  sein  leibliches  söhnlein.    . 
Dann  der  dritten  gebot  der  streitbare  held  Petsandros, 
Mämalos  söhn,  der  berühmt  vor  den  myrmidoni&chen  kampfern 
Strebt'  an  künde  des  Speers,  nach  Achilleus  freunde  Patroklos.       tj 
Daim  vor  der  vierten  ging  der  graue  rcisigf  Fonix ; 


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SECHZEHNTER  GE3ANG.  97 

Und  vor  def  fünften  der  held  AUdmedon,  söhn  des  Laerkes« 
Aber  nachdem  sie  alle,    zusamt  den  gebietem,  Achilleus 
Wohl  gereiht   und  gestellt,  jext  rief  er  den  ernsten  befehl  aus: 

Keiner,  o  Myrmidonen,  vergesse   mir  alle  die  drohung,      200. 
Die  bei  den  rüstigen  fchiiFen  ihr  angedroht  den  Troern, 
Stets  dieweil  ich  gexumt;  und  wie  sehr  mick  jeder  beschuldigt: 
Sträflicher  Peleusfohn,    ja  mit  gall'  erzog  dich  die  mntter! 
Grausamer,  der  an  den  schiffen  mit  zwang  die  genössen  zuriikhältt 
Heimwärts  lafs  uns  vielmehr  in  rüstigen  schüfen  des  meeres       205 
Ziehn ,   da  dir  doch  also  von  bösem  zorne  das  herz  tobt ! 
Oft  so  redetet  ihr  in  Versammlungen.    Nun  ist  erschienen» 
Sehet,  der  tag  des  gcfechts,  nach  welchem  so  lang'  ihr  geschmachtet! 
Jezt,    wem  das  mutige  herz  es  gebeut,    der  bekämpfe   die  Troer! 
Jener  sprachs,  und  erregte  den  mut  und  die  herzen  der  männer;  210 
Enger  noch  schloffen  die  reihn ,  nachdem  sie  den  könig  vernommen« 
Wie  wenn  die  mauer  ein  mann  fest  fügt  aus  gedrängeten  steinen, 
Einem  erhabenen  hause,  die  macht  der  winde  vermeidend : 
Alfo  fugten  sich  heim'  und  genabelte  schild'  an  eiiiander , 
Tartsch'  an  tartsche  gelehnt,  an  heim  heim,  krieger  an  krieger ;  215 
Und  die  umflatterten  helme  der  nickenden  rührten  geengt  sich 
Mit  hellschimmemden  zacken*   so  dichtvereint  war  die  heerschaar. 
Vornan  gingen  dem  zuge  die  wohlgewapneten  krieger 
Beide,   Patroklos  der  held  und  Automedon,  mutiges  henens, 
Einzuhaun-  vor  der  schaar  nacheifernder.     Aber  Achilleus  220 

Eilte  zuiük  ins  gezelt,  und  hob  den  deckel  des  kascens^ 
Weichen,  schon  und  kümtUch,  die  silberfdfsige  Thetis 
Homers  lUaSf  IL  Band«  G 

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98  I L I A  S^ 

Ihm  mitgab  in  das  schif,  ganz  voll  leibröckc  gcdranget. 
Auch  dikwolliger  decken,   und  windabwehrender  mäntel. 
Drin  auch  lag  ihm  ein  becher  voll  kunstwerk :  nimmer  aus  diefem   225 
Hatt*  ein  anderer  mann  des  funkelnden  weines  getrunken. 
Noch  er  einem  gesprengt  der  unsterblichen,  aufser  Kronion. 
Den  nun  hob  aus  dem  kästen  undvreinigte  jener  mit  schwefel 
Erst  9    und  wusch  ihn  darauf  in  lauteren  fluten  des  wassers ; 
Wusch  dann  selber  die  händ',  und  schöpfte  des  funkelnden  weines ;  230 
Trat  in  die  mitte  des  hofs,   und  betete,    sprengte  ddn  wein  dann. 
Schauend  gen  himmel  empor,   und  nicht  unbemerkt  von  Kronion r 

Xeus,  dodonischer  könig,   pelasgischer ,    ferne  gebietend. 
Herscher  im  frostigen  hain  Dodona's,   wo  dir  rlie  Seiler 
Reden  vom  geist,  ungewaschen  die  ftils',  auf  erde  gelagert!      235 
So  wie  fchon  du  zuvor  mich  höretest,  als  ich  dich  anrief, 
Wie  du  ehre  mir  gab&t,   und  furchtbar  fch^igst  die  Achaier; 
Alfo  auch  nun  von  neuem  gewähre  mir  dieses  verlangen. 
Selbst  zwar  bleib'  ich  alhier ,    im  kreis  der  schiffe  beharrend ; 
•Aber  den  freund  entsend'  ich  mit  häufigen  Myrmidonen  240 

Hin  zur  schlacht.    O  gesell'  ihm  sicgsruhm ,  Ordner  der  weh  Zeus ! 
Stärke  sein  herz  im  busen  mit  tapferkeit,  dafs  nun  auch  Hektor 
Lernen  mög',  ob,    allein  auch,  den  kämpf  zu  tragen  verstehe 
Unser  waffengenofs,   ob  nur  dann  die  unnahbaren  band'  ihm 
Wüten ,  wann  Ich  ihm  zugleich  eingeh'  ins  getümmel  des  Ares !  245 
Aber  sobald  von  den  schiffen  er  streit  und  getöse  verdränget; 
Unverlezt  mir  alsdann  in  die  rüstigen  schiffe  gelang'  er„ 
Samt  dem  waffiengeschmcid'  und  den  nah'  anstürmenden  freundpn ! 


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SECHZEHNTER    GESANG.  99 

Also  sprach  er  flehend ;    ihn  höretc  Xeus  Kronion.  , 

Doch  ein  anderes  gab  ihm  der  gott,  ein  andres  versagt'  er:        25 
Weg  von  den  fchifFen  xu  drängen  den  streit  und  das  kriegesgetöse , 
Gab  er;   allein  versagte,  gesund  aus  dem  streite  zu  kehren. 
Jezö,  nachdem  er  gesprengt,  und  Xeus  dem  vater  geflehet, 
Eilt*  er  zuriik  ins  gezelt,   und  legt'  in  den  kästen  den  becher, 
Kam  dann  wieder,  und  stand  vor  dem  zek;  noch  wünscht' er  im  herzen, 
Anzuschaun  der  Troer  und  Danaer  blutige  feldschlacht.  ^56 

Jene,   zusamt  Patroklos,  dem  mutigen,   wohlgerüstet, 
Zogen  einher,   in  die  Troer  mit  troziger  kraft  sich  zu  stürzen. 
Schnell  wie  ein  schwärm  von  wespen  amheerweg,  strömten  sie  vor  wäirtSr 
Die  mutwillige  knaben  erbitterten  nach  der  gewohnheit,  26a 

Immerdar  sie  reizend,  die  hart  am  wege  gebauet, 
Thörichte!   denn  sie  bereiten  ja  vielen  gemeinsames  übel; 
Jene,  sobald  einmal  ein  wandernder  mann  im  vorbeigehn 
Absichtlos  sie  erregt,  schnell  tapferes  mutes  zur  abwehr 
Fli^en  sie  alle  hervor,  ihr  junges  geschlecht  zu  beschirmen:     265 
Also  die  Myrmidonen,   von  tapferem  mute  beseelet,^ 
Strömten  sie  vor  aus  den  schiffen ;  und  graunvoll  brüllte  der  Schlachtruf. 
Aber  Patroklos  gebot  mit  ballendem  ruf  den  genossen: 

Myrmidonen,   erwählte  des  Peleiadeil  Achilleus, 
Seid  nun  m^änner,  o  freund',  und  gedenkt  einstürmender  abwehr :  a^Q 
Dais  wir  Peleus  söhn  verherlichen ,  ihn ,  der  voranstrebt 
Allen  in  Argos  Volk,    dem  stürmen  zum  kämpf  die  genossen; 
Auch  er  selbst ,   der  Atreide ,    der  völkerfürst  Agamemnon  , 
Kenne  die  schuld ,  du  den  besten  der  Danaer  nichts  er  geehret! 


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loo  ILIAS. 

Jener  sprachs,  und  erregte  den  mut  und  die  heizen  der  männer.  275 
Wild  ein  drang  in  die  Troer  die  faeerschaar ;  und  in  den  schiffen 
Donnerte ,  dumpf  nachhallend ,   der  wutausruf  der  Achaier. 

Doch  wie  die  Troer  ersahn  Menötios  tapferen  spröfsiing. 
Ihn,   und  seinen  genossen,    in  stralendem  waiFengeschmeide ; 
Regtesich  allen  das  heiz,  und  es  schwankten  ▼er>vint  die  geschwader,  2g# 
Wähnend,   es  hab*  an  den  schiffen  der  mutige  renner  Achilieus 
Abgelegt  den  zürnenden  groll,   und  erkohren  die  freundfchaft ; 
Jeglicher  schaut*  umher,    zu  entfliehn  dem  grausen  verderben. 

Aber  Patroklos  zuerst  entschwang  die  blinkende  ianze, 
\Grad*  in  die  mitte  hinein,  wo  am  dichtesten  schwoll  das  getümmel,  285 
Hinten  ^m  dunkclen  schif  des  erhabenen  Protesilaos ; 
Und  er  traf  den  Pyrärhmes,   der  reisiges  volk  der  Päonen 
Führt'  aus  Amydon  her,  von  des  Axios  breitem  gewässers 
Rechts  war  die  schülter  durchbohrt ;  und  rüklings  hinab  auf  den  boden 
Taumelt' er,  laut  wehklagend;  und  rings  die päoni&chen freunde  290 
Flüchteten,    alle  von  schrecken   betäubt  vor  dem  edlen   Patroklos», 
Als  den  gcbieter  er  schlug,  den  tapfersten  einst  in  der  feidschlachc. 
Jener  vertrieb  von  den  schiffen,  und  lö*chte  die  lodernde  flamm'  aus. 
Halbverbrannr  blieb  stehen  das  schif,    und  mit  grausem  getümmel 
Flohn  die  Troer  in  angit';  nach  stürzten  die  D^naeihaufen         29J 
Durch  die  geräumigen  schiff';    und  es  tobt*  unernuefslicher  aufruhr. 
Wie  wenn  einst  von  des  grofscn  gcbirgs  hochragendem  felshaupt 
Dickes  gewölk  fortdrängte  der  donnercr  Zeus  Kroüion ; 
Hell  sind  alle  die  warten  der  berg*,   und  die  zackigen  gipfel, 
Thiüer  auch ;  aber  am  himmel  eröfnet  sieh  endlos  der  iuhcr :     300 


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SECHZEHNTER  GESANG.  loi 

'  Sot  da  hinweg  sie  gedrängt  die  feindliche  glut  von  den  schüfen, 
Athmeten  auf  die  Achaier;  doch  nicht  war  ruhe  der  feldschlacht. 
Denn  nicht  (lohn  die  Troer  vor  Argos  kriegrifchen  männern , 
Schon  die  rücken  gewandt ,  von  den  dunkelen  schiffen  de^  meeres ; 
Nein,  noch  boten  sie  troz,  und  wichen  aus  zwang  von  den  schiffen.  305 
Nun  schlug,  mann  vor  niann,iinzerstreueten  kämpf  der  entscheid  ung» 
Jeglicher  fürst:   doch  zuerst  Menotios  tapferer  sprölsling,  , 

Schnell  wie  jener  sich  kehrte,  durchschofs  Areilykos  schenke! 
Mit  scharfspiziger  lanze,    dab  grad*  hindurch  ihm  das  erz   drang; 
Krachend  zerbrach  das  gebein.,  und  vorwärts  hin  auf  den  boden  310 
Taumelt*  er.    Doch  Menelaos»   der  kriegrischc,   bohrte  dem  Thoas 
Neben  dem  schild'  in  die  offene  brüst  9  imd  löste  die  glieder. 
«Fyleus  söhn,  denAmfiklos,   der  wild  anrannte,    bemerkend, 
Zukt'  ihm  entgegen  die  lanz'  in  das  obere  bein ,    wo  am  diksten 
Strozt  die  wade  des  menschen  von  fleisch ;  es  zerrifs  ihm  die  sehnen  3 1 5 
Rings  das  durchbohrende  erz ,   und  die  äugen  umschattete  dunkeL 
Nestors  söhn':   auf  Atymnios  rasch  mit  der  spizigen  lanze 
Fuhr  Antilochos  an,   und  durchstiefs  ihm  die  weiche  des  bauches; 
Und  er  entsank  vorwärts;  da  schwang  mit  der  lanze  sich  Maris 
Nah  an  Antilochos  her,  voll  zorns  um  den  leiblichen  bruder,    320 
Vor  den  erschlagnen  gestellt:  doch  de?  göttliche  held  Thrasymedcs 
Strekte  den  speer,  eh  jener  verwundete;  nicht  ihn  verfehlend, 
Drang  in  die  Schulter  das  erz ;  qnd  hinweg  vom  gelenke  des  armes 
Rissen  die  muskeln  zerfleischt,  ab  brach  der  zerschmetterte  knochen ; 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall,  und  die  äugen  umschattete  dunkel.   325 
Also  dort,   zween  hrüdcTn  gebändiget,   gingen  die  briidet 

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IÖ2  ILIAS. 

Beid'  in  des  Ercbos  nacht,   Sarpedons  tapfre  genossen« 
Lanxenkundige  söhn'  Amisödaros,   der  die  Chimära 
Nährte,  das  ungeheuer,  das  viel  hinrafte  der  menschen. 
Ajas,    Oiieus  söhn,  sprang  vor,   und  ergrif  Kleobulos  330 

Lebend,  indem  das  gedräng*  ihn  hinderte;   aber  sofort  ihm 
Löst'  er  die  kraft,  einhauend  das  mächtige  schwert  in  den  nacken: 
Ganz  ward  warm  die  klinge  vom  sprizenden  blut;  und  die  äugen 
Übernahm  der  purpurne  tod  und  das  grause  Verhängnis« 
Siehe,  Peneleos  rannt*  und  Lykon  zugleich  an  einander;  335 

Denn  mit  lanzen  verfehlten  sie  beid*,   und  warfen  vergebens; 
Jezt.mit  dem  schwert  einander  bestürmten  sie:    Lykon  zuer&t  nun 
IVaf  den  gekegelten  heim  an  denn  rofsbusch ,   aber  am  hefte 
Sprang  ihm  die  klinge  zerknikt ;  doch  uhter  dem  ohr  in  den  nacken  339 
Hieb  Peneleos  ein,    ganz  tauchte  das  schwert,    und  die  haut  nur 
Hing,  und  seitwärts  schwebte  das  haupt,  es  erschlaften  die  g;Iieder. 
Aber  den  Akamas  haschte  Meriones  hurtiges  laufes. 
Als  er  den  wagen  bestieg,   und  stach  ihm  rechts  in  die  schuker; 
Und  er  entsank  dem  ge&chirr,  und  nacht  umhüllte  die  äugen. 
Aber  Idomeneus  traf  in  Erymas  mund  mit  des  erzes  345 

Stofs;  und  es  drang  aus  dem  nacken  die  eherne  lanze' durchbohrend 
Unter  dem  hime  hervor,  und  zerbrach  die  gebeine  des  hauptes; 
Und  ihm  entstürzten  die  zahn',  und  blut  erfüllte  die  äugen 
Beid',   auch  athmet'  er  blut  aus  dem  offenen  mund'  and  der  nase 
Köchelnd  empor ;  und  des  todes  umnachtende  wölke  bedekt' ihn.  350 

Diese  Danaerfursten  ermordeten,    jeder  den  seinen. 
Wie  wenri  wölf  in  lämmer  sich  stüizeten,  oder  in  ziklein, 


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SECHZEHNTER  GESANG.  103 

Grimmvoll,  weg  sie  zu  rauben  aus  weidender  heerd'  im  gebirge. 
Welche  vom  hirten  versäumt  sich  zerstreuete;   jen\  es  ersehend, 
Nahn  in  eir,  und  durchwürgen  die  mudos  bebenden  thierlein :  355 
So  in  die  Troer  nun  stürzten  die  Danaer;   nur  des  entfliehen^ 
Dachten  sie,  und  des  geschreis,  und  vergafsen  der  stürmenden  abwehr. 

Ajas,  der  grössere,    strebte  den  erzümschimmerten  Hcktor 
Stets  mit  dem  speer  zu  erreichen;  doch  Er  voll  kriegeserfahrung , 
Vom  stierledernen  schilde  gedekt  um  die  mächtigen  schultern ,  360 
Nahm  in  acht  der  pfeile  geschwirr  und  das  sausen  der  lanzen. 
Xwar  bereits  erkannt*  er  der  schlacht  umwechselnden   siegsruhm; 
Aber  auch  so  verweilt*  er^   und  rettete  theure  genossep. 

Wie  vom  Olympos  daher  ein  gewölk  den  himmel  umwandelt, 
Aus  hellstralendem  äther,  wann  Xeus  sturmwetter  verbreitet :  365 
So  von  den  schiffen  zurük  war  angst  und  geschrei  und  Verfolgung. 
Nicht  in  geordnetem  zuge  durchdrangen  sie«  Hektorn  enttrug  zwar 
Sein  schnellfufsig.gespann  mit  den  rüstungen;  aber  zurük  blieb 
Trojä's  Volk,  da  mit  zwang  die  gegrabene  tiefe  sie  hemmte. 
Viel'  in  dem  graben  umher  der  wagenbeflügelnden  rosse  370 

Liessen  zerschellt  an  der  deichsei  zurük  die  geschirre  der  eigner. 
Aber  Patroklos  verfolgte,  mit  macht  die  Achaier  ermunternd, 
Unglük  drohend  dem  feind*,  und  rings  mit  geschrei  und  getümmel 
Füllten  sie  jeglichen  weg,  die  zerstreueten;  hoch  zu  den  wölken 
Wirbelte  ifinsterer  staub ;  und  es  sprengten  die  stampfenden  rosse  375 
Langgestrekt  nach  der  Stadt ,  von  den  schiffen  hinweg  und  gezelten. 
Er,    wo  der  dichteste  schwärm  hintummeke,   sprengte  Patroklos 
Nach  mit  tönendem  ruf;   und  vorwärts  unter  die  räder 

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104  ILIAS^ 

Stürzten  die  mannet  in  staub,   und  zerdittete  se^sel  erkrachten« 
ijber  den  graben  hinweg  nun  sprang  der  unsterblichen  rosse      380 
Schnelles  gespann  ,  die  dem  Peleus  die  ehrenden  götter  geschenlet , 
Vorwärts  eilend  im  stürm;  denn  auT  Hektor  reiz.te  der  mut  ihn, 
Dafs  sein  'speer  ihn  ereilte ,    der  schnell  mit  den  rossen  dahinfloh. 
Wip  wenn  stürmischer  regen  das  dunkele  land  ringsum  dekt, 
Am  nachherbstlichen  tage,  wann  reissende  wasser  ergiesset        385 
7.eus,   heimsuchend  im  zom  die  frevelthaten  der  männer, 
Welche  gewaltsam  richtend  im  volk  die  geseze  verdrehen  r 
Und  äusstossen  das  recht,  sorglos  um  die  räche  der  götter; 
Ihnen  sind  hoch  nun  alle  die  flutenden  strönie  geschwollen. 
Viel  abhäng' auch  verschwemmen  die  schrof  ausJiShlenden  wasser ;  390 

N 

Und  in  das  purpurne  meer  mit  lautem  geräusch  sich  ergiessend, 
1  aumeln  sie  hoch  vom  gebirg';und  verheert  sind  die  werke  der  menschen: 
Also  die  troischen  rosse ,   da  laut  mit  geräusch  sie  dahinflohn. 

Doch  wie  Patroklos  nunmehr  abschnitt  die  nächsten  geschwader, 
"WiedersuiükzudenslchifFen  verscheucht*  er  sie,  und zuderstadc  nicht  995 
Liefs  er  die  sehnsuchtsvollen  hinaufxj^hn;  sondern  im  mittel 
Dort  der  schiiF'  und  des  Stromes,   und  dort  der  erhabenen  mauer. 
Mordet*  er  stürmend  umher,  und  Schafte  sich  viele  Vergeltung. 
Siehe,    den  Pronoos  warf  er  zuerst  mit  blinkender  lanze 
Neben  dem  schiid'  in  die  offene  brüst,  und  löste  die  glieder;     400 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall.    Dann  Enops  söhne,  dem  Thestor, 
Nahend  mit  grosser  gewalt:  der  safs  in  dem  zierlichen  sessel. 
Eingeschmiegt ;  denn  die  angst  betäubte  sein  herz,  und  den  banden 
W^r  das  gezäum  entsunken:  da  stiess  ihm  jener  ereilend 

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SECHZEHNTER  GESANG*  105 

Rechts  in  den  backen  den  speer,  und  ganz  die  zahne  durchbohrt'  er ;    40^ 
UbeiF  den  rand  dann  zog  er  am  schaft  ihn :  gleich  wie  ein  fischer^ 
Auf  vorragender  klippe  gesezt,   den  gewalugen  meeriisch 
AuFwärt«  zieht  aus  den  fluten  an  schnür  und  «eherner  angel: 
So  an  blinkender  lanze  den  schnappenden  zog  er  vom  sessel, 
Schüttelt*  ihn  dann  aufs  ge&icht ;  und  cler  fallende  hauchte  den  geist  aus. 
Er  nun  warf  Eryälos,  der  gegen  ihn  lief,   mit  dem  steine  411  ^ 

Grad'  auf  die  mitte  des  haupts ;  und  ganz  von  einander  zerbarst  e^ 
Unter  dem  lastenden  heim,  und  vorwärts  hin  auf  den  boden 
Taumelt'  er;    aber  des  todes  entseelender  schauer  umflofs  ihn.  ' 
Weiter  den  Erymas  dann,  und  Amfoteros,  und  den  Epaltes,    415 
Pyres,  und  Echios  dann,  und  Tlepolemos,  söhn  des  Damastor, 
Ifeus  dann,  und  Euippos,  und  Argeas  söhn  Polymelos» 
Alle  sie  strekt'  er  gehäuft  zur  nahrungsprossenden  erde. 

lezt  wie  Sarpedon  ersah  die  gurtlos  geharnischten  freunde 
Unter  Patroklos  band,    des  Menötiaden,  gebändigt:  420 

Lnut  ermahnt'  er  und  schalt  der  Lykier  göttliche  heerschaar : 

S<;hande  doch,  Ly kia's  volk !  wo  entflieht  ihr  ?  Riisrig  erscheint  nunt 
Denn  Ich  will  begegnen  dem  manne  da;   dafs  ich  erkenne. 
Wer  da  umher  so  schaltet,    und  schon  viel  böses  den  Troern 
Stiftete;  weil  er  vieler  und  tapferer  kniee  gelöset!  425 

Sprachs,und  vom  wagen  herab  mit  den  rüstungen  sprang  er  zur  erde. 
l\uch  Patroklos,  sobald  et  ihn  schauete,  sprang  aus  dem  sessel. 
Beide  den  habichren  gleich,  scharfkiauigen ,  krummes  gebisses, 
Die  auf  luftigem  fels  mit  tönendem  schrei  sich  bekämpfen: 
\lso  mit  lautem  getöti  nun  stürzten  sie  gegen  einander,  430 

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io6  ILIAS. 

Diese  schaut'  erbarmend  der  söhn  des  verborgenen  Kronos; 
Und  zur  Here  begann  er,  der  leiblichen  Schwester  und  gattin: 

Wehe  mir,  wann  das  geschik  Sarpedon,  meinen  geliebten« 
Unter  Patroklos  hand,  des  Menötiaden,  mir  bändigt! 
Zwiefach  forschet  den  rath  mein  sinnendes  hen  im  busen:        435 
Ob  ich  ihn  lebend  annoch  aus  der  thränenbtingenden  feldschlacht 
Stelle  hinweggeraft  in  Lykia's  fruchtbare  Auren; 
Oder  ihn  unter  der  hand  des  Menötiaden  bezwinge. 

Ihm  antwortete  drauf  die  hoheitblickende  Here: 
Welch  ein  wort,  Kronion,  du  schreklicher !  hast  du  geredet?     440 
Einen  sterblichen  mann,  längst  ausersehn  dem  Verhängnis, 
Denkst  du  anizt  von  des  tods  graunvoller  gewalt  zu  erlösen? 
Thu's !    doch  nimmer  gefällt  es  dem  rath  der  anderen  götter ! 
Eines  verkiind'  ich  dir  noch,  und  Du  bewahr*  es  im  herzen. 
Wenn  du  lebend  entsendest  in  seinen  palast  den  Sarpedon;       445 
Dann  erwäg*,  öh  nicht  ein  anderer  gott  auch  begehre, 
Seinen  geliebten  söhn  der  schreklichen  schlacht  zu  entfuhren* 
Denn  noch  viel*  umkämpfen  des  herschenden  Priamos  vestc. 
Söhn*  unsterblicher  götter ;  die  trügen  dir  heftigen  groll  nach. 
Auf  denn,^ wofern  du  ihn  liebst,  und  deine  seel'  ihn  betrauert;  450 
Siehe,  so  lafs  ihn  zwar  im  ungestüme  dec  feldschlacht 
Sterben,    besiegt  von  der  hand  des  Menötiaden  Patroklos; 
Aber  sobald  ihn  verlassen  der  geist  und  der  ödem  des  lebens, 
Gieb  ihn  hin  wegzutragen  dem  Tod*  und  dem  ruhigen  Schlafe , 
Bis  sie  gekommen  zum  volk  des  weiten  Lykierlandes ;  455 

Wo  ihn  rühmlich  bestatten  die  brüder  zugleich  und  verwandten 

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SECHZEHNTER   GESANG.  107 

^llt  grabhügel  und  seule ;    denn  das  ist  die  ehre  der  todten. 

Here  sprachs ;  ihr  gehorchte  der  menschen  und  ewigen  vater. 
iiehe,  mit  blutigen  tropfen  betraufeit*  er  jezo  die  etde, 
ehrend  den  theueren  söhn,  den  bald  ihm  sollte  Patroklos  4^0 

rügen  in  Troja's  lande ,  dem  scholligen ,  fern  von  der  heimat<| 

Ais  sie  nunmehr  sich  genaht,  die  eilenden  gegen  einander; 
fezo  traf  Patroklos  den  hicrlichcn  held  Thrasymelos, 
3er  ein  tapfrer  genofs  Sarpedons  war,   des  gebieters; 
Diesem  durchbohrt'  er  unten  den  bauch,  und  löste  die  gliedet.    4^5 , 
\uch  Sarpedon  verfehlt*  ihn  selbst  mit  der  blinkenden  lanze, 
Wer£end  den  anderen  wurf;  doch  Pedasos  stürmt*  er»   dem  rosse, 
Rechts  in  die  schulter  den  speer ;  und  es  röchelte  schwer  aufathmend, 
itürzete  dann  in  den  staub  mit  geschrei ,  und  das  leben  entflog  ihm. 
icheu  zerstoben  die  zWeen,  und  es  knarrte  das  joch»  und  die  zügel  470 
^^irrten  sich,    als  in  dem  staube  das  nebenross  sich  herumwarf. 
\ber  der  lanzenschwinger  Automedon  steurte  dem  unheil: 
Sein  langschneidiges  schwertvqn  der  nervichten  hüftesich  teisseiid, 
^aht*  und  zerhieb  er  den  Strang  des  getödteten,  nicht  unentscheidend; 
Jnd  nun  stellten  sich  beid*,  und  zogen  gerad' in  den  strängen.   475 
kVieder  bekämpften  sich  Jen'  im  vertilgenden  kämpfe  des  todes. 
Doch  Sarpedon  verfehlt*  auch,  jezt  mit  der  blinkenden  lanze ; 
3enn  links  über  die  schulter  Patroklos  stürmt*  ihm  des  erzes 
ichärf*,  und  verwundete  nicht.     Nun  schwang  der  edle  Patroklos 
leinen  speer ;  nicht  eitel  entflog  das  geschoss  aus  der  rechten ;    480 
londern  es  traf,  wo  ums  herz  des  zwerdifells  hülle  sich  windet; 
und  er  sank,  wie  die  eiche  dahinsinkt,    oder  die  pappel, 

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108  ILIAS* 

Oder  die  stattliche  tanne ,   die  hoch  auf  bergen  die  kün^Ier 
Ab  mit  geschliffenen  äxten  gehaun,   zum  balken  des  schiffes? 
Also  lag  er  gestrekt  vor  dem  rossebespanneten  wagen ,  4SS 

Knirsch(5nd  in  angst,  mit  den  händen  des  bludgen  staubes  ergreifend. 
So  wde  den  stier  ermordet  ein  löw\  in  die  heerde  sich  stürzend. 
Ihn,    der  feurig  und  stolz  vorragt  schwerwandelnden  rindern; 
Doch  dumpf  unter  dem  rächen  des  malrhenden  stöhnt  er  den  geist  aus : 
So  dem  Patroklos  erlag  der  geschildeten  Lykier  heerfürst,  49G 

Mudgen  geist  ausathmend ,  und  rief  dem  theureh  genossen  f 

Glaukos ,  o  freund  ,  du  des  kampfs  gewaltiger,  jezo  gebührt  dir 
Lanzenschwinger  zu  sein,   und  unerschrockener  krieger! 
JezQ  sein  dir  erwünscht  kriegsschreknisse ,  wenn  du  beherzt  bist! 
Erst  ermuntere  nun  der  Lykier  edle  gebieter,  49S 

Wandelnd  um  jegliche  schaar ,  zu  vertheidigen  ihren  Skrpedon ; 
Aber  sodann  auch  selber  für  mich  mit  dem  erze  gekämpfet! 
Denn  dir  werd'  ich  hinfort  zur  schmach  und  daurenden  schände 
Sein  durch  alle  geschlechter  in  ewigkeit,  wo  die  Achaier 
Mir  die  waffen  entziehn,  der  im  kreis  der  schiffe  dahinsank!     500 
Auf  denn,  übe  gewatt,  und  ermuntere  jeglichen  Streiter! 

Als  er  dieses  geredet,  umschloss  der  endende  tod  ihm 
Augen  und  nas'-    Er  aber,  die  fers'  auf  den  busen  gestemmet, 
Zog  aus  dem  leibe  die  lanz';  es  folgt*  ihr  die  hülle  des  herzens; 
Also  entrifs  er  die  secle  zugleich ,  und  die  schärfe  des  Speeres.     sqJ 
Myrmidönen  hielten  des  königes  schnaubende  rosse , 
Welche  zur  flucht  sich  empörten,  der  eigener  wagen  verlassend. 
'  Glaukos  scele  durchdrang  wehmut  bey  der  rede  des  freunde?; 

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SECHZEHNTER  GESANG,  109 

Jnd  ihm  stünnte  das  herx ,   dafs  nicht  er  vermochte  zu  helfen, 
i'assend  di iikt'  er  den  arm  mit  der  hand ;  denn  es  quälte  die  wund'  ihn   5 10 
ieftig,  die  Teukros  ihm,  dem  stürmenden ,  schofs  mit  dempfeile, 
\ls  er  der  ragenden  mauer  vertheidigung  schafte  den«  freunden. 
Laut  nun  fleht'  er  empor  zum  treffenden  Föbos  ApoUon : 

Herscher,  vemim;  ob  vielleicht  du  in  Lykia*s  fruchtbarem  lande 
3ist,   ob  in  Troja  vielleicht:  du  kannst  aus  jeglichem  ort  ja      515 
[iören  den  leidenden  mann ,  wie  anjext  mich  leiden  umdränget ! 
Diese  wund*  hier  trag*  ich,  die  «chrekliche!  Ganz  wird  der  arm  mir 
V^on  titfbrennenden  schmerzen  gepeiniget;   nicht  auch  zu  hemmen 
Ist  das  quellende  blut,  und,  beschwert  mir,  starret  die  schulter! 
Nicht  den  Speer  zu  halten  vermag  ich  noch,  oder  zu  kämpfen,   520 
Unter  die  feinde  gemengt:    und  der  tapferste  mann,    Sarpedon 
Starb,   Xeus  söhn!   der  sogar  des  eigenen  kindes  nicht  achtet! 
Hilf  denn  Du ,  o  herscher ,   die  schrekliche  wunde  mir  heilend  ! 
Schläfere  ein  die  schmerzen,  und  stärke  mich:  dafs  ich  die  männer 
Lykia>  rufend  umher  aufmuntere,   tapfer  zu  streiten;  525 

Und  auch  selbst  um  die  leiche  des  abgeschiedenen  kämpfe ! 

Also  rief  er  flehend ;    ihn  hörete  Föbos  ApoUon. 
Plözlich  ftillt*  er  die  schmerzen,  und  htrmmt  in  der  schreklichen  wunde 
Sein  schwarzrinnendes  blut,  und  haucht'  ihm  mut  in  die  seele, 
[glaukos  aber  erkannt'  es  im  geist,   und  freute  sich  herzlich ,     530 
3afs  so  schnell  sein  flehen  der  mächtige  gott  ihm  gewähret« 
Irst  ermuntert'  er  nun  der  Lykier  edle  gebieter, 
i\^andelnd  um  jegliche  schaar,   zu  vertheidigen  ihren  Sarpedon. 
\ber  sodann  auch  die  Troer  durchwaqdelt'  er,  nxächdges  schnttes, 


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iia  IHAS. 

Hin  zu  Polydamas,  Panthoos  söhn,  und  dem  edlen  Agenor,    53J 
Auch  zu  Aneias  darauf,   und  dem  erzumschimmerten  Hektor; 
Nahe  trat  er  zu  ihnen ,   und  sprach  die  geflügelten  wbrte : 

Hektor,   so  ganz  nunmehr  vergassest  du  deiner  berufnen. 
Welche  für  dich ,  den  freunden  entfernt  und  dem  vatergefilde , 
Hier  aushauchen  den  geist;    Pu  aber  versagst  sie  zu  retten*       54 
Siehe,  Sarpedon  sank,   der  geschildeten  Lykier  heerförst. 
Welcher  Lykia*5  heil  durch  gerechtigkeit  und  durch  gewalt  hob; 
Unter  Patroklos  speer  bezwang  ihn  der  eherne  Ares. 
Eilet  hinzu,  ihr  geliebten ,   und  nehmt  zu  herzen  die  kränkung, 
Wenn  ihn  die  Myrmidonen  enrwafncten,  wenn  sie  den  leichnam    54 
Schändeten ,    über  den  tod  der  Danaer  aller  erbittert , 
Die  um  die  hurtigen  schiffe  wir  ausgerilgt  mit  den  lanzen ! 

Glaukos  sprachs;  und  die  Troer  umschlug  seh werlasteDderkummc 
Ungestüm,  unerträglich;  denn  eine  seule  der  Stadt  war 
Jener,   wiewohl  aus  fremdem  gcschlecht:  viel  tapferes  Volkes     55 
Führt'  er  daher,    er  selbst  der  tapferste  held  in  der  heerschaar. 
Gradan  drangen  sie  wild  in  die  Danaer;  aber  voran  ging 
Hektor,  von  eifer  entbrannt  um  Saipedon.    Auch  die  Ach^ier 
Trieb  des  Menötiaden  Patrokleus  männliches  herz  an. 
Srst  zu  den  Ajas  begann  er,  die  selbst  schon  glühten  in  kampflust:  55 

Ajas  ihr,    nun  müsse  der  feind'  abwehr  euch  erwünscht  sein 
So  wie  vordem  mit  männern  ihr  schaltetet,  oder  noch  tapfrer! 
Seht,  er  liegt,  der  zuerst  einstürmt'  in  der  Danaer  mauer. 
Er  Saipedon  der  held!  O  dafs  wir  entstellten  den  leichnam, 
Dafs  wir  die  wehr  von  der  Schulter  ihm  raubeten,  und  der  genossen  5^ 


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SECHZEHNTER   GESANG.  iii 

Manchen   im  melt  um  ihn  selber  mit  grausamem  erze  bezähmten ! 

Jener  sprachs;  auch  waren  sie  selbst  schon  gierig  des  kampfes. 
Aber  da  beiderseits  sie  die  macht  der  geschwadei  verstärket, 
Troer  und  Lykier  dort,    hier  Myrmidon'  und  Achaier; 
Rannten  sie  an,  um  die  leiche  des  abgeschiednen  zu  kämpfen,  565 
Mit  graunvoUem  geschrei;  und  es  rasselten  waffen  der  männer. 
2eus  mit  entsezUcher  nacht  umzog  das  getiimmel  des  mordes, 
Dafs  um  den  trauten  söhn  noch  entsezHcher  tobte  die  kriegswut* 

Troja's  söhn'  izt  drängten  die  freudigen  krieger  Achaia's: 
Denn  es  sank  nicht  der  feigste  der  myrmidonischen  männer,     570 
Er  vom  held  Agakles  erzeugt,  der  edle  Epeigeüs: 
Welcher  mit  macht  gewaltet  im  wohlbewohnten  Budeion 
Ehmais;  aber  nachdem  er  den  treflichen  vetter  getödtet, 
Sucht'  er  bei  Peleus  schuz  und  der  silberfüssigen  Thetis ; 
Welche  zugleich  mit  Achilleus,  dem  schaarentrenner,  ihn  sandten    575 
Gegen'  Ilios  veste,  zum  kämpf  mit  den  reisigen  Troern. 
Der  nun  fafste  den  todten ;    da  warf  der  stralende  Hektor 
Ihm  mit  dem  steine  das  haupt ;  und  ganz  von  einander  zerbarst  es 
Unter  dem  lastenden  heim,  und  vorwärts  hin  auf  den  leichnam 
Taumelt'  er ;  aber  des  tode^  entseelender  schauer  umfloss  ihn.     580 
Schmerz  ergrif  den  Patroklosi  da  todt  sein  freund. ihm  dahinsank. 
Gradan  stürmt'  er  durchs  vordergefecht,  mit  der  schnelle  des  habichts, 
Welcher  den  flüchtigen  schwärm  der  staar'  und  dohlen  verfolget : 
So  in  der  Lykier  schaar,  Patrokleus,  reisiger  kämpfer. 
Stürmten  du  ein,und  derTroer;  es  zürnte  das  herz  um  den  freund  dir.  5S5 
Sieh,  er  traf  Stheneläos,   Ithämenes  söhn,  an  den  nacken 


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HZ  ILIAS* 

Mit  dem  gewaltigen  stein,  und  terschmettcrte  ganx  ihm  die  sehnen. 
Rükwärts  wichen  die  ersten  des  kampfs,  und  der  stralendc  Hcktor. 
Weit  wie  die  lanx'  im  schwänge ,   die  langgeschaftete ,  hinfliegt , 
Wenn  sie  ein  mann  aussendet  mit  kraft ,  entweder  im  kampFspiel,  590 
Oder  im  schlachtgefild'  >  umdroht  von  mordenden  feinden : 
So  weit  wichen  die  Troer ,  gedrängt  von  den  söhnen  Achaia's. 
Glaukos  aber  zuerst ,  der  geschildeten  Lykier  heerfiirst» 
Wandte  sich  um,  und  erschlug  den  grossgesinnten   Bathyklcs» 
Chalkons  treflichen  söhn,  der,  ein  haus  in  Hellas  bewohnend,  595 
Reich  an  gut  und  habe  vor  Myrmidonen  hervorschien: 
Diesem  nunmehr  stiefs  Glaukos  die  lanz'  in  die  mitte  des  busens, 
Gegen  ihn  plözlich  gewandt,  ab  schon  ihn  ereilt  der  Verfolger; 
Dumpf  hin  kracht*  er  im  fall.     Da  ergrif  wehmut  die  Achaier , 
Als  der  tapfere  sank ;  doch  die  Troer  freuten  sich  herzlich ;        600 
Und  sie  umstanden  gedrängt  den  liegenden:    auch  den  Achaiern 
War  nicht  säumig  der  mut,  vordrangen  sie  grad*  in  die  heerschaar. 
Aber  Meriones  traf  den  Laogonos  unter  den  Troern; 
Tapfer  und  kühn,  den  söhn  des  Onctor,  welcher  ein  priester 
War  des  idäischen  Zeus,    wie  ein  gott  im  volke  geehret:  605 

Den  an  backen  und  ohr  durcfischmettert'  er ,  dafs  aus  den  gliedern 
Schnell  der  geist  ihm  entfloh;    und  grauliches^  dunkel  umfing  iha 
Gegen  Meriones  schwang  den  ehernen  Speer  Aneias; 
Denn  er  hoft*  ihn  zu  treffen,  wie  unter  dem  schild'  er  dahertrat. 
Jener  indess  vorschauend  vermied  den  ehernen  wurfspicss,  61c 

Vorwärts  niedergebükt ;  da  flog  der  gewaltige  Speer  ihm 
Über  das  haupt  in  die  erde »    dafs  hinten  der  schaft  an  dem  speen 


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SECHZEHNTER  GESANG.  113 

Zitterte;  doch  bald  ruhte  die  kraft  des  mordenden  erzes* 
Dessen  ergrimmt'  Aneias.  im  mutigen  geist,  und  begann  so: 

Bald,  o  Meriones»  hätte  dich  leichtgewendeten  tänzer  615 

Meine  ianz'  auf  immer  beruhiget,  hätt'.ich  getroffen. 
Aber  der  speerberiihmte  Meriones'  sagte  dagegen: 
Schwer  wird  dirs,  Aneias,  wiewohl  du  ein  mächtiger  held  bist» 
Aller  menschen  gewalt  zu  bändigen,  wer  dir  entgegen 
Kommt,  zum  streite  gcfafst;  auch  Du  b{st, sterblich  geboren,     620 
Wenii  ich  selber  dich  traf,  erzielt  nüt  der  schärfe  des>erzes: 
Bald,   wie  tapfer  du  bist,  und  mächtigen  banden  vertrauend^ 
Gäbst  du  mir  rühm,  und  dieseele  dem  spotnei[  der  gaul' Auloneus ! 

Jener  sprachs ;  da  straft'  ihn  Menötiös  tapferer  spröfsling : 
Warum,  edler  im  streit,   Meriones,  schwazest  du  also?  625 

Trautester,  nie  ja  werden  vor  schmähenden  Worten  die  Troer 
Weichen  vom  todten  zuriik»  eh  manchen  noch  deket  d^s  erdreich« 
Denn  im  arm  ist  entscheidung  des  kriegs ,  und  des  worj^s  im  rathe. 
Dnim  nicht  rede  zu  häufen  gebührt  ,uns ,  sondern  zu  kämpfen ! 

Sprachs ,  und  eilte  voran ;  ihm  folgte  der  göttliche  Streiter.     630 
Jezo  wie  laut  das  getös'  hplxhauender  männer  emporsteigt 
Aus  des  gebirgs  waldthal',    und  fern  in  die  rund'  es  gehört  wird; 
So  dort  stieg  ein  getön  von'  dei;  weitum wanderten  ctd^ ,     . 
Erzes  zugleich  und  leders  und  wohlbereiteter  'stierhaut ;    , 
Unter  dem  stofs  der  Schwerter  und  zwiefachschneidenden  lanzen.  633 
Keiner  noch  war',  auch  ein  achtsamer  mann,  der  den  edlen  Sarpedon 
Kennete;  so  mit;  ^eschos^en ,  mit  blut  ringsher,  und  mit  staube 
War  er.  vom  haupte  bedekt  bis  hinab  zu  den  äassersten  seien. 
Homers  Ilias.  IT.  Band.  oigtzetty Google 


114  ILIA:S, 

Stets  den  erschlagenen  noch  umschwärmten  sie:  gleich  wie  die  fliegen 
Sumsen  im  meierhof'  um  die  milcherfiilLeten  eimer»  640 

Im  anmutigen  lenx,  wann  milch  von  den  butten.hcrabtrieft: 
So  den  erschlagenen  dort  umschwärmten  sie.     Aber 'Kronion 
Wendete  nie  vom  getSmmel  der  Schlacht  die  stralenden  äugen; 
Sondern  schaut*  auf  die  Streiter  hinab ;   und  vieles  im  herzen 
Dacht'  er  über  den  tod  des  Patrokleus»  tiefnachsinnend :  645 

Ob  bereits  auch  jeneh,    in  schreckenvoller  entscheidung» 
Dort  um  den  hohen  Sarpedon  die  kraft  des  stralenden  Hektor 
Tilgt«  mit  mordendem  erz,  und  die  wehr  von  der  Schulter  ihm  raubte ; 
Oder  ob  mehreren  noch  er  schwer  anhäufte  die  miihsaL 
Dieser  gedank'  erschien  dem  zweifelnden  endlich  der  beste:       650 
Dafs  der  tapfre  genofs  des  Pelesaden  Achilleus 
Wieder  der  Troer  yolk  und  den  erzumschimmerten  Hektor 
Rükwärts  drängte  zur  Stade  ,^  und  vielen  noch  raubte  das  leben. 
Hektom  sandt*  er  zuerst  kleinmütige  furcht  in  die  seele; 
Und  er  sprang  in  den  sessel»  und  flüchtete  rufend  den  andern  655 
Troern  zu  'fliehn ;  denn  er  kannte  foonions  heilige  wage. 
Auch  nicht  Lykia's  beiden  verweileten ,  sondern  gescheucht  (lohn 
Alle,  nachdem  sie  ^n  könig  gesehn ,    der,  im  herzen  verwundet» 
Dalag  unter  dem  leichengewühl ;  denn  viel'  um.  ihn  selber 
Sanken  in  blut ,  da  den  heftigen  streit  anstrengte  Kronion,         660 
Jen*  entzogen  nunmehr  von  Sarj>edons  Schulter  die  rüstung, 
Schimmernd  von  erz,  und  hinab  zu  den  raumigen  schiffen  zu  tragen 
Gab  sie  den  kampfgenossen  Menötios  tapferer  spröfsling. 
Jezo  begann  zu  ApoUon  der  herscher  im  donnerg^wölk  Xeuss 

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SECHZEHNTER  GESANG*  115 

Föbos,    geh',  o  geliebter,  vom  dunkelen  blute  zu  säubern,    665 
Aulser  dem  kiiegesgeschoüs ,   den  Sarpedon ,   trage  darauf  ihn 
Fern  hinweg  an  den  ström,   und  spul'  ihn  rein  im  gewzjsser; 
Auch  mit  ambrosia.  salb',   und  hüll'  ihm  ambiosich  gewand  unu 
Dann  ihn  wegzutragen  vertrau  den  schnellen  geleitern, 
Beiden.dem  Schlaf  und  dem  Tode,den  Zwillingen,  welche  sofort  ihn  670 
Stellen  ins  weite  gebiet  des  fruchtbaren  Lykierlandes : 
Wo  ihn  rühmlich  bestatten  die  briider  zugleich  und  verwandten 
Mit  grabhiigel  und  seule;   denn  das  ist  die  ehre  der  todten. 

Also  Xeus;  und  dem  vater  war  nicht  unfolgsam  Apollon« 
JEilend  fuhr  er  vom  Idagehirg'  in  die  schrekliche'feldschiacht;      6*75 
Au&cr  dem  kriegesgeschofs  den  Sarpt^ion  hob  er;  und  trug  ihn 
Fern  ;hinweg. an  den  ström,    und  spült'  ihn  rein  im  gewisser; 
Auch  mit  ämbrosia  salbt' er,  und  hüllt'  ihm  ambrosisch  gewand  um. 
Dann  ihn  wegzutragen  vertraut'  er  den  schnellen  geleitern. 
Beiden  dem  Schlaf  und  dem  Tode,den  Zwillingen,  welche  sofort  ihn  680 
Stellten  ins  weite  gebiet  des  fruchtbaren  Lykierlandes >;.         , 

Aber  Patroklos,   die  rofs'  und  Automedon  laut  ermahnend, 
Jagte  den  Troern  nach  und  Lykiern,  rennend  in  unheil: 
Thörichter!   Hätt'  er  das  wort  des  P^leiaden  bewahret, 
Traun  er  entrann  dem  bösen  geschik  des  dunkelen  todos*      1  i,€8S 
Aber  Xeus  rathschluls  ist  mächtiger  stets,   denn  der  menschen: 
Der  auch  den  tapferen  mann  fortscheucht,  und  den  sieg  ihm  entwendet^ 
Sonder  muh;   dann  wieder  ihn  selbst  antreibt  zum  gefechte: 
£r  der  jenem  auch  nun  das  herz  im  busen  emflammte. 

Welchem  zogst  du  zuerst,und  welchem  zulezt  das  geschmeid'ab,  699 

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ii6  ILIAS* 

Als  dich,   Menörios  söhn  ,   xom  tod'  ixt  riefen  die  gönev? 

Ihn  den  Adrastos  zuerst,   Autonoos  dann,  und  Echeklosy 
Perimos,    Megas  söhn,  und  Epistor,  samt  Melanippos,  . 
Weiter  den  Elasos  diauf,   und  MuKos,  auch  den  Pyiartes» 
Raft' er  hinweg ;  doch  die  andern  entzitterten  alle  voll  Schreckens.  695 

.  Jezt  hatt'  Argos  volk  die  thürmende  Troja  erobert , 
Unter  Patroklos  hand;  so  tobt'  er  voran  mit  der  lanzes 
Wenn  nicht  Fobos  Apolton  auf  festgegründetem  thurme 
Dastand ,  ihm ,  das  verderben  ersann ,    und  beschirmte  die  Troer. 
Dreimal  stieg  zur  ecke  der  ragenden  mauer  Patroklos  700 

Kühn  hinan,  und  dreimal  verdrängt*  ihn  mächtig  ApoUon, 
Gegen  den  leuchtenden  schild  mit  unsterblichen  bänden  ihm  siossend« 
Als  et  das  viertemal  drauf  anstürmete,  ^tark  wie  ein  Dämon; 
Rief  mit  schrcklichem  dröhn  der  treffende  Föbos  Apollon: 

Weiche  mir,  cdcler  held  Patrokleus!  Nicht,  ja  vergönnt  ist,    705 
Dafs  dein  speer  verwüste  die  Stadt  hochherziger  Troer; 
Nicht  dem  Achilleus  einmal,   der  weit  an  kraft  dir  vorangeht! 

Also  clergott;    da  entwich  mit  eilendem  schritte  Patroklos  ^ 
Scheuend  den  furchtbaren  zorn  des  treffenden  Föbos  Apollon. 

Hektor  am  skäischen  thor  hielt  noch  die  stampfenden  rosse ;    710 
Denn  er  sann ,  ob  er  kämpfte ,  zurük  ins  getümmel  sie  treibend  , 
Oder  dem  volk  in  die  mauer  sich  einzuschliessen  geböte. 
Als  er  solches  erwog,  da  nahete  Föbos  Apollon, 
Gleich- an  gestalt,    wie  ein  mann  in  blühender  stärke  der  jugencf , 
A&ios,   welcher  ein  ohm  des  rossetummelndcn  Hektor  715 

War,  der  Hekabe  bruder,    und  sohh  des  treflicheo  Dymas, 

^  .         •       •  Digitized-by  VjOOQ  IC 


sechze;hnter  gesang.         117 

Welcher  in  Frygia  wohnt*  an  Sangarios  grünenden  ufern; 
Dessen  gestalt  nachahmend»    begann  izt  Föbos  Apollon: 

Hektor,  warum  entziehst  du  dem  kämpfe  dich  ?  Wenig  geziemt  dirs ! 
Möcht'  ich,  wie  weit  ich  dir  folge,  so  weit  an  stärke  vorangehn;    720 
Bald  dann  wärst  du  zum  graun  hinweg  aus  dem  kämpfe  gewichen ! 
Aber  wohlan ,   auf  Patroklos  gelenkt  die  stampfenden  rosse ; 
Ob  du  vielleicht  ihn  erlegst,   und  rühm  dir  gewähret    Apollon! 

Dieses  gesagt,  enteilte  der  gott  in  der  männer  getümmeL 
Und  dem  Kebriones  rief  der  helmumflatterte  Hcktor,     >  725 

Dafs  er  die  rofs*  in  die  schlacht  angeisselte.     Aber  Apollon 
Drang  in  die  schaaren  hinein ,   und  empört'  in  grauser   Verwirrung 
Aigös  Volk;    doch  die  Troer  und  Hektor  schmükt*  er  mit  ehre. 
Hektor  vermied  sonst  alle  die  Danaer,   keinen  ermordend; 
Nur  auf  Patroklos  lenkt*  er  die  machtvoll  stampfenden  rosse.     730 
Auch  Patroklos  dagegen  entsprang  vom  geschirr  auf  die  erde, 
Trug  in  der  linken  den  speer,    und  fafst'  in  die  rechte  den  marmor, 
Glänzendweiis ;  rauhzackig,   den  eben  die  faust  ihm  urtispannte. 
Angestrengt  nun  warf  er ;  und  nicht  flog  säumig  zum  manne , 
Oder  verirrt,   das  geschofs;  den  wagenlcnker  des  Hektor  735 

Traf  er ,  Kebriones ,   ihn  des  Priamos  mutigen  bastard , 
Wie  er  die  ziigel  gefafst,  an  der  stirn  mit  dem  zackigen  steine. 
Beide  brauen  zerknirscht'  ihm  der  fels,  dem  des  hauptes  gebein  nich 
Widerstand;    und  die  äugen  entflossen  zur  erd*  in  den  staub   ihm. 
Dort  vor  die  füsse  hinab;  vorwärts,  wie  ein  taucher  von  ansehn,   740 
Schofs  er  vom  prangenden  siz,  und  der  geist  verliefs  die    gebeiner 
Kränkenden  «pott  nun  riefst  du  daher,  gaukummler  Patroklos: 


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118  ILIAS, 

Wunder »  wie  ist  er  behende,  der  mann  \  wie  leicht  er  hinabtaucht ! 
Übt'  er  die  kunst  einmal  in  des  meers  fischreichen  gewässern; 
Viele  sättigte  wahrlich  der  mann  mit  gefangenen  austern ,  745 

Hurtig  vom  bord'  abspringend,  und  stürmt*  es  noch  so  gewaltig: 
So  wie  jext  im  gefild'  er  behend'  aus  dem  wagen  hinabtaucht! 
Traun,  auch  im  troischen  volk  sind  unvergleichbare  taucher! 

Also  sprach  er,  und  rasch  auf  Kebriones  stürzt*  er,  den  beiden, 
Ahnlich  dem  löwenan  wut,  der  ländliche  bürden  verödend,     750 
Jezo  durchbohrt  an  der  brüst,  hinsinkt  durch  eigene  kühnheit: 
Sq  auf  Kebriones  dort,  o  Pacrokleus,  sprangst  du  begierig. 
Hektor  auch  dagegen  entsprang  vom  geschirr  auf  die  erde. 
Beid'  um  Kebriones  kämpften »    wie  zween  blutgierige  löwen; 
Die  auf  den  höhn  des  gebirgs  um  eine  getödtete  hindin,  755 

Beide  von  hunger  gequält,  hochtrozendes  muts  sich  bekämpfen: 
So  um  Kebriones  dort  die  zween  schlachtkundigen  männer. 
Er  Patroklos,  Menötios  söhn,   und  der  stralende  Hektor, 
Strebend  einander  den  leib  mit  grausamem  erz  zu  verwunden. 
Hektor,  nachdem  er  das  haupt  anrührte,  liels  es  durchaus  nicht;  '760 
Drüben  hielt  Patroklos  am  fufs  ihn,  und  auch  die  andern 
Troer  umher  und  Achaier  vermischten  den  kämpf  der  entscheidung. 

Wie  wenri  der  ost  und  der  süd  sich  zugleich  anstrengen  im  Wettstreit, 
Durch  des  gebirgs  waldthale  den  tiefen  forst  zu  erschüttern» 
Buch'  und  erhabene  esch'  und  zähumwachsne  kornelle ;  1% 

Dafs  sie  wild  an  einander  die  ragenden  äste  zerschlagen 
Mit  graunvoUem  getös'»  und  der  stürz  der  zerbrochnen  umherkracht: 
Also  stürzten  die  Troer  und  Danaer  gegen  einander; 


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SECHZEHNTER  GESANG,  iig 

Mordend ,  nicht  hier  noch  dort  der  verderblichen  flucht  sich  erinnernd. 
Viel  erzblinkende  speer'  um  jKcbriones  stanten  geheftet,  '770 

Auch  gefiederte  pfeile,  die  schnellenden  bogen  entsprangen; 
Und  viel  mächtige  steine  zeischmetterten  krachende  Schilde 
Kämpfender. männer  umher;  er  lag  im  gewirbel  des  staubes, 
GtoIs,  auf  grossem  bezirk,  der  Wagenstunde  vergessend. 

Weil  annoch  die  sonn'  an  dem  mittagshinunel  einherging :  775 
Hafteten  jegliches  heexes  geschoss',  und  es  sanken  die  völker. 
Aber  sobald  die  sonne  zum  stierabspannen  sich  neigte; 
jezt  ward  gegen  das  schiksal  die  Obergewalt  den  Achaiern: 
Denn  sie  entrissen  den  held  Kebriones  aus  den  geschossen , 
Und  aus  der  Troer  geschrei,und  raubten  die  wehr  von  den  schultern/  780 

Aber  Patroklos  stürzte  mit  feindlicher  wut  in  die  Troer. 
Dreimal  stürzt'  er  hinein,  dem  stürmenden  Ares  vergleichbar, 
Mit  graunvoUem  getön;   dreimal  neun  männer  erschlug  er. 
Als  er  das  viertemal  drauf  anstürmete,  stark  wie  ein  Dämon; 
Jezt  war  dir ,  Patroklos ,  genaht  das  ende  des  lebens.  785 

Denn  dir  begegnete  Föbos  im  ungestüme  der  feldschlacht 
Fürchterlich.Doch  nicht  merkt*  er  den  wandelnden  durch  das  getümmel, 
Weil  in  finstere  nacht  der  begegnende  gott  sich  gehüllet« 
Hinten  stand  und  schlug  er  den  rücken  ihm  zwischen  den  schultern 
Mit  gebreiteter  hand;  da  schwindelten  jenem  die  äugen.  790 

Auch  vom  haupte  den  hekn  entschlug  ihm  Föbos  ApoUon ; 
Dieser  rollte  dahin,    und  erklang  von  den  hufen  der  rosse 
Hell,  der  gekegelte  heim;  und  besudelt  ward  ihm  der  haarbusch 
Ganz  in  blut  und  staube.    Zuvor  war  .nimmer  es  denkbar, 


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iio  ILIAS* 

Dafs  der  umflatterte  heim  besudelt  würd'  in  dem  staube;  795 

Sondern  dem  göttlichen  manne  das  haupt  und  die  liebliche  stime 
Dekt'  er,  dem  Peleionen^  allein  Xeus  gab  ihn  dtm  Hektor 
Jezt  auf  dem  haupte  zu  tragen ;  doch  nah'  ihm  war  das  verderben. 
Auch  in  den  bänden  zerbrach  ihm  die  weithinschattende  lanze, 
Schwer  und  grofs  und  gediegen,  die  eherne ;  und  von  den  schultern  800 
Sank  der  &child  mit  dem  riemen,  der  langausreichende ,   nieder. 
Auch  den  harni&ch  löst*  ihm  der  herschende  Föbos  ApoUon. 
Graun  nun  täubte  sein  herz ,  und  starr  an  den  blühenden  gliedenii 
Stund  er  erstaunt.   Doch  von  hinten  die  spizige  lanz'  in  den  rücken 
Bohrete  zwischen  den  schultern  genaht  ein  dardanischer  krieger ,  805 
Pdnthoos  söhn ,   Euforbos ,  der  vor  den  genossen  der  jugend 
Prangt'  an  lanz*,  an  reisiger  kunst,   und  an  hurtigen  schenkeb: 
Denn  »schon  zwanzig  vordem  der  kampfenden  stürzt'  er  vom  wagen, 
Als  er  zuerst  im  gcschirre  daherflog,    lernend  die  feldschiacht. 
Dieser  warf  dir  zuerst  ein  geschofs,   gaultummler  Patroklos;     810 
Doch  bezwang  er  dich  nicht :  dann  eilt'  er  zurük  in  die  heerschaar, 
Schnell  aus  der  wund^ntraiFend  den  eschenen  speer,  und  bestand  nicht 
Vor  Patroklos,  entblöfst  wie  er  war,  in  der  ernsten  entscheidung. 
Jener,  vom  schlag  des  gottes  gebändiget,  und  von  der  lanze, 
Raschln  der  freunde  gedräng' entzog  ersieh,  meidend  dasschiksaL  8i5 

Hektor,  sobald  er  sähe  den  hochgesinnten  Patroklos 
Wieder  dem. kämpf  sich entziehn ,  vom  spizigen  erzc  verwundet, 
Stürmt'  er  ihm  nahe  daher  durch  die  Ordnungen,  stiefsdann  die  lanie 
Durch  die  weiche  des  bauchs,  dafs  hinten  das  erz  ihm  hervordrang: 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall,  und  erfiiUte  mit  gram  die.  Achaier.    S^o 


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SECHZEHNTER  GESANG.  im 

Wie  dem  gewalrigen  eber  der  low'  obsieget  im  angrif, 
Wann  sie  am  haupt  des  gcbirgs  hochtrozendes  muts  sich  bekämpfen. 
Nahe  dem  winzigeii  bom;  denn  sie  sehnen  sich   beide  zu  trinken; 
Aber  der  schnaubende  stürzt,  der  gewalr  des  löwcn  gebändigt: 
Also  bezwang  den  würgcr,  Menötios  tapferen  sprössling,  teS 

Hektor,    Priamos  söhn,  und  entrifs  mit  dem  speer  ihm  das  leben* 
Laut  nunmehr  frohlokt'  er,   und  sprach. die  geflUgehen worte : 

Hai  Patroklos,  du  dachtest  die  Stadt  uns  bald  zu  verwüsten; 
Und  die  troischen  weiber,  beraubt  der  heiligen  freiheit, 
Weg  in  schiffen  zu  führen  zum  lieben  lande  der  väter^  &30 

Thörichter!  jenen  zum  schuz  sind  Hektors  hurdge  rosse 
Angestrengt  zu  durchjagen  die  feldschlacht ;  selber  auch  streb*  ich  , 
Unter  den  troischen  beiden  voran  mit  der  lanz',    und  entferne 
Ihnen  der  knechtschaft  tag!    Hier  fressen  dich  jezo  die  geier! 
Elender!    nichts  hat,  stark  wie  er  ist,  dir  geholfen  Achilleus,     8S5 
Welcher  gewiüs  dort  bleibend  dir  gehenden  mancherlei  auftrug? 
Kehre  mir  ja  nicht  eher ,  Patrokleus ,  reisiger  kämpfer , 
lu  den  gebogenen  schiffen ,  bevor  des  mordenden  Hektor 
Blutigen  panzerrok  ringsher  um  die  brüst  du  zerrissen ; 
Also  sprach  er  vielleicht,  und  bcwog  das  thörichte  herz  dir!      840 

Schwaches  lauts  antwortetest  du,  gaultummler  Patroklos: 
Immerhin,  o  Hektor,  erhebe  dich!     Dir  ja  gewährte 
Siegsruhm  Zeus  der  Kronid*  und  Apollon,  die  mich  bezwungen. 
Sonder  müh;  denn  sie  selber  entzogen  die  wehr  von  den  schultern. 
Solche  wie  du,  wenn  mir  auch  zwanzige  wären  begegnet,        845 
Alle  sie  lägen  gestrekt,   von  meiner  lanze  gebändigt! 


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IM     ILIAS.    SECHZEHNTER  GESANG» 

Mich  hat  böses  geschik,  und  der  Letoide  getödtet» 

Und  von  den  menschen  Eufbrbos ;  du  rauhst  mir  der  dritte  die  waffea 

Eines  verkünd'  ich  dir  noch»  und  Du  bewahr*  es  im  herxen. 

Selbst  nicht  wirst  du  noch  lang'  einhergehn,  sondern  bereits  dir     850 

Nahe  steht  zur  seite  der  tod  und  das  grause  verhängnir, 

Dafs  du  erliegst  vor  Achilleus ,    dem  göttlichen  Aakiden. 

Als  er  solches  geredet ,  umschlofs  der  endende  tod  ihn ; 
Aber  die  seel'  ahs  den  gliedern  entflog  in  die  tiefe  des  Ais»  . 
Klagend  ihr  jammergeschik,  getrennt  von  Jugend  und  mannkraft.  855 
Auch  dem  gestorbenen  noch  rief  jezt  derstralende  Hektor: 

Was  weissagest  du  mir,  Patrokleus,  grauses  verderben? 
Wer  doch  weifs,  ob  Achilleus,  der  söhn  der  lockigen  Thetis, 
Nicht  von  meiner  lanze  durchbohrt  sein  leben  verhauche? 

Also  sprach  der  heid,  und  den  ehernen  speer  aus  der  wund*  ihm  860 
Zog  er,  die  fers'  anstemmend,  und  schwang  ihn  zurük  von  dem  Speere. 
Schnell  alsdann  mit  dem  speer  zu  Automedon  kam  er  gewandelt, 
Ihm  dem  edlen  genossen  des  äakidischen  renners, 
Sehnsuchtsvoll  ihn  zu  treffen;  allein  die  unsterblichen  rosse 
Retteten  ihn ,   die  dem  Peleus  die  ehrenden  götter  geschenket.    865 


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I  L  I  A  S. 


SIEBZEHNTER     GESANG. 


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INHALT. 

Streit  um  Patroklos.  Euforbos  von  Menetaos  erlegt.  Hek- 
tor,  von  Automedonsich  tpendend,  raubt  dem  Patroklos  die  rü- 
stung,  ehe  jijas,  Telamons  söhn,  ihn  verscheucht.  Drauf  in 
Achilleus  rüstung  verstärkt  er  den  angrif  auf  den  leicknatttf 
dem  mehrere  jfchaier  zu  hülfe  eilen.  Hartnäckiger  kämpf  bei 
wechselndem  glük.  Die  traurenden  rofse  des  Achilleus ,  die  Zeus 
gestärkt,  lenkt  Automedon  in  die  schlachte  wo  Hektor  und 
Aneias  umsonst  ihn  angreifen.  Um  Patroklos  wankender  sieg. 
Menelaos  sendet  den  Antilochos  mit  der  nachricht  zu  Achilleus. 
Er  selbst  und  Meriönes  tragen  den  leichnam,  indefs  beide  Jjas 
abwehren. 


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I  L  I  A  S. 

SIEBZEHNTER      GESANG. 

X^icht  unbemerkt  dem  Atieidep,  dem  kitegruchen  held  Menelaofi 

War«i   wie  Menötios  söhn  den  Troern  erlag  in  der  feldschlacht» 

Rasch  durch  das  vordergewUhl ,  mit  stralcndem  erze  gewapnet. 

Kam  und  umwandeh*  er  ihn,  wie  ihr  kalb  die  blockende  starke, 

Die  ihr  erstes  gebar,  noch  iieu  den  sorgen  der  mutter:  5 

Also  umging  den  Patroklos  der  bräunliche  held  Menelaos. 

Vor  ihn  strekt'  er  die  lanz%  und  den  schild  von  gerundeter  wöJbung, 

Ihn  XU  erschlagen  bereit,   wer  nur  annähere  jenem« 

Auch  nicht  Paiithoos  söhn,   der  speerberUhmte ,  war  achtlos 

Um  den  gefallneü  Patroklgs,  den  herlichen;  sondern  genaht  ihm    10 

Stand  er,   und  rief,  anredend  den  streitbaren  held  MenelaoS: 

Atreus  söhn,  Menelaos,  du  göttlicher,  völkergebieter, 
Weiche  zurUk  vom  todten,    und  lafs  mir  die.  blfitige  rüstung! 
Keiner  xuvor  der  Troer  und  rühmlichen  bundesgenossen 

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126  ILIAS* 

.  Hat  den  Patroklos  vcrlczt  mit  ^eschofs  in  der  ernsten  entscheidung:  15 
Drum  lafs  Mich  siegsehre  verherlichen  unter  den  Troern, 
£h  ich  dich  trefF',  und  hinweg  dein  süsses  leben  dir  raube! 
Unmutsvoll  nun  begann  der  bräunliche  held  Menelaos: 
Vater  Zeus ,  nicht  xiemt  es ,   so  trozige  worte  zu  rufen ! 
Nie  doch  trozt  ein  pardel  so  fürchterlich ,   nie  auch  ein  löwe ,    20 
Noch  der  eher  des  waldes,  der  grimmige,  welchem  vor  allen 
Grofser  zorn  im  busen  mit  drohender  stärke  daherschnaubt: 
Als  sich  Panthoos  söhne  >   die  lanzenschwinger,  erheben ! 
Doch  nicht  hatte  fürwahr  die  heldenkraft  Hyperenors 
Seiner  Jugend  genub,  da  der  schmähende  wider  mich  auftrat!   25 
Dieser  lästerte  mich  den  verworfensten  krieger  Achaia's; 
Aber  ich  mein^  er  kehrte  mir  nicht  mit  eigenen  Rissen 
Heim,  der  liebenden  gattin  zur  freud',  und  den  würdigen  elteni. 
Also  werd'  ich  auch  dir  auflösen  die  kraft,    wo  du  näher 
Gegen  mich  kommst!  Wohlan  denn,  ich  rathe  dir,  weiche  mir  eilig  Jd 
Unter  die  menge  zurük,  und  scheue  dich,  mir  zu  begegnen; 
£h  dich  ein  übel  ereilt!    Geschehenes  kennet  der  thor  auch!        I 

Also  der  held ;   doch  Er  unbewegt  antwortete  also : 
Traun  nunmehr,  Menelads,  du  göttlicher  1  sollst  du  mir  büssen, 
Dafsdu  den  bruder  erschlugst,  und  rühmend  der  that  dich  erhebest,  31 
Dafs  du  zur  wittwe  genäacht  sein  weib  in  der  biäutlichen  kamme^ 
Und  den  unnennbaren  gram  den  jammernden  ehern  bereitet!      I 
Ach  den  elenden  würd*  ich  des  grattis  erleichterung  schaffen,      ' 
Wenn  ich  zurük  dein  haupt  und  die  blutigen  rüstungen  tragend 
Überreicht'  in  Panthoos  band  und  der  göttlichen  Fronds !  4 


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SIEBZEHNTER  GESANG,  127 

Doch  nicht  länger  annqch  sei  unversucht  uns  die  arbeit, 

Und  nicht  leer  der  entscheidung,    der  tapFerkeic  und  des  entsezens! 

Also  sprach  er,  und  rannt'  aufden  Schild  von  gerundeter  wölbung; 
Doch  nicht  brach  er  das  erx;  denn  riJkwärts  bog  sich  die  spiie 
Auf  dem  gediegenen  schild.   Nun  erhob  auch  jener  die  lanxe,    43 
Atreus  söhn  Menelaos ,   und  betete  laut  zu  Kronibn ; 
Ihnrt,  wie  zurük  er  zukte,  gerad'  in  die  wurzel  des  Schlundes 
Stiels  er,   und  drängete  nach,  der  nervichten  rechte  vertrauend; 
Da£s  von  hinten  die  spiz'  aus  dem  zarten  genik  ihm  hervordrang : 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall,  un^  es  rasselten  um  ihn  die  waiFpn«    50 
Blutig  trof  ihm  das  haar,  wie  der  huldgötdnnen  gekmusel, 
Schöngelokt,   und  zierlich  mit  gold'  und  silber  durchflochten. 
Gleich  dem  stattlichen  spröfsling  des  Ölbaums,  welchen  ein  landmann 
Nährt  am  einsamen  ort,  wo  genug  vorquillt  des  gewässers; 
Lieblich  sprolst  er  empor,    und  sanft  bewegt  ihn  die  kiihlung     55 
Aller  wind'  umher,  und  schimmernde  bliite  bedekt  ihn; 
Abel  ein  stürm,  der  sich  plözlich  «hebt  mit  gewaltigen  wirbeln. 
Reifst  aus  der  grübe  den  stanun,  und  strekt  ihn  lang  auf  die  erde; 
Also  erschlug  den  Euforbos,  den  panthoidischen  kämpfer, 
Atreus  söhn  Menelaos,  und  raubt'  ihm  die  prangende  rüstung.   60 

Jezt  wie  ein  low',  im  gebirge  genährt,  voll  trozender  kiihnheit , 
Hascht  aus  weidender  heerde  diekuh,  die  am  schönsten  hervorschien ; 
Ihr  den  hacken  zerknirscht  er,  mit  mächtigen  zahnen  sie  fassend, 
Erst,  dann  schlürft  er  das  blut  und  die  eingeweide  hinunter, 
Und  zerfleischt;  rings  stehen  diehund'  und  die  männer  des  hirten,  6s 
Häufig  und  viel  anschreiend  von  fernher »    aber  auch  keiner^ 

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138  V  ILIAS. 

Wagt  ihm  entgegen  zu.gehn;  so  fasste  sie  bleiches  entsezent 
Also  wagt*  auch  keinem  das  mutige  herz  in  dem  busen. 
Dort  ihm  entgegen  zu  gehn ,    dem  rühmlichen  held  Menelaos. 
Leicht  enttrüg'  ler  nunmehr  Euforbos  prangende  rüstung»  ^o 

Atreus  söhn ,  wenti  nicht  ihn  neidete  Fobos  Apollon , 
Der  ihm  den  Hektor  erregt'»  in  der  kraft  des  stürmenden  Ares: 
Denn  er  erschien  wie  Mkntes  an  wuchs ,  der  Kikonengebieter; 
Und  er  begann  tu  jenem,  und  sprach  die  gefiügelten  wonc: 

Hektor ,  du  rennst  nun  also  einher,  unerreichbares  suchend,  75 
Nach  des  Peleiden  gespann ,  des  feurigen !  Schwer  sind  die  rosse 
Jedem  sterblichen  manne  zu  bändigen,  oder  zu  lenken, 
Ausser  Achilleus  selbst,  den  gebar  die  unsterbliche  mutter. 
/yber  indefs  hat  Atreus  erhabener  söhn  Menelaos, 
Als  er  Patroklos  umging,  dir  den  tapfersten  Troer  ermordet,        80 
Panthoos  söhn ,  Euforbos ,    den  stürmischen  mut  ihm  bezähmend. 

Dieses  gesagt,  enteilte  der  gott  in  der  männer  getümmel. 
Hektors  finsteres  herz  umfing  unermessliche  wehmut. 
Ringsum  schaut'  er  nunmehr  durch  die  Ordnungen ;  plözlich  erkannt' er 
Ihn ,  der  die  prangende  wehr  sich  erbeutete ,  ihn  auf  der  erde     SS 
Ausgestrekt,    dem  das  blut  aus  offener  wund'  hervorrann. 
Rasch  durch  das  vordergewühl ,  mit  stralendem  erze  gewapnet. 
Eilt*  er,  und  schrie  lautauf,  wie  die  lodernde  glut  des   Hefästos 
Ungestüm*     Wohl  hörte  den  schmetternden  ruf  der  Atreide; 
Unmutsvoll  nun  sprach  er  zu  seiner  erhabenen  seele:  go 

W^he  mir!   wenn  ich  anizt  verlasse  die  prangende  rüstung, 
Samt  Patroklos )  der  hier,  mein  ehrenretter,  dahinsank; 

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SIEBZEHNTER   GESANG.  139 

Eifern  wiid  mir  jeder  der  Danaer,  welcher  mich  anschaut! 
Wenn  ich  aber  allein  mit  Hektor  kämpf  und  den  Troern, 
Meidend  die  schmach;  dann,  sorg'  ich,  umringen  mich  einzelen  viele;  95 
Alle  ja  führt  die  Troer  daher  der  gewaltige  Hektor. 
Aber  warum  doch  bewegte  das  heri  mir  solche  gedanken? 
Wagt  es  ein  mann,  dem  Dämon  zum  trox,  mit  d^m  helden  zu  kämpfen» 
Den  ein  himmlischer  ehrt,  bald  rollt  auf  das  liaupt  ihm  ein  unheil. 
Darum  eifre  mir  keiner  der  Danaer,  welcher  mich  siehet  100 

Weichen  vor  Hektors  macht;  denn  er  kämpft  in  göttlicher  obhut. 
Wenn  ich  indefs  nur  Ajas,  den  rufer  im  streit,  wo  vernähme; 
Beide  wir  kehreten  dann ,   des  freudigen  kampfes  gedenkend  , 
Selbst  dem  Dämon  zum  troz,  ob  entziehn  wir  möchten  den  leichnam 
Für  den  Peleiden  Achilleus ;  denn  besserung  wär'cs  dem  unglük.  105 

Als  er  solches  efwog  in  des  herzens  geist  und  empfindung; 
Nahten  bereits  die  Troer  in  schlachtreihn,  folgend  deni  Hektor.     ' 
Jezo^wich  Menelaos  hinweg,  und  verliefs  den  erschlagnen, 
Rtikwärts  häufig  gewandt:  wie  ein  bäniger  löwe  des  bergwalds, 
Welchen  hund'  und  männer  hinweg  vom  gehege  verscheuchen   iio 
Rings  mit  speer  und  geschrei ;  sein  mutiges  herz  in  dem  busen 
Schaudert  ihm,  und  unwillig  vom  ländlichen  hof  entweicht  er: 
Also  ging  von  Patroklos  dei:  bräunliche  held  Menelaos; 
Stand  dann  zum  feinde  gewandt,  da  der  seinigen  schaarer  erreichet, 
Riftgs  nach  Ajas  schauend,  dem  mächtigen  Telamoniden.  115 

Diesen  erkannt'  er  sofort  linkshin  im  gemenge  der  feldschlacht. 
Wo  er  mit  mut  aufregte  die  freund',   und  ermahnte  zu   kämpfen ^ 
Denn  unermefsliche  schrecken  iwregete  Föbos  Apollon. 
Homers  Ilias.  II.  Baad.  I 


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130  ILIAS. 

Eilend  lief  er  dahin,  und  bald  ihm  genahet  begann  er: 

A'jJiS,  her,  o  geliebter !  zum  kämpf  um  den  todten  Pätroklos  120 
Eilen  wir;  ob  ja  die  leiche  zu  Peleus  söhne  wir  bringen, 
Nakt  wie  er  ist ;  denn  die  waffen  entzog  der  gewainge  Jiektor« 

Also  der  held,  und  erregte  das  herz  dem  feurigen  Ajas. 
Schnell  durch  die  vordersten  ging  er  mit  Atreus  söhn  Menelaos. 
Hektor ,  nachdem  er  Patrpkios  beraubt  der  prangenden  rüstung,  125 
Zog  ihn,  das  haupt  von  der  schulter  zu  haunmit  schneidendem  ene, 
Uad  den  geschleiften  rümpf  vor  die  troischen  hunde  zu   werfen. 
Aja$  naht'  ihm  nunmehr,  und  trug  den  thiirmenden  schild  vor. 
Schnell  dann  flüchtete  Hektor  zurük  in  die  schaar  dex  genos&en, 
Sprang  in  den  sessel  empor,  und  gab  die  prangende  rüstung    130 
Troern  zur  Stadt  zu  tragen,  ihm  selbst  zum  herlichen  denkmal. 
Ajas  mit  breitem  schild  den  Menötiaden  bedeckend, 
Stand  vor  ihm,  wie  ein  löwe  vor  seine  jungen  sich  darstellt; 
Väterlich  führt  er  die  schwachen  einher ,  da  begegnen  ihm  plöilkh 
Jagende  männer  im  forst;  und  er  zürnt,  wutfunkelndes  blickes,    13S 
Zieht  die  gerunzelten  brauen  herab,  und  dekt  sich  die  äugen: 
Also  erschien  dort  Ajas,  den  held  Patroklos  umwandelnd. 
Atxeus  söhn  auch  drüben ,  der  streitbare  held  Menelaos , 
Stellte  sich  dar,  sein  herz  von  unendlichem  grame  belastet. 

Glaukos  nun,  des  Hippolochpssohn,  des  Lykier  heerfiirst,  140 
Schauete  finster  auf  Hektor,    und  straft'  ihn  mit  heftiger  rede: 

Hektor,  an  Schönheit  ein  held,  der  tapferkeit  mangelt  dir  vieles! 
Traun  umsonst  erhebt  dich  der  rühm  ,  dich  zagdiden  flüchtUng! 
Sinn'  izt  nach»  wie  du  selber  die  bürg  und  die  veste  vertheidigstj 


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SIEBZEHNTER  GESANG.  131 

Du  aHein  mit  dem  volk,    in  Ilios  grenze  geboren!  14^ 

Denn  der  Lykier  keiner  bekämpft  die  Danaer  künftig, 
Euere  Stadt  xu  beschirmen^  dieweil  ja  nimmer  ein  dank  war, 
Kasdos  fort  tu  kämpfen  d<n  kämpf  mit  feindlichen  männern ! 
Welchen  geringeren  mann  vcrtheidigst  du  wohl  in  der  heerschaar^ 
Sträflicher  »  da  du  Sarpedon ,  der  gastfreund  dir  und  genofs  war,  150 
Unbeschtixt  den  Achaiem  zu  raub  und  beute  verliessest? 
Der  so  o(t  dir  nuzen  geschaft,  der  Stadt  und  dir  selber, 
Weil  er  gelebt?  Nun  za^st  du  sogar  ihm  die  hunde  zu  scheuchenl 
Dtum,  wo  einer  mir  noch  der  lykischen  männer  gehorchet, 
Kehren  wir  heim,  und  Troja  versinkt  in  grauses  verderben l      155 
Denn  wenn  jezt  die  Troer  entschlossene  kiihnheit  beseelte, 
^   Unverzagt,   wie  männer sie  kräftiget,  die  für  die  h'eimat 
Gegen  feindliche  männer  des  kriegs  arbeiten  erdulden; 
Würden  wir  bald  Patroklos  hinein  in  Ilios  ziehen. 
Und  wenn  dieser  nur  erst  in  des  herschenden  Priamos  veste'     160 
Käme ,  der  todt  hinsank ,  und  wir  dem  gefecht  ihn  entzögen ; 
Würden  alsbald  die  Argeier  Sarpedons  prangende  rüstung 
Lösen ,  auch  führeten  wir  ihn  selbst  in  Ilios  veste. 
Denn  es  sank  der  genols  des  gewaltigen,  welcher  voranstrebt 
Allen  in  Argos  Volk,  dem  stürmen  zum  kämpf  die  genossen*     165 
Und  nicht  dem  Ajas  einmal,  dem  mutigen,  hast  du  gewaget 
Fest  mit  geheftetem  blicke  zu  stehn  in  der  feinde  getümmel« 
Noch  gradan  zu  kämpfen ;  denn  weit  an  tapferkeit  ragt  et ! 
Finster  schaut'  und  begann  der  heimumflatterte  Hektor: 
Glaukos 9  wie  hast  du,  ein  solcher,   so  Übermütig  geredet?        170 


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13*  I L I A  S. 

Wahrlich,  mein  freund,  ich  glaubte,,  du  wär&t  verständig  vor  andern, 
Welche  durch  Lykia  rings  hochschollige  äcker  bewohnen. 
'  Jezo  tadr  ich  dir  gänzlich  den  einfall,  welchen  du  vorbringist; 
Der  du  sagst,  nicht  steh*  ich  dem  übergewahigen  Ajas. 
Niemals  gab  Mir  grauen  die  scblacht  und  das  stampfen  der  rosse !   1*75 
Aber  mächtiger  stets  ist  Xeus  des  donnerer^  rathschlufs : 
Der  auch  den  tapferen  mann  fortscheucht,  und  den  sieg  ihm  entwendet» 
Sonder  muh;  dann  wieder  ihn  selbst  antreibt  zum  gefechte. 
Aber  wohlan,  trit  näher,   mein  freund,  und  schaue  mein  thun  an: 
Ob  ich  den  ganzen  tag  ein  zagender  sei, 'wie  du  jredest;  iSo 

Ob  auch  der  Danaer  manchen,  und  streb*  er  in  freudiger  kühnheit. 
Hemmen  ich  werde  vom  kämpf  um  den  hingesunknen  Patroklos ! 

Dieses  gesagt,  ermahnt'  er  mit  hallendem  rufe  die  Troer: 
Troer,  und  Lykier  ihr,  und  Dardaner,  kämpfer  der  nähe. 
Seid  nun  mann  er,  o  freund',  und  gedenkt  einstürmender  abwehr;  1S5 
Bis  ich  mir  selbst  anlege  des  tadellosen  Achilleus 
Schönes  geräth,  das  Patroklos  vertilgeter  kraft  ich  geraubet. 

Also  rief,  und  enteilte,  der  Iielmumflatterte  Hektor^ 
Aus  der  erbitterten  schlacht,  und  erreicht*  im  lauf  die  genossen 
Bald,  nicht  ferne  davon,  mit  hurtigen  füssen  verfolgend,  190 

Welche  zur  Stadt  hintrugen  die  herliche  wehr  des  Achilleus. 
Jezo  entfernt  vom  Jammer  der  feldschlacht ,  tauscht*  er  die  waffen  ; 
Gab  dann  seine  zu  tragen  in  Ilios  heilige  veste 
Troja's  kriegrischen  söhnen ,  und  zog  die  unsterbliche  wehr  an , 
Sein  des  Peleiden  Achilleus,  die  göttliche  Uranionen  195 

Peleus  dem  vater  geschenkt ;  der  reichte  sie  wieder  dem  söhne , 


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SIEBZEHNTER   GESANG,  133 

Altend;  doch  nicht  der  «ohn  ward  ah  in  den  waffen  des  vaters« 

Als  so  entfernt  ihn  schaute  der  herscher  im  donnergewölk  Xeus, 
Wie  er  Achilleus  wafFen,  des  göttergleichen,  sich  anzog; 
Ernst  bewegt' er  dashaupt,  und  sprach  in  der  tiefe  des  herzen«:  200 

Armer,  ach!  nichts  ahndet  dir  noch  von  gedanken   des  todes^ 
Der  schon  nahe  dir  ist!    Du  zeuchst  die  unsterbliche  wehr  an. 
Sein  des  erhabenen  mannes,  vor  dem  auch  andere  zittern! 
Ihm  den  gj^ossen  erschlugst  du ,  so  sanftgesinnt  und  so  tapfer ; 
Auch  die  wehr,  nicht  der  Ordnung  gemäfs,  von  haupt  ihm  und  schultern 
Raubtest  du!     Dennoch  will  ich  dir  jezt  siegsehre  verleiheq,      206 
Defs  zum  vergelt,  weil  nicht  dir  kehrenden  aus  dem  gefechte 
Grüssend  Andromache  löst  die  gepriesene  wehr  des  Achilleus ! 

Also  sprach,  und  winkte  mit  schwärzlichen  brauen   Kronion« 
Hektors  leib  umschlossen  die  rUstungen ;  stürmend  durchdrang  ihn  210 
Ares  kriegrischer  geist,  und  innerlich  strozten  die  glieder 
Ihm  voll  kraft  und  gewalt.     Xu  den  rühmlichen  bundesgenos&en 
Ging  er  mit  lautem  geschrei;  und  allen  erschien  er  wie  ähnlich, 
Leuchtend  im  waifenschmuk  des  erhabenen  Peleionen. 
Rings  das  gedräng'  umwandelnd,  ermuntert*  er  jeden  mit  zuruf:  215 
Mesthles  dort,  und  Glaukos,  Thersilochos  auch,  und  Medon, 
Auch  Deisenor,  Hippothoos  auch,  und  Asteropäos, 
Chromios  auch ,  und  Forkys ,  und  Ennomos ,  kundig  der  vögel ;    : 
AUe  sie  trieb  er  zum  kämpf,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Hört^  unzählbare  stamm'  umwohnender  bundesgenossen !    220 
Nicht  weil  menge  des  volks  ich  verlangete,  oder  entbehrte, 
Hab'  ich  rings  euch  daher  aus  eueren  Städten  versammelt^ 


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134  ILIAS« 

Nein  cfafs  Troja's  wcibcr  und  noch  unmündige  kinder 
Freudiges  muts  ihr  schinntet  vor  Arges  kriegrischen  völkcm, 
Densen  besorgt,  erschöpf  ich  durch  kriegessteuer  und  speise      225 
Unser  volk,  und  streb'  euch  allen  das  heri  lu  ermuntern« 
Drum  nun  grade  hinein  euch  gewandt,  und  entweder  gestorben, 
Oder  heil  euch  erkämpft!   denn  das  ist  der  wandel  des  krieges! 
Wer  jedoch  den  Patroklos,  auch  nur  den  erschlagenen,  gleichwoW 
Her  zu  den  leisigcn  Troern  mir  xicht,  und  den  Ajas  lurüktlrängt ;  230 
Dem  erthcir  ich  die  hälfte  der  beut',  und  die  hälfic  behalt'  ich 
Selbst  mir;  dann  wird  rühm,   wie  der  meinige,  stets  ihn  erheben. 

Hektor  sprachs ;  und  gerad'  in  die.  Danaer  drangen  sie  machtvoll, 
Alle  die  lanzen  erhöht,  und  getrost  im  hcrxcn  von  hofnung, 
Wegxuiiehn  den  todten  vom  Telamonier  Ajas:  235 

Thörichtc!  vielen  umher  auf  dem  leichnam  raubt*  et  das  leben. 
Jcxo  redete  Ajas  zum  rufer  im  streit  Menelaos : 

Trautester,  o  Menelaos,  du  göttlicher!  nimmer,  erwart'  ich, 
Freuen  wir  noch  uns  selber  der  heimkehr  aus  dem  gefechtc! 
Nicht  so  sehr  nun  sorg'  ich  um  unseren  todten  Patroklos,  240 

Der  bald  sättigen  ^mufs  der  Troer  hund*  und  gevögel; 
Als  um  mein  eigenes  haupt  ich  besorgt  bin,  was  es  betreffe. 
Und  um  deins!  da  des  krieges  gewölk  rings  alles  umdunkelt, 
tiektor;  und  uns  mit  schrecken  daherdroht  grauses  verderben! 
Auf  denn,  und  rufe  den  beiden  der  Danaer,  ob  man  es  höre !  245 

Sprachs;  und  willig  gehorchte  der  rafer  im  streit  Menelaos; 
Laut  nun  scholl  sein  durchdringender  ruf  in  das  beer  der  Achaiei: 

Freunde,  de«  volk«  von  Argo«  erhabene  fiijsten  und  pflcger, 

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SIEBZEHNTER    GESANG.  135 

Die  ihr  um  Atreus  söhn'  Agamemnon  und  Menelaos 

Trinkt  vom  weine  des  volks,  und  gebot  austheilet,  ein  jeder     250 

Eigenem  volk,  von  Zeus  mit  tuhm  und  ehre  verherlicht! 

Doch  mir  ists  unmöglich  herauszuspähen  die  fiihrer» 

Jeden  im  heer;  xu  heftig  entbrannt  ist  die  Qamme  des  krieges! 

Komme  denn  jeder  von  selbst,  und  fühle  die  schmach  in  der  seele, 

Dafs  Patrokios  liege,  den  troischen  hunden  ein  labsal!^  255 

Jener  sprarhs ;  wohl  hört'  ihn  der  schnelle  söhn  des  Oileus. 
Dieser  zuerst  kam  näher,  im  lauf  durch  die  wafFcnentscheidung ; 
Dann  Idomeneus  selbst,  und  Idomeneus  kriegesgenofs  auch, 
Held  Meriones,  gleich  dem  männermordenden  Ares. 
Doch  der  anderen  namen^  wer  könnt*  im  geiste  sie  nennen,     260 
Aller  ,  die  jezt  nachfolgend  die  Schlacht  der  Achaier   erwekten. 

Vor  nun  drangen  die  Troer  mit  heerskraft,  folgend  dem  Hektor, 
Wie  wenn  laut  an  der  mündung  des  himmelentsprosseneh  Stromes 
Braust  cUc  gewaltige  flut,  die  heranwogt:  rings  dann  die  äussern 
Fels engestad*  auftosen,  mit  weithin  sprizendem  salzschaum:        265 
So  -war  der  Troer  getön,  da  sie  wandelten.    Doch  die  Achaier 
Standen  fest  um  Menötios  solin ,  einmütiges  herzens ; 
Und  crzstärrende  schild'  umzäunten  sie.     Ihnen  umher  nun 
Über  die  leuchtenden  ^elme  verbreitete  nächtliches  dunkel 
Zeus:  nie  hatt'  er  zuvor  Menötios  söhn  ja  gehasset,  270 

\V"eiI  er  lebt',  ein  genofs  des  äakidischen  renners ; 
Auch  ein  gräuel  ihm  wars,  dafs  troischen  hunden  zum  raube 
l,age  der  hcld:  drum  ihm  zur  vcrtheidigung  sandt'  er  die  freunde. 
Trojas  söhn'  izt  drängten  die  freudigen  krrcger  Achaia's,i 


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J 


13$  ILIAS. 

Dafj»  von  der  Iciche  hinweg  sie  entzitterten ;  keinen  indels  auch  2*75 
Mordet*  ein  speer  der  Troer,  wie  sehr  sie  strebten  in  kampFgier. 
Aber  sie  xogen  den  todten;  doch  wenige  frist  nur  entfernt  ihm. 
Sollten  die  Danaer  sein:  denn  sogleich  hatt'  alle  gewendet 
Ajas,  der  hoch  an  gestak,  und  hoch  an  thaten  hervorschien 
Kings  im  Danaervolk,  nach  dem  tadellosen  AchiUeas.  2S0 

Gradan  stürmt'  er  durchs  vordergefccht ,  wie  ein  trozender  eher 
Einbricht  ,  der  im  gebirg  Jagdhund'  und  rüstige  Jäger' 
leicht  aus  einander  zerstreut,  durch  die  waldigen  thalesich  wendend: 
Also  Telamons  edles  gcschlecht,  der  stralende  Äjas, 
Leicht ,  da  hinein  er  stürzte ,  zerstreut*  er  der  Troer  geschwader,    28S 
Welche  rings  den  Patroklos  umwandehen,  gieriges  herzens. 
Ihn  zur  eigenen  veste  zu  ziehn,  und  rühm  zu  gewinnen. 

Siehe,  Hippothoos  nun,  der  söhn  des  pelasgischen  Lethos» 
7.0g  am  fuls  ihn  hinweg  durch  schrekliches  wafifengetümmel; 
Denn  er  umband  mit  dem  riemendie  sehnen  ihm  unten  am  knöchel,  25)0 
Hektorn  und  den  TrQern  gefällig  zu  sein ;   doch  sofort  ihm 
Nahte  das  weh,  dem  ihn  keiner  entrifs  der  strebenden  freunde. 
Denn  der  Telamonide,  dahergestürmt  durch  den  aufruhr. 
Schlug  ihm  nahe  den  speer  durch  des  hclms  erzwangige  kuppel ; 
Und  es  zerbarst  der  umflatterte  heim  um  die  scharfe  des  Speeres,    295 
Durch  von  det  mächtigen  lanze  gehaun  und  der  nervichten  rechte; 
Siehe,  da  sprang  das.  gehim  an  der  röhre  des  speers aus  der  w^^nde 
Blutig  hervor :  schnell  lösten  die  kräfte  sich ;  und  aus  den  händen 
Liefs  er  Patroklos  fufs ,   des  hochgesinnten ,  zat  erd*  hin 
Sinken;  zunächst  ihm  sank  er  aucl^  selbst  vorwarf  auf  den  l^ichnapü,  30Q 


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SIEBZEHNTER  GESANG.  137 

Weit  entfernt  von  Larissa,  der  scholligen;  aber  den  eitern 
Lohnet'  er  nicht  die  pRege ;  denn  kurz  nur  blühte  das  leben 
Ihm,  da  vor  Ajas  speer,  des  mutigen  helden,   er  hinsank. 
Hektor  xielt*  auf  Ajas ,  und  warf  die  blinkende  lanze. 
Zwar  er  selbst  vorschauend  vermied  den  ehernen  wurfspiefs,     3^5 
Kaum ;  doch  Schedios  traf  et ,  den  Ifitos  stärke  gezeuget , 
Ihn  des  fokäischen  Volkes  gewaltigsten,   der  in  der  edlen 
Panopeus  h'äuser  bewohnt',  und  Viel  der  männer  beherschte: 
Mitten  am  Schlüsselbein  erzielt'  er  ihn,  dafs,  ihn  durchbohrend » 
Scharf  die  eherne  spiz'  an  der  oberen  schulter  hervordrang;       310 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall,  und  es  rasselten  um  ihn  diewaffen. 
Ajas,  dem  Forkys  genaht,  dem  feurigen  söhne  des  Fänops, 
Der  um  Hippothoos  kämpfte,  durchstiefs  ihm  den  wölbenden  panier, 
Mitten  am  bauch,  dafs  schmetternd  ins  eingewcid*  ihm  die  spize 
Taucht*;  und  er  sank  in  den  staub,  mit  der  hand  den  boden  ergreifend.  315 
Riikwärts  wichen  die  ersten  des  kampfs,  und  der  stralende  Hektor« 
Aber  die  Danaex  schrien  lautauf,  und  entzogen  den  Forkys 
Samt  des  Hippothoos  leich',  und  lösten  die  wehr  von  den  schultern. 

Bald  nun  waren  die  Troer  vor  Argos  kriegrischen  männern 
Ilios  zugeflohn ,'  durch  olinmacht  alle  gebändigt;  3x0 

Und  rühm  hätten  gewonnen  die  Danaer,  gegen  das  schiksal 
Xeus ,  durch  eigene  kraft  und  gcwalt.    Doch  selber  Apollon 
Xrieb  den  Aneias  zum  kämpf,  dem  Perifas  ähnlich  erscheinend , 
Epytos  söhn,  dem  herold,  der  ihm  bei  dem  grauenden  vater 
Grau  geworden  im  dienst,  liebreich  und  verständiges  herzens :    32$ 
pesien  gestalt  nachahmend ,  begann  dcx  )xcnchcr  Apollon; 

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138  •  ILIAS. 

O  wie  schüft  ihr,  Aiieias,  auch  troz  «cn  unsterblichen, rettunf 
llios  thlirmcnder  bürg?  wie  ich  andere  mähner  gesehen , 
Ihrer  kraft  und  gewah  und  m'ännlichem  mute  vertrauend , 
Und  zahllosem  gefolge  der  furchtverachtenden  vöIker!  330 

Uns  gew'ahret  ja  Zeus  weit  günstiger,  als  den  Achaiem, 
Siegesruhm;  doch  ihr  selber  entbebt  scheu,  ohne  zu  kämpfen! 

Sprachs;   und  Aneias  erkannte  den  treffenden  Föbos  Apollon, 
Schauend«  sein  ange&icht;  da  ersrfoU  zu  Hektor  sein  ausruf: 

Hektor,  und  ihr,  der  Troer  gewaltige,  und  der  genossen,   335 
Schande  doch  wäre  das  nun ,  vor  Argos  kriegrischen  männern 
llios  zuzufliehn,  durch  ohnmacht  alle  gebändigt! 
Aber  es  sagt  auch  zugleich  ein  unsterblicher,    neben  mir  stehend, 
Zeus ,  der  ordner  der  weit,  sei  unser  schirm  in  der  feldschlacht! 
Drum  gradan  in  der  Danaer  heer !    nicht  müssen  sie  ruhig        340 
^  Dort  den  schiffen  sich  nahn  mit  dem  leichnam  ihres  Patroklos ! 
Sprachs;  und  weit  vorspringend  den  vordersten,stand  er  zum  kämpfe. 
Sie  nun  wandten  die  stirn*,  und  begegneten  kühn  den  Achaiem. 
Aber  Aneias  durchstach  den  Leiokritos  dort  mit  der  lanze. 
Ihn  des  Arisbas  söhn,  Lykomedes  edlen  genossen.  34S 

Seinen  fall  betraurte  der  streitbare  held  Lykomedes; 
Nahe  trat  er  hinan,  und  schofs  die  blinkende  lanze; 
Sieh ,  und  Hippasos  söhne ,  dem  hirten  des  volks  Apisaon , 
Fuhr  in  die  lebcr  das  erz,  und  löst*  ihm  die  strebenden  kniee: 
Der  aus  Paonia  kam,  dem  land*  hochscholliger  äcker,  350 

Und  nach  Asteropäos  der  tapferste  kämpft'  in  der  heerschaar. 
Seinen  fall  betraune  der  streitbare  Asteropäos; 

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SIEBZEHNTER  GESANG.  .  139 

Üradan  drang  nun  auch  dieser,   die  Danaer  kühn   zu  bekämpfen; 
\ber  umsonst:  denn  rings  mit  geschlossenen  Schilden  umxHunet, 
Standen  sie  all'  um  Patroklos,  gestrekt  die  ragenden   lanzen.    355 
\ja.s,  stets  geschäftig,  umeilte  sie,  vieles  ermahnend: 
Weder  zurük  von  dem  todten  verstattei'  er  einem  zu  weichen, 
Weder  hervorzudringen  zum  kämpf  vor  den  andren  Achaicrn ;, 
Sondern  dicht  zu  umwandeln  die  leich',  und  nahe  zu   kämpfen. 
Also  gebot  dort  Ajas,  der  mächnge;  ab«  gcröthet  360 

Flofi  die  erde  von  blut,  und  es  tauineltcn  über  einander 
Todte  zugleich  der  Troer  und  mutigen  bundesgenossen , 
Danaer  auch;  nicht  gingen  sie  ohne  blut  aus  dem  kämpfe; 
Doch  viel  weniger  sanken  sie  hin :    denn  sie  dachten  beständig, 
Sich  im  gedräng'  einander  den  schreklichen  mord  zu  entfernen.    365 
So  dort  tobten  wie  feuer  die  kämpfenden.     Keiner  erkannt'  izt, 
Ob  am  himmel  die  sonn'  unversehrt  sei ,  oder  der  mond  noch. 
Denn  von  dunkel  umhüllt  im  gefecht  rings  waren  die  tapfern, 
Die  um  Menötios  söhn,  den  hingesunkenen,  standen. 
Doch  die  anderen  Troer  und  erz umschienten  Achaier  3*70 

Stritten  frei  in  der  helle  des  tags;  denn  es  stralete  ringsum 
Brennender  Sonnenschein,  und  gewölk  beschattete  nirgends 
Weder  feld  noch  gebirg'.     Auch  pflegten  sie  oft  vom  gcfechte 
Auszuruhn,  und  zu  meiden  die  bitteren  todesgeschosset 
Weit  von  einander  gestellt.  Doch  die  mittleren  duldeten  Jammer  3*75 
Dort  im  dunkel  und  kämpf,  und  gequält  vom  grausamen  erze 
Waren  die  beiden  gesamt.      Nur  zween  noch  hörten  den  ruf  nicht, 
Hochgcprics^nc  männer,  Antilocho?  und  Thrasymcdc«, 

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I40  ILIAS^ 

Dafs  Patroklos  sank,  der  untadliche;  sondern  sie  wähnten, 

Dafs  noch  lebend  im  vordergewühl  er  die  Troer  bekämpfte.        381 

üeid*  auFmeiksam  verhütend  den  tod  und  die  flucht  der  genossen, 

Statten  sie  fern  in  der  schlacht:  denn  so  ermahnete  Nestor, 

Als  er  zum  kampF  sie  cniliefs  von  den  dunkelen  scbifTen  Achaias. 

Jene  den  ganzen  tag  wetteiferten  heftig  in  mordiust,   ' 
Tobender  stets;  von  arbeit  und  triefendem  schweifse  beständig   3S5 
Wurden   die  knie'  und  die  schenke!  und  unteren  fiifse  der  streitei, 
Wurden  die  hünd'  und  die  äugen  im  wütenden  kämpfe  besudelt, 
Um  den  edlen  genossen  des  äakidischen  renners. 
Wie  wenn  ein  mann  darreichte  die  haut  des  gewaltigen  stieres, 
Dafs  sie  die  knecht'  ausdehnen,  mit  schmeidigem  fette  getränket ;  390 
Sie  nun  nehmeh  die  haut,  und  ziehn,  aus  einander  sich  stellend, 
Ringsumher  ,  bis  die  nässe  verschwand ,  und  die  fettigkeit  eindringt, 
Weil  sich  viel'  anstrengen ,  und  ganz  sie  im  ziehen  sich  ausdehnt: 
So  auch  dort  mit  einander  auf  wenigem  räume  den  leichnam 
Zogen  sie  bin  und  her;    denn  fest  vertrauten  die  männer  39S 

Troja's ,  weg  ihn  zu  führen  gen  Ilios ,  doch  die  Achaier , 
Xu  den  gebogenen  schüfen ;  und  ringsum  tobte  der  aufruhr 
Fürchterlich:  selbst  nicht  Ares  der  wüterich,  oder  Athene, 
Hdtt'  ihn  schauend  getadelt,  wie  sehr  auch  der  zorn  sie  entflammte. 
So  schuf  Zeus  um  Patroklos  den  manne rn  dort  und  den  rossen   400 
Jenes  tags  arbeiten  und  schreknisse.     Aber  noch  gar  nichts 
Wusste  vom  tod  des  Patroklos  der  göttergleiche  Achilleus; 
Denn  weit  kämpften  die  beer'  entfernt  von  den, blutigen  schiffen, 
Unter  der  mauer  der  Stadt.     Drum  hoft'  er  nimmet  im  geiste» 

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SIEBZEHNTER   GESAN.G,  141 

Foclt  ihn ,  sondern  lebend ,  sobald  er  den  thorcn  genahet ,  405 

Wiederkehren  zu  sehn:  denn  das  auch  hoft'  er  mitnichten, 

Dafs  er  die  Stadt  einnähme ,   aicht  sonder  ihn ,  noch  ihm  gesellet. 

Oft  ja  vernahm  er  dies  ingeheim  von  der  göttlichen  mutter, 

Wann  sie  ihm  anvertiiiute  den  rath  des  grossen  Kronion; 

Doch  auch  dann  verschwieg  sie  dasschrekliche,  was  ihm  bevorstand,4io 

Mutterlich:  dafs  ihm  anjezt  der  geliebteste  sank  der  genossen. 

Jene  stets  um  den  todten  die  spizigen  lanzen  erregend, 
Tobten  zusammengedrängt,  und  würgten  sich  unter  einander. 
So  nun  redete  mancher  der  erzumschirmten  Achaier: 

Freund,  fiirwahr  nicht  folget  der  rühm  uns,  kehren  wir  jezo  415 
lu  den  geräumigen  schiffen!  O  nein,  eh  schlinge  der  erde 
Schwarzer  Schlund  uns  hinab!  Das  war'  uns  besser  in  Wahrheit; 
Als  wenn  Den  wir  verlassen  den  gaulbezähmenden  Troern, 
Dafs  sie  zur  eigenen  Stadt  ihn  ziehn ,  und  rühm  sich  gewinnen ! 

Also  sprach  auch  mancher  der  übermütigen  Troer:  420 

Freund*,  und  war'  uns  bestimmt,  bei  diesem  manne  zu  sterben. 
Alle  zugleich*;  nie  dennoch  entziehe  sich  einer  dem  kämpfe! 

So  dort  redete  mancher,   den  mut  des  genossen  entflammend. 
Also  bekämpften  sich  jen';  und  eisernes  dumpfes  geprassel 
Scholl  zum  ehernen  himmel  empor  durch  die  wüste  des  äthers.     425 

Aber  Achilleus  rosse,  die  abwärts  standen  dem  Schlachtfeld, 
Weineten,  als  sie  gehört ,  ihr 'wagenlenker  Patroklos 
Lag'  im  staube /gestrekt  von  der  hand  des  mordenden  Hektor« 
Ach  Automcdon  zwar,  der  tapfere  söhn  des  Diorcs, 
Strebte  sie  6h  mit  der  geissei  geschwungenem  schlag  zu  beflügeln,  430 


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144  ILIAS. 

Oft  mit  schmeichelnden  Worten  ermahnet*  er ,  oft  auch  mit  drohung; 
Doch  nicht  heim  zu  den  schifien  am  breiten  Hellespontos 
Wollten  Me  gehn,  und  nfcht  in  die  feldschlacht  zu  den  Achaiein: 
Sondern  gleich  der  seule,  die  unbewegt  auf  dem  hügel 
Ein£S  gestorbenen  mannes  emporragt,  oder  des  weibes;  43; 

Also  standen  sie  fest»  vor  dem  prangenden  sessel  des  wagens, 
Beid'  ihr  haupt  auf  den  boden  gesenkt;  und  thränen  entflossen 
Heifs  von  den  wimpern  herab  den  traurenden»  welche  des  ienkes 
Dachten  mit  sehnendem  schmerz;  auch  sank  die  blühende  mihm 
Wallend  Kervor  aus  dem  ringe  des  jochs »   mit  staube  besudelt.    440 
Mitleidsvoll  nun  sähe  die  traurenden  Xeus  Kronion; 
JErnst  bewegt'  er  das  haupt,  und  sprach  in  der  tiefe  des  herzcns: 

Arme,  warum  doch  schenkten  wir  euch  dem  könige  PeUus, 
Ihm  dem  sterblichen  euch,  unalternd  beid*  und  unsterblich? 
Etwa  dafs  gram  ihr  ertrügt  mit  den  unglükseligen  menschen?  44} 
Denn  kein  anderes  wesen  ist  jammervoller  auf  erden. 
Als  der  mensch,  von  allem,  was  leben  haucht  und  sich  reget. 
Aber  umsonst  hoft  Euch  vor  dem  kunstreich  prangenden  wagen 
Hektor,  Priamos  söhn,  zu  bändigen;  nimmer  gestatt'  ichs! 
Nicht  genug,  dafs  die  waSfen  er  hat«  und  eitel  sich  rühmet?    45<^ 
,£eiden  kraft  in  die  kniee  gewähr',  ich  euch,  und  in  die  herzen. 
Dafs  ihr  Automedon  auch,  den  geretteten,  tragt  aus  der  feldschlacht 
Xu  d^n  geraumigen  schiffen.  Denn  rühm  noch  schenk'  ich  den  Tioerfli 
Niederzuhaun ,  bis  sie  nahn  den  schöngebordeten  ichifiTiin» 
Bis  die  sonne,  sich  senkt ,  und  heiliges  dunkel  heraufzieht.        MSS 

Also  Xeus ;  und  die  rosse  mit  edeler  .stärke  beseelt'  er« 


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N 


SIEBZEHNTER  GESANG,  145 

Beide,  nachdem  von  den  mahnen  den  staub  kie  zur  erde  geschüttelt, 
Sprengten  sie  rasch  mit  dem  wagen  in  Troer  hinein  und  Achaier. 
^ber  Automedon  kämpfte,  betrübt  zwar  um  den  genossen» 
Stürmend  im  flugdes  gespanns ,  wie  ein  gtier  gestürzt  in  diegänse :  460 
Leicht  nun  floh  er  zurük  vor  dem  troischen  männergetümmel »    . 
Leicht  dann  stürmt'  er  hinein  in  die  dichtesten  häufen  verfolgend. 
Doch  nicht  mordet*  er  mlinner,  wann  ungestüm  er  hinandrang. 
Denn  ihm  wars  unmöglich ,  aHein  in  dem  heiligen  sessel , 
Herzuschwingen  die  Ianz\  und  die  hurtigen  rosse  zu  lenken.    465 
Endlich  nunmehr  erblikt'  ihn  Alkimedon  dort  mit  den  äugen, 
Sein  genofs ,  ein  söhn  des  Amoniden  Laerkes ; 
Hinter  den  wagen  gestellt  des  Autome.Ion,  redet'  er  also't 

Welch  ein  gott,    Automedon,   w^irs,  der  den  nichtigen  vor^az 
Dir  in  dieseele  gelegt,  und  entwandt  die  gute  besinnung?       470 
Dafs  «o  gegen  die  Troer  du  kämpfst  im  Vordergetümmel., 
Einzeln,  da  todt  der  genofs  dir  hinsank,  und  mit  der  riistung 
Hektor  selbst  um  die  schulter  einherprangt ,  sein  des  Achilleus! 

Aber  Diores  söhn  Automedon  rief  ihm  die  antwort : 
Wer  doch,  Alkimedon,  wcifs  gleich  Dir  von  allen  Achaiern,    475 
Dieser  unstetblichen  ross'  unbändigen  ii>ut  zu  bezähmen; 
Ausser.  Patroklos  allein ,  der  himmlischen  ähnlich  an  rath  war , 
Weil  er  lebt'?  izt  aber  ereilet'  ihn  tod  und  Verhängnis. 
Auf  denn,  die  g^issel  sofort  und  die  kunstreich  prangenden  zügiel 
Nim;  ich  selbst  verlasse  die  rosa',  und  warte  des  kämpfe«,         480 
Sprach5;und  Alkimedon  rasch  in  den  wagendes  Streits  sich  erhebend, 
FaiJste  die  geiss^l  sofort  und  das  schöac  gezäum  in  die  bände. 


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144  ILIAS. 

Aber  dem  äcsscI  entsprang  Automedon.    Diesen  bemerkt'  ixt 
Hektor,  und  redete  schnell  zu  Anclas,  der  ihm  genaht  war; 

Edler  Piir^t,  Aneias«  der  erxumpanzerten  Troer,  485 

Schau  y  dort  seh*  Jch  die  rosse  des  äakidischen  renners 
Wild  in  die  Schlacht  vorsprengen  mit  sehr  unkriegrischen   lenkem. 
Darum  hoff*  ich  beinah,  wir  nehmen  sie,  wenn  du  nur  selber 
Solches  begehrst:  denn  nimmer,  sobald  wir  b^ide  bestürmen, 
Wagen  sie ,  uns  entgegen  gestellt ,  des  gefechtcs  entscheidung.  49c 

Hektor  sprachs;  ihrn  gehorchte  der  tapfere  söhn  des  Anchisei. 

Gradan  stürmten  sie  beid*;  und  mächtige  schiide  von  stierhaut 

Dekten  sie^  dürr  und  gedrängt,   und  umlegt  mit  starrendem   enc. 

Chromio^,  ihnen  gesellt,  und  Aretos,  ähnlich  den  göttern. 

Folgten  zugleich;  denn  sicher,  vertrauten  sie,  würden  erlegt  sein  49J 

Jene  beid*,  und  entführt  das  gespann  hochhalsiger  rosse: 

Thörichte !  traun  nicht  Rollten  sie  ohne  blut  aus  dem  kämpfe 

Heim  von  Automedon  kehren.     Sobald  er  gefleht  zu  Kronion, 

Ward  mit  kr;ift  und  gewalt  sein  finsteres  herz  ihm  erfüllet. 

Schnell  zum  treuen  genossen  Alkimedon  redet*  er  also:  5G0 

Ja  nicht  ferne  von  mir,  Alkimedon,  halte  die  rosse, 

« 
Sondern  dicht  mir  am  rücken  die  schnaubenden !  Nimmer  vermut'  idii 

Hektor , iPriamos  söhn,  werd'  izt  der  gewalt  sich  enthalten,  . 

Eh  er  Achilleus  rosse,  die  schöngemähneten ,  lenket. 

Weil  wi^  bluten  im  staub',  und  in  flucht  hinscheucht  die  geschwader  50$ 

Argos;  oder  auch  selbst  in  dem  vordersten  männergewühl  ^inkt* 

Sprachs,  und  die  Ajas  berief  er,   und  Atreus  söhn  Menelaos 

A]as  beid*,  heerfuhrer  der  Danaer,  und  Menelaos , 


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SIEBZEHNTER  GESANG.  145 

Ihn  den  gestorbenen  nun  vertraut  den  tapfersten  allen  t 
Dafs  sie  rings  Hin  umgehn ,  und  die  reihn  abwehren  der  männer ;  510 
Nur  von  uns,  die  leben ^  entfernt  den  tag  des  Verderbens! 
Denn  dort  drängen  heran  durch  Jammer  und  graun  des  gewiirgec 
HektoT  samt  Äneias>  die  tapfersten  beiden  von  Troja! 
Aber  solches  ruht  ja  im  schoos  der  seligpn  götter! 
Ich  auch  sende  den  speer;  für  das  übrige  sorge  Kronion!  515 

Sprachs^  und  im  Schwung'  entsandt' er  die  weithinschattende  lanze; 
Und  er  traf  dem  Aretos  den  sd^ld  von  gerundeter  Wölbung : 
Und  nicht  hemmete  solcher  den  speer;  durch  stürmte  das  erz  ihm 
Unten  hinein  in  den  bauch,  den  künstlichen  gurt  durchbohrend.. 
Wie  wenn  ein  blühender  mann  mit  scharfer  axt  in  den  bänden      20 
Hauend  den  nacken  des  stidrs,  des  geweideten ,  hinter  den  hörnern^ 
Ganz  ihm  die  sehne  durchschnitt,  und  der  sder  aufspringend  hinabsank : 
Also  sank  aufspringend  in  staub  er  zurük;  und  der  wurfspiefs, 
Welcher  ihm  scharf  die  gedärme  durchwütete,   löste  die  glieder. 
HektOT  schwang  auf  Automedon  jezt  die  blinkende  lanze ;         525 
Jener  indels  vorschauend  vermied  den  ehernen^*Vurfspiefs , 
Vorwärts  niedergebükt ;  da  flog  det  gewaltige  speer  ihm 
Über  das  haupt  in  die  erde,  dafs  hinten  der  schaft  an  dem  Speere 
Zitterte;  doch  bald  ruhte  die  kxaft  des  mordenden  erzes. 
Jext  mit  dem  schweit  auch  wären  in  nahem  kämpf  sie  begegnet ,  530 
Hätten  die  Ajas  nicht  auseinander  getrennt  die  entbrannten  ^ 
Die  durch  gedi-äng'  herkamen,  da  laut  der  genois  sie  anrief. 
Abgeschiekt  von  diesen,  enteileten  wieder  von  dannen  • 
Hcktor  samt  Aneias,  und  Chiomios,  göttlicher  bildung; 
Homers  llias.  II.  Band.  ^         K 

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146  ILIAS. 

Und  sie  ^erliessen  Aretos  daselbit»  der  zerrissenes  herzens        535 
Lag;  Automedon  drauf  ,  dem  stürmenden  Ares  vergleichbar, 
Raubte  das  waffengeschmeid*,  und  rief  frohlockend  die  worte: 

Ha!  ein  weniges  doch  um  den  tod  des  edlen  Patroklos 
Labt*  ich  vom  Jammer  das  herz ,  den  schlechteren  zwar  nur  ermordend! 

Sprachs ,  und  legt*  in  den  wagen  den  raub  der  blutigen  rüstung,  540 
Trat  dann  selber  hinein,  die  fuss*  und  die  hände  von  oben 
Blutbeflekt,  wie  ein  löwe,  vom  mächtigen  stiere  gesättigt. 

Wieder  begann  um  Patroklos  mit  heftiger  wut  die  entschcidung, 
Schreklich  und  thränenwerth :  denn  es  wekte  den  kämpf  Aibenäa, 
Welche  dem  himmel  entstieg,  von  Zeus  dem  vatcr  gesendet,    545 
Argos  Volk  zu  entflammen;  denn  jezo  wandte  sein  herz  sich. 
^  Wie  wenn  den  purpurnen  bogen  den  sterblichen  weit  an  dem  himmd 
Zeus  ausspannt,  ein  zeichen  zu  sein,  entweder  des  krieges, 
Oder  des  wintersturms ,  des  schaudrigen,  welcher  die  arbeit 
Hemmt  der  menschen  im  Feld' ,  und  die  blockende  heerde  betrübet :  550 
Also  trat,  umhüllt  mit  purpurner  wölke,  die  göttin 
Unter  Achaias  volk,  und  ermunterte  jeglichen  streitar. 
Siehe,  zuerst  Menelaos ,  dem  göttlichen,  rief  sie  ermahnend, 
Atrcus  tapferem  söhne,  denn  dieser  stand  ihr  am  nächsten, 
Ahnlich  sie  ganz  dem  Fönix  an  wuchs  und  gewaltiger  stimme :  555 
Dir wirds  traun ,  Menelaos ,  zur  schmach  und  daurenden  schände 
Ewig  sein,  wo  Achilleus  ,  des  herlichen,  treuen  genossen 
Unter  Ilios  mauren  die  hurtigen  hund'  umherziehn! 
Auf  denn ,  heran  mit  gewalt,  und  ermuntere  j(^glichen  kämpfer? 
Ihr  antwortete  drauf  der  rufer  im  streit  Menelaos:  560 

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SIEBZEHNTER  GESANG.  147 

Fb'nix,  vater  und  greis ,  ehrwürdiger,  wenn  doch  Athene 
Kraft  mir  wollte  verleihn,  und  wehren  dem  stürm  der  geschosse! 
Gern  dann  war'  ich  bereit,  ihm  beizustehn  und  zu  helfen. 
Unserem  freund ;  denn  es  drang  mir  Patroklos  tod  in  die  seele ! 
Aber  es  tobt  ja  Hektor  wie  loderndes  feuer,  und  ruht  nicht,     565 
Nlederzuhaun  mit  dem  erz;  weil  Ihm  Zeus  ehre  gewähret! 
Jener  sprachs;  froh  aber  war  Zeus  blauäugige- tochter, 
Weil  ihr  selbst  er  zuerst  vor  den  himmlischen  allen  geflehet. 
Diese  stärkt*  ihm  die  schultern  mit  kraft  und  die  strebenden  kniee , 
Und  in  das  herz  ihm  gab  sie  der  flieg'  unerschrockene  kiihnheit :  570 
Welche ,  wie  oft  sie  inuner  vom  menschlichen  leibe  gescheucht  wird  9 
Doch  anhaltend  Ihn  sticht,  nach  menschenblute  sich  sehnend: 
So  ausharrender  troz  erfüllte  das  finstere  herz  ihm. 
Schnell  zu  Patroklos  eilt*  er,  und  schwang  die  blinkende  lanze. 
Unter  den  Troern  war  ein  söhn  des  Eetion  Podes,  5'j5 

Reich  an  hab*  und  edel ;  auch  ehrt^  ihn  Hektor  am  meisten 
Unter  dem  volk;  denn  er  war  ihm  lieber  gePährt  und  tischfreund: 
Diesen  traf  an  dem  gurte  der  bräunliche  held  Menelaos , 
Als  er  zur  flucht  sich  gewendet^  und  ganz  durchbohrte  das  eiz  ihn ; 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall.    Doch  Atreus  söhn  Menelaos      580 
log  die  leich'  aus  den  Troern  hinweg  in  die  schaar  der  genossen. 
Hektom  nahte  sofort,  und  ermunterte,  Föbos  Apollon, 
Fiinops,  Asios  söhn',  an  gestalt  gleich,  welcher  vor  allen 
Gästen  geliebt  ihm  war,  ün  haus  in  Abydos  bewohnend; 
Diesem  gleich,  ermahnt;'  ihn  der  treffende  Föbos  Apollon:         585 
HcKtor^  o  wer  mag  künftig  im  Danaarvolke  dich  scheuen, 

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-148  ILIAS> 

Da  dich  so  Menelaos  zurükschrekt ?  er,  der  zuvor  ja 
Weichlich  War  in  der  Schlacht,  jezt  aber  allein  aus  den  Troern 
Weg  den  erschlagenen  führt!  Auch  schlug  er  den  treuen  genossen, 
Welcher  im  vorkampf  glänzte,  den  söhn  des  Eetion  Podcs!      590 

Sprachs ;  und  jenen  umhüllte  der  Schwermut  finstere  wölke. 
Schnell  durch  die  vordersten  ging  er ,  mit  stralendem  crzegewapnet. 
Siehe,   da  nahm  Kronion  die  quastumbordete  Agis» 
Hell  von  glänz;  und  den  Ida  in  dunkele  wölken  verhüllt'  er, 
Blizt'  und  donnerte  laut,,   und  erschütterte  mächtig  die  Ägis.     595 
Sieg  nun  gab  er  den  Troern ,  und  schrekte  zurUk  die  Achaier. 

Erst  der  Böotierfiirst  Pen^leos  kehrte  zur  flucht  um; 

Denn  ihm  traf  in  die  Schulter ,  da  vorwärts  immer  er  andrang , 

Oben  ein  streifender  speer ;  doch  rizte  das  fleisch  bis  zum  knochen 

Ihm  des  Polydamas  erz ;  denn  der  warf  nahend  im  anlauf.      600 

Nahend  dem  Leitos  dann  stach  HektOf  die  hand  an  dem  knöchel, 

Ihm  des  erhabnen  Alektryons  söhn,  und  hemmte  die  kampflust: 

Bang'  umschauend  entbebt'  er;  denn  nie  mehr  hoft'  er  im  geiste,  1 

•  I 

Einen  speer  in  der  hand,  mit  Troja's  volke  zu  kämpfen.  ' 

Hektorn  schwang  Idomeneus  jezt,  da  er  Leitos  nachlief»  605 

Seinen  speer  auf  den  hämisch,  gerad'  an  der  warze  des  busens; 

Doch  ihm  brach  an  der  ose  der  Schaft;  und  Troergeschrei  5choIL 

Jener  sdiwang  auf  Idomeneus  nun»  den  Deukalionen, 

Welcher  stand  im  geschirr;  und  sein  zwar  fehlt'  er  ein  wenig: 

Doch  des  Meriones  freund  und  mutigen  wagenlenker  610 

Köranos ,  der  aus  Lyktos  bevölkerter  Stadt  ihm  gefolgt  v^ar : 

(Denn  zu  fu£i  erst  kam  er',  die  ruderschiife  verlassend , 


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SIEBZEHNTER  GESANG*  149 

Kreta*s  fiirst,  und  er  hätte  mit  sieg  die  Troer  verherlicht» 
Wenn  nicht  Köranos  schnell  die  hurtigen^  rosse  genähert; 
Ihm  zum  heil  erschien  er,  und  wehrte  dem  grausamen  tage»  615 
Doch  selbst  sank  er  entseelt  von  der  hand  des  mordenden  Hektor:) 
Den  an  backen  und  ohr  durchschmettert'  er;  siehe,   die  zahn*  aus 
Stiels  ihm  der  eherne  speer ,    und  ganz  die.  zunge  durchschnitt  er. 
Und  er  entsank  dem  geschirr,  und  gofs  die  zügel  zur  erde. 
Diese  nahm  Meriones  schnell  mit  eigenen  bänden  620 

Niedergebükt  aus  dem  staub*,  und  drauf  zu  Idomeneus  sprach  er: 
Geisselc  nun ,  dafs  hinab  zu  den  hurtigen  schiffen  du  kommest ! 
Denn  du  erkennst  ja  selbst,  nicht  mehr  sei  der  sieg  der  Achaier! 

Sprachs ;  und  Idomeneus  trieb  das  gespann  schönmähniger  rosse 
Zu  den  geräumigen  schiffen;  denn  furcht  erfüllte  das  herz  ihm.    625 

Nicht  unbemerkt  wars  Ajas ,  dem  herlichen ,  und  Menelaos , 
Dals  nun  Zeus  den  Troern  gewährt  den  wechselnden  siegsruhm« 
Also  begann  das  gesprach  der  Telamonier  Ajas: 
Jammer  doch!  jezo  fürwahr  kann  selbst,  wer  blöd'  an  verstand'  ist, 
Schaun,  dab  Zeus  der  vater  deii  Troern  ehre  verleihet!  630 

Denn  von  ihnen  ja  trift  auch  jedes  geschofs,  ob  ein  feiger, 
Oder  ein  tapferer  schwingt,  und  Zeus  selbst  lenket  sie  alle: 
Aber  Uns  so  umsonst  entfallen  sie  alP  auf  die  erde! 
Auf  denn,  wir  selbst  nun  wollen  den  heilsamsten jrath  uns  ersinnen: 
Dafs  den  erschlagenen  freund  wir  zugleich  wegziehen ,  und  selber  63s 
Unseren  lieben  genos[sen  zur  freud'  heimkehren  vom  kämpfe, 
Welche  daher  wohl  schauend  sich  ängstigen  Tdenn  sie  vertraun  nicht, 
Dafs  wir  des  mordenden  Hektors  gewalt  und  unnahbare  bände 


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j  50  I L 1 A  S* 

Fürdcr  bcJtchn,  nein  «traks  an  den  dunkelen  schiiFen  erliegen. 
Wäre  doch  irgend  ein  freund ,  der  schnell  ansagte  die  botschaft   640 
Peleus  söhn;  denn  nichts  ja,  vermut'  ich,  hörete  jener 
Noch  von  dem  jammergeschik ,  dafs  todt  sein  trauter  genofs  sanL 
Aber  nirgend  erscheint  mir  ein  solcher  im  heer  der  Achaier ; 
Denn  es  umhüllt  ring»  dunkel  sie  selber  zugleich  und  die  rosse! 
Vater  Xcus,  o  errctt'  aus  der  dunkelen  nacht  die  Achaier!         64s 
Schaff  uns  heitre  des  tags,  und  gieb  mit  den  äugen  zu  schauen! 
Nur  im  licht  vcrderb'  uns,  da  dirs  nun  also  geliebet! 

Also  rief  er  bethränt;  voll  mitleids  schaut'  ihn  der  vater. 
Bald  zerstreut*  er  das  dunkel  umher,  und  verdrängte  den  nebel; 
Hell  nun  stralte  die  sonn',  und  die  schlacht  ward  völlig  erleuchtet.   650 
Jexo  redete  Ajas  zum  rufer  im  streit  Menelaos: 

Spähe  nunmehr,  Menelaos,  du  göttlicher,  ob  du  wo  lebend 
Noch  Antilochos  schaust^  den  söhn  des  erhabenen  Nestor. 
Heifs  ihn  zu  Peleus  söhne,  dem  waltenden,  schleunig  hinabgchn» 
Meldend  das  wort,  dafs  todt  sein  trautester  freund  ihm  dahinsank.  655 

Ajas  sprachs ;  ihm  gehorchte  der  rufer  im  streit  Menelaos ; 
Eilt*  und  gieng ,  wie  ein  löwe  voll  wut  vom  ländlichen  hofe » 
Wann  er  zulezt  ermüdet«  die  hund'  und  die  männer  zu  reizen. 
Welche  nicht  ihm  gestatten ,  das  fett  der  rinder  zu  rauben , 
Ganz  durchwachend  die  nacht;  er  dort,  des  fleisches  begierig,  €60 
Rennt  gradan;  doch  er  wütet  umsonst;  denn  häufige  speetc 
Fliegen  ihm  weit  entgegen ,  von  mutigen  bänden  geschleudert , 
Auch  helllodernde  bränd';  und  er  zukt  im  stürmenden  anlauf; 
Dann  in  der  dämmerung  scheidet  er  weg,  mit  bekümmertem  heizea; 


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SIEBZEHNTER  GESANG.  151 

Also  ging  von.Patroklos  der  ruFer  im  streit  Menelaos  66s 

Sehr  unwillig  hinweg;  denp  er  fürchtete,  dafs  die  Achaier 
In  der  entsexlichen  angst  zum  raub*  ihn  liessen  den  feinden. 
Viel  dem  Meriones  noch  und  den  mutigen  Ajas  gebot  er : 
Aja^  beid'  ^  und  Meriones  du  ,  heerfiihrer  von  Argos , 
Jezo  seid  der  milde  des  jammervollen  Patroklos  670 

Eingedenk ,  der  allen  mit  freundlicher  seele  zuvorkam , 
Weil  er  lebt' ;  izt  aber  ereilet'  ihn  tod  und  Verhängnis ! 

Also  sprach  er,  und  ging,  der  bräunliche  held  Menelaos« 
Mit  umschauendem  blik ,  wie  ein  adeler ,  welcher  gelobt  wird « 
Scharf  vor  allen  zu  spähn ,-  den  luftdurchschweifenden  vögeln;    675, 
Dem  auch  nicht  in  der  höhe  der  flüchtige  hase  verstekt  ist 
Unter  umlaubtem  gesträuch ,  wo  er  hindukt ;  sondern  auf  jenen 
Stürzt  er  herab,  und  erhascht  ihn  geschwind' ,  und  raubt  ihm  das  leben : 
So  hellstralend  auch  dir,  o  göttlicher  held  Menelaos» 
Jt^oUten  die  äugen  umher,  durch  die  weite  schaar  der  genossen,   6So 
Ob  du  Nestors  söhn  noch  irgendwo  lebend  erbliktest. 
Diesen  erkannt*  er  sofort  linkshin  im  gemenge  der  feldschlacht » 
Wo  er  mit  mut  aufregte  die  freund',  und  ermahnte  zu  kämpfen« 
Nahe  trat  und  begann  der  bräunliche  held  Menelaos: 

Auf,  Amilochos,  kon^m,  du  göttlicher ,  dafs  du  vernehmest  68S 
Unser  jammergeschik  ,  das  nie  doch  möchte  geschehn  sein ! 
Zwar  du  «elbst,  vermut'  ich,  mit  eigenen  äugen  erkennend. 
Weifst  es  schon,  dafs  ein  gött  unheil  den  Danaetn  zuwälzt* 
Aber  den  Troern  sieg!  Denn  es  sank  Patroklos,  Achaia's 
Tapferster  held ,  den  schmerzlich  die  Danaer  alle  vermissen !      690 


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15»  ILIAS* 

Auf  denn,  schnell  dem  Achilleus,  hinab  zu  den  schiffen  enteilend, 
Melde  das  wort,  ob  er  eilig  zum  schif  errette  den  leichnam, 
Nakt  wie  er  ist;  denn  die  Waffen  entzog  der  gewaltige  Hektor! 

Sprachs;  und  schauer  durchfuhr  den  Antilochos,  als  er  es  hörte. 
Lange  blieb  er  verstummt  und  sprachlos ;  aber  die  äugen  695 

Waren  mit  thränen  erfiillt,  und  athmend  stokt*  ihm  die  stinune. 
Gleichwohl  nicht  versäumt'  er,  was  ihm  Menelaos  geboten; 
Sondern  enteilt',  und  dem  edlen  Laodokos  gab  er  die  riistun^, 
Der,  seingenofs,  ihm  nahe  die  stampfenden  rosse  dahertrieb. 
Ihn  den  weinenden  trugen  hinweg  aus  dem  treffen  die  Schenkel,  700 
Peleus  söhn*  Achilleus  das  schrekliche  wort  zu  verkünden* 

Doch  nicht  dir,  Menelaos,  o  göttlicher,  strebte  das  herz  nun, 
Dort  die  freund'  in  der  noth  zu  vertheidigen,  wo  er  hinwegging, 
Nestors  söhn ,  den  schmerzlich  die  Pylier  ?ille  vermissten ; 
'  Sondern  jenen  erregt'  er  den  edelen  held  Thrasymedes;  705 

Selber  dann  zu  Patroklos,  dem  göttergleichen;  enteilt'  er, 
Jezt /ZU  den  Ajas  trat  tt  hinan,  und  redete  schleunig: 

Ihn  zwar  hab'  ich  hinab  zu  den  rüstigen  schiffen  gesendet,  ' 
Dafs  er  dem  schnellen  Peleiden  verkündige;  schwerlich  iiidefs  woM 
Kommt  er  anjezt ,  wie  sehr  er  auch  zürnt  dem  göttlichen  Hektor:  710 
Denn  nicht  könnt'  er  ja  doch  wehrlos  die  Troer  bekämpfen. 
Aber  wir  selbst  nun  wollen  den  heilsamsten  rath  uns  ersinnen: 
Dafs  den  erschlagenen  freund  wir  zugleich  wegziehen,  und  sdba 
Fern  aus  der  Troer  getöse  den  tod  un'd  das  schiksal  vermeiden. 

Ihm  antwortete  drauf  der  Telamonier  Ajas :  715 ' 

Wahrheit  hast  du  geredet,  gepriesener  held  Menelaos.  I 


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SIEBZEHNTER  GESANG*  153 

Selbst  denn  eil'  und  Meriones  her»  und  nieder  euch  bückend ^ 
Tragt  die  erhobene  leich'  aus  dem  aufruhr.    Aber  wir  andern 
Halten  im  kämpf  die  Troer  zurük  und  den  göttlichen  Hektor  f 
Wir,  die  gleich  an  namen,  und  gleich  an  mutiger  seele»  "jao 

Immer  vereint  mit  einander  die  wut  des  gefechtes  erduldet* 

Ajas  sprachs ;  da  erhüben  sie  schnell  von  der  erde  den  leichnam 
Hoch  empor  mit  gewalt;  und  es  schrien  die  Troer  von  hinten 
GraunvoU,  als  sie  die  leich*  auf  den  armen  ersahn  der  Achaier* 
Gradan  rannten  sie  nun,wie  die  hunde  der  jagd  auf  ein  waldsch  wein,  725 
Ward  es  verlezt,  hinstürzen,  voran  den  blühenden  Jägern; 
Anfangs  laufen  sie  zwar,  es  hinwegzutilgen  verlangend; 
Aber  sobald  es  zu  ihnen  mit  trozender  stärke  sich  umkehrt,      ' 
Weichen  sie  alle  zurük ,  und  zerstreuen  sich  dorthin  und  dahin  t 
Also  die* Troer  zuerst,  in  schlachtreihn  folgten  sie  immer,  730 

Zuckend  daher  die  Schwerter  und  zwiefachschneidenden  lanzen; 
Aber  sobald  die  Ajas  herumgewendet  zu  ihnen 
Standen,  da  wandelte  jenen  die  färbe  sich;  keiner  auch  wagte ^ 
Vorwärts  rennend  im  stürm ,  um  den  leichnam  kämpf  zu  erheben. 

Also  trugen  gestrengt  den  leichnam  beid' aus  der  feldschlacht  7}^ 
Xu  den  geräumigen  schüfen;  und  stets  nach  tobte  des  kiicgs  wut\ 
Ungestüm,  wie  ein  fcuer,  die  Stadt  der  männer  durchstürmend, 
Plözlich  in  flamm*  aufsteigt  und  verbrennt;  weg  schwinden  die  häuser 
Im  hochlodernden  glänz ;  und  hinein  saust  mächtig  der  Sturmwind : 
Also  scholl  von  den  rossen  und  speergewapneten  männern  740 
Kastlos  tobender  lerm ,  die  wandelnden  immer  verfolgend. 
Sie,  wie  der  mäuler  gespanri,  mit  gewaltiger  stärke  gerüstet  1 


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154      ILIAS.    SIEBZEHNTER  GESANG. 

Schwer  hinschleppt  vom  gebirg'  auf  steinigem  piade  den  balken, 
Oder  den  Isutenden  blök  xum  schifbau ;  aber  ihr  herx  wird 
Abgequält  v^on  arbeit  und  schweif  hartringender  miihsal :  145 

Also  trugen  gestrengt  die  leiche  sie.    Aber  von  hinten 
Wehrten  die  Ajas  ab,  wie  die  flut  abwehret  ein  hügel, 
WaldbekrKnzt ,  in  die  ebne  sich  ganz  hinunter  erstreckend; 
Der  auch  gewaltiger  ströme  mit  macht  antobende  fluten] 
Hemmt ,  und  sogleich  sie  alle  zum  lauf  in  andere  thäler  150 

Abscheucht ;  denn  nicht  mag  ihr  strömender  stürz  ihn  durchbrechen: 
Also  drängten  die  Ajas  zurük  anstürmende  Streiter 
Troja's;  jene  verfolgten,  doch  zween  am  meisten  vor  allen, 
Held  Aneias  der  Anchisiad\  und  der  stralende  Hektor. 
Dort  wie  die  staar*  in  langem  gewölk  ziehn,  oder  die  dohlen,  '755 
Allzumal  aufschreiend,  sobald  sie  den  konunenden  habicht 
Sahn,  der  blutigen  mord  herbringt  dem  kleinen  gevögel: 
Also  dort  vor  Aneias  und  Hektor  flohn  die  Achaier 
AlUumal  aufschreiend  im  schwärm,   und  vergassen  der  kampflust 
Viel  auch  des  waifengeschmeides  entsank  ringsher  um  den  graben    76» 
^rgos  fliehenden  söhnen;  und  nicht  waj  ruhe  der  feldschlacbt. 


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I  L  I  A  S. 


ACHTZEHNTER     GESANO. 


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INHALT. 

jtchiBeus  jammert  um  Patroklos  tod^  Thetis  hört  seinen  eni' 
scUu/s  Hektar  zu  töäten,  obgleich  ihm  bald  nach  jenem  zu  sterba 
bestimmt  sei  9  und  ver hei/st  ihm  andere  waffen  von  Hefästos.  Da 
Achaiern  entreifst  Hektar  beinahe  denleichnam;  aber  Achiüm^ 
der  sich  waffenlos  an  den  graben  stellt^  schrekt  durch  sein  geschni 
die  Troer.  Nacht.  Den  Troern  räth  Polffdämas,  im  die  veste  zu 
ziehUf  ehe  AchiBeus  hervorbreche :  welches  Hektar  verwirft*  Du 
Achaier  wehklagen  um  Patroklos  t  und  legen  ihn  auf  leichengewa% 
de.    Der  Thetis  schmiedet  Hefästos  die  erbetenen  waffen. 


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J 


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I  L  I  A  S. 


ACHTZEHNTER     GESANG. 


A 


Iso  kämpften  sie  dort,  wie  lodernde  fiammen  des  feuers» 
!>och  zu  Achilleu«  eilt'  Antilochos  schnell  mit  der  botschaft« 
[enen  fiand  er  vom  an  des  meers  hochhauptigen  schiffen , 
3em  nachsinnend  im  geist«  was  schon  zur  Vollendung  genaht  war. 
Jnmutsvoll  pun  sprach  er  zu  seiner  erhabenen  seele:  '5 

Wehe  mir  doch!  was  fliehen  die  hauptundokten  Achaier 
Vieder  mit  angst  zu  den  schiSFen,  dahergescheucht  im  gefiide? 
Venn  nur  nicht  mir  die  götter  zum  gram  vollenden  das  unglük. 
Ig  wie  vordem  mir  die  mutter  verkündiget 9  und  mir  gesaget, 
)afs,  weil  Ich  noch  lebte,  der  tapferste  Myrmidon'  einst  10 

Jnter  der  Troer  band  das  Ucht  der  sonne  verliesse! 
Vahrlich,  gewifs  schon  starb  Menötions  tapferer  spröfsling! 
Vosci !  i<;h  warnete  ja ,  wann  die  feindliche  glut  er  gewendet , 
ieim  zu  den  schiffen  zu  gehn,  nicht  Hektor  mit  macht  zu  bekämpfen! 

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158  ILIAS^ 

Ab  er  solches  erwog  in  des  herzens  geist  und  empfindung;i| 
Siehe,  da  kam  ihm  nahe  dei  söhn  des  erhabenen  Nestor. 
Heisse  thränen  vergiessend ,  und  sprach  die  schrekliche  bocschait: 

Wehe  mir,  Peleus  söhn,  des  feurigen,  ach  ein  entsezlich 
JammergQschik  vemimst  du,  was  nie  doch  möchte  geschehn  sein 
Unser  Patroklos  sank ;   sie  kämpfen  bereits  um  den  leichnam ,  2d 
Nakt  wie  er  ist;  denn  die  wafien  entzog  der  gewaltige  Hektor! 

Sprachs ;  und  jenen  umhüllte  der  Schwermut  finstere  wölke. 

Siehe,  mit  beiden  bänden  des  schwärzlichen  staubes  ergreifend ^ 

Überstreut*  er  das  haupt,  und  etitstellte  das  liebliche  antliz; 

Auch  das  ambrosische  kleid  umhaftete  dunkele  asche.  S5 

Aber  er  selber,  grofs,  auf  grofsem  bezirk,  in  dem  staube, 

I 
Lag,  und  entstellete  raufend  mit  eigenen  bänden  das  haupthaar. 

Mägde  zugleich,  die  Achilleus  erbeutete,  samt  Patroklos, 

Laut,  mit  bekümmerter  seel*',  auf  schrieen  sie ;  all'  aus  der  thüie 

Rannten  sie  vor  um  Achilleus,  den  feurigen,  und  mit  den  bänden  30 

Schlugen  sie  alle  die  brüst,  und  jeglicher  wankten  die  kniee. 

Drüben  Amilochos  auch  wehklagete,  thränen  vergiessend, 

Haltend  Achilleus  händ',  als  beklemmt  sein  mutiges  herz  rang: 

Denn  er  besorgt',  ob  die  kehl'  er  sich  selbst  abschnitte  mit  eisen. 

Fürchterlich  weint'  er  empor.   Da  hört'  ihn  die  trefliche  mutter,3S 

.Wo  in  des  meers  abgrUnden  sie  safs  bei  dem  grauen  erzeuger. 

Lautauf  schluchzte  sie  nun ;  und  die  göttinnen  kamen  versammelt, 

Alle,  so  viel  Nereiden  des  meers  abgründe  bewohnten. 

Dort  war  Glauke  nunmehr,  Kymodoke  auch,  und  Thaleia, 

Speio,  Nesäa,  und  Thoe,  und  Hälia,  herschendes  blickes,        ip 

ch  Aktäa,  Kymöthoe  auch,  und  Limn0reia,^OOgIe 


ACHTZEHNTER  GESANG,  ^59 

bleute  dann 9  und  lära,  Amiithoe  dann,  und  Agaue, 

!)oto,  Dynämene  auch,  und  Protho,  und  Kaüianeira, 

)ann  Dexamene  auch ,  Amfinome  auch ,  und  Ferusa , 

)ori5  ,  und  Pänope  dann  ,  und  edles  ruhms  Galateia ,  45 

)ann  Nemertes  ,  Apseudes  zugleich,  und  Kallianassa; 

)ort  auch  war  laneira ,  und  Klymene ,   auch  lanassa , 

Ik'ra  ,  und  Oreithya ,  und  schönumlokt  Amatheia ;  * 

Ind  wie  viel  Nereiden  des  meers  abgriinde  bewohntsnf 

oil  ward  deren  die  grotte,  die  silberne;  alle  zugleich  nun         50 

ihlugen  die  brüst;  und  Theris  begann  die  jammernde  klage: 

Hört  mich  all',  ihr  Schwestern,  unsterbliche  töchter  des  Nereus, 
tafs  ihr  vernehmt  den  Jammer,  wie  viel  mir  die  seele  beiastet!    ^ 
Ich  mir  armen,  o  mir  unglüklichen  heldenmutter, 
ie  ich  den  söhn  mir  gebar,  so  edeles  sinns,  und  so  tapfer,       55 
xh  vor  helden  geschmükt !  Er  schwang  sich  empor,  wie  ein  spröfsling; 
id  ich'Crzog  ihn  mit  fleifs,  wie  die  pflanz*  im  fruchtbaren  acker; 
auf  in  geschnäbelten  schiffen  gen  Ilios  sandt*  ich  daher  ihn, 
oja's  Volk  zu  bekämpfen  :  doch  nie  empfang*  ich  ihn  wieder , 
änn  er  zur  heiitiat  kehrt,  in  Peleus  ragende  wohnung!  66 

er  so  lang'  er  mir  lebt,    und  das  licht  der  sonn6  noch  schauet , 
Idet  er  quäl;  und  nichts  vermag  ich  ihm  nahend  zu  helfen! 
f ,   ich  gehe  zu  schaun  mein  theueres  Jcind ,  und  zu  hören  9 
Ich  ein  j^mmer  ihn  traf,  der  entfernt  vom  kriege  beharret! 

Dieses  gesagt,  verliefs  sie  die  Wölbungen;  jene  zugleich  ihr    65 
gen  mit  thra'nen  benezt ,  und  umher  die  woge  des  meerec 
nnte  sich.     Als  sie  nunmehr  zur  scholligen  Troja  gelangten, 
gen  sie  auf  zum  gestade  der  reihe  nacbr  ^^6\^^ed3'^*^^^^^^^ 


i6o  ILIAS^ 

Myrtnidonischer  schiff*  her$tand  um  den  schnellen  Achilleas. 
Nahe  dem  schluchzenden  trat  die  ehrfurchtwüidige  mutter»        1« 
Und  lautweinend  umschlang  sie  das  haupt  des  theuereiji  sohnesr 
Und  sie  begann  wehklagend,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Liebes  kinil^  .was  weinst  du?  und  was  betrübt  dir  die  seele? 
Sprich 9  verhehle  mir  nichts!  Dir  ward  doch  alles  vollendet 
Jenes  von  Zeus,  wie  vordem  mit  erhobenen  händen  du  flehtest:  ij 
Dab,  um  die  Steuer  zusamniengedrängt ,  die  männer  Achaia*s, 
Schmachtend  nach  deiner  hülf%  unwürdige  thaten  erlitten! 

Drauf  schwerseufzend  begann  der  mutige  renner  Achilleus: 
Mutter ,  es  hat  mir  zwar  der  Olympier  jenes  vollendet 
Aber  was  frommt  mir  solches ,  nachdem  mein  theurer  Patroklos  So 
Mir  hinsank,  den  ic)i  werth  vor  allen  freunden  geachtet, 
Werth  wie  mein  eigenes  haupt !  Er  sank ;  und  die  waifen  entzog  ihn 
•  Hektor,  welcher  ihn  schlug,  so  gewaltige,  wunder  dem  anblik. 
Köstliche:  welche  dem  Peleus  die  ehrenden  götter  geschenket, 
Jenes  tags.,  da  sie  dich  dem  sterblichen  führten  zum  lager. 
Dafs  du  vielmehr  doch  dort  zu  meergöttinnen  gesellet    . 
Wohntest,  und  Peleus  hätt'  ein  sterbliches  weib  sich  erkohren! 
Nun  mufs  Dir  auch  die  seel'  unendlicher  Jammer  belasten. 
Um  den  gestorbenen  söhn;  denn  nie  empfängst* du  ihn  wieder, 
Wann  er  zur  heimat  kehrt !  Ja  mir  selbst  gebietet  das  herz  nicht,  Ji^ 
Lebend  umherzugehn  mit  sterblichen ,  wo  mir  nicht  Hektor         j 
Erst,  von  meiner  lanze  durchbohrt,  sein  leben  verhauchet.,  | 

Und  für  Patroklos  raub,  des  Menötiaden,  mir  abbüfst! 

Aber  Thetis  darauf  antwortete ,  thränen  vergiessend : 
Bald,  mein  söhn,  verblühet  das  leben  dir,  so^ie  dii  redest!     9i 

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ACHTZEHNTER   GESANG.  i6i 

Denn  alsbal4  nach  Hektot  ist  dir  dein  ende  geordnet! 

Unmutsvoll  antwortete  drauf  der  schnelle  Achilleus: 
Möcht'  ich  sogleich  hinsterben,   da  nicht  mir  gönnte  das  schiksal, 
Meinen  erschlagenen  freund  lu  vertheidigen !  Fern  von  der  heimat 
Sank  er,  und  mangelte  meiner ,  des  fluchs  abwehrer  zu  werden!  loo 
Nun  da  ich  nicht  heimkehre,  zum  lieben  lande  der  väter, 
Hab'  i(h  weder  Patroklos  mit  heil  erfreut ,  noch  die  andern 
Freund'  im  volk,  die  so  viel'  erlagen  dem  göttlichen  Hektor; 
Sondern  ich  siz'  an  den  schiffen,  umsonst  die  erde  belastend, 
Solch  ein  mann»  wie  keiner  der  erzumschiimten  Achaier,  105 

In  der  schlacht;  denn. im  rathe  besiegen  mich  andere  männer! 
Möchte  der  zank  aus  göttem  und  sterblichen  menschen  vertilgt  sein , 
Und  der  zorn»  der  selbst  auch  den  weisere^  pflegt  zu  erbittern: 
Der,  .weit  süsser  zuerst  denn  sanfteingleitender  honig, 
Baid  in  der  männer  brüst  aufwächst,  wie  dampfendes  feuer!     110 
Wie  mich  jezo  erzürnte  der  herscher  des  volks  Agamemnon. 
Aber  vergangen  sei  das  vergangene,  kränk'  es  auch  innig; 
Unseren  mut  im  herzen  bezähmen  wir,  auch  mit  gewalt  uns! 
Jezo  geh'  ich,  den  mörder  des  werthesten  haupts  zu  erreichen, 
Hektor!  Doch  mein  loos,  das  empfah' ich ,  wann  es  auch  inruner  115 
Teus  ^u  Vollenden  beschleuist,  und  die  andern  unsterblichen  götter! 
Nicht  ja  Herakles  einmal,  der  gewaltige,  mied  das  Verhängnis  1 
Welcher  der  liebste  doch  war  dem  hcrschenden  Zeus  Kronion; 
Sondern  ihn.  zwang  das  geschik  und  der  heftige  zorn  der  Here« 
Also  auch  Ich,  wofern  ein  gleiches  geschik  mir  bevorsteht,        im 
JLieg*  ich,  nachdem  ich  verhaucht:  nun  eifer'  ich  edelem  rühm  nach ! 
Manche  Troerin  noch  und  Daidanerin ,  schwellendes  busens  ^ 
Homers  Ilias.  II.  Band.  oigitizecf^GoOgle 


i62  ILIAS. 

Süll  mir  mit  beiden  bänden  vom  rosenwangigen  antliz 
Thränen  des  grams  sich  enttroknen »  mir  schwer  aufzirrerajden  seufzem ! 
Merken  sies  nun ,  dafs  ich  lange  genug  von  dem  kriege  gerastet !  125 
Nicht  mir  wehre  den  kämpf,  du  liebende;  nimmer  gehorch*  ich! 

Ihm  antwortete  drauf  die  'siiberfiissige  Theti« : 
Wahrheit  hast  du  geredet,  mein  kind;  nicht  übel  ist  sokhes, 
Seine  geängsteten  freunde  vor  tod  und  verderben  ivt  schüzea. 
Doch  in  der  Troer  gewalt  ist  dir  die  stattliche  rüstung,  13a 

Stralend  von  erz,  mit  welcher  der  helmuniHatrerte  Hektor 
Selbst  um  die  schuiter  geschmiikt  einherprangt.Xwar  wird  er  schwerlich 
Lange  darin  frohlocken,  denn  nah'  ist  jenem  ermordung. 
Abet  du  sollst  mir  noch  nicht  eingehn  ins  getümmel  des  Ares, 
Bis  du  zunik  mich  kehren  gesehn  mit  eigenen  äugen.  135 

Denn  ich  konun*  in  der  frühe,  sobald  die  sonne  heraufsteigt. 
Stattliche  wehr  dir  zu  bringen  vom  mächtigen  her!>cher  Hefastos. 

Also  sprach  die  göttin,  und  schied  von  dem  edelen  söhne. 
Drauf  gewandt  zu  den  Schwestern,  den  meergöttinnen ,  begann  sie: 

Taucht  ihr  jezo  hinab  in  den  schoofs  des  unendlichen  meeres .  140 
Dafs  ihr  den  meergreis  dort  und  die  Wohnungen  schauet  des  vaters; 
Ihm  dann  verkündiget  alles.   Doch  selbst  auf  den  hohen  Olympos 
Geh'  ich  zum  kunstberühmten  Hefastos,  ob  er  mir  wilUkhrt, 
Rüstungen,  schön  und  stralend,  für  meinen  söhn  zu  bereiten. 

Jene  sprachs ;  da  tauchten  die  göninnen  unter  die  meerBut  145 
Selbst  dann  ging  zum  Olympos  die  silberfussige  Theds 
Schnell,  dem  theueren  söhne  gepriesene  waffen  zu  bringen. 

So  zum  Olympos  enttrugen  die  schenke!  sie.     Doch  die  Achaier, 
Mit  graunvollem  geschrei  vor  dem  männermordenden  Hektor 

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ACHTZEHNTER   GESANG.  163 

Flüchteten,  daß  sie  die  schifiT  und  den  HcUespontos  erreichten.    150 

Nicht  den  Patroklos  auch  hätten  die  heliumschienten  Achaier 

Aus  den  geschossen  entführt,  den  erschlagenen  freund  des  Achilleus; 

Denii  von  neuem  ereilt*  ihn  der  manner  getös'  und  der  lossci 

Hektor  zumal)  des  Priamos  söhn,  gleich  stürmendem  feuer.     " 

Dreimal  fasst'  ihn  von  hinten  am  fufs  der  stralende  Hektor,       155 

Weg  ihn  zu  reissen  entbrannt,  und  ermahnte  die  Troer  mit  zur uf; 

Dreimal  stiesseh  die  Ajas,  mit  stiirmender  stärke  gewapnet. 

Ihn  von  dem  todten  hinweg.    Er  fest,  Volt  trozender  kühnheit, 

Wütete  jezo  hinan  das  gcv^ühl  durch,  jezö  von  neuem' 

Stand  er,und  schrie  lautauf;doch  zurukgehn  wollt*  er  durchaus  nicht.  160 

Wie  Vom  gemordeten  leibe  den  wild  anfunkelnden  bergleun 

NÄchtiiche  hirten  umsonst,  den  hungrigen  Bürger ,  verscheuche^ : 

Abo  strebten  umsonst  die  beiden  gerüsteten  Ajas 

Hektor ,  Priamos  söhn,  von  dem  leichnam  abzuschrecken« 

Und  er  hätt*  ihn  geraubt,  und  unendlichen  rühm  sich  erworben ;  165 

W^enn  nicht  Peleus  söhne  die  windschnell  eilende  Iris' 

Kam  von'Ölympos  gerannt  mit  botschaft,  sich  zu  bewafnen, 

leus  und  den  anderen  göttern  geheim;  denn  es  sandte  sie  Here. 

Nahe  trat  sie  hinan ,  und  sprach  die  geflügelten  worte : 

Hebe  dich,  Peleus  söhn ,  du  schfeklichster  unter  den  ixi^nnern !  1^70 
Schnell  den  Patroklos  geschiizt ,  uro  den  die  entsezllche  feldschlacht 
Drausseh  tobt  vor  den  schiffen.     Sie  morden  sich  unter  einander: 
Diese  mit  macht  beschirmend  den  hingesunkenen  leichnam; 
Dorther,  ihn  zu  entreissen  nach  lUos  luftiger  höhe, 
Wüten  die  Troer  mit  macht;  vox  allen  der  straknde  Hektor      175 
i>c  ihn  XU  rauben  entbrannt :  denn  das  haupt  ihm  wünschet  er  herzlich , 

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i64  ILIAS. 

Ab  vom  zarten  halse  gehaun »  auf  pPahle  zu  heften. 

Rasch,  nicht  länger  gesäumt ;  und  gtaun  durchschaudre  das  herz  dir,  i 

Dafs  Patroklos  liege  den  troischen  hunden  ein  labsal! 

Dein  ist  schmach ,  wenn  irgend  entstellt  die  leiche  daherkommt!  i8o 
Ihr  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achilleus: 

Welcher  gott  hat,  o  Iris,  dich  mir  als  botin  gesendet? 

Wieder  begann  dagegen  die  windschnell  eilende  Iris: 
Here  sandte  mich  her,  Xeus  rühmliche  lagergenossin^ 
Nicht  weifs  solches  auch  Zeus,  der  erhabene,  oder  ein gott  sonst ,  iSS 
Aller,  die  rings  des/  Qlympos  beschneiete  höhen  umwohnen. 

Ihr  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achilleus : 
Wie  doch  geh'  ich  zur  Schlacht»  da  jene  die  rüstungen  haben? 
Auch  die  liebende  mutter  verbot  mir  alle  bewafnung. 
Bis  ich  zurük  sie  kehren  gesehn  mit  eigenen  äugen;  itp 

Denn  sie  yerhiefs,  von  HePästos  mir  herliche  waffen  zu  bringen. 
Niemand  weifs  ich  ja  sonst,  defs  prangende  wehr  mir  gerecht  sei; 
Wo  nicht  Ajas  schild ,  des  gewaltigen  Telamoniden. 
Aber  er  selbst  ist,  hoff*  ich,  im  Vorderkampfe  beschäftigt. 
Mordend  mit  schreklichem  speer  um  den  hingesunknen  Patroklos.  195 

Wieder  begann  dagegen  die  windschnell  eilende  Iris: 
Wohl  ja  wissen  auch  wir,   dafs  die  herlichen  waffen  geraubt  sind. 
Doch  nur  so  an  den  graben  genaht,  erscheine  den  Troern; 
Ob,  vor  dir  erschrocken,  vielleicht  vom  kämpfe  die  Troer 
Abstehn ,  und  sich  erholen  die  kriegrischen  männer  Achaia  s      200 
Ihrer  angst,  wie  klein  sie. auch  sei,  die  erholung  des  kampfes. 

Dieses  |[esagt,  entflog  sie,  die  windschnell  eilende  Iris. 
Aber  Achilleus  erhob  sich  ^  der  götdiche.    Selber  Athene 

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ACHTZEHNTER  GESANG.  165 

Hängt'  um  die  mächtige  scliulter  die  quastumbordete  Agis;  / 

Auch  umkränzte  sein  haupt  mit  gewölk  die  heilige  götdn«'       205 

Goldenem,  und  ihm  entstralt'  ein  ringsumleuch'tendes  feuer. 

Wie  hochwallender  rauch  aus  der  Stadt  aufsteiget  zum  äther» 

Fern  aus  dem  meereiland,  das  feindliche  männer  bestürmen; 

Jene  den  ganzen  tag,  in  dem  kriegsunheil  sich  versuchend, 

Kämpfen  aus  ihrer  Stadt;  doch  sobald  die  soiine  sich  senket,     210 

Brennen  empor  reisbunde  mit.  häufiger  glut,  und  es  leuchtet 

Hoch  der  steigende  glänz,  dafs  ringsumwohnende  schauen; 

Ob  vielleicht  in  schiffen  des  Streits  abwehrer  herannahn: 

So  von  Achilleus  haupt  erhub  sich  der  glänz  in  den  äther. 

Schnell  nun  trat  er  zum  graben ,  den  wall  durch ;  nur  den  Achaiern  215 

Nahet'  er  nicht  9  denn  er  scheute  der  mutter  sorgsame  warnung: 

Dort  gestellt,  aufschrie  er;  auch  seitwärts  Pallas  Athene 

Hub  den  laut;  und  die  Troer  durchtobt*  unermesslicher  aufruhr.    ' 

Wie  wenn  hell  auftönet  der  kriegsausruf  der  drommete. 

Wann  um  die  Stadt  herwühlt  wehdrohend'er  feinde  getiimmel:  220 

Also  hell  auf  tönte  der  kriegsausruf  des  Peleiden. 

Aber  sobald  sie  vernommen  den  ehernen  laut  des  Peleiden; 

Regte  sich  allen  das  herz,  und  die  schöngemähneten  rosse 

Wandten  zurilk  ihr  geschirr ;  denn  sie  ahndeten  Jammer  im  herzen. 

Starrend  sahn  auch  die  lenker  der  glut  rastlöse  gewalt  dort       225 

Graunvoll  über  dem  haupt  des  erhabenen  Peleionen 

Brennen,  entflammt  von  Xeus  blauäugiger  tochtcr  Athene. 

Dreimal  schrie  vom  graben  mit  macht  der  edle  Achilleus; 

Dreimal  zerstob  der  Troer  gewirr  und  der  bundesgenossen. 

Dort  nun  starben,  vcnilgt  durch  eigene  wagen  und  lanzen,      2.'i« 


i66  ILIAS. 

Zwölf  der  tapfersten, helden  im  volk.    Doch  die  männer  Achaia's« 
Herzlich  froh  den  Patroklos  den  mordgeschos&en  emreissend.» 
Legeten  ihn  auf  betten ;  und  ringsum  standen  die  freunde 
Wehmutsvoll;  auch  folgte  der  mutige  renner 'Achilleus, 
Hei&se  thränen  vergiessend ,  da  dort  er  den  treuen  genossen       235 
Liegen  sah  auf  der  bahre,  zerfleischt  von  der  schjirfe  des  erzes. 
Ihn ,  ach  jüngst  nur ,  entsandt'  er  mit  rossen  zugleich  und  ge&chiire 
Hin  zur  Schlacht;  nicht  aber  empfing  er  den  kehrenden  wieder. 
Helios,  rastlos  im  lauf,  entsandt  von  der  herscherin  Here, 
Kehrcte  jeit  unwillig  hinab  zu  Okeanos  fluten.  ^       240 

Nieder  tauchte  die  sonn* ;  und  da^  heer  der  edlen  Achaier 
Ruhte  vom  schreklichen  kämpf  und  allverderbenden  kriege. 

Troja's  söhn'  auch  drüben,  vom  ungestüme  der  feldschlacht 
Wiedergekehrt ,  entlösten  die  hurtigen  rosse  den  wagen ; 
Eilron  darauf  zur  Versammlung!  bevor  sie  des  mahles  gedachtes.  245 
Aufrecht  standen  im  kreis  die  versammelten ;  keiner  auch  wagte 
Sich  zu  sezen;  denn  all'  erbebten  sie,  weil  nun  Achilleus 
Wieder  erschien,  der  lange  vom  schreklichen  kämpfe  gerastet. 
Und  der  verständige  held  Polydamas  sprach  zur  Versammlung» 
Panthoos  söhn ,  der  allein  Zukunft  und  vergangenes  wahrnahm ,  3jo 
Hektors  freund ,  mit  jenem  in  Einer  nacht  auch  geboren ; 
Er  durch  worte  berühn^t,  er  dort  durch  künde  des  Speeres; 
Dieser  begann  wohlmeinend,  und  redete  vor  der  Versammlung; 

Wohl  erwägt ,  ihr  lieben ,  den  rath ;  ich  denke ,  sogleich  nun 
Kehren  \yir  heim  in  die  stad't,  nicht  harrend  der  heiligen  frühe      255  ^ 
Hier  im  feld'  an  den  schiffen ;  da  weit  die  mauer  entfernt  ist. 
Während  der  mann  dort  zürnte  dem  göttlichen  held  AgamcmBon, 

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ACHTZEHNTER    GESANG.  167 

Damals  ward  uns  leichter  ()er  kämpf  mit  den  sehnen  Achaia'«. 
Froh  auch  ruhet'  ich  selbst  vor  den  rüstigen  schüfen  gelagert. 
Hoffend  bald  zu  gewinnen  die  zwiefachrudernden  schiffe.  260 

Doch  nun  furcht*  ich  mit  angst  den  mutigen  renner  Achilleus. 
So  wie  das  herz  ihm  strebt  voll  heftigkeit,    wird  er  fürwahr  nicht 
Lange  verziehn  im  geiilde,  wo  Troja's  söhn'  und  Achaia's 
Gleich  bisher  mit  einander  die  wut  des  Ares  getheilet; 
Nein  um  die  blühende  Stadt  nun  kämpfet  er,  undumdie.weiber.  265 
Kehren  wir  denn  in  die  veste ;  gehorchet  mir :  also  geschieht  es ! 
Jczo  hemmte  vom  kämpf  den  mungen  renner  A^hilleus 
Nur  die  ambrosische  nacht.     Doch  findet  er  morgen  alhier  uns. 
Wann  er  heryor  sich  stürzt,  der  gcwapnete ;  traun  dann  Verkennt  wohl 
Mancher  den  held,  uiid  gerne  zur  heiligen  Ilios  flüchtet,  270 

Wer  ihm  entrann;    viel  werden  ein  frafs  den  huaden  und  geiera, 
Troja's  söhn*!  O  möge  mein  ohr  nie  hören  ein  solches l 
Aber  wofern  mein  wort  ihr  genehmiget,  herzlich  betrübt  zwar;' 
Haltet  die  nacht  auf  dem  markte  die  kriegsmacbt;  thurmende  mauern 
Schüzen  die  Stadt  ringsum ,  und  hohe  befestigte  thore ,  2*75 

Wohlverwahrt  mit  grossen  und  dicht  einfugenden  flügeln» 
Frühe  sodann  vor  morgen,  mit  ehernen  waffen  gerüstet. 
Stehen  wir  ^iitgs  auf  der  mauer ;  und  weh  ihm ,  wo  er  begehret » 
Angestümu   von  den  schiffien  mit  uns  um  die  mauer  zu  kämpfen! 
Heim  zu  den  schiffien  entweicht  er,  nachdem  hochhalsige  rosse,  2S0 
Satt  von  mancherlei  lauf,  er  um  .Ilios  veste  getummeb. 
Aber  hinein  wird  nimmer  der  raut  ihm  zu  dringen  verstatten; 
Nie  erobert  er  auch:  eh  fressen  ihn  hurtige  hunde! 

Finster  schaut*  uiid  begann  der  hclmumflattfrte  Hektot: 


i68  ILIAS^ 

Keineswegs  geföUt  mir,  Polydamas,  was  du  geredet,  285 

Der  du  ermahnst  in  die  veste  die  kehrenden  einiuschliessen. 
Noch  nicht  wurdet  ihr  müd%  umhegt  zu  sein  von  der  mauer? 
Sonst  war  Priamos  «tadt  bei  vielfachredenden  menschen 
Weit  auf  def  etde  berühmt,  als  reich  an  gold',  und  an  eixe; 
Doch  nunmehr  ist  geschwunden  die  köstliche  hab'  aus  den  häusern ;  290 
Häufig  nach  Frygia  nun  und  Mäonia's  schönem  gefilde 
Gehn  zum  verkauf  kleinode ,  da  Xeus  allmacht  uns  ergrimmt  lit. 
Aber  anjeit,  da  mir  ja  der  söhn  des  verborgenen  Kronos 
Ruhm  bei  den  schiffen  verliehn ,   und  ans  meer  die  Achaier  zu  drängen ; 
Thörichter ,  nicht  mehr  äu(sre  mir  solcherlei  rath  in  dem  volke !  295 
Denn  kein  einziger  Tioer  gehorchet  dir;  nimmer  gestatt'  ichs! 
Auf  demnach ,  wie  ich  rede  das  wort ,  so  gehorchet  mir  alle. 
Jezo   empfaht  nachtkost  durch  das  kriegsheer,  häufen  bei  häufen; 
Auch  gedenket  der  hut,  und  seid  ein  jeglicher  wachsam. 
Wer  der  Troer  mit  angst  um  gut  und  vermögen  sich  härmet,  300 
Solcher  nehm*  und  geb'  es  dem  volk  zu  gemeinsamem  gastmahl: 
Besser  daf&  jene  damit  sich  belusngen,  als  die  Achaier! 
Frühe  sodann  vor  morgen ,  mit  ehernen  waffen  gerüstet , 
G^gen  die  räumigen  schiff'  erheben  wir  stürmenden  angrif. 
Wenn  d«nn  gewifs  bei  den  schiffen  erstand  der  edle  Achilleus  ;    305 
Wohl,  so  erkohr  er  sich  selbst  das  schlimmere!    Nie  ja  vor  jenem 
Werd'  ich  entfliehn  aus  dem  kampfei  dem  grässlichen;  nein  ihm  entgegen 
Steh'  ich,  ob  Ihn  siegsehre  verherliche,  oder  mich  selber! 
Gleich  ist  Ares  gesinnt,  und  oft  auch  den  schlagenden  schlägt  er! 
Also  redete  Hektor ;  und  beifaU  rauschten  die  Tcoer :  310 

Thörichte !  welchen  den  geist  verblendete  Pallas  Athene. 


ACHTZEHNTER  GESANG,  169 

Siehe,  dem  Hektor  stimmten  sie  bei ,  der  böses  beschlossen ; 
Doch  dem  Polydamas  nicht,  der  heilsame  worte  geredet. 
Spätmahl  nahmen  sie  nun  durch  das  kriegsheer.   Doch  die^Achaier 
Hüben  die  ganze  nacht  um  Patroklos  klagen  und  seufzen         '315 
Peleus  söhn  vor  ihnen  begann  die  jammernde  klage ; 
Seine  mordenden  hände  gelegt  auf  den  busen  des  freundes', 
Achxet'.er  häutig  empor:  wie  ein  bärtiger  löwe  des  bergwalds. 
Welchem  die  jungen  geraubt  ein  hirschverfolgender  Jäger 
Tief  aus  verwachsnem  gehöh ;  er ,  drauf  ankommend ,  betrübt  sich ,  320 
Und  viel  thale  durcheilt  er ,  der  spur  nachrennend  des  mannes , 
Ob  er  ihn  wo  ausforsche;  denn  bittere  galle  durchdrang  ihn; 
Also  schwer  aufseufzend  vor  Myrmidonen  begann  er  .- 

Götter,  wie  eitele  worte  sind  jenes  tags  mir  entfallen, 
Als  ich  trost  im  palaste  dem  held  Menötios  zusprach !  325 

Heim  verhiels  ich  gen  Opus  den  rühmlichen  söhn  ihm  zu  bringen, 
Wann  er  Troja  verheert,  und  köstliche  beute  geloset.  . 
Aber  der  mensch  entwirft ,  und  Zeus  vollendet  es  anders ! 
Uns  ward  beiden  bestimmt,  die  selbige  erde  zu  röthen, 
Hier  im  troischen  landM  Auch  mich  heimkehrenden  wird  er    (330 
Nimmer  empfahn  im  palaste ^  der  graue  reisige  Peleus, 
Noch  auch  Thetis  die  mutter ;  mich  wird  hier  decken  das  erdreich. 
Doch  nun  Ich,  o  Patroklos,  nach  dir  in  die  erde  vetsinke; 
Feier'  ich  dir  nicht  eher  das  grabfest,  bis  ich  dir  Hektors 
Wafien  gebracht  und  das  haupt ,  des  trozigen,  deines  mörders!  335 
Auch  zwölf  Jünglinge  werd'  ich  am  todtenfeuer  dir  schlachten , 
Troja's  edlere  söhn' ,  im  zorn  ob  deiner  ermordung ! 
Kuh'  indessen  alhier  bei  meinen  geschnäbeiten  schiffen^ogle 


lyo  vi    IL I AS* 

Manche  Troerin  auch  und  Dardanerin,  schwellendes  busens, 
Soll  wehklagen  um  dich,  bei  tag'  und  nacht  dich  beweinend,  3^ 
Welche  wir  selbst  erbeutet  mit  kraft  und  gewaltiger  lanze , 
Blühende  städt*  austilgend  der  viclfachredenden  menschen. 

Also  sprach,  und  den  freunden  gebot  der  edle  Achilleus: 
Filend  ein  grofs  dreifüssig  geschirr  auf  feuer  zu  stellen. 
Um  von  dem  blutigen  staube  Patroklos  leiche  zu  säubern.         ^ 
Jene  stellten  das  badegeschirr  auf  loderndes  feuer, 
Gossen  dann  wasser  hinein,  und  legeten  holz  an  die  flamme; 
Hell  umschlug  sie  den  bauch  des  geschirrs,  und  es  kochte  das  wamsen 
Aber  nachdem  das  wasser  gekocht  im  blinkenden  erze » 
Wuschen  sie  jezt ,  und  salbten  mit  schmeidigem  öle  den  leichnam ;  35« 
Mit  neunjähriger  salb*  erfiillten  sie  jezo  die  wunden; 
Legten  ihn  dann  auf  betten,  und  breiteten  köstliche  lein  wand 
Ihiü  vom  haupt  zu  den  fiissen ,  und  drauf  den  schimmernden  teppicKj 
Aber  die  ganze  nacht  um  den  mutigen  renner  Achilleus 
Klagten  die  Myrmidonen  Patroklos  weipend  und  seufzend.       3S 
Icus  nun  sprach  zu  Here  ,  der  göttlichen  Schwester  und  gattin: 

Endlich  gelang  dirs  doch ,  du  hoheitblickende  Here , 
Peleas  söhn  zu  erregen,  den  mutigen.    Sicher  ans  deinem 
Eigenen  schoofs  entstanunen  die  hauptumlokten  Achaier. 

Ihm  antwortete  drauf  die  hoheitblickende  Here :  3& 

Welch  ein  wort,  Kronion,  du  schreklicher,  hast  du  geredet? 
Kann  ja  doch  wohl  .etwas  ein  mensch  dem  manne  vollenden,. 
Er  der  sterblich  nur  ist,  und  nicht  so  kundig  des  rathes. 
Aber  Ich ,  die  stolz  der  götrinnien  erste  sich  rühmet , . 
Zwiefach  erhöht',  durch  geburt,  und  weil  ich  deine  genossin     5^3 


ACHTZEHNTER  GESANG*  171 

rVard  ernannt,  der  du  mächtig  im  I^is  der  unsterblichen  waltcstf 
Jollt'  ich  nicht  den  Troern  im  zorn  ein  übel  bereiten  ? 

Also  redeten  jen*  im  vrechselgespräch  mit  einander. 
\ber  Hefastos  palast  erreichte-  die  herscherin  Thetis, 
Sternenhell,  unvergänglich,  d^r  vor^tralt'  unter  den  göttem,        370 
IVelchen  aus  erz  er  selbst  ^ich  gebaut,  der  hinkende  künstler. 
Ihn  dort  fand  sie  in  schweifs  um  die  blasebälge  beschäftigt» 
Eiferig:  denn  dreifüsse  bereitet'  er,  zwanzig  in  allem, 
Kings  zu  stehn  an  der  wand  des  wohlgegründeten  saales. 
Goldene  räder  befestigt'  er  jeglichem  unter  den  boden ;  315 

Dafs  sie  aus  eigenem  trieb'  in  die  schaar  eingingen  der  göttcr , 
Dann  zu  ihrem  gemach  heimkehreten ,  wunder  dem  anbltk. 
Sie  nun  waren  so  weit  gefertiget;  nur  noch  der  henkel 
Kunstwerk  fehlte  daran ;  jezt  fügt'  er  sie  ,  hämmernd  die  nägeL     . 
Während  er  solches  erschuf  mit  kundigem  geist  der  erfindung  ,      380 
Siehe,  da  kam  ihm  nahe  die  silberTüssige  Thetis. 
Diese  sah  vorwandelnd  die  feinumschleierte  Charis, 
Schön  und  hold ,  die  gattin  des  hinkenden  Feuerbeherschcrs ; 
Und  sie  fafst'  ihr  die  hand ,  und  redete ,  also  beginnend : 

Thetis  in  langem  gewande ,  wie  nahest  du  unserer  wohnung,  3S5 
Rhrenwerth  und  geliebt?  Denn  sonst  besuchst  du  mich  wenig. 
Aber  komm  doch  herein,  damit  ich  als  gast  dich  bewirte. 

Also  sprach,  und  führte  sie  ein,  die  herliche  göttin« 
Jene  sezte  sie  dann  auf  den  silbergebuckelten  sessel, 
khön  und  prangend  an  kunst;  undeinschemelstüzt'ihrdiefüsse.   390 
Laut  nun  rief  sie,  und  sfprach  zum  kunstberuhmten  Hefästos: 
rrit  hervor ,  Hefiistos  j  die  herscherin  Thetis  bedarf  dciißOgle 


i7a  ILIAS. 

Iht  antwortete  dmuF  der  hinkende  Feuerbeherscher^ 

Traun  ja,  so  i&t  die  erhabne,  die  edelste  göttin  daheim  mir. 
Welche  vordem  mich  gerettet  im  schmerz  des  unendlichen  falles ,  35 
Als  mich  die  mutter  verwarf,  die  entsezliche !  welche  mich  lahme; 
WegiuschafFen  beschlofs«    Da  war  ich  geschwunden  in  trühsai. 
Hält'  Eurynome  nicht  und  Thetis  im  -schoofs  mich  empfangen , 
Jene,  des  kreisenden  Stroms  Okeanos  blühende  tochter. 
Dort  neun  jähre  verweilt*  ich ,  und  schmiedete  mancherlei  kunstwerk ,  4« 
Spangen  und  ring*,  und  ohrengehenk* ,  haamadeln  und  kettlein, 
In  der  gewölbeten  grott' ;  und  der  ström  des  Okeanos  ringsher 
Schäumte  mit  brausendem  hall ,  der  unendliche :  keiner  der  andern 
Kannte  sie,  nicht  der  götter,  und  nicht  der  stetblichen  menschen; 
Sondern  Thetis  allein  und  Eurynome,  die  mich  gerettet.  40J 

Diese  besucht  uns  jezo  im  haus';  und  darum  gebührt  mir. 
Froh  der  lockigen  Theds  den  rettungsdank  zu  bezahlen.  | 

Auf,  nun  reiche  du  ihr  des  gastrechts  schöne  bewirtung, 
IVährend  ich  selbst  die  bälge  hinwegräum',    und  die  geräthschaL 
Sprachs,  und  vom  ambofs  hub  sich  das  ru^sige  ungeheuer,  41« 
Hinkend  ,  und  mühsam  strebten  daher  die  Schwächlichen  beinc. 
Abwärts  fegt'  er  vom  feuer  die  bälg',    und  nahm  die  gerathschaft, 
Alle  Vollender  der  kunst,  und  verschlofs  sie  im  silbernen  kästen; 
Wusch  sich  dann  mit  dem  schwämme  die  bände  beid' ,  und  das  antlix,  j 
Auch  den  nervichten  hals,  und  den  haarumwachsenen  basen ;  415 
Hüllte  den  leibrok  um,  und  am  mächtigen  stab'  aus  der  thüre 
Hinkt'  er  hervdr;  auch  stüzten  geschäftige"  mägde  den  herscfaer,     ' 
Goldene,  lebenden  gleich,  mit  jugendlich  reizender  bildung: 
Diese  haben  verstand  In  der  brüst,  und  redende  stimme. 


ACHTZEHNTER   GESANG.  173 

[aben  kraft ,  und  lernten  auch  kunstarbeit  von  den  göttem.      '420 
chräge  vor  ihrem  herrn  hin  eihen  sie;  er  nachwankend , 
Iahte,  wo  Thetis  safs,  und  nahm  sich  den  schimmernden  sessei; 
u  nun  (asst*  er  die  hand,  und  redete,  also  beginnend: 

Thetis  in  langem  gewande,    wie  nahest  ^du  unserer  wohnung» 
hrenwerth  und  geliebt?    Denn  sonst  besuchst  du  mich  wenig«    4^5 
ede ,  was  du  verlangst ;  mein  herz  gebeut  mir  gewährung , 
ann  ich  nur  es  gewähren,  und  ist  es  selber  gewährbar» 
Aber  Thetis  darauf  antwortete,  thränen  vergiessend: 
ch  Hefastos,  war  eine  der  göttinnen  auf  dem  Olympos, 
ie  so  viel  im  herzen  des  traurigen  wehes  geduldet»  430 

Is  auf  mich  vor  allen  den  gram  aufhäufte  Kronion? 
ich  aus  den  meergöninnen  dem  sterblichen  manne  gesellt*  er, 
Icus  Aakos  söhn',  und  ich  trug  des  mannes  umarmung, 
hr  unwillig  aus  zwang;  doch  jezt  vor  traurigem  airer 
eget  er  dort  im  palast ,  ein  entkräfteter.  Mehrnoch  desgramsnun !  435 
nen  söhn  zu  gebären  verlieh  er  mir,  und  zu  erziehen, 
Kh  vor  beiden  geschmükt !  Er  schwang  sich  empor ,  wie  ein  spröisling ; 
td  ich  erzog  ihn  mit  fieifs ,   wie  die  pflanz'  im  fruchtbaren  acker  ; 
auf  in  geschnäbelten  schiffen  gen  lUos  sandt'  ich  daher  ihn, 
>ja's  Volk  zu  bekämpfen.   Doch  nie  empfang'  ich  ihn  wieder,  44a 
mn  er  zur  hetmat  kehrt,  in  Peleus  ragende  wohnung! 
er  so  lang'  er  mir  lebt,    und  das  licht  der  sonne  noch  schauer ^ 
Idet  er  quäl ;  und  nichts  vermag  ich  ihm  nahend  zu  helfen ! 
zum  ehrengeschenk  ihm  die  Danaer  wählten ,  die  Jungfrau 
im  aus  der  band  ihm  wieder  der  völkerfUrst  Agamemnon.   445 
urend  zerquält  er  um  diese  das  herz  sich.     Aber  die  Troer 

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174  ILIAS* 


\ 


Schlössen  die  Danaer  ein  um  die  ragenden  Steuer,  und  liessen 
Nicht  aus  jdem  lager  sie  gehn.     Ihm  fleheten  drauf  der  Achaier 
Älteste,  welche  viel  und  herliche  gaben  erboten. 
Selbst  nunmehr  verweigert'  er  zwar  dem  verderben  zu  wehren  ;     453 
Aber  den  freund  Patroklos,  mit  eigenen  waifon  ihn  rüstend« 
Sandt'  er  daher  in  die  sdilacht,  und  viel  auch  des  Volkes  gewähn  er 
Ganz  den  tag  duirchkämpften  sie  nun  am  skäischen  thore  ; 
Ja  und  des  tages  verheert  war'  Ilios,  wenn  nicht  Apollon 
Jenen  vertilger  des  volks,  Menötios  tapferen  spröfsling,  45J 

Schlug  in  dem  Vordergefecht  y  und  Hektom  schenkte  den  siegsruhro. 
Drum  nun  flehend  umBtss'  ich  die  kniee  dir,   ob  du  geneigt  seist, 
Schild  und  heim  zu  verleihen  dem  bald  hinwelkenden  söhne. 
Prangende  schienen  zugleich  mit  schliessender  knöchelbedeckung , 
Harnisch  auch:  was  er  hatte,  verlor  sein  genofs,  da  er  Troja's  460 
Mimnern  sank;  und  er  liegt  an  der  erd',  unmutiges  herzens. 

Ihr  antwortete  drauf  der  hinkende  Feuerbeherscher : 
Mutig,  und  lafs  nicht  dieses  das  herz  dir  im  buscn  bekümmern. 
Dafs  ich  dem  graulichen  tod*  ihn  doch  so  ferne  vermöchte 
Aus  der  gewaltzu  entziehn ,  wann  einst  sein  jamniergeschik  naht :    4^ 
Als  nun  prangende  wehr  ihn  erfreun  wird,  solche  wie  mancher 
Wohl  anstaunt  im  geschlcchte  der  sterblichen,  wer  sie  erblicket! 

Dieses  gesagt,  verliels  er,  sie  dort,  und  eilt^  in  die  ^se. 
Wandt'  in  das  feuer  die  bälg',  und  hieis  sie  mit  macht  arbeiten. 
Zwanzig  bliesen  zugleich  der  blasebälg'  in  die  Öfen,  4'a 

Allerlei  hauch  aussendend  des  glutanfachenden  windes, 
Bald  des  eilenden  werk  zu  beschleunigen,  bald  sich  erholend, 
Je  nachdem  es  HePdStos  befahl  zur  Vollendung  der  arbeir. 

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'     ACHTZEHNTER   GESANa  175 

;ner  iteUt*  aaf  die  gkit  unbändige«  erz  in  den  tiegeln , 
uch  gepriesenes  gold ,  und  zinn,  und  leuchtendes  silber;    •    4*7-;; 
ichtete  dann  auf  dem  blök  den  ambofs ,  nahm  mit  dei  rechten 
rauf  den  gewaltigen  hammer,  und  nahm  mit  der  linken  die  xan(_£. 

Erst  nun  formt'  er  den  schild ,  den  ungeheuren  und  starken » 
anz  ausschmückend  mit  kunst,   und  zog  die  schimmernde  randuug 
rcifach  und  blank  ringsher;  ein  gehenk  dann  fügt*  er  von  silber.  4S0 
IS  fünf  schichten  gedrängt  war  der  schild  selbst ;  oben  darauf  dann' 
Idet'  er  viel  kunstreiches  mit  kundigem  geist  der  crfindung. 

Draufnunschuferdieerd',  und  das  wogende  meer,  unddenhimmel, 
ich  den  vollen  mond ,  und  die  rastlos  wandelnde  sonne ; 
auf  auch  alle  gestime,  so  viel  sind  zeichen  .des  himmels»      485 
ich  Plejad*  und  Hyad*,  und  die  grosse  kraft  des  Orion, 
ich  die  Bärin ,  die  sonst  der  himmelwagen  genannt  wird , 
flehe  sich  dort  umdreht ,  und  stets  den  Orion  bemerket , 
d  allein  niemals  in  Okeanos  bad  sich  hinabtaucht. 

Drauf  erschuf  er  sodann  zwo  Städte  der  redenden  menschen ,  490 
hende:  voll  war  die  ein*  hochzeitlicher  fest*  und  gelage. 
Ige  braut*  aus  den  kammern,  geführt  im  scheine  der  fackeln. 
Igen  einher  durch  die  Stadt;  und  hell  erhub  sich  das  brautlied: 
izende  jUnglinge  drehten  behende  sich^  unter  dem  klänge, 

von  flöten  und  harfen  ertönete;  aber  die  weiber  495 

iden  bewunderungsvoll,  vor  den  Wohnungen  jede  betrachtend, 
h  v^ar  Volksversammlung  gedrängt  auf  dem  xparkte :  denn  heftig 
kten  sich  dort  zween  mannet ,  und  haderten  wegen  der  sühnung 

den  erschlagenen  mann.     Es  betheuerte  dieser  dem  volke , 
i  hab*  er  bezahlt;  ihi;n  leugnete  jener  die  Zahlung.  500 

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176     ,  ILIAS* 

Jeder  drang,  den  streit  durch  des  kundigen  zeugnis  tu  enden. 

Diesem  schrien  und  jenem  begünstigend  eifrige  helfer; 

Doch  herolde  bezähmten  die  schreienden.    Aber  die  obecn        I 

Sassen  im.  heiligen  kreis'  auf  schöngehauenen  steinen; 

Und  in  die  bände  den  stab  dumpfrufender  herolde  nehmend,  5o| 

Standen  sie  auf  nach  einander,  und  redeten  wechselnd  ihr  uithdl 

Mitten  lagen  im  kreis'  auch  zwei  talente  des  goldes. 

Dem  bestimmt,  der  vor  ihnen  das  recht  am  gradesten  spräche. 

Jene  Stadt  umSassen  mit  krieg  zwei  beere  der  völker, 
Leuchtend  im  waiFenglanz.     Die  belagerer  droheten  zwie£adi:  51 
Auszutilgen  die  Stadt  der  vertheidiger ,  oder  zu  theilen 
Alles  gut,  das  die  liebliche  Stadt  inwendig  verschlösse. 
Jene  verwarfen  es  stolz,  zum  hinterhalte  sich  rüstend« 
Ihre  maüer  indefs  bewahreten  liebende  weiber. 
Und  unmündige  kinder,  gesellt  zu  wankenden  greisen.  S 

Jen'  enteilten,  von  Ares  geführt  und  Pallas  Athene: 
Beide  sie  waren  von  gold,  und  in  goldene  kieider  gehüllet. 
Beide  schön  in  den  waiFen  und  grofs  ,  wie  unsterbliche  göttcr, 

Weit  umher  vorstralend;  denn  kleiner  an  wuchs  war  die  heer^chs^ 

■ 

Als  sie  den  ort  nun  erreicht,  den  zum  hinterhalt  sie  gewählet,  j 
Nahe  dem  bach,  wo  zur  tränke  das  vieh  von  der  weide  geführt  ui^ 
Siehe,  da  sezten  sich  jene,  geschirmt  mit  blendendem  erze. 
Abwärts  sassen  indefs  zween  spähende  wächter  des  volkes, 
Harrend,  wann  sie  erblikten  die  schaf  und  gehörneten  rinder. 
Bald  erschienen  die  heerden,  von  zween  feldhi^en  begleitet,  i 
Die,  nichts  ahndend  von  trug,  mit  syringengetön  sich  ergeiteO' 
Schnell  auf  diekommendejn  stürzt'  aus  dem  Hinterhalte  die  heerscl» 

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ACHTZEHNTER  GESANG,  177 

Raubt'  und  trieb  die  beeiden  hinweg,  der  gehömeten  rinder. 
Und  wei£swoliigen  schaP,  und  erschlug  die  begleitenden  hirten. 
Jene,  sobald  sie  vernahmen  das  laute igetös'  um  die  rinder»       530 
Welche  die  heiUgen  thore  belagerten;  schnell  auf  die  wagen 
Sprangen  sie,  eilten  im  stürm  der  gespann* ,  und  erreichten  sie  plözlich« 
Alle  gestellt  nun,  schlugen  sie  schiacht  um  die  ufei  des  baches. 
Und  hin  flogen  und  her,  die  ehernen  kriegeslanzen« 
Tiwietracht  tobt'  und  Tumult  ringsum,  und  des  jammergeschiks  Ker,  535 
Die  dort  lebend  erhielt  den  verwundeten,  jenen  vor  wunden 
Sicherte,  jenen  entseelt  durch  die  schlacht  fortzog  an  den  fussei^.; 
Und  ihr  gewand  um  die  schulter  war  roth  vom  blute  der  mannet. 
Gleich  wie  lebende  menschen  durchschalteten  diese  die  feldschltcht. 
Und  sie  entzogen  einander  die  leichname  todter  beiden.  540 

Weiter  schuf  er  darauf  ein  brachfeld,  locker  und  fruchtbar» 
Breit ,  zum  dritten  gepflügt ;  und  viel  der  ackernden  männex 
Trieben«<lie  joch'  umher,  und  lenketen  hiehin  und  dorthin« 
Aber  so  oft  sie  kehrend  des  ackers  ende  gewannen » 
Reicht'  ein  mann  den  becher  des  herzerfreuenden  weines  54^ 

Jeglichem  dar  nach  der  Ordnung;  sie  wandten  sich  dann  zu  den  furchen , 
Freudiges  muts,  das  ende  der  riefen  flur  zu  erreichen. 
Aber  es  dunkelte  hinten  da^  land ,  und  geackertem  ähnlich 
Schien  es ,  obgleich  von  gold :  so  wundersam  war  es  bereitet« 

Drauf  auch  schuf  er  ein  feld  tief  wallender  saat  t  wo  die  Schnitter  550 
Mäheten ,  jeder  die  band  mit  schneidender  sichel  bewafnet.  . 
Län^s  dem  schwad'  hin  sanken  die  häufigen  griffe  zur  erde; 
Andere  banden  die  binder  mit  strohernen  seilen  in  garben; 
Denn  drei  garbenbiuder  verfolgeten.     Hinter  den  mähern 

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Homers  IHju.   H.  Ban4.  M 


17?  ILiAS, 

Sammelten  knaben  die  griff*,  und  trugen  sie  unter  den  armen  555 
Rastlos  jenen  daher.     Der  herr  stillschweigend  bei  ihnen 
Stand,  den  Stab  in  den  bänden,  amschwad',  und  freute  sich  henlidL 
Abwärts  unter  der  eiche  bereiteten  diener  die  mahlzeit, 
Rasch  um  den  grossen^ stier ,  den  sie  opferten;  weiber  indessen 
Streueten  weisses  mehl  zum  labenden  mus  für  die  ernter.  560 

Drauf  auch  ein  rebengefilde ,   von  schwellendem  weine  belastet, 
Bildet'  er  schon  aus  gold;   doch  schwärzlich  glänzten  die  traubcn; 
Und  lang  standen  die  pfähle  gereiht  aus  lauterem  silber. 
Rings  dann  zog  er  den  graben  von  dunkelei  bläue  des  Stahles, 
Samt  dem  gehege  von  zinn.     Ein  pfad  nur  führte  zum  tebhain,  565 
Für  die  träger  zu  gehn ,  in  der  zeit  der  fröhlichen  lese, 
Jünglinge  nun,  aufjauchzend  vor  lust,  und  rosige  jungfraun 
Trugen  die  süsse  fiucht  in  schongeflochtenen  körben. 
Mitten  auch  ging  ein  knab'  in  der  schaia? ;  aus  klingender  leier 
Lokt'  er  gefällige  tön',  und  «ang  den  reigen  von  Linos  5-0 

Mit  hellgellender  stimm';  ufid  ringsum  tanzten  die  andern. 
Froh  mitgesang  und  jauchzen  und  hüpfendem  Sprung  ihn  begleitend. 

•     Eine  hecrd'  auch  schuf  er  darauf  hochhauptiger  rindei; 
Einige  waren*  aus  goldc  geformt ,  aus  zinne  die  andern. 
Froh  mit  gebrüll  vom  hof  enteileten  diese  zur  weide,  5^5 

Längstiem  rauschenden  flufs',  der  hinabschofs ,  wankend  von  Schilfrohr. 
Aber  goldene  hirten  begleiteten  ämsig  die  rinder. 
Vier  an- der  zahl,  auch  folgeten^neun  schnellfüssige  hunde. 
Zweeii -entsezliclie  lÖwen^  gestürzt  in  die  vordersten  rinder, 
Fassten  den  dumpf  aufbrummenden  stier ;  und  mit  laptem  gebrüll  nun  {81 

Ward  er  geschleift;  doch  hund*  und  Jünglinge  folgten  ihm  schleunig« 

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ACHTZEHNTER    GESANG.  179 

Jene,  nachdem  sie  zerrissen  die  haut  des  gewaltigen  stieres , 
Schlürften  die  eingeweid'  und  das  schwarxe  blut;  und  vergebens 
Scheuchten  die;  hirten  daher ,  die  hurtigen  hund'  anhebend. 
Sie  dort  zukten  zuriik,  mit  gebifs  zu  fassen  die  iöwen,  585 

Standen«  genaht,  und  belhen  sie  an,  doch  immer  vermeideiid. 

Eine  trift  auch  erschuf  der  hinkende  Feuerbeherschcr , 
Im  anmutigen  thal,  durchschwärmt  Von  silbernen  schafen» 
Hirtcngeheg'  und  hütten  zugleich^  und- schirmende  stalle. 

Einen  reigen  auch  schlang  der  hinkende  Feuerbeherscher ,  590 
Jenem  gleich,  wie  vordem  in  der  weitbewohneten  Knossos 
Dädalos  künstlich  ersann  der  lockigen  Ariadne. 
Blühende  Jünglinge  dort  und  vielgefeierte  jungfraun 
Tanzten  den  ringeltanz ,  an  der  hand  einander  sich  haltend. 
Schöne  gewand'  umschlossen  die  Jünglinge,  hell  wie  des  öles   595 
Sanfter  glänz ,  und  die  mäddien  verhüUete  zarte  ieinwand. 
Jegliche  tänzerin  schmükt'  ein  lieblicher  kränz,  und  den  tänzern 
Hingen  goldene  dolch*  an  silbernen  riemen  herunter. 
Kreisend  hüpften  sie  bald  mit  schöngemessenen  tritten 
Leicht  herum ,  so  wie»  oft  die  befestigte  scheibe  der  töpfer  600 

Sizend  mit  prüfenden  bänden  herumdreht ,  ob  sie  auch  laufe } 
Bald  dann  hüpften  sie  wieder  in  Ordnungen  gegen  einander. 
Zahlreich  stand  das  gedräng*  um  den  lieblichen  reigen  versammelt. 
Innig  erfreut;  auch  zween  haupttummeler  tanzten  im  kreise, 
Nach  dem  gesang'  anhebend,  und  dreheten  sich  in  der  mitte.   605 

Auch  die  grosse  gewalt  des  Stromes  Okeanos  schuf  er 
Rings  am  äussersten  rand  des  &chönvoUendeten  Schildes. 

AU  er  den  schild  vollendet,  den  uni?eheuren^nd  starken; 

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i8o     ILIAS.    ACHTZEHNTER  GJESANG» 

Schuf  er  den  hamüch  anjezt»  von  hellerem  glänz  wie  de$  Feuers; 
Schuf  ihm  dann  den  gewaltigen  helm,der  den  schlafen  ach  anschlols,6io 
Schön  und  prangend  an  kunst  y  und  zog  aus  golde  den  haarbusch; 
Schuf  ihm  zulezt  auch  schienen»  aus  feinem  zinne  gegpssen* 

Als  nun  jedes  geräch  vollbracht  der  hinkende  künstler; 
Nahm  er»  und  legt'  es  gtlÜLufc  vor  Achilleus  göttliche  mutter« 
Schnell  wie  ein  habicht  herab  vom  schneebedekten^Olympos     615 
Sprang  sie ,  und  trug  vonHefiistos  das  schimmernde  wa£Fengeschmeide. 


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I  L  I  A  S. 


NEUNZEHNTER     GESANa 


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INHALT. 

Am  morgen  bringt  Thetis  die  Waffen  ^  und  sickirt  den  Uiciu 
nam  vor  Verwesung,  Achiüeus  beruft  die  Ackaier,  entsagt  dem 
xorn^  und  verlangt  sogleich  schlackt.  AgatHemnon  erkennt  sein 
vergehn ,  und  erbietet  sich  die  gesckenke  kolen  zu  lassen.  Auf  Odys- 
seus  rath  nekmen  die  Ackaier  das  frUkmakl »  die  gesckenke  nebst 
der  Briset s  werden  gebrackt  t  und  Agamemnon  sckwVrt^  sie  nie- 
mals berükrt  zu  haben.  AckiUeus  okne  nakrung  wird  von  Athene 
gestärkt,  und  ziekt  mit  dem  heere  gerüstet  zum  kämpf  Sein 
rofs  weissagt  ihm  nach  dem  heutigen  siege  den  naken  tod,  den  er 
veracktet. 


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I  L  r  A  s. 

NEUNZEHNTER      GESANG, 


E. 


.^05  im  saf ränge  wand  \  Okeanos  fluten  entsteigend  , 
Hub  sich,  göttern  das  licht  und  sterblichen  menschen  zu  bringen. 
Jene  kam  zu  den  schiffen,  vom  gott  herbringend  die  gaben. 
Jezo  fand  sie  den  söhn  gestrekt  um  den  lieben  Patroklos, 
Weinend  mit  lauter  srimm';  und  viel'  umher  der  genossen  5 

Jammerten.     Unter  sie  trat  die  silberfüissige  göttin; 
Und  sie  fasst'  ihm  die  band,  und  redete,  also  beginnend : 

Lieber  söhn,  ihn  lassen  wir  nun,  wie  herzlich  wir  trauern , 
Seiner  ruh,  nachdem  der  unsterblichen  rath  ihn  bewältigt. 
Du  nim  hier  von  Hefästos  die  hochgepriesene  rüstung,  10 

Wunderschön,  wie  sie  nimmer  ein  mann  um  die  schultet  geträgen. 

Also  spxach  die  göttin,  und  legete  nieder  die  wafien 
Vor  dem  söhn;  und  laut  errasselten  alle  die  wunder. 
Alle  die  Myrmidonen  durchdrang  furcht ;  keiner  auch  wagte 
Grade  sie  anzuschaun;  sie  entzitterten.     Aber  Achilleus,  15, 

So  wie  er  sah,  so  ergrif  ihn  noch,  stärkerer  zorn;  und  die  äugen 
Stralten  ihm  unter  den  wimpern  y  wie  schrekliche  flamme  des  feuers. 
Freudig  umfasst*  und  hielt  er  die  herliche  gäbe  des  gottes. 
Aber  nachdem  er  sein  herz  gesäniget,  schauend  die  wunder; 
Schnell  zur  muttcr  nunmehf  die  gcRKgelten  worte  WannjCr:      ao 

igi  ize     y  ^ 


184  ILIAS. 

Mutter,  die  waffen  verlieh  ein  gott  mir,  so  wie  sie  wahrlich 
Schaft  der  unsterblichen  hand,  kein  sterblicher  mann  sie  bereitet. 
Gleich  denn  erschein'  ich  wieder  in  rüstungen.     Aber  mit  unruh 
Sorg'  ich ,  dafs  mir  indefs  Menötios^  tapferem  spiöfsling 
Fliegen,  hineingeschmiegt  in  die  crxgeschlagenen  wunden,  25 

Drinnen  gewürm  erzeugen ,   und  schnöd'  entstellen  den  leichnam ; 
(Denn  sein  geist  ist  entflohn!)  und  der  leib  hinsink'  in  Verwesung. 

Ihm  antwortete  drauf  die  silberfb'ssige  Thetis: 
Lafs,  o  söhn,  nicht  dieses  das  herz  dir  im  busen  bekümmern« 
Jenem  versuch*  ich  selber  hinwegxuscheuchen  die  fliegen,  .  30 

Deren  geschlecht  raubgierig  erschlagene  männer  verzehret. 
Wenn  er. sogar  daläge  bis  ganz  zur  Vollendung  des  Jahres, 
Dennoch  soll  ihm  der  leib  unversehrt  sein,  oder  noch  schöner. 
Rufe  demnach  zur  Versammlung  die  edelsten  beiden  Achaia's, 
Ausgesöhnt  von  dem  zorne  mit  Atreus  söhn  Agamemnon  ;  35 

Schnell  dann  eile  gewapnet  zum  kämpf,  und  gürte  mit  kraft  dich. 

Also  redete  jen',  und  gat;>  ihm  entschlossene  kühnheit. 
Drauf  dem  Patroklos  gofs  sie  ambrosiasaft  in  die  nase , 
Und  rothfunkelnden  nektar,  den  leib  unversehrt  zu  erhalten. 

Fort  nun  ging  er  am  strande  des  meers ,  der  edle  Achilleus ,  4® 
Rufend  mit  grausem  getön,  und  erregte  die  beiden  Achaia's. 
Jene  sogar,  die  zuvor  im  kreis  der  schiffe  beharret. 
Auch  die  steuerer  selbst,  die  am  rüder  sassen  der  schiffe, 
Auch  die  schafner  der  schiffe,  das  brot  zu  vcrtheilen  geordnet; 
'Sie  auch  eilten  daher  zur  versammelung:  weil  nun,  Achilleus     45 
Wieder  erschien,  dfer  lange  vom  schreklichen  kämpfe  gerastet. 
Jene  bcid'  auch  hinkten  daher,  die  genossen  des  Ares, 

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NEUNZEHNTER  GESANG,  igs 

Tydeus  söhn ,  der  streitbare  held ,  und  der  edle  Odysseus , ' 

Matt  auf  die  lanze  gestiizt ;  denn  sie  trugen  noch  schmerzende  wunden ; 

Und  sie  sezten  sich  beid'  in  den  vordersten  reihn  der  Versammlung.  50 

Doch  am  spätesten  kam  der  herscher  des  volks  Agamemnon , 

Krank  an  der  wund';  ihm  hatt*  in  schreckenvoUer  entscheidung 

Koon  ,  Antenors  söhn ,  mit  ehernem  speer  sie  gebohret. 

^ber  nachdem  sich  alle  zusammengedrängt  die  Achaier; 

[ezo  erstand  vor  ihnen  und  sprach  der  schnelle  Achilleus :  55 

Atreus  söhn,  o  gewifs  war  heilsamer  solches  uns  beiden, 
3iT  und  mir  selber  zugleich;  als  wir,  unmutiger  seele^ 
4it  herzkränkendem  zank  uns  ereiferten,  wegen  des  nrfägdleins!    - 
iätte  vielmehr  an  den  schiffen  der  Artemis  pfeil  sie  getödtet, 
[enes  tags,  da  zur  beut'  ich  mir  sie  erkohr  au»  Lyrnessos ;  6b 

3ie  50  viel*  Argeier  den  staub  mit  den  zahnen  geknirschet » 
Jnter  der  feinde  gewalt ,  weil  Ich  im  zorne  beharrte ! 

lektom  wars  und  den  Troern  erfreulicher ;  nur  die  Achaiei 

j 

Verden  noch  lang',  ich  meine,  sich  unseres  zwistes  erinnern. 
hex  vei^ngen  sei  das  vergangene,  kränk'  es  auch  innig;  6j 

dennoch  das  herz  im  busen  bezähmen  ^yir  auch  mit  gewalt  uns* 
[einen  xom  nun  hab'  ich  besänftiget;  denn  mir  gebührt  nicht» 
afs  ich  beständig  im  groll  fprteifere.     Auf  denn,  sogleich  nun 
ngemahnt  zum  gefechte  die  liauptumlokten  Achaier : 
afs  ich  noch  die  Troer  einmal  angehend  versuche»  ^     70 

3  an  den  schiffen  zu  ruhn  sie  geneigt  sein.    Mancher  indefs  wohl 
ugt   dort  herzlich  vergnügt  die  kniee  sich,  wenn  er  entfliehet 
IS  dem  erbitterten  kämpf  und  unseres  Speeres  entscheidung! 
Jener  sprachs;  froh  wurden  die  heliumschienten  Achaier» 


ig6  ILIAS* 


\ 


Als  er  dem  zorn  absagte,  der  mutige  Peleione.  75 

Jezo  begann  vor  ihnen  der  volkerfiirst  Agamemnon» 

Dort  von  dem  siz  aufstehend,  und  nicht  vortretend  im  kreise .- 

Freund',  ihr  beiden  des  Danaerstamms ,  o  genossen  des  Ares! 
Ihn  /  der  steht ,  anhören  geziemet  sich ,  nicht  in  die  red'  ihm 
Fallen;  denn  solches  beschwert,  wie  viel  auch  wisse  der  störer.  So 
Bei  so  grossem  getiJmniel  des  volks  wer  vermag  da  zu  hören, 
Wer  zu  reden  ?    Betäubt  wird  sogar  ein  tönender  redner. 
Peleus  söhn'  anjezo  erklär'  ich  mich ;  aber  ihr  andern 
Merkt ,  Argcicr ,  es  wohl ,  und  beherziget  jeder  die  worte. 
Oft  schon  haben  mir  dieses  Achaia's  söhne  gerüget,  85 

Und  mich  bitter  gestraft ;  doch  trag'  ich  dessen  die  schuld  nichtt 
Sondern  Zeus,  dasGeschik,  und  das  nächtliche  schrecken  Erinnys: 
Die  in  der  Volksversammlung  zum  heftigen  fehl  mich   verblendet, 
Jenes  tags,  da  ich  nahm  sein  ehrengeschenk  dem  Achilleus. 
Aber  was  könnt'  ich  thun?  ENe  göttin  wirkt  ja  zu  allem,  90 

Xeus  ^rhabene  tochter,  die  Schuld»  die  alle  bethöret, 
Schrecken  voll:  leicht  schweben  die  füfs' ihr  ;  nimmer  dem  grund' aud 
Nahet  sie ,   nein  hoch  wandelt  sie  her  auf  den  häuptern  der  mann«, 
Reizend  die  menschen  zum  fehl;  und  wenigstens  Einen  vcrAtrikt sie 
Ihn  ja  selber  einmal ,  Zeus  irrte  sie ,  der  an  gewalt  doch  $ 

Weit  vor  menschen  und  göttern  emporragt;  aber  auch  ihn  hat 
Here,  wiewohl. ein  weib,  durch  listige  ränire  verleitet, 
Jenes  tag^,  wie  Alkmene  die  hohe  kraft  Herakles 
Jezo  gebären  sollt*  in  der  starkummauerten  Thebe. 
Rühmend  redete  Xeus  vor  allen  unsterblichen  göttem:  iw 

Hört  mein  wort,  ihr  götter  umher, ^ujidijhr  gottinnen  alle. 


NEUNZEHNTER  GfeSANG.  187 

Dafs  ich  rede,  wie  mir  das  herz  im  busen  gebietet. 

Heute.  Schaft  an  das  licht  die  ringende  Eileithya 

Einen  mann,  der  hinfort  die  umwohnenden  alle  beherschet, 

Jenes  heldengeschlechts ,  die  aus  meinem  blute  gezeugt  sind.      105 

Listenreich  antwortete  drauf  die  herscherio  Here: 
Wahrlich  du  trügst,  und  nimmer  zum  ausgang  führst  du  die  rede. 
Oder  ^yohlan,  gleich  schwör*,  Olympier,  heiligen  cid  mir, 
Dafs  gewifs  er  hinfort  die  umwohnenden  alle  behersche, 
Welcher  an  diesem  tage  dem  schoofs  desweibes  entsinket,         iio 
Jenes  heldengeschlechts ,  die  aus  deinem  blute  gezeugt  sind. 

Also  sprach  sie;  doch  Zeus  argwöhnete  nichts  des  betruges, 
Sondern  schwur  ihr  den  eid ,  und  busste  darauf  die  Verblendung. 
Here  verliefs  im  schwnnge  das  felsige  haupt  des  Olympos ; 
Und  zur  achaiischen  Argos  gelangte  sie,  wo  ihr  bekannt  war    iij 
Sthenelos  edles  weih,  des  perseiadischen  königs. 
Jene  trug  ein  knäblein,  und  jezt  war  der  siebente  monat* 
Dieses  zog  sie  ans  licht,  unzeitig  an  noch,  und  hemmte 
Dort  der  Alkmene  gehurt,  die  ^ileithyen  entfernend. 
Selber  darauf  anzeigend ,  vor  Zeus  Kronion  begann  sie ;  120 

Vater  Xeus,  stialschwinger ,  ein  wort  nun  leg'  ich  ans  herz  dir. 
Schon  ist  geboren  der  held,  der  einst  die  Argeiet  beherschet, 
Sthenelos  söhn  Eurystheus,  des  perseiadischen  königs » 
Dein  geschlecht,  und  kein  unwürdiger  herscher  für  Argos. 

Also  sprach  sie;  und  tiefdrang  heftiger  gram  in  das  herz  ihm.    125 
Eilend  fasst'  er  die  Schuld  an  den  glänzenden  locken  des  hauptes, 
l^oU  voih  2orne  das  herz,  und  schwur  den  heiligen  eidschwur, 
Mie  zum  Olympos  hinfort  und  dem,  sterngewölbe  des  hinuHek 


188  ILIÄS^ 

Solle  sie  wiederkehren ,  die  Schuld ,  die  alle  bethoret.  , 

^  Also  Xeus ,  und  .warf  sie  vom  sterngewölbe  des  himmels     i^ 
Aus  ümschwingender  hand ;  Yind  sie  stürzt'  auf  die  werke  der  mcnschm 
Diese  beseuftet'  er  stets,  wann  seinen  söhn  er  erblikte, 
Wie  mühselig  er  rang  im  harten  frohn  des  Eurystheus. 
Also  auch  Ich,  so  lange  der  hclmumflatterte  Hektor 
Argos  schaaren  vertilgt*  um  die  ragenden  Steuer  der  schiiFe,       t]y 
Könnt'  ich  nicht  vergessen  der  Schuld,  die  zuerst  mich  verblendet. 
Aber  nachdem  ich  gefehlt,  und  Zeus  die  besinnung  mir  wegnahm; 
Will  ich  gern  es  vergelten,  und  biet'  unendliche  sühnung. 
Aufdenn ,   zeuch  in  den  kämpf,  und  treib'  auch  die  anderen  völkcr. 
Auch  die  geschenke  zu  reichen  erbiet'  ich  mich,  alle  die  gestern  fi4o 
Dir  im  gezelt  ankommend  verhiefs  der  edle  Odysseus. 
.  Oder  willst  du ,  so  bleib ,  wie  sehr  dich  verlangt  nach  dem  angrif ; 
Gleich  sind  dir  die  geschenk'  aus  meinem  schif  von  den  dienern 
Hergebracht,  dafs  du  sehest,  was  dir  ich  erfreuliches  g€be* 

Ihm  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achitleus:  145 

Atreus  söhn ,  ruhmvoller ,  du  völkerfürst  Agamemnon , 
Ob  die  geschenke  zu  reichen  dir  gut  deucht,  wie  es  geziemet. 
Ob  zu  behalten;  du  magst!  Jezt  lafs  uns  gedenken  tlct  kampflust« 
Ohne  Verzug;  nichts  frommt  es,   alhier  im  gespräche  zu  zaudern, 
Und  mit  dem  werke  zu  säumen?  denn  noch  ist  viel  unvollendet!  15c 
Dafs  man  Achitleus  wieder  im  vordersten  treffen  erblicke , 
Wie  sein  eherner  speer  austilgt  die  geschwader  der  Troer! 
Also  auch  Ihr  seid  jeder  bedacht  mit  dem  feinde  zu  Idimplcn ! 

Ihm  antwortete  drauf  der  erfindungsreiche  Odysseus: 
Nicht  also ,  wie  tapfer  du  seist ,  gottgleicher  Achilleusqle  155 


NEUNZEHNTER  GESANG.  189 

reibe  sie  ungespeist  vor  Ilios  hin,  die  Achaie^» 

Toja's  volk  zu  bekämpfen!  Denn  nicht  für  wenige  zeit  nur 

fährt  das  gefecht,  wenn  sich  einmal  gerad'  angehn  die  geschwadei 

kmpfendeiy  aber  ein  gott  mut  einhaucht  beiderlei  Völkern. 

afs  sich  erquicken  zuvor  an  den  rüstigen  schiffen  die  männer     i6o 

lle  mit  speis'  und  wein ;  denn  kraft  giebt  solches  und  starke. 

ton  kein  maßkn  ja  vermöchte;  den  tag  bis  zur  sinkenden  sonne» 

ungestärkt  von  speise»  dem  feind'  entgegen  zu  kämpfen,    ' 

^enn  ihn  auch  mit  eifer  das  herz  antreibt  zum  gefechte; 

»ennoch  werden  gemach  die  glieder  ihm  schwer»  und  es  quälet  165 

unger  zugleich  und  durst »  und  dem  gehenden  wanken  die  kniee. 

ber  ein  mann»  der  mit  weine  sich  erst  und  speise  gesätdgt» 

b  feindselige  männer  den  ganzen  tag  er  bekämpfe » 

leibt  ihm  getrost  sein  herz  in  der  brüst»  und  ninmier  erstarren 

iser  die  knie*»  eh  alle  zuriikziehn  aus  dem  gefechte.  1*70 

if  demnach»  zerstreue  das  volk»  und  heifs  sie  das  frühmahl 

ragen«    Doch  das  geschenk  mag  Atreus  söhn  Agamemnon 

ingen  in  unseren  kreis»  dals  allzumal  die  Achaier 

er  mit  den  äugen  es  schaun »  und  Du  im  herzen  dich  freuest* 

inn  auch  schwör'  er  den  eid»  vor  Argos  volk  sich  exhebend,  175 

,{s  CT  nie  ihr  lager  verunehrt»  noch  ihr  genahet» 

ie    in  der  menschen  geschlecht  der  mann  dem  weibe  sich,  nahet. 

id  nun  sei  dir  selber  das  herz  im  busen  besänftigt. 

luf  bewirt'  er  dich  endlich  mit  köstlichem  mahl  im  gezelte 

erlich»  dafs  du  nichts  der  schuldigen  ehren  vermissest.  180 

eus  söhn»  du  wirst  auch  billiger  gegen  die  andern 

nftig  sein;  denn  es  ist  nicht  unansitändig  dem  könig, 

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190  '  ILIAS* 

Einen  mann  zu  versöhnen,  nachdem  er  zuerst  ihn  beleidigt. 

Wieder  begann  dagegen  der  völkerfur&t  Agamemnon; 
Freudig  von  dir  vernahm  ich  das  wort,  o  söhn  des  Laertes;     185 
Weil  da  mit  fug  das  alles  hinausgeführt  und  geordnet. 
Gern  auch  will  ich  schwören  den  eid ;  denn  die  seele  gebeat  mir: 
Und;  beim  schirmenden  gott,  nicht  meineid!  Aber  Achilleus 
Weile  noch  hier  so  lange,  wie  sehr- ihn  verlangt  nach  dem  angiif; 
Weilt  auch  alle  gesamt  ihr  anderen:  bis  die  geschenke  190 

Aus  dem  gexelt  herkommen ,  und  treuen  bund  Wir  beschwören. 
Dieses  sei  dir  selber  noch  anvertraut  und  befohlen. 
Wähle  der  Jünglinge  dir,  die  edelsten  aller  Achaier; 
Bringe  dann  die  geschenk*  aus  meinem  schif ,  die  wir  gestern 
Peleus  söhne  bestimmt  tu  verieihn ,  auch  fiihre  die  weiber,         195 
Abdr  Talthybios  schaff*  aus  dem  weiten  heer  der  Achaier 
Einen  eher ,  damit  wir  dem  Zeus  und  dem  Helio»  opfern. 

Ihm  antwortete  drauf  der  mutige  rennet  Achilleas: 
Atreus  söhn,  ruhmvoller,  du  völkerfiirst  Agamemnon, 
Mehr  xu  anderer'  xeit  gexiemet  euch  das  zu  besorgen ,  2» 

Wann  uns  erholungsfrist  einmal  vom  gefechtc-  sich  darbeut, 
Und  mir  der  xorn  nicht  also  das  herx  im  busen  durchwiitet. 
Doch  nun  liegen  ja  dort  erschlagene ,  welche  zerfleischt  hat 
Hekror,  Priamos  sphn,  als  Ihm  Xeus  schenkte  den  siegsruhm! 
Ihr  dort  wollt  zur  speise  xuvoif  anmahnen :  ich  selbst  wohl        205 
Hiesse  fürwahr  nun  gleich  in  die  schlacht  eingehri  die  Achaier« 
Nüchtern  und  ungespeist,  und  dann  mit  der  sinkenden  sonne 
Herlichen  schmaus  anordnen ,  nachdem  wir  gerächt  die  beschimpfung 
Mir  soll  wenigstens  nichts  vorher  durchgleiten  <die  kohle, 

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NEUNZEHNTER    GESANG.  191 

IVeder  trank  noch  speise,  da  todt  der  genofs  mir  hinsank,        210 
Welcher  mir  im  gezelte,  zerfleischt  von  der  schärfe  des  erzes, 
Daliegt,  gegen  die  thüre  gewandt;  und  genossen  umstehn  ihn 
l^'ehmutsvoll !  Nein  wahrlich,  mir  liegt  nicht  solches  am  herzen» 
Sondern  mord  nur,  und  blut,  und  schrekliches  männergeröchel! 

Ihm  antwortete  drauf  der  erfindungsreiche  Odysseus:  215 

Peleus  söhn ,  Achilleus ,  erhabenster  held  der  Achaier , 
Stärker  erscheinst  du  denn  Ich,  und  tapferer,  nicht  um  ein  kleines, 
Du  mit  dem  speer;  doch  möcht'  ich  an  rath  dirs  etwa  zuvorthun^ 
Weit,  da  ich  länger  gelebt,  und  n{ehr  gesehn  und  erfahren. 
Darum  füge  dein  herz  sich  besänftiget  meiner  ermahnung.         aao 
Bald  an  dem  kriegsauf  rühr  ersättigen  sich  die  menschen. 
Wo  in  menge  die  halme  das  erz  zur  erde  dahinstrekt; 
Kurz  auch  dauert  das  mahn,  nachdem  herneigte  die  wagschal 
Leus ,  der  dem  menschengeschlechte  des  kriegs  obwalter  erscheinet. 
^icht  mit  dem  bauch  ja  müssen  die  Danaer  todte  betrauern;     225 
[Denn  zu  viel  auf  einander,  und  schaarweis  jegliches  tages, 
Fallen  sie:  wer  vermöchte  dann  aufzuathmen  vom  kummer? 
Jiliig  demnach  jedweden  beerdiget ,  wie  er  gestorben , 
dit  unweichlicher  seel',  und  Einen  tag  ihri  beweinend, 
to  viel'  aber  entrannen  des  kriegs  graunvoller  Vertilgung,  230 

l'i&sen.  mit  trank  und  speise  sich  kräftigen;  dafs  noch  entflammter 
Vir  ausdaurendes  muts  feindselige  männer  bekämpfen, 
Jnter  der  ehernen  last  der  rüstungen.   .Aber  dafs  niemand, 
larrend  des  zweiten  befehls ,  in  Argos  Volke  verweile! 
iplcherbe&hl  bringe  wahrlich  verderben  ihm,  welcher  zurifkbleibt  235 
Jnter  den  schiffen  des  beersl  Nein,  alle  zugleich  äusnürmend 

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19»  ILIAS. 

Gegen  die  icüigen  Tioer  erheben  wir  grause  Vertilgung!     _ 

Sprachs,  und  Ne&tors  söhne  gesellt'  er  sich,  jenes  erhabnen, 
Meges  zugleich  den  Fyleiden ,  Meriones  auch ,  und  Thoas , 
Kreions  tapferen  söhn  Lykomedes,  samt  Melanippos.  o^ 

Eilend  gingen  sie  dann  zum  kriegsgezelt  Agamemnons. 
Schnell  dann  war,  wie  geredet  das  wort,  so  die  sache  voUenda 
Sieben  nahmen  sie  dort  dreifiissiget  kessel  im  zelte, 
Die  er  versprach,    zwölf  ross',  und  zwanzig  schimmernde  becken; 
Weiber  auch  führten  sie  schnell»  untadliche,  kundig  der  arbeit,  343 
Sieben,  zugleich  die  achte,  des  Brises  rosige  tochter. 
Aber  Odysseus  wog  die  zehn  talente  des  goldes, 
Ging  dann  voran ;  ihm  folgten  die  Jünglinge  alle  mit  gaben. 
Die  nun  stellten  sie  dort  in  den  volkskreis.    Doch  Agamemnon 
Hub  sich;  Talthybios  dann,  unsterblichen  ähnlich  an  stimme»  250 
Trat  zum  hirten  des  volks ,  und  hielt  in  den  hängen  den  eber. 
Atreus  söhn,  ausziehend  nxit  hurtigen  händen  das  messet. 
Das  an  der  grossen  scheide  des  Schwerts  ihm  immer  heraUiing» 
Schor  von  des  ebers  haupte  das  erstlingshaar,  und  erhob  dann 
Betend  die  bände  zu  Zeus;  rings  sassen  indels  die  Argeier       25; 
Still  umher,  nach  der  sitte,  des  königes  wort  zu  vernehmen. 
Flehend  nunmehr  begann  er,  den  blik  gen  himmel  gewendet r 

Höre  nun  Xeus  zuerst ,  der  seligen  höchster  und  bester »         | 
Erd*  und  Helios  auch ,  und  Erinnyen ,  unter  der  erde , 
Die  ihr  todte  bestraft,  wer  hier  meineide  geschworen*  260 

Niemals  hab'  ich  die  h^nd  an  Brises  tochter  geleget, 
Weder  des  lagers  genufs  abnöthigend ,  weder  ein  andres; 
Sondern  sie  blieb  unberührt  in  den  wohnungen  meines  gezeltes! 

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NEUNZEHNTER  GESANG.  193 

Schwör'  ich  einiges  iklsch»  dann  senden  nax  elend  die  götter« 
Ohne  mafs»«  wie  sie  senden  dem  frevelen  schwörer  des  meineids !  sßs 

Sprachsy  und  des  ebers  kehle  zerschnitt  er  mit  grausamem  ene; 
Welchen  Takhybios.  drauf  in  des  meers  grauwogende  fluten 
Wirbelnd  den  fischen  zum  frab  hinschieuderte.    Aber  Achüleus 
Stand  empor,  und  begann  vor  Argos  kriegrbchen  söhnen: 

Vater  Xeus,  uaun  grosse  Verblendungen  giebst  du  den  männem !  2*70 
Nimmermehr  wohl  hätte  den  mut  in  der  tiefe  des  herzen« 
Arreus  söhn  mir  empört  so  fürchterlich  >  oder  das  mägdlein 
Weg  mir  gefuhtt  mit.gewalt»  der  unbiegsame;  sondern  fiirwahrZeu» 
Wollte  nur  vielen  den  tod  in  Argos  vplke  bereiten!. 
Doch  nun  geht  zum  mahle,  damit  wir  rüsten  den  angrif*         2*75 

Also  der  held,  und  trennte  sofort  die  rege  Versammlung, 
Alle  zerstreuten  sich  rings,  zum  eigenen  schif  ein  jeder.. 
Doch  die  geschenk'  umeilten  die  Myrmidonen  geschäftig» 
Brachten  sie.  dann  zum  schiffe  des  göttergleichen  AchiUeus* 
Diese  legten  sie  dort  im  gezelt,  und.sezten  die.weibei^;  280 

Auch  die  ross'  ihm  führten  zur  heerd'  hochherzige  diener* 

Brises  tochter  nunmehr,  wie  die  goldene ^Afrodite, 
Als  sie  gesehn  den  Pauoklos  zerfleischt  von  der  schärfe  des  erzes; 
Gofs  sie  um  jenen  sich  hin ,  und  weinetp  laut ,  und  zerxiis  «ich 
Beide  brüst',  und  den  blühenden  hals,  und  ihr  rosiges  antliz.   285 
Also  sprach  mit  thränen  das  weih,  gottinnen  vergleichbar: 

Ach  mein  theurer  Patroklos ,  gefälligster  freund  mir  im  elend ! 
Lebend  noch  verlief«  ich  im  zelte  dich ,  als  ich  hinwegging ; 
Und  ich  kehrende  finde  dich  todt  nun,  völkergebieter, 
Hingesttekt !  So  verfolgt  mich  unheil  ix^f^mer  auf  unheil !  .  2^0 

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Homers  Ilias.  U.  Band-  N  *^ 


194  ILIA& 

Meinen  mann,  dem  der  vater  mich  gab»  und  die  würdige  matter « 
Sah  ich  dort  vor  der  Stadt  itrfieifcht  von  der  schärfe  des  encs; 
Auch  drei  leibliche  briidert  von  Einer  mutcer  geboren, 
Herxlich  geliebt ,  die  alle  der  ungliikstag  mir  hinwegrils« 
Dennoch  wolltest  du  nie,  da  den  mann  dir  schnelle  Achilleus  295 
Mir  erschlug,  und  verheerte  die  Stadt  des  göttlichen  Mynes, 
Weinen  mich  sehn;  du  versprachst,  des  göttcrgleichen  Achilleus 
Jugendlich  weib  mich  zu  machen,  und  wann  du  in  schiffen  gen  Ftia 
Mich  gebracht  9  zu  feiren  den  Myrmidonen  das  brautmahl. 
Drumohn'  ende  bewein' ich,  dafs  Du,  steufreundlicher,  hinstarbst!  300 

Also  sprach  sie  weinend;  und  ringsum  seufzten  di?  weiberf 
Um  Patroklos  zum  schein ,  doch  jed*  um  ihr  eigenes  elend. 
Jenen  indefs  umringteh  die  edleren  beiden  Achaia*s, 
Flehend  des  mahls  zu  geniessen ;   allein  er  versagt*  es  mit  seufien : 

-Trauteste  freund',  ich  fleh  euch,  wofern  ihr  liebe  mir  heget,  303 
Eher  nicht  ermahnt  mich ,  mit  trank  und  nährender  speise 
Meinen  geist  ^u  erfrischen ;  denn  heftiger  kununer  durchdringt  michf 
Nein  bis  die  sonne  sich  senkt ,  ich  harr' ,  und  gedulde  mich  standhaft! 

Dieses  gesagt,  entliefs  er  die  anderen  fUrsten  des  heeres. 
Atreus  söhne  nur  blieben  zuriik,  und  der  edle  Odysseus,  310 

Nestor,  Idomeneus  auch,  und  der  graue  reisige  Fönix, 
Sorgsam  all'  aufheiternd  den  traurenden ;  doch  er  empfand  nicht 
Heiterkeit,  eh  in  den  Schlund  des  blutigen  kriegs  er  hineindrang. 
Stets  gedacht*  er  des  freundes ,  und  redete ,  schnell  aufathmend : 

Achduhast  mir  vordem,  unglUklicher,  liebster  der  freunde,  315 
Selber  so  oft  im  gezelte  gebracht  ein  labendes  frühmahl, 
Schnell  in  geschäftiger  hast,  wenn  das  beer  der  Achaier  hinausdratig , 

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NEUNZEHNTER  GESANG»  195 

t 

Gegen  die  reuigen  Trqer  das  graun  des  krieges  zu  tragen  l 
Jezo  liegst.  Du  hier ,  ein  erschlagener ;  und  e^  erqui^t  mir 
Weder  nank  noch  speise  das  herz »  von  dem  reichlichen  Vorrat ,   320 
Weil  Du  fehlst!  Nie  könnt'  auch  ein  herberes  wehe  mich  trefiFen; 
Nein»  und  wenn  ich  sogar  des  vaters  ende  vernähme^ 
Der  wohl  nun  in  Ftia  die  bittersten  thrsoien  vergiesset» 
Solches  sohns  zu  entbehren  1  der  hier  im  lande  des  fremdlings 
Um  die  entsezliche  Helena  kämpft  mit  den  reisigen  Troja's;    ,  325 
Oder  den  tod  des  sohnes  ,  der  mir  in  Skyros  ernährt  wird . 
Wenn  er  etwa  noch  lebt,  Neoptolemos»  göttlicher  bildung! 
Ehmals  hegte  mir  immer  das  henc  im  busen  die  hofnung , 
Sterben  würd*  ich  allein ,  von  der  rossenährenden  Argos 
Fern ,  im  f roischen  land' ;  und  Du  'heimkehren  gen  Fda  ^  330 

Dafs  du  mir  den  söhn  im  dupklen  gebogenjsn  schiffe 
Brächtest  von  Skyros  daher ,  und  dort  jedwedes  ihm  zeigtest. 
Meine  bab%  und  die  knecht*,  und  die  hochgebUhnete  Wohnung« 
Denn  schon  ahnd'  ich  im  geist,  dafs  Peleus  ^odt  in  der  erde 
Schlummere ,  oder  vielleicht  noch  kümmerlich  leb'  in  Schwermut»  335 
Niedergebeugt  Von  alter  und  traurigkeit,  weil  er  beständig    .  . 
Harrt  des  schreklichen  bot^n,  der  meinen  tod  ihm  verkündigt! 

Also  sprach  ex  weinend;  und  ringsum  seufxten  die  fUrsten, 
Eingedenk  y  was  jeder  in  seinem  h^use  zurükliefs.   ; 
>litleid&voll  erbiikte  die  traurenden  Xeus  Kronion ;  340 

Schnell  zur  Athene  nunmehr  die  geflügelten  worte  begann  er: 

Trautes  kind,  so  gänzlich  verlassest  du  jezo  den  beiden! 
Gar  nicht  kümmert  sich  mehr  dein  herz  um  den  edlen  Achilleus? 


iSchaaC}  wie  jener  dort  vor  des  meers  hpchhauptigen  schiSen 

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ptigen  schiffi 
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196  ILIAS* 

Sizt ,  um  deti  freund  wehklagend ,  den  theuersten !  Alle  die  andern  345 
Gingen  xum  fiühmahl  hin;  Er  rührt  nicht  speise  noch  trank  an. 
Auf,  lafs  nektar  sogleich  un.d  ambrosia  jenem  zum  labsal 
Sanft  in  die  brüst  einfliessen ,  dafs  nicht  ihm  nahe  der  hunget. 

Also  Xeus,  und  erregte  die  schon  verlangende  giSttin. 
Schnell»  wie  ein  schreiender  adler  mit  weitverbreiteten  flUgeln,  350 
Schwang  sie  vom  himmel  hinab  durch  den  äther  sich :  wo  die  Achaiev 
Ämsig  zur  schlacht  im  heere  sich  riisteten ;  und  denri  Achilleus 
Flöfste  sie  nektar  sogleich  und  ambrosia  sanft  in  die  brüst  ein, 
Dafs  nicht  starrten  die  kniee  von  unerfreulichem  hunger. 
Selbst  dann  heim  zum  palaste  des  allgewaltigen  vaters^  555 

Kehrte  sie.    Jen*  entströmten  deri  hurtigen  schiffen  des.meeres. 
Wie  dichrwimmelnde  flocken  des  schnees  von  Xeus  sich  ergiessen» 
Kalt,  und  geschnellt  vom  stosse  des  hellanwehenden  nordwinds: 
So  dichtwimmelnde  helme  nunmehr,  voll  freudiges  Schimmers, 
Drangen  hervor  aus  den  schiffen,  und  hochgenabelte  schiide,     36b 
Auch  brasthamische ,  mächtig  gewölbt,  und  eschene  lanzen. 
Glanz  erreichte  den  himmel ,  und  ringsum  lachte  das  erdreich 
Von  hellstral^dem  erz ;  und  getön  scholl  unter  dem  fiifstritt 
Wandelnder*    Mitten  auch  wapnete  sich  der  edle  Achilleus* 
Ihm  von  den  zahnen  ertönt'  ein  geknirsch  her;  aber  die  äugen      365 
Funkelten ,  gleich  wie  die  lohe  der  glut ;  und  es  ftillte  das  herz  ihm 
Unausduldsamer  schmerz.    So  heftig  ergrimmt  auf  die  Troer, 
Nahm  er  das  göttergeschenk ,  das  mit  kunst  ihm  geschmiedet  Hefastos. 
£ilend  fiigt'  er  zuerst  um  die  beine  sich  bergende  schienen. 
Blank  und  schön,  anschliessend  mit  silberner  knöchelbedeckuhg ;  370 
Weiter  umschirim' <f  die  brüst  ringsher  mit  dem  ehernen  hämisch; 

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NEUNZEHNTER  GESANG.  197 

Hängte  «odann  um  die  Schulter  das  schwert  voll  silberner  buckelui 
Eherner  kling';   und  darauf  den  schild  auch,  gro£s  und  gediegen, 
Nahm  er,  der  ferne  den  glänz  aussendete,  ähnlich  dem  vollmond. 
Wie  wenn  draussen  im  meere  der  glanx  hcrleuchtet  den  schiffcrri ,  3*75 
Vom  auflodernden  feuer,  das  hoch  auf  bergen  entflammet 
Brennt  in  einsamer  hürd';  indefs  mit  gewalt  sie  der  Sturmwind 
Fern  in  des  meers  fischwimmelnde  flut  von  den  freunden  hinwegträgtr 
So  von  Achilleus  schild'  cntleuchtete  glänz  in  den  ärher. 
Denn  schön  prangt'  er  an  kunst.  Den  gewichtigen  heim  nun  hebend,  380 
Dekt'  er  das  haupt  ring&her;   und  es  stralete,  gleich  dem  gestirne, 
Sein  hochbuschiger  heim;  und  die  mahn'  aus  gesponnenem  golde 
Flatterte,  welche  der  gott  auf  dem  kegel  ihm  häufig  geordnet. 
Jezo  versucht'  in  der  riistung  sich  selbst  der  edle  Achilleus,    , 
Ob  sie  genau  anschlb'ss' ,  und  leicht  sich  bewegten  die  glieder ;  385 
Und  wie  flügel  ihm  war  sie,  und  hob  den  hirten  der  Völker. 
Auch  dem  schönen  gehäus'  entzog  er  den  speer  des  erzeugers , 
Schwer  und  grofs  und  gediegen ;    es  könnt'  ihn  der  Danaer  keiner 
Schwingen,  aHein  vermocht'  ihn  umherzuschwingen  Achilleus: 
Pelions  ragende  esche,  die  Cheiron  schenkte -dem  vater,  399 

Pelions  gipfel  enthaun,  zum  moid  den  heldengeschlechtem» 
Aber  Automedon  jezt  und  Alkimos  fugten  die  rosse 
Schnell  in  die  seile  des  jochs ,  die  zierlichen ;    drauf  in  die  mäuler 
Legten  sie  jedem  gezäum,  und  spanneten  hinten  die  zUgel 
Zum  wohlfugenden  sessel.    Automedon  faiste  die  geissei,  395 

Blank  und  bequem ,  mit  der  hand ,  und  sprang  in  den  sessel  des  wagens. 
Hinter  ihn  drauf,  genistet  zur  feldschlacht ,  schwang  sich  Achilleus , 
Leuchtend  im  wafiFenschmuk ,  wie  der  stralende  söhn  Hypcrions. 

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198     ILIAS.    NEUNZEHNTER  GESANG. 

Graunvoll  tönte  den  rossen  sein  ruf,  dem  gespanne  des  vaters: 

XanthosundBaliosihr,  ruhmvolles  geschlecht  derPpdarge»  400 
Anders  jexo  gedenkt  den  wagenleiiker  xu  bringen 
Wieder  ins  heer  der  Achaier»  nachdem  wir  des  kampfs  uns  gesättigt; 
Und  nicht,  gleich  dem  Patroklos  ♦  veilafst  ihn  todt  im  gefildel 

Unter  dem  joch  antwortete  drauf  das  geflügelte  streitroft 
Xanthos,  und  neigte  das  haupt  erdwärts ,  dafs  die  blühende  mahne  405 
Ganz  vorwallt*  aus  dem  ringe  des  jochs ,  und  zum  boden  hinabsank^ 
Sprachton  aber  gewährt'  ihm  die  lilienarmige  Here: 

Ja,  wohl  bringen  wir  jezt  dich  lebenden,  stärket  Achilleus; 
Doch  des  Verderbens  tag  ist  nähe  dir!  Dessen  sind  wir  nicht 
Schuldig,  vielmehr  der  mächtige  gott  und  das  harte  Verhängnis. 410 
Nicht  fürwahr  durch  Säumnis  und  langsamkeit  unserer  Schenkel 
Raubte  der  Troer  volk  von  Patroklos  schulter  die  rüstung; 
Nein  der  gewaltigste  gott ,  der  söhn  der  lockigen  Leto « 
Schlug  ihn  im  vordergefecht ,  und  gab  siegsehre  dem  Hektor*  ' 
Wir  zwar  wollten  im  lauf  auch  Xefyros  athem  ereilen ,  415 

Welcher  doch  schnell  vor  allen  daherstürmt:  aber  dir  selber 
Ward  verhängt,  dem  gott  und  dem  sterblichen  manne  zu  fallen. 

Jener  sprachs ;  und  die  macht  der  Erinnyen  hemmte  den  laut  ihm 
Unmutsvoll  antwottete  drauf  der  schndle  Achilleus: 

Xanthos,  warum  weissagst  du  den  tod  mir?  Dessen  bedarfs  nicht!  420 
Selber  weifs  ich  es  wohl,  dafs  fern  von  vater  und  mutter 
Hier  des  todes  geschik  mich  hinwegraft.    Aber  auch  so  nicht 
Ka&t*  ich,  bevor  ich  die  Troer 'genug  im  kämpfe  getummelt! 

Sprachs ,  und  lenkte  voran  mit  geschrei  die  stampfenden  xosit. 

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I  L  I  A  S. 


Z\VANZIGSTER    GESANa 


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INHALT. 

Zeus  ver stattet  den  g'öttsrn  antheit  an  der  schlackt ,  dofs  nicht 
Jlchiüeus  9  dem  schiksal  entgegen  ^sogleich  Troja  erobere,  Donm 
und  erdbeben.  Die  gotter  zum  kämpfe  gestellt.  Den  Äneias  rnzt 
jfpoUoH  gegen  AchiEeus.  Beiderlei  schuzgotter  sezen  sich  geson- 
dert. ^Den  besiegten  Jlneitss  tntrüki  Poseidon,  damit  seine  w^k* 
kommen  die  Troer  beherschen.  Rektor ,  den  AchiUeus  ongAenii 
wird  von  ApoUon  zurUkgehalten.  Durch  des  bruders  Polydoroi 
ermordung  gerührt,  naht  er  ihm  gleichwohl.  Hektors  speer  kaucht 
Athene  zurük,  ihn  selbst  entführt  ApdUon^  Achißeüs  mordet  üt 
fliehenden. 


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I  L  I  A  & 


X  W  A  NZIGSTER     GESANG. 


i3o  an  den  räumigen  schiffen  bewafneten  sich  die  Achaier, 
Um  dich ,  Peleus  söhn »  unersättlicher  krieger ,  geordnet. 
Jenseits  hielten  die  Troer  geschaart  auf  .dem  hügel  des  feldes. 
Zeus  nun  gebot  der  Themis,  zum  rath  zu  berufen  die  götter, 
Von  des  Olympos  haupt,  des  vielgebognen;  und  ringsum  5 

Wandelte  Jen'  und  gebot,  sich  in  Zeus  palast  zu  versammeln.. 
Auch  kein  gott  der  ströme  war  fern,  nur  Okeanos  einzig» 
Und  nicht  eine  der  Nymfen,  die  liebliche  haine  bewohnen, 
Oder  quellen  der  ström',  und  grünbekräuterte  thäler. 
Als  sie  gekommen  zum  hause  des  schwarzumwölkten  Kronion,  19 
Sassen  in  )iallen  sie  dort,  den  gehauenen»  welche  dem  vater 
Selbst  Hefastos  gebaut  mit  kundigem  geist  der  erfindung.     j 

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d02  I L I A  S« 

'So  dort  sausen  um  Teus  die  versammelten.  Nicht  auch  Poseidoo 
War  unfolgsam  dem  ruf,  er  kam  aus  dem  meer  zu  den  andetn. 
Sizend  nunmehr  im  kreis*,  erforscht'  er  den  rath  des  Kronion:  15 

Warum  doch ,  Stralschwinger ,  beriefst  du  der  götter  ver^ammlangf 
Denkst  du  über  die  Troer  und  Danaer  etwas  zu  ordnen. 
Welchen  anjett  ganz  nahe  der  krieg  und  das  treffen  entbrannt  in? 

Ihm  antwortete  drauf  der  herscher  im  donnergewölk  Xeus: 
Erderschiittrer,  du  kennst  den  rathschlu&  meiner  gedanken,      30 
Und  weshalb  ich  berief.    Sie  kümmern  mich,  auch  im  verderben. 
Selber  indefs  nun  bleib'  ich  auf  ragendem  hang  des  Olympos 
Sizend,  das  herz  zu  erfreuen  des  anschauns*    Aber  ihr  andeni 
Ceht  hinab  in  die  beere  der  Troer  und  der  Achaier: 
Beiden  mögt  ihr  helfen,  wie  jeglichen  treibt  die  gesinnung«       25 
Denn  wo  Achilleus  allein  zum  kämpf  in  die  Troer  hineindringt, 
Nicht  auch  ein  kleines  bestehn  sie  den  rüstigen  Peleionen. 
Stets  vor  ihm  ja  zuvor  auch  entbebten  sie,  schon  ihn  erblickend; 
Doch  liunmehr,  da  so  heftig  um  seinen  freund  er  ergrimmt  ist. 
Sorglich,  dafs  er  die  mäuer,  auch  troz  dem  schiksal,  verwüste. 30 

Also  redete  Xeu»,  und  erregt'  unermefsliche  kriegswut. 
Schnell  nun  eilten  zum  kämpf  tdie  unsterblichen  1  zwiefaches  sinned 
Here  ging  zum  kreise  der  schiff',  und  Pallas  Athene; 
Auch  Poseidon  zugleich,  der  umuferer;  auch  Hermeias 
Folgte,der  bringer  des  heils,der  mit  spähendem  geiste  geschmükt  war;}} 
Auch  Hefastos  folgte  gesellt,  wutfunkelndes  blickes, 
Hinkend,  und  mühsam  strebten  daher  die  schwächlichen  beine. 
Ares  mit  wehendem  heim  ging  unter  die  Troer;  zugleich  ihm 
Föbos,  das  haupt  ungeschoren»  und  Art©nii«,^^^^jte^geschosjeJ. 


ZWANZIGSTER   GESANG.  403 

.eto,  und  Xanthos  zugleich,  und  die  holdanlächelnde  Kypris.   40 

Als  noch  fern  die  götter  dem  kämpf  der  sterblichen'  waren , 
rangeten  stets  die  Achaier  in  herlichkeit,  weil  nun  Achilleus 
Viedcr,  ciichien ,  der  lange  vom  schreklichen  kämpfe  gerastet ; 
)och  den  Troetn  gesamt  erzitterten  unten  die  glteder 
leftig  vor  angst »  da  sie  schauten  den  riistigen  Peleionen  9  45 

«euchtend  im  waiFenschmuk ,  dem  mordenden  Ares  vergleichbar. 
Lber  nachdem  ins  gemeng*  Olympier  kamen  zu  männem : , 
Vütete  Eris  mit  macht,  die  zerstreuerin ;  schrie  auch  Athene, 
tchend  bald  an  der  tiefe  des  grabens»  ausser  der  mauer, 
lald  an  des  meers  dumpf  hallendem  Strand  scholl  mächtig  ihr  ausruf.  50 
>ort  brüllt'  Ares  entgegen,  dem  düsteren  stürme  vergleichbar, 
aut  von  der  obersten  höhe  der  Stadt  anmahnend  die  Troer, 
lald  am  Simois  laufend  umher  auf  Kallikolone. 

So  dort  gegen  einander  empöreten  selige  götter 
ieidc  hecr  ,  und  hüben  zerschmetternden  streit  der  Vertilgung.    55 
IraunvoU  donnerte  nun  der  menschen  und  ewigen  vater 
^benher ;  und  von  unten  erschütterte  Poseidaon 
Zeit   die  unendliche  erd',  und  der  berg'  aufstarrende  häupter. 
ile  sie  wankten  bewegt,  die  füsse  des  quelligen  Ida, 
is  zu  den  höhn,  auch  Ilios  Stadt,  und  der  Danaier  schiffe.        60 
ang*  erschrak  dort  unten  der  schattenfürst  Aidoneus  s 
ebend  sprang  er  vom  thron  mit  geschrei  auf,  dafs  ihm  von  oben 
icht  die  erd'  aufrisse  der  landerschüttrer  Poseidon, 
als  fliegt  menschefi  erschien'  und  unsterblichen  seine  behausung, 
ircbtcrlich  dumpf,  voll  wüstes,  wovor  selbst  grauet  den  görtern,  65 
>Ich  ein  gctös'  erscholl ,  da  die  götter  zQm  kämpf  sich  genahet ! 


304  ILIAS* 

Siehe,  nunmehr  entgegen  dem  meerbeherscher  Poseidon 
Stallte  sich.Föbos  Apollon»  und  tiug  die  gefiederten  pfeile; 
Gegen  den  Ares  stand  die  kriegerin  Pallas  Athene; 
•Gegen  Here  die  göttin  der  Jagd,  mit  goldener  spindel, 
Artemis ,  froh  des  geschosses ,  des  FemetreiFenden  schy^ester ; 
Gegen  Lpto  Hermeias»  der  segnende  bringer  des  heiles; 
Doch  dem  HefiUtos  entgegen  des  Stroms  tiefstrudeinder  herscher, 
Xanthos  im  kreb  der  götter  genannt,  «von  menschen  Skamandros. 

So  dort  stürzten  auf  götter  die  götter  sich.     Aber  Achillcus,  15 
Gegen  den  Hektor  zumeist  ins  gewühl  zu  'tauchen  begehn*  er, 
Priamos  söhn;  denn  vor  allen  mit  seinem  blute  verlangt*  ihn 
Sehnlich  den  Ares,  zu  tränken ,  den  unaufhaltsamen  krieger. 
Doch  den  Aneias  stürmte  der  volkzerstreuer  Apollon 
Grad'  auf  den  Peleionen,  und  haucht'  ihm  edelen  mut  ein,      So 
Ahnlich  an  wuchs  und  stimme  des  Priamos  söhne  Lykaon; 
Dessen  gestalt  nachahmend,  begann  der  herscher  Apollon: 

Wo  isXf  fürst  der  Troer,  Aneiäs,  alle  die  drohung. 
Die  du  vor  Troja's  beiden  gedroht  bei  festlichem  weintrunk, 
Kühn  entgegen  zu  kämpfen  dem  Peleionen  Achilleus?  Sj 

Aber  Aneias  darauf  antwortete,  solches  erwiedernd: 
Priamos  söhn»  o  warum  mich  abgeneigten  ermahnst  du. 
Gegen  die  Übermacht  des  Peleionen  zu  kämpfen? 
Nicht  ja  heute  zuerst  vor  dem  mutigen  renner  Achilleus 
IVürd'  ich  bestehn ,  der  mich  eher  bereits  mit  der  lanze  vom  Ida  f 
IVeggescheucht ,  da  er  kam  die  weidenden  rinder  zu  rauben, 
Und  Lyrnessofii  verheert*  und  Pedasos.    Aber  Kronion 
Rettete  mich,  der  kraft  mir  erregt*  und  hurtige  schenkek 


ZWANZIGSTER    GESANG.  205 

rraun  ich  wäre  vertilgt  Von  Achilleus  hand  und  Athene's , 
Welche  licht  ihm  xu  schaffen  voranging,  und  ihn  ermahnte/    95 
Leieger  ringe  und  Troer  mit  ehernem  speer  zu  ermorden. 
Drum  nicht  mag  dem  Achilleus  ein  mann  zum  kämpfe  begegnen; 
Stets  ist  einer  der  götter  gesellt,  der  böses  ihm  abwehrt« 
\uch  sein  eignes  geschofs  fliegt  gradan,  nicht  ihmr  ermüdend. 
Eh  es  in  menschenblut  sich  gesättiget«    Wenn  nur  ein  gott  uns     100 
bleich  ausmässe  des  kampfs  entscheidungen ;  nimmer  so  leicht  dann 
|\^ürd'  ihm  der  sieg,  und  trozt'  er,  aus  starrendem  e'rze  gebildet! 

Ihm-  antwortete  drauf  Zeus  söhn ,  der  herscher  Apollon : 
fkuf  denn,  edler,  auch  Du  die  ewigwaltenden  giSttei 
angefleht !  Dich  hat  ja  die  tochter  Xeus  Afirodite  ,  X05 

Sagt  xnsin,  erzeugt;  und  jener  entsprofs  der  geringeren  göttin: 
Sie  ist  tochter  v6n  Xeus ,  sie  dort  vom  greise  des  meeres. 
[irade  denn  trage  das  erz  ungebandigter  kmft ,  und  durchaus  nicht 
iVerde  durch  pochende  worte  zurökgewandt  noch  bedrohung !. 

Also  der  gott,  und  beseelte  mit  mut  den  hirten  der  völker.    iio 
Schnell  durch  die  vordersten  ging  er ,  mit  stralendem  erze  gewapnet. 
Doch  nicht  eilt'  unbemerkt  von  der  iilicnarmigen  Hcre 
[Segen  den  Peleiönen  der  hdd  durch  das  männergetummel. 
fene  berief  die  götter  umher ,  und  redete  also : 

Überlegt  nun  beide,  Poseidon  du,  und  Athene,  115 

Selbst  in  eueren  herzen,  wohin  sich  wende  die  sache. 
Dorther  kommt  Aneias,  mit  stralendem  erze  gewapnet, 
[>egen  den  Peleiönen ;  es  reizt'  ihn  FÖbos  Apollon. 
\ber  wohlan,  wir  wollen  zuriik  ihn  drangen  von  danncn 
Straks  nun;  odet  auch  einer  vertheidige,  neben  ihm  stehend,    i2o 

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266    :  ILIAS.     ^ 

Peleui  <ohn,  und  erfüir  ihn  mit  kraft,  und  lasse  sein  herz  nicht 
Mangeln  des  muts :  dafs  er  sehe »  die  mächtigsten  unter  den  gSttes 
Sein  ihm  hold;  dort  aber  die  nichtigen ,  welche  von  jeher 
Troja*s  volk'  abwehren  gefecht  und  wafFenentscheidung. 
Air  ent'sti^gen  wir  ja  dem  Olympos ,  um  zu  begegnen  «j 

Diesem  gefecht"",  dafs  nichts  im  Troervolk  er  erdulde, 
«Heute  nur;  künftig  jedoch  erduld'  er,  was  ihm  das  schibal, 
.Als  ihn  die  mutter  gebar ,.  in  den  werdenden  faden  gesponnen. 
Aber  entdekt  nicht  solches  «;in  götterspruch  dem  Achilleus; 
Schrecken  ergreift  ihn  gewiis,  wann  ein  gottentgegen  ihm  wandelt  130 
Durch  die  Schlacht ;  denn  furchtbar  zu  schaun  ist  der  götter  erscheinung, 

Ihr  antwortete  drauf  der  erderschuttrer  Poseidon : 
Here»  nicht  so  gewütet  im  Wahnsinn;  wenig  geziemt  d!rs. 
Ungern  möcht'  ich  solches ,  dafs  wir  die  anderen  götter 
Feindlich  im  kämpf  anfielen ;  denn  weit  gewaltiger  sind  wir.   i3{ 
Lafst  uns  jezo. vielmehr  hingehn,  und  nieder  uns  sezen 
Ausser  dem  weg'  auf  die  wart',  und  der  krieg  sei  zur  sorge  den  männctn 
.Aber  wo  Ares  zuerst  kämpf  anhebt,  oder  Apollon , 
Wo  sie  Achilleus  hemmen,  und  nicht  ihn  lassen  im  kämpfe; 
Schleunig  sodann  uns  selber  wird  straks  sich  erheben  der  aufruhr  i^ 
Wildes  gefechts ;  und  in  eile  hinweg  dann  scheidend ,  vermut'  ich» 
Kehren  sie  heim  zum  Olympos ,  zur  schaav  der  anderen  götter, 
Unter  unseren  bänden  mit  kraft  und  stärke  gebändigt.  | 

Dieses  gesagt ,  ging  jener  voran ,  der  Finstergelokte  ^ 
Xu  dem  geschütteten  walle  des  göttergleicheii  Herakles  ^  4J 

Den  ihm  hoch  die  Troer  vordem  und  Pallas  Athene 
Rundeten  ^  dafs ,  sich  bergend ,  de:Tn  meer«jcheusal  er  entrönne^ 

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ZWANZIGSTER  GESANG.  207 

IVann  es  einmal  vom  gestade  daher  ihn  scheucht*  in  das  blachfeld. 
Dorthin  ging  Poseidon,  uiid  lals  mit  den  anderen  göttern» 
Mle  die  schukem  umhüllt  von  undurchdringlichem  nebeL  15p 

Drüben  sezten  sich  Jen'  auf  der  stirn  der  Kallikolone» 
Schnellender  Föbos,  um  dich,  und  den  stadtverwüstenden  Ares. 
Also  Sassen  sie  dort,  die  unsterblichen,  gegc^n  einander. 
Sinnend  auf  rath;  zum  beginne  des  harthinstreckenden  kampfes 
Säumten  sie  jegliches  theils ;  doch  Zeus  hochthronend  gebot  ihq.  155 

Voll  nun  ward  das  ganze  gefild',  und  stralte  vom  erze 
Wandelnder  männer  und  ross* ;  aufdröhnte  der  grund  von  dem  fufstritt^ 
Als  sie  sich  nahten  in  wut.     Doch  zween  vorstrebende  männer 
Kamen  hervor  aus  den  beeren  gerannt,  in  Begierde  des  kampfes, 
Held  Aneias  der  Anchisiad',  und  der  edle  Achilleus.  160 

Sieh',  Aneias  zuerst  kam  wild  androhend;  und  hochher 
Nikte  vom  lastenden  helme  der  busch ;  den  gewaltigen  stierschild 
Trug  er  der  brüst  vorhaltend ,  und  schwenkte  den  ehernen  wurfspieis. 
Gegen  ihn  drang  der  Peleide  mit  ungestüm,  wie  ein  löwe 
GrimmVoll  naht,den  zu  tödten  entbrannt,  die  versammelten  männer  i^ 
Kommen ,  ein  ganzes  volk.;  im  anfang  stolz  und-  verachtend 
Wandele  er;  aber  sobald  mit  dem  speer  ein  mutiger  Jüngling 
Traf,  dann  krümmt  er  sich  gähnend  zum  Sprung,  und  schäum  von  den  zahnen 
Rinnt  ihm  herab,  und  es  stöhnt  sein  edeles  herz  in  dem  busen; 
Dann  mit  dem  schweif  die  hüften  und  mächtigen  seiten  des  bauches  ITO 
Geii&eU  er  rechts  und  links ,  sich  selbst  anspornend  zum  kämpft ; 
Grafs  nun  die  augep  verdreht,  an  wütet  er,  ob  er  ermord« 
Einen  mann ,  ob  er  selbst  hinstürz'  im  Vordergetümmel : 
So  clcn  xVdiiUeus'  drängte  der  mut  des  erhabenen  lierzens, 

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io8  1 L I  A  S^ 

Kühn  entgegen  zu  gehn  dem  tapferen  held  Aneias.  i*^? 

Als  sie  nunmehr  sich  genaht ,  die  eilenden  gegen  einander ; 
Rief  er  zuerst  anredend»  der  mutige  renner  Achilleus  : 

^ie  so  weit,   Aneias,  hervor  a^us  der  menge  dich  wagend. 
Nahest  du?  Treibt  dich  vielleicht  mit  mir  zu  kämpfen  das  herz  an, 
Weil  du  hofst  zu  beherschen  das  volk  gaulzähmender  Troer,    i$o 
Künftig  in  Priamos  macht?  O  wenn  du  schon  mich  erlegtest , 
Nie  wird  Priamos  drum  in  die  hand  dir  geben  die  ehre. 
Denn  selbst  hat  er  ja  söhn';  und  fest,  nicht  wankend,  beham  ei. 
Massen  vielleicht  die  Troer  dir  auserlesene  guter , 
Schon  an  ackergefild'  und  pflanzungen,  dafs  du  sie  bautest,     i8j 
Wenn  du  mich  etwa  erschlu gst  ?  Das  möchtest  d  u  schwerlich  vollenden  l 
Hab'  ich  doch  schon,  wie  ich  ineine,  dich  womit  der  lanze  verfolget 
Denkest  du  nicht ,  wie  ich  einst  dich  einsamen  dort  von  den  rindem 
Scheuchte  die  höhn  des  Ida  hinab  mit  hurtigen  schenkein. 
Fliegendes  iaufs?  Nicht  wagtest  du  umzuschaun  im  entfliehen!  191 
Dorther  bis  in  Lymessos  entflohest  du ;  aber  in  trilmmer 
Warf  ich  sie,   rasch  einstürmend  mit  Pallas  Athen*  und  Kronion. 
Viele  gefangene  weiber,  beraubt  der  heiligen  freiheit. 
Führt'  ich;  allein  dich  rettete  Zeus  und  die  anderen  götter. 
Schwerlich  indefs  erretten  sie  heute  dich ,  wie  du  im  herzen       ijj 
Etwa  wähnst!  Wohlan  denn,  ich  rathe  dir,  wandere  schleunig 
Unter  die  menge  zurük,  und  scheue  dich,  mir  zu  begegnen, 
*Eh  dich  ein  übel  ereilt!  Geschehenes  kennet  der  thor  auch! 

Aber  Aneias  darauf  antwortete ,  solches  erwiedernd : 
Peleus  söhn,  mit  worten  fürwahr  nicht ,  gleich  wie  ein  knäblein  ,  20 
Hoffe  mich  abzuschrecken;  denn  wohl  vcrmöcKt'  ich  ja  selber, 

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i 

ZWANZIGSTER  GESANG,  209 

So  herz5chneidende  wort\  als  frevele,  auszurufen. 
Kennen  wir  doch  des  andern  geschlecht,  und  kennen  die  eitern ^ 
Hörend  die  längstberUhmten  erzählungen  sterblicher  menschen ; 
Denn  nie  sahst  du  die  meinen,  ich  sah  die  deinigen  niemals.  205 
Doch  man  sagt,  dich  zeugte  der  unvergleichbare  Peleus » 
Dem  dich  Thetis  gebar,  des  meers  schönlockige  göttin.  ^ 

Aber  ich  selbst,  ein  söhn  des  hochgesinnten  Anchises 
Rühm'  ich  enuprossen  zu  sein,  von  der  tochter  Zeus  Afrodite. 
Jenen  ist  oder  auch  diesen,  den  theueren  söhn  zu  b^einen,    210 
Heute  bestimmt;  nicht  weiden  ja  wir,  durch  kindische  worte 
So  aus  einander  getrennt,  das  Schlachtfeld  wieder  verlassen. 
Soli  ich  dir  aber  auch  dieses  verkundigen,  dafs  du  erkennest 
Unserer  väter  geschlecht,  wiewohl  es  vielen  bekannt  ist: 
Erst  den  Dardanos  zeugte  der  herscher  im  donnergewölk  Xeus,  215 
Ihn  Dardanla's  Stifter;  denn  Ilios  heilige  veste 
Stand  noch  nicht  im  gefilde,  bewohnt  von  redenden  menschen; 
Sondern  am  abhang  wohnten  sie  noch  des  queliigen  Ida* 
Dardanos  drauf  erzeugt'  Erichthonios  sich,  den  beherscher,     . 
Welcher  der  reichste  war  der  sterblichen  erdebewoKner.  220 

Stuten  weideten  ihm,  drei  tausende/  rings  in  den  auen, 
Säugende,  üppiges  mutes,  von  hüpfenden  füllen  begleitet. 
Boreas  seihst,  von  den  reizen  gelokt  der  weidenden  Stuten, 
Gattete  sich,  in  ein  rofs  mit  dunkeler  mahne  gehüllet; 
Und  zwölf  mutige  füllen  gebaren  sie  seiner  befruchtung.  225 

Diese ,  so  oft  sie  sprangen  auf  nahrungsprossender  erde , 
tJbcjr  die  spizen  des  halms  hin  flogen  sie ,  ohn'  ihn  zu  knicken ; 
Aber  so  oft  sie  sprangen  auf  weitejcn  rücken  des  meere^Ie 
Homers  Ilias*  II.  Baud.  Q 


210  I L I A  S* 

Oben  einher  auf  der  fläche  der  Wallungen  liefen  sie  schwebend. 
Dann  Erichihonios  zeugte  den  Tros  lum  gebieter  den  Troern ;     230 
Aber  von  Tros  erwuchsen  die  drei  untad liehen  söhne  » 
Ilos,  Assarakos  auch,  und  der  götdiche  held  Ganymedes» 
Welcher  der  schönste  war  der  sterblichen  erdebewohnei : 
Ihn  auch  raften  die  götter  empor,  Zeus  becher  zu  füllen, 
*  Wegen  der  schönen  gestalt ,  dafs  er  lebte  mit  ewigen  göttexn.    255 
lies  zeugte  den  söhn  Laomedon,  tapfer  \ind  edel; 
Aber  |L.aomed6n  zeugte  den  Priamos ,  und  den  Tithonos  ,    . 
Lampos,  und  Klytios  auch,  und  den  streitbaren  held  Hikeuon. 
Kapys,  Assarakos  söhn,  erzeugete  drauf  den  Anchlses; 
Aber  Anchises  mich  selbst;  und  Priamos  zeugte  den  Hektor.      240 
Sieh ,  aus  solchem  geschlecht  und  blute  dir  rühm'  ich  mich  jezo» 
Doch  der  meiischen  gedeihn  vermehrt  und  mindert  Kronion» 
Wie  sein  herz  es  gebietet;  denn  Er  ist  mächtig  vor  allen. 
Aber  lafs  nicht  länger  uns  hier,  gleich  albernen  kindern, 
Schwazend  stehn  in  der  mitte  des  feindlichen  waffengetümmels.    245 
Denn  fik  beide  ja  sind  herzkränkende  worte  zu  sagen, 
Viele ,  dafs  kaum  sie  trüg'  auch  ein  hündertrudriges  lastschif. 
Leicht  ist  die  zunge  der  menschen  gewandt,  viel  sind  auch  die  reden 
Aller  art,  und  weit  das  gefild*  hinstreifender  worte. 
Wie  du  selbst  ausredest  ein  wort,  so  magst  du  es  hören«  250 

Doch  was  nöthiget  uns  ,  in  erbitterung  gegen  einander 
Lästerworte  zu  lästern  und  Schmähungen,  gleich  den  weibem. 
Die,  zum  zorne  gereizt  von  herzdurchdringender  feindschaft^ 
Lästern  gegen  einander,  hervor  auf  die  gasse  sich  stürzend, 
Manches  wahr,und  auch  nicht ;  denn  der  zorn  gebietet  auch  solches.  255 


ZWANZIGSTER  GESANG.  an 

Worte  ja  werden  mir  nimmer  den  mut  abwenden  vom  angrif , 
Ehe  mit  erx  du  entgegen  gekämpft  hast !  Jezo  wohlauf  denn» 
Kosten  Wir  rasch  von  einander  die  ehernen  ki^iegeslanzen ! 

SprachSyUnd  den  ehernen  speer  auf  den  scbild  voli  grauns  und  entsezens 
Schwang  er;  und  ringsum  haUte  der  grosse  schild  i^on  dem  speerwurf.  260 
Doch  der  Peleid'  hiek  ferne  den  schild  mit  nervichtem  arme. 
Ganz  bestürzt;  denn  er  wähnte,  die  weitherschattende  lanze 
Würde  hindurch  leicht  dringen  dem  mutigen  held  Aneias: 
Thor!  er  bedachte  nicht  in  des  herzens  geist  und  empfindung^ 
Wie  es  so  leicht  nicht  sei,  dais  herliche  gaben  der  götter  aßs 

.  Durch  der  sterblichen  arme  gebändiget  werden ,  und  weichen. 
Auch  nicht  jezt  Aneias ,  des  feurigen ,  stürmende  lanze 
Brach  den  schild ;  denn  es  hemmte  das  gold  9  die  gäbe  des  gottes« 
Zwo  der  schichten  allein  durchsturmte  sie ;  aber  annoch  drei ' 
Waren ;  denn  fiinf  der  schichten  vereinigte  hämmernd  der  kiins der ,  270 
Jene  zwo  voti  erz,  und  die  inneren  beide  von  tinne, 
Aber  die  eine  von  göld ,  wo  die  eherne  lanze  gehemmt  wardr 

Jezo  schwang  der  Peleide  die  weithinschattende  lanze; 
Und  er  traf  dem  Aneias  den  schild  von  gerundeter  wölbung, 
Nahe  dem  äussersten  rand,  wo  das  erz  am  dünnsten  umherlief,  a^S 
Auch  am  dünnsten  ihn  dekte  die  stierhaut;  aber  hindurch  drang 
Pelions  ragende  esche  mit  stürm,  und  es  krachte  die  wöibung. 
Nieder  dukt'  Aneias  in  ,eil%  und  strckte  den  sichild  auf^ 
Angstvoll;  aber  der  speer,  der  ihm  hinsattst'  über  die  schultern, 
Stdnd  in  die  erde  gebohrt,  und  zerschlug  ihm  beide  die  ränder  aSo 
Am  ringsdeckenden  schild;  doch  entschlüpft  der  gewaltigen  lanze, 
Stander  nunmehr,(und  entsezen  umströmt'ihm  die  dunkelnden  augenj 


2ia  ILIAS. 

Ganz  bestiitit ,  wie  so  nah  das  geschols  traf.    Aber  Achilleus 

Rannte  begierig  hinan,  das  geschliiFene  schwert  sich  entreissend, 

«• 
Mit  graunvollem  geschrei.    Da  ergrif  Aneias  den  Feldstein,       285 

Grofs  und  ungeheuer,  dals  nicht  zween  manner  ihn  trüSgen, 

Wie  nun  sterbliche  sind;  doch  er  schwang  ihn  allein  und  behende. 

Jezo  hätt'  Äneias  des  stUrmenden  heim  mi^  dem  steine , 

Oder  den  schilp  ihm  getroiFen,  der  doch  dem  verderben  gewehret; 

Ihn  dann  hätt'  Achilleus  gehaun  mit  dem  schwert  und  getodtet:  290 

Wenn  nicht  scharf  sie  bemerkte  der  erderschüttrer  Poseidon. 

Eilend  begann  er  das  wort  zur  unsterblichen  götterversammlung: 

Wehe  doch!  traun  mich  janunert  des  hochgesinnten  Aneias, 
Welcher  bald,  vom  Peleiden  besiegt,  zum  Als  hinabfahrt. 
Weil' er  gehorcht  dem  worte  des  treffenden  Föbos  ApoUon:      295 
Thor!  nichts  wird  er  ihm  helfen  zur  abwehr  grauses  Verderbens« 
Aber  warum  soll  jener  nun  schuldlos  Jammer  erdulden. 
Also  verkehrt,  um  anderer  weh;  da  geBUlige  opfer 
Stets  er  den  göttern  gebracht,  di#  weit  den  himmel  bewohnen? 
Auf,  wir  selbst  nun  wollen  der  todesgefahr  ihn  entreissen;        300 
Dafs  nicht  auch  der  Kronid'  ereifere,  weiin  ihn  Achilleus 
Tödtete,  jenen  mann;  denn  das  schiksal  gönnt  ihm  errettungr 
Dafs  nicht  samenlos  das  geschlecht  hinschwind' 'und  der  name 
Dardanos ,  den  der  Kronid'  aus  allen  söhnen  sich  auskohr , 
Welche  von  ihm  aufwuchsen  und  sterblichen  menschentöchtem.  305 
Denn  des  Priamos  stamm  ist  schon  verhafst  dem  Kronion; 
Jezo  soll  des  Aneias  gewalt  obherschen  den  Troern, 
Und  die  söhne  der  söhn',  in  künftigen  tagen  erzeuget^ 

Ihm  antwortete  drauf  die  hoheitblickende  Herik)OgIe 


ZWANZIGSTER    GESANG.  aij 

Selber  im  geist  erwäg*  es,  o  erderschütterndei  könig,  310 

Ob  du  erretten  ihn  willst,   den  Äneias,  oder  ihn  lassen. 
Denn  fürwahr  wir  beide  betheuerten  oft  mit  eidschwur, 
Vor  den  unsterblichen  allen,  ich  selbst  und  Pallas  Athene, 
Niemals  einem  der  Troer  den  grausamen  tag  zu  entfernen  > 
Nicht  wenn  Troja  sogar  in  verheerender  flamme  des  feudrs        315 
Loderte ,  rings  entflammt  von  den  kriegrischen  söhnen  Achaia's. 

Als  er  solches  vernommen,  der  erderschiittrer  Poseidon; 
Flugs  durcheilt'  er  den  kämpf  und  den  klirrenden  stürm  der  geschosse , 
Hin  wo  Äneias  war ,  und  der  hochberlihmte  Achilleus* 
Jezo  sogleich  umgofs  er  mit  schattendem  dunkel  die  äugen        320 
Ihm,  dem  Peleiden  Achilleus,  und  zog  die  mordende  esche 
Selber  zurük  ^us  dem  Schilde  des  hochgesinnten  Äneias ; 
Diese  legt*  er  darauf  vor  die  fiisse  gestreckt  dem  Achilleus ; 
Doch  den  Äneias  hoch  von  der  erd'  aufhebend  entschwang  er. 
Und  weit  über  die  reihen  des  voiks,  weit  über  die  rosse,  3^5 

Flog  Äneias  hinweg,  von  der  band  des  gottes  geschleudert; 
Bis ' er  kam  an  die  grenze  des  tobenden  Schlachtengetümmels, 
Wo  der  Kaukonen  geschlecht  zum  kämpf  gerüstet  cinherzog. 
Jezo  naht'  ihm  wieder  der  erderschüttrer  Poseidon; 
Und  er  begann  zu  jenem,  und  sprach  die  geflügelten  worte:     330 

IVelch  tiA  gott,  Äneias,  gebietet  dir,  also  verblendet  , 

Gegen  des  Peleus  söhn  zu  kämpfen  den  kämpf  der  entscheidung , 
Der  weit  mächtiger  ist,  und  mehr  geliebt  von  den  göttern? 
Künftig  weiche  zurük,  so  oft  du  jenem  begegnest; 
Dafs  nicht,  troz  dem  Verhängnis ,  in  Aides  haus  du  hinabsteigst.  335 
Aber  nachdem  Adiilleus  den  tod  und  das  schiksal  erreicht  hat; 

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ai4  ILIAS^ 

Dann  nur  immer  getrost  in  den  vordersten  reihen  gekKmpfet! 
Denn  kein  anderer  sonst  der  Danaer  raubt  dir  die  rüstung. 

Sprachs,  und  verliefs  ihn  daselbst,  nachdem  er  ihm  alles  verkündigt. 
Schnell  dem  Achillcus  jeit  von  den  äugen  trieb  er  des  ncbels  34a 
Hehre  nacht;  und  sofort  war  hell  den  blicken  die  aussieht. 
Unmutsvoll  nun  sprach  er  zu  seiner  erhabenen  seele: 

Weh  mir!  ein  grosses  wunder  erblick' ich  dort  mit  den  augcn! 
Siehe,  die  lanze  liegt« an  der  erd'  hier;  aber  der  mann  ist 
Nirgends ,  dem  ich  sie  warf,  ihn  auszutilgen  verlangend  !  '      345 
Ei  dafs  auch  Aneias  geliebt  von  unsterblichen  göttern 
War!  doch  meint'  ich  gewifs,  er  rühme  sich  nur  so  vergebens. 
Wandr'er  dahin!  Nie  wahrlich  mit  mir  sich  annoch  zu  versuchen 
Waget  er,  der  auch  nun  zu  entfliehn  aus  dem  todt  sich  ireuet! 
Jezo  wohlauf,  anmahnend  der  Danaer  kriegesgeschwader ,       350 
Will  ich  die  anderen  Troer  im  feindlichen  kämpfe  versuchen! 

Riefs,  und  sprang  in  die  reihn  y  und  ermunterte  jeglichen  Streiter: 
Nicht  so  fern  von  den  Troern  enthaltet  euch,  edle  Achaier; 
Alle  nun,  mann  auf  mann,  dringt  ein»  und  gedenket  des  kampfes- 
Denn  tu  schwer  wird  mirs,  wie  grofc  auch  meine  gewah  sei,  J55 
Solch  ein  Imannerge wühl  zu  durchgehn,  und  mit  allen  zu  kämpfen! 
Selbst  nicht  Ares  vermocht',  ein  unsterblicher  zwar,  noch  Athene, 
Solchen  Schlund  des  gewürgs  mit  kriegsarbeit  zu  dorchwandeln! 
Aber  so  viel  ich  selber  vermag  an  banden  und  schenkein , 
Und  an  gewalt;  nicht  mein'  ich  da«  mindeste  defs  zu  versäumen;  3^® 
Ringsum  schreit'  ich  einher  durch  die  Ordnungen;  ninuner  auch,  hoff  id. 
Wird  ein  Troer  sich  freun,  wer  meinem  speerc  begegnet! 

AUo  ermahnte  der  beld;  auch  dort  der  «tralende  Hektor 

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ZWANZIGSTER  GESANG.  315 

Rief  den  Troern  befehl ,  und  verhiefs  kämpf  gegen  Achilleus : 

Troja's  mutige  söhne ,  verxagt  nicht  vor  dem  Peleidcn ;        365 
Ich  auch  möchte  mit  Worten  unsterbliche  selber  bekämpfen , 
Doch  mit  dem  speer  unmöglich;  denn  weit  gewaltiger  sind  sie. 
Selbst  nkht  Achilleus  vermag  ein  jegliches  wort  zu  vollenden; 
Sondern  eins  vollbringt  er,  das  andere  läfst  er  verstümmelt. 
Ihm  nun  eil'  ich  entgegen ,  und  wäre  sein  arm  wie  die  flanyne,   310 
Wäre  sein  arm  wie  die  flamme,  sein  mut  wie  blinkendes  eisen! 

Also  ermahnte  der  held;  da  erhüben  sie  drohende  lanzen, 
Troja's  söhn',  und  gemischt  war  der  angrif;  wildes  getön  scholl. 
Jezo  trat  zu  Hektor  und  redete  Föbos  Apollon: 

Rektor ,  nimmer  hinfoK  mit  Achilleus  wage  den  vorkampf ;  375 
Sondern  umher  in  der  meng',  auswärts  dem  getümmel ,  erhasch*  ihn : 
Dafs  nicht  etwa  sein  specr  dich  bändige,  oder  sein  schwerthieb! 

Jener  sprachs ;  und  Hektor  entwich  in  den  häufen  der  männer » 
Angstvoll ,  als  er  die  stimme  vernahm  des  redenden  gottes. 
Aber  Achilleus  sprang  voll  stürmender  kraft  in  die  Troer,       .  380 
Mit  graun vollem  geschrei;<und  zuerst  den  Ifition  raft*  er, 
Ihn  des  Otryntcus  söhn,  den  mächtigen  völkergebieter , 
Den  die  Najade  gebar  dem  städteverwüster  Otrynteus, 
Unten  am  schneeigen  Tmolos ,  in  Hyda's  fettem  gefilde. 
Diesem,  der  anlief,  schofs  mit  dem  speer  der  edle  Achilleus     385 
Grad'  auf  die  mitte  des  haupts ,  und  ganz  von  einander  zerbarst  es. 
Dumpf  hin  kracht'  er  im  fall ;  da  rief  frohlockend  Achilleus : 

Liege  nun ,  Otrynteide ,  du  schreklichster  unter  den  männern  ! 
Hier  ist  also  dein  tod;  die  geburt  war  fem  an  Gygäa's 
Schönem  See,  wo  dir  dein  väterlich  erbe  gebaut  witd ,  390 

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ai6  ILIAS* 

Am  fischwimmelnden  Hyllos .  und  Hermos  strudelnden  wassern! 

So  frohlokte  der  held;  dodi' jenen  umschattete  dunkel; 
Und  von  der  Danaer  rossen  zermalmt  mit  rollenden  rädern , 
Lag  er  im  vordergewühl.    Nach  ihm  dem  Demoleon  jezo, 
Jenem  tapferen  wehre»  der  Schlacht »  dem  erzeugten  Amenors ,  395 
Stiefs  er  den  speer  in  den  schlaf,  durch  des  heims  erzwangige  kuppel: 
Und  nicht  hemmte  das  tn  den  gewaltigen ;  sondern  hindurch  drang   > 
Schmetternd  die  eherne  spiz'  in  d^n  schädel  ihm ;  und  das  gehijn  ward 
Ganz  mit  blute  vermischt :  so  bändigt*  er  jenen  im  angrif. 
Drauf  dem  Hippodamas  stach  eri  der  rasch  vom  wagen  herabsprang,  400 
Als  er  vor  ihm  hinbcbte,  mit  ehernem  speer  in  den  rücken; 
Und  er  verhau(;hte  den  geist,  und  stöhnete  dumpf ,  wie  einsderob 
Stöhnete ,  umgeschleppt  um  den  helikonischen  herscher , 
Wann  ihn  Jünglinge  schleppen ;  es  freut  sich  ihrer  Poseidon ; 
Also  stölyit'  auch  jener,  den  mutigen  geht  aushauchend.  4<>5 

Er  dann  flog  mit  dem  speer  auf  den  göttlichen  held  Polydoros, 
Priamos  söhn.    Dem  wehrte  bisher  sein  vater  die  feldschlacht » 
Weil  er  der  jüngste  söhn,  gezeugt  in  späterem  alter, 
Und  der  geliebteste  war,  der  behendeste  aller. im  wettlauf. 
Jezt  aus  kindischer  lust ,  vorzüglidi  im  lauf  zu  erscheinen ,        410 
Tobt*  er  im  vorderkampf,  bis  das  blühende  leben  dahin  war. 
Diesen  traf  mit  der  lanze  der  mutige  renner  Achilleus, 
Als  er  vorüberflog ,  an  den  rükgrat ,  wo  sich  des  gurtes 
Goldene  spang'  ihm  schlols,  und  zwiefach  hemmte  der  hämisch. 
Aber  bis  vorn  zum  nabel  durchstürmt'  ihn  die  eherne  spize;     4U 
Heulend  sank  er  aufs  knie;  und  gewölk  des  todes  umhüllt*  ihn 
Schwarziund  er  raftc  heran  das  gedärm  mit  den  händensich  krümmend. 

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ZWANZIGSTER  GESANG.*  117 

tlektor,  sobald  er  gesehn,  wie  dort  Polydoros  der  bruder 
Hielt  das.gedänn  in  den  bänden,    uinbergekrümmt  auf  der  erde; 
Schnell  vor  die  äugen  herab  flofs  dunkel  ihm;  und  er  ertrug  nicht  420 
Langer  entfernt  zu  verkehren ;  er  stürmete  grad'  auf  Achilleus , 
luckend  den  ehernen  »peer ,  wie  ein  glutstral.    Aber  Achilleus^, 
So  wie  er  sah,  auf  sprang  er,  und  rief  frohlockend  die  worte*: 

Siehe  der  mann ,  der  schmerzlich  das  innerste  herz  mir  verwundet , 
Der  den  genossen  mir  schlug,  den  trautesten ^I,  Länger  Fürwahr  nicht  425 
Wollen  wir  scheu  vor  einander  entfliehn  durch  die  pfade  des  Treffens ! 

Sprachs,  und  mit  finsterem  blicke  begann  er  zum  göttlichen  Hektor: 
Näher  heran  ^  dafs  du  eilig  das  ziel  des  todes  erreichest ! 

Wieder  begann  unerschrocken  der  helmumflatterte  Hektor: 
Peieus  söhn ,  mit  worten  fürwahr  nicht ,  gleich  wie  ein  knäblein ,  430 
Hoffe  mich  abzuschrecken ;  denn  wohl  vermocht'  ich  ja  selber , 
So  herzschneidende  wort',  als  frevele,  auszurufen. 
Weifs  ich  doch ,  wie  tapfer  du  bist,  und  wie  weit  ich  dir  nachsteh. 
Aber  solches  ruht  j^  im  schoofs  der  seligen  götter: 
Ob  ich  vielleicht,  auch  geringer  an  kraft,  dir  raube  das  leben,  435 
Treffend  mit  meinem  geschofs ,  das  auch  an  der  spize  geschärft  ist. 

Sprachs,  und  die  lanz'aufschwingend entsendet' er.  Aber  Atheno 
Trieb  mit  dem  hauch  sie  zuriik  vom  Peleionen  Achilleus, 
Nur  ganz  leis'  anathmend;  und  hin  zum  göttlichen  Hektor 
Flog  sie ,  und  sank  kraftlos  zu  den  fussen  ihm.    Aber  Achilleus  440 
Stürzte  begierig  hinan,  ihn  auszutilgen  verlangend, 
Mit  graunvoUem  geschrei ;  doch  schnell  entrükt'  ihn  Apollon , 
Sonder  müh*,  als  gott,  und  hüllt'  in  nebel  ihn  ringsher. 
Dreimal  stürzt'  er  hinan,  der  mutige  rehner  Achilleus^ 

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1X8  ILIAS*  ' 

Mit  enblinkendem  Speer,  und  dreimal  stach  er  den  nebeL       44j 
Als  er  das  viertemal  drauf  anstürmete«  stark  wie  ein  Dämon; 
Jezo  niit  drohendem  laut  die  geflügelten  wortc  begann  er: 

Wieder  entrannet  du  dem  tode ,  du  hund !  Schon  nahte  verderba 
Über  dein  haupt;  doch  von  neuem  entrükte  dich  Föbos  Apollon, 
Den  du  gewifs  anflehst,  in  das  speergerassel  dich  wagend!       450 
Doch  bald  mein'  ich  mit  dir  zu  endigen ,  künftig  begegnend  ; 
IVürdigiCt  anders  auch  mich  ein  unsterblicher  gott  zu  begleiten! 
Jezo  eil*  ich  umher  zu  den  anderen,  wen  ich  erhasche!     ^ 

Sprachs,  und  dem  Dryops  stach  er  gerad*  in  den  hals  mit  der  lanie, 
bafs  er  hinab  vor  die  füfs'  ihm  taumelte.    Den  nun  verliefs  cri4J5 
Aber  Filetors  söhn,  den  gewaltigen  kämpfer  Demuchos, 
Hemmt*  er,  durchbohrend  das  knie  mit  gesendeter  lanze  ;  genaht  dann, 
Schwang^ef  das  mächtige  schwert  mit  gewalt ,  und  raubte  die  seel*  ihm. 
Drauf  den  Laogonos  auch  und  Dardanos,  söhne  des  Bias, 
Stürzet*  er  beid*  anrennend  vom  wagengeschirr  auf  die  erde:   4^ 
Den  mit  der  lanze  wurf ,  und  den  mit  dem  hiebe  des  Schwertes. 
Tros  dann,  Alästprs  söhn:  der  naht'  ihm,  fassend  die  kniee, 
Ob  er  ihn ,  den  gefangnen ,  verschont' ,  und  lebend  entliesse , 
Und  ihn  nicht  zu  erschlagen,  an  alter  ihm  gleich,  sich  erbarmte: 
Thörichter ,  nicht  ja  erkannt'  er,  wie  all  sein  flehen  umsonst  war.-4ft 
Denn  nicht  sanft  war  jener  gesinnt,  noch  freundliches  herzens, 
Sondern  ein  heftiger  mann!  Zwar  rührt'  ihm  jener  die  kniec, 
StrebeiKl  ihn  anzuflehn;  doch  er  haute  das  schwert  in  die  leber, 
Dafs  ihm  die  leber  entsank,  und  das  schwarze  blut  aus  der  wunde 
Ganz  den  bu&en  erfüllt';  und  nacht  umzog  ihm  die  äugen,       4'- 
Als  ohnmächtig  er  sank.    Auch  dem  Mulios  stiefs  er  die  lanze 

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^ZWANZIGSTER  GESANG,  219 

tfahend  ins  ohr ,  und  sogleichi  aus  dem  anderen  ohre  hervor  drang 
[encm  das  spizige  erz.    Auch  Agenors  söhn,  dem  Echeklos/ 
»ch>vang  er  tief  in  den  schädel  das  schwert  mit  gewaltigem  hefte : 
janz  Ward  warm  die  klinge  vom  sprizenden  blut ;  und  die  äugen  475 
Jbernahm  der  purpurne  tod  und  das  grause  Verhängnis« 
Vuch  den  Deukalion  jezt:  wo  der  sehnen  geflecht  sich  vereinigt 
Unter  dem  buge  des  arms,  dort,  ganz  di^  rechte  durchbohrend, 
Fraf  ihn  das  spizige  etz ;  und  er  harrt' ,  am  arme  gelähmet »    479 
^or  sich  schauend  den  tod ;  doch  das  schwert  in  den  nacken  ihm  haut*  er, 
Düfs  mit  dem  helme  das  haupt  fern  taumeke ;  und  aus  den  wiibeln 
Sprizte  das  mark  ihm  empor ,  iind  er  lag  auf  der  erde  sich  streckend. 
Weiter  darauf  enteik'  er  zu  Peireos  treflichem  söhne , 
Rigmos  ,  der  aus  Thrake ,  dem  scholligen  lande ,  gekommen : 
Diesem  schofs  er  die  lanze  gerad'  in  die  weiche  des  bauches ;  485 
Und  er  entsank  dem  geschirr.     Auch   dem  freund*  Arelthoos  jezo , 
Ihm,  der  die  ross'  umlenkte,  den  ehernen  Speer  in  den  rücken 
Stiefser,  und  warfihn  vom  wagen  ;  es  tummelten  bäumend  die  rosse. 
Wie  ein  entsezlicher  brand  die  gewundenen  thale  durchwütet, 
Hoch  im  dürren-gebirg';  es  entbrennt  ünermefslich  die  Waldung,  490 
Und  rings  wehet  der  wind  mit  sausenden  flammenwirbeln: 
So  rings  flog  init  der  lanze  der  wütende,  stark  wie  ein  Dämon, 
t'olgend  zu  mord  und  gewürg';   und  blut  umströmte  das  erdreich. 
Wie  wenn  einer  ins  joch  breitstirnige  stiere  gespannet , 
Weisse  gcrste  zu  dreschen  auf  rundgeebneter  tenne ;  495 

Leicht  wird  zermalmt  das  getreide  vom  gang  lautbrüllender  rinder: 
So  vor  AchiUeus  dort,  dem  erhabenen,  trabten  die  rosse 
Stampfend  auf  bäucliige  schild*  und  lelchnamc ;  unten  besudelt 

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aao    ILIAS»    ZWANZIGSTER  GESANG. 

Trof  die  axe  von  blut,  und  die  zierlichen  ränder  des  sessels, 
Welchen  jezt  von  der  huiPe  gestampf  ansprizten  die  tropfen ,     500 
Jezt  von  der  r'ader  beschlag«    So  wütet'  er,  rühm  zu  gewinnen, 
Peleus  söhn«  mit  blut  die  unnahbaren  hande  besudelt« 


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I  L  I  A  S. 


EINUNDZWANZIGSTER    GESANG. 


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INHALT. 

jtchiBeus  stürzt  einer  sckaar  Troer  in  den  Skamandros  m 
dem  Schwerte  nach.  Zwölf  lebende  fesselt  er  znm  sühnopferfl 
Patroklos.  Den  getodteten  Lykaon  hineinwerfend,  höhnt  er,  isj 
der  Stromgott  nicht  rette.  Auch  den  Asteropäos,  eines  stromgoi 
tessohn,  welchen  Skamandros  erregte,  strekt  er  ans  ufer,  utA 
höhnt  der  stromgotter.  Skamandros  gebeut  ihm ,  ausser  dem  str^ 
me  zu  verfolgen.  Er  versprichts;  doch  in  der  wut  springt  er  m 
der  hinein.  Der  zürnende  ström  verfolgt  ihn  ins  feld.  ^mr 
von  göttern  gestärkt  f  durchdringt  die  flut.  Als  Skamandros  mt 
wütender  denSimois  zu  hülfe  ruft  9  sendet  ihm  Here  den  Hefästi 
entgegen,  der  das  feld  troknet  9  dann  ihn  selber  entflammt,  Di 
jammernden  gebeut  Here  zu  schonen.  Ares  und  Afrodite  von  Mi 
ne  beßegt  9  FUbos  dem  Poseidon  ausweichend ,  Artemis  vonHn 
geschlagen,  Hermes  die  Leto  scheuend.  Kükkehr  der  gUtter,  Pru 
mos  Vfnet  den  flüchtigen  das  thor.  Den  verfolgenden  Jckün 
hemrnt  Agenor;  dann  in  Agenors  gestalt  fliehend,  lokt  Af^ 
ihn  feldwärts ,  indefs  die  Troer  einfluchten. 


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I  L  I  A  S. 


SINUNDXWANZIGSTER     GESANG. 


ils  sie  nunmehr  an  die  fahrt  des  schönhinwallenden  Xanthos 
nen,  des  wirbelnden  Stroms ,  den  Zeus  der  unsterbliche  zeugte; 
rt  aus  einander  sie  trennend »  verfolgt'  er  ein  theil  in  das  blacBfeld 
Irwärts,  wo  die  Achaier  dahergescheucht  sich  ergossen 
;  den  vorigen  tag,   vor  der  wut  des  stralenden  Hektor:  5 

r  nun  flüchteten  jen'  in  betäubender  angst;  doch  Here 
tete  dickes  gewölk,   und  hemmte  sie.    Aber  die  andern , 
t  gedrängt  an  des  Stroms  tiefstrudeinde  silbergewasser , 
Kten  hinab  mit  lautem  getös';  und  es  rauschten  die  fluten» 
i  cüc  gcstad'  umher  laut  hallctcn:   rings  mitjcsch^^^    lo 


M4  ILIAS^ 

Schwammen  sie  dort  durch  einander  und  dorthin  den  drehenden  wirbefa 
Wie  vor  des  feuers  gewalt  sich  ein  schwärm  heuschrecken  emporhebt 
Gegen  den  ström  zu  entfliehn;  denn  es  sengt  unermiidete  glut  ä 
^  Plozlich  entflammt  im  gefild',  und  sie  fallen  gescheucht  in  die  wasxi 
So  vor  Achilleus  ward  dem  tiefhinstrudelnden  Xanthos  \ 

Voll  sein  rauschender  ström  von  der  rosse  gewirr  und  der  mintA 

Aber  der  göttliche  liefs  die  lanze  daselbst  an  dem  ufer. 
Auf  tamarisken  gelehnt ,  und  stürzte  sich,   stark  wie  ein  Dämon 
Nach,  sein  schwert  in  der  hand,  und  entsezliche  thaten  ersann  < 
Wild  nun  haut'  er  umher;  mistöniges  röcheln  erhub  sich  j 

Unter  dem  mordenden  schwert,  und  geröthet  von  blut  war  das  wass« 
Wie  vor  dem  ungeheuren  deifin  Uie  anderen  fische 
Fliehend  die  buchten  erfüllen  des  wohlanlandbaren  hafens. 
Bange  gedrängt;  denn  gr'afslich  verschlinget  er,  wen  er  erhaschd 
So  die  Troer,  voll  angst  in  des  furchtbaren  Stromes  gewässem:  j 
Flohen  sie  unter  die  bord'.  Als  drauf  vom  ermorden  die  händ*  i^ 
Starreren,  wählt'  er  annoch  zwölf  lebende  jüngling'  im  ströme, 
Abzubiissen  den  tod  des  Menödaden  Patroklos.  ' 

Diese  zog  er  heraus,  sinnlos ,  wie  die  jungen  der  hindin ;  | 

Band  dann  zlxrük  die  bände  mit  wohlgeschnittenen  riemen. 
Welche  sie  selbst  getragen  um  ihre  geflochtenen  panzer ; 
Gab  sie  den  seinigen  drauf,  zu  den  räumigen  schiffen  lu  fuhro 
Wieder  hinein  dann  stürzt'  er,  nach  mord  und  gewürge  sich  schna 

Jezt  begegnet'  ihm  Priamos  söhn,  des  Dardanionen, 
Der  aus  dem  ström  aufstrebte,  Lykäon;  den  er  vordem  selbst 
Weggeführt  mit  gewalt  von  des  vaters  fruchtbarem  obsthain , 
Einst  in  der  nacht  ausgehend.   Es  schnitt  mit  dem  erxe  der  jünc'ii 


EINUNDZWANZIGSTER^  GESANG.       aas 

Wildernder  feigen  gesprofs,  zum  sesselrande  des  wagens. 

Doch  unverhoft  ihm  nahte  lum  weh  der  edle  Achilleus. 

Damals  sandt'  er  in  Lemnos  bevölkerte  Stadt  zum  verkauf  ihn,    40 

Führend  im  schif ,  und  den  werth  bezahlte  der  söhn  des  lason. 

Dorther  löste  sein  gast  Eetion,  herscher  in  Imbros, 

Ihn  sehr  theuer  erkauft,  und  sandt'  ihn  zur  edlen  Arisbe, 

Heimlich  schlich  er  von  dannen,  und  kam  zum  palaste  des  vaters* 

Eilf  der  tag'  erfreut'  er  das  herz  mit  seinen  geliebten ,  45 

Wiedergekehrt  aus  Lemnos ;  doch  jezt  am  zwölften  von  neuem 

Gab  ihn  ein  gott  in  die  hand  des  Achilleus,  welcher  bestimmt  war, 

Ihn  zum  Ais  zu  senden,. wie  sehr  ungern  er  dahinging. 

Als  nun  jenen  bemerkte  der  mutige  renner  Achilleus, 

Ihn  der  entblöfst  von  helme ,  von  schild  und  Unze ,  daherkam :     50 

Alles  hatt'  er  zur  erde  gelegt;   denn  ermattet  von  angstschweifs 

Strebt'  er  empor  aus  dem  ström ,   and  kraftlos  w^ankten  die  kniee : 

Unmutsvoll  nun  sprach  er  zu  seiner  erhabenen  seele: 

Weh  mir,  ein  grobes  wunder  erblick'  ich  dort  mit  den  äugen! 
Ganz  gewifs  nun  werden  die  edelmütigen  Troer,  55 

Die  ich  erschlug,  von  neuem  aus  nächtlichem  dunkel  hervorgehn; 
So  wie  jener  auch  kommt,  entflohn  dem  grausamen  tage, 
Der  in  die  heilige  Lemnos  verkauft  ward ;  aber  ihn  hielt  nicht 
Wogend  das  graue  meer,  das  viele  mit  zwang  zunikhemmt. 
Auf  denn  wohlan,  nun  soll  er  die  spiz'  auch  unserer  lanze         6a 
Kosten,  dandit  ich  erkenn'  in  meinem  geist,  und  vernehme, 
Ob  er  so  gut  auch  von  dannen  zuriikkehrt,  oder  ihn  endlich 
Hält  die  ernährende  erde ,  die  selbst  den  tapferen  festhält. 

Also  dacht'  er,  und  stand;  da  nahete  jener  ihm  angstvoll^ 
Homers  Dias.  IL  Band.  '   oigi^äby  Google 


236  ILlAS. 

Seine  knice  xu  rühren  bereit:    denn  er  wünschte  so  herzlich,       65 

Noch  XU  cntfliehn  dem  grausamen  tod' und  dem  schwarten  Verhängnis. 

Siehe,  den  ragenden  speer  erhob  der  edle;  Achilleus, 

Ihn  zu  durchbohren  bereit;  doch  er  oik'  und  umfafste  die  kniee, 

Hergebükt;   und  der  speer,  der 'hinwegsaust*  über  die  schultern, 

Stand  in  der  erd*,    und  lechzt'  im  menschenblute  zu  schwelgen,     »jo 

Aber  mit  einer  hand  umschlang  er  ihm  flehend  die  kniee, 

Und  mit  der  anderen  hielt  er  die  spiiige  lanz*  unverrükt  ihm; 

Laut  nun  fleht'  er  empor,  und  sprach  die  geftiigelten  wone: 

Flehend  fass'  ich  dem  knie;  du  erbarm  dich  meiner,  Achilleus! 
\ 
Deinem  schuz  einst  \kj,t  ich  vertraut;  drum  scheue  mich,  edler!  15 

Denn  bei  dir  ja  zuerst  genofs  ich  den  kern  der  Demeter, 

Jenes  tags,  da  dein  arm  mich  ergrif  in  dem  fruchtbaren  obsthain, 

Und  du  fern  mich  verkauftest,  getrennt  von  vater  und  freunden, 

Nach  der  heiligen  Lemnos,  nnd  hundert  stiere  gewännest. 

Jezo  löst*  ich  mich  dreimal  so  hoch!    Der  zwölfte  der  morgen    80 

Leuchtet  mir  erst,  seitdem  ich  in  Ilios  mauren  zurükkam. 

Lange  gecjuält ;  und  von  neuem  hat  Dir  in  die  hand  mich  gesendet 

Böses  geschik!    Wohl  mufs  ich  verhafst  dem  erhabenen  Zeus  sein. 

Der  dir  wieder  mich  gab ;  und  für  wenige  tage  gebar  mich 

Meine .  liebende  mutter  Laothoe,  tochter  des  greises  85 

Altes,  welcher  im  volk  der  streitbaren  Leleger  herschet, 

Pedasos  luftige  bürg  an  Satniois  ufer  bewohnend. 

Dessen  tochter  war  Priamos  weib,  nebst  vielen  der  andern; 

Und  zween  söhne  geb^r  sie;  doch  Du  willst  beid'  uns  erwürgen! 

Jenen  im  vordergefecht  fufsuundelnder  kämpfer  bezwangst  du,  go 

Ihn  den  hcld  Polydoro«,  durchbohrt  mit  spiziger  lanze; 

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EIJVJUNDZWANZIGSTER    GESANG,     227 

Und  mein  harrt  das  verderben  alhier  nun !  Nimmer  ja  hoflF '  ich 
Deiner  hand  zu  entflichn  ,  nachdem  mich  genähert  ein  Dämon ! 
Eines  verkünd'  ich  dir  noch  .  und  Du  bewahr'  es  im  herzen. 
Tödte  mich  nicht;  denn  ich  bin  kein  leiblicher  bruder  desHekior,  95 
Welcher  den  freund  dir  ferschlug,  so  sanfigcsinnt  und  so  tapfer! 

AUo  flehte  zu  jenem  des  Prianftos  e^ler  erzeugter 
Jammernd  empor;  da  erscholl  die  unbarmherzige  stimme: 

Thörichter,  nicht  von  lösung  erzähl*  und  schwaze  mir  länger! 
Denn  bevor  Patroklos  den  tag  erreichte  des  schiksals,  loo 

War  ich  annoch  im  herzen  geneigt ,  zu  schonen'  der  Troer ; 
Viel'  auch  führt'  ich  gefangen  hiiTweg,  und  verkaufte  sie  lebend. 
Doch  nun  fliehe  den  tod  nicht  einer  auch,  welchen  ein  Dämon 
Hier  vor  Ilios  mauren  in  meine  hand  mir  gesendet, 
Aller  Troer  gesamt,  und  am  wenigsten  Piiamos  söhne!  105 

Stirb  denn,  lieber,  auch  du!  Warum  wehklagest  du  also? 
Starb  doch  auch  Patroklos,  der  weit  an  kraft  dir  voranging! 
Schauest  du  nicht,  wie  ich  selber  so  schön  und  grofs  an  gestalt  bin? 
Denn  dem  edelsten  vater  gebar  mich  die  göttliche  mutterl 
Doch  wird  mir  nicht  minder  der  tod  und  das  harte  Verhängnis     iio 
Nahn,  entweder  am  morgen,  am  mittag,  oder  am  abend  ; 
Wann  nun  einer  auch  mir  in  der  Schlacht  das  leben  entreisser, 
Ob  er  die  lanze  mir  schnellt ,  ob  auch  ein  geschiofs  von  der  senne. 

Also  der  held ;  doch  jenem  erzitterten  herz  uhd  kniee. 
F<^ren  itefs  er  den  speer,  und  safs  ausbreitend  die  bände         115 
Beide.    Doch  Peleus  söhn ,  das  geschliffene  schwert  sich  entreissend , 
Sriefs  es  hinein  am  gelenke  des  halses  ihm :  tief  in  die  gurgel 
Drang  zweischneidig  d^s  schwert;  und  vorwärts  P^A(f(V/Ld^r^d? 


aag  ILIAS* 

Lag  er  gcstrekt ;  schwaiz  strömte  das  Mut ,  und  nexte  den  boden. 
Ihn  dann  schwang  der  Peleid* ,  am  fusse  gefafst ,  in  den  stromhin ;  120 
Und  mit  jauchzendem  ruf  die  geflügelten  worte  begann  er  : 

Dort  nun  streck'  im  gewimmel  der  fische  dich ,  die  von  der  wunde 
Soiglos  dir  ablecken  das  blut!  Nie  bettet  die  mutter 
Dich  auf  leich engewand',  und  wehklagt;  sondern  Skamandros 
Trägt  dich  strudelnd  hinab  n\  des  meers  weixofFenen  abgrund.   125 
Hüpfend  sodann  naht  unter  der  flut  schwarzschauemder  fläche 
^iancher  filsch,  um  zu  schmausen  am  weissen  fette  Lykaons. 
Treff'  euch  weh ,  bis  wir  kommen  zu  IHos  heiliger  veste , 
Ihr  in  stürzender  flucht,  ich  aber  mit  mord  euch  verfolgend. 
Nicht  ja  selber  der  Strom  mit  mächtigem  silbergestrudel  130 

Retret  euch  ,  welchem  ihr  oft  so  viel  darbringet  der  stiere » 
Und  starkhufige  ross'  in  die  flut  lebendig  hinabwerft: 
Aber  auch  so  vertilgt  euch  das  jammergeschik ,  bis  ihr  alle 
Für  Patroklos  mord  mir  gebüfst,  und  das  weh  der  Achaier, 
Die  an  den  hurtigen  schiffen  ihr  tödtetet,  als  ich  entfernt  warl    135 
Jener  sprachs ;  da  ergrimmte  noch  weit  zornvoller  der  stromgott ; 
Und  er  erwog  im  geist,  wie  hemmen  er  möcht'  in  der  arbeit 
Peleus  göttlichen  söhn ,  und  die  plag'  abwenden  den  Troern. 
Aber  Achilleus  indefs  mit  weithinschattender  laoze 
Sprang  auf  Asteropäos,  ihn  auszutilgen  verlangend,  140 

Pelegons  söhn :  den  zeugte  der  mächtigströmendfe  herscher 
Axios,  und  Periböa,  des  Akessamenos  tochter, 
Schön,  an  geburt  die  erste,  geliebt  vom  wirbelnden  stromgott. 
Gegen  ihn  drang  der  Peleid':  er  dort,  aus  dem  ströme  begegnend, 
Stand  f  zween  speer'  in  den  bänden ;  ihm  atbmete  mu|  in  die  sede  145 

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EINUNDZWANZIGSTER   GESANG.     219 

Xanthos ,  dieweil  er  mit  zorn  die  ermordeten  Jünglinge  schaute , 
Die  der  Peleid'  in  den  fluten  ermordete,  sqqder  erbarmen. 
Als  sie  nunmehr  sich  genaht,  die  eilenden  gegen  einander; 
Kufte  zuerst  anredend  der  mutige  renner  Achilieus : 

Wer ,  und  woher  der  männer ,  der  mir  zu  nahn  sich  erkühnet?  150 
Meiner  kraft  begegnen  nur  söhn*  unglüklicher  eitern! 

Ihm  antwortete  drauF  d^s  Pelegon  edler  erzeugter: 
Peleus  mutiger  söhn ,  was  fragst  du  nach  meinem  geschlechte  ? 
Fern  aus  denn  scholligen  lande  Päonia  führ'  ich  die  schaaren 
Speerumragter  Päonen  zur  schlacht;  und  der  eilfte  der  morgen      155 
Leuchtet  mir  nun ,  seitdem  ich  in  Ilios  mauren  hineinging. 
Doch  mir  stammt  das  geschlecht  von  dem  mächrigen  Axio6StiK)me , 
Axios,  der  am  schönsten  das  land  mit  der  welle  befrifchtet: 
Der  hat  Pelegons  stärke  gezeugt,  und  der  ianzenberühmte 
Pelegon  mich,  wie  man  sagt.   Jezt  kämpfe  mir,  hoher  Atkilleus  I  160 

Also-  dioht*  er  daher ;  da  erhob  der  edle  AchilieuK 
Pelions  ragende  esch';  allein  zwo  lanzen  zugleich  warf 
Asteropäos  der  held,  der  rechts  mit  jeglicher  band  war. 
Eine  traf  des  Schildes  gewöib'  ihm ;  aber  hindurch  nicht 
Brachsie  den  Schild ;  denn  es  hemmte  das  gold ,  die  gäbe  des  gottes.  165 
Doch  die  andere  streift'  ihm  den  rechten  arm  an  der  beugung, 
Dafs  ihmr  dunkeles  blut  vorrieselte  ;  über  ihm  selbst  dann 
Stand  sie  gebohrt  in  den  grund ,   voll  gier  im  fleische  zu  schwelgen. 
Jexo  schwang  auch  Achilieus  die  gradanstürmende  esche 
Hin  auf  Asteropäos ,  ihn  auszudlgen  verlangend.  »    1*70 

Doch  ihn  selbst  verfehlt'  er ,  und  traf  das  erhabene  ufer , 
Dais  bis  zur  lülft'  in  das  ufer  die  e&cheiie  lanze  iiineindrang. 

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^30  ILIAS^ 

Peleus  söhn ,   das  ^schliffene  schwert  von  der  hiifte  sich  rcissend^ 
Stürmte  hinan  mit  bcgicr :  Der  strebte  den  Speer  des  Achilleus , 
Aber  umsonst,  dem  borde  mit  nervichter  hand  zu  entziehen.     i'?5 
Dreimal  erschüttert*  er  jenen,  und  strengt'  im  ziehen  gewak  an; 
Dreimal  versagt*  ihm  die  kraft ;  doch  das  viertemal  wollt*  er  mit  eifer 
Brechen  ,  ihn  ganz  ümbeugend ,  den  eschenen  speer  des  Achilleus. 
Aber  es  kam  mit  dem  schwert  der  Peleid\   und    raubte  das  leben^ 
Denn  er  hieb  in  den  bauch  am  nabel  ihm;  und  es  ergofs  sich  180 
Alles  gedärm'  auf  die  erd* ;  und  dem  röchelnden  starxten  die  äugen 
Trüb'  in  nacht.    Doch  Achilleus ,  daher  auf  den  busen  ihm  stürmend, 
Nahm  sein  waffengeschmeid' ,  und  rief  frohlockend  die  worte: 
Lieg*  also !  Schwer  magst  du  des  hochediabnen  Kronions 
Söhne  mit  streit  angehen ,  obgleich  von  dem  Strome  du  abstammst  *  v  85 
Denn  dich  rühmst  du  entsprossen  vom  machtigströmenden  herscher ; 
Aber  von  Zeus  gescblecht,   des  gew^ltigei»,   preis'  ich  mich  seU>er. 
Denn  mich  zeugte  der  könig  des  myrrnldonischen  Volkes » 
Peleus  ,  Äakos  söhn  ;   und  den  Aakos  zeugte  Kronion. 
Drum  wie  Jjdus  vorwaltet  den  meerabrauschenden  Strömen,       190 
Also  waltet  des  Zeus  geschlecht  vor  den  söhnen  des  Stromes. 
Auch  ein  mächtiger  Strom  rauscht  neben  dir,  ob  er  vielleicht  dir 
Helfe ;  doch  keiner  vermag  mit  Zeus  Kronion  zu  kämpfen. 
Ihm  nicht  wähnet  sich  gleich  der  herliche  gott  Acheloos , 
Noch  des  Okeanos  kraft,  des  tief  hinströmenden  hcrschcrs:        195 
Welchem  doch  alle  ström',  und  alle  fluten  des  meeres. 
Alle  quellen  der  erd' ,  und  sprudelnde  brunnen  entfliessen : 
Dennoch  scheut  auch  jener  den  wetterstral  des  Kronion , 
Und  den  entsezlichen  donner,  der  hoch  vom^  hig^npiel  herabkracht. 


EINUNDZWANZIGSJER  GESANG.     231 

Also  der  held ;  und  dem  bord*  entzog  er  die  eherne  lanze.  200 
Jenen  Verliefs  er  daselbst,  nachdem  er  den  geist  ihm  genommen. 
Ausgestrekt  auf  dem  sande»  bespült  vom  dunklen  gewässer. 
Ringsher  schlängelten  aal*  und  wimmelnde  fisch'  um  den  leichnara, 
Gierig  das  weisse  fett»  das  die  nieren  umwuchs,  ihm  benagend. 
Er  dann  wandelte  fort  zur  reisigen  schaar  der  Päonen,  205 

Welche  noch  voll  angst  am  wirbelnden  ström  umherflohn, 
Als  sie  den  tapfersten  sahn  in  schr^ckenvoU^r  entscheidung 
Unter  Achilleus  hand  und  gewaltigem  Schwerte  gebändigt.. 
Dort  den  Thersilochos  nun,  und  Astypylos  schlug  er,  und  Mydon, 
Thrasios  dann,   auch  Mnesos ,    und  Aniös,   auch  Qfc;lestes«   .    210 
Und  noch  mehr  der  Päonen  erschlug  der  schnelle  Achilleus, 
Wenn  nicht  zürnend  geredet  des  Stroms  tiefstrudelnder  herscher , 
Der  in  ihenschengestalt  aufruft'  aus  tiefem  gestrudel: 

Peleus  söhn,  du  wütest,  an  kraft  und  entsezlichen  thatea 
Mehr  als  mensch;  denn  immer  begleStw  dich  waJtepd^  gotter.  215 
Wenn  dir  Xeus  die  Troer  verlieh»  da£s  du  allfe  verderbtest  ; 
Ausser  mir  sie  verfolgend  im  b)achfeld',  übe  die  graunthat. 
Voll  sind  mir  vqn  todten  bereits  dije  schönen  gew^sset ;  . 
Kaum  auch  kann  ich  annoch  ins:  heilige  meer  mich  ei^ssen, 
Ganz  von  todten  geengt; :  so  tobst  du  mit  motd  und  Vertilgung !  220 
Aber  wohlan,  lafs  ab;  ich  staune  dit,  vöikergebieter ! 

Ihm  antwött^e  drauf  der  mutige  renner  Achilleus  : 
Solches  gescheh',,0  Skamandros,  du  göttlicher,  wie  du  gebietest. 
Doch  nicht  raste  mein  arm  1  die  frevelen  Troer  zu  morden  , 
Bis  ich  zur  Stadt  sie  gejagt,  und  (iektors  stärke  geprüfet,  225 

Ob  er  im  kämpfe  vielkiebt  mich  bSndigef,  [3?gfeby*6^dl^^'^'^  ^^"' 


2^2  ILIAS* 

Also  sprach  er ,  und  stürzt'  in  die  Troer  sich,  stark  wie  ein  Dämon. 
Jezo  begann  zu  ApoUon  des  Stroms  tiefstrudelnder  herscber: 

Wehe,  du  achtest  ja  nicht,  leus  söhn  mit  silbernem  bogen» 
Was  Kronion  beschlofs,  der  dir  so  ernsten  befehl  gab,  230 

Troja's  söhne  mit  macht  zu  vertheidigen ,  bis  sich  des  abends 
Dämmernde  späte  genaht ,  die  scholligen  ^Cclcer  beschattend. 

Jener  sprachs ;  und  Achilleus ,  der  herliche,  sprang  in  den  Strudel 
Hoch  vom  hangenden  bord.  Da  wütete  schwellend  der  Strom  her. 
Air  erregt*  er  die  fluten  getrübt,  und  drängte  die  todten,  235 

Jene,  die  rings  in  meng'  ihn  erfüllt,  die  getödtet  iychilleus: 
Diese  warf  er  hinaus,  mit  lautem  gebrüll,  wie  ein  pBugsti^, 
An  das  gestad*^  und  die  lebenden  rings  ip  den  schönen  gewässem 
Rettet*  er,  eingehüllt  in  hoch  aufstrudelnde  wogen. 
Schreklich  umstand  den  Peleiden  die  trübe  geschwollene  brandung,  240 
Schlug  an  den  schild  dann  schmetternd  herab;  und  er  konnte  nicht  länget 
Fest  auf  den  fiissen  bestehn.     Da  fasst*  er  die  ulm'  in  den  bänden, 
Frisch  von  wuchs,  hochragend;  doch  jene,  gestürzt  aus  den  wurzeln , 
Rifs  das  gestad'  aus  einander,  und  hielt  die  schönen  gewässer 
Auf  mit  dichtem  gezweig*,  und  überbrükte  die  fluten,  245 

Ganz  hinunter  gestürzt ;  undderheld,  aus  der  tiefe  sich  schwingend. 
Eilete  durch  das  gefilde  mit  hurtigen  fÜssen  zu  fliegen. 
Angstvoll.     Noch  nicht  ruhte  der  schrekliche,  sondern  er  stürzt'  ihm 
Nach  mit  dunkelnder  flut ;  dafs  hemmen  er  möcht'  in  der  arbeit 
Peleus  göttlichen  söhn,   und  die  plag*  abwenden  den  Troern.    250 
Aber  Achilleus  entsprang,  so  weit  die  -lanze  dahinfK^, 
Ungestüm  wie  der  adler,  der  schwarzgeflügelte  Jäger, 
Welcher  der  mächtigste  ist  und  geschwindeste  aller  gevogeb 


EINUNDZWANZIGSTER   GESANGr    433 

)iesein  gleich,  hin  stürmt'  et;  das  erzgeschxneid*  um  den  busen 
Usselte  grauses  getöns ;  und  seitwärts  jenem  entschlüpfend        255 
'loh  er  ;  allein  nach  rauschte  der  ström  mit  lautem  getös'  ihm. 
Vie  wenn  ein  wässernder  mann  von  des  bergquells  dunklem  gesprudel 
Jber  saat  und  gärten  den  lauf  der  gewässer  daherführt, 
Jnd>  in  der  hand  die  schaufei,  den  schutt  wegräumt  aus  der  rinne; 
ezo  strömt  es  hervor,  und  die  kieselchen  afle  des  baches  260 

Verden  gewäkt;  denn  geschwinde  mit  rauschenden  wellen  entstürzt  es 
^om  abschüssigen  hang',  und  eilet  zuvor  auch  dem  führen 
i\so  erreichte  der  Strom  mit  wogender  flut  den  Achilleus 
lets ,  wie  rasch  er  auch  war ;  denn  stark  vor  menschen  sind  götter. 
ihcT  so  oft  ansezte  der  mutige  renner  Achilleus,  265 

'est  ihm  entgegen  zu  stehn,  dafs  er  schauete,  ob  ihn  die  götter 
iUe  zur  flucht  hinscheuchten,  die  weit  den  himmel  bewohnen; 
Ichneil  hatt'  ihm  das  gewoge  des  himmelei^tsprossenen  Stromes 
loch  die  schulter  umspült.     Dann  sprang  er  empor  mit  den  füssen , 
anmutsvoll  in  der  seel';  und  der  ström  zwang  hinten  die  kniee,  270 
chräg*  anrollend  mit  macht,  und  den  staub  den  füssen  emrei&send. 
-aut  wehklagt'  Achilleus,  den  blik  gen  himmel  gewendet: 

Vater  Zeus,   dafs  auch  keiner  der  ewigen  nun  sich  erbarmet, 
lieh  aus  dem  ström  zu  retten !  Wie  gern  dann  duldet'  ich  alles ! 
meiner  indefs  ist  mir  der  Uranionen  so  schuldig  ,  275 

ih  die  liebende  mutter,  die  mich  durch  teuschungen  einnahm; 
>enn  sie  sprach ,  an  der  mauer  der  erzumpanzertcn  Troer 
ei  mir  zu  sterben  be.stimmt  durch  ApoUons  schnelle  geschossc. 
lätte  mich  Hdktor  gctödtet,  der  hier  der  tapferste  aufwuchs! 
>ana  war' ein  starker  erlegt,  und  es  raubt*  ein  starl|j||f.djj5y  Rüstung!  280 


234  ILIAS» 

Doch  nun  ward,  zu  sterben  den  schmählichen  tod^  mir  geordnet 
£ingehenfimt  von  dem  mächtigen  ström,  wie  ein  jüng&rer  sauhm 
Welcher  im  regenbache  versinkt,  durchwatend  im  winter! 

Als  er  es  sprach,  da  traten  Poseidon  schnell  und  Athene 
Ihm  2^ur  Seite  genaht,  gleich  sterblichen  männern  an  bildung,  2$] 
Fügcten  hand  in  band,  und  redeten  tröstende  worte;  I 

Also  begann  vor  ihnen  der  erderschüttrer  Poseidon:  j 

Nicht  so  bang\  o  Peleid*,  erzittere,  noch  so  verzagend; 
Denn  wir  sind  dir  beid'  als  helfende  götter  genahet. 
Mit  einwiiligung  Zeus,  ich  selbst  und  Pallas  Athene!  2^ 

So  nicht  ward ,  zu  sterben  im  ström  ,  dir  geordnet  vom  schiksal ; 
Sondern  bald  kehrt  jener  zur  rast ,  und  du  selber  erkennst  es. 
Doch  ermahnen  wir  dich  aufs  fleissigste,  wenn  du  gehorchest. 
Lafs  nicht  ruhn  die  bände  ^om  allverheerenden  kriege. 
Ehe  du  eingehenunt  in  Ilios  thürmende  mauern  29I 

Troja's  Volk ,  wer  entrann.  Doch  wann  Hektorsgeistdu  geraubthasti 
Dann  zu  den  schiffen  gekehrt;   wir  geben  dir  rühm  zu  gewinnen 

Also  redeten  beid*,  und  eilten  hinweg  zu  den  göttem. 
Er  nun  drang,  vom  gebot  der  unsterblichen  mächtig  ermuntert,    I 
In  das  gefild';  und  es  wogte  von  weitergossenen  wassern*  300 

Viel  schönprangende  waffen  der  kampferschlagenen  männer 
Schwammen,undleichen  gemischt.Hoch  sprang  er  empor  mit  den  knieei 
Gegen  die  flut  gradaus,  der  stürmende,  welchen  nicht  aufhielt 
Der  brcitrollende  ström ;  denn  mit  kraft  erfüllt'  ihn  Athene, 
Noch  nicht  liefs  Skamandro$  vom  zorn.ab;  nein  noch  ergrimmter  ^ 
Eifert'  er  Peleuf  söhn",  und  erhub  hochwogige  brandung. 
Mächtig  empor  sich,  bäumend,  und  laut  [^^r^by^ÖC^Il*^^*  ^^  = 


EINUNDZWANZJGSTER   GESANG.     235 

Bruder,  wohlan!  die  gewalt  des  mannes  da  müss^eD  wir  bcid'izt 
indigen  ;  oder  sofort  des  herschenden  Priamos  veste 
^iift  er  in  staub;  denn  die  Troer  bestchn  ihn  nicht  im  gctümmeH  310 
uf,  sei  helfer  in  eil*,  und  fülle  den  ström  mit  gewässern 
ings  aus  den  quellen  der  berg',  und  ermuntere  jeglichen  giefsbach! 
och  nun  hebe  die  Hut,  und  rolle  mit  donnernder  woge  ^ 

lock'  und  steine  daher;  dafs  den  schreklichen  mann  wir  bezähmen, 
reicher  nunmehr  obherscht ,  und  gleich  den  unsterblichen  schaltet  1315 
icht  soll,  mein'  ich,  die  kraft  ihn  vertheidigen ,  oder  die  bildung, 
och  der  rüstungen  pracht:  die  sollen^  mir  tief  in  dem  sumpf  wo 
legen  von  häufigem  schlämme  bedekt ;  und  ihn  selber  umwälz'  ich 
ings  mit  sand ,  in  den  schwall  von  müscheln  und  kies  ihn  verschüttend, 
och,  dafs  selbst  sein  gebein  nicht  aufzusammeln  vermögen  320 
rgos  söhn*,  im  unendlichen  wüst,  den  ich  über  ihn  ausgofs! 
ort  soll  werden  das  mal  des  gestorbenen;  und  er  bedarf  nicht, 
afs  ihm  ein  rasengrab  die  bestattenden  Danaer  häufen! 

Sprach« ,  und  drang  auf  Achilleus  in  trüb*  aufstürmender  brandunf , 
lut  mit ischaum  anrauschend,  mit blut und  gewirbelten  leichen.  325 
irpurbraunes  gewoge  des  himmelentspxossenen  Stromes 
allere  hochgethürmt ,  und  schlug  auf  den  Peleionen« 
:re  nunmehr  schrie  auf,  voll  inniger  ang^t  um  Achilleus, 
ifs  ihn  mit  macht  wegrafte  des.  Stroms  tiefstrudelnder  herscheir 
hneli  zu  Hefästi)s  daraiif ,  dem  theueren  Sohne ,  begann  sie :  330 

Hebe  dich,  söhn  Hefastos,  du  hinkender!  deiner  gewalt  ist, 
hien  wir,  gleich  im  kämpfe  der  mächtig  strudelnde  Xanthos;     . 
rf ,  sei  helfer  in  eile,  mit  lodernden  flammen  erscheinend! 
>cr  ich  selbst  will  gehen,  den  West  und  den  schauernden  Südwind 


2^6  ILIAS. 

Schnell  von  dem  meergestade  zu  heftigem  stürm  zu  erregen,    ; 

Welcher  das  Heer  der  Tioer  mit  mann  und  wafien  verbrenne, 

Schrekliche  glut  fbrtttagend.     Doch  Du  am  gestade  des  Xantlio^ 

Zünde  die  bäum',  auch  ihn  selber  durchlodere;  aber  durchaus  dI 

Werde  durch  freundliche  worte  zurükgewandt  noch  bedrohung! 

Eher  auch  nicht  lafs  deine  gewalt  ruhn»  als  wann  ich  selber    j 

Kufe  das  laute  gebot;  dann  zähme  die  glut  der  Vertilgung! 

Here  s^rachs;   doch  Hefastos  ergofs  den  entsezlichen  glutsc 

Erst  durchflog  das  gefilde  die  glut,  und  verbrannte  dia  todten, 

Jene,  die  rings  in  meng'  es  erfüllt,  die  getödtet  Achilleus. 

Ganz  ward  trocken  das  feld ,  und  gehenmit  das  blinkende  wasser. 

Wie  wenn  in  herbstlicher  schwüle  der  nord  den  gewässerten  gane 

Alsobald  austroknet,  und  fröhlich  es  schaut  der  besteller: 

So  ward  trocken  das  ganze  gefild',  und  die  leichname  ringsunj 

I 
Brannten.     Da  stürmte  der  gott  in  den  ström  helleuchtende  flamd 

Brennend  standen  die  ulmen ,  die  weidichte ,  und  tamarisken , 

Brennend  der  lotos  zugleich,  riedgras  und  duftender  galgant. 

Welche  die  schönen  gewässer  des  Stroms  weitwuchernd  umsprofst 

Angj»tvoll  schnappten  die  aal'  und  die  fisch*  umher  in  den  stmdi 

Welche  die  schönen  gewässer  durchtaumelten  hiehin  und  donh 

Matt  von  dem  flammenhauch  des  erfindungsreichen  Hefastos. 

Brennend  auch  wogte  der  Strom,  und  redete,  also  beginnend: 

Keiner ,  Hefästos ,  hält  diir  obstand^  unter  den  göttern ; 
Auch  nicht  Ich  verlange  mit  dir  ^  gkrtsprüher ,  zu  kämpfen  l 
Ruhe  vom  sueit !  Ob  die  Troer  sofort  auch  der  edle  Achilleus 
^Ganz  aus  der  veste  verjagt !  Was  acht'  Ich  fehd*  und  beschirmung  ?  3 

Sprachs ,  und  bräunt'  in  der  glut ,  und  es  sprudelten  seine  gofc  ü»> 


EINUNDZWANZIGSTER   GESANG.     337 

wie  braust  ein  kessel ,  gedrängt  vom  gewaltigen  feuer » 
inn  er  das  fett  ausschmelzet  des  wohlgenähreten  mastschweins , 
igs umher  aufbrodelnd,  umflammt  von  trockenen  scheitern, 
durchglühte  das  feuer  den  ström ,  und  es  brauste  das  wasser.   365 
u-wärts  flofs  er  nicht  mehr;  er  stokt',  in  der  lohe  geängstef» 
irch  Hefastos  gewait,  des  erfindenden.    Aber  zur  Here 
andt'  er  sich  laut  wehklagend,   und  sprach  die  geflügelten  worte; 

Here,  warum  doch  quälet  dein  söhn  so  heftig  vor  andern 
einen  ström?  Ich  habe  mich  dir  ]a  minder  verschuldet,  370 

s  die  anderen  alle,  so  viel  beistehen  den  Troern. 
>ch  nun  will  ich  ja  gern  mich  beruhigen,  wenn  du  gebietest; 
ir  sei  ruhig  auch  jener!  Zugleich  auch  dieses  beschwor'  ich, 
emals  einem  der  Trofsr  den  grausamen  tag  zu  entfernen,  ^ 
cht  wenn  Troja  sogar  in  verheerender  flamme  des^feuiers        375 
»derte,  rings  entflammt  von  den  kriegrischen  söhnen  Achaia's! 

Als  sie  solches  vernommen,  die  lilienamuge  Here; 
hnell  darauf  zu  Hefastos ,  dem  theueren  söhne ,  begann  sie : 

Halt,  mein  söhn  Hefastos,  gepriesener!  nicht  ja  geziemt  dir, 
den  unsterblichen  gott  der  sterblichen  wegen  zu  martern!      380 

Here  sprachs;  da  löschte  der  gott  sein  entsezliches  feuer; 
hnell  dann  rollten  zurük  in  den  ström  die  schönen  gewässer. 
s  dem  Xanthos  der  mut  so  gedämpft  war,  blieben  sie  beide 
mx  in  ruh;  denn  Here  bezähmte  sie,  heftig  ergrimmt  zwar. 

Aber  die  anderen  götter  durchfuhr  unmäs&ige  feindschaft,  385 
igestum;  und  getrennt  tobt'  allen  das  herz  in  den  busen. 
ut  nun  prallt'  an  einander  der  sturirf ;  weit  krachte  der  erdkreis , 
id  es  erscholl  wie  drommeten  die  luft  rings.     Ferne  vernahm  es 

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^38  ILIAS* 

Zeus  auf  Olympos  höhn ,  wo  er  safs ;  und  es  lachte  das  herr  ß 
Wonnevoll,  da  er  sähe  zum  kämpf  anrennen  die  göltet.  31 

Nicht  mehr  lang*  aus  einander  verweilten  sie.     Siehe,  voran  dm 
Ares  der  schilddurchbrecher,  und  stürmt*  auf  Pallas  Athene, 
Haltend  den  ehernen  spe^r;  und  er  rief  die  schmähenden  wortt: 

Warum  treibst  du  die  götter  zum  kämpf,   schamloseste  flie^ 
Stürmischer  dreistigkeit  voll.     Du  tobst  unbändiges  mutes!  3 

Weifst  du  noch,  wie  du  Tydeus  söhn  Diomedes  gereixet. 
Mir  zu  nahn ,  und  wie  selber  den  stralenden  Speer  mit  den  händi 
Grade  daher  du  gedrängt,  den  blühenden  leib  mir  verwundend' 
Jexo  sollst  du  mir  alles  berichtigen ,  was  du  verschuldet ! 

Also  sprach  er ,  und  stiefs  auf  clie  quastumbordete  Agis  ,       4 
Schreklich  und  hchr,die  auch  nimmer  bezähmt  Zeus  flammender  don» 
Hierauf  stiefs  mit  gewaltigem  Speer  der  blurige  Ares. 
Jene  wich ,  und  erhub  mit  ncrvichter  rechte  den  feldstein^ 
Der  dort  lag  im  gefilde,  den  dunkelen,  rauhen  und  grossen. 
Den  zur  grenze  der  flur  aufstelleten  männer  der  vorteil :  | 

Hiermit  traf  sie  den  wütrich  am  hals',  und  loste  die  giieder. 
Sieben  hufea  bedekt'  er  im  fall,  und  bestäubte  das  haupth<iar; 
Und  ihn  umklirrte  das  erz«     Da  lächelte  Pallas  Athene; 
Und  mit  jauchzendem  ruf  die  geflügelten  worte  begann  sie  z 

Thörichter,  nie  wohl  hast  du  bedacht ,  wie  weit  ich  an  kraft  dir  4 
Vorzugehn  mich  rühme,  da  Mir  voll  troz  du  begegnest. 
Also  magst  du  der  mutier  Verwünschungen  ganz  ausbüssen. 
Welche  von  zorn  und  hafs  dir  entbrannt  ist,  weil  den  Achaiei: 
Du  dich  entzogst,  und  vcrtheidigst  die  übermürigen  Troer. 

Aho  redete  jen' ,  und  wandte  die  stralenden  äugen.  I 


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EINUNDZWANZIGSTER  GESANG»     339 

m  dann  führt*  an  der  hand  die  tochter  Zeus»  Afrodite  ^ 

'ährend  ^r  schnell  aufstöhnt';  und  kaum  kehrt*  endlich  der  athenu 

zt  ward  ihrer  gewahr  die  lilienarmige  Here, 

fid  zur  Athene  sogleich  die  geflügelten  worte  begann  sie : 

Weh  mir ,  des  ägiserschütternden  Zeus  unbez  wungene  tochter !  420 
haue,  wie  dreist  die  fliege  den  mordenden  Ares  hinwegführt 
js  dem  entscheidenden  kämpf  durch  den  aufruhr  I  Hurtig  verfolge  1 

Here  sprachs ;  i^nd  Athene  verfolgete ,  freudiges  herzens. 
lirmend  drang  sie  hinan,  und  schlug  mit  mächtiger  hand  ihr 
!gen  die  brüst;  und  plözlich  erschlaften  ihr  herz  und  kniee.  425 
so  la^n  sie  beid'  auf  der  nahrungsprossenden  erde, 
ne  mit  jai^hzendem  rufe  begann  die  geflügelten  worte: 

Also  müssen  sie  alle ,  so  viel  beistehen  den  Troern , 
inftig  sein,  wann  sie  Argos  gepanzerte  söhne  bekämpfen, 
en  so  kühn  und  beharrlich  an  mut,  wie  jezt  Afrodite  430 

m,  dem  Ares  zu  helfen,  und  meiner  stärke  sich  darbot! 
dann  hätten  wir  längst  schon  ruhe  gehabt  von  dem  kriege , 
:il  ^Afu  Troja  verheert,  die  Stadt  voll  prangender  häuser! 

Sprachs;  da  lächelte  sanft  die  lilienarmige  Here. 
ch  XU  Apollon  begann  der  erderjchüttrer  Poseidon:  435 

Föbos,  warum  dochstehn  so  entfernt  wir?  Uns  ja  gebührts  nicht » 
5chon  andre  begannen!  O  schände  doch,  wollten  wir  kampflos 
d'  hingehn  zum  Olympos,  zum  ehernen  hause  Krooions! 
>e  denn  an ;  du  bist  ja  der  jüngere ;  aber  mir  selbst  nicht 
met  es,  weil  an  geburt  ich  vorangeh*»  und  an  erfahrung,      440 
>r,   Avie  erinnerungslos  dir  das  herz  ist!  Selber  ja  defs  nicht 
ikst   du,  wie  viel  wif  bereiu  um  Ilios  böses  erduldet » 

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240  1 L 1 A  S» 

Wii  von  den  göttem  allein,  als,  herge&andt  von  Kronion, 
Wir  ein  völliges  jahi  dem  stolze^  Laomedon  firöhnten. 
Für  bedungenen  lohn,  und  jener  befehl'  uns  ertheilte. 
Ich  nun  selbst  erbaute  der  Troer  Stadt ,  und  die  mauer » 
Breit  und  schön ,  der  veste  zur  undurchdringlichen  schuzwehr; 
Doch  du  weidetest,  Föbos,  das  schwerhin wandelnde  homvieh 
Durch  die  waldigen  krümmen  des  vielgewundenen  Ida. 
Als  nun  aber  dem  lohne  das  ziel  die  erfreuenden  Hören  45 

Endlich  gebracht,  da  entzog  mit  gewalt  der  grausame  könig 
Uns  den  sämtlichen  lohn ,  und  trieb  uns  hinweg  mit  bedrohung. 
Denn  dir  drohete  jener  die  füfs'  und  die  bände  zu  fesseln,« 
Und  zum  verkauf  dich  zu  senden  in  irgend  ein  ferneres  eiland: 
Ja  er  verhiefs,   uns  beiden  mit  erz  die  obren  zu  rauben.  45] 

Also  kehreten  wir  mit  erbitterter  seele  von  jenem,         * 
Xornvoll  wegen  des  lohns ,  um  den  der  Versprecher  geteuschet. 
Dessen  Volke  nunmehr  willfahrest  du,  nicht  mit  uns  andern 
Trachtend,  wie  ganz  hinstürzen  die  frevelcn  Troer  von  grund'  aa^ 
Schreklich  getilgt,  mit  kindern  zugleich  und  züchtigen  weibem!  46 

Ihm  antwortete  drauf  der  treffende  Föbos  ApoIIon : 
Herscher  des  meers,  dir  selbst  nicht  wohlbehaltenes  geistes 
Schien*  ich,  wofern  mit  dir,  der  sterblichen  wegen,  ich  kämpfte. 
Die  hinfällig,  wie  laub  in  den  Waldungen,  jczt  um  einander 
Mutig  an  kraft  aufstreben ,  die  frucht  der  erde  geniessend ,        ^ 
Jezo  \sjieder  entseelt  dahinfliehn.    Auf  denn ,  in  eile 
Ruhen  wir  beide  vom  kämpf,  und  jen'  entscheiden  ihn  selber 

Also  sprach  Apollon,  uud  wandte  sich,  scheuend  in  ehrfuriJi 
Wider  des  vaters  bruder  den  arm  der  gewalt  zu  erheben. 


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EINUNDZWANZIGSTER  GESANG.       041 

Doch  ihn  stiafte  dk  Schwester,  die  herscherin  streifendes  wildes»  470 
Artemis ,  fröhlich  der  jügd ,  und  rief  die  höhnenden  worte : 

Fliehest  du  schon,  Femtreffer?  und  hast  den  sieg  dem  Poseidon 
Ganz  nun  eingeräumt,  und  umsonst  ihm  gegeben  den  siegsruhm? 
Thor,  was  trägst  du  den  bogen,  den  nichtigen  tand ,  andeischultcr? 
Dafs  ich  nimmer  hinfort  dich  hör'  im  palaste  des  vaters  475 

Pralend  dröhn,  wie  vordem  im. kreis  der  unsterblichen  götter, 
Kühn  entgegen  zu  kämpfen  dem  meerbeherscher  Poseidon  !    ^ 

Also  sprach  .sie;  doch  nichts  antwortete  föbos  ApoUon. 
Aber  es  ziimete  Zeus  ehrwürdige  lagergenossin : 

Wie  doch  wagst  du  anizt,  schamloseste  hiindin ,  mir  selber  480 
Obzustehn?  Schwer  magst  du  mit  mir  dich  messen  an  stärke^ 
Troz  dem  geschofs,  das  du  trägst.  Denn  sterblichen  frau^n  zur  löwin 
Stellte  dich  Zeus,  und  gab,  dais  du  mordetest,  die  dir  gelüstet. 
Wahrlich  gerather^er  war!  es,  im  foist  zu  erlegen  das  raubwild, 
Oder  die  streifenden  hirsch',  als  höhere  frech  zu  bekaMoripfen.     485 
Aber  gefällt  auch  des  kampfes  versuch  dir;  auf,  so  erkenne, 
Wie  viel  stärker  ich  sei,-  da  du  Mir  voll  trozes  dich  darstellst! 

Sprachs ,  und  ergrif  mit  der  linken  ihr  beide  händ'  an  dem  knöche[ , 
Und  mit  der  rechtep  entzog  sie  die  Jagdgeschosse  den .  s(;hultei;n  ; 
Lächelnd  gab  sie  d^mit  unwürdige  streich'  um  die  obren  490 

Ihr,  die  zurük  sich  gewandt ;  und  die  pfeil*  entsanken  deixx  köcher. 
Weinend  floh  die  göctin  nunmehr,  wie  die  sdiüchterne  taube, 
Welche ,  vom  habicht  verfolgt  ^  in  den  hphligen  feigen  hineinfliegt , 
Tief  in  die  kluft;  npch' nicht  war ,  erhascht  zu  werden,  ihrsclüksal: 
AUo  flog  auch  jene  bethränt,  und  liefs  ihr  geschofs  dort.  49$ 

Aber  zu  Leto  sprach  der  bestellende  Argoswürger: 

Homers  Ilias.  IL  Band.  oigtiz^^GoOgle 


24^  ILIAS. 

Lcto,  mit  dir  lu  streiten,  sei  Ferne  mir;  denn  lu  gefahrvoll 
Ist  der  kämpf  mit  den  frauen  des  schwarzumwolkten  Kronion* 
Drum  nur  immer  getrost  im  kreis  der  unsterblichen  götter 
Ruhme  dich»  da&  du  riiir  obgesiegt  durch  gewalnge  knifte!      500 

Sprachs;  da  sammelte  Leto  das  krumme  ge&chofs  und  die  pfeile. 
Andere  anderswoher,  wie  im  wirbelnden  staub  sie  gefallen. 
AU  sie  nunmehr  sie  genommen,  enteilte  sie,  hin  zu  der  tochter. 
Jene  kam  zum  Olympos,  zum  ehernen  hause  Kronions; 
Weinend  sezte  sich  dort  auf  des  vaiers  kniee  die  Jungfrau  ]        505 
Und  es  erbebt'  ihr  feines  gewand ,  von  ambrosia  duftend. 
Herzlich  umarmte  sie  Xeus,  und  begann  mit 'freundlichem  lächeln: 

Wer  mishandelte  dich,  mein  töchterchen,  unter  den  gÖttern? 
Ihm  antwortete  drauf  die  jägerin,  lieblich  im  kränze: 

Vater,  Bein  weib  hat  mir  leides  gethan,  die  erhabene  Here,  510 
Welche  die  ewigen  götter  zu  streit  und  hader  empöret. 

Also  redeten  jen'  im  wechselgesprach  mit  einander. 
Aber  zur  heiligen  Troja  hinein  ging  Föbos  Apollon ; 
Denn  er  sorgt'  um  die  mauer  der  schöngebaueten  veste, 
Dafs  nicht,  troz  dem  verhängnii ,  die  Danaer  heut  sie  verheerten.  515 
Doch  zum  Olympos  eilten  die  anderen  ewigen  götter , 
Die  voll  zürnendes  grams,  und  jen'  hochprangendes  ruhmes; 
Safsen  sodann  um  den  vater,  den  donnerer.     Aber  Achilleiis 
Mordete  Troja's  söhne  zugleich  und  stampfende  rosse. 
Wie  wenn  wallender  rauch  zum  weiten  hirrmiel  emporsteigt      52a 
Aus  der  brennenden  Stadt,  und  zorn  der  götter  ihn  aufregt; 
Arbeit  schaffet  er  allen,  und  bringt  auch  manchem  betrübnis: 
Alse  schuf  der  Peleid'  atbeit  und  betrübnis  den  Troern.  , 

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eiNUNDZWANZIGSTER  GESANG.     343 

Dort  stand  Priamos  jezo,  der  greis,  auf  dem  heiligen  thurme, 
Schauend  auf  Pdeus  söhn ,  den  gewahigeb ;  und  wie  vor  jenem  $2$ 
Fliehender  Troer  gewühl  hertummeke,  ühne  dais  abwehr 
Irgend  erscUen.    Wehklagend  vom  thuirm  nun  stieg  er  zur  erde» 
Und  ermahnt'  an  der  mauer  die  rUhmlichen  htiter  des  thores: 

Öfhet  die  flDgel  4^s  thors,  und  haltet  sie ,  bis  sich  die  völket 
Air  in  die  Stadt  «indrangen  ^  die  fiiehenden ;  denn  der  Peleide  530 
Tobt  dort  nahe  dem  schwärm!   Nun  ahndet  mir  miislicher  ausgang! 
Aber  sobald  in  die  mauer  sie  eingehemmt  sich  erholen, 
Schliefst  dann  wieder  das  thor  mit  dicht  einfugenden  Hügeln; 
Denn  ich  besorg*,  uns  stürmt  der  verderbliche  mann  itk  die  mauei! 

Sprachs;  und  m  äfheten  schleunig  das  thor,  wegdrängend  die  riegel; 
Und  die  gebreiteten  flügel  erretteten«    Aber  ApoUon  536 

Eilte  hinaus ,  um  begegnend  die  noth  der  Troer  zu  wenden. 
Jene ,  gerad'  auf  die  Stadt  und  die  hochgethürmete  mauer, 
Ausgedörrt  vom  durste,  mit  staube  bedekt,  aus  dem  blachfeld 
Flohnsie;  doch  rasch  mit  der  lanze  verfolget' er;  wild  wie  im  Wahnsinn 
Tobt*  ihm  beständig  das  herz ,  und  er  wütete  rühm  zu  gewinnen.  54  t 
Jext  hatt'  Argos  volk  die  thUfmende  Troja  erobert, 
Wenn  nicht  Föbos  Apollon  den  held  Agenor  erwekte, 
Ihn  des  Antenor  söhn j  den  untadlichen  tapferen  Streiter« 
Diesem  haucht'  er  ins  herz  kiihnheit ,  und  selber  ^ur  seit'  ihm  545 
Stand  er,  um  abzuwehren  die  schreklichen  bände  des  tödes, 
Dicht  an  die  buche  gedrängt ;  und  dunkeler  liebel  umhülk'  ihn. 
Jener,  sobald  er  gesehn  den  städreverwäster  Achilleus, 
Stand,  und  vieles  bewegt'  unruhig  sein  geist«  wie  er  harrt«. 
Unmutsvoll  nun  sjprach  et  zu  seiner  erhabenen  seeU«  550 

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244  ILIAS, 

Wehe  mir  "doch  1  woferri  icji  dahin- vor  dem  starken  A^hilleui 

Fliehe  des  wegs,  wo  dieandem  in  angst  hinfliehn  und  verwirrung; 

Dennoch  wird  er  taicK  fahn  ^  und  gleich  dem  feigsten  erMKirgen. 

Aber  l^ss*  ich  jene  gescheucht  die  geliide  durchtunundn 

Vor  dem  Peleiden  AchiHeüs»  und  fliehe  hinweg  von  der  mauer   555 

Nach  dem  idäischcn  Felde  mit  Schnelligkeit,  bis  icH  erreichet 

Ida*s  wäl(|anhöhen ,  und  wo  im- gesträuch  mich  verborgen; 

Dann  am  abende  könnt^ich,  nachdem  ich  im  ströme  gebadet. 

Abgekühlt  vom  schweifse,  gen  Ilios  heimlich  zurükgehn. 

Aber  warum  doch  bewegte  das  herz  nnür  solche  gedanken  ?         gfe 

Wenn  er  nur  nicht  von  des  Stadt  mich  feldwärts  fliehenden  wahmimt, 

Und*  nachstiirmendies  laufs  einholt  mit  hurtigen  füssen ! 

i 
Nimmer  hinfort  entiöHnMcfa  dem  tod'  und  deni  grausen  Verhängnis ; 

Denn  zu  sehr  an  gewalt  vor  alleii  geborenen  ragt  er! 

Aber  wofern  alhiei  vor -der  Stadt  ihm  entgegen  ich  wandle i        565 

Ist  ja  auch  jenem  der  leib  dem  spiiigen  erzc  verwundbar. 

Und  ihn  beseelt  Ein  geist,  und  sterblich:  wie  andere  mannet 

Nennen  sie  ihn;  doch  2eus  der  donnerei  schenket  ihm  ehre! 

Sprachs;  und  gefafst  den  Achilleus  erwartet' er;  und  in  der  brüst  ihm 

Strebte  das  mutige  herz  zu  kämpfen  den  kämpf  der  entscheidung.  5-c 

Wie  wenn  kühn  ein  pardel  aus  deiverwachsener  holzui^ 

Gegen  den  jagenden  mann  anrennt,  und  weder  im  herzen 

7.agt«  noch  erschrocken  entflieht,  nachdem  das  gebell  ihn  luntönte: 

Denti  ob  jener  ihn  stechend  Verwundete,  oder  auch  werfend. 

Dennoch ,  selbst  von  der  lanze  durchbohrt  schon ,  rastet  er  niemals ,  srS 

Sondern  stürmt,  bis  er  jenen  bekämpft  half  oder  dahinsinkt: 

Also  Antenors  söhn,  der  tapfere  stseiter  Agenor^Q        j 


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EINUNDZWANZIGSTER  GESANG.     345 


Nitlit  begehrt'  er  zu  fliehn,'bis  dort- er  versucht  den  Achilieus; 
Sondern  sich  selbst  vorstreckend  den  schiid  von  gerundeter  wöibung, 
lukt'  er  die  lanz'  auf  jentfn,  und  tief' mit  lautem  ^etön  aus:     580 
Wohl  schon  hast  du  im  herxen  gehoft,  ruhmvoller  Achillous;» 
Diesen  tag  tu  verhi^ren  die  ^tadt'der  mutigen  Troer! ,. 
Thörichter!  traun  noch  viel  soll  des  elends  werden  um  jene; 
Weil  wir  annoch  so  viel'  und  so  tapfere  männer.  darin  sind , 
Die  für  ehern  zugleich,  und  blühende  weiber  und  kinder»         585 
Ilios  veste  beschirmen!  Doch  deiner  harrt  das  geschik  hier. 
Seist  du  noch  so  entsezlich  ,1  du  unerschrockener  krieger ! 

Sprachs,und  den  blinkenden  speer  mit  gewaltigem  arme  versandt*  er, 
Traf,  und  verfehlete  nicht,  das  Schienbein  unter  dem  kniee, 
Dafs  ringsher  ihm  die  schiene  des  neugegossenen  zinnes  590 

Tönete  schrekliches  klangs;   doch  es  prallte  das  erz  dem  getrofnen 
Ab,  und  durchbohrete  nicht,  gehemmt  von  der  gäbe  des  gottes. 
Auch  der  Peleid*  izt  drang  auf  den  göttergleichen  Agenor 
Wütend ;  allein  nicht  gönnt*  ihm  ApoUon  rühm  zu  gewinnen , 
Sondern  jenen  entraft'  er,  und  breitete  hüllenden  nebel,  595 

Liefs  ihn  ruhig  sodann  aus  schlacht  und  getümmel  hinweggehn. 
Aber  den  Peleionen  entfernt'  er  mit  list  von  dem  volke. 
Siehe ,  der  treffende  gott ,  in  Agenors  bildung  erscheinend , 
Trat  ihm  nah  vor  die  füfs*,  und  eilendes  laufes  verfolgt'  er* 
Während  er  diesem  nunmehr  nachlief  durch  weizengefilde ,       600 
Welcher,  zum  wirbelnden  ströme  gewandt  des  tiefen  Skamandros, 
Wenig  zuvor  ihm  entrann ;- denn  ipit  list  verlokt'  ihn  ApoUon  9 
Dafs  er  beständig  ihn  hoft'  im  fliegenden  lauf  zu  erhaschen: 
Kämen  indefs  einflüchtend  die  anderen  Troer 

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Äteöfegle 


54«  ILIAS.  EINUNDZWANZIGSTER  GESANG, 

Herzlich  erwünscht  in  die  stadt»die  ganz  von  gedrängten  erfiiUt  ward,6>5 
Keiner  vermocht*  anjeu  vor  der  Stadt  und  der  thtirmenden  mauex 
Andere  noch  zu  erwarten ,  und  umzuschai^n ,  wer  entflohn  sei , 
Und  wer  ge&lten  im  streit ;  nein  herzlich  ctwiinscht  in  die  veste 
Strömten  tit^  wen  nun  scfaemkel  und  hurtige  Mee  gerettet. 


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I  L  I  A  S. 


ZWEIUNDZWANZIGSTER    GESANa 


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INHALT. 

Din  AchilleuSf  i$t  vom  verfolgten  jffioUon  wiederkehrt,  er- 
wartet  Hektor  vor  der  Stadt ,  obgleich  die  eitern  von  der  mauer  ihn 
jammernd  hereinrufen ;  beim  annahn  des  schreklichen  flieht  er,  und 
wird  dreimal  um  IRos  verfolgt.  Zeus  wägt  Rektors  verderben^ 
und  sein  beschüzer  jtpoBon  weicht.  Athene  in  Detfobos  gestalt 
verleitet  den  Hektor  zu  wider stehn.  Acjiiüeus  fehlt ,  Hektor s  lan» 
ze  praBt  ab;  drauf  mit  dem  schwert  anrennend  wird  er  am  halse 
durchstochen ,  dann  entwafnet ,  und  rükwärts  am  wagen  zu  den 
schiffen  geschleift.  Wehklage  der  eltem  von  der  mauer  ^  und  der 
zukommenden  Andromache^ 


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I  L  I  A  S. 


IWEIUNDXWANXIGSTER    GESANG. 


r\Uo  rings  in  der  Stadt»  angstvoll,  wie  die  jangen  derhindiir, 
Kühleten  jene  den  sdivlreifi,  und  tranken ,  den  dur&t  sich  zu  löschen. 
Längs  der  mauer  gestrekt  aii  der  brüstWehp.    Doch  die  Achaier 
(Yatidehen  dicht  zarrmaoert'die  Schilde  gelehnt  an  die  sdiukem. 
fiektorn- zwang  zu  behanreh  das  schreckenvoUe'verhängfm^*  5 

\ufserhalb  vor  Iliqs' Stadt  uitid  dem'  s^Äischen  thbre.  ." 

Vber  zum  Peleioneni  begann  izt  Fobos^  ApoUdn':  • 

Warum  doch,'o  Peleide /  verfolgst  du  mich  eilendes  lanfesi*»  : 
leibst  ein  stccblicher  :du'den  unsterblichen?  Schwerlich  indefs  wohl 
last:  du  ab  gott  mich  erkannt,  daCs  sonder.rast du  dich  abmünst*  to 
^rauh  nichts  kümmert  der  Troer  gefecht  dich,  welche  du  scheuchtest: 
ene  rlohii  in  die  veste  'gedrangt ;  du  aber  verirrst  hier.  r 

lie  doch  todtest  du  mich ,  dem  durchaus  kein  schiksal  verhängt  ist. 

Unmutsvoll  antwortete  drauf  der  schnelle 


zso  ILIAS* 

O  des  betrugs ,  Femtreffer ,  du  grausamster  unter  den  göttem ,    i 
Dafs  du  hinweg  von  der  mauer  mich  wendetest!  Viele  fürwahr  no( 
Hätten  geknirscht  in  den  staub ,  eh  Ilios  Stadt  sie  erreichet ! 
Doch  mir  raubtest  du  jext  siegsruhm,  und  rettetest  jene, 
Sonder  müh;  denn  du  hast  nicht  räche  zu  scheun  in  der  zukunft 
Traun  ich  rächte  mich  gern ,  wenn  genug  det  stärke  mir  wäre !  M 

Sprachs ,  und  gegen  die  Stadt  ging  troziges  sinnes  der  held  aO| 
Ungestüm,  wie  ein  rols,  zum  siege  gewöhnt»  mit  dem  wagen, 
Welches  behend'  und  gestrekt  einhersprengt  durch  das  geiilde: 
So  der  Peleid',  eilfertig  die  knie*  und  die  sdienkel  bewegt*  er. 

Priamos  aber ,  der  greis ,  ersah  ihn  zuerst  mit  den  äugen ,    25 
Ganz  umstralt,  wie  den  stern,  da  er  herfiog  durch  das  gefilde. 
Welcher  pn  herbst  aufgeht«  und  liberschwänglich  an  klarheit 
Scheint  vor  vielen  gestitnen  in  dänunemder  stunde  des  melkensl 
Welcher  Orions  hund  genannt  wird  unter  den  menschen ; 
Hell  zwar  glänzt  er  hervor ,  doch  zum  schädlichen  zeichen  geordnet ,  30 
Denn  viel  dörrende. gluc  den  bekümmerten  sterblichen  bringt  er: 
Al^  stacahe  das  erz  um. die  brüst  des  laufenden  herschers. 
Laut  wehklagte  der  greis»  und  schlug  sein  haupt-.mit  den  händen» 
Hoch  empör  sie  erhebend»  und  Hef  wehklagend  hinumer. 
Flehend  dem  lieben  söhn,  der  ausserhalb  vor  dem  thore  55 

Stand»  voll  heisser  begier»  mit  dem  Peleionen  zu  kämpfen  ; 
Diesem  rief  lautjammemd  der  greis». und  strekte  die  händ^  aus  r 

Hektor,  erwarte  mir  nicht»  mein  theuerer  söhn»  den  verderber, 
Einsam »  getrennt  von  den  andern,  dafs  nicht  dich  eieile  das  schiksal 
Unter  Achiileus  hand »  der  weit  an  stärke  dir  vorgeht !  40 

Ha  der  grausame!  möcht*  er  den  ewigen  aUo  geliebt  sciat 

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ZWEIÜNDZWANZIGSTER  GESANa    251 

Wie  mit  selbst.!  bald  lag*  er,  ein  raub  den  huitden  und  geiern 

Dargestrekt;  dann  schwände  der  gram»  der  das  herz  mir  belastet! 

Ach  der  söhne  so  viel'  und  §0  tapfere  raubte  mir  jener , 

Mordend  theils ,  und  verkaufend  in  fernentlegene  inseln  !  45 

Jezt  auch  xween  dec  geliebten»  Lykäon  samt  Polydoros, 

Schau'  ich  nirgend  im  volke  der  eingeschlossenen  Troei:, 

Die  mir  Laothoe  beide  gebar»  die  fürstin  der  weiber. 

Wenn  sie  jedoch  nur  leben  im  Danaerhcere,  so  könnt*  ich 

Wieder  mit  erz  und  gold  sie  befrein ;  denn  ich  habe  daheim  ja :  59 

Vieles  gab  ja  der  tochter  der  graue  gepriesene  Altes, 

Sind  sie  aber  schon  todt,  und  in  A'ides  schattenbehausung; 

Wqhe  mir  selbst  und  der  mutter,  die  wir  zum  g^rame  sie  zeugten.  ' 

Doch  das  andere  volk  wird  weniger  jene  betrauern. 

Wenn  nur  Du  nicht  stirbst»   von  AchiUeos  stärke  gebändigt.        55 

Komm  denn  herein  in  die  Stadt,  mein  trautester,  dafs  du  errettest 

Troja's  manner  und  fraun,  dafs  nicht  mit  rühm  du  verherlichst 

Peleus  ;Sohn ,  und  selber  dein  süsses  leben  verlierest ! 

Auch  erbarme  dich  mein,  des  elenden,  weil  ich  noch  athme^ 

Ach  des  jammervollen ,  den  Xeus  an  der  schwelle  des  alters       60 

Straft  zu  schwinden  in  gram,    und  unendliches  weh  zu  erblicken: 

Meine  söhn'  erwürgt,  und  hinweggexissen  die  töchter» 

Ausgeplündert  die  kammem  der  bürg ,  und  die  stammelnden  kindeir 

AU'  auf  den  baden  geschitiettert»    in  schreckenvoller  entscheidung , 

Auch  die  schnüre  geschleppt  von  grausamer  band  der  Achaier!  65 

Selber  zulezt  wohl  lieg'  ich  zerfleische  am  thor  des  pälastes 

Von  blutgierigen  hiinden,  nachdem  ein  mordendes  en  mirt 

luckend  oder  gcschncUi ,  den  gcist  ^us  den  gliedern  hin  wegnahm» 


25a  ILIAS* 

Die  ich  im  hause  genährt  am  tisch,  zu  hiitem  des  thores; 
Sie  dann  lecken  mein  blut »  und  wild  von  rasendem  Wahnsinn  i 
Liegen  sie  vom  am-thor !  Dem  jüngiinge  stehet  es  wohl  an , 
Wenn  er  im  streit  erschlagen ,  «erfleischt  von  der  schärfe  des  crw 
Daliegt;  schön  ist  alles  im  tode  noch,  was  auch  erscheinet 
Aber  wird  das  grauende  haupt ,  und  der  grauende  hart  nun, 
Auch  die  schäm  von  hunden  entstellt  dem  ermordeten  grebe; 
Niohts  ist  kläglicher  traun  den  ungliikseligen  menschen! 

Also  der  greis ,  und  raufte  sich  graues  haar  mit  den  händea 
Rings  von  dem  haupt;  doc^i  nicht  war  Hektors  geist  zu  bewegei 
Auch  die  mutter  zunächst  wehklagete,  thränen  vergiessend, 
Trennte  das  busengewand,  und  erhub  die  brüst  mit  der  linken;! 
So,  von  thränen  benezt,  die  geflügelten  worte  begann  sie: 

Hektor!  scheue,  mein  söhn,  den  anblik',  ach  und  erbana 
Meiner  selbst !  wo  ich  je  die  stillende  brüst  dir  ge))Oten , 
Denke  mir  defs,  mein  kind,    und  wehre  dem  scfareklicfaen  man 
Hier,  in  die  itiauer  gerettet;  nur  nurht  vorkämpfend  besteh'  ihn 
Rasender !  wenn  et  sogar  dich  mordete ;  nimmer  bewein'  ich 
Dich  auf  Icichengewaiiden ,  du  :  trautester  spröfsling  des  schoofstf 
Noch  die  reiche  gemahlin;  getrenm,  o  so  fern!  von  «ms  beiden. 
Dort  an  der.  Danaer  schiffen ,  zerfleischen  dich  hurtige  hunde 

A\s6  weineten  beide,  den  nautescenisohn  anflehend, 
Laut  mit  geschrei;  doch  nicht  war  Hektors  geist  zu  bewegen; 
Nein  er  erharrt*  Achilleus,  des  ungeheuren,  herannähn. 
So  wie  ^tn  drach'  im  gebirge  den  mann  erharrt  an  der  felsklaitt 
,Satt  des  giftigen  krauts,  und  erfüllt  von  hefidgeni  zorne; 
Grafslich  schaut  er  umher,  in  ringel  gcdreht/iim  die  fclsklufr: 


ZWElüNDZWANZIGSTER  GESANG.    »53 

So  unbändiges  mutes  verweilt*  auch  Hektor»  und  wich  nicht, 
Lehnend  den  hellen  schild  an  des  thurms  vorragende  mauer; 
Unmutsvoll  nun  sprach  er  zu  seiner  erhabenen  seele :  t 

Wehe  mir!    wollt'  ich  anjezt  in  thor  und  mauer  hineingehn; 
l^^iirde  Pplydamas  gleich  mit  kränkendem  höhn  mich  belasten,  loo 
Welcher  mir  rieth  in  die  veste  das  heer  der  Troer  zu  fyhren, 
Vor  der  verderblichen  nacht,   da  erstand  der  e41e  AchiUeus. 
Aber 'ich  hörete  nicht;  wie  heilsani,  hätt'  ich  gehöret!  y 

Jezo  nachdem  icH  verderbte  das  volk  durch  meine  bethörung, 
Scheu'  ich  Troja's  männer  und  saumnachschleppende  weiber,     105 
Dafs  nicht  einst  mir  sage  der  schlechteren  einer  umher  wo: 
Hektor  verderbte  das  volk,  auf  eigene  stärke  vertrauend ! 
Aho  spricht  man  hinfort;  doch  mir  weit  heilsamer  war*  es: 
Miidg  entweder  mit  sieg  von  AchiUeus  morde  zu  kehren, 
Oder  ill^  selbst  zu  fallen  in  rühmlichem  kämpf  vor  der  mauer.     iio 
Aber  legt'  ich  zur  erde  den  schild  von  geriindeter  wölbung, 
Samt  dem  gewichtigen  heim«  und,  den  speer  an  die  mauer  gelehnet, 
Eilt'  ich  entgegen  zu  gehn  dem  tadellosen  AchiUeus, 
Und  verhiefs'  ihm  Helena  selbst,  und  ihre  besizung 
Alle,  so  viel  Alexandros  daher  in  geräumigen  schiflFen  115 

Einst  gen  Troja  geführt,  was  unseres  Streites  beginn  war, 
Dafs  er  zu  Atreus  söhnen  es  führt';  auch  dem  volke  Von  Argo* 
Anderes  auszutheilen ,  wie  viel  auch  heget  die  Stadt  hier; 
Und  ich  nähme  darauf  von  Troja's  fursten  den  eidschwur , 
Nichts  ingeheim. zu  entziehn,  nein  zwiefach  aUes  zu  theilen,     lao 
Was  auch  die  liebliche  Stadt  an  gut  in  den  Wohnungen  einschliefst :  — 
Aber  warum  doch  bewegte  das  herz  mir  solche  gedanken^T^ 


154  ,  ILIAS. 

Lafs  mich  ja  nicht  flehend  ihm  nahn !  Nein  sonder  etbarmung 
Würd'  er»  und  sonder  scheu,  mich  nlederhaun»  den  entblöfstca 
Otad'  hinweg,  wie  ein  weih,  sobald  Ich  der  wehr  mich  enthiiliet.  t:| 
Jeto  fürwahr  nicht  gih  es,  vom  elchbaum  oder  vom  felseti 
Lange  mit  ihm  tu  schwazen,  wie  Jungfrau  traulich  und  jungling 
Jungfrau  traulich  und  jungling  zu  holdem  geschwai  sich  gesclki 
Besser  zu  feindlichem  kämpfe  hinangerannt !  daf$  wir  eilig 
Sehn,  wem  etwa  von  uns  der  Olympier  gönne  den  siegsruhm!  13 
Also  erwog'  er,  und  blieb.  Doch  nah'  ihm  wandelt'  Achilleu^ 
Ares  gleich  an  gestalt,    dem  helmerschlittemden  Streiter,  j 

Welchem  Pclions  esch*  auf  der  rechten  schultet  entsetlich 
Bebete ;  aber  das  exz  umleuchtet'  ihn,  ähnlich  dem  Schimmer 
Lodernder  feuersbrunst ,  und  der  hell  aufgehenden  sonne«  13 

Hektor,  sobald  er  ihn  sah,  erzitterte;  nicht  auch  vermocht'  et 
Dort  zu  bestehn,  und  er  wandte  vom  thore  sich,  angstlich  entfliehend 
Hinter  ihm  flog  der  Peleide,   den  hurtigen  fdfsen  vertrauend. 
So  wie  ein  falk  des  ^ebirgs,    der  behendeste  aller  ge\'^ögel. 
Leicht  mit  gewalrigem  schwung  nachstürmt  der  schüchternen  taube;' tfi 
Seitwärts  schlüpfet  sie  oft;  doch  nah  mit  hellem  getön  ihr 
'  Schiefset  er  häufig  daher,  voll  heifser  begier  zu  erhaschen  t 
So  drang  jener  im  flug  gradan ;  doch  es  flüchtete  Hektor 
Längs  der  troischen  maues,  die  hurtigen  kniee  bewegend. 
Beid'  an  der  warte  vorbei  und  dem  wehenden  feigenhügel»       i4j 
Immer  hinweg  von  d«r  mauer,  entflogen  sie  über  den  fahrweg. 
Und  sie  erreichten  die  two  schönsprudelnden  quellen  t  woher  sidi 
Beide  Väch'  ergiessen  des  witbelvoUcn  Skamandros. 
Eine  rinnt  beständig  mit  warmer  flut,  und  umher  ihr, 

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ZWEIUNDZWANZIGSTER  GESANG,    ass"^ 

aüi  aufsteigender  dampf,  wie  der  rauch  des  brennenden  feuers ;  150 

>eT  die  andere  fliebt  im  sommer  auch  kak  wie  der  hagel , 

der  des  winters  schnee,  und  gefrorene  schollen  des  eises. 

3rt  sind  nahe  den  (Quellen  geiäumige  gruben  der  wasche , 

hön  aus  steine  gehaun,  wo  die  stattlichen  feiergewande 

roja^s  iveiber  vordem  und  liebliche  töchter  sich  wuschen ,      .    r55 

is  noch  blühte  der  fried',  eh  die  macht  der  Achaier  daherkam« 

icr  nun  rannten  vorbei  der  fliehende  und  der  Verfolger. 

ornan  floh  ein  starker ,  jedoch  ein  stärkerer  fol^e, 

ärmendes  laufs:  denn  nicht  um  ein  weihvieh,   oder  ein  srierfell, 

rebtetn  sie,  welches  man  stellt  zum  kampfpreis  laufender  männer ;  i€o 

ädern  es  galt  das  leben  des  gauibeLähmenden  Hektor. 

wie,  zum  siege  gewöhnt,  um  das  ziel  stariihuiige  rosse 
jniger  drehen  den  lauf;  denn  es  lohnt  ein  köstlicher  dreifuis^ 
Jer  ein  blühendes  weib,  am  fest  des  gestorbenen  herschers: 
so  kreiseten  sie  dreimal- um  Priamos  veste  165 

ngs  mit  geflügeltem  fufs;  und  die  ewigen  schaueten  alle« 
£0  begann  das  gespräch  der  menschen  und  ewigen  vater: 

Wehe  doch!  einen  geliebten,  umhergejagt  um  die  mauer, 
ii'  ich  dort  mit  den  äugen ;  und  ach,  sein  jammert  mich  herzlich, 
ktoTS,  welcher  so  oft  mir  schenke!  der  stier'  auf  dem  akar      170 
ndete,  bald  auf  den  höhen  des  vielgewundtnen  Ida, 
Id   in  der  oberen  bürg!    Nun  drängt  ihn  der  edle  Achilleuf , 
igs  um  Priamos  Stadt  mit  hurtigen  fli&en  verfolgend, 
er  wohlan ,  ihr  götter ,  erwägt  im  herzen  den  tathschlufs ; 
I  er  der  todesgefahr  noch  entfliehn  soll,  oder  anizo  175 

Icn  ^  wie  tapfer  er  ist,  dem  Peleion^n  Achilleuf. 


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a56  ILIAS^ 

Drauf  antAvortefe  Zeus  blauäugige  tochter  Athene: 
Vater  mit  blendendem  stral,  schwarzwolkiger ,  welcherlei  rede! 
Einen  sterblichen  mann,  längst  ausersehn  dem  Verhängnis , 
Denkst  du  aniu  von  des  tods  graunvoUer  gewalt  zu  erFosen?     iSi 
Thu's;  doch  nimmer  gefallt  es  dem  rath  der  anderen  götterl 

Ihr  antwortete  drauf  der  herscher  im  donnergewölk  Xeus : 
Fasse  dich ,  Tritogeneia ,  mein  töchterchen !   Nicht  mit  des  herzeit 
Meinung  sprach  ich  das  wort:  ich  will  dir  freundlich  gesinnt  sei^ 
Thue,  wie  dirs  im  herzen  genehm  ist;  nicht  so  gezaudert.         ifi 

Also  Zeus,  und  erregte  die  ^ichon  verlangende  göttin; 
Stürmendes  schwungs  entflog  sie  den  felsenhöhn  des  Olympos. 

Hektorn  drängt*  in  der  flucht  rastlos  der  Verfolger  Achilleus. 
Wie  wenn  den  söhn  des  hirsches  der  hund  im  gebirge  verfolget^ 
Aufgejagt  aus  dem  lager ,  durch  windende  thal'  und  gebüsche ;  ij 
Ob  auch  jener  sich  berg'  und  niederduk'  in  dem  reisig. 
Stets  doch  läuft  er  umher,  der  spurende,  bis  er  gefunden: 
So  barg  Hektor  sich  nicht  dem  mutigen  rennet  Achilleus. 
Wenn  er  auch  oft  ansezt^,  zum  hohen  dardanischen  thore 
Hinzuwenden  den  lanf,  und  den  fesi^ebaueten  thürmen. 
Ob  vielleicht  von  oben  der  freunde  geschofs  ihn*beschüz.te; 
Eb^  so.  oft  flog  jener  zuvor,    und  wendet*  ihn  abwärts 
Nach  dem  gefild',  er  selbst  an  der  seite  der  Stadt  hinflicgencL 
Wie  man  W  träum.  Umsonst  den  fliehenden  strebt  zu  verfolgen: 
Nicht  hat  dieser  die  macht  zu  entfliehn ,  noch  der  zu  verfolgen :  2 
Also  ergrif  nicht  dieser  im  lauf,  noch  enteilete  jener. 
Doch  wie  war'  izt  Hektor  entfiobn  vor  den  Keren  des  todes. 


Wenn  nicht  Einmal-  noch  und  zulezt  ihm  Föbps   Apollon 

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E'öbos  Apoll 

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ZWEIÜNDZWANZIGSTER  GESANG,    as7 

Nahete,  welcher  ihm  kraft  aufregt'  und  hurtige  schenke!? 

Aber  dem  Volke  verbot  mit  winkendem  haupt  der  Pcleide ,    205 
Nicht  ihm  daherzuscbnellen  auf  Hektor  herbe  geschosie ; 
Dafs  kein  treffender  raybte  den  rühm,  er  der  zweite  dann  käme. 
Als  sie  nunmehr  zum  vierten  die  sprudelnden  quellen  erreichet; 
Jezostrekte  der  vater  hervor  die  goldene  wage  9 
Legt'  in  die  schalen  hinein  zwei  finstere  todesloose,  aio 

Dieses  dem  Peleionen,  und  das  dem  reisigen  Hektor» 
Faiste  die  mitt'»  und  wog:  da  lastete  Hektors  schiksal      .  . 
Schwer  zum  Aides  hin ;  es  verliefs  ihn  Föbos  Apollon. 
Doch  zu  Achilleus  kam'  die  herscherin  Pallas  Athene ; 
Nahe  trat  sie  hinan«  und  sprach  die  geftägelten''worte:  aif 

Jezt  doch 9  hoff*  ich  gewifs,  Zeus  liebling,  edler  Achilleus» 
Bringen  wir  grossen  rühm  dem  Danaervolk  zu  den  schiffen» 
Hektors  kraft  austilgend,  des  unersätdichen  kriegers. 
Nun  nicht  länger  vermag^  er  aus  unserer  hand  zu  entrinnen » 
Nein  wie  sehr  auch  sich  hämie  der  treffende  Föbos  AppUon»   aoo 
Hingewälzt  vor  die  kniee  des  ägiserschüttemden  vaters. 
Aber  wohlan »  nun  steh  und  erhole  dich ;  wahrend  ich  selber 
Jenem  genaht  zurede,  dir  kühn  entgegen  zu  kämpfen. 

Also  PalUs. Athen';  er  gehorcht'  ihr,  fteudiges  herzens, 
Stand ,  und  ruhte  gelehnt  auf  die  erzgerüstete  esche.  02$ 

Jene  vetliels  ihn  dort,  und  erreichte  den  göttlichen  Hektor,  ' 
Ganz  dem  De'ifobos  gleich  an  wuchs  und  gewaltiger  stimme; 
Nahe  trat  sie  hinan ,  und  sprach  die  geflügelten  worte : 

Ach  mein  älterer  bruder,  wie  drängt  dich  der'schnelle  Achilleus , 
Rings  um  Priamos  Stadt  mit  hurtigen  fassen  verfolgend!  ^230 

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Homers  Iliasr  II.  Band*  R 


358     .  ILIAS. 

Aber  wohlan,  hier  stehn  wir  in  fest  ausharrender  abwehi! 

Ihm  antwortete  drauf  der  helmumflatterte  Hektor: 
Stets,  De'ifobosi  warst  du  zuvor  mein  trautester  bruder. 
Aller,  die  Prianios  zeugt'  und  Hekabe,  unsere  mutter; 
Doqh  nun  denk*  ich  noch  mehr  im  innersten  dich  zu  ehren »     235 
Dafs  du  um  meinetwillen,  sohald  dein  äuge  mich  wahrnahm» 
Dich  aus  der  mauer  gewagt ,  da  andere  drinnen  beharren« 

Ihm  antwortete  Zeus  blauäugige  tochter  Athene: 
Bruder,  mich  bat  der  vater  xmt  dehn  und  die  wUrdige  mutter. 
Die  um  einander  die  kniee  mir  rühreten,  auch  die  genossen     240 
Fleheten,  don  xu  bleiben:  so  sehr  sind  alle  voll  Schreckens. 
Doch  mein  herz  im  busen  durchdrang  tiefschmerzender  kummer. 
Nun  gradan  mit  begierde  zum  kämpf!  nun  länger  hinfort  nicht 
Unserer  lanzen  geschont!  damit  wir  sehn,  ob  Achilleus 
Uns  in  den  staub  ausstrekt,  und  blutige  waiFen  hinabträgt         245 
Xu  den  gebogenen  schiffen;  ob  deiner  lanz'  er  dahinsinkt! 

Dieses  gesagt,  ging  jene  voran,  die  teuschende  göttin. 
Als  sie  nunmehr  sich  genaht ,  die  eilenden  gegen  einamdei ; 
Jezo  begann  anredend  der  helmumflatterte  Hektor  t 

Nicht  fortan,  o  Peleid',  entflieh'  ich  dir,  so  wie  bis  jezo!  250 
Dreimal  umlief  ich  die  veste  des  Priamos ,  nimmer  es  wagend , 
Deiner  gewdlt  zu  beharren ;  allein  nun  treibt  mich  das  herz  iui . 
Fest  dir  entgegen  zu  stehn ,  ich  tödte  dich ,  oder  ich  hllc ! 
Lafs  uns  jezt  zu  den  göttern  emporschaun,  welche  die  stärksten 
Zeugen  des  eidschwurs  sind,  und  jegliches  bundes  bewahrer.    ^5 
Denn  ich  werde  dich  nimmer  mit  schmach  mishandeln,  verleiht  nur 
Zeus ,  als  sieget  zu  stehn ,  und  dir  die  seele  zu  rauben ; 

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ZWEIUNDZWANZIGSTER  GESANG.    259 

Sondern  nachdem  ich  entwandt  dein  schönes  geschmeid\  oAchilleus; 
Geh'  ich  die  leiche  zurük  an  die  Danaer.    Thue  mir  gleiches. 

Finster  sdiaut'  und  begann  der  mutige  rennet  Achilleus:    260 
Hektor,  du  unsühnbarei«  mix  nicht  von  vertragen  geplaudert  | 
Wie  kein  bund  die  löwen  und  menschenkinder  befreundet» 
Auch  nicht  wölP  und  lämmer  in  eintracht  je  sich  gesellen; 
Sondern  bitterer  hafs  sie  ewig  trennt  von  einander: 
So  ist  nimmer  für  uns  Vereinigung,  oder  ein  bUndnis»  265 

Mich  za  befreunden  und  dich,  bis  einer  zuvor  in  dem  staube 
Ares  mit  blute  getränkt,  den  unaufhaltsamen  krieger! 
Jeglicher*  kampfeskund'  erinnre  dich!  Jezo  geb&hrt  dir, 
Lanzenschwinger  zu  sein  ,  und  unerschrockener  krieger! 
Länger  entrinnst  du  nicht  mehr ;  durch  meine  lahze  bezähmt  dich  270 
Pallas  Athene  sofort!  Nun  büfsest  du  alles  auf  Einmal, 
Aller  der  meinigen  weh,  die  di;  rasender  schlugst  mit  der  lanze!  . 

Sprachs ,  und  im  seh wung'  entsandt'  er  die  weithinschatt'ende  lanze» 
Diese  jedoch  vorschauend  vermied  der  stralende  Hektor ; 
Denn  er  sank  in  die  knie*;  und  es  flog  der  eherne  waifspiefs    275 
Über  ihn  weg  in  die  erd' :  ihn  ergrif  und  reichte  die  göttin 
Schnell  dem  Peteiden  zurük,  unbemerkt  von  dem  streitbaren  Hektoi^ 
Hektor  aber  begann  zu  dem  tadellosen  Achilleus: 

Weit  gefehh!  Nein  schwerlich,  o  gottergleicher  Achilleus> 
Offenbarete  Zeus  mein  geschik  dir,  wie  du  geredet;  28Ö 

Sondern  du  Warst  ein  gewandter  und  hinterlistiger  schwäzer, 
Dafs  ich,  vor  dir  hinbebend,  des  mats  und  der  stärke  vergäfse. 
Kicht  mir  (liehenden  soll  dein  speer  den  rücken  durchbohren; 
Sondern  vorn,  dem  gerad'  anstürmenden,  stofs*  in- die  brüst  ihn, 

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a6o  ILIAS^ 

Wenn  dir  ein  gott  es  verlieb !   Doch  jezt  vermeide  die  sdiarfe  285 
Dieses  j^peers !  O  möchte  dein  leib  doch  ganz  ihn  empfangen ! 
Leichter  wäre  sodann  der  kämpf  für  die  manner  von  Tioja, 
Wenn  Du  sänkst  in  den  staub ;  Du  bist  ihr  grossestes  unheil ! 

Spruchs,  und  im  schwung'  entsandt'  er  die  weithinschattende  lanz^ 
Traf,  und  verfehlete  nicht,  gerad'  auf  den  schild  des  Peleiden;  290 
,Doch  weit  prallte  vom  Schilde  der  speer.  Da  lilmete  Hektor» 
Dafs  sein  schnelles  geschofs  umsonst  aus  der  band  ihm  emfldhn  war; 
Stand ,  und  schaute  bestUrxt ;  denn  es  war  kein  anderer  wux&piefr. 
Laut  tu  Deifobos  drauf,  dem  weiisgeschildeten ,  ruft*  er» 
Fodernd  den  ragenden  speer;  allein  nicht  nahe  war  jener.  a^ 
Hektor  erkannt'  es  anjezt  in  seinem  geist,  und  begann  so: 

Wehe  mir  doch!  nun  rufen  zum  tode  mich  wahrlich, die  gottet ! 
Denn  ich  dachte,  der  held  Deifobos  wolle  mir  beistehn; 
Aber  er  ist  in  der  Stadt,  und  es  teuschte  mich  Pallas  Athene« 
Nun  ist  nahe  der  tod ,  der  schrekliche,  nicht  mir  entfernt  noch ;   )oo 
Auch  kein  rath  zu  entfliehn  !  Denn  ehmals  gönnete  solches 
Xeus,  und  des  Donnerers  söhn,  der  Treffende,  welche  zuvor  mich 
Stets  willfahrig  geschirmt ;  nun  aber  erhascht  mich  das  schiksal! 
Dafs  nicht  arbeitlos  in  den  staub  ich  sinke,  noch  ruhmlos, 
Nein  erst  grosses  vollendend,  wovon  auch  kiinfdge  hören!         305 

Also  redete  jener,  und  zog  das  geschliffene  Schwert  aus. 
Welches  ihm  längs  der  hiifte  herabhing,  grofs  und  gewaltig; 
An  nun  stürmt'  er  gefafst,  wie  ein  hochherfliegender  adler, 
Welcher  herab  auf  die  ebne  gesenkt  aus  nächdichen  wölken 
Raubt  den  hasen  im  busch,  wo  er  hindukt,  oder  ein  Uunmlein^^  310 
Also  stürmete  Hektor,  das  hauende  schwert  in  der  rechtem 

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ZWEIUNDZWANZIGSTER  GESANa    a6i 

Gegen  ihn  drang  der  Peleid%  und  wut  durchtobte  das  herz  ihm 
Ungestüm:  er  strekte  der  brüst  den  gerundeten  schild  vor^ 
Schön  und  prangend  an  kunst;  und  der  heim»  viergipfligundstralend, 
Nikte  vom  haupt;  und  die  mahne  des  schöngesponnenen  goldes  315 
Flatterte,  welche  d^  gott  auf  dem  kegel  ihm  häufig  geordnet. 
Hell  wie  der  stem  vorstralet  in  dämmernder  stunde  des  melkens , 
Hesperos,  der  am  schönsten  erscheint  vor  den  stemen  des  himmelst 
Also  stralt*  es  vom  speer,  dem  geschliiFenen ,  welchen  AchiUeus 
Schwenkt*  in  der  rechten  hand ,  wutvoll  dem  erhabenen  Hektor ,  320 
Spähend  den  schönen  leib,  wo  die  wund'  am  leichtesten  hafte. 
Rings  xwar  sonst  umhüllt'  ihm  den  leib  die  eherne  rüstung, 
Blank  und  schön »  die  er  raubte ,  die  kraft  des  Patroklos  ermordend ; 
Nur  wo  das  Schlüsselbein  den  hals  und  die  achsel  begrenzet» 
Schien  die  kehl*  ihm  entblöfst»  die  gefährlichste  stelle  des  lebenss  325 
Dort  mit  dem  speer  anstürmend  durchstach  ihn  der  edle  Achilleus» 
Dais  ihm  gerad'  aus  dem  zarten  genik  die  spize  hervordrang. 
Doch  nicht  völlig  durchschnitt  der  eherne  speer  ihm  die  gurgel» 
Dafs  er  noch  zu  reden  vermocht'  im  wechselgespräche ; 
Und  er  sank  in  den  staub;  da  rief  frohlockend  AchiUeus:  330 

Hektor»  du  glaubtest  gewifs,  da  Patrokleus  wehr  du  geraubet, 
Sicher  zu  sein»  und  achtetest  nicht  des  entfernten  AchiUeus. 
Thörichter !  fern  war  jenem  ein  weit  machtvollerer  rächer 
Bei  den  gebogenen  schüfen ,  ich  selbst »  zuruk  ihm'  geblieben » 
Der  dir  die  kniee  gelöst!  Dich  ziehn  nun  hund'  und  gevögel   335 
Schmählich  umher;  ihn  aber  bestatten  mit  rühm  die  Achaier. 

"Wieder  begann  schwachathmend  der  helmumflatterte  Hektor: 
Dich  bei  dem  leben  beschwör*  ich,^  bci.ddnen  knieng ji^j^^ 


a6a  ILIAS» 

f 

Lafs  mich  nicht  an  den  schiiFen  der  Danaer  hunde  zerreissen  ; 
Sondern  nim  des  erxes  genug  und  des  kösdichen' goldei  340 

Dir  zum  geschenkt  das  der  vater  dir  beut,  und  die  würdige  muttet 
Aber  den  leib  entsende  gen  Uios ,  dafs  in  der  heimat 
Troja*5  männer  und  fraun  des  fieuers  ehre  mir  geben« 

Finster  schaut*  und  begann  der  mutige  renner  Achilleus: 
Nicht  beschwöre  mich ,  hund,  bei  meinen  knien ,  und  den  ehern!  345 
Dafs  doch  zorn  und  wut  mich  erbitterte,  roh  zu  verschlingen 
Dein  zerschnittenes  fleisch,  fiir  das  unheil,  das  du  mir  brachtest! 
Niemand  sei ,  der  die  hunde  von  deinem  haupt  dir  verscheuche ! 
Wenn  sie  auch  zehnmal  so  viel ,  und  zwanzigfaltige  siihnung , 
Hergebracht  darwögen,  und  mehreres  noch  mir  verhieben!         350 
Ja  wenn  selber  mit  golde  dich  aufzuwägen  geböte 
Priamos,  Dardanos  söhn;  auch  so  nicht  bettet  die  mutter 
Dich  auf  leichengewand*,  und  .wehklagt,  den  sie  geboren; 
Sondern  hund'  und  gevögel  zerreissen  dich,  ohne  verschonung! 

Wieder  begann,  schon  sterbend,  der  helmumflatterte  Hektor :  3S5 
Ach  ich  kenne  dich  wohl,  und  ahndete,  nicht  zu  erweichen 
Wärest  du  mir ;  Du  trägst  ja  ein  ei&ernes  herz  in  dem  busen. 
Denke  nunmehr,  dafs  nicht  dir  götterzorn  ich  erwecke, 
Jenes  tags,  wann  Paris  dich  dort  und  Föbos  ApoUon 
Tödten,  wie  tapfer  du  bist,  am  hohen  skäisdien  thore!  36b 

Als  ei^ solches  geredet,  umschlofs  der  endende  tod  ihn; 
Aber  die  seel*  aus  den  gliedern  entflog  in  die  defe  des  Ais  , 
Klagend  ihr  jammergeschik ,  getrennt  von  Jugend  und  mannkraft. 
Auch  dem  gestorbenen  noch  rief  jezt  der  edle  Achilleus : 

Stirb !  mein  eigenes  I00& ,  das  empfahüch ,  wann  es  auch  immer  363 


ZWEIUNDZWANZIGSTER  GESANG,    263 

Xeus  zu  vollenden  beschliefst ,  und  die  andern  unsterblichen  götter ! 

Also  sprach  er,    und  zog  die  eherne  lanz'  aus  dem  leichnam; 
Diese  legt*  er  beiseit,  und  die  blutige  wehr  von  den  schultern 
Nahm  er  zum  raub.     Da  umtiefen  ihn  andere  männer  Achaia's, 
Welche  sehr  anstaunten  den  wuchs  und  die  herliche  bildung    3^0 
Hektors;  und  nicht  naht'  ihm  ein  einziger  ohne  Verwundung. 
Abo  redete  mancher ,  gewandt  zum  anderen  nachbar: 

Wunder  doch!  viel  sanfter  fürwahr  ist  nun  zu  betasten 
Hektor»  als  da  die  schiiF'  in  lodernder  glut  er  verbrannte! 

Also  redete  mancher,  und  nahte  sich,  ihn  zu  verwunden.  375 
Aber  nachdem  ihn  entwafnet  der  mutige  renner  Achilleus, 
Stand  er  in  Argos  volk,  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Freund*,  ihr  beiden  des  Danaerstamms ,  o  genossen  des  Ares , 
Jezo  da  diesen  mann  mir  zu  bändigen  gaben  die  götter, 
Der  viel  böses  gethan,  weit  mehr  denn  die  anderen  alle;  380 

Auf  denn,  lafst  uns  die  Stadt  in  rüstungen  rings  versuchen. 
Bis  wir  ein  wenig  erkannt,  wo  der  sinn  der  Troer  hinausgeht: 
Ob  sie  vielleicht  uns  räumen  die  bürg,  weil  dieser  dahinsank; 
Oder  zu  stehn  sich  erkUhnen ,  wiewoh\  nicht  Hektor  begleitet« 
Aber  warum  doch  bewegte  das  herz  mir  solche  gedanken?        385 
Liegt  doch  tödt  bei  den  schiffen,  und  ohne  klag'  und  bestattung. 
Unser  freund  Patroklos ,  den  nie  ich  werde  vergessen , 
Weil  ich  mit  lebenden  geh',  und  kraft  in  den  knieen  sich  reget! 
Wenn  man  auch  der  todten  vergifst  in  A'ides  wohnung. 
Dennoch  werd'  ich  auch  dort  des  trautesten  freundes  gedenken !  390 
Jezo  wohlan,  im  gesang  des  Päeon,  männer  Achaia's, 
Kehren  wir,  Hektor  führend,  hinab  zu  den  räumigen  schiffen! 

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d64  ILIAS. 

GroDs  ist  der  rühm  des  triumfs;  uns  sank  der  göttliche  Hektor, 
Welchem  die  Troer  der  Stadt,  wie  einem  gott,  sich  vertrauten!   394 
Sprachs ,  und  schmähliche  thaten  ersann  er  dem  göttlichen  Hektor. 
Qeiden  fassen  nunmehr  durchbohret'  er  hinten  die  sehnen. 
Zwischen  knöchel  und  fers* ,  und  durchzog  sie  mit  riemen  von  sderhaut, 
Band  am  sessei  sie  fest»  und  liefs  nachschleppen  die  scheitel; 
Selbst  dann  trat  er  hinein,  und  erhob  die  prangende  rüstung; 
Treibend  schwang  er  die  geissei,  und  rasch  hin  flogen  die  rosse.  400 
Staubgewölk  umwallte  den  schleppenden;  rings  auch  zerriiuet 
Rollte  das  finstere  haar,  da  ganz  sein  haupt  in  d^m  staube 
Lag ,  so  lieblich  zuvor !  allein  nun  hatt*  es  den  feinden 
Xeus  zu  entstellen  verliehn  in  seiner  väter  gefilde. 
Also  bestäubt  ward  jenem  das  haupt  ganz.    Aber  die  muttei  ^S 
Rauft'  ihr  haar,  und  warf  den  glänzenden  Schleier  des  hauptes 
Weit  hinweg ,  und  blikte  mit  Jammergeschrei  nach  dem  söhne. 
Kläglich  weint'  auch  der  vater  und  jammerte ;  doch  von  den  vöikein 
Tollte  geheul  ringsum  und  angstgeschrci  durch  die  veste. 
Weniger  nicht  scholl  jezo  die  wehklag',  als  wenn  die  ganze    i^o 
Illos  hoch  vom  gipfel  in  glut  hinsänke  vetlodernd« 
Kaum  noch  hielten  die  völker  den  gceis ,  der  in  zürnender  wehmui 
Strebte  hinauszugehn  aus  dem  hohen  dardanbchen  thore. 
Allen  fleht'  er  umher,  auf  schmuzigem  boden  sich  wälzend, 
Nannte  jeglichen  mann  mit  seinem  na^nen,  und  sagte:  4^5 

Haltet,  o  freund',  und  lafst  mich  allein,  wie  sehr  ihr  besorgt  seid, 
Gehn  vor  die  veste  hinaus,  und  nahn  den  schiffen  Achaia's! 
Anflehn  will  ich  den  mann,  den  entsezlichen  tlüter  des  ftevels: 
Qb  er  vielleicht  mein  alter  mit  ehrfurcht,  und  mit  erbarmung 

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ZWEIUNDZWANZIGSTER  GESANG,    165 

iiischaut;  denn  auch  jenem  ist  «chon  grauhaarig  der  vater»      400 

^eleus,  der  ihn  erzeugt'  und  nährete,  ach  zum  verderben 

Froja's ,  doch  Mir  vor  allen  bereitet*  er  fülle  des  Jammers ! 

knn  so  viele  söhn'  erschlug  er  mir,  blühender  Jugend! 

üle  betiaur'  ich  jedoch  nicht  so  sehr »  herzlich  betrübt  zwar» 

Us  ihn  allein,  defs  herber  verlust  mich  zum  Ais  hinabführt 9    425 

lektor!  War'  et  doch  nur  in  meinen  armen  gestorben! 

!att  dann  hätten  wir  beide  das  heiz  uns  geweint   und  gejammert, 

ch,  und  die  ihn  gebar,  die  unglükselige  mutter! 

Also  sprach  er  weinend ;  und  ringsum  seufzten  die  bürger. 
lekabe  aber  erhub  die  wehklag*  unter  den  weibern:  430 

Sohn,  was  soll  ich  arme  hinfort  noch  leben  in  Jammer , 
)a  du  trauter  mir  starbst?  der  mir  bei  nacht  und  bei  tage 
ühi'  und  herlichkeit  war  in  der  Stadt,  und  allen  errettung, 
Tioja's  männern  und  fraun,  die  dich,  wie  einen  der  götter, 
achteten!  Traun  auch  warst  du  ihr  stolz  und  erhabener  rühm  stets,  435 
Veil  du  gelebt!  Nun  aber  hat  tod  und  geschik  dich  ereilet! 

Also  sprach  sie  weinend.     Doch  nichts  noch  hörte  die  gatdn 
lektors;  denn  nicht  kam  ihr  ein  kundiger,  welcher  die  botschaft 
leldete  9  da£s  der  gemahl  ihr  auswärts  blieb  vor  dem  thore ; 
ondem  sie  webt'  ein  gewand,  im  innern  gemach  des  palastes,  440 
teppelt  und  blendend  weife ,  und  durchwirkt  mit  mancherlei  bildwerk. 
szo  rief  sie  umher  den  lockigen  magden  des  hau5e.<9, 
Uend  ein  grofs  dreifüssig  geschirr  auf  feuer  zu  stellen, 
um  erwärmenden  bade,  wann>Hektor  kehrt'  aus  der  feldschlacht: 
hörin !  sie  wu£ste  nicht ,  dafs  weit  entfernt  von  den  bädem      445 
m  durch  Achilleus  bände  besiegt  Zeus  tochter  Athenc^oogle 


a66  ILIAS. 

Aber  geheul  vemahni  sie  und  Jammergeschrei  von  dem  thurme; 
Und  ihr  erbebten  die  glieder»  es  sank  zur  erde  das  webschif; 
Alsobald  in  dem  kreis  schönlockiger  mägde  begann  sie: 

Auf ,  ihr  zwo  mir  gefolgt ;  ich  eile  zu  schaun ,  was  geschehn  ist !  451 
Eben  vernahm  ich  die  stimme  der  schwäherin;  ach,  und  mir  scIIm 
Schlägt  das  herz  im  busen  ^um  hals'  empor,  und  die  kniee 
Starren  mir!  Sicherlich  naht  ein  unheil  Priamos  söhnen-! 
Fern  sei  meinem  ohr  die  Verkündigung !  aber  mit  unruh 
Sorg*  ich,  den  mutigen  Hektor  hab*  izt  der  edle  Achilleus  45J 
Abge&chnitten  allein  von  der  Stadt ,  ins  gefilde  verfolgend , 
Und  wohl  schon  ihn  gehenunt  in  seiner  entsezlichen  kühnheit»  j 
Welche  stets  ihn  beseelt !  Denn  niemals  weilt'  er  im  häufen ; 
Sondern  voran  flog  mutig  der  held,  und  zagte  vor  niemand! 

SprachSfUnd  die  kammer  hindurch  entstürmte  sie,gleich  der  M*3[nad( 
Wild  ihr  pochendes  herz;  und  es  folgten  ihr  dienende  w^iber.  ^ 
Aber  nachdem  sie  den  thurm  und  die  schaar  der  männer  erreichetl 
Stand  sie  und  blikt'  auf  der  mauer  umher,  und  schauete  jenen  | 
Hingeschleift  vor  Ilios  Stadt ;  und  die  hurtigen  rosse 
Schleiften  ihn  mideidslos  zu  den  räumigen  schiffen  Achaia*s.     4$ 
Schnell  umhüllt*  ihr  die  äugen  ein  mitternächtliches  dunkel ; 
Und  sie  entsank  rükwärts^  ausathmend  die  seel*  in  ohnmacht. 
Weithin  flog  vom  haupte  der  köstlich  pragende  haarschmuk. 
Vorn  das  band,  und  die  haub',  und  die  schöngeflochtene  binde. 
Auch  der  Schleier ,  geschenkt  von  der  goldenen  Afroditc  ,  41 

Jenes  tags,  da  sie  führte  der  helmumflatterte  Hektor 
Ajis  Eetiolis  bürg,  nach  unendlicher  bräutigamsgabe. 
Rings  auch  standen  geschwister  des  manns  und  frauen  der  Schwäger 


ZWEIUNDZWANZIGSTER  GESANG.    467 

iltend  die  atheinlose,  die  ganz  wie  zum  tode  betäubt  war. 

s  sie  zu  athmen  begann,  und  dergeist  dem  herzen  zuriikkam ;  475 

zt  mit  gebrochener  klage  vor  Troja^  irauen  begann  sie: 

Hektor,  o  weh  mir  armen  l  zu  gleichem  geschik  ja  geboren 
urden.  wir  einst:  du  selber  in  Priamos  hause' zu  Tioja; 
3er   Ich  zu  Thcbe,  am  waldigen  hange  des  Piakos, 
E'etions  bürg.;  der  mich  erzog,  da  ich  klein  war,  480 

end  ein  elendes  kind!  Ach  hätt'  er  mich  nimmer  erzeuget! 
zt  in  A'ides  wohnung  hinab  zu  den  tiefen  der  erde 
thest  du;  Ich  hier  bleib*,  in  schmerz  und  Jammer  verlassen, 
ne  wittwe  im  haus%  und  das  ganz  unmündige  söhnlein , 
elches  wir  beide  gezeugt,  wir  elenden l  Nimmer,  o  Hektor,  485 
irst  du  jenem  ein  trost,  da  du  todt  bist,  oder  dir  jener! 
»erlebt  er  auch  etwa  den  traurigen  krieg  der  Achaier, 
jinoch  wird  ja  beständig  ihm  sorg'  und  gram  in  der  Zukunft 
ohn;  denn  andere  werden  ihm  rings  abschmälern  das  erbgut. 
he ,  der  tag  der  Verwaisung  beraubt  ein  kind  der  gespielen ;  490 
mar  senkt  es  die  äugen  beschämt,  mit  thränen  im  antiiz. 
rbend  gehet  das  kind  umher  zu  den  freunden  des  vaters, 
ht  und  fafst  den  einen  am  rok,  und  den  andern  am  mantel; 
er  erbarmt  sich  einer,   der  reicht  ihm  das  schälchen  ein  wenig, 
fs  er  die  lippen  ihm  nez',  und  nicht  den  gaumen  ihm  neze.    495 
:  verstöfst  es  vom  schmaus"  ein  kind  noch  blühender  eitern, 
j  mit  fausten  es  schlägt,   und  mit  kränkenden  Worten  es  anfährt: 
>e  dich  weg !  dein  vater  ist  nicht  bei  unserem  gastmahl ! 
inend  geht  von  dannen  das  kind  zur  verwittwetcn  mutter, 
fer  Astyanax!  der  sonst  auf  den  knieen  des  v§tjr|^yQQQQl(|öo 


5^68  ILIAS.  ZWEIUNDZWANZIGSTER  GESANG. 

Nur  mit  mark  sith  genährt»  und  fettem  fleische  der  lämmer; 
Und  wann,  müde  des  spiels,  er  auszuruhen  sich  sehnte, 
Schlummert'  er  siib  im  schönen  gestell,  in  den  armen  der  anua 
Auf  sanftschweliendem  lager  ,  das  herz  mit  freude  gesättigt. 
Doch  viel  duldet  er  künftig ,  beraubt  des  liebenden  vaters ,         j 
Unser  Astyanax,  wie  Troja's  männer  ihn  nennen: 
Denn  du  allein  beschirmtest  die  thor*  und  die  thlirmenden  maud 
Nun  wird  dort^n  den  schiEFen  der  Danaer,    fem  von  den  ehm 
Reges  gewürm  dich  verzehren ,  nachdem  du  die  hunde  gesättigt 
Nakt!  Doch  liegen  genug  der  gewand*  in  deinem  palaste,         5 
Fein  und  zierlich  gewebt  von  künstlichen  bänden  der  wciber! 
Aber  ich  werde  sie  all*  in  lodernder  flamme  verbrennen ! 
Nichts  mehr  frommen  sie  dir;  denn   niemals  ruhst  du  auf  ihn^ 
Brennen  sie  denn  vor  Troern  und  Troerinnen  zum  rühm  dir! 
Also  sprach  sie  weinend ;  und  ringsum  seufzten  die  weiber.    i 


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I  L  I  A  S. 


DREIUNDZWANZIGSTER  GESANO. 


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INHALT. 

jlchiüius  mit  den  Mimn  umfährt  den  Patroklos^  wMIa^ 
und  legt  den  Hektar  aufs  antliz  am  todtenlager.  In  der  nackt « 
scheint  ihm  Patroklos,  und  bittet  um  bestattung.  Am  margin  M 
die  Achaier  holz  zum  Scheiterhaufen.  Patroklos  wird  ausgm 
gen ,  mit  haarlocke^  uphäuft^  und  samt  den  todten-opftm  vi 
brannt.  Boreas  und  Zefyros  erregen  die  flamme.  Den  anitt 
morgen  wird  Patroklos  gebein  in  eine  urne  gelegt ,  und^  bis  M 
leus  gebein  hinzukomme,  beigesezt;  vorläufiger  ekrenhügtl  a^ i 
^  brandsteüe.  Wettspiele  zur  ehre  des  todtenz  wagenrennen,  Jm 
kämpf,  ringen p  lauf,  waffenkampf,  kugelwurf,  bogensfhufs,  sft\ 
wurf.  1 


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I  L  I  A  S. 


REIUNDXWANXIGSTER     GESANG. 


ö  dort  seufxeren  jene  durch  Ilips*    Doch  die  Achaicr , 

Is  sie  die  schüfe  nunmehr  und  den  Heliespontcfs  erreichet  ^ 

hneil  zerstreuten  sich  alle ,  zum'  eigenen  schif  ein  jeder* 

ir  den.'Myrmidonen  verbot  der  edle  Achilleus 

h  zu  .zerstreun t  und  begann  vor  den  kriegserfahrnen  genossen:  S 

Reisige  Myrmidonen ,  ihr  werth  geachteten  freunde  , 
ify  noch  nicht  den  geschirren  entspannt  die  stampfenden  rosse; 
ndern  zugleich  mit  rossen  und  rollenden  wagen  uns  nahend , 
sinen  wir  erst  Patroklos ;  denn  das  ist  die  ehre  der  todten. 
er  nachdem  wir  die  herzen  des  traurigen  grames  erleichtert,    lo 
sen  wir  unsre  gespann'»  und  schmausen  aihier  mit  einander. 

Sprachs,  und  begann  wehklag';  auch  klageten  alle  genossen« 
eimai  lenkten  sie  rings  schönmähnige  ross'  um  den  leichnam^ 
iurend,  und  Thetis  erregte  des  grams  wehmütige  selinsutht. 

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a72t  I L I A  S* 

fiz£s  war  der  sand  von  thyänen ,  und  nafs  die  riistung  dei  männer,  ij 
Welche  den  held  vermieten ,  den  m&hrigen  )schreckengelncter. 
Peleus  söhn  vor  ihnen  begann  die  jampnemde  klage, 
Seine  mordenden  hände  gelegt  auf  den  busen  des  freundes: 

Freute  dir»  held  Patroklos»  auch  noch  in  Aides  wohnungs 
Alles  ja  wird  dir  jezo  vollbracht,   was  zuvor  ich  gelobet,  2 

Hektor  dahergeschleift  den  zerfleischenden  hunden  zu  geben; 
Auch  zwölf  Jünglinge  dir  km  todtenfeuer  zu  schlachten, 
Troja's  edlere  söhn',  im  zorn  ob  deiner  ermordung  ! 

Sprachs ,  und  schmähliche  thaten  ersann  er  dem  göttlichen  Hekto 
Vorwärts  nieder  am  bett  des  MenÖtiaden  ihn  streckend,  2 

-    Hin  in  den  staub.    Sie  aber  enthüllten  sich  alle  der  rüstung. 
Blank  von  erz,  und  lösten  die  schallenden  rosse  vom  wagen; 
Sezten  sich  dann  am  schifiie  des  äakidischen  renners. 
Tausende;  jener  darauf  gab  köstlichen  schmaus  der  bcgräbnis. 
Viele  der  mutigen  stier'  umröchelten  blutend  das  eisen,  i 

Abgewürgt ,  auch  viele  der  schaP  und  meckernden  ziegen ; 
Viel  weifszahnige  schweine  zugleich,  voll  blühendes  fettes. 
Sengten  sie  ausgestrekt  in  der  lodernden  glut  des  HeFastos; 
Und  rings  strömete  blut,  mit  schalen  geschöpft,  um  den  leichi 

Aber  ihn  selbst,  den  her^cher,  den  rüstigen  Peleionen, 
Führten  zum  held  Agamemnon  die  waltenden  fursten  Achaia's, 
Kaum  durch  worte  bewegend ;  da  zom  um  den  freund  ihn  eibitn 
Als  sie  das  schöne  gezek  Agamemnons  jezo  erreichten; 
Schnell  gebot  herolden  von  tönender  stimme  der  könig. 
Über  die  glut  zu  stellen  ein  grofses  geschirr;  ob  gehorchte 
Peleus  söhn,  zu  waschen  den  blutigen  staub  von  den  gliedern* 

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DREIUNDZWANZIGSTER  GESANa    275 

Aber  er  weigerte  sich  standhaft,  und  gelohte  mit  eidschwur: 

Nein,  so  wahr  Xeus  waket,  der  seligen  höchster  und  bester! 
Nicht  ist  erlaubt,  dafs  eher  ein  bad  mir  rühre  die  scheitel, 
£h  ich  Patroklos  auf  feuer  gelegt,  und  geschüttet  das  grabmal,  45 
Und  mir  geschoren  das  haar!  denn  nie  wird  fUrder  mir  ako 
Gram  durchdringen  das  herz,   so   lang'  ich  mit  lebenden  wandle! 
Aber  wohlan,  jezt  fugen  wir  uns  dem  traurigen  gastmahl. 
Doch  am  morgen  gebeut,  o  vöikerfürst  Agamen\non, 
Holz  aus  dem  walde  zu  fuhren,  und  darzubieten  das  alles,        50 
Was  dem  todten  gebührt,  der  in  nächtliches  dunkel  hinabgeht: 
Dafs  uns  jenen  verbrenne  die  kraft  unermüdetes  feuers , 
Schnell  aus  den  äugen  hinweg ,  und  das  toik  zum  geschäfte  sich  wende. 

Also  der  held;  da  hörten  sie  aufmerksam,  und  gehorchten* 
Als  nun  ämsig  umher  die  nachtkost  jeder  gerüstet,  55 

Schmausten  sie ;  und  nicht  mangelt' ihr  htti  des  gemeinsamen  mahles« 
Aber- nachdem  die  begierd^  des  tranks  und  der  speise  gestillt  war. 
Gingen  sie  auszuruhn,  zum  eigenen  zeit  ein  jeder.    ' 

Peleus  söhn  am  gestade  des  weitaufrauschenden  meeres 
Legte  sich  seufzend  vor  gram,  mit  umringenden  Myrmidonen,   fo 
Dort  wo  rein  der  Strand  von  der  steigenden  welle  gespült  war:  » 
Als  ihn  der  Schlummer  umfing,  und  der  seeV  i!inruhen  zerstreuend, 
Sanft  iiniher  sich  ergofs;  denn  es  starrten  die  reizenden  giieder 
Ihm',  der  Hektor  verfolgt'  um  Ilios  luftige  höhen. 
Jezo  kana  die  seele  des  jarmmervoUen  Patroklos,  65 

Ähnlich  an  gröfs'  und  gestalt  und  lieblichen  äugen  ihm  selber, 
Auch  an  stimm',  und,  wie  jener,  den  leib  mit  ge  wanden  umhüllet; 
Ihm  nun  trat  er  zum  haupt,  und  sprach  anredend  die  worte: 

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274    ,  ILIAS* 

Schläf&t  du»  meiner  so  ganz  uneingedenk,  o  Achilleus? 
Nicht  des  lebenden  zwai  vergar»e4t  du,  aber  des  todten!  -jo 

Gieb  mir  ein  grab,  dab  ich  eilig  des  A'ides  thore  durchwandle! 
Denn  mich  scheuchen  die  seelen»  gebild'  ausruhender ,  fernweg, 
Und  nicht  über  den  ström  vergönnen  mir  jene  den  zugang; 
Sondern'  ich  irr*  unstät  um  die  mächtigen  thore  des  Ais* 
Und  nun  reiche  die  hand  mir  jammernden !  Nimmer  hinfort  ja  75 
Kehr'  ich  aus  A'ides  bürg,  nachdem  ihr  die  glut  mir  gewähret! 
Ach  nie  werden  wir  lebend  t  von  unseren  freunden  gesondeit, 
Sizen,  und  rath  aussinnen:  denn  mich  entrafte  das  schiksal 
Jezt  in  den  Schlund,  das  verhafste,  das  schon  dem  geborenen  zufiel; 
Und  dir  selbst  ist  geocdnet,  o  gBtterglcicher  ^chilleus,  80 

Nahe  der  mauer  zu  sterben  der  wohlentsprossenen  Troer. 
Eines  sag'  ich  dir  noch,   und  ermahne  dich,   wenn  du  gehorchest. 
Lege  mir  nicht  das  gebeio  vom  deinigen  fern,  o  Achilleus; 
l^ondern  gesellt,  wie  mit  dir  ich  erwuchs  in  eueret  wohnung; 
Seit  Menötios  miph,  den  blühenden  knaben,  aus  Opus  85 

Führte  zu  eujcrer  bürg,  nach  der  sch^eklichen  that  der  ermorduag. 
Jenes  tags,  nachdem  ii:h  AmfidaiHas  knajben  getödtet, 
Ohne  bedacht,  nicht  wollend,  erzürnt  beiiti,  spiele  der  knöchel; 
Freundlich  empfing  anidi  in  seinem .  palasjC  der  reisige  Peleus, 
Und  erzog  mich  mit.  fleifs,  upd  «r^anAte  mich  deinen  genossen:  90 
So  auch  unser  gebein  umschiidlV  ein  gleiches  behälmis. 
Jenes  goldne  gefaTs,  das  die  göttliche  mutter  dir  schenkte. 

Ihm  antwortete  drauf  4er  mutige  renner  Achilleus: 
Was,  mein  trautester  bruder,  bewog  dich  herzukommen, 
^  Jnd  mir  solches  genau  zu  verkündigen  ?  Gerne  gelob'  ich ,        95 

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DREIUNDZWANZIGSTER  GESANG.    175 

Alles  dir  lu  vollxichn,  und  gehorche  dir,  wie  du  gebietest. 
Aber  wohlan ,  trit  näher ;  damit  wir  beid'  uns  umarmend  p 
Auch  nur  kurz,  die  herzen  des  traurigen  grames  erbkhtem. 

Ab  er  dieses  geredet,  da  strekt'  er  verlang^d  die  händ'  aus; 
Aber  umsonst;  denn  die  seele ,  wie  dampfender  rauch  <  in  die  erde;  loo 
Sank  sie  hinab  hieibchwirrend,.  Bestürzt  tiütl  erhub  sich  Achilleus, 
Schlug  die  bände  zusammen «  und  sprach-  mit  jammernder  stimme  i 

Götter  4  so  ist  denn  furwahf  auch  noch  in  A'ides  wrohilung 
Seel*  und  schattengebild ^  doch  gani  der  besinnqng. entbehrt  sie! 
Diese  nacht  ja  stand  des  jammerVoUed  Patroklos  i  löj 

Seele  bei  mir  am  la^er^  die  klageilde^  herzlich  bettübte, 
Und  gebot  mir  manches  f  und  glich  zum  erstaunen  ihm  selber  1 

Sptachsi  und  allen  erregt'  er  des  graffls  wehmütigtS  Sehnsucht^ 
Doch  den  traurenden  kam  die  rosenarmige  Eos 
Um  den  bejammerten  todten«   Und  siehe  ^  der  held  Agamemnon  ito 
Trieb  maulthier*  und  manner  daher  au«  den  zelten  dds  lageis « 
Holz  vom  walde  zu  führen;  zugleich,  ein  edler  gebieteri 
£ihe  Meriones.mit,  des  tapfcm  IdomcneOs  kriegsfreund« 
Diese  wandelten  nun^  holzhauende  axt'  in  den  händen^ 
Auch  geflochtene  seil';  und  voran  die  huttigen  mäuler«  if  j 

Lauge  hinauf  und  hinab «  richtweg*  und.  kiümmungen  t  'ging  maiii 
Als  sie  die  waldanhöhen  erreicht  des  quelligen  Ida« 
Schnell  mit  geschHifenem  erz  hochwipRiche  bäume  des  Waldes 
Hauten  sie  amsiger  eil';  und  rings  mit  lautem  gektach  hin 
Stürzten  sie;  drauf  zerschlugen  das  holz  die  Achaier«  und  ludatis  täö 
Kasch  auf  diebnäulei'  gcschnürtjund  sie  trabten  den  grund  mit  den  hufcti", 
Sehniuchtivoll  nach  der  ebnc^  da&  dichtverVachsne  gesträuch  durdi. 

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276  ILIAS. 

Schwer  auch  tragen  die  männer  gesamt  dikstämmige  kloben. 
So  wie  Meriones  hiefs,  des  tapfem  Idomeneus  kri^sfreund. 
Jezo  warf  jman  die  reihn  an  denmeerstrand,  dort  wo  Achilleus     125 
Auserkohr  dem  Patroklos  das  ragende  grab,  und  sich  selber. 

Aber  nachdem  ringsher  sie  gereiht  die  unendliche  waldung , 
Blieben  sie  dort  mit  einander ,  und  sezten  sich.     Aber  Achilleus 
Rief  alsbald  den  schaaren  der  myrmidonischen  Streiter » 
Umzugürten  das  erz,  und  vorzuspannen  den  wagen  130 

Jeder  die  ross' ; '  und  sie  sprangen  empor ,  und  hüllten  geschmeid*  um. 
Jezt  betraten  die  sessel  die  reisigen,  kämpfer  und  lenker; 
Diese  voran ;  und  es  zog  des  fuisvolks  dickes  gewölk  nach , 
Tausende;  ^mitten  auch  trug  der  freunde  schaat  den  Patroklos. 
Überstreut  ward  gaoi  mit  geschorenen  locken  der  leichnam;      135 
Und  ihm  hielt  nachfolgend  das  haupt  der  edle  Achilleus, 
Traurend;  clenil  seinen  freund ,  den  untadlicfaen,  sandt'er  zum  AK 
Als  sie  den  ort  nun  erreicht,   den  ihnen  genannt  der  Peleide; 
Sezten  sie  nieder  die  bahr*  ^  und  häuften  genügende  waldung. 
Aber  ein  andres  ersann  der  mutige  renner  Achilleus:  140 

Abgewandt  vom  geruste ,  beschor  er  sein  bräunliches  hauptfaaar. 
Das  er  dem  ström  Spercheios  genährt,  vollblühendcs  wuchsen. 
Unmutsvoll  nun  sprach  «:,  und  schaut'  ia  die  dunkek  raeerflut: 

O  Spercheios,  umsonst  gelobte  dir  Peleus  der  vater, 
Dort  einst,  wiedergekehrt  zum  lieben  lande  der  väter,  145 

Sollt'  ich  dir  scheeren  das  haar,  unfl  weihn  die  dankhekatombe • 
Auch  an  den  quellen  daselbst  dir  fünfzig  üppige  widder 
Heiligen,  wo  dir  pranget  ein  hain  und  duftender  altar. 
Also  gelobte  der  greis;  nicht  hast  du  das  dehn  ihm  vollendet. 

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DREIUNDZWANZIGSTER  GESANG.     277 

Nun.  ich  nicht  heimkehre  zum  lieben  lande  der  väter,  150 

Lafs  mich  dem  held  Patroklos  das  haar  mitgeben  zu  tragen ! 

Jener  sprachs ,  in  die  hände  des  trautesten  freundes  das  haupthaar 

Legend;  und  allen  erregt'  er  des  grams  wehmiitige  Sehnsucht* 

Siehe; ,  den  klagenden  wäre  das  licht  der  sonne  gesunken; 

Doch  schneit  trat  der  Peleide  zum  held  Agamemnon  >  und  sagte:  15^ 
Atreus  söhn,  denn. deinen  ermahnungen  horcht  ja  vor  allen 

Argos  Volk;  sich  des  grames  ersättigen  können  Sie  immpr. 

Jezo  gebeut,  dafs  jene,  vom  todtenbrand  sich  zerstreuend, 
Rüsten  ihr  mahl.     Dies  werk  vollenden  .wir,  denen  am  meisten 
Sorg'  um  die  leich*  obliegt;  auch  lafs  die  könige  weilen.  ^o 

Als  er  solches  vernommen,  der  völkerfürst  Agamemnon; 
Schnell  zerstreut'  er  das  volk  zu  den  gleichgezimmerten  schiffen. 
Nur  die  bestattenden  blieben  daselbst,  und  häuften  die  waldung. 
Bauend  das  todtengerüst,  je  hundert  fufs  ins  gevierte. 
Legten  dann  hoch  aufs  gerüst  den  leichnam ,  trauriges  hertens.'  165 
Viele  gemänete  schaF,  und  viel  schwerwandelndes  hornvieh, 
Zogen  sie  ab  am  gerüst ,  und  bestellten  sie ;  aber  von  allen 
Nahm  er  das  fett,  und  bedekt;e  den  freund,  der  edle  Achilleus» 
Ganz  vom  haupt  zu  den  füssen;  die  abgezogenen  leiber 
Häuft'  er  umher;  auch  kriige  voll  honiges  stellt'  er  und  Öles,     170 
Gegen  das  leichenbett;  und  vier  hochhalsige  rosse 
Warf  er  mit  grosser  gewalt  auf  das  todtengerüst ,  lautstöhnend« 
Neun  der  häuslichen  hund'  ernährt*  am  tische  der  herscher; 
Deren  auch  warf  er  zween,  die  er  schlachtete,  auf  das  gerüst  hin; 
Auch  zwölf  tapfere  söhne  der  edelmütigen  Twcr,  173 

Die  loit  dem.^rz  er  gewürgt ;. denn  schrekliche  thaten  ersann  er; 


278  ILlAS* 

Vnc)  nun  liefs  er  die  flammt  mit  eiserner  Wut  ncli  verbreiten, 
(.aut  wehklagt*  er,  sodann  ,  den  trautesten  freund  fuiruFend : 

Freude  dir,  hcld  Patroklos,  auch  noch  in  A'ides  wohnang! 
Alles  ja  wird  dir  jezo  vollbracht,  was  zuvor  ich  gelobet.  i8o 

Auch  zwölf  tapfere  söhne  der  edelmütigen  Troer, 
Diese  Zugloch  dir  ^lle  verzehrt  glut;  Hektor  indefs  nicht, 
Priamos  soHHi  spU  dem  feuer  ein  rayb  sein,  sondern  den  banden! 

Also  rief  er  mit  dröhn ;  doch  Ihm  nicht  nährten  hunde; 
Sondern  die  hund*  entfernte  die  tocbter  Zeus  Afrodite  iSj 

Tag  und  nacht,  und  salbte  den  ]eib  mit  {imbro&ischem  baisam i 
Hosiges  diifts,  dafs  nicht  er  schleifend  die  haut  ihm  verleite. 
tJber  ihn  zog  ein  dunkles  gewölk  auch  Föbps  Appllon 
Hoch  vom  himmel  aufs  feld,  pnd  ganz  pmhülU'  er  die  gegcnd» 
Wo  der  ermordete  lag;  dafs  nicht  der  sonne  gewalt  ihm  19^ 

Früh  um  die  «ebnen  das  fleisch  ^lusdörrete»  vind  an  den  gliedern* 

Poch  nicht  lodert*  in  glut  das  geriist  des  todten  Patroklos. 
Schnell  ein  andre«  ersa-nn  der  mutige  rennen  AchiUcus, 
Trat  vom  geriist  abwärts,  «nd  rief  zween  Winde  gelobend, 
Koreas  samt  des  T-efyro«  macht,  mit  verheifsenen  opfern}         '95 
Viel  auch  sprengt'  er  des  weins  aus  goldenem  bechert    «TJd  flutte, 

l<asch  zu  wehn,  und  den  todten  in  lodernder  glut  zu  verbrennen, 

*^  i 

Mächtig  das  holz  anfachend  zum  brand.    Doch  die  hurtige  Iris 
liörete  seine  gelubd',  und  kam  als  botin  den  Winden,  1 

Sic  nun  s^ssm  gesellt  in  des  sausenden  Tcfyros  wohnungi       ^ 
Frqh  am  festlichen  schm<^us;  und  Iris,  fliegendes  laufpSf  | 

Twt  auf  die  steinerne  schwell*.    Als   jene  sie  sahn  mit  den  ^uf^^' 

Spiapgen  §lc  alle  vQm  m  I  ynd  neben  «i^|*^J[^d(^&5W[(i?^^f' 


DREI|UNDZWANZIGSTER  GESANG.    279 

Doch  sie  weigerte  sich  des  gebotenen  sizes,  und  sagte: 

Nöthiget  nicht;  denn  ich  eile  zurük  an  Okeanos  fluten,      205 
Dort  wo  die  Athiopcn  den  ewigen  jezt  hekatomben 
Festlich  weihn,  dafs  ich  selber  des  opfermahls  mich  erfreue. 
Aber,  o  Boreas,  dir  und  dem  sausenden  Zefyros  flehet 
Peleus  söhn  zu  kommen,  und  heilige  opfer  gelobt  er» 
Dafs  ihr  in  glut  aufregt  das  todtengerust  des  Patroklos»  210 

Wo  er  liegt,  den  seufzend  das  volk  der  Achaier  bejammert. 

Also  sprach  sie,  und  eilte  hinweg.     Da  erhüben  sich  jene, 
Mit  graunvotlem  getös*,  und  tummelten  rege  gcw81k'  her. 
Bald  nun  kamen  ins  meer  sie  gestürmt ;   da  erhub  sich  die  brandung 
Unter  dem  brausenden  haucih :  und  sie  kamen  zur  scholligen  Troja,  ns 
Stürzten  sich  dann  ins  geriist;  und  es  knatterte  mächtig  empor  glut. 
Siehe,  die  ganze  nacht  durchwühlten  sie  zuckende  flammen. 
Sausend  zugleich  in  das  todtengerust;  und  der  schnelle  Achilleus 
Schöpfte  die  ganze  nacht,  in  der  hand  den  doppelten  becher, 
Wein  aus  goldenem  krug' ,  und  feuchtete  sprengend  den  boden ,  220 
Stets  die  seel'  anrufend  des  jammervollen  Patroklos. 
Wie  wenn  klagt  ein  vater,  des  sohns  gebeine  verbrennend, 
Der  ein  bräutigam  starb,  zum  weh  der  jammernden  eitern:  , 

Also  klagte  der  held ,  das  gebein  des  freundes  verbrennend , 
Und  umschlich  das  todtengerust  mit  unendlichen  seufzern.  225 

Jezt  wann  der  morgenstern  das  licht  ankündend  hervorgeht, 
Dann  im  safrangewand*  um  das  meer  sich  Eos  verbreitet; 
Jexo  sank  in  staub  das  gerüst,  und  es  ruhte  die  flamme. 
Schnell  nun  eilten  die  Winde  zurük  ,  nach  hause  zu  kehren, 
Über  das  thrakische  meer ;  und  es  braust'  aufstiirme^cjc  brandung.  230 


aso  ILIAS^ 

PeleiM  söhn,  abwärts  vom  glimmenden  schütte  gesondert, 
Legte  sich  abgemattet;  und  labender  Schlummer  umfing  ihn. 
Aber  um  Atreus  söhn  versammelten  jene  sich  ringsher. 
Und  der  kommenden  männer  getös'  und  lermen  crwekt'  ihn. 
Aufrecht  safs  er  nunmehr  ,  und  sprach  zu  jenen  die  worte :        235 

Atreus  söhn,  und  ihr  andern >  erhabene  Pursten  Achaia's, 
Erst  den  glimmenden  schutt  it^it  röthlichem  weine  gelöschet , 
Überall,  wo  die  glut  hinwütete;  aber  sofort  dann 
Lafst  Patroklos  gebein ,  des  Menötiaden ,  uns  sammeln , 
Wohl  es  unterscheidend ;  und  leicht  zu  erkennen  ist  solches.      240 
Denn  er  lag  in  der  mitte  der  glut;  und  die  anderen  abwärts 
Brannten  am  äufseren  rande  vermischt,   die  ross'  und  die  männer. 
Dann  in  gedoppeltes  fett ,  in  eine  goldene  urne , 
Legen  wirs,  bis  selber  hinab  ich  sinke  zum  Ais. 
Doch  nicht  rath'  ich  das  grab  sehr  grofs  zu  erheben  mit  arbeit ,     245 
Sondern  nur  so  schiklich ;  in  Zukunft  mögt  ihr  es  immer 
"Weit  und  hoch  aufhäufen,  ihr  Danaer,  die  ihr  mich  etwa 
Überlebt,  nachbleibend  in  vielgeruderten  schiffen. 

Jener  sprachs ;  sie  gehorchten  dem  rüstigen  Peleionen : 
Löschten  zuerst  den  glimmenden  schutt  mit  röthlichem  weine,  250 
Rings  wo  die  flamme  gewütet ,  und  hoch  die  asche  gehäuft  lag ; 
Sammelten  drauf  das  weifse  gebein  des  herzlichen  freundes 
Weinend,  in  doppeltes  fett,  in  eine  goldene  urne; 
Stellten  sie  dann  im  gezelt,  umhüllt  mit  köstlicher  leinwand; 
Mafsen  im  kreise  das  mal,  und  warfen  den  grundindieründung  255 
Rings  um  den  brand,  und  häuften  geschüttete  erde  zum  Hügel. 
Als  sie  das  mal  nun  geschüttet,  enteilten  sie.     Aber  Achilleus 

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DREIÜNDZWANZIGSTER  GESANG,    agi 

iemmte  das  volk,  und  hicfs  es  in  weitem  ringe  sich  sezen ; 
brachte  darauf  zu  preisen  des  kampfs  dreifüfiigc  kessel , 
decken ,  und  ross'  und  mauler  und  m4chtige  stier'  aus  den  schüfen ,  260 
khöngegürtetp  weiber  zugleich  ,  und  blinkendes  eisen. 

Erst  dem  lenker  des  schnellsten  gespanns  zum. herlichen  kampfpreis 
hellt'  er  ein  weib  zu  nehmen,  untadeKch»  kundig  der  arbeit, 
5amt  dem  gehenkelten  kessel  von  zweiundzwanzig  mafsen: 
dieses  dem  ersten  zum  preis;  dem  anderen  stellt'  er  die  stute,  265 
Jugezähmt,  sechsjährig,  beschwert  vom  füllen  des  maulthiers; 
Dann  dem  dritten  bestimmt'  er  zum  preis  ein  schimmerndes  becken , 
»ch<jn,  vier  mafs*  enthaltend,  und  rein  von  der  flamme  des  feuers; 
3rauf  dem  vierten  den  preis  von  zwei  talenten  des  goldes ; 
*.ndlich  dem  fünften  die  doppelte  schal',  unberührt  von  der  flamme.''27o 
Vufrecht  stand  der  Peleid',  und  redete  vor  den  Argeiern: 

Atreus  söhn,  und  ihr  andern,  ihr  heliumschienten  Achaier, 
•"ür  die  reisigen  stehn  die  kampfpreis'  hier  in  dem  kreise. 
Vär'  es  ein  anderer  nun,   den  wir  Danaer  ehrten  mit  wettk<impf; 
)ann  wohl  trüg'  ich  selber  den  ersten  preis  zum  gezelte.  275 

)enn  ihr  wifst,  wie  an  tugend  hervor  mein  edles  gespann  ragt, 
kuch  ist  unsterblich  die  zucht :  denn  Poseidon  schenkte  dem  Pcleus, 
leinem  vater,  die  rosse,  der  mir  zur  gäbe  sie  darbot, 
^och  nun  bleib'  ich  selber  zurük,  und  die  stampfenden  rosse, 
^nn  sie  verloren  die  kraft  des  edelsten  wagenlenkers ,  280 

ch  des  freundlichen,  welcher  so  oft  mit  geschmeidigem  öle 
men  die  haare  gesprengt,  wann  in  lauterer  flut  sie  gebadet, 
liesen  nunmehr  dastehend  betrauren  sie,  und  auf  den  boden 
iiefsen  die  mahnen  herab ,  und  sie  stehn  unmutiges  herzens. 

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aga  ILIAS. 

Auf  denn ,  ihr  andern  im  beere ,  beschicket  euch ,  wer  der  Achaier  2SS 
Eigenen  rossen  vertraut ,  und  dem  woblgefiigeten  wagen ! 

Also  sprach  der  Peleid*;  und  rüstige  lenker  erstanden. 
Erst  vor  allen  erbub  sich  der  völkerfürst  Eumelos, 
Er  des  Admetos  söhn,  der  an  wagenkunde  hervorschien. 
Auch  der  Tydeid*  erbub  sich,  der  starke  held  DiomedeSy  2^ 

Welcher  die  troischen  ross*  anschirrete,  die  dem  Ancias 
Jüngst  er  geraubt ;  ihn  selber  errettete  Föbos  Apollon. 
Drauf  erstand  der  Atreide,  der  bräunliche  held  Menelaos,  | 

Göttliches  Stamms,  und  jochte  die  hurtigen  ross*  an  den  wagen, 
Seinen  Podargus ,  den  hengst ,  und  Athe ,  diestut  Agamemnons  i  2^ 
Welche  dem  bruder  geschenkt  der  Anchisiad'  Echepolos 
Um  nicht  jenem  zu  folgen  ins  land  gaultummelnder  Troer, 
Sondern  dort  sich  der  ruhe  zu  freun;  denn  mächtigen  reichthuml 
Gab  ihm  T^eus,  und  er  wohnt*  in  Sikyons  fruchtbaren  thälem: 
Sie  nun  spannt*  er  ins  joch ,  die  stets  sich  sehnte  nach  wettlauf.   3^ 
Dann  der  vierte  bereitet*  Antilochos  glänzende  rosse» 
Nestors  treflicher  söhn,  des  edelmütigen  herschers, 
Sein  des  Neleiaden;  und  hurtige  rosse  von  Pylos 
Flogen  einher  mit  dem  wagen.     Ihm  ricth  jezt  nahend  der  vatcr 
Guten  rath ,  der  kundige  greis  dem  verständigen  Jüngling:  ji 

Sohn ,  wie  jung  du  auch  bist ,  Antilochos ,  liebten  dich  dennod 
Zeus  und  Posciddon ,  und  lehreten  künde  des  wageAs 
Aller  an;  drum  möcht'  es  nicht  noth  sein,  dich  zu  belehren. 
Wohl  das  ziel  zu  umlenken  verstehest  du ;  aber  die  rosse 
Sind  dir  die  trägsten  im  lauf;  drum  ahndet  mir  mifslicher  a  Umgang.  3: 
Rascher  sind  jener  die  ross'  und  fertiger ;  selber  indefs  nicht 


DREIUND5;WANZIGSTER  GESANG.    283 

IVissen  sie  besseren  rath,  ^1$  du,  mein  söhn ^  zu  ersinnen. 
\uf  demnach ,  mein  theurer ,  ins  herz  dir  fasse  die  lehre 
Vlancher  art;  dafs  picht  die  belohnungen  alle  vorbeigehn. 
VIehr  ja  vermögen  durch  rath  holzhauende,  weder  durch  stärke ;  315 
(\uch  dprch  rath  nur  lenket  im  dunkden  mcere  der  steurer 
Sein  schnellwandelndes  schif ,   das  stUrmender  winde  gewah  wirft: 
So  durch  rath  auch  besiegt  ein  wagenlenker  dön  andern. 
Wer  allein  dem  gespapn  und  dem  rollenden  wagen  vertrauet. 
Ohne  bedacht  in  das  weite  verliert  er  sich  dorthin  und  dahin,    320 
Wild  auch  schweifen  die  ross*  und  uhgezähmt  in  der  rennbahn. 
Doch  ^er  den  vonheil  kennt,  und  schlechtere  rosse  dahertreibt, 
schaut  beständig  das  ziel,  und  .beugt  kurzum,  und  vergifst  nie« 
Welchen  strich  er  i&uerst  sie  gelenkt  mit  seilen  von  stierhaut ; 
Nein  fest  hält  er  den  lauf,  und  merkt  auf  den  vorderen  achtsam«    325 
Deutlich  mufs  ich  das  ziel  dir  verkündigen,   dafs  du  nicht  fehlest. 
Dorrend  ragt  ein  pfähl,  wie  die  Wafter  hoch,  aus  der  erde, 
Kienholz ,  oder  von  eichen ,  das  picht  im  regen  vermodert ; 
Recht&ap  lehnen  und  links  sich  zween  weifsscbimmernde  steine, 
Dort  in  der  enge  des  wegs ,  wo  die  ebene  bahn  sich  herumschwingt ;  330 
Sei  er  vielleicht  ein  mal  des  läfigst  verstorbenen  mannes, 
Oder  ein  renpziel  auch,  von  vorigen  menschen  errichtet; 
Den  nun  stellt  ?^um  zeichen  der  mutige  renner  Achilleus, 
Diesem  dkh  hart  andrängend,  beflügele  wagen  und  rosse; 
Selber  zugleich  dann  beug'  in  dem  schöngeflochtenen  sessel       335 
Sanft  zur  linken  dich  hin;  qnd  das  rechte  rofs  des  gespannes 
Treib  mit  geifscl  und  ruf,  imd  lafs  ihm  die  zügel  ein  wenig) 
Während  dir  nah  ^w  ziele  da5  link^  iofs  sich  herumdrehtS^^ 


384  ILIAS* 

So  dafs  fast  die  nabe  den  rand  zu  erreichen  dir  scheinet 
Deines  zierlichen  rades.     Den  stein  nur  zu  rühren  vermeide,     3I 
Dafs  du  nicht  verwundest  die  ross' ,   und  den  wagen  zerschmetteia 
Denn  ein  triumf  den  andern,  und  schmähliche  kränkung  dir  selbe 
Wäre  das !  Auf  denn ,  geliebter ,  sei  vorsichtsvoll  und  behutsam 
Hast  du  nur  erst  am  ziele  herumgewendet  im  vorsprung; 
Keiner  ist  dann,  der  verfolgend  dich  einholt,  oder  vorbei  jagt:   34J 
Trieb'  er  sogar  im  stürme  dir  nach  den  edlen  Areion  , 
Der  selbst  gottem  entstammte,  den  hurtigen  gaul  des  Adiastos, 
Oder  Laomedons  rosse,  die  hier  voll  herlichkeit  aufblühn! 

Also  redete  Nestor,  der  neleiadische  könig, 
Sezte  sich  dann ,  nachdem  er  dem  söhn  jedwedes  bedeutet.         351 

Auch  Meriones  schirrte  der  fünfte  sich  glänzende  ross'  an. 
Alle  betraten  die  sessel,  und  warfen  die  loos',  und  Achilleus 
Schüttelte:  plözlich  entsprang  des  Antilochos  loos  aus  dem  helme: 
Nächst  dem  Nestoriden  gewann  Eumelos  der  herscher; 
Diesem  zunächst  der  Atreide,  der  streitbare  held  Menelaos;       35] 
Hierauf  traf  das  loos  den  Meriones ;  aber  zulezt  traf 
'Tydeus  tapferen  söhn  das  loos  die  rosse  zu  lenken. 
Alle  gereiht  nun  standen ;  es  M'ies  das  zeichen  Achilleus 
Fern  in  dem  flachen  gefild';  und  dabei  zum  schauer  bestellt'  er 
Fönix,  den  göttlichen  held,  den  kriegsgefährten  des  vaters,        569 
Wohl  zu  bemerken  den  lauf,  und  anzusagen  nach  Wahrheit. 
Alle  zugleich  auf  die  ross'  erhüben  sie  drohende  geifseln. 
Schlugen  zugleich  mit  den  riemen ,  und  schrien  anmahnende  wortf  • 
Heftiges  muts;  und  in  eile  durchstürmeten  jene  das  blachfeld. 
Schnell  von  den  schiffen  hinweg ;  urid  empor  stieg  unter  den  briisten  365 


DREIUNDZWANZIGSTER   GESANG.    385 

Ik  aufwallender  staub ,  dem  gewölk  gleich ,  oder  dem  Sturmwind ; 
nd  wild  flogen  die  mahnen  im  wehenden  hauche  des  windcs. 
lo  rollten  die  wagen  gesenkt  an  der  nährenden  erde, 
zo  stürmten  sie  hoch,  als  schwebende.     Aber  die  lenker 
anden  empor  in  den  sesseln ;  es  schlug  ihr  herz  in  den  busen    37a 
lut  vor  begierde  des  siegs ;  und  jeglicher  drohte  den  rossen , 
ächtiges  rufs ;    und  sie  flogen  in  stäubendem  lauf  durch  die  felder. 
Doch  wie  dem  ende  des  lauf«  die  hurtigen  rosse  sich  nahten, 
ehrend  zum  bläulichen  meer;  nun  wars,  wo  jegliches  tugend 
hien  ;   und  gestrekt  fort  schössen  die  rennenden.     Aber  in  eile   215 
»rangen  die  Stuten  voraus  des  Feretiaden  Eumelos; 
lesen  zunächst  entschwang  sich  das  hengstgespann  Diomedesi 
oisches  Stamms :  nicht  ferne  verfolgten  sie ,  sondern  so  nahe , 
ifs  sie  stets  auf  den  sessel  des  vorderen  schienen  zu  springen, 
id  ihm  warm  auf  den  rücken  ihr  hauch  und  die  mächtigen  schultern  380 
hmete ;  denn  ihn  berührte  das  haupt  der  fliegenden  rosse. 
id  nun  war'  er  voraus ,  doch  wenigstens  gleich  ihm  gekommen , 
enn  nicht  Föbos  Apollon  gezürnt  dem  söhne  des  Tydeus, 
id  ihm  schnell  aus  den  bänden  die  glänzende  geifsel  geschleudert. 
he  ,   vor  unmut  stürzten  die  thränen  ihm  über  das  antliz ,      385 
;  er  die  noch  viel  stärker  entfliegenden  Stuten  erbiikte, 
er  die  hengst*  ihm  säumten ,  die  treibende  geifsel  vermissend. 
:ht  unbemerkt  von  Athene  belistete  Föbos  ApoUön. 
ievks  söhn;  schnell  eilte  sie  her  zum  hirten  der  vBIker» 
b  ibm  die  geifsel  zurük,  und  mehrte  den  mut  des  gespannes.   390 
rnend  verfolgte  sie  drauf  den  tapferen  söhn  des  Admetos  , 
d   zerbrach  ihm  das  joch,  die  unsterbliche:  wild  aus  einander 


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286  ILIAS. 

Sprangen  die  Stuten  vom  weg* ,  und  es  scharrt'  an  der  erde  die  deichid 
Jener  entsank  dem  'sessel ,  und  uKlzte  sich  neben  dem  radc , 
Beide  arm'  an  der  beugung  f  den  mund  und  die  nase  verleiend ;  3| 
Auch  die  stirn*  an  den  brauen  verwundet'  er;  aber  die  äugen 
Wurden  mit  thränen  erfüUt,  und  athmend  stockt'  ihm  die  stimmi 
Tydeus  söhn  trieb  schleunig  vorbei  die  stampfenden  rosse  •  | 

Weit  den  anderen  allen  zuvor ;  denn  Pallas  Athene 
Stärkte  die  rosse  mit  mut,  und  krönt'  ihn  selber  mit  siegsruhnu    4/^ 
Nächst  ihm,  flog  der  Atreide ,  der  bräunliche  held  Menelaos. 
Aber  Antilochos  rief  des  vaters  rossen  ermunternd: 

Angestrengt  die  glieder»  und  dehnet  euch  fliegendes  laufes!  j 
Dafs  mit  jenen  ihr  kämpft  um  den  votsprung ,  fbder'  ich  gar  ntcl^ 
Mit  des  Tydeiden  gespann,  des  feurigen;  hat  doch  Athene  4^ 
Ihnen  die  schnelle  verliehn,  und  gekrönt  ihn  selber  mit  siegsruhm. 
Nur  Menelaos  gespann  holt  ein ,  und  bleibt  nicht  dahinten , 
Stürmender  kraft,  dafs  nicht  mit  kränkender  schmach  euch  bedecj 
Äthe,  die  stute  nur  ist!  Was  säumet  ihr,  trefliche  rosse?  j 

Denn  ich  verkünde  xuvor,  und  das  wird  wahrlich  vollendcj^  4 
Nie  wird  -pflege  für  euch  beim  völkerweidenden  Nestor 
Künftig  sein ;  schnell  mordet  er  euch  mit  der  schärfe  des  enes . 
Wenn  wir  anizt  nachlässig  geringeren  preis  nur  gewinnen! 
Auf  denn,  mit  grosser  gewah,  und  verfolget  sie  huniges  laufeil 
Aber  ich  selbst  will  dieses  mit  kgnst  ausfuhren  und  Sorgfalt,  4 
Dafs  in  der  enge  des  wegs  ich  vorbeischlüpf,  und  ihn  bemerke. 
Jener  sprachs;  und  geschrekt  von  des  königes  scheltendem  lui^ 
Rannten  sie  heftiger  fort  ein  weniges«  Siehe,  sogleich  nun 
Schaut'  er  des  hohlwegs  eng*  f  Antilochos  1  freudig  zur  feldscbkd 

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DREIUNDZWANZIGSTER  GESANG,    as?' 

usgeschwemmt  war  der  grund ,  wo  gesammelte  wintergewässei  420 

urch  den  weg  sich  gewühlt,  ringsum  die  erde  vertiefend. 

Drthin  fuhr  Menelaos ,  der  wagen  gemisch  zu  vermeiden. 

ber  Antilochos  trieb  seitwärts  die  stampfenden  rosse 

usser.  dem  weg',  und  wenig  vorbei  ihm  lenkend  verfolgt'  er. 

essen  erschrak  der  Atrcid',  und  rief  dem  söhne  des  Nestor:    425 

Sinnlos  lenkst  du  den  wagen,  Antilochos!  hemme  die  rosse! 
Ig  ist  der  weg;  bald  eil*  auf  breiterer  bahn  mir  vorüber: 
afs  du  nicht  an  den  wagen  mir  fahrst,  und  uns  beide  beschädigst! 

Sprachs ;  doch  Antilochos  trieb  noch  ungestümer  zum  lauf  an, 
rängend  mit  geifselhieben,  dem  nichts  vernehmenden  ähnlich.  430  « 
^eit  wie  die  scheib*  hinflieget  vom  schwung  des  erhobenen  armes , 
^ann  sie  ein  blühendermann,  die  kraft  zu  versuchen,  entsendet: 
I  weit  sprangen  sie  vor,  unfd  es  säumeten  jene  von  hinten 
leus  sohii*;  auch  henrnit*  er  mit  fleifs  in  der  eile  des  laufes: 
äfs  nicht  wo  anprellend  im  weg  die  stampfenden  rosse  435 

:ide  geschirr'  umstürzten ,  die  schöngeflochtnen ,  und  selbei 
;  in  dei\  staub  hinsäqken,  gereizt  von  begierde  des  sIeges. 
helteud  begann  nunmehr  der  bräunliche  held  Menelaos: 

Keiner,  Antilochos,  gleicht  an  verderblichem  sinne  dir  selber! 
ih  !  wir  nannten  dich  falsch  den  verständigen  sonst,  wir  Achaiei !  440 
)ch  nicht  sollst  du  fürwahr  ohn'  eidschwur  nehmen  den  kampfpteisl 

So  der  Atreid';  und  den  rossen  mit  hallendem  rufe  gebot  ert 
eilet  mir  nicht  so  trag',  und  steht  nicht  traurendes  herxens! 
Id  wird  jenen  die  kraft  der  knie'  und  schenke!  erstarren, 
er  denn  euch;  denn  beiden  gebrichts  an  blühender  jagend!      445 

Jener^prachs ;  und  geschrekt  von  des  königes  scheltendem  luruf , 

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ä88  ILIAS^ 

Rannten  sie  heftiger  fort,  und  bald  nun  nahten  sie  jenen. 

Argos  söhn'  indessen  im  kämpf  kreis  schaueten  siiend 
Auf  die  gespann';  und  sie  flogen  in  stäubendem  lauf  durch  die  Felder. 
Kretas  herscher  xuerst,  Idomeneus,  merkte  die  rosse;  4^3 

Denn  er  safs  aus  dem  kreise  getrennt  auf  der  höheren  warte. 
Jenen  anjext,  in  der  ferne  den  laut  androhenden  hörend , 
Kännt'  er,  und  merkte  das  rofs  ,  das  hell  und  kennbar  hervorschien : 
Welchem  röthlich  umher  der  leib  war ,  aber  die  stirne 
VVeils  die  gerundete  blässe  bezeichnete ,  ähnlic}i  dem  vollmond.  455 
Aufrecht  stand  der  könig ,  und  redete  vor  den  Argeiern : 

Freunde,  des  Volks  von  Argos  erhabene  fürsten  und  pfleger, 
Kenn'  ich  allein  die  rosse  der  kommenden ,  oder  auch  ihr  dort  ? 
Andere  dünken  mir  jext  die  vorderen  rosse  der  kämpfer. 
Auch  ihr  lenker  erscheint  ein  anderer.     Jene  vielleicht  sind        460 
Wo  im  gefilde  verlext,  die  hinauf  die  tapfersten  waren.  ' 
Denn  zwar  sah  ich  die  Stuten  zuerst  an  dem  ziele  sich   untidrehn; 
Doch  jtun  kann  ich  sie  nirgend  ersehn ,  ob  rings  mir  die  äugen 
Durch  der  Troer  gefild*  umherschaun  forschendes  blickes. 
Sind  dem  lenker  vielleicht  die  zügel  entflohn ,  und  vermocht'  er    46^ 
Nicht  zu  wenden  ums  ziel,  und  traf  unglüklich  die  beogung? 
Doft  wohl  stürzt'  er  vom  sessel  herab ,  und  der  wagen  zerbrach  ihm, 
tJnd  es  entsprangen  zerscheucht  mit  verwildertem  geiste  die  stuten. 
Aber  schauet  auch  thr ,  und  erhebet  euch  !  Nicht  ja  vermag  ich 
Jene  genau  zu  erkennen  ;  doch  dünkt  der  lenker  des  wagens    4-'o 
Mir  der  k'tolische  mann,  der  Argos  schaaren  bcherschet, 
Tydeus  des  reisigen  söhn ,  der  starke  held  Diomedes. 

Höhnend  verwies  ihm  Ajas,  der  schnelle  söhn  des  Oileus: 

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DREIUNDZWANZIGSTER  GESANG.    289 

Was  so  gcschwätig  vorher,  Idomeneus?  Dort  sind  die  Stuten, 
Fern  mit  gehobenem  hufe  des  blachfelds  xäume  durchfliegend !    475 
Nicht  doch  bist  du  der  jüngste  so  sehr  im  voik  der  Argeier, 
Noch  sind  dir  am  schärfsten  im  haapt  die  spähenden  äugen! 
Aber  du  warst  beständig  ein  plauderer!  Nicht* ja  geziemt  dir, 
Rasch  mit  der  zunge  zu  sein ;  denn  hier  sind  bessere  manner ! 
Sind  doch  die  Stuten  noch  immer  die  vorderen ,  so  wie  im  anfang ;  480 
Und  noch  fährt  Eumelos ,  die  lenkenden  seil*  in  den  bänden ! 

Drauf  voll  hefdges  zornes  begann  der  herscher  von  Kreta  :^ 
Ajas ,  im  zank  der  erste ,  du  lästerer !  anderer  tugend 
Trägst  da  wenig  ini  volk,denn  du  bist  unfreumdiiches  herzens! 
Hurdg,  ein  dreifufs  steh'  ims  wettenden, -oder  ein  becken;         485 
Aber  ein  zeuge  des  stretts  sei  Atreus  sbhn  Agamemnon, 
Wef&  die  vorderen  rosse:  dkniit  du  büfsend  erkennest! 

Jener  sprächs;  da  erhub  sich  dei.  schnelle  söhn  des  Oileus, 
Zürnendes  muts,  noch  mehr  dex  hefügen  worte  zu  wechseln. 
Und  nun  hätten  fortan  die  zankenden  beide  geeifert,  4go 

Wenn  nicht  AchiUeus  selbst  sich. emporhob,  also  beginiiend: 

Nicht  mehx  jezt  mit  eiaandex  der  heftigen  worte  gewechselt,] 
Zorn  voll,  Ajas  du  seübst,  und  Idcnnensös;  wenig  gezientts  euch! 
Selbst  ja  tadeltet  ihxs ,  wenn  !eih  ahdttirer  solches  begönne» 
Aber  sizt  ihr  ruhig  im  kreis',  und  i£haut  nach  den  rossen         495 
Forschend  hinauf:  bald  werden,  gerdat  vch  begierde  de&  sieges. 
Jene  von  selbst 'ankommen ;  damn^mägtiihs  jeder,  erkenhen , 
Welches  geapanh  der  Argeier  vooräiiläiift,  weldbes  dahinten. 

Also  der  held;  da  näht'  in  bescJhleun%töni  lauf.  Diomedesw 
Iiximeruntfchwahg  er  die  schultern,  und'geiCseltc;  abetdie  rosse  509 

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Homers  Ilias.  II.  Band.  T  *^ 

ä 


a90  ILIAS. 

Hüben  sich  hoch  von  der  erde,  den  weg  in  eile  vollendend, 
(mnier  auch  flc^  um  den  lenker  der  staub  •  von  den  hufen  gesprenget; 
Während  der  prangende  wagen ,  mit  xinn  und  golde  gelieret , 
Schnell  dem  stürm  des  gesp^nns  nachrasseke ;   und  nur  ein  wenig 
Tauchte  von  hinten  das  gleis  der  enbeschlagenen  täder  505 

In  den  gelockerten  stäub :  so  eiferig  flogen  die  rosse. 
Jezo  hielt  er  im  kreis* ,  und  es  quoll  den  dampCenden  rossen 
Ringsum  Schweifs  von  den  nacken  und  vorn  von  der  brüst  auf  die  eide. 
Selber  darauf  entsprang  er  dean  heliumschimmerten  sessel, 
Lehncte  dann  die  geifsel  ans  Joch.     Nicht  säumte  der  tapfre    510 
Sthenelos  liun,  er  ergrif  in  freudiger  eile  den  kampfjpreis, 
Gab  dan|i  hinwegzuführen  das  weib  den  mutigen  freunden. 
Samt  dem  gehenkelten  kessel,  und  lösete  selber  die  rosse. 

Nächst  ibzDL  lenkte  die  ross'  Antilochos,  enkd  des  Neleus, 
Welcher  durch  list ,  durch  schneUigkeit  nicht ,  dem«  Atreiden  zuvorkam. 
Dennoch  trieb.  Menelaos  ihm  nah  die  hurdgen  rosse.  5^^ 

'  Weit  wie  dem  rade  das  rois  entfernt  ist,  welche»  den  eigner 
Trägt ,  und  gestsekt  vor.  dem.  w;agen.  dnheripcengt  durch  das  gefilde; 
Hinten  berührts  xles  radts  uinschientea.  tamdi  mit-  den  haaren 
Seines  schweifs ;  dqin  nah  ihna.  enteilet  e&,  und  nur  ein  wenig    520 
Kaum  ist,  welcher  es  tzennt.im  lauf  durch  gebreitetes,  biachfcld: 
!Eben  so  weit.  von.  dem.  edlen.  Atiäfochos  blieb  Nfenelaos 
Nu^  zurijk^  da.  ex.  erst  bisr  zum  sphcibenwuife  zuriikblieb ; 
Doch  bald  holt'  er.  ihn  ein :.  denn ; mudgei  «rcti.  und  entflammtet 
Sprang  die  stut*  Agamemnon^  einfacr.,  die  glanzende.  Äthe.        5^t 
Hätte  lioch  weiter  die- bahn  sich  efsitekt- den  jagenden  kämpfern, 
^'--heriidh  war'  ev  voiatts ,  docb  wenigctens  gleich  ihm  gekommea 


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icn  imn  gei 

byGoogfe 


.    DREIUNDZWANZIGSTER  GESANG.    291 

Aber  Meriones  drauf,  Idomeneus  tapfa^r  kriegsfreund , 

Blieb  des  speerwurfs  weite  vom  rühmlichen  held  Menelaos: 

Weil  am  ttögften  ihm  war  das  gespann  «chonmähniget  rosse,  53a 

Wenig  et  selbst  auch  geübt  ein  gescharr  zu  lenken  im  wettkampf. 

Endlich  zulezt  nach  den  andern  erschien  der  söhn  des  Admeros , 

Schleppend  den  zierlichen  wagen ,  und  vorwärts  treibend  die  losse^ 

Mitleidsvoll  erblikt'  ihn  der  mutige  rennet  Achilletfs» 

Stand  im  kreis  der  Argeier,  und  sprach  die  geflügelten  wotte:  535 

Schaut,  wie  zulezt  der  tapferste  mann  sein  edles  gespann  letikt ! 
Aber  \^ohlauf,  ihm  werde,  nach  billigkeit,  jezo  der  preise  ^^^ 
Zweiter  verliehn;    doch  der  erste  gebührt  dem  söhne  des  Tydeus» 

Jener  sprachs  ;  und  alle  sie  billigten  ,  was  er  geordnet. 
Und  nunhätt'  er  das  rofs  ihm  verliehn  ,  denn  die  Danaet  wolltens ;  540 
Hätt'  Antilochos  nicht ,  der  söhn  de^  erhabenen  Nestor, 
Schnell  auffahrend  vom  siz,  mit  Peleus  söhne  gerechtet: 

Heftig  werd'  ich  dir  zütnen,  Achilltfus,  wo  du  vollendesif/ 
Dieses  wott!  denn  du  gehst  mir  abzunehmen  den  kampfpr^is, 
Denkend  im  geist ,  weil  jener  gespanh  und  wagen  beschädigt ;  545 
Er  ein  treflicher  mann !  Doch  soUt*  er  die^wigön*  geltet  • 
Anflehn;  nie  dann- wkV  er  zulezt  mit  dem  wagen  gekommen! 
Aber  bedauerst  du  ihn,  und . gefällt  dirs  also  im  hetzen; 
Siehe,  du  hast  im  gezelte  des  goldes  viel  und  de€  erzes, 
Hast  auch  vieh^  und  ma'gde  genug,  und  stampfend«  rosset  •   550 
Nim  davon,  und  ehr*  ihn  sogar  mit  htiherem  kampfpteis)' 
Künftig  oder- auch  gleich,  damit  die  Achaier  dichloben^ 
Abet  nie  entsag'  ich  dem  tofs;  um  dlesfes  versuche. 
Welcher  mann  es  begehrt ,  init  mir  int  kämpfe  zp^ streiten ! 

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aya  ILIAS. 

Sprachs;  da  lächelte  sanft  der  mutige  rennet  Achilteus»       555 
Seines  Antilochos  froh ,  der  ihm  6in.  trauter  genofs  war. 
Ibm  antwortet'  er  drauf»  und  sprach  die  geflügelten  worte: 

Soll  ich,  Aritüpcho^,  denn  ein  andres  geschenk  dem  Eumelos 
Geben  ^aav  meinem  geielt ;.  ich  will  dir  auch  dieses  gewähren. 
Ihm  d.ensi.sc'henk*  ich  den  hämisch  r  geraubt  dem  Asteropäos,  560 
Blank  von  erz,  um  welchen  ein  gufs  heUstralendes  ^innes 
i^iiigsumher  sich  dreht;  nicht  wenig  wird  er  ihm  werfh  sein. 

:  Spji^chSfUnd  dem  trau^^^ten  freund  Au tomedon  hiefs  er  den  hämisch 
Bringen  ^us  sei^esn  gefeit ^  da  ^Uteilete  jener,  und'  bracht'  ihn. 
£r  niin  bot  dem  Eumelos  die  :gab';  und  freudig  empfing  er.     565 

Jezo.  st^od  Menelaos  empor,  Unmäßiges  herzen« , 
Ziirne^d  mit  ungestfim  dem  lAntilocfaps ;  aber  em  h^rold 
Reicht'  in  die  händ'  ihm  il^  %9ptct ,  .«und  still  zu  schweigen  ermahnt'  er 
Argos  Volk.;  uiid  jezo  begunn.  der  göttliche  kKmpfer: 

Weltbe  that  begingst  4u:,  Afitilochos,  sonst  so  verständig?  510 
Meine  tugend  hast^du;  giesqhmfiht.  Und  die  rosse  gehindert. 
Deine  mit  ü« .Vordrängend i  die  weit  geringer  doch  waren! 
Auf  denn,  ihr,  der  Argeier  .erhabene  fjürsten  pnd  pfleger. 
Schlichtet  das  recht. uns  .beiden :  nach  billigkeit,  keinem  zu  liebe: 
Dafs  nicht  jemand  sage  der  erzum^hi^n^fn.  Achaier«  575 

Atreus  söhn  hat  mit  trug  den  A:milochOs  überwallt  > 
Und  Um.  .der  >tute  beraubt ,  .^a  weit  geringer  docJn  waren 
Seine  ross',  er  selber  an  maoht  VorrageQd- upd .  &$ä^e. 
Aber  ich  selbst  will  schlichten,  und  scbwei^^^  wird ,  was  ich  sage. 
Irgend  ein  mann  mir  tadeln.im  volk ;  derlei  gefacht  sei  der  ausspruch.  5S0 
Auf,  Amilocho#,  komm,. du  göttlicher^  wie  der  gebrauch  ist»^ 

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DREIUNDZWANZIGSTER*GESANG,    393 

Vor  die  ross*  und  den  wagen  gestellt  hier,  und  in  den  hailden  • 
Haltend  die  schwanke  geifsel,  womit  du  eben  gelenket, 
Rühre  die  ross',  und  schwöre  zum  erderschüttrer  Poseidon, 
Dafs  du  nicht  vorsäxlich  mit'Iist  mir  den  wagen  gehindert!      585 

Und  der  verständige  Jüngling  Antilochos  sagte  dagegen: 
Xähme  dein  herz;  du  siehst  ja,  ich  bin  weit  jüngeres  alters, 
Als  Du,  fürst  Menelaos,  du  ragst  an  jähren  und  tugend. 
Weifst  du  doch,  wie  ein  }ungling  sich  leicht  zu  vergehung-en  wendet : 
Übereitt  ist  solchem  der  sinn,  und  eitel  der  rathschlufs.  590 

Drum  lafs  jezo  das  herz  dir  besänftigen.     Gern  ja  dte  stute     ^ 
Geh*  ich  dir,  die  ich  nahm;  und 'fodertest  du  v^n  ^em  meinet 
Sonst  ein  grofseres  noch,  mit  freudigkeit  brächt'  ich  sogleich « eS J 
Dir  zum  'geschenk :  nur  dafs  ich ,  o  göttlicher  held ,  niclit  auf  ihimdr 
Deinem  herzen  entfair,  und  sündige  wider  äth  gottct !  595 

Sprachs,  und  führte  das  rofs,  der  söhn  des  erhabenen  NflWor,   . 
Gab  es  sodann  in  die  hand  Menelaos.     Jenem  durdhdrang  trun 
Wonne  das  herz ,   wie  der  thau  sich  mild  um  die  ähf en  ve^bireitet 
Frisch  aufwachsender  saat,  wann  empor  rings  starren  die  fclfler: 
So  durchdrang,  Menelaos,  dein  herz  erfrischende  wönne.  600 

Und  er  begann  zu  jenem,  und  sprach  diä  geflügelten  Wortes 

Jezo  will  ich  selber ,  Antilochos ,  gerne  dir  nacHsebn , 
Eifert'  ich  schon ;  denn  nicht  ausschweifendes ,  flatterndes  geiitcs 
Warst  du  vordern ;  jezt  aber  besiegte  dein  herz  nur  die  jugend. 
Künftig  indcfs  vermeide,  die  besseren  schlau  zu  belisten.  605 

Nicht  so  leicht  hätt*  ein  andrer  im  Danaervolk  mich  besänftigt; 
Doch-  Du  hast  ja  so  vieles  gethaii ,  und  so  vieles  erduldet, 
Meinethalb,  du  selbst,  und  der  tapfere  vater  und  hruder., 

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1 

194  ^  *  iLIAS. 

j 

Drum  will£dir*  ich  dir  gerne,  dem  flehenden,  und  auch  die  stute  i 

Geh'  ich,  die  meinige,  dir:  dals  all*  umher  sie  erkennen,        6io  i 

,  Weit  ^ei  entfernt  mein  hera  von  Übermut  und  gewaltthat.  j 

AUo  sprach  er,  und  gab  des  Antilochos  freunde  Noemon 
Wegxufuhren  das  rob;  sich  nahm  er  das  schimmernde  becken. 
Aber  Meriones  nahm  die  zwei  talente  des  goides. 
Er  der  vierte  des  kampEi.    Der  fiinite  preis,  der  lurlikblieb,     615 
War  die  doppelte  schale ;  die  gab  dem  Nestor  Achilleus , 
Trug  durch  Argos  söhne  sie  hin,  und  redete  nahend: 

Mimt  und  bewahr',  o  greis,  diesd^nkmal  unserer  freundsdult, 
Xu  des  begr^bnen  Patroklos  erinnerung !  Nimmer  ja  schaust  da 
Ihn  im  Danaervolk!  Ich  gewähre  dir  diesen  kämp^reis  ^ 

Frei  1  denn  du  theUst  wohl  schwerlich  den  faustkampf ,  oder  das  ringen , 
Nicht  auch  zum  schwuoge  des  Speere  eriiebst  du  dich ,  noch  in  dem  wetdaof 
Fliegest  du;  denn  schon  driikt  dich  die  last  des  höheren  alters. 

Sprachs ,  und  reicht' ihm  die  schal*  in  die  band' ;  und  freudig  empfing  er; 
Und  er  begann  zu  jenem,  und  sprach  die  geflügelten  worte:    ^5. 

Wahrlich,  o  söhn,  du  hast  wohlziemend[e  worte  geredet. 
Nicht  mehr  fest  sind  die  glieder,  dieföfse,  mein  freund,  auch  die  arme 
Regen  sich  nicht  von  den  schultern  so  kicht  und  behende  wie  ehmals. 
War*  ich. so  jugendlich  noch,  und  ungeschwächtes  Vermögens, 
Wie  in  Buprasion  einst  am  leichenfest  Amaryrnkeus,  ^9 

Als  kampipreise  gestellt  des  epeiischen  königes  kinder ! 
Dort  war  Mir  nicht  einer  an  kraft  gleich ,  nicht  der  Epeier , 
Noch  der  Pylier  selbst,  noch  auch  ^  erhabnen  Atoler. 
Denn  nut  der  &ust  besiegt^  ich  4^  Enops  söhn  Klytomedes ; 
Ringend  darauf  den  Aokäos  von  Fleuron ,  welcb^r^rur  dufstand ;  635 

igi  ize     y  ^ 


DREIUNDZWANZrGSTER  GESjANG.    295 

Rasch  dann  lief  ich  vorüber  dem  fertigea  Fattfer  Ifi&lo«/; 
Schofs  dann  ab  mit  dem  sptcte  den  Fyleus,  samt  Polydoros. 
Nut  mit  rossen  gewannen  mir  ab  die  Aktorioneh, 
Aber  an  zahl  vorstr^bend,  im  neidischen  durste  dessieges; 
Denn  dort  waren  die  gröftten  der  herlich^  preise  noch  tibng.  640 
Beide  nun  fuhren  gepaart:  der  hielt  und  lenkte  die  tügel, 
Lenkte  die  ziigel  mit  macht;  und  der  andere  trieb  mit  der  geifsel. 
So  war  ich  einst!  Dochjeio  vergönn'  ich  *rs  jüngeren  n^nnetn^ 
Solcherlei  thaten  zu  thun  ;  ich  selbst  muft  traurigem  alter 
Folg&am  sein:  dort  aber  wie  schin^itfert'  kh  fiittet  dttt  beiden r^45 
Gehe  denn  hin ,  und  feire  den  tod  des  gendssen  mit  t^ettkampf. 
Gern^  empfah'  ich  dieses  geschenkt  und  es  fire^iet  mein  be^  sich, 
Dab  du  mein  noch  gedenkst,  dtls  Ikbtndtn^  flffnfffet  vtrgcs^tiä\ 
Mich  mit  geziemender  ehr'  in  Argos  völke  tti  dhtkti» 
Lohnen  es  dir  die  götter  mit  herzerfreuchdem  damke!  650 

Sprachs  \  und  durch  das  gedränge  der  Danaer  ^afndelt*  AcMlUds 
Weg,  nachdem  er  das  lob  des  Neleiaden  vehVoAiMen. 
Jezt  der  schreklichen  wette  dts  faustkaMpfs  stelk-  er  die  preise« 
Führend  band  er  im  kreis'  ein  arbeitdnldendes  maäkhier, 
Ungezahmt,  sechsjährig,  und  hart  zu  beiaChmthdes  trozes;        655 
Doch  dem  besiegöten  Ward  fein  doppelter  beicher  beschieden. 
Aufrecht  stand  der  PeleSd'y  ürtrf  redete  vor  dem  ArgeJemt 

Atreus  söhn%  nnd  ihr  anfdierft,  ihr  hcllumschienten  Achaier, 
Hieruln  lafst  zween  männer»   dt6  tapfersten  hier,  sich  bekämpfen» 
Rüstig  die  händ'  aufhebend  zum  fau^tkampR    Wem  nun  Apolton  660 
Giebt,  als  Sieger  zu  stehn»  erkannt  von  alten  Achaiem, 
Solcher  fuhr'  ins  geiek  dad  altbettduldende  maakhiex.; 

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a96    .  ILIAS. 

Doch  wer  besiegt  abgeht»  empfange  den'  doppeken  becher. 

Sprachs;  und  schleunig  erhub  sich  ein  mann,machcvoll  und  gewaltig, 

Panopeus  söhn  Epeios ,  geübt  in  der  künde  des  faustkampFs.     665 ' 

Laut  rief  der,  anfassend  das  arbeitduldende  maulthier: 

I 
Komme  heran,  wer  begehrt  den  doppelten  becher  zu  nehmen!  | 

Aber  das  maulthier,  mein*  ich,  entfuhrt  kein  andrer  Achaier, 

biegend  im  kämpfe  der  faust ;  denn  ich  rühme  mich  selber  den  besten. 

Nicht  genug ,  dafs  der  schlacht  ich  ermangele  ?  Traun  ja  unmöglich  670 

Könnt'  in  jeglichem  werk  ein  sterblicher  künde  gewinnen. 

Dieses  verkUnd'  ich  zuvor,. und  das  wird  wahrlich  vollendet: 

Ganz  zerschmettr'  ich  den  leib  vor  der  iaust ,  und  gebeine  zermalm'  ich ! 

Bleibe  denn  hier  mit  einander  die  schaar  der  leichenbesorger, 

Dafs  sie  den  mann  Ayegtragen,   von. meiner  stärke  gebändigt.    6is 

Jener  sprachs;  doch  alle  verstummten  umher,   und  schwiegen. 

Nur  der  göttliche  mann  Eiuryalos  trat  ihm  entgegen, 

,£r  des  'Mekistheus  söhn ,  des  taläonidischen  herschers , 

Welcher  in  Thebe  vordem,  am  leichenfest  des  erschlagnen 

Ödipus,  alles  volk  der  Kadmeionen  besieget.  680 

Am&ig  bereitete  diesen  der  speerberühmte  Tydeide, 

Sprach  aufmunternde  wort* ,  und  wünscht*  ihm  herzlich  den  siegsruhm. 

Erstlich  legt*  er  den  gürtel  ihm  dar,  und  reichte  darauf  ihm 

SchÖngeschniuene  riemen  des  mächtigen  sders  von  der  weide« 

AJs  sich  beide  gegürtet,  da  trsLtf»  sie  vor  in  den  kämpf  kreis.    685 

Gegen  einander  zugleich  mit  gewaltigen  armen  sich  hebend» 

Rannten  sie  an,  und  es  .mischten  die  lastenden  arme  sich  ringsum; 

Furchtbar  sphpU  um  die  kiefei{der  fauste  geHiatsch,und  der  angstschweils 

Flols  von  den  glieclcrn  herab.    Nun  hub.  sich  dc^^^e  jl^ios   689 

igi  ize     y  ^ 


DREIUNDZWANZIGSTER  GESANG,    »97 

Hoch ,  und  schlug  auf  den  backen  des  spähenden ,  dafs  er  xu  stehn  nicht 
Läogei  vermocht',  und  zur  eide  die  blühenden  glieder  ihm  sanken. 
Wie  vor  dem  kräuselnden  nprd  ein  fisch  aus  dem  wasser  emporspringt 
Am  meergrasigen  Strand,  und  die  dunkele' wog'  ihn  bedecket: 
So  sprang  jener  empor  von  dem  streich.    Doch  der  edle  Epeios 
Stellt  an  den  bänden  ihn  auf ;  und  liebende  freund*  in  Versammlung  695 
Führten  ihn  weg  durch  den  kreis,  da  er  kaum  nachschleppte  die  füfse. 
Dickes  bl,ut  ausspeiend,  das  haupt  zur  seite  gehänget; 
Zwischen  sich  sezten  sie  dann  den  betäubeten,  irrendes  geistes; 
Andere^  gingen  indefs ,  und  trugen  den  doppelten  becher. 

Peleus  söhn  nun  stellte  noch  andere  preise  des  kampfes,    700 
Zeigend  dem  Dapaervolk,  des  mUhsamstrebenden  ringens;/ 
Erst  dem  siegcr  den  grofstn  und  feuerduldenden  dreifufs, 
Welchen  an  werth  twölf.rinder  bei  sich  die  Danaer  schalten; 
Doch  dem  besiegeten  stellt'  er  ein  blühendes  weib  in  den  kämpf  kreis , 
Klug  in  mancherlei  kunst ,  und  geschalt  vier  rinder  an  werthe.     705 
Aufrecht  stand  der  Peleid',  und  redete  von  den  Argeiern  : 

Hebt  euch ,  welchen  gefallt  auch  diesen  kämpf  xu  versuchen ! 
Jener  sprachs ;  da  erhub  sich  der  Telamonier  Ajas , 
Auch  der  erfindungsreiche  Odysseus,  kundig  des  vortheils. 
Als  sich  beide  gegürtet,  da  traten  sie  vor  in  den  kämpf  kreis,    7 10 
Fafsten  sich  dann  einander,  umschmiegt  mit  gewaltigen  armen: 
Gleich  den  begegnenden  sparren ,  die  fest  der  zimmeret  fugte, 
Kinem  erhabenen  hause,  die  macht  der  winde  vermeidend. 
Beiden  knirschte  der  rijcken,  von  stark  anhaltenden  atmen 
Angestrengt  und  gezukt;  und  nieder  strömte  der  schweifs  rings;  715 
Aber  häufige  Striemen  entlang  an  selten  und  schulternioogle 


^98  ILIAS^ 

Roth  von  schwellendem  blut»  erhüben  sich;  und  mit  begier  stets 
Rangen  sie  beide  nach  sieg,  um  den  schongegossenen  dreifufs. 
Weder  vermocht*  Odysseus  im  ruk  auf  den   boden  zu  schmettere 
Noch  auch  Ajas  vermocht*  es ,  ihn  hemmte  die  kraft  des  Odysseus.  "2 
Aber  nachdem  schon  murrten  die  hellumschiente'n  Achaier, 
Jezo  begann  zu  jenem  der  Telamonier  Ajas: 

Edier  Laerriad',  erfindungsreicher  Odysseus, 
Hebe  mich,  oder  ich  dich;  für  das  übrige  sorge  Kronion! 

Sprachs,und  hub  ihn  empor;doch  der  list  vergafs  nicht  Odysscusnsj 
Schlug  ihm  von  hinten  die  beugung  des  knies,  und  löste  die  glieder 
Riiklings  warf  er  ihn  hin ,  und  es  sank  von  oben  Odysseus 
Ihm  a6f  die  brüst ;  rings  schauten  erstaunt  und  wundernd  die  völker 
Jezo  hub  auch  jenen  der  herliche  dulder  Odysseus, 
Und  bewegt'  ihn  vom  boden  ein  weniges,  doch  er  erhub  nicht;  "»^^ 
Dennoch  beugt*  er  sein  knie ;  da  sanken  sie  beid*  auf  den  boden 
Dicht  an  einander  hinab,  ringsum. mit  staube  besudelt. 
Und  zum  drittenmal  hätten  sie  beid*  aufspringend  gerungen } 
Aber  Achilleus  erstand,  und  hemmte  sie,  also  beginnend: 

Nicht  mehr  strebt  mit  einander ,  euch  selbst  abmattend  in  aibek.  7J| 
Beiden  gebührt  ja  der  sieg ;  mit  gleichem  preis  denn  belohnet 
Geht  nun ,  dafs  auch  andre  der  Danaer  eifern  im  kampfspieL 

Also  der  held;  da  hörten  sie  aufmerksam,  und  gehorchten; 
Beid*  entwischten  den  staub,  und  kleideten  sich  mit  dem  leibidc 

Peleus  söhn  nun  stellte  noch  andere  preise  dem  wettlauf:  '^p 
Einen  silbernen  krüg  voll  kuiistwerk ;  dieser  umfafste 
Sechs  der  mafs*,  und  besiegt*  an  Schönheit  all*  auf  der  erde , 
Weit;  denn  kunsterfahrne  Sidonier  schufen  ihn  sinnreich; 


DREIUNDZWANZIGSTER  GESANG*    199 

Aber  fÖnikische  männer»  auf  finsteren  wogen  ihn  bringend, 
Boten  in  hafen  ihn  feil ,  und  schenkten  ihn  endlich  dem  Thoas ;  "745 
Diauf  für  den  Priamiden  Lykaon  gab  zur  betahlung 
Ihn  dem  erhabnen  Patroklos  lasons  söhn  Euneos. 
Den  nun  stellt'  Achilleus  zum  kampfpreis  wegen  des  freundes, 
Ihm,  der  am  schnellsten  im  laufe  der  hurtigen  schenke!  erschiene; 
Einen  mächtigen  stier  dem  folgenden,  schwer  des  fettes;  150 

Drauf  des  goldes  ein  halbes  talent  bestinmit'  er  dem  leiten. 
Aufrecht  stand  der  Peleid',  und  redete  vor  den  Argeiern: 

Hebt  euch,  welchen  gefallt  auch  diesen  kämpf  ztfi  versuchen! 
Sprachs;  und  Ajas  erhub  sich,  der  schnelle  söhn  des  Oileus, 
Drauf  Odysseus,  im  rathe  gewandt,  und  Antilochos  endlich,    755 
Nestors  söhn ;  denn  rasch  vor  den  Jünglingen  siegt'  er  im  wettlauf. 
Alict  gereiht  nun  standen;  es  wies  das  zeichen  Achilleus. 
Ihnen  erstrekte  der  lauf  von  dem  stände  sich;  aber  in  eile 
Stüimete  Ajas  voran;  ihm  flog  der  edle  Odysseus 
Nahe  gedrängt:  so  wie  «dicht  an  des  schöngegürteten  weibes      760 
Busen  das  webschif  fliegt ,  das  schön  mit  den  bänden  sie  aojswirft, 
liebend  das  garn  vom  knäuel  zum  eintrag;  nahe  dem  busen 
Lenket  sie :  also  verfolgt'  ihn  Odysseus  nah ;  und  von  hinten 
Trat  er  die  spur  mit  den  f üfsen ,  eh  fallend  der  sand  sie  bedekte ; 
Und  an  den  nacken  ihm  strömte  den  hauch  der  edle  Odysseus  765 
Stets  im  geflügelten  lauf;  und  daher  schrien  alle  Achaier 
Ihm ,  wie  er  strebte  nach  sieg ,  den  eilenden  mehr  noch  ermunternd. 
Als  sie  dem  eudc  des  laufs  nun  näheren,  betet'  Odysseus 
Schnell  zu  des  mächtigen  Zeus  blauäugiger  tochtet  im  beszen: 

Höre  mich ,  göttin ,  und  komm  als  helferin  mir  zu  dem  wetdauf !  770 


30O  ILIAS* 

Also  sprach  er  fleliciid ;  ihn  hörete  Palla*  Athene ; 

Leicht  ihm  schuf  sie  die  glieder,  die  fiifs',  ui^d  die  arme  von  oben, 

Als  sie  nunmehr  schon  nahten  hinanzufliegen  zum  kamp^reis; 

Jezo  strauchelte  Ajas  im  lauf,  denn  es  irrt*  ihn  Athene, 

Dort  wo  der  unrath  lag  der  geschlachteten  brüllenden  rinder»   771 

Die  für  Patroklos  getödtet  der  murige  renner  Achilleus; 

Und  mit  dem  rinderkoth  ward  mund  ihm  und  nase  besudelt. 

•Aber  den  mischkrug  hob  der  herliche  dulder  Odysscus 

Schnell,  wie  er  kam;  und  es  fafste  den  stier  der  gewalrigc  Ajas- 

Dieser  stand,  in  den  banden  das  hörn  des  geweideten  rinde»,  7s« 

Immer  noch  koth  ausspeiend,  und  redete  vor  den  Argeiern: 

Traun,  wohl  irrte  die  göttin  im  laufe  mich,  welche  von  jehei 
Mütterlich  naht  dem  Odysseus,  ihm  beizustehn  und  zu  helfen! 

Jener  sprachs ;  und  sie  all*  erhüben  ihm  frohes  gelächter. 
Auch  Anrilochos  jezo  enttrug  den  lezten  der  preise,  •'Sj 

Lächelnd  im  gehn,  und  also  vor  Argos  söhnen  begann  er: 

Freunde,  das  wifst  ihr  alle ,  doch  sag' ich  es :  dafsauchaniztnoc^ 
Ehre  den  älteren  menschen  vferleihn  die  unsterblichen  götter. 
Ajas  zwar  ist  nur  ein  weniges  älter  denn  Ich  bin ; 
Jener  indefs  ist  früheres  Stamms,  und  früherer  menschen  :  rc 

Doch  man  preist  sein  alter  ein  grünendes;  schwerlich  gelingt  es, 
Dafs  im  lauf  ihn  ereil'  ein  Danaer,  aufser  Achilleus. 

Jener  sprachs,  lobpreisend  den  rüsrigen  Peleionen. 
Aber  Achilleus  drauf  antwortete ,  solches  erwiedemd : 

Nicht,  Anrilochos,  soll  umsonst  dir  geredet  das  lob  sein;  795 
Sondern  ich  will  des  goldes  ein  halbes  talent  dir  hinzuthan. 
Sprachs,und  reicht' ihm  das  gold  in  die  händ*;  und  freudig  empfing  er. 


DREIÜNDZWANZIGSTER  GESANG,    301 

ezo  trug  der  Peleide  die  weithinschattende  länze, 
ämt  dem  schild'  und  d^m  heim ,  und  legte  sie  nieder  im  kHA4>fkreis, 
ene  wehr  des  S^rpedon,   die  jüngst  Patroklos  erbeutet*  800' 

luf recht  stand  dcj  Peleid't  und  redete. vor  den  Argeiern: 

Hieruni'  la£$t  zween  männeiy  die  tapfersten  unseres  beieres, 
eid'  in  wafFen  gehüllt,  und  durchbohrendes. erz  in  den  bänden, 
angestrengt  i|iit  ein^ander  vor  Argos  voUc  sich  versuchen, 
^er  nun  den  blühenden  leib  des  anderen  eher  verlezet,  805 

lurch  die  waiFen  das  fleisch  und  das  dunkele  blut  ihm  berührend : 
lern  gewähr'  ich  zum  lohn  dies  schwert  voll  silberner  buckeln, 
chön,  von  thrakischer  kunst,  das  ich  raubte  dem  Asteropäos, 
ber  die  rüstungen  hier  empfangen  sie  beide  gemeinsam.; 
nd  mit  köstlichem  mahle  bewiit'  ich  sie  beid*  im  gezelte.        Sxo 

Jener  sprachs;  da  erhub  sich  der  Telamonier  Ajas,    . 
uch  der  Tydeid'  erstand,  der  starke  held  Diomedes. 
Is  an  gesonderten  enden  des  volks  sich  diese  gewapnet; 
raten  sie  beid'  in  di6  mitte  hervor,  in  begierde  des  kaftipfes, 
ic  androhendem  blik;  und  statinen  ergrif  die  Achaiör.  8^5 

\s  sie  nunmehr  sich  •  genaht',  die  eilenden!  gegen  einander  f 
reimal  rannten  $it  an,  und  dreimal  stürmten  sie  nah$; 
jas  darauf  Stiels  jenem  den  schild  von  gerundeter  Wölbung; 
ych  nicht  rührt'  er  den  leib ;    ihm  wehrt*  inwendig  cfei  harnib'ch« 
3er  der  held  Diomedes;»  hinweg. am  inä^teigen  schild'  ihm.  ',Spio 
ele('  ex  stets  nach  dem  hak  mit  der  blinkenden  sdiäife  des  speerfes.  < 
Lut  nun  riefen  dahef,  |>tn  Ajas  btoorgt,  die  Achaiet^  /  :> 
ifs  sie  vom  streit  ablieisen ,  uad  gleich  sich  theilteji  dm  kampfpteis. 
ler  Acbillcus  gab  das  .mi^chtiige  schwert  dem  Tydeiden,  ..• 

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3oa  ILIAS. 

Samt  der  fcheid'  in  die  band ,  und  dem  sch^ngeschnittenen  riemen.  825 

JcKO  trug  der  Peleide  die  rohgegoscene  kugelt 
Welche  vordem  geworfen  Eetions  mächtige  stärke; 
Aber  jenen  erschlug  der  mutige  rermer  Achilleas, 
Und  er  entführt'  in  schiffen  mit  anderer  habe  die  kugel« 
Aufrecht  stand  der  Peleid*,  und  redete  vor  den  Argeiern:  830 

Hebt  euch,  welchen  gefällt  auch  diesen  kämpf  zu  versuchen! 
Wenn  er  auch  weites  gebiet  fruchnragender  äcker  beherschet, 
Hat  er  daran  zu  fünf  ümrollender  jähre  Vollendung 
Reichen  gebrauch :  denn  es  darf  niemals  aus  mangel  des  eisens 
Weder  hirt  ncfch  pflüger  lur  «tadt  gehn«  sondern  er  reicht  ihm.     S35 

Jener  sprachs;  da  erhub  sich  der  streitbare  hted  Polypötes, 
AuchWLeonteus  kraft,  des  göttergleichen  gebieters,  ' 

Ajas  auch,  der  Telamonid',  und  der  edle  Epeios. 
Alle  gereiht  nun  standen:  da  fafst*  Epeios  die  kugel, 
Schwang  sie  im  wirbel ,  und  warf;  und  es  lachten  gesamt  die  Achaier.  S40 
Hietauf  nahm  sie,  und  warf  des  Ares  spröfsling  Leonteus; 
Nächst  ihm  drauf  entschwang  sie  der  Telamonier  Ajas 
Aus  de^  gewaltigen  hand ,  dafs  sie  hinflog  über  die  zeichen. 
Doch  da  die  kugel  etgrif  der  streitbare-  held  Polypötes: 
Weit  wie  ein  linderfiirt  den  gebogenen  stecken  entschwinget,     845 
Welcher,   im  wirbel  geareht,   hinfliegt  durch  die  weidenden  rindcrJ 
So^  ganz  über  den  kreis ,  eiitschwang  er>  sie ;  alle  nun  schrien  auf! 
Und  es  erhüben  sich  freunde  des- göttlichen  manns  Polypötes,      \ 
Die  zu  den  räumigen  schiffen  den  preis  hintrugen  des  kötiigs,      ! 
Hierauf  sezee  den  schüzen  der.held  blauschimmemdes  eisen ,  S? 
Zehn  zweischneidige  äxt',  und*  zehn  der -beile^nm  kampfprcis* 

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DREIUNDZWANZIGSTER  GESANG.    303 

Dann  erhub  er  den  mast'des  «chwarzgeschnabelten  meerschifs 

Fern  am  kiesigen  stiand ;  und  eine  schüchterne  taube 

3and  ^  daran  mit  dem  fub  an  dünnem  faden ,  zum  ziele 

ihrem  geschof«.     Wer  nun  die  schüchterne  taube  getroffen»        855 

VehiTie  die  doppelten  äxte  gesamt,  zum  gezelte  sie  tragend; 

^er  jedoch  den  faden  nur  trift,  und  d^  vogel  verfehlet » 

Solcher  mag ,  wie  besiegt ,  mit  den  kleineren  heilen  hinweggehn. 

Jener  sprachs;   da  erhub  sich  die  kraft  des  herschenden  Teukros, 

\uch  Meriones  dann,  Idomeneus  tapferer  kriegsfreund.  860, 

3eid'  ixt  nahmen  sich  loos',  und  schüttelten;  aber  des  Teukros 

I 

Sprang  aus  dem  ehernen  helme  zuerst :  und  sogleich,  von  der  senne 

Schnellt'  er  den  pfeil  mit  gewalt ;  doch  nicht  gelobt'  er  dem  herscher 

Sne  dankhekatombe  der  erstlingslämmer  zu  opfern. 

iiehe,  den  vogel  verfehh'  er;  denn  Ihm  misgönm'  es  ApoUon;    865 

Vber  er  traf  den  faden  am  fulis  des  gebundenen  vogels, 

Und  es  dutchschniit  den  faden  das  erz  des*  herben  geschoss;es* 

\ufwärt8  schwang  die  taub'  in  die  lüfte  sich,  aber  heiunter 

rling  der  (aden  zur  erd';  und  laut.  auf.  schrien  die.  Achaier. 

3hne  verzug  entrafte  MericoKs  jezo  den.  bogen  870 

Ihm  aus  der  band ;  denn  er  hielt  den  pfeil  schon  lange  zum  schnellen. 

^Isobald  gelobt*  er  dem  treffenden  Föbos  ApoUon 

Sine  dankhekatombe  der  erstlingslämmer  zu  opfern. 

üoch  nun  unter  den  wölken  ersah  er  die  schüchterne  taube; 

Jnd  wie  im  kreise  sie  flog ,  duKhschofs  er  sie  unter  dem  flügel ;      8*75 

janz  hindurch  drang  stürmend  der  pfeil;   in  die  erde  zuxük  dann 

Schob  er  gebohrt  vor  den  fufs  des  Meriones;  aber  der  vog'el 

Lieb  auf  den  mast  sich^tiieder  des  fchwarzgeschnifbelten  meerschifs , 

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304    ILIAS.  DREIUNDZWANZIGSTER  GESÄNa 

/ 

Safs  and  senkte  den  hals,  und  die  ausgebreueten  fliigel. 
Bald  entfloh  aus  den  gliedern  der  geist »  und  ferne  vom  mastbaum   SSo! 
Sank  er  hinab :    rings  schauten  erstaunt  und  wundernd  die  völkei. 
Aber  Meriones  nahm  die  lehn  zweischneidigen  äxte; 
Teukros ,  die  bcii'  aufhebend ,  durchging  die  gebogenen  schifFc. 

Peleus  söhn  nun  $teHte  den  ragenden  Speer  und  ein  becken, 
Rein  von  glut,  mit  blumen  geziert,  vom  wcrthe  des  stieres,    885 
Hergebracht  in  den  kreis.     Da  erhüben  sich  sender  des  wurfepccrs: 
Erstlich  erstand  der  Atreidc,  der  völkerfilrst  Agamemnon» 
Auch  Meriones  dann ,  Idomeneus  tapferer  kriegsfreund. 
Doch  es  begann  vor  ihnen  der  mutige  renner  Achilleus: 

Atreus  söhn,  wir  wissen,  wie  weit  du  allen  vorangehst;    890 
Auch  wie  weit  du  an  kraft  und  speerwurf  alle  besiegest. 
Darum  kehrte  du  selbst  mit  diesem  preis  zu  den  schiffen; 
Aber  den  speer  lafs  uns  dem  held  Meriones  reichen, 
Wenn  es  Dir  im  herzen  geßUh;  Ich  wenigstens  rath'  es. 

So  der  Peleid' ;  ihm  gehorchte  der  vöikerfiirst  Agamemnon.  895 
Er  nun  reichte  den  speer  dem  Meriones;  aber  der  held  dort 
Gab  in  Talthybios  band  den  kösdich  prangenden  kampfjpieis. 


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I  L  I  AS. 


VIERÜNDZWANZIGSTER  GESANG» 

I 


Homers  Ilias.  11.  Bana,  ü   ^.^.^.^^ 


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INHALT. 

'  jfchiHius,  nach  schlafloser  nacht,  schleift  Hektars  leib  um  Pa- 
troklos  grab ;  doch  jtpoUon  verhütet  entsteüungen.  Zeus  befiehlt 
dem  jichiUeus  durch  Thetis,  den  leichnam  zu  erlassen;  und  dem 
PriamQS  durch  Iris,  dem  jtchiäeus  die  losung  zu  bringen.  Prin- 
moSf  durch  ein  zeichen  gestärkt ,  kommt  unter  Hermes  gileitf  ufh 
bemerkt  von  den  hütemf  zu  AchiUeus  gezelt.  Er  erlangt  den  leich- 
nam des  Sohns ,  nebst  Waffenstillstand  zur  bestattung ,  und  kekrt  »«- 
bemerkt  nach  llios  zurük.  Um  Hektors  todtenlager  wehklage  der 
gattiut  der  mutter,  der  Helena.    Bestattung  und  gastmahl. 


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I  L  I  A  & 

VIERUNDXWANXIGSTER     GE^1\Na 

Jczo  trennten  den  kreis  die  versammelten;  rings  tu  den  schiiFen 
Eilten  die  völker  zerstreut;  und  jeglicher  sorgte,  des  mahles 
Und  des  erquickenden  schlafs  sich  zu  sättigen.     Aber  Achilleus 
Weinte  den  trautesten  freund  trostlos ;  nicht  fafst'  ihn  des  Schlummers 
Allgewaltige  kraft;  er  wälzte  sich  hiehin  und  dorthin,  5 

Sehnsuchtsvoll  nach  Patroklos  erhabener  tugend  und  mannkraft. 
Ach  wie  viel  er  vollendet  mit  ihm,  und  wie  manches  erduldet, 
Männerschlachten  umher  und  schrekliche  wogen  durchstrebend: 
Dessen  gedacht*  er  im  geist ,  und  häufige  thränen  vergofs  er. 
Bald  nun  legt'  auf  die  Seiten  ersieh,  und  bald  auf  den  rücken  ^    xo 
Bald  auf  das  antliz  hin ;  dann  plözlich  empor  sich  erhebend , 
Schweift'  er  am  ufef  des  meers ,  voll  bangigkcit.    Jexo  erschien  ihm 
Eos  im  röthlichen  glänze,  das  meer  und  die  ufer  bestralend. 
Schnell,  nachdem  er  ins  joch  die  hurtigen  rosse  gespannet, 
Und  zum  schleifen  den  Hektor  befestiget  hinten  am  sessel,  15 

Zog  er  ihn  dreimal  ums  grab  des  Menötiaden  Patroklos , 
Ging  dann  zurük  ins  gezelt,  und  luhete;  jenen  veriiefs  er 
Dort  im  staube  gestrekt  auf  das  antliz.     Aber  ApoUon 
Schüzte  den  schönen  leib  vor  entstellungen ,  weil  ihn  des  mannes 
Jammerte,  selbst  im  tod',  und  dekt*  ihn  ganz  mit  der  Ägis        20 
Goldenem  schirm,    dafs  nicht  er  «ehleifend  die  haut  ihm  verleite. 

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308  ILIAS^ 

Also  frevelte  jener  im  xorn  an  dem  göttlichen  Hektor. 
Ihn  nun  sahn  mit  erbarmen  die  seligen  götter  des  himmels, 
Und  sie  geboten  entwendong  dem  spähenden  Argoswiirger. 
Xwar  den  anderen  allen  gefiels;  nur  der  Here  durchaus  nicht,   25 
Auch  detn  Poseidon  nicht »  noch  Zeus  blauäugiger  tochter ; 
Sondern  stets  blieb  ihnen  verhafst  die  heilige  Troja, 
Priamos  selbst  und  das  volk,  um  die  frevelthat  Alexandros, 
Welcher  die  göttinnen  schmähte,   da   ihm  ins  gehöfde  sie  kamen, 
Und  sie  piies ,  die  zum  lohn  ihm  verderbliche  Üppigkeit  darbot.     30 
Aber  nachdem  die  zwölfte  der  morgenröthen  emporstieg, 
Jezo  begann  im  kreis  der  unstetblichen  Föbos  Apollon: 

Grausam  seid  ihr ,  o  götter ,  und  eiferig !  Hat  euch  denn  niemals 
Hektor  schenke!  verbrannt  erlesener  rinder  und  ziegen?     ^ 
Doch  versagtet  ihr  jezo,  auch  selbst  dem  todten,  erreitung,         35 
Dafs  sein  weib  und  die  mutter  ihn  sah' ,  und  das  stammelnde  knäblein, 
Auch  sein  vater  der  greis ,  und  das  volk  rings :  welche  sogleich  dann 
Jenen  in  glut  verbrennten  mh  festlichem  leichenbegängnis ! 
Aber  dem  bösen  Peleiden,  ihr  ewigen,  hellt  ihr  so  willig» 
Welchem  das  herz  nichts  achtet  der  bilUgkeit,  noch  die  gesinnung  40 
Biegsam  ist  in  der  brüst;   wie  ei^  bergleu,  denkt  er  nur  wUdheit, 
Der,  von  gewaltiger  kraft  und  trozendem  mute  gereizet, 
Wild  in  der  sterblichen  heeitd'  eindringt ,  sich  ein  mahl  zu  erhaschen  : 
So  ist  erbarmungslos  der  Peleid';  auch  sielber  die  schäm  nicht 
Kennet  er,  welche  den  menschen  zum  heil  ist,  oder  zum  schaden.  45 
Traurt  doch  mancher  fürwahr  um  einen  geliebteren  todten. 
Wann  ein  leiblicher  bruder  dahinsank,  oder  ein  söhn  auch; 
Deimoch  hemmt  er  die  thränen,  und  stillt  die  jammernde  klage: 

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VIERUNDZWANZIGSTER  GESANG.    309 

Denn  ausduldenden  mut  verlieh  den  menschen  das  schiksaL 
Jener  indefs,  nachdeni  er  den  göttlichen  Hektor  ermordet,  50 

Band  ans  geschirr  den  entseelten ,  und  rings  um  des  freundes  begräbnis 
Schleift  er  ihn !  Traun  nicht  kohr  er  das  schönere ,  oder  das  befsre ! 
Dafs  nur  nicht,  wie  edel  er  sei,  wir  götter  ihm  eifern! 
Denn  unempfindlichen  staub  mishandelt  er,  tobend  vor  unsinn! 

Wieder  begann  voll  zornes  die  lilienarmige  Herei  55 

Hingehn  möchte  dein  wort,  o  gort  des  silbernen  bogens, 
Achtet  ihr  gleich  an  würde  den  Hektor  und  den  Achilleus !  . 
Sterblich  nur  ist  Hektor,  gesäugt  vom  busen  des  weibes; 
Aber  Achilleus  ist  der  göttin  geschlecht,  die  ich  selber 
Nähret'  und  auferzog,  und  dem  mann  hiqgab  zur  genossin,        60 
Peleus,  ihm,  den  vor  allen  zum  lieblinge  kohren  die  götter.   ^ 
Alle  ja  kamt  ihr  götter  zum  brautfest ;  du  auch  mit  jenen 
Schmausetest,  haltend  die  harf ,  o  genofs  der  bösen,  o  falscher! 

Ihr  antwortete  drauf  der  herscher  im  donnergewölk  Zeus  : 
Eifere  nicht,  o  Here,  so  unmutsvoll  mit  den  göttern.  65 

Zwar  nicht  gleicher  würde  geniefsen  sie;  aber  auch  Hektor 
War  den  göttern  geliebt  vor  den  sterblichen  allen  in  Troja ; 
So  ja  auch  Mir!  denn  nimmer  versäumet'  er  köstliche  gaben; 
Nie  auch  mangelte  mir  der  altar  des  gemeinsamen  mahles, 
Nie  des  weins  und  gedüftcs,  das  uns  zur  ehre  bestimmt  ward,   •jo 
Seiner  entwendung  indefs  entsagen  wir,  C^ic  ^^^^  geschah'  es 
Vor  dem  Peleiden  geheim),  des  mutigen  Hektor;  denn  immer 
Kommt  zu  ihm  die  mutter,  sowohl  bei  nacht  wie  bei  tage. 
Doch  wenn  irgend  ein  gott  daher  mir  riefe  die  Thctis, 
Dafs  ich  ein  heilsames  wort  ihr  redete,  wiä'^ffttfrt^ 'Achilleus  Tt 


310  ILIAS* 

Gaben  aus  Priamos  band  annahm',  und  erlieCse  den  Hektor! 

Sprachs;  und  Iris  eihub  sich,  die  windschnell  eilende  botin. 
Zwischen  Samos  hinab,  und  die  rauhumstarrete  Imbros, 
Sprang  sie  ins  finstere  meerf  und  es  scholl  die  woge  des  sundes. 
Jene  sank,  wie  gerundetes  blei,  in  die  tiefe  hinunter,  80 

Welches,  über  dem  hörn  des  geweideten  stieres  befestigt. 
Sinkt,  den  gefräfsigen  iischen  des  meers  das  verderben  zu  bringen. 
Jezo  fand  sie  Thetis  in  wölbender  grott' ,  und  die  andern 
Meergöttinnen  umher ;  sie  selbst  in  die  mitte  gesexet 
Weinte  des  sohns  schiksal,  des  untadlichen,  welchem  bestimmt  war,  85 
Feme  vom  Vaterland*  in  der  scholligen  Troja  zu  sterben. 
Nahe  trat  und  begann  die  windschnell  eilende  Iris: 

Hebe  dich,  Thetis;  es  ruft,  der  unwandelbar  ordnet«  Kronion. 
Ihr  antwortete  drauf  die  silberPufsige  Thetis : 

Warum  heilst  mich  solches  der  mächtige  ?  Blödigkeit  hält  mich ,  90 
Ewigen  göttern  zu  nahn»  weil  gram  mir  die  seele  belastet. 
Aber  ich  geh;  kein  wort  auch  entfalle  mir,  welches  er  redet. 

So  die  heilige  götdn,  und  nahm  ein  trauergewand  um, 
Dunkelschwarz,. .noch  keinen  umhiillete  schwärzere  kleidung. 
Rasch  nun  wandelte  sie,  und  die  windschnell  eilende  Iris  95 

Führete;  seitwärts  fuhr  die  getrennete  woge  des  meeres. 
Als  sie  den  Strand  nun  erstiegen ,  entschwangen  sich  beide  gen  himmeL 
Und  sie  fanden  den  waltenden  Zeus,  und  rings  um  den  herscher 
Safsen,  zum  rathe  gesellt,  die  unsterblichen  seligen  götter* 
Jene  nunmehr  safs  nieder  bei  Xeus,  es  wich  ihr  Athene.     .        100 
Here  reicht*  in  die  hand  den  schönen  goldenen  becher. 
Freundliche  wort-  ihr  sagend;  sie  trank,  und  rcichjte  xurük  ihn. 


VIERUNDZWANZIGSTER  GESANG.    311 

Jezo  begann  vor  ihnen  der  menschen  und  ewigen  vater: 

Theds,  du  kamst  zum  Olympos,  o  herscherin,  herzlich  betrübt  zwar, 
Denn  unendlicher  gram  belastet  dich;  selber  ja  weifs  ichs.         105 
Dennoch  sag*  ich  dir  an ,  warum  ich  daher  dich  gefodert. 
Schon  neun  tag*  empörte  der  streit  die  unsterblichen  götter. 
Über  Hektors  leich'  und  den  städteverwUster  Achilleus. 
Denn  sie  geboten  entwendung  dem  spähenden  Argoswürger; 
Doch  Ich  strebe  vielmehr  Den  rühm  zu  verleihn  dem  Achilleus ,  i  lo 
Achtsame  scheu  und  liebe  für  dich  noch  immer  bewahrend. 
Schleunig  denn  gehe  zum  heer ,  und  verkündige  solches  dem  söhne : 
Unmuts  sein  ihm  die  götter  gesamt,  doch  vor  allen  mir  selber 
Glühe  das  herz  von  zorne,  dieweil  er  in  tobendem  Wahnsinn 
Hektor  dort  ungelöst  bei  den  prangenden  schüfen  zurükhält;      115 
Ob  er  vielleicht  mein  achte  mit  furcht,  und  erlasse  den  Hektor. 
Aber  ich  selbst  will  Iris  dem  herschenden  Priamos  senden, 
Dafs  er  löse  den  söhn ,  zu  den  schiffen  der  Danaer  wandelnd , 
Und  mit  gefalligen  gaben  Achilleus  seele  versöhne.    -  •♦ 

Also  Zeus;  ihm  gehorchte  die  silberfüfsige  Thetis;  120 

Siürmendes  Schwungs  entflog  sie  den  felsenhöhn  des  Olympos. 
Bald  zum  gezelte  des  sohnes  gelangte  sie,  wo  sie  ihn  selber 
Fand,  schwerseufzend  vor  gram;  und  umher  die  trauten  genossen 
Schalteten  ämsiger  eil',  und  rüsteten  jenem  das  frühmahl; 
Denn  ein  schaf,  dikwoUig  und  grofs,  war  im  zelte  geschlachtet.  125 
Nahe  dem  söhn  nun  safs  sie,  die  ehrfurchtwürdige  mutter. 
Streichelt*  ihn  sanft  mit  der  hand,  und  redete,  also  beginnend: 

Lieber  söhn,  wie  lange,   vor  gram  wehklagend  und  seufzend. 
Willst  du  das  herz  abzehren ,  des  tranks  und  der  speise  vergessend , 


311  ILIAS^ 

Auch  des  Schlafs?  Gut  war*  es»  ein  blühendes  weib  zu  umarmen.  130 
Denn  nicht  wirst  du  mir  lang*  einhergehn,  sondern  bereits  dir 
Nahe  steht  zur  seite  dqr  tod  und  das  grause  .Verhängnis. 
Auf»  und  vernim,  was  ich  red';  ich  bringe  dir  worte  Kronions: 
Unmuts  sein  dir  die  götter  gesamt»  doch  vor  allen  ihm  selber 
Glühe  das  herz  von  zome,  dieweil  du  in  tobendem  Wahnsinn  135 
Hektor  hier  ungelöst  bei  den  prangenden  schiffen  zurükhältst. 
A)>er  wohlan,  entlais'  ihn,  und  nim  die  lösung  des  leichnams. 

Ihr  antwortete  drauf  der  mutige  renner  Achilleus: 
Wohl  denn,  wer  die  lösung^ mir  bringt,  der  empfahe  den  leichnam. 
Wenn  ja  mit  ernstem  beschlufs  der  Olympier  selber  gebietet.      140 

Also  redeten  dort  in  dem  schifheer  mutter  und  söhn  izt. 
Viele  geflügelte  won'  im  wechselgespräch  sich  erwiedemd. 
Zeus  entsandte  nun  Iris  zu  Ilios  heiliger  veste: 

Eile  mir,  hurtige  Iris,  verlassend  die  höhn  des  Olympos; 
Bring'  in  Ilios  Stadt  dem  herschenden  Priamos  botschaft ,  145 

Cafs  er  löse  den  söhn,  zu  den  schiffen  der 'Danaer  wandelnd, 
Vn&  mit  gefälligen  gaben  Achilleus  seele  versöhne , 
Er  allein,  von  keinem  der  anderen  Troer  begleitet. 
Nur  ein  herold  folg'  ihm,  ein  älterer,  welcher  die  mauler 
Samt  dem  rollenden  wagen  ihm  lenk',  und  wieder  von  dannen   150 
Führe  den  leichnam  zur  Stadt,  d«n  der  Peleione  getödtet. 
Weder  tod  bekümmre  sein  herz,  noch  andere  schteknis^ 
Denn  wir  gesellen  zur  hut  den  mächtigen  Argoswürger, 
Dafs  er  geleit'  und  führe,  bis  Peleus  söhn  er  erreichet. 
Wann  ihn  jener  geführt, ins  gezelt  des  edlen  Achilleus,  155 

Selbst  nicht  tödtet  er  ihn,  und  wehrt  auch  den  anderen  allen. 


VIERUNDZWANZIGSTER  GESANG.    313 

Nicht  ja  vernunftlos  ist  er,  noch  unachtsam,  noch  ein  frevler; 
Nein  voll  huld  wird  er  schonen  des  hülfeflehenden  nnannes. 

Sprachs;  und  Iris  erhub  sich,  die  windschnell  eilende  botin. 
Bald  zu  Priamos  kam  sie,  und  fand  wehklag*  und  geheul  dort.  i6o 
Ringsher  safsen  die  söhn'  um  deh  traurenden  vater  im  vorhof , 
Feucht  die  gewande  sich  weinend;  er  selbst  in  der  mitte  der  greis  war 
Straf ,  dafs  die  bildung  erschien ,  in  den  mantel  gehüllt ;  und  umherlag 
Viel  unraths  auf  nacken  und  haupt  des  herschenden  greises, 
Den  er,  vor  leid  sich  wälzend,  mit  eigenen  händen  emporwarf.  165 
Aber  die  töchter  und  schnür*  in  den  Wohnungen  jammerten  lautauf , 
Eingedenk  der  aller,  die  schon,  so  viel  und  so  tapfer, 
Lagen  des  geistes  beraubt  von  der  .Danaer  mordenden  händen. 
Nahe  vor  Priaxnos  trat  die  botin  Zeus,  und  begann  so. 
Redend  mit  leiser  stimm' ;  und  schauer  durchfuhr  ihm  die  glieder :    !*]• 

Fasse  dich ,  Dardanos  söhn ,  o  Priamos ;  nicht  so  verzaget ! 
Denn  kein  iibeles  wort  zu  verkündigen  nah*  ich  dir  jezo. 
Sondern  gutes  gedenkend;  ich  komm'  als  botin  Kronions, 
Der  dich  sehr,  auch  ferne,  begünsuget,  dein  sich  erbarmend. 
Lösen  heifst  der  Olymjrter  dich  den  göttlichen  Hektor,  175 

Und  mit  gefälligen  gaben  Achilleus  seele  versöhnen, 
Dich  allein,  von  keinem  der  anderen  Troer  begleitet. 
Nur  ein  herold  folg',  ein  älterer,  welcher  die  mäuler 
Samt  dem  rollenden  wagen  dir  lenk',    und  wieder  von  dannen 
Fuhre  den  leichnam  zur  Stadt,  den  der  Peleione  getödtet.  180 

Weder  tod  bekümmre  dein  herz,  noch  andere  schreknis: 
Denn  er  gesellet  zur  hut  den  mächtigen  Argoswürger, 
Dafs  er  geleit'  und  führe,  bis  Peleus  söhn  du  crreicl]«^^  j^ 


314  ILIAS^ 

Wann  dich  jener  gefuhrt  ins  gezelt  des  edlen  Achilleus» 
Selbst  nicht  tödtet  er  dich ,  und  wehrt  auch  den  anderen  allen.    iS^ 
Nicht  ja  vemunftlos  ist  er,  noch  unachtsam ,  noch  ein  frevler; 
Nein  voll  huld  wird  er  schonen  des  hülfeflehenden  mannes. 

Also  sprach  und  entflog  die  windschnell  eilende  Iris. 
Aber  Priamos  hiefs  die  söhn'  ihm  den  rollenden  wagen 
flüsten  mitmäulergespann,und  den  korb  auf  den  wagen  ihm  binden.  19a 
Selbst  dann  stieg  er  hinab  in  die  lieblich  duftende  kammer, 
Hoch,  mit  zeder  gebühnt,  die  viel  preiswürdiges  einschloCs; 
.Rief  dann  Hekabe  her ,  sein  edeles  weib ,  und  begann  so : 

Armes  weib,  mir  nahte  von  Xeus  olympische  botschaft, 
Dals  ich  löse  den  söhn,  zu  den  schiffen  der  Danaer  wandelnd,  195 
Und  mit  gefälligen  gaben  Achilleus  seele  versöhne. 
^ Aber  sage  mir  nun ,  wie  deucht  dir  solches  im  herzen  ? 
Denn  mir  selber  entflammt  ein  gewaltiger  eifer  die  seele, 
Hinzugehn  zu  den  schiffen,  ins  weite  heer  der  Achaier. 

Also  der  greis ;  doch  schluchzend  erwiederte  jenem  die  gattin:  200 
Wehe,  wohin  doch  entfloh  der  verstand  dir,  der  so  gepriesen 
Ehmals  war  bei  menschen  der  fremd',  und  deines  gebietes? 
Welch  ein  mut ,  so  allein  zu  der  Danaer  schiffen  zu  wandeln, 
Einem  mann  vor  die  äugen,  der  dir  so  viel  und  so  tapfre 
Söhn'  erschlug?  Du  trägst  ja  ein  eisernes  herz  in  dem  busen!  205 
Denn  sobald  er  dich  hält  und  dort  mit  den  äugen  erblicket. 
Jener  mann ,  blutgierig  und  falsch ;  nie  heget  er  mideid 
Oder  erbarmen  mit  dir !  Drum  lafs  uns  fern  ihn  beweinen , 
Sizend  im  hause  daheim:  so  hats  ihm  das  grause  Verhängnis, 
Als  ich  selbst  ihn  gebar,  in  den  werdenden  laden>ßönM>nnen,       210 


vierundzwanzigsJ;e;r  gesang.  .315 

Einst  schnellfüfsige  hunde  zu  sättigen,  fern  von  den  eitern, 
Bei  dem  entsezlichen  mann ,  dem  ich  gern  aus  dem  busen  die  lebet 
R.oh  verschlang*  einbeifsend!  Das  war*  ihm  gerechte  Vergeltung 
Meines  sohns!  Denn  nicht  der  verworfenen  einen  erschlug  er; 
Sondern  für  Troja's  männer  und  tiefgegürtete  weibcr  215 

Stand  der  held ,  nicht  achtend  der  flut ,  noch  zages  vermeidens ! 

Ihr  antwortete  Priamos  drauf,  der  göttliche  herscher: 
Hahe  mich  nicht,  der  zu  gehen  beschlofs ,  noch  werde  du  selber 
Lum  wehdrohenden  vogel  im  hause  mir;  nimmer  gehorch'  ich! 
Hätt'  es  ein  anderer  mir  der  erdbewohner  geboten»  220 

Etwa  ein  zeichendeuter ,  ein  opferprofet,  und  ein  priester; 
Lug  wohl  nennten  wir  solches ,  und  wendeten  uns  mit  Verachtung. 
Nun ,  (  denn  ich  hörte  die  göttin  ja  selbst ,  und  schaut*  in  das  antliz, ) 
Geh'  ich ,  und  nicht  sei  verloren  die  rede  mir !  Droht  denn  das  schiksal 
Mir  den  tod  bei  den  schiffen  der  erzumschirmten  Achaier;  225 
Wohl!  er  ermorde  mich  gleich,  der  wüteiich;  halt' ich  nur  meinen 
Lieben  söhn  in  den  armen,  das  herz  mit  thränen  gesättigt! 

Sprachs ,  und  öfnete  schnell  die  zierlichen  deckel  der  kisten. 
Dorther  wählt*  er  sich  zwölf  der  köstlichen  feiergewande, 
Iwölf  der  teppiche  dann ,  und  einfache  hüllen  des  schlafes ,      230 
Auch  leibröcke  so  viel,  und  so  viel  der  prächtigen  mäntel. 
Hierauf  wog  er  des  goldes ,  und  nahm  zehn  volle  talente ; 
Auch  vier  schinunernde  becken,  und  zwcen  dreifiifsige  kessel; 
Auch  den  köstlichen  becher ,  den  thrakische  männer  ihm,  schenkten , 
Als  er  gesandt  hinkam,  ein  kleinod!  aber  auch  sein  nicht  235 

Schonete  nun  im  palaste  der  greis;  denn  er  wollte  so  herzlich 
Lösen  den  trauten  söhn.     Doch  jezo  scheucht'  efjie(^j^i^ 


3x6  ILIAS^ 

Sämtlich  hinweg  aus  der  halle ,  mit  schmählichen  worten  bedrohend 
Fort,  ihrvenuchtesgexücht,  nichtswürdige!  Habt  ihr  nicht  selbe 
Gram  im  hause  genug,  dafs  iht  herkommt ,  mich  zu  bekümmern  ?  zd 
Achtet  ihrs  klein,  dafe  Xeus  den  Jammer  mir  gab,  xu  verlieren 
Meinen  tapfersten  söhn?  Wohlan,  schon  selber  erfahrt  ihrs! 
Denn  viel  leichter  hinfort  wirds  wohl  den  söhnen  AchaiaV, 
Euch,  da  jener  geschieden,  zu  bändigen!  Aber  o  möcht*  ich,. 
Eh  ich  die  trümmerhaufen  der  Stadt,  und  die  grause  Verwüstung,  04! 
Selbst  mit  den  äugen  geschaut,  eingehn  in  A'ides  wohnung! 

^  Sprachs,  und  scheuchte  hinaus  mit  dem  Stabe  sie;  und  sie  enteilte^ 
Vor  dem  stürmischen  greis.     Dann  ruft*  er  scheltend  die  söhne, 
Helenos  ruft'  er,  und  Paris,  und  Agathon,  göttlicher  bildung, 
Pammon,  Antifonos  auch,  und  De'ifobos,  auch  den  Polites,      2^i 
Tapfer  im  streit,  Hippothoos  auch,  und  den  mutigen  Dies; 
Diesen  «eun  gebot  mit  scheltendem  rufe  der  vater: 

Eilt,  untüchtige  söhn',  ihr  schändlichen!  Dafs  ihr  zugleich dodj 
Alle  fdr  Hektor  lägt  bei  den  hurtigen  schiffen  getödtet ! 
Ich  unseliger  mann!  die  tapfersten  söhn'  erzeugt'  ich  2$, 

Weit  im  Troergebiet,  und  nun  ist  keiner  mir  übrig! 
Mesior  den  göttlichen  held,  und  Troilos,  froh  des  gespannes, 
Hektor  auch,  der  ein  gott  bei  sterblichen  war,  und  an  tugend    \ 
Nicht  wie  des  sterblichen  manns ,  wie  ein  söhn  der  götter ,  einhergingj 
Diese  verschlang  mir  der  krieg;  nur  die  Schandfleck' alle  sind  übrig,  56^ 
Lügener  all'  und  gaukler  und  trefliche  reigentänzer, 
Räuber  des  volks,  nur  schwelgend  im  fett  der  lämmcr  und  ziklein! 
Wollt  ihr  nicht  mir  den  wagen  sogleich  ausrüsten,  und  alles 
Dies  in  den  korb  einlegen,  dafs  unseren  weg  wir  vollenden? 


VIERUNDZWANZIGSTER   GESANG.    317 

Also  der  greis  j  und  geschickt  vom  scheltenden  rufe  des  vaters ,  265 
rrugcn  sie  sclihell  aus  der  halle  den  rollenden  wagen  der  mäuler«^ 
Schön  und  neugefugt ,  und  banden  den  korb  auf  den  wagen ; 
rluben  sodann  vom  pflocke  das  joch  der  mäuler  von  buxbaum» 
Glatt ,  mit  buckeln  erhöht ,  und  wohl  mit  ringen  befestigt ; 
Brachten  zugleich  mit  dem  joche  sein  band  ,  neun  eilen  an  länge ,    a^o- 
Legeten  dieses  behend'  auf  die  wohlgeglättetc  deichsei , 
Vorn  am  äufsersten  end',  und  fügten  den  ring  auf  den  nagel; 
Dreimal  umschlangen  sie  jezo  des  jochs  vorragende  buckeln, 
Banden  dann  grade  sie  fest,  und  kniipfeten  unten  die  schlinge. 
Amsig  darauf  aus  der  kammer,  den  zierlichen  wagen  beladend,  2*75 
Trugen  sie  Hektors  lösegeschenk' ,  unendliches  werthes ; 
Fügten  die  mäuler  sodann ,  starkhufige  dulder  der  lastfuhr , 
Welche  dem  Priamos  einst  zum  geschenk  verehret  die  Myser. 
Rosse  für  Priamos  joch  nun  führten  sie,  welche  der  alte 
Selbst  mit  sorge  gepflegt  an  schöngeglätteter  krippe;  flSo 

Beid'  izt  fugten  die  ross'  im  hof  des  hohen  palastes , 
Priamos  selbst  und  der  herold,  des  raths  allkundige  greise. 
Ihnen  nähere  Hekabe  nun  mit  bekümmertem  herzen; 
Einen  goldenen  becher  des  herzerfreuenden  •  weines 
Trug  sie  daher  in  der  rechten ,  zum  opfertrank  vor  der  abfahrt j  285 
Und  sie  trat  vor  die  ross%  und  redete,  also  beginnend:  v 

Nim,  und  sprenge  für  Xeus ,  und  fleh' ihm,  dafs  du  zurükkehrst, 
Heim  aus  der  feindlichen  männei  gewalt,  da  das  mudge  herz  dich 
Doch  hintreibt  zu  den  schüfen ,  wie  sehr  ungern  ich  es  wölke. 
Auf,  du  bete  nunmehr  zum  schwarzumwölkten  Kronion,  290 

Ida*s  gott ,  der  rings  auf  Troja's  Auren  herabschaut : 

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318  ILIAS^ 

Senden  woU'  er  lum  zeichen  den  rascfageflügelten  vogel. 
Der,  ihm  geliebt  vor  allen,  an  mächtiger  stärke  hervorragt, 
Rechts  einher ;  damit  du ,  ihn  selbst  mit  den  äugen  erkennend , 
Seiner  getrost  zu  den  schiffen  der  reisigen  Danaer  gehest.  293 

Doch  wenn  nicht  dir  gewährt  der  Donnerer  seinen  gesandten; 
Nie  dann  möcht*  ich  fiirwahr   durch  meinen  rath  dich  ermuntern; 
Hin  zu  der  Danaer  schiffen  zu  gehn,   wie  sehr  du  es  wünschest. 

Ihr  antwortete  Priamos  drauf,  der  göttliche  herscher: 
Liebes  weib,  nicht  sei  mir  dieser  dein  rath  unvollendet;  300 

Wohl  ja  erhebt  man  die  hände  zu  Zeus ,  um  erbarmen  ihm  flehend. 

Also  der  greis»  und  berief  die  schafnerin,  dafs  sie  die  hände 
Ihm  mit  lauterem  wasser  besprengete;  jene  nun  nahte. 
Haltend  das  waschgeßifs  und  die  kanne  zugleich  in  den  bänden. 
Als  sich  gewaschen  der  greis,  empfing  er  den  becher  der  gattin  ,  305 
Stand  in  der  mitte  des  hofs ,  und  betete ,   sprengte  den  wein  dann , 
Schauend  zum  hinmiel  empor,  und  rief  mit  erhobener  stinmie: 
Vater  Xeus,  ruhmwürdig  und  hehr,  du  herscher  vom  Ida, 
Lafs  mich  vor  Peleus  söhn  barmherzigkeit  finden  und  gnade! 
Sende  mir  auch  zum  zeichen  den  raschgeflügelten  vogel ,  310 

Der ,  dir  geliebt  vor  allen  ,  an  mächtiger  stärke  hervorragt , 
Rechte  einher ;  damit  ich,  ihn  selbst  mit  den  äugen  erkennend, 
Seiner  getrost  zu  den  schiffen  der  reisigen  Danaer  gehe. 

Also  sprach  er  flehend;  ihn  hörete  Zeus  Kronion.  ' 

Schnell  den  adler  entsandt'  er,  die  edelste  Vorbedeutung,  315  ' 

Wohnend  in  thal  und  gesümpf,  den  schwarzgeHügelten  jagen         ' 
Weit  wie  die  thüre  sich  öfiiet  der  hochgewölbeten  kammer, 
Eines  begüterten  manns,  mit  sicherem  schlösse  befestigt: 

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■( 


VIERÜNDZWANZIGSTER  GESANG.    J19 

Iso  breitete  jener  die  fittige,  als  er  am  himixier 

echtsher  über  die  Stadt  anstürmete.     Jen* ,  ihn  erblickend ,       320 

reueten  sich,  und  allen  durchglnhete  wonne  die  herzen* 

Eilend  betrat  nyn  der  greis  den  zierlichen  sessel  des  wagens, 
enkte  darauf  aus  dem  thor,  und  der  dumpfumtönenden  halle, 
or  ihm  zogen  die  ma'uler  der  last  vierrädrigen  wagen , 
on  Idäos  gelenkt,  dem  fertigen;  aber  von  hinten  325 

ampfte  der  rosse  gespann,  die  der  greis  antrieb  mit  der  geifseU 
urtig  einher  durch  die  Stadt ;  und  alle  die  seinigen  folgten 
tut  wehklagend  ihm  nach ,  als  ob  er  zum  tod'  hinginge. 
\s  sie  nunmehr  von  der  höhe  der  Stadt  in  die  ebene  kamen, 
ieder  zurük  nun  kehrten  gen  Ilios  eidam*  und  söhne.  330 

3ch  der  beiden  vergafs  nicht  Xeus  allwaltende  vorsieht  > 
eiche  das  feld  durchfuhren;  er  schaute  den  greis  mit  erbarmung; 
hnell  zu  Hermeias  darauf,  dem  theueren  söhne,  begann  er: 

Hermes,  o  söhn,  (denn  dir  ja  das  angenehmste  geschäft  ists, 
inriern  gesellig  zu  nahn;  auch  hörest  du,  wen  dir  geliebet;)    335 
\   und  den  Priamos  doxf  zu  den  räumigen  schüfen  Achaia's 
hre  mir  so,  dais  keiner  ihn  seh*,  und  keiner  bemerke, 
ngs  in  der  Danaer  volk,  bis  Peleus  söhn  er  erreichet. 

Also  Xeus ;  ihm  gehorchte  der  thätige  Argoswürger ; 
te  sofort ,  und  unter  die  fu'fse  sich  band  er  die  solen ,  340 

lön-,  ambrosisch  und  golden,  womit  er  über  die  wasser 
kd  das  unendliche  land  hinfahrt,  wie  im  hauche  des  windes. 
srauf  nahm  er  den  stab ,  womit  er  der  sterblichen  äugen 
schliefst ,  welcher  er  will ,  und  die  schlummernden  wieder  erwecket ; 
escn  trug  und  entflog  der  tapfere  Argoswürger.      ,  345 

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3ao  ILIAS^ 

Schnell  nun  Troja's  gefild'  und  den  Mellespontos  erreicht*  er; 
Ging  dann  einher ,  an  gestalt  wie  ein  blühender  söhn  des  beherschers , 
Dem  die  wange  sich  bräunt ,  im  holdesten  reize  der  Jugend. 

Als  nun  jene  vorbei  an  llos'  male  gelenket  * 
Hielten  sie  beid'  ein  wenig »  die  loss*  und  die  m'auler  zu  tränken     35« 
Unten  am  ström ;  schon  lag  in  dämmerung  rings  das  gelildc^ 
Aber  den  Hermes  nunmehr  ersah  der  bemerkende  heroid 
Dort  in  der  näh\  und  schnell  zu  Priamos  redet'  er  also: 

Merke  doch ,  Dardanion' ;  hier  gilts  aufmerksame  klugfaeit. 
Schaue  den  mann;  ich  sorge,  der  wird  uns  beide  vertilgen!      35^ 
Lafs  uns  sofort  mit  den  rossen  hinwegfliehn ,  oder  auch  nahend 
Jenem  die  knie*  umfassen,  und  flehn  um  gnad'  und  erbannung! 

Sprachs ;  und  die  seele  des  greises  durchschauerte  banges  entsezen 
Aufrecht  starrten  die  haar' ,  und  gelähmt  an  den  biegsamen  gliedern 
Stand  er  erstaunt.  Da  nahte  der  freundliche  bringer  des  heiles ,  361 
Fulste  die  hand  des  greises,  und  fragt'  ihn,  also  beginnend: 

Vater,  wohin  doch  also  die  ross'  und  die  mäuler  gelenket. 
Durch  die  ambrosische  nacht,  da  andere  sterbliche  schlafen? 
Gar  nicht  furchtest  du  denn  die  mutbeseelten  Achaier, 
Welche  ja  nahe  dir  dröhn,  so  feindlichgesinnt  und  erbittert?    3^ 
Sähe  dich  einer  davon  in  der  nacht  schnellfliehendem  dunkel 
Führen  so  köstliche  habe ,  wie  war'  alsdann  dir  zu  mute  ? 
Selbst  ja  bist  du  nicht  jung,  und  ein  greis  ist  jenei  begleiter. 
Einem  mann  zu  wehren,  wer  etwa  zuerst  euch  beleidigt. 
Doch  ich  werde  thit  nichts  dich  beleidigen ,  andre  sogar  auch  3^ 
Möcht'  ich  von  dir  abwehren ;  dem  lieben  vater  ja  gleichst  du. 

Ihm  antwortete  Priamos  drauf,  der  götdiche  herschci: 

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Vierundzwanzigster  gesang.  311 

Also  ist  es  fUrwahr,  mein  theuerer  söhn,  wie  du  sagest« 
Aber  es  decket  ein  gott  auch  mich  mit  schirmender  hand  noch , 
Dafs  mit  solch  ein  geßihrt  auf  meinem  wege  begegnet,  375 

Mir  zum  heil,  so  wie  du,  an  gestalt  und  bildung  ein  wunder,    ^ 
Und  so  verständig  an  geist;  du  entstammst  glükseligen  eitern« 

r  Wieder  begann  dagegen  der  thätige  Argoswürgert 
Wahrlich,  o  greis,  du  hast  wohlziemende  worte  geredet« 
Aber  sage  mir  jezt,  und  verkündige  lautere  Wahrheit«    '  380 

Sendest  du  etwa  hinweg  so  viel  und  erlesene  guter  1 

Fem  in  ein  fremdlingsvolk,  aafs  dir  dies  wenigstens  bleibet 
Oder  verlafst  ihr  alle  bereits  die  heilige  Trpjä      r. 
Angstvoll?  denn  solch  einen,  den  tapfersten  mann  )a  verlort  ihr,  ' 
Deinen  söhn !  nichts  wich  er  an  mutigem  kämpf  den  Achäiem !  3SS 

Ihm  antwortete  Priamos  drauf,  der  göttliche  herscher: 
Aber  wer  bist  du,  o  bester,  und  welchen  eitern  entstammst  da, 
Der  du  so  schön  vom  tode  des  armen  sohns  mir  geredet? 

Wieder  begann  dag^en  der  thätige  Argoswüitjer: 
Mich  versuchst  du ,  o  greis ,  und  fragsrnach,dem  göttlichen  Hektor»  390 
Jenen  hab*  ich  so  oft  in  männerehrender  feldschlacht      . 
Selbst  mit  den  äugen  gesehn,  auch  als  zu  den  sdnifeh  er  treibend 
Argos  männer  erschlug,  mit  zerfleischender . schärfe  des  erzes. 
Wir  dann  standen  von  fern ,  und  bewunderten ;  weil  uns  Achilleus 
Wehrt'  in  den  kämpf  zu  gehn,  dem  Atreionen  noch  zürnend.  395 
Denn  ihm  bin  ich  genofs,  von  deni  selbigen  schiffe  geRihret, 
Myrmidönisches  Stamms,  und  es  heifst  mein  vater  Poiyktor. 
Reich  ist  jener  an  gut,  doch  ein  greis  schon,  so  wie  du  selber« 
Sechs  noch  hat  er  der  söhn',  ich  selbst  bin. des  siebeiite  bruder« 

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Homers  Illas.  II.  Band.  X  ^ 


Als  mit  diesen  ich  loste»  da  traf  michs,  dab  ich  daherzog.  400 
Jezo  ging  ich  ins  feld  von  dem  schifsheer;  denn  mit  dem  noorgen 
Xiehn  in  die  Schlacht  um  die  Stadt  frohblickende  männer  Achaia*s. 
Denn  mit  verdrufs  schon  harren  diesiienden;  kaum  auch  hinfon  noch 
Hemmen  das  volk  von  begierde  des  kampfs  die  fursten  Achaia's, 

Ihm  antwortete  Priamos  drauf»  der  göttliche  herscher:        405 
Wenn  du  denn  ein  genois  des  Peleiaden  Achilleus 
Bist;  wohlan  sa  verkünde  mir  ganx  die  lautere  Wahrheit; 
Ob  noch  dort  bei  den  schiffen  mein  söhn  ist,  oder  Achilleuf 
Schon  in  stücke  zerhaun  den  gierigen  huriden  ihn  vorwarf. 

Wieder  begann  dagegen  der  tlüfdge  Argoswürger:  410 

Greis,  noch  nicht  ward  jener  den  hunden  ein  frafs»  noch  den  vögeln; 
Sondern  dort  noch  liegt  er  am  schif  des  edlen  Achilleus 
Immer  so  im  gezelt;  und  schon  den  zwölften  der  morgen 
Lieget  er,  ohne  dab  moder  ihnvsdiadete,  noch  des  gewürmes 
Keger  schwärm»  der  gierig  erschlagene  nmnner  verzehret.  415 

Immer  zwar  um  das  grab  des  trautesten  freundes  Patroklos 
Schleift  er  ihn  mitleidslos,  waim  der  heilige  morgen  emporsteigt; 
Doch  nicht  schändet  er  ihn«    Mit  bewunderung  sähest  du  celber, 
Wie  er  so  frisch  und  thauig,  umher  vom  blute  gereinigt» 
Daliegt,  nirgend  beflekt»  und  die  wunden  sich  alle  geschlossen,  420 
JXe  ihn  durchbohrt ,  so  viel'  auch  mit  feindlichem  erz  ihn  bescl^üligt. 
Also  walten  besorgt  des  edelcn  sohnes  die  götter 
Dir  im  tode  sogar ;  denn  geliebt  war  er  jenen  von  herzen. 

Hermes  sprachs;  firöh  hörte  der  greis,  und  erwiederte,  also:  424 
Kind ,  wie  gut » wenn  der  mensch  den  unsterblichen  bringt  die  geschenke 
Seiner  pflicht!  So  vevgals  auch  der  ^ohn  mir,  adi  da  er  lebte. 


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VIERUNDZWANZIGSTER  GELANG*     323 

Nie  im  palast  der  gtJtter,  die  hoch  den  Olympos  bewohnen; 
Drum  gedenken  sie  «ein  auch  selbst  in  des  todcs  Verhängnis. 
Aber  wohlan,  iiim  jezo  von  mir  den  stattlichen  becHerj 
Dann  verleihe  mir  schuz,  und  geleite  ^ich  hin  mit  den  göttem,  430 
Bis  ich  komm'  ins  gezelt  des  Peleiaden  Achilleus. 

Wieder  begann  dagegen  der  thäfJgc  Argoswiirger : 
Greis,  du  versuchst  umsonst  mich  jüngeren ;  nimmer  gehorch*  ich, 
Dafs  ich  deine  geschenk',  ohn'  Achilleus  wissen,  empfange. 
Jenen  scheu'  ich  im  herzen ,  und  zittere ,  ihn  zu  berauben ,        435 
Ehrfurchtsvoll,  dafs  nicht  ein  übel  hinfort  mir  begegne. 
Doch  dir  ging*  ich  gesellt  auch  wohl  zur  gepriesenen  Argos, 
Sorgsam  im  rüstigen  sthif,  und  sorgsam  zu  fufs  dich  geleitend; 
Keiner  auch  würd',  achtlos  des  geleitenden,  wider  dich  annahn. 

Also  der  bringer  des  heils ,  und  ins  tossegeschlrr  sich  erhebend ,  440 
Fafst'  er  die  geifsel  sofort  und  das  schöne  gezaum  in  die  bände , 
Und  gab  edelen  mut  den  rossen  zugleich  und  den  mäolem. 
Als  sie  nunmehr  die  mauer  der  schiff'  und  den  graben 'erreichten  1 
Fanden  sie  dort  die  hüter  am  spätmahl  eben  beschäftigt. 
Doch  sie  bethaute  mit  schlaf  der  bestellende  ArgoswUrger  445 

Air,  und  öfnetis  schleunig  das  thor,  wegdrängend  die  riegel. 
Führte  dann  Pnamo9  ein ,  und  die  schonen  geschenk'  auf  der  lastfuhr« 
Als  sie  nunmehr  das  i^ezelt  des  Peleiaden  erreichten ,    J 
Wefches  hoch  dem  beher&cher  die  Myrmidonen  erbauet, 
Wimmernd  der  tannen  g^ebalk,  und  obenher  es  gedecket  45<> 

Mit  grauwoUigem  Schilf,  aus  ^ilmp|igen  wiesen  gesammelt: 
Ring^m  bauten  sie  dainn  den  geräumigen  hof  dem  beherscher 
Dicht  Vün  gereiheten  pfählen»  und  nur  ein  tannener  riegel 


324  ILIAS» 

Hemmte  die  pfort' ;  tß  schaben  ihn  vor  drei  starke  Achaicr , 

Und  drei  schoben  zurük  den  mächtigen  riegel  des  thores  ,  455 

Von  den  anderen  dort ;  nur  AchiUeus  'schob  ihn  allein  vor : 

JezQ  öfnete  schnell  der  bringer  des  heils  Hermeias, 

Führte  den  greis. ins  geheg'  und  das  edle  geschenk  für  Achilleus, 

Stieg  dann  herab  vom  wagen  zur  erd',  und  redete  also : 

Siehe»  dir  bin  ich,  0  greis,  ein  unsterblicher  gott  gekommen ,  460 
Hermes,  den  zum  geleiter  dir  selbst  hersandte  der  vater. 
Aber  wohlan,  nun  will  ich  hinweggehn,  eh  ich  AchiUeus  | 

Angesichte  genaht;  dei^n  unanständig  ja  war*  es. 
Wenn  ein  unsterblicher  gott  für  sterbliche  sorgte  so  sichtbar« 
Geh  du  hinein,  und  die  kniee  des  Peleionen  umfassend,  465 

Flehe  bei  seinem  vater  ihn  an ,  und  der  lockigen  mutter , 
Und  dem  geliebtesten  söhne;  damit  du  das  hen  ihm  erregest. 

Also  sprach  er,  und  eilte  hinweg  zum  hohen  Olympos, 
Hermes ;  doch  Priamos  sprang  vom  rossegeschirr  auf  die  erde , 
Liefs  dann  Ida'os  im  hofe  zurük,  dafs  bleibend. der  heroLd         470 
Ross'  und  mäuler  bewahrt',   und  wandelte  grad'  in  die  wohnung, 
Dort  wo  AchiUeus  $a£s ,  der  göttliche.    Jenen^  daheim  nun 
Fand  er;  es  safsen  getrennt  die  seinigen;  aber  allein  zween» 
Held  Automedon  nur,  und  Alkimos,  spröfsling  des  Ares, 
Dieneten  jenem  gesellt;  er  ruhetekaum  von  der  mahlzcit,        475 
Satt  der  speis'  und  des  tranks,  und  vor  ihm^and  npch.die  tafcL 
Jczo  trat  unbemerkt  der  erhabene  greis  in  die  wohnung, 
Naht',  und  umschlang  dem  Peleiden  die  knie',  undküfstediehände« 
Ach  die  entsezlichen  würger,  die  viel  der  söhn*  ihm  gemordet! 
Wie  wenn  ein  mann,  belastet  mit  blüt5chuld^.<|j|j^^ii  der  heimat  480 


VIERUNDZWANZIGSTER  GESANG,     3*5 

Einen  bürget  erschlag /zum  anderen  volke  sich  rett^» 

In  des  begiitenen  hausi  und  eistamit  ihn  jeder  betrachtet: 

Also  staunt*  Achilleus,  den  gSttlichen  Priamos  schauend« 

Auch  die  anderen  staunten ,.  und  sahn  einander  ins  antliz« 

Aber  flehend  begann  der  erhabene  Priamos  also:  485 

Deines  vaters  gedenk*,  o  göttergleicher  Achilleus»  ' 

Sein ,  der  bejahrt  ist  wie  lieh ,  an  der  traurigen  schwelle  des  alters ! 

Und  vielleicht,  dals  jenen  auch  rings  umwohnende  völker 
« 

Drängen,  und  niemand  ist,  ihm  jammer  und  weh  zu  entfernen« 

Jener  indefs,  so  oft  er  von  dir  dem  lebenden  höret,  490 

Freut  sich  innig  im  gcist,  nnd  hoft  von  tage  zu  tage, 

Wiederzusehn  den  trautesten  söhn,  heimkehrend  von  Troja« 

Ich  unseliger  mann !  die  tapfersten  söhn*  erzeugt*  ich  '        / 

Weit  im  Troeirgebiet,  und  nun  ist  keiner  mir  übrig! 

Fünfzig  hatt'  ich  der  söhn*,  als  Aegos  menge  daherzog:  495 

Ihrer  neunzehn  wurden  von  Einer  mntter  geboren. 

Und  die  anderen  zeugt'  ich  mit  neben&aun  in  der  wohhung. 

Vjeleiv  davon  zwar  löste  der  stürmende  Ares  die  gUeder; 

Doch  der  mein  einziger  war ,  der  die  Stadt  und  uns  alle  beschirmte, 

Den  jüngst  tödtetest  Du ,  da  er  kämpfte  den  kämpf  für  die  heimat ,  500I 

Hektor !   Für  Den  nun  komm'  ich  herab  zu  den  schiflen  Achaia's 

Ihn  zu  erkaufen  von'  dir,  und  bring'  unendliche  lÖsung. 

Scheue  die  göner  demnach,  o  Peleid',   und  erbarme  dich  meiner, 

Denkend  des  eigenen  vaters !  ich  hin  noch  werther  des  mitleids !  .' 

Duld'  ich  doch,  was  keiner  der  sterblichen  erdebewohner :         sd( 

Ach  zu  küssen  die  hand,  die  meine  kinder  getödtet!. 

Sprachs ,  und  jenem  erregt'  er  des  grams  Sehnsucht  um  deivv^fe^ 

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326  ILIÄS. 

Sanft  bei  der  band  anfassend«  zuriik  ihn  drängt*  er»  den  alten. 
Als  nun-  beide  gedachten :  der  greis  des  tapferen  Hektor , 
Weint'  er  laut,  vor  den  fiHsen  des  Peleionen  sich  windend;      jio 
Aber  Achilleus  weinte  den  vater  jezo ,.  und  wieder 
Seinen  freund ;  es  erscholl  von  jammertöacn  die  wohnung. 
Aber  nachdem'  sich  gesätdgt  des  grams  der  edle  Achilleus, 
Und  aus  der  brüst  ihm  entfloh  der  wehmut  sUises  verlangen; 
Sprang  er  empor  vom  sessel ,  4ind  hub  den  greis  an  der  hand  auf»  515 
Voll  mitleids  mit  de^  grauenden  haupt,  und  dem  grauenden  bfute; 
Und.  er  begann  zu  jenem,  und. sprach  die  geflügelten  worte: 

Armer,  fürwahr  viel  host  du  des  wehs  im  herxen  erduldet! 
Welch  ein  mut,  so  allein  zu  der  Danaer  schifiFen  zu  wandeln. 
Einem  mann  vor  die  äugen,  dar  dir  so  viel  und  so  tapfre  500 

Söhn*  erschlug]  Du  trägst  ja  ein  eisernes  herz  in  dem  busen! 
Aber  wohlan ,  nun  sez'  auf  den  sessel  didh ;  lab  uns  den  kununer 
Jezt  in  der  seel'  ein  wenig  beruhigen ,  herzlich  betrübt  zwar. 
Denn  wir  schaflFeto  ja  nichts  mit  unserer  starrenden  Schwermut. 
Also  bestimmten  die  götter  der  elenden  sterblichen  schiksal,       525 
Bang'  in  gram  zu  leben;  allein  sie  selber  sind  sorglos. 
Denn  es  stehn  zwei  fässer  gestellt  an  der  schwelle  Kronions, 
Voll  das  eine  von  gaben  des  wehs,  das  andre  des  heiles. 
Wem  nun  vermischt  austheilet  der  donnerfrohe  Kronion, 
Solcher  ttift  abwechselnd  ein  böses  kos ,  und  ein  gutes.  530 

Wem  er  aber  des  wehs  austheilt,  den  verstöbt  er  in  schände; 
Und  herznagende  noth  auf  der. heiligen  erde  verfolgt  ihn, 
Dafs,  nicht  göttem  geehrt  noch  sterblichen,  bang*  er  umherirrt. 
io  zwar  schenkten  die  götter  dem  Peleus  glänzende  fi[aben 

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VIERUNDZWAJIZIGSTER  GESANG«    317 

Seit  der  gcburt ;  dedn  hoch  vo^  allen  menschen  gesegnet  535 

Ragt'  er  an  nah'  und  mächt,  der  Myrmidonen  beherscher; 

la  sie  vermähleten  selbst  dem  sterblichen  manne  die  göttin. 

Aber  es  gab  auch  böses  ein  himitilischer ;  denn  er  versagt*  ihm 

Edle  söhn'  im  palaste  gezeugt  xu  künftiger  herschaft. 

Einen  söhn  nur  zeugt'  er,  der  früh  hinwelkt,  und  sogar  nicht      540 

Pßegen  des  altenden  kann ;  denn  weit  entfernt  von  der  heimat 

Sil'  ich  In  Troja  hier,  dich  selbst  und  die.  deinen  betrübend« 

Dich  auch  priesen,  o  greis,  vormals  glükselig  die  Völker: 

Alles,  so  viel  dort  Lesbos,  der  siz  des  Makar,  umgrenzet, 

Frygia  dort,  und  hier  der  unendUche  Hellespontos,  545 

Das  beherschtest  du,  gxeis,  durch  nnacht  und  söhne  verherlicht. 

Aber  nachdem  dies  leid  dir  gesandt  die  Uranionen , 

Tobt  dirs  stets  um  die  mauren  von  schlacht  und  männerermordung« 

Duld'  es,  und  jammere  nicht  so  unablässig  im  herzen; 

Nichts  ja  fruchtet  es  dir,  den  edelen  söhn  zu  betrauern,  S5ß 

Noch  erweckest  du  ihn;  eh  schafst  du  dxf ''anderen  kummer! 

Ihm  antwortete  Priamos  drauf,  der  göttliche  herscher: 
Seze  ^ich  nicht  auf  den  sessel,  o  liebling  Xcus,  da  no^h  Hektor 
Liegt  in  deinem  gezelt,  unbcerdiget!  Eilig  erlass'  ihn, 
Dafs  ich  selbst  mit  den  äugen  ihn  seh';  und  empfahe  du  lösung,  555 
Reichliche,  die  wir  gebracht.    Du  geneufs  des  guten,  und  kehre 
Heim  in  das  Vaterland ,  nachdem  du  zuefstmis  vergönnet. 
Lebend  annoch  zu  schauen  das  licht  der  stralenden  sonne« 

Finster  sqhaut',  und  begami,  der  mutige  rennet  AchiUeus; 
Glicht  mehr  jezt  mich  gcreizct,  o  greis !-  Ich  gedenke  ja  selber,    566 
Rektor  dir  zu  erlassen;  denn  leus  emsandtc  mir  bo|jc^^pu^ 


jag  ILIAS.. 

Meine  gebarerin  Thetis,  erzeugt  vom  gteise  de«  meeres. 
Auch  erkenn'  ich  im  geist»-  o  Priantios,  deutlich  lind  fehlloff^ 
Dafs  ein  gott  dich  geführt  zu  den  haitigen  schiffen  Achaia's. 
Niemals  wagt'  es  fürwahr  ein  steiblicher,  war'  er  auch  Jüngling,  565 
Her  in  das  lager  zu  kommen ;  denn  nie  entschiüpft'  er  den  wächtein 
Und  liicht  öfhet'  er  leicht  an  unseren  thoren  die  riegel. 
Drum  lafs  ab,  noch  mehr  mein  traurendes  herz  zu  erregen; 
Denn  sonst  möchc'  ich,  o  greis,  auch  dein  nicht  schonen  im  zelte i 
Wie  demütig  du  flehst,  und  Teus  geböte  verlezen.  ^M 

Jener  sprachs;  bang*  hörte  der  greis,  und  gehorchte  der  rede 
•Aber  Achilleus .sprang ,  wie  ein  low',  aus  der  pForte  der  wohnung. 
Nicht  er  allein;  ihm  folgten  zugleich  zween  wackre  genossen, 
Alkimos  dort,  und  der  held  Automedon,  welche  vor  allen 
Ehrete  Peleus  söhn,  nach  denn  abgeschiednen  Patroklos.  5^| 

Und  sie  entspannten  dem  joch  die  rosse  zugleich  und  die  mäuler 
Dann  herein  auch  führend  des'  königes  tönenden  herold , 
Sezten  sie  ihn  auf  den  sessel;  und  drauf  vom  zierlichen  wagen 
Hüben  sie  Hektors  lÖsegeschenk',  unendliches  werthes. 
Aber  man  liefs  zween  mäntel,  und  einen,  köstlichen  leibrok,    58 
Dafs  er  die  leich',  anständig  verhüllt,  dargäbe  zur  heimfahit. 
Mägde  berief  er  nunmehr ^  und.hiefs  sie  waschen  und  salben 
Hektors  leib,,  doch  entfernt,  und  ungesehn  von  dem  vater; 
Dafs  nicht  tobte  Act  lom  in  Priamos  traurender  seele , 
Schaut'  er  den  sQhn,und  vielleicht  aufstUrmte  das  herz  dem  AchiUeas,5^ 
Dann  cor  jenen  «rsdblüg*«  und  Xcus  geböte  verlezte. 
Aber  nachdenii  ihn  gewaschen  die  mägd',  und  mit  öle  gcsalbct. 
Dann  mit  dem  köstlichen  jnamcl  ihn  wohl  umhiflk,  unddemlribrol 

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VIERUNDZWANZIGSTER  GESANG.    339 

Legt'  ihn  Achllleus  selbst  auf 'ein  hingebreitetes  lagcr; 

Und  ihn  erhoben  die  freund' auf  den  zierlichen  wagen  der  mäuler.  59D 

Jener  nunmehr  wehklagt',  und  rief  dem  theuren  genossen: 

Xürne  mir  nicht,  Patroklos,  noch  eifere»  hörest  du  etwa 
Auch  in  A'ides  nacht,  dafs  ich  Hektors  leich*  ihm  zuriikgab. 
Der  ihn  gezeugt;  denn  nicht  uawurdige  lösungen  bracht'  er. 
Dir  auch  weih'  ich  davon  zum  antheil,.  was  dir  gebühret.  595 

Also  sprach,  und  kehrt'  ins  gezelt,  der  edle  Achilleus, 
Sezt'  auf  den  stattlichen  sessel  sich  hin,. von  welchem  er  aufstand, 
Dort  an  der  anderen  wand,  und  sprach  zu  Priamos  also: 

Siehe,  dein  söhn  ist  jezo  gelöst,  o  greis,  wie  du  wünschtest; 
Und  er  liegt  auf  gewanden.    Sobald  der  morgen  sich  röthet,   600 
Schaust  du  und  fuhrst  ihn  hinweg;  nun  lafs  uns  denken  der  nachtkost. 
Denn  auch  Niobe  selbst,  die  lockige,  dachte  der  nahrung, 
Sie  die  zugleich  zwölf  kinder  in  ihrem  hause  verloren , 
Sechs  der  lieblichen  töchter,  und  sechs  aufblühende  söhne« 
Ihre  söhn'  erlegte  mit  sUbemem  bogen  ApoUon,  605 

Zorniges  muts ,  und  die  töchter  ihr  Artemis ,  froh  des  geschosses ; 
Weil  sich  Niobc  gleich  der  rosigen  Leto  geachtet: 
Zween  nur  habe  die  göttin,  sie  selbst  so  viele  geboren, 
Prahlte  Äe ;  defs'  ergrimmten  die  zween ,  und  vertilgten  sie  alle. 
Jene  lagen  nunmehr  neun  tag'  in  blut;  und  es  war  nicht,        6x0 
Der  sie  begrub;  denn  die  völker  versteinerte  Zeus  Kronion. 
Drauf  am  zehmeil  begrub  sie  die  hand  der  unsterblichen  götter. 
Dennoch  dachte  der  speise  die  traurende«  müde  der  thränen. 
Jezo  dort  in  dtn  felsen ,  auf  einsam  bewanderten  bergen 
Sipylons,  wo  man  erzählt  dafs  göttliche  Nymfen  gelagert  615 


33P  ILIAS* 

Auscuhn,  wann  sie  im  tane  Acheloios  ufer  umhüpfet: 

Dort,  obzwar  ein  gestein»  fühlt  jene  da«  leid  von  den  gSttem. 

Auf  denn»  o  göttlicher  greis,  auch  wir  gedenken  d^s  mahles, 

Jezo;  hinfort  ist  mufse  den  lieben  söhn  j&u  beweinen. 

Wann  du  zur  Stadt  ihn  gebracht ;  denn  viel  der  thranen  verdient  er.  620 

Sprachs,  und  erhub  sich  in  eil',  undeinschaf  wei&wolligesvliefses 
Schlachtet'  er ;  freund  entzogen  die  haut,  und  bestelken  es  klüglich ; 
Schnitten  behend'  in  stücke  das  fleisch,   und  stektens  an  spiefse, 
Brieten  sodann  vorsichtig,  und  zogen  es  alles  herunter. 
Aber  Automedon  nahm  und  veftheihe  das  brot  auf  dem  tische,  625 
Jedem  im  zierlichen  korb*;  und  das  fleisch  vertheilet'  Achilleus. 
Und  sie  erhoben  die  bände  zum  leckerbereiteten  mahle. 
Aber  nachdem  die  begierde  des  tranks  und  der  speise  gestillt  war; 
Nun  sah  Priamos  staunend,   der  Därdanion',   auf  Achilleus, 
Welch  ein  wuchs,  und  wie  edel ;  er  glich  unsterblichen  göttem.  630 
Auch  vor  Priamos  staunte,  dem  Dardanionen,  Achilleus, 
Schauend  das  angesicht  voll  wiird',  und  die  rede  vernehmend. 
Aber  nachdem  sie  gesattigt  den  anblik  einer  des  andern; 
Drauf  zu  jenem  begann  der  erhabene  Priamos  also  r 

Bette  mich  nun  aufs  schnellste,  du  göttlicher,  dafswiranizo  635 
Auch  des  erquickenden  schlaft  yn;  sättigen,  sanft  gelagert. 
Denn  nie  schlössen  sich  noch  die  äugen  ;iiir  unter  den  wimpera, 
Seit  vor  deiner  gewalt  mein  söhn  zu  den  todten  hinabsank ; 
Sondern  stets  nur  seufz'  ich ,  und  nähr*  unendlichen  jammer , 
In  dem  gehege  des  hofs  auf  schmuziger  erde  mich  wälzend.     6140 
Nun  erst  kostet'  ich  wieder  der  speis',    auch  röthlichen  weines 
Sandt*  ich  die  kehle  hinab;  nichts  hatt'  ich  zuvor  noch  gekostet. 


VI.ERUNDZWANZliGSTER  GESANG,    331 

Jener  sprach« ;  und  Achilleus  be&hl  den  genossen  und  mägden. 
Unter  die  halle  zu  stellen  ihr  bett,  dann  unten  von  purpur 
Prächtige  polster  lu  legen,  und  teppiche  driiber  zu  breiten.       645 
Diauf  auch  wollige  mäntel  zur  oberen  hülle  zu  legen. 
Ra&ch  enteilten  die  mägde  dem  saal,  mit  leuchtenden  fackeln; 
Und  sie  bereiteten  ämsig  den  fremdlingen  jedem  ein  lagen 
Scherzend  begann  nunmehr  der  mutige  renner  Achilleus: 

Draussen  lagre  dich  nun,  o  lieber  greis ;  denn  es  möcht'  hier  650 
Etwa  ein  fürst  herkommen  der  Danaer,  welche  gewöhnlich,    / 
Rath  mit  mir  zu  rathen,  in  meinem  gezelt  sich  versammeln. 
Sähe  dich  einer  davon  in  der  nacht  schnelldiehende^i  dunkel. 
Bald  verkündigte  ders  dem  hirten  des  Volks  Agamemnon, 
Und  verzögert  würde  vielleicht  die  erlassung  des  leichnams«      655 
Aber  sage  mir  jezt,  und  verkundige  lautere  Wahrheit: 
Wie  viel  tage  gedenkst  du  den  edelen  söhn  zu  bestatten? 
Dafs  ich  indefs,  selbst  ruhend,  das  volk  abhalte  vom  angrif. 

Ihm  antwortete  Priamos  drauf,  der  göttliche  herscber: 
Wenn  du  vergönnst ,   mit  feier  den  edelen  söhn  zu  bestatten,     660 
Würdest  du ,  so  es  machend ,  geßUligkeit  üben ,  Achilleus. 
Wir  in  der  Stadt,  wie  du  weifst,  sind  eingehemmt,  und  die  Waldung 
Holen  wir  fern  im  gebirg';  und  mutlos  zagen  die  Troer. 
Gern  betraurten  wir  ihn  neun  tag*  in  unserer  wohnung; 
I^änn  am  zehnten  bestatteten  wir,  und  feirten  das  gastmahl;      £65 
Häuften  ihm  drauf  am  eilften  den  ehrenhügel  des  grabes ; 
Aber  den  zwölften  tag,  dann  kämpfen  wir,  wenn  es  ja  sein  muis. 

Wieder  begann  dagegen  der  mutige  renner  Achilleus  : 
Creis,  auch  dieses  gescheh',  o  Priamos, ^e  du  begehrest»  * 

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33»  -.  ILIAS. 

Hemmen  werd'  ich  so  lange  die  kriegsmacbt,  als  du  geFbderr.  6']o 

Also  sprach  der  Peleid',  und  falst*.  am  knöchcl  des  greises 
Rechte  hand,  damit,  er  des  heizens  furcht  ihm  entnähme« 
Also  schliefen  sie  dort  in  der  vorderen  halle  der  wohnung, 
Priamos  selbst  und  der  herold,  des  raths  allkundige  greise. 
Aber  Achilleus  ruht'  im  innersten  räum  des  gezeltes»  675 

Und  ihm  lag  zur  seite  des  Brises  rosige  tochter. 

Alle  nunmehr,  die  götter  und  gaulgeriisteten  mannet, 
Schliefen  die  ganze  nacht,  von  sanftem  Schlummer  gefesseb; 
Aber  nicht  Hermeias,  den  segnenden,  fafste  der  Schlummer; 
Denn  er  erwog  im  ^eist,  wie  er  Priamos»  Troja's  beherscher,    680 
Führen  möcht'  aus  den  schiffen,  geheim  vor  den  heiligen  wächtem. 
Ihm  nun  trat  er  zum  haupt,  und  redete,  also  beginnend: 

Greis,  keiA  böses  fürwahr  bekümmert  dich,    dafs  du  so  ruhig 
Schläfst  bei  feindlichen  männem,  nachdem  dich  verschonet  Achilleus. 
Xwar  nun  hast  du  den  söhn  dir  gelöst ,  und  vieles  gegeben ;    6S5 
Aber  dich  lebenden  lösten  mit  dreimal  gröfserer  gäbe 
Deine  söhne  daheim  in  Ilios,  wenns  Agamemnon 
lYüfste,  der  Atreion',  und  A^haia's  völker  «s  wüfsten. 

Jener  sprachs;  bang'  hörte  der  greis,  und  wekte  den  herold. 
Ihnen  schirrt'  Hermeias  der  rosse  gespann  und  der  mäuler;  690 
Selbst  dann  lenkt'  er  in  eile  durchs  heer ;    und  keiner  vernahm  es. 

Ab  sie  nunmehr  an  die  fuhrt  des  schönhinwallenden  Xanthos 
Kamen,  des  wirbelnden  Stroms,  den  Zeus  der  unsterbliche  zeugte; 
Jezo  schied  Hermeias  hinweg  zum  hohen  Olympos. 
Eos  im  safrangewand'  umschien  mit  helle  den  erdkreis*  6gs 

Sie  dann  trieben  die  rosse  zur  Stadt  wehklagend  und  seufzend 

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VIERUNDZWANZIGSTER  GESANG.    333 

Fort,    und  den  leichnam  führten  die  nlaulthier'.    Aber  kein  andrer 

Sah  sie  vorher ,  der  männer  und  schöngegiirteten  weiber ; 

Nur  Kassandra«  so  schön ,  wie  die  goldene  AFrodite» 

Stieg  auf  Pergawos  höh' ,  und  schauete  ferne  den  vater ;        ^     700 

Welcher  im  sessel  stand,  und  den  stadtdurchrufenden  herold  » 

Auch  in  dem  mauithierwagen,  gestrekt  auf  gewande  den  leichnam. 

Laut  wehklagte  sie  nun,  und  rief  durch  Ilios  ringsum: 

Eilt  XU  schaun,  ihr  Troer  und  Troerinnen,  den  Hektor; 
Habt  ihr  des  lebenden  je,  der  wiederkehrt*  aus  der  feldschlacht,  705 
Euch  gefreut;  denn  er  war  die  freude  der  Stadt  und  des  volkes! 
Jene  sprachs;  und  es  blieb  kein  einziger  mann  in  der  veste, 
Auch  kein  weib;  denn  alle  durchdrang  unermefsliche  trauer« 
Nahe  begegneten  sie  am  thor  dem  fiihrer  des  leiclinams* 
Beide,  die  liebende  gattin,  voran,  und  die  würdige  mutter,      nio 
Rauften  ihr  haar,  sinnlos  an  den  rollenden  wagen  gestürzet. 
Ihm  anrührend  das  haupt;    und  weinend  umstand  sie  die  menge> 
Also  den  ganzen  tag  bis  spät  zur  sinkenden  sonne 
Hätten  sie  Hektor  am  thore  geklagt  mit  thränen  des  janmiers, 
Wenn  nicht  jezt  aus  dem  sessel  der  greis  zum  volke  geredet:    715 
Weicht,  und  lafst  mir  die  mäuler  hindurchgehn ;  aber  nach  diesem 
Sättiget  euch  der  thränen ,  nachdem  ich  ins  haus  ihn  geführet ! 

Jener  sprachs;  und  sie  trennten  sich  schnell,  und  wichen  dem  wagen. 
Als  sie  den  leichnam  nun  in  die  prangende  wohnung  geführet, 
Legten  sie  ihn  auf  ein  schönes  gestell,   und  ordneten  sänget,    720 
Anzuheben  die  klag';  und  gerührt,  mit  jammernden  tönen, 
Sangen  sie  trauergesang,  und  ringsum  seufzten  die  weiber« 
Aber  die  blühende  fürstin  Andromache  klagte  yor^llen^ 

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Homers  Ilias.  II.  Band«  Y 


334  ILTAS. 

Haltend  sein  haupt  in  den  händen,  des  männervertilgenden  Hektor^ 
Mann,  du  verlorst  dein  leben,  du  blühender ;  aber  mich  wittwe  ^aH 
Läs.se5t  du  hier  im  palast,  und  das  gani  unmündige  söhnlein,  * 
Welches  wir  beide  gezeugt,  wir  elenden!  Ach  wdhl  schwerlich 
Blüht  er  zum  Jüngling*  heran !  Denn  zuvor  wird  Troja  vom  gipfel 
Umgestüri^t,  da  du  starbst,  ihr  verthcidiger ,  welcher  die  mauern 
Schirmte,  die  züchtigen  frauen  und  stammelnden  kinder  errettend.  730 
Bald  nun  werden  hinweg  sie  geführt  in  geräumigen  schiiFen,  I 

Und  mit  jenen  ich  selbst!  Doch  du,  mein  trautester  söhn,  witst  I 
Dorthin  gehn  mit  der  mutter,  um  schmach  zu  erdulden  und  arbeit, 
Unter  des  frohnherrn  zwang,  des  grausamen;  oder  dich  schmettert 
Hoch  vom  thurm  ins  verderben,  am  arme  gefafst,  ein  Achaier,  735 
Zürnend,  dafs  Hektor  den  bruder  ihm  todtete,  oder  den  vater, . 
Oder  den  blühenden  söhn:  denn  sehr  viel  männer  Achaia*s 
Sanken  durch  Hektors  hände»  den  staub  mit  den  zahnen  zerknirschend 
Denn  kein  schonender  war  dein  vater  im  graun  der  entscheidung  j 
Drum  wehklagen  ihn  nun  die  volker  umher  in  der  veste.  •740 

Unaussprechlichen  gram  der  Verzweiflung  schufst  du  den  eitern , 
Ilektor;  doch  mich  vor  allen  betrübt  nie  endender  Jammer; 
Denn  nicht  hast  du  mir  sterbend  die  hand  aus  dem  bette  gereichet, 
Noch  ein  wort  mir  gesagt  voll  Weisheit,  dessen  ich  ewig 
Dächte  bei  tag  und  nacht,  wehmütige  thränen  vergießend.         »745 

Also  sprach  sie  weinend,  und  ringsum  seufzten  die  weiber, 
Jczo  erhub  vor  ihnen  auch  Hekabe  klagend  die  stimme: 

Hektor,  du  herzenskind,  mein  trautester  aller  gebornen! 
Ach  und  weil  du  mir  lebtest,  wie  warst  du  geliebt  von  den  göttern, 
Welche  ja  dein  wahrnahmen  auch  selbst  in  des  todp  Verhängnis.'  750 


I        VIERUNDZWANZIGSTER  GESANG,    335 

fenn  die  anderen  söhne,  die  mir  der  schnelle  Achiileus 
lahm,  verkauft'  er  vordem  jenseits  der  verödeten  meerflut, 
lin  gen  Samos  und  Imbros  und  lur  un wirtbaren  Lemnos. 
ibcT  da  Dich  er  entseelt  mit  ragender  spize  des  eries  , 
y  wie  schleift'  er  dich  oft  um  das  ehrenmal  des  Patroklos,       155 
leines  Freunds,  den  du  schlugst;  und  erweckete  jenen  auch  so  nicht: 
Dennoch  frisch  wie  bethaut  und  blühend  annoch  im  palaste 
ituhest  du,  jenem  gleich,  den  der  gott  des  silbernen  bogens 
Jnverschns  hinstrekte,  mit  lindem  geschofs  ihn  ereilend. 

Also  sprach  sie  weinend,  und  wekt*  unermefs liehen  Jammer,  •jßo 
Endlich  erhub  vor  ihnen  auch  Helena  klagend  die  stimme: 

Hektor,  o  trautester  du,  mir  geliebt  vor  des  mannes  gebrüdcrn! 
Ach  mein  gemahl  ist  jexo  der  göttliche  held  Alexand>os , 
Der  mich  gen  Troja  geführt!     O  war'  ich  zuvor  doch  gestorben! 
Denn  mir  entdohn  seitdem  schon  zwanzig  jähre  des  lebens,      ^65 
Seit  von  dannen  ich  ging,  das  land  der  väter  verlassend; 
^Jimmer  jedoch  entfiel  dir  ein  böses  wort,  noch  ein  Vorwurf. 
Ja  wenn  ein  andrer  im  hause  mich  anfuhr,  unter  den  brüdern 
Oder  den  Schwestern  des  manns,  und  den  stattlichen  ftauen  der  Schwäger, 
Oder  die  schwäheiin  selbst,  denn  der  schwähcr  istmild  wie  ein  vater ;  •]7o 
Immer  besänftigtest  du,  und  redetest  innner  zum  guten, 
Durch  dein  freundliches  herz  und  deine  freundlichen  wortc. 
Drum  bewein'  ich  mit  dir  mich  elende,  herzlich  bekümmert! 
Denn  kein  anderer  nun  in  Troja's  weitem  gefilde 
Ist  mir  trösrer  and  freund ;  sie  wenden  sich  alle  mit  abscheu !  775 

Also  sprach  sie  weinend ;  es  seuht*  unzählbares  volk  nach. 
jPriamos  aber,  der  greis,  begann  im  gedränge  der  T^AU^^Tp 


336^  ILLAS.  VIERUNDZWANZIGSTER  GESANG. 

Bringt  nun  holi,  ihr  Troer,  vom  walde  lur  staclt,  und  besorgt  nici 
Laurenden  hinterhalt  der  Danaer;  denn  es  verhiefs  ja 
Peleus  söhn,  mich  entsendend  von  Argos  dunkelen  schiffen,      7$ 
Nicht  uns  schaden  xu  thun,   bis  genaht  der  iwölftc  der  morgen. 

Jener  sprachs ;  da  bespannten  sie  schnell  mit  stieren  und  mäulei 
Wagen  der  last ,  und  versammelten  sich  dort  aufser  der  veste , 
Fiihreten  dann  neun  tage  zur  Stadt  unermefsliche  waldung. 
Aber  nachdem  xum  zehnten  die  leuchtende  Eos  emporstieg,       78 
Jeio  trugen  sie  weinend  hinaus  den  mutigen  Hektor, 
Legten  ihn  hoch  auf  der  scheiter  gerüst,  und  entflammten  das  feuei 

Als  die  dämmernde  Eos  mit  tosenfingem  emporstieg. 
Kam  das  versammelte  volk  um  den  brand  des  gepriesenen  Hektoi 
Diese  löschten  <icn  glimmenden  seh utt  mit  röthlichem  weine,   79 
Überall ,  wo  die  glut  hinwütete  ;  drauf  in  der  asche 
Laseii  das  wfeifse  gebein  die  briider  zugleich  und  genossen. 
Wehmutsvoll,  ihr  antliz  mir  häufigen  thränen  benezend« 
Jezo  legeten  sie  die  gebein   in  ein  goldenes  kästlein, 
Und  umhüllten  es  wohl  mit  purpurnen  weichen  gewanden;       791 
Senkten  sodann  es  hinab  in  die  hohle  gruft;  und  darüber 
Häuften  sie  mächtige  stein*  in  dichtgeschlossener  Ordnung; 
Schütteten  dann  in  der  eile  das  mal;   rings  safsen  auch  späher, 
Dafs  nicht  zuvor  anstürmten  die  hellumschienten  Achaier. 
Als  sie  das  mal  nun  geschüttet,  enteilten  sie.  Jezo  von  neuem   Soi 
Kamen  sie,  nach  dem  gebrauch,  und  feierten  stattlichen  festschmau 
Üort  in  Priamos  hause,  des  gottbeseligten  herschers. 
Abo  bestatteten  jene  den  leib  des  reisigen  Hektor. 


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